ergo - EWMR

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ergo - EWMR
Magazin für Menschen mit Energie • 2/2006
ergo:
VERSORGUNG
Energie hat
viele Gesichter
W I RT S C H A F T S FA K T O R W M
GESCHÄFTSREISEN
Interview mit IHK-Hauptgeschäftsführer
Tillmann Neinhaus
Welche Fettnäpfchen im Ausland
lauern – und wie man sie vermeidet
ergo:
4
IMPULSE
Editorial • Stadtwerke vermarkten Regenkamp-Fläche •
CeBIT-Neuheit: Komplettes Büro fürs Handgepäck •
ergo: und Fitwell spendieren Massagen im Unternehmen
• 3 Fragen an Prof. Dr. Georg Borges zu den Gefahren des
„Phishing“ im Internet • E-News
6
BRENNPUNKT
Versorgung: Fast anderthalb tausend Menschen sorgen
bei den Stadtwerken im Mittleren Ruhrgebiet dafür, dass
die Unternehmen der Region die nötige Energie erhalten.
ergo: zeigt einige Gesichter hinter der Leistung.
10
MARKT
Kundenporträt: Adams Armaturen in Herne verkauft
seine Produkte rund um den Globus – mit wachsendem
Erfolg.
WM 2006: Wie kann das Mittlere Ruhrgebiet vom Fußballfest profitieren? ergo: sprach mit IHK-Hauptgeschäftsführer Tillmann Neinhaus.
14
TRENDS
Ausstellung: Eine Sonderschau im Westfälischen Museum für Archäologie zeigt, wie Klimaveränderungen und
die Entwicklung der Menschheit zusammenhängen.
Geschäftsreisen: Wer im Ausland Geschäfte macht,
muss sich vor vielen Fettnäpfchen hüten. ergo: nennt
Beispiele und hält einen Leserservice zum Thema bereit.
18
KURZ & GUT
Berdis Business: Schalten Sie ab! • Stadtwerke Herne
setzen GPS-Systeme für die Leitungsvermessung ein •
Erfinderische Energie: Die Klimaanlage • ewmr-Software
GasOpt optimiert Gasbezug • Wolfgang Clement kam
zum 10-jährigen TMR-Jubiläum
Ausgabe 2/2006
6 Voller Energie setzen sich die Mitarbeiter der Stadtwerke im
Mittleren Ruhrgebiet für ihre Kunden ein.
10 Mit Martin Adams ist mittlerweile die dritte Generation „an Bord“ des erfolgreichen
Herner Traditionsunternehmens.
18 Die Klimaausstellung in Herne
macht deutlich: Neandertalerinnen wie
diese hatten es während der Eiszeit
nicht leicht, etwas Schmackhaftes
zuzubereiten.
4 IMPULSE
EDITORIAL
Es wird wärmer in Deutschland. Bis Ende des Jahrhunderts im Jahresmittel um
vier bis fünf Grad. Das hat ein Supercomputer des Hamburger Max-Planck-Instituts
für Meteorologie jüngst errechnet. Was uns
heute Sorgen macht, hätte unsere Vorfahren vor vielen Tausend Jahren wahrscheinlich gefreut. Denn sie mussten sich
mit diversen Eiszeiten herumschlagen.
Welche Beschwernisse das mit sich brachte, macht eine große Klimaausstellung in
Herne zurzeit erlebbar. Wir berichten darüber (S. 14/15) und laden Sie außerem zu
einer exklusiven Führung ein.
Ziemlich heiß, aber in einem anderen Sinne, verspricht der kommende Sommer zu
werden – dank der Fußball-WM. Wir sprachen mit IHK-Geschäftsführer Tilmann
Neinhaus darüber, was sie für das Mittlere Ruhrgebiet bedeutet (S. 12/13).
Das es drinnen so warm oder so kühl
ist, wie Sie es sich wünschen, dafür sorgen
viele Menschen bei Ihren Stadtwerken.
Meist unbemerkt und doch mit vollem
Einsatz. Mehr dazu in unserem Brennpunkt. Mit diesen und allen anderen Themen der aktuellen ergo: wünschen wir Ihnen wieder viel Spaß!
