Integrierte Versorgung - Fachgebiet Management im

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Integrierte Versorgung - Fachgebiet Management im
Einführung in das Management im
Gesundheitswesen
Integrierte Versorgung
Verena Struckmann
FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin
(WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management)
&
European Observatory on Health Systems and Policies
07.12.2015
Einführung in das Management im
Gesundheitswesen
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Agenda
• Integrierte Versorgung
• Beispiel: ‚Gesundes Kinzigtal‘
• Disease Management Programme (DMPs)
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Hintergrund
• Anteil der unter 20-Jährigen wird auf 16 % sinken
(2060) (heute: 18%)
• Anteil der Menschen ab 65 Jahre wird auf
33 % ansteigen (2060) (heute: 20%)
• Anteil der Hochbetagten (> 80-jährige) wird auf
13% steigen (2060) (heute: 5%)
• Zunahme chronischer Krankheiten,
Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit
(Variante 1: Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung)
(Statistisches Bundesamt, 2015)
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Schnittstellenproblematik
• Versorgung erfolgt innerhalb der verschiedenen Sektoren
• Koordinations-, Kooperations- und
Kommunikationsprobleme
• Ungelöste Schnittstellenproblematik löst zentrale Defizite in
Gesundheitsversorgung aus, z.B.: unterlassene Diagnosen
oder Mehrfachuntersuchungen
• Konsequenz: Qualitätsprobleme und unnötige Kosten
(schlechter und teurer)
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Was ist Integrierte Versorgung?
Zahler
(Krankenversicherungen)
Versorgungs- und
Vergütungsvertrag
Versicherungsvertrag
Regulierung
Arztpraxen
Versicherte/
Patienten
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Reha
Behandlung
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Krankenhäuser
Pharmahersteller/
Apotheken
Ambulante &
stationäre
Pflege
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Betrachtungsweisen auf Formen von
Fragmentierung und Integration
Einfaches Fragmentierungsmodell: Fragmentierung auf der
Seite der Leistungserbringer
Patient
Ambulante
Versorgung
Stationäre
Versorgung
Rehabilitation
Behandlung des Patienten erfolgt unabhängig und oft
unkoordiniert 
vermutete Defizite bei Qualität und Wirtschaftlichkeit
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Folgen für Qualität
Folgen der sektoralen Trennung:
• „Diskontinuität der Behandlung und Verantwortlichkeit“
• „Belastung […] mit unnötiger und teilweise riskanter
Diagnostik“
• „Unterbrechungen der Therapie mit der damit
einhergehenden Gefahr des Wirkungsverlustes“
• „Informationsdefizite“
 Konsequenz:
 schlechtere Heilungschancen
 höhere Sterblichkeitsraten (insb. bei chronischen
Erkrankungen)
 geringere Lebensqualität
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Quelle: SVR (1994)7
Merkmale der IV
• Fachübergreifende Versorgung von Patienten
• Leistungsanbieter aus verschiedenen Sektoren
bzw. Fachgebieten arbeiten dabei abgestimmt
zusammen
ambulant
Prävention
Reha
stationär
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Merkmale der IV
Übergänge innerhalb des ambulanten Sektors:
hausärztliche Versorgung
fachärztliche Versorgung
Übergänge zwischen den Sektoren:
ambulanter Sektor
stationärer Sektor
ambulanter
Sektor
Übergänge innerhalb des stationären Sektors:
akutmedizinische Versorgung
rehabilitative Versorgung
Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen:
Medizin / Pflege / Sozialarbeit / andere betreuende
Berufsgruppen (Gemeindeschwestern etc.)
Quelle: Rosenbrock & Gerlinger (2004)
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Ansatzpunkte für Integration
Hausarztzentrierte
Versorgung (§ 73b)
MVZ
DMPs
IV § 140a (i.d.R.)
