EI 11/00-11705 Messtechnik-D

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EI 11/00-11705 Messtechnik-D
MESSTECHNIK
electronica 2000
Driftkompensation bei der PCgesteuerten
Datenerfassung
Mike Bayda Moderne Multifunktionskarten werden mit automatischem Nullabgleich ausgestattet, der die Drift des Messwertes ausgleicht. Um maximalen
Nutzen aus einer derartigen Funktion zu ziehen, ist ein Verständnis der Konfiguration der Karte und des Dialogs mit den Software-Treibern erforderlich.
Der Beitrag gibt hier wichtige Hinweise.
ein Verständnis der Konfiguration der
Karte und des Dialogs mit den SoftwareTreibern erforderlich.
Kalibrierung der Karte/Kanäle
Wenn die Kalibrierschaltung einer Datenerfassungskarte für eine Empfindlichkeit im Mikrovolt-Bereich und eine
Test- und Datenerfassungssysteme und
hohe Verstärkung konfiguriert wurde,
setzt sich aus der allmählichen Drift des
wie es beispielsweise für TemperaturNullpunkts, des Bezugspunkts und der
messungen mit Thermoelementen erVerstärkung zusammen. Verursacht wird
forderlich ist, kann bereits eine kleine
die Drift durch die Auswirkungen der
Drift zu einem deutlichen Messfehler
sich stetig verändernden Umgebungsführen. Im Allgemeinen arbeitet die
temperatur auf die elektronische SchalNullabgleich-Funktion direkt mit der Katung. Sekundäre Faktoren, wie die Altelibrierungsprozedur der einzelnen Kanäle zusammen.
Obwohl die verschiedenen Karten über unterschiedliche Schaltungsdesigns verfügen, ist das Konzept des Nullabgleichs in allen
Messungssystemen ähnlich. Nachfolgend wird auf
die Karten der Familie KPCI-3107/
3108 von Keithley
Instruments einBild 1: Blockdiagramm einer typischen Kalibrierungsschaltung für eine Datenerfassungskarte
gegangen,
die
aber repräsentativ
rung der elektronischen Bauteile, die Fehlerquelle in diesen Systemen dar- für viele andere Multifunktions-Karten
Luftfeuchtigkeit und der Luftdruck kön- stellte. Neuere Multifunktionskarten wer- sind.
nen ebenfalls eine langfristige Drift der den aber inzwischen mit einem automa- Die meisten modernen DatenerfasMesswerte verursachen.Um genaue Mess- tischen Nullabgleich ausgestattet, der sungskarten verfügen über mehrere
ergebnisse zu gewährleisten, muss die diese inhärente Drift ausgleicht. In eini- softwareprogrammierbare MessbereiDrift deshalb auf eine gewisse Art kom- gen Fällen ist dies eine programmierba- che pro Kanal. Ein Anwender kann so
pensiert werden.
re Funktion, die es dem Anwender er- beispielsweise aus 12 bipolaren und 12
Die Entwickler von Messsystemen analy- laubt einen Kompromiss zwischen Ge- einpoligen Messbereichen pro Kanal
sieren daher die Ursachen der Drift und nauigkeit und Messgeschwindigkeit zu auswählen. Um eine maximale Genauigentwickeln entsprechende analoge finden. Um den maximalen Nutzen aus keit sicherzustellen, wird dabei VerstärSchaltungen, die diese Auswirkungen einer derartigen Funktion zu ziehen, ist kung und Offset für jeden Messbereich E
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ie Drift des Messwertes ist ein grundsätzliches Merkmal aller elektronischen
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kompensieren. In Benchtop-Instrumenten sind automatische Funktionen für
den Nullabgleich notwendig, um bei
den Messungen eine hohe Genauigkeit
und Auflösung (>16 bit) sicherstellen zu
können. Bis vor kurzem wurde ein derartiger automatischer Nullabgleich bei
Datenerfassungssystemen (16- und 12bit-Auflösung) nicht durchgeführt, so
dass die Drift eine ernstzunehmende
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individuell kalibriert, wobei jede dieser
Kalibrierungskonstanten im Konfigurationsspeicher der Datenerfassungskarte
gespeichert wird.
Um die Kalibrierungsschaltung der Karte abzugleichen, müssen die gespeicherten Kalibrierungskonstanten zuerst
mit einem Digital-Analog-Wandler (DAC)
konvertiert werden. Auf den Datenerfassungskarten können dabei mehrere
DACs zum Abgleich vorhanden sein.