Ihre ergo:-Redaktion
Alte Fläche - neue Pläne
Neues Leben auf der Brache – das planen die Stadtwerke Herne nach dem Erwerb des Grundstücks am Regenkamp Ende vergangenen Jahres. Nach dem Abriss
der Bauruine durch den Vorbesitzer Wayss
& Freytag wird das über 62.000 Quadratmeter große Grundstück neu vermarktet.
Das Bauunternehmen Wayss & Freytag hatte das städtische Grundstück vor
sechs Jahren erworben. Nach dem gescheiterten Versuch, das begonnene Projekt Entertainment-Center zu Ende zu bringen,
wollte Wayss & Freytag auf dem Grundstück eine großflächige Einzelhandelsnutzung realisieren.
Noch im vergangenen Jahr stellte das
Unternehmen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herne (WFG) Pläne vor, die
auf der Fläche ein SB-Warenhaus mit
6.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, einen Bau- und Gartenfachmarkt und die
Ansiedlung von Discountern vorsah. Diese Pläne sind nach Meinung der Wirtschaftsförderung jedoch in Herne nicht zu
realisieren.
Nach mehrmonatigen Verhandlungen
hat sich Wayss & Freytag schließlich bereit erklärt, das Regenkamp-Grundstück zu
verkaufen. Den Rohbau einschließlich der
Bodenplatte lässt das Unternehmen zurzeit abreißen.
Sollte das Grundstück von den Stadtwerken als Käufer zu einem höheren Preis
als 60 Euro pro Quadratmeter weiterverkauft werden, wird das Bauunternehmen
zur Hälfte an den Mehreinnahmen beteiligt.
Die WFG erstellt im Auftrag der Stadtwerke ein Nutzungskonzept für das
Grundstück am Regenkamp. Da die Fläche in günstiger Lage und von hoher Qualität ist, hält sie eine rentable Vermarktung
mit einem Quadratmeterpreis zwischen 50
und 60 Euro für möglich. Unter der Berücksichtigung kleinerer Erschließungsmaßnahmen wird die vermarktbare Gewerbefläche rund 55.000 Quadratmeter
betragen.
«
Der Abriss der alten Bebauung soll im Juni abgeschlossen sein.
Komplettes Büro im Handgepäck
Aus dem Koffer zu leben, ist für Geschäftsreisende oft ein notwendiges
Übel. Aus einem Koffer zu arbeiten hingegen kann durchaus Spaß machen
– besonders, wenn das Innenleben vor Hightech nur so strotzt: Der durchgestylte „Businesskoffer“, den Samsung auf der diesjährigen CeBIT präsentierte, enthält neben dem 1.000 Gramm leichten 12-Zoll-Notebook
„Q30plus“ noch einen akkubetriebenen Westentaschen-Beamer aus der
„Pocket Imager“-Serie sowie den mobilen Farbdrucker „SPP-2040“
mit Bluetooth-Anschluss.
Ein im Koffer integriertes Lüftungssystem sorgt für geräuscharme Kühlung,
spezieller Hartschaum schützt das wertvolle Innenleben vor Erschütterungen.
Alle Geräte sind betriebsbereit installiert
und beziehen ihren Strom – falls eine
Steckdose in der Nähe ist – gemeinsam über
einen Stecker im Koffer.
Notebook und Beamer funktionieren dank ihrer
Akkus auch unterwegs. «
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IMPULSE 5
3
Fragen an …
… Professor Dr. Georg Borges, Juraprofessor an der Ruhr-Universität Bochum, Sprecher des Vorstands und Mitgründer der
„Arbeitsgruppe Identitätsschutz im Internet e.V.“ (a-i3), die seit
Januar ein kostenloses Beratungstelefon für Phishing-Opfer anbietet.
„Die Fallen der Datendiebe erkennen“
Lassen Sie
kneten!
Mit Hilfe von „Phishing“-Mails räumen Betrüger ganze Bankkonten leer. Sind
sie auch eine Gefahr für Unternehmen?