„Gesundes Kinzigtal“
PROSPER
(Bundesknappschaft)
Case Management
(Einzelfallsteuerung)
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Definitionen von IV
• „“[…] concept bringing together inputs, delivery,
management and organization of services related to
diagnosis, treatment, care, rehabilitation and health
promotion. Integration is a means to improve the services
in relation to access, quality, user satisfaction and
efficiency” (Gröne & Garcia-Barbero, 2001)
• „Als wichtigstes Merkmal einer IV kann die umfassende und
koordinierte Bearbeitung aller Gesundheitsprobleme über
den gesamten Versorgungsweg von der Primärversorgung
bis zur Rehabilitation gelten“ (Rosenbrock& Gerlinger, 2006)
präventiv
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ambulant
Stationär
Rehabilitativ
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amb.Pflege
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Ziele der IV
• Durch optimiertes Management der Behandlungsabläufe die richtige Diagnose zur richtigen Zeit am
richtigen Ort stellen und eine entsprechende
Behandlung einleiten“ (Schreyögg et al. 2006)
• ökonomischer zu wirtschaften als die Normalversorgung, d.h. die Versorgungseffizienz zu erhöhen
• Verbesserung der Qualität in der Behandlung durch
Abstimmung der Leistungserbringer,
leistungssektorenübergreifende Behandlung =
Kontinuität
• Erhöhung von Effizienz und Effektivität (Mühlbacher, 2002)
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Gesetzliche Grundlage
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Gesetzliche Grundlage der IV
• Erstmals wurde im Jahre 2000 die gesetzliche
Grundlage geschaffen - doch der Reformversuch
zeigte zunächst kaum Wirkung
• Gesundheitsmodernisierungsgesetz 2004 wurde
sie modifiziert:
(i) einzelvertragliche Absprachen können nun auch
ohne die Spitzenverbände getroffen werden und
(ii) für 2004-2008 erfolgte eine
Anschubfinanzierung  viele Aktivitäten
• Mehrfach modifiziert, zuletzt mit dem
Versorgungsstrukturgesetz (2012)
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IV nach § 140a-d SGB V
Bedeutung für teilnehmende Versicherte:
• Teilnahme ist freiwillig
• Anspruch auf umfassende Leistungen (nach SGB V)
• Versicherte erhalten u.U. Beitragsbonus (falls
Einsparungen erzielt werden und bei mind. 1 Jahr
Teilnahme)
• müssen von Krankenkassen umfassend informiert
werden:
- Vertragsinhalte
- teilnehmende Leistungserbringer
- besondere Leistungen
- vereinbarte Qualitätsstandards
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Vertragspartner an der IV
IV – Vertragspartner der Krankenkassen nach §140b SGB V:
• Haus- und Fachärzte, Zahnärzte (diese müssen zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen sein)
• nichtärztliche Leistungserbringer, (z.B.:Ergo- und Physioth.)
• Krankenhäuser
• Einrichtungen, z.B. MVZ
• Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen
• Nicht ärztliche Partner, wie z.B. Apotheken
• Hersteller von Medizinprodukten (seit 2011)
•  Keine Beteiligung der KVen möglich! (KVVertragsmonopol für ambulante Versorgung aufgebrochen)
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Wie integriert ist IV?
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Vertragsinhalte der IV nach § 140a-d SGB V
Vertragsinhalte regeln:
• Vergütung der Leistungen
• Modalitäten der Integrationsversorgung
Verpflichtung zur: „qualitätsgesicherten,
wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen und
wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten.“
(§ 140b SGB V)
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Verträge zielen auf:
• lückenlose Versorgung  bessere Koordination
der Behandlungsabläufe u.a. durch
• Informationsaustausch zw. Leistungserbringern
• Versorgung nach evidenzbasierten
Standards/Leitlinien
• Verweildauerverkürzung
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Finanzierung
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Finanzierung der IV
• 2004 per Gesetz finanziell gefördert
• Zur Förderung von Vertragsabschlüssen im Bereich
der integrierten Versorgung stehen bis einschl.
2008 Finanzmittel bis zu 1% der Gesamtvergütung
der KVen und Krankenhausvergütung für IVVerträge zur Verfügung (Anschubfinanzierung; ca.