Zum Beispiel könnte je ein gesonderter
DAC für den Abgleich der Verstärkung,
sowie für den Grobabgleich und den
Feinabgleich des Offsets vorhanden
sein. Diese DACs müssen entsprechend
genau sein, damit sie eine gewisse Genauigkeit für die Kalibrierungsschaltung
liefern.Normalerweise verfügen sie über
eine Auflösung von 8 bit. In Bild 1 ist ein
Blockdiagramm einer Kalibrierungsschaltung und die Speicherstruktur einer Datenerfassungskarte dargestellt.
Für die Kalibrierung der Datenerfassungskarte ist allerdings weit mehr erforderlich als nur die drei DAC-Konstanten. Bei der Kalibrierung werden die drei
8-bit-DAC-Abgleichwerte für jeden Messbereich abgeglichen und entsprechend
der Kanalinformationen (Kanal-Nummer,
Verstärkung, Polarität, sowie einpoliger
oder differentieller Eingang) im QRAM
gespeichert. Wird die Karte zum Beispiel
für zwei Polaritäten und 12 Verstärkungen kalibriert, dann errechnet sich die
Anzahl der Kalibrierungskonstanten auf
3 x 2 x 12 = 72. Diese 72 Konstanten werden zuerst im CALRAM-Speicher gespeichert und dann in das nichtflüchtige
RAM (NVRAM) für die permanente Speicherung auf der Karte übertragen.
Während der Datenerfassung arbeitet
das CALRAM als temporärer Speicher,
um die im NVRAM gespeicherten Kalibrierungskonstanten den Abgleich-DACs
verfügbar zu machen. Da alle Kanäle abgetastet werden, müssen die Kalibrierungswerte aus dem CALRAM in Echtzeit zum Abgleich-DAC übertragen werden. Die Ausgänge des DACs erzeugen
dann analoge Äquivalenzwerte der gespeicherten digitalen Konstanten, die
für den Abgleich der Kalibrierungsschaltung benutzt werden, bevor die analogen Eingangsdaten gelesen und mit
dem AD-Wandler (ADC) der Karte in die
entsprechenden digitale Wert konvertiert werden.
Im Gegensatz zum CALRAM kann das
NVRAM die Daten dauerhaft speichern,
also auch wenn die Karte ohne Betriebsspannung ist. Während der Kalibrierung
oder dem Neustart arbeitet der Software-Treiber der Karte (auf der PC-Festplatte gespeichert) als Verbindung zwischen NVRAM und CALRAM. Bei der
Multifunktions-Datenerfassungskarte
KPCI-3108 übernimmt beispielsweise
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der Windows-Gerätetreiber DriverLINX
die Kommunikation mit der Karte und
organisiert den Datenverkehr und die
Anwendung der Kalibrierungskonstanten unter der Steuerung von Windows.
Derartige Treiber können auch Dienstprogramme beinhalten, die den Kalibrierungsprozess erleichtern. Allerdings
sollte jede Karte bevor sie den Hersteller
der Software durch. Wenn die Datenerfassungskarte vom Hersteller kommt,
sind die im NVRAM gespeicherten Kalibrierungskonstanten unter sehr stabilen
Zuständen, typisch 23 °C und 50 % Luftfeuchtigkeit, ermittelt worden. Da diese
Zustände selten den wirklichen Betriebsbedingungen entsprechen, kann
durch einen Nullabgleich sichergestellt
Bild 2: Typische 0-V-Spannungsmessung mit und ohne Nullabgleich. Gezeigt ist
die am kurzgeschlossenen Eingang in einstündigen Abständen gemessene Spannung (0 V).
verlässt mit einem Messsystem kalibriert
worden sein, das auf den jeweiligen nationalen Standard zurückgeführt werden kann.
Der automatische
Nullabgleich
Die Nullabgleich-Funktion schließt eine
interne Referenz kurz und stellt die
Grob- und Feinabgleich-DACs solange
nach, bis der Messwert ist wie nahe wie
möglich bei 0 V liegt. Jedes Mal wenn
dies erfolgt, wird die inzwischen vorhandene Nullabweichung, die sich seit dem
letzten Abgleich entwickelt hat, beseitigt. Auf einigen Karten ist die Nullabgleich-Funktion vollständig programmierbar und vollkommen unabhängig
von den Eingängen und von der externen Schaltung. Beim Anschalten der internen 0-V-Referenz werden die Eingänge abgeschaltet und beeinflussen nicht
den internen Nullabgleich. Da der Kurzschluss intern geschalten wird, können
externe Offsets aufgrund von thermischen Spannungen oder durch die Drift
der Signalaufbereitung nicht durch diese Nullabgleich-Funktion beseitigt werden. Wird die Drift durch die Signalaufbereitung verursacht, dann entwickelt
der Anwendungsprogrammierer normalerweise ein Verfahren bei dem eine
Referenz auf den Sensor geschaltet wird
und führt dann eine Subtraktion mittels
werden, dass die Messhardware auch
unter Umweltbedingungen genau
funktioniert. In Bild 2 ist eine typische 0V-Spannungsmessung mit und ohne
Nullabgleich dargestellt. Es zeigt die am
kurzgeschlossenen Eingang in einstündigen Abständen gemessene Spannung (0 V). Um Störungen und Quantisierungsfehler zu reduzieren, stellt jeder
Messwert in der Grafik einen Durchschnittswert von 10000 Messwerten bei
100 kHz dar. Ohne Nullabgleich ist Messfehler sehr viel größer und die Drift
setzt sich selbst nach sieben Stunden
noch fort. Die Drift der Verstärkung stellt
ein anderes Problem dar, das üblicherweise durch ohmsche Komponenten in
kritischen Messkreisen verursacht wird.