Unternehmen können von „Phishing“ genauso betroffen sein wie Privatpersonen. Schließlich werden auch in einigen Firmen Bankgeschäfte über
das Internet abgewickelt.
Gemeinsam mit „Fitwell“ spendiert die ergo: ihren Leserinnen und Lesern ein wenig Wellness am Arbeitsplatz: Ein Mitarbeiter des auf betriebliche Gesundheitsförderung spezialisierten Bochu-
Was können Unternehmen tun, um sich zu schützen?
Man muss unterscheiden zwischen klassischem „Phishing“, das mit gefälschten Mails zur Eingabe der PIN- und TAN-Nummern auffordert, und
dem so genannten „Key-Logging“ bzw. „Pharming“. Dabei protokollieren
so genannte „Trojaner“ eingegebene Passwörter mit oder der Benutzer wird
auf eine gefälschte Website geleitet. Wichtig ist daher ein aktueller Virenschutz und eine Schulung der Mitarbeiter, damit sie die Fallen der Datendiebe erkennen.
mer Anbieters kommt für einen halben Tag zu Ihnen ins Unternehmen und lässt interessierten Mitarbeitern eine Rücken- und Nackenmassage angedeihen. Drei Unternehmen haben die Chance,
in den Genuss unserer Aktion zu kommen.
Wenn Sie einen der drei Fitwell-Einsätze gewinnen möchten, füllen Sie einfach das beiliegende Antwortfax aus. Einsendeschluss ist der 16. Juni.
Wann sollte man denn misstrauisch werden?
Die gefälschten Mails erkennt man am schnellsten an ihrem schlechten
Deutsch. Steht im Browser auf einmal eine falsche URL oder ist das Sicherheitsschloss-Symbol unten rechts in der Statusleiste verschwunden, ist ebenfalls Vorsicht angebracht. Wenn Verdachtsmomente vorliegen, sollte man
auf eine Online-Abwicklung des Bankgeschäfts verzichten. Dann ist es besser, telefonisch mit der Bank Kontakt aufzunehmen.
Das Beratungstelefon der a-i3 ist dienstags und freitags von 15 bis 18 Uhr unter (02 34) 3 22 54 93 zu erreichen. Weitere Informationen unter www.a-i3.org.
E-NEWS
Größtes Erdwärme-Kraftwerk geplant
Die Essener ENRO AG plant den Bau des
bislang größten Geothermie-Kraftwerkes
auf deutschem Boden. Das 250-MillionenEuro-Projekt soll in Brandenburg realisiert
werden. Unweit von Berlin sollen zehn
Teilanlagen mit einer Gesamtleistung
von 25 Megawatt gebaut werden. Das
Kraftwerk soll Wärme aus Vulkangestein
in 5.000 Metern Tiefe holen. Die technologische Machbarkeit des Projektes ermitteln Experten des GeothermieZentrums
Bochum.
Erste deutsche Offshore-Windanlage
In Großbritannien und Dänemark liefern
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Windkraftanlagen auf offener See schon
lange Energie. Erstmals wurde jetzt auch
auf deutschem (Meeres-)Boden eine solche
Anlage errichtet. Einen halben Kilometer
vor der Kaimauer des Rostocker Überseehafens installierte die Nordex AG eine Offshore-Turbine
vom Typ N90
(Bild) mit 90
Metern RotorD u rc h m e s s e r
und 2,5 Megawatt Nennleistung.
Erstes Branchenbild Wasserwirtschaft
Zum ersten Mal haben Verbände der deutschen Wasserwirtschaft ein „Branchenbild“ vorgelegt. Im „Branchenbild 2005“
wird die deutsche Wasserbranche als Gesamtes beschrieben und zum Beispiel festgestellt, dass Trinkwasserpreise und Abwassergebühren in den letzten zehn Jahren
sehr stabil waren. Längere Versorgungsunterbrechungen seien unbekannt, Trinkwasser habe hervorragende Qualität. Deutsche Verbraucher müssten durchschnittlich weniger für Trinkwasser ausgeben als
französische und britische.