€ 700 Mio./Jahr)
 starker Anreiz für Leistungserbringer, IV-Verträge
abzuschließen, um an dieser Summe zu partizipieren
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Finanzierung der IV
• Förderung von IV Verträgen, die sich auf
integrierte Vollversorgungssysteme beziehen
• Die bis 2008 gewährte Anschubfinanzierung
führte zu einem starken Anstieg der Verträge
• Mögliche neue Finanzierungsquelle:
Innovationsfonds ab 2016
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Vergütung
• Die Vergütung der integrierten Versorgung
handeln die Vertragsteilnehmer autonom und
ohne gesetzliche Vorgabe aus und legen diese in
den Verträgen fest.
• Mögliche Vergütungsformen:
–
–
–
–
–
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Einzelleistungsvergütung
Kopfpauschalen
Fallpauschalen
Komplexpauschalen
U.a.
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Aktueller Stand
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Anzahl der IV- Verträge zwischen 2005 und 2011
Anzahl der Verträge
7000
6400 6262 6374 6339
6000
5069
5000
4000
3309
3000
2000
1913
1000
0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten der BQS (2008) sowie des SVR (2012)
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Anzahl IV Verträge seit 2012
• Anzeigepflicht seit 2012 ausschließlich für bundesunmittelbare
Versicherungsträger.
• Insgesamt wurden dem BVA 1781 IV Verträge im Rahmen der Anzeigepflicht (§
71 Abs. 4 SGB V) gemeldet (Stand: 27.10.2015).
• Tatsächliche Anzahl der IV Verträge ist vermutlich höher.
Quelle: eigene Darstellung nach Daten des Bundesversicherungsamt, 2015
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IV: Wunsch und Wirklichkeit
• Größere Krankenkassen beurteilen die selektiven
Vertragsformen positiver, als die kleineren Kassen
• Als Instrument zur Kostensenkung messen die Krankenkassen
den integrierten Versorgungsformen (und DMPs) nur eine
geringe Bedeutung zu
• Dennoch: ein Großteil der Krankenkassen schätzt die Qualität
der IV im Vergleich zu herkömmlichen Versorgung als besser
ein
• Krankenkassen beklagen vor allem regulierungsbedingte
Hemmnisse für den Abschluss von Verträgen, z.B. zu hohe
Kosten für Kooperationen u. Vertragsmanagement
(Quelle: Wille, 2013)
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IV: wer mit wem und wofür?
Leistungen
Prozentualer Anteil
an den angezeigten
Verträgen seit 2012
Integrierte Versorgung von
Herzpatienten
(Krankenhaus/Rehabilitation)
26%
Ambulante Vorsorge und
Früherkennungsmaßnahmen
(Hautkrebsscreening, zusätzliche
Kinder und Jugend
Untersuchungen etc.)
23%
Ambulante Orthopädische
Operationen
13%
Ambulante Behandlung psychisch
Kranker
12%
Besondere ambulante
augenärztliche Behandlung (AMD,
Katarakt u.a.)
11%
Integrierte Behandlung abhängig
Erkrankter
Innovative Venenbehandlung
9%
Besondere ambulante
zahnärztliche Behandlung
3%
3%
Quelle: Bundesversicherungsamt,
Monitor Versorgungsforschung 02/2014
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Wie wird IV angenommen?
• Es überwiegen deutlich indikationsbezogene Verträge,
die sich nur auf eine oder einige wenige Indikationen
konzentrierten, wie z.B. Hüft- oder Kniegelenksendoprothetik oder kardiologische Eingriffe
• Nur wenige der IV-Verträge haben den Aufbau
integrierter Vollversorgungssysteme zum Ziel
(populationsbezogene integrierte
Versorgungssysteme), wie z.B. Gesundes Kinzigtal
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Wie wird IV angenommen?