In Benchtop-Instrumenten sind spezielle Verstärkungs- oder Referenz-Kompensationsschaltungen vorhanden, um
eine hohe Genauigkeit der Messungen
sicherzustellen. Auf Datenerfassungskarten, wo auf Grund des geringen Platzes
und der Kosten selten solche Funktionen realisiert werden können, werden
deshalb Bauteile mit kleinen Temperaturkoeffizienten und spezielle Designverfahren eingesetzt. Beispielsweise
könnte der Nullabgleich einer Karte nur
den Abgleich-DACs für den Offset einstellen. Dieser Designansatz berücksichtigt, dass der größte Teil der Drift auf
Temperatureffekte des Eingangsstroms
der Verstärker in der Eingangsschaltung
zurückzuführen ist.
E
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Vorteile durch Softwarefunktionen
Bei einer programmierbaren Nullabgleich-Funktion ist zu entscheiden,
wann sie ein- oder ausgeschalten werden sollten, um den idealen Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und
Genauigkeit zu finden. Da die Drift ein
langfristiger Vorgang ist, ist es nicht notwendig den Nullabgleich dauernd eingeschalten zu lassen. Überdies benötigt
eine typische Messung mit Nullabgleich
eigentlich zwei Messwerte: das Eingangssignal und eine Nullmessung mit
kurzgeschlossenen ADC-Eingängen. Die
Messung mit Nullabgleich dauert deshalb meist zweimal so lang wie ohne
Nullabgleich.
Sich wiederholende Datenerfassungsaufgaben sollten daher normalerweise
ohne Nullabgleich durchgeführt werden. Statt dessen sollte das Programm
für die Datenerfassung so programmiert
sein, dass der Nullabgleich einmal am
Anfang der Datenerfassung und dann in
periodischen Abständen (z.B. jede Stunde) ausgeführt wird.
Nochmals, es ist der Software-Treiber
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der Karte, der den Nullabgleich-Prozess
für den Anwender unsichtbar macht.
Dies wird automatisch von der Testanwendung durchgeführt, so wie es vom
Programmierer festgelegt wurde. Wenn
der Treiber als ActiveX-Steuerelement
erstellt wurde, ist der Programmierprozess einfach.Der hierfür notwendige Code, um mittels DriverLINX einen Nullabgleich auf einer Keithley-Karte KPCI3108 durchzuführen ist beispielsweise:
ServiceRequest.Sel_chan_0_ref = DL_H
ARDWARE_ZEROREF
Und um den Nullabgleich abzuschalten:
ServiceRequest.Sel_chan_0_ref = DL_DI
SABLE_ZEROREF
Ein „ServiceRequest“ ist eine allgemeine
Datenstruktur, die an den Treiber übermittelt wird, um eine Datenerfassungsaufgabe unter ActiveX auszuführen.
Wenn der Treiber feststellt, dass die Eigenschaft von „Sel_chan_0_ref“ ungleich „Null“ ist, dann wird der Nullabgleich-Algorithmus in dem im ServiceRequest angegebenen Messbereich(en)
ausgeführt. Der Algorithmus veranlasst,
dass die interne Referenz dieser Datenerfassungskarte kurzgeschlossen wird,
und dass 5000 Messungen mit 100 kHz
ausgeführt werden, dann wird der Grobund Feinabgleich des Offsets so durchgeführt, dass ein möglichst guter 0-VMesswert erhalten wird.
Dieser Suchalgorithmus wird wiederholt ausgeführt und kann daher mehrere Sekunden dauern (typisch 1 bis 5 Sekunden), je nach Anzahl der abzugleichenden Messbereiche. Dabei benötigen die unteren Messbereiche mehr
Zeit für den Abgleich als die oberen. Die
neu gefundenen Werte für den Grobund Feinabgleich werden dann im CALRAM gespeichert, nicht aber ins NVRAM
kopiert.
(jj)
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KEITHLEY INSTRUMENTS
Mike Bayda ist Data Acquisition Marketing Engineer bei Keithley Instruments, Cleveland,OH.
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