Download des Berichtes: www.vku.de »
Verbandsthemen » Wasserwirtschaft
6 BRENNPUNKT
Der Energie-Einkäufer
Unablässig flimmern die Meldungen des
Nachrichtendienstes Reuters über die Monitore. „Neues Kraftwerk am Netz“, steht da,
der Preis für Strom wird kurzfristig etwas fallen. Blitzschnell hat Torsten Sturm die Situation erfasst und schlägt zu. „Wir kaufen für
Bochum, Herne und Witten jährlich 2,5 Milliarden Kilowattstunden Strom ein“, sagt
Sturm, Leiter des Energiehandels der ewmr.
Viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind beim Handel mit Strom gefragt, damit bei den Kunden nicht plötzlich die Lichter ausgehen und gleichzeitig deren Portemonnaie nicht allzu stark beansprucht
wird. Daneben braucht es gutes Englisch,
denn gehandelt wird weltweit: „Meine
Frau ist Kanadierin. Das war für meine englischen Sprachkenntnisse äußerst hilfreich.“
Ebenso hilfreich für ihn: ein Studium der
Volkswirtschaft und eine gewisse Stressresistenz. „Wir setzen nicht wie an der AktienBörse jede Minute neue Order “, erläutert
Torsten Sturm. Hektisch könne es trotzdem
werden, denn mit Neuigkeiten könne sich
die Situation am Markt schnell ändern.
In Sachen Preis sei am Markt derzeit ein
neues Allzeithoch erreicht, so Sturm, und
auch langfristig gehe die Tendenz eher nach
oben. „Aber wir nutzen jede Chance“, sagt
er – und schon schlagen Sturm und seine
Mannen wieder zu.
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BRENNPUNKT 7
Einsatz mit
ganzer Energie
Energie Eigentlich sind es nicht die Stadtwerke, die ihre Kunden mit
Strom, Gas, Wasser und Wärme versorgen. Es sind die Stadtwerker. Menschen verschiedenster Berufe, die sich darum kümmern, dass Unternehmenskunden im Mittleren Ruhrgebiet die nötige Energie erhalten.
D
er Lichtschalter. Der Wasserhahn.
Tag für Tag kommt jeder mit den
Stadtwerken in Berührung, ohne davon wirklich Notiz zu nehmen. Warum
auch? Die Stadtwerke des Mittleren Ruhrgebiets stehen für die Selbstverständlichkeiten
des Lebens. Die Energie, für die sie sorgen,
ist so elementar wie die Luft zum Atmen. An
sie denkt man normalerweise auch nicht. Sie
ist da, gut so, und Punkt.
Kaum jemand ahnt, was im Verborgenen
alles laufen muss, damit das so ist. Wer würde vermuten, dass mehr als 6.200 Kilometer
Stromkabel, über 1.600 Kilometer Gasleitungen und mehr als 1.800 Kilometer Wasserrohre im Mittleren Ruhrgebiet liegen? Es
kommt einer Sisyphusarbeit gleich, dieses
Die IT-Spezialistin
„Der C64 meines Bruders war mein erster Kontakt mit dem Computer“, erzählt
Daphne Wittkamp (35). Damals in der Oberstufe ahnte sie noch nicht, dass Bits und
Bytes eine zentrale Rolle in ihrem Berufsleben spielen sollten.
Zunächst absolvierte sie eine Ausbildung
zur Industriekauffrau bei den Stadtwerken
Bochum und studierte anschließend Betriebswirtschaft.
Im Job spielten IT-Themen bald eine
wachsende Rolle: Daphne Wittkamp baute
den ersten Web-Auftritt der Stadtwerke mit
auf. Als es dann darum ging, die neue SAPAbrechnungssoftware an die Besonderheiten der ewmr anzupassen, war sie mit dabei:
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Aus der Lösung von der Stange wurde ein
Maßanzug.