• Das Verständnis der IV hat sich in den letzten 10
Jahren gewandelt: die IV wird überwiegend nicht
mehr als Alternative, sondern als Ergänzung der
Regelversorgung gesehen
• „Übermäßige Regulierung“ und „fehlende
Vertragsfreiheit“ werden als hemmende Faktoren
beschrieben
Quelle: IGES, 2014
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Probleme vieler IV-Verträge
• Initial eine unbefriedigende Einbeziehung
niedergelassener Ärzte
• Gewinnung der Patienten/Anzahl ist
unbefriedigend
• Evaluationen der Verträge selten, zudem häufig
ausschließlich intern
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Evaluation
• Wirksamkeit und ökonomischer Nutzen =
inhomogene Ergebnisse
• Positive Ergebnisse, aber keine statistisch
signifikanten Effekte (Ouwens et al., 2005)
• Keine eindeutigen Ergebnisse für
Effizienzsteigerungen (Nolte & Pitchforth, 2014)
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Zukunft/ Ausblick IV
• Beteiligung von Pflegesektor wichtig
• Beteiligung der Industrie wird derzeit diskutiert
• Aktuelle Diskussionen:
– Änderung der Rahmenbedingungen hin zu
einer Liberalisierung?
– Evaluation der IV notwendig oder hinderlich?
– Überführung in die Regelversorgung?
Quelle: IGES, 2014
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Zusammenfassung Vor-und Nachteile
Vorteile
Nachteile
Krankenkasse
• Wettbewerbsvorteile durch Qualität
• Kosteneinsparungen durch
Verzahnung der Sektoren
• Eingeschränkte Möglichkeit der
Definition der Anfangskosten
• Evtl. Kosten für wissenschaftliche
Begleitung
Leistungserbringer
• Möglichkeit von üblichen
Vergütungsformen abzuweichen
• Gemeinsame Nutzung von
Technologien
• Mögliche finanzielle Vorteile
• Imageförderung
• Unterordnung unter medizinische und
wirtschaftliche Standards/Leitlinien
• (Anfängliche) Mehrarbeit, -kosten wg.
Umstrukturierung
• Kostenrisiko für Inanspruchnahme von
Ärzten außerhalb des Versorgungsnetzes
Patient
• Qualitativ verbesserte Versorgung
• Bessere Steuerung (Vermeidung von
Doppeluntersuchungen,
Wartezeiten und unnötigen
Krankenhausaufenthalten)
• Umfassende prä- und postoperative
Betreuung
• Eingeschränkte Arztwahl
• Weitergabe der Patientendaten
"gläserner Patient"
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Zusammenfassung Vor-und Nachteile
Beispiel IV in Deutschland:
Gesundes Kinzigtal
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Indikationsübergreifende vs. indikationsbezogene Integrierte Versorgung
Indikationsbezogen:
• Krankenkassen schließen überwiegend indikationsbezogene
Verträge
– Abläufe können konkret auf notwendige Behandlungsabläufe bei bestimmten Krankheitsbildern abgestimmt
werden (Behandlungsleitlinien, Behandlungspfade)
– Einfache Evaluierbarkeit (Festlegung von OutcomeParametern und Qualitätszielen)
– Bessere Steuerbarkeit (gezielte Ausschreibung, einfachere
Kalkulation der Vergütung)
Indikationsübergreifend bzw. populationsbezogen:
• Beispiel: Gesundes Kinzigtal
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
• Das einzige „echte“ Populationsmodell in Deutschland
(Busse & Stahl, 2014)
• Triple aim concept : improving the health of the
population in the Kinzigtal region, improving the
individuals experience of care and at the same time
reducing the per capita costs of care.