An das SAP-System dockte später das Online-Kundencenter auf rewirpower.de an, das
Daphne Wittkamp betreut. Für die ewmr koordiniert sie die Anforderungen von Kunden bzw. Fachabteilungen und die technische Realisierung: „Zurzeit entwickeln wir
neue Online-Services für Wohnungsbaugesellschaften.“
Auch wenn sie privat das Reisen einer
Tour auf der Datenautobahn vorzieht – zurück in die Zeiten des C64 möchte sie nicht:
„Für die Arbeit ist das Internet einfach ein
Segen.“
weit verzweigte System zu kontrollieren, instandzuhalten und nach dem Bedarf der Kunden auszubauen. Ingenieure, Handwerker
und Kaufleute bilden ein großes Team, um
gemeinsam diese Aufgabe zu meistern.
So steht hinter dem Namen „Stadtwerke“
ein Unternehmen mit Menschen, die sich
mit vielfältigen Qualifikationen tagtäglich darum kümmern, dass ihre Kunden optimal
versorgt sind. Und weil ihnen das normalerweise sehr gut gelingt, bleiben sie in der Regel unauffällig und im Hintergrund – fast wie
die Heinzelmännchen.
Bei den Stadtwerken Bochum, Herne und
Witten sowie bei deren Holding ewmr arbeiten zurzeit gut 1.400 Menschen. Der Elektro-
8 BRENNPUNKT
meister, der über die Stromverteilung wacht.
Der Monteur, der in Windeseile einer undichten Leitung auf die Spur kommt. Der StromEinkäufer, der auf der Börse Energie günstig
beschafft. Die IT-Expertin, die neue Services
für Geschäftskunden mitentwickelt. Die
Empfangsdame, die Besuchern den Weg
durchs Verwaltungsgebäude weist. Sie und alle ihre Kolleginnen und Kollegen ergänzen
einander mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen. Sie sind letztlich auch das Kapital
des Unternehmens Stadtwerke. Deswegen bilden die Stadtwerke auch eine vorbildlich hohe Zahl junger Menschen aus, zu Industriemechanikern, Energieelektronikern und Industriekaufleuten. Zurzeit absolvieren zusammen 86 Azubis ihre Lehre bei den drei ewmrStadtwerken – eine Investition in die Zukunft.
Vorwärts gewandt ist auch die Unternehmenspolitik der ewmr. Mit Contracting und
innovativer Gebäudeleittechnik hat sie das
Dienstleistungsangebot rund ums Thema
Energie speziell für Business-Kunden erweitert. Mit dem IT-Dienstleister rku.it, mit der
Telekommunikationstochter TMR, über die
Beteiligung der Stadtwerke Bochum an Gelsenwasser und mit der Billing-Gesellschaft
evu zählwerk hat die ewmr ihren geschäftlichen Aktionsradius ausgedehnt – ein grundsolides unternehmerisches Fundament, auf
dem das Kerngeschäft sicher fußt.
Die wirtschaftliche Stärke ist die eine Basis, um eine zuverlässige Energieversorgung
dauerhaft zu sichern. Die andere sind die
Menschen, die eine gute Arbeit leisten, wenn
man jeden Tag hundertmal mit den Stadtwerken in Berührung kommt, ohne dass es einem auffällt.
«
Der Obermonteur
Friedrich Dawin ist einer derjenigen
Stadtwerker, ohne die man womöglich eines
Tages im Dunkeln säße. Der 43-Jährige kontrolliert routinemäßig die 300 Trafo-Stationen im Mittelspannungsnetz „Herne 2“. Für
den gelernten Elektro-Installateur besitzen
Sicherheit und konzentriertes Arbeiten
oberste Priorität. Das Netz wird hier mit einer Spannung von 10.000 Volt betrieben. Bevor Dawin eine defekte Leitung reparieren
kann, muss er erst einmal den Strom ausschalten. Mit einem Schalthebel trennt er in
der Schwerpunktstation die Stromkreise.
Hat der Obermonteur, der 1979 bei den
Stadtwerken anfing, einen gefährlichen Arbeitsplatz? „Passiert ist nie etwas“, erzählt
er. Das liegt daran, dass die Stadtwerke Herne laufend ins Netz sowie in die Ausbildung
ihrer Mitarbeiter investieren – und stets penibel darauf achten, dass alle Vorschriften
eingehalten werden.
Was sich in den Jahren am meisten verändert hat? „Heute mache ich mir nicht
mehr so oft die Hände schmutzig“, sagt Dawin. Während die Kabel früher oft ölig waren, hinterlassen sie mittlerweile kaum
noch Spuren. Heutzutage werden nur noch
Kunststoffkabel verlegt. Mit Öl kommt der
Friedrich Dawin jetzt eher in seiner Freizeit
in Berührung. Da widmet er sich seinem
größten Hobby: dem Motorradfahren.
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Der Entstörer
Als wäre er ein Geist – so sehen ihn die
Kunden manchmal an. „Ich habe gerade
erst den Hörer aufgelegt, und Sie sind schon
da“, diesen Kommentar hört Wilfried Dagott öfter. Der gelernte Gas- und Wasserinstallateur arbeitet bei den Stadtwerken
Witten und ist seit über 25 Jahren im Außendienst.
Sicherheit ist oberstes Gebot. Falls einmal eine Gasleitung undicht sein sollte,
rückt der 49-Jährige an. Auf seine Schnelligkeit ist er besonders stolz. Die Leitwarte
informiert das Entstörteam, und wenige Minuten später stehen Dagott und sein Kollege bereits vor der Tür. Jetzt muss die Undichtigkeit in der Installation nur noch ge-
Die Begrüßerin
Angela Bosch ist in ihrem Element: „Ich
brauche immer Menschen um mich herum.“ Gleich mehrere hundert passieren jeden Tag den Empfang im Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Bochum. Kunden, Geschäftspartner, Gäste, Handwerker. Angela
Bosch begrüßt sie, händigt Besucherausweise aus, weist den Weg, hilft.
Doch der Dienst an der Rezeption ist nur
ein Teil ihrer Aufgaben, die sie sich mit vier
Kolleginnen teilt: „Die Arbeit ist vielseitiger“,
erklärt die 45-Jährige. In der Telefonzentrale leitet sie Anrufer weiter, für den Dokumentenservice scannt sie Belege ein.
Schon bevor die ersten Kunden vor der
Tür stehen, sortiert sie die Post mit. Mehre-
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re hundert Briefe erhalten die Stadtwerke Bochum täglich. Ob in Zeiten von E-Mails weniger Post kommt? „Nein“, lacht sie. „Im
Gegenteil!“
Friseursalon, Kornbrennerei, Ticketshop –
die Mutter zweier Töchter hatte schon einige berufliche Stationen hinter sich, als sie
zum Energieversorger kam. Dort wurde sie
prompt die erste Frau, die an der Rezeption
saß. Die Domäne der Herren wurde bald eine der Damen.
Doch manches ändert sich nicht – wie
die ansteckend gute Laune, mit der Angela
Bosch jeden Gast bei den Stadtwerken willkommen heißt.
funden werden. Mit dem Fühler des so genannten „Snooper“, einem Gassensor, geht
Dagott die Gewindestücke der Leitungen ab
– das Gerät schlägt sofort an, wenn es eine
undichte Stelle findet. Wilfried Dagott ist
sich der Bedeutung seiner Aufgabe bewusst:
„Ich habe einen Job mit Verantwortung.“
Außerdem mag er den Kontakt zu den
Menschen. Diese wenden sich auch schon
mal vertrauensvoll an den Fachmann,
wenn es Probleme mit ihrer Heizung gibt.
Ihnen gibt er auch noch einen anderen Tipp
mit auf den Weg: „Wenn es riecht, warten
Sie nicht lange. Rufen Sie lieber einmal
mehr an.“
Erfolg in dritter Generation
Adams Armaturen Mit Hochleistungsarmaturen ist die Firma Adams in Herne weltweit erfolgreich. Auch im heimischen Ruhrgebiet sind fast alle Kraftwerke mit Komponenten des Familienunternehmens ausgestattet.