• IV Vertrag Kinzigtal beinhaltet eine Reihe von
Innovationen : Finanzierung, patientenzentrierte
Versorgung, Gesundheitsakademie, „Arzt des
Vertrauens“, Polypharmaziemanagement
(Struckmann et al., 2015)
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
• Angebote im GK GmbH richten sich an alle
Versicherten der AOK und LKK
• Ca. 30.000 Versicherte
• Zusammenarbeit von Ärztenetzwerk mit 100 weiteren
Leistungserbringern
• Selbstmanagement, präventive Angebote,
gemeinsame Entscheidungsfindung, gemeinsam
beschlossener Behandlungsplan, elektronische
Patientenakte
(Struckmann et al., 2015)
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
Die außergewöhnlichste Innovation im Kinzigtal ist das
Finanzierungsmodell:
• ‚Shared savings approach‘
• d.h. Managementgesellschaft finanziert sich und ihre
Aktivitäten nach Ende der Anschubfinanzierung aus
den Einsparungen, die im Kinzigtal im Vergleich zur
Normalversorgung erzielt werden (und übrig
bleibender „Gewinn“ wird mit Krankenkassen geteilt)
Quelle: Hildebrandt, 2006
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
Einsparungen sollen erziehlt werden durch:
• 1. einer besseren Schnittstellenorganisation zwischen
verschiedenen Leistungserbringern und Sektoren,
• 2. einer Verringerung der Morbidität durch gezielte
Prävention
• 3. einem günstigeren Einkauf externer Produkte (z.B.
Medikamente).
Quelle: Siegel et al. (2011)
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Beispiel: Gesundes Kinzigtal
Vernetzung – ca. 88 Leistungspartner…
Stand Juli 2015
Akteure
Anzahl
Gesamtzahl der Versicherten der AOK und LKK in der Kinzigtal Region
32.000
Direkte Mitgliedschaft bei der Gesundes Kinzigtal GmbH (ca. 31% der Versicherten)
10.190
Leistungspartner
Haus-, Fachärzte und Psychotherapeuten
Praxispersonal = Medizinische Fachangestellte
52
Ca. 150
Kliniken
8
Physiotherapeuten
11
Pflegeheime
11
Sozialtherapeutische Dienste
1
Ambulante Pflegedienste
5
Apotheken…ca. 70%
15
Fitness-Studios
6
Sport- und Kulturvereine
35
Sonstige Partner
5
Weitere Kooperationspartner
Quelle: Eigene Darstellung nach Gesundes Kinzigtal Jahresbericht, 2014
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Ergebnisse: Gesundes Kinzigtal
• Lebenserwartung der im GK behandelten Bevölkerung
ist höher (im Vergleich zur Kontrollgruppe aus der
Region)
• Externe und interne Evaluation seit Beginn des
Projekts
• Bessere gesundheitliche Outcomes im Vergleich zur
Kontrollgruppe
• Programm soll auch in Hamburg und evtl. Berlin
angewendet werden
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2.Teil:
Disease Management Programme
(DMPs)
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2. Disease Management Programme
• Strukturierte Behandlungsprogramme
• Einführung 2002
• Die Programme basieren auf wissenschaftlich
gesicherten aktuellen Erkenntnissen (medizinische
Evidenz).
• Bisher existieren 6 verschiedene DMP ( bei manchen
Kassen jedoch COPD und Asthma ein Programm)
–
–
–
–
–
–
Asthma bronchiale
Diabetes Typ 1
Diabtes Typ 2
Koronare Herzkrankheiten
Brustkrebs
COPD
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Hausarztzentrierte
Versorgung (§ 73b)
MVZ
DMPs
„Gesundes Kinzigtal“
IV § 140a (i.d.R.)
PROSPER
(Bundesknappschaft)
Case Management
(Einzelfallsteuerung)
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2. Ziele von Disease Management Programmen
• Ziele -> die Versorgung chronisch Kranker soll..
–
–
–
–
–
umfassend
leitlinienorientiert
evidenzbasiert
(über Sektoren hinweg) koordiniert sein
und die aktive Mitarbeit der Patienten fördern
Verbesserung des Gesundheitszustands der Teilnehmer
Steigerung der Kosten-Effektivität
Quelle: SVR 2007
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2. Ziele von Disease Management Programme
• Behandlung und Betreuung von Patienten soll über
professionelle, institutionelle und sektorspezifische
Grenzen hinweg bedarfsgerechter sowie
wirtschaftlicher organisiert sein (Busse et al., 2012;
SVR, 2003).
• Insbesondere sollen durch die chronische Krankheit
bedingte Folgeschäden und Komplikationen bei den
betroffenen Versicherten vermieden werden (BVA,
2012).
• bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung
sicherzustellen und bestehende Versorgungsmängel
(Über-, Unter- und Fehlversorgung) abzubauen.
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2. Wann eignen sich DMPs besonders?
• Wissenschaftlich akzeptierte Behandlungsleitlinien
vorhanden
• hohe Patientenzahl existiert, bei denen die Therapie
Verbesserungspotential bietet
• Bisher uneinheitliche Behandlungsmethoden
• Vermeidbare, akute Folgeerkrankungen
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2. Disease Management Programme:
Laufende Programme; Stand: Dez. 2014
Möglich seit
Anzahl DMPs
Teilnahme am
DMP
1. Januar 2005
1.673
853.727
Brustkrebs
1. Juli 2002
1.613
116.646
Koronare
Herzkrankheit
1. Mai 2003
1.674
1.764.396
1. Januar 2005
1.684
689.628
Typ 1 Diabetes
1. März 2004
1.556
172.775
Typ 2 Diabetes
1. Juli 2002
1.717
3.969.019
9.917
6.511.158
Indikation
Asthma bronchiale
COPD
Insgesamt
Versicherte, die
in einem (oder
mehreren) DMP
eingeschrieben
sind
511.158
Quelle: Bundesversicherungsamt, 2015
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2. Entwicklung der DMP Patientenzahl
4.500.000
4.000.000
3.500.000
TEILNEHMER
3.000.000
KHK
2.500.000
Typ 1 Diabetes
Typ 2 Diabetes
2.000.000
Asthma
Brustkrebs
1.500.000
COPD
1.000.000
500.000
0
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
JAHR
Quelle: Eigene Darstellung BVA Tätigkeitsberichte 2006 u. 2007 und amtliche Statistik des BMG KM6 Teil II ab 2008
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2. Anreize/ Vermeidung von Fehlanreizen bei DMPs
• Auf Seiten der Patienten:
–
–
–
–
Strukturierte Behandlung
Zusätzliche Schulungen
Evidenz- und Leitlinienbasierte Behandlung
…
• Auf Seiten der Krankenkassen:
–
–
–
–
Ggf. Vermeidung teurer Folgeerkrankungen
Sonderzahlung für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand
Versichertenbindung
…
• Auf Seiten der Ärzte
– Sonderzahlung für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand
– …
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2. Entwicklung der DMP Patientenzahl
• BVA legt die Evaluationskriterien für DMPProgramme fest
– Bei Diabetes Typ II z.B. die Senkung des HbA1c-Wertes
• BVA führt die gesammelten medizinischen und
ökonomischen Daten über Krankenkassen- und
regionale Grenzen hinweg zusammen und wertet
diese aus
•  die gesetzliche Evaluation schließt nur Daten von
DMP-Teilnehmern ein
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Evaluation von DMPs
• keine eindeutige Evidenz zur Effektivität von DMPs trotz
zahlreicher Studien
• Problem der Evaluation: Vergleich von DMP Teilnehmern
mit Kontrollgruppe aus Routineversorgung nicht
vorgesehen
• Ergebnisse einer systematischen Literaturübersicht:
verbesserte Versorgung von Patienten mit Diabetes
Mellitus durch DMP Teilnahme
• Weitere Evaluationen zwingend notwendig, da
Veränderungen der Versorgungsqualität erst über langen
Studienzeitraum deutlich werden
Quelle: Fuchs et al., 2014
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• Welche Stärken/Schwächen sehen Sie in der
gesetzlichen Evaluation?
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2. Stärken und Schwächen der DMP Evaluation
Stärken
Schwächen
Datengrundlage für DMP-Patienten
Keine Nicht-DMPler / Keine
umfassend (Routinedaten + Daten der Kontrollgruppe
Dokumentation)
Daten ab Einschreibung der Patienten Selbstselektion der Patienten
vorhanden (Baseline)
Flächendeckend und Vollerhebung
Qualität von Routinedaten?
….
…..
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Noch mehr Interesse an Gesundheit?
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