B
eim Stichwort „Armaturen“ denken die
meisten Menschen zuerst an den Wasserhahn im eigenen Badezimmer. Die
Produkte der Firma Adams Armaturen treten
jedoch in einer ganz anderen Gewichtsklasse an. Bis zu 150 Tonnen bringen die Stahlkolosse des Herner Unternehmens auf die
Waage.
Vier Meter und 20 Zentimeter messen die
beiden größten Aggregate der Firma im
Durchmesser. Wert: rund eine Million USDollar (zirka 840.000 Euro) das Stück. Bald
schon werden die Giganten in die USA verschifft. In einem kalifornischen Wasserkraftwerk kommen sie zum Einsatz. Dort regeln sie den Durchfluss des Wassers.
Zu Recht dürfen sich die Produkte aus
dem Hause Adams Hochleistungsarmaturen
nennen: Sie trotzen Temperaturen von bis zu
950 Grad Celsius. Hintergrund: Bei der Herstellung von Kraftstoff aus Rohöl klettert das
Thermometer auf solch hohe Temperaturen.
Hinzu kommt – als zusätzliche Belastungspro-
Auch im Minusbereich müssen die Aggregate zuverlässig arbeiten. Beim Transport von
verflüssigtem Erdgas, das auf diese Weise we-
niger Platz benötigt, werden Temperaturen
bis minus 196 Grad Celsius erreicht. Neben
glühender Hitze, Abrieb und Minustemperaturen müssen die Armaturen zudem extrem
hohen Druckverhältnissen standhalten. Beispiel: Düngemittel-Industrie. Hier müssen die
Armaturen einen Druck von bis zu 400 bar
bewältigen. Das entspricht dem Wasserdruck,
der in 4.000 Metern Tiefe herrscht.
Rund zwei Monate dauert es, bis die Mitarbeiter aus dem gelieferten Rohmaterial die
Armatur gefertigt haben.
Alle Bauteile, auch solche Standardkomponenten aus Gussstahl, werden in ausgiebigen Tests auf Herz und Nieren geprüft.
be – der im dabei entstehenden Gas enthaltene Feinstaub, der bei der Umwandlung des
Rohöls mit hoher Geschwindigkeit durch die
Rohre fegt und die Innenseite der Armaturen
ähnlich wie Schmirgelpapier bearbeitet.
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MARKT Kundenporträt 11
Bis zu 150 Tonnen bringen die Stahlkolosse
auf die Waage. Sie trotzen in der Praxis
auch extremen Bedingungen.
Vor allem die Hersteller von Kraftwerken
sind es, die zu Adams’ Kunden zählen. „Alle Kraftwerksbetreiber in Deutschland setzen
Adams-Armaturen ein“, erklärt Martin
Adams, zuständig für das strategische Marketing. Die Belastbarkeit der Adams-Produkte hat sich längst auch über die Regions- und
Landesgrenzen hinaus herumgesprochen.
Mehr als 80 Prozent der Armaturen liefern
die Herner ins Ausland. „Unsere Kunden
kommen mittlerweile aus allen Bereichen, bei
denen es um flüssige oder gasförmige Medienflussregelung geht“, so Adams. Derzeit
profitiert das Unternehmen vor allem vom
Bauboom für Kraftwerke in China. Ein weiteres wichtiges Standbein sind Armaturen für
Wasserkraftwerke und die petrochemische Industrie.
Zwei Monate dauert es im Durchschnitt,
bis aus dem gelieferten Stahl das Endprodukt
entsteht. Mehr als ein Drittel der Aggregate
sind Maßanfertigungen. Die restlichen Armaturen werden aus Standardbauteilen hergestellt. Wichtiger Teil des Fertigungsprozesses
ist das Testen. Um einen möglichst hohen
Qualitätsstandard zu sichern, betreibt Adams
eigene Prüfeinrichtungen auf dem 11.500
Quadratmeter großen Werksgelände. Dort
werden die Armaturen – entsprechend ihrem
Verwendungszweck – in Behältern mit Flüssigstickstoff abgekühlt oder rotglühend erhitzt. Im Anschluss werden die Aggregate auf
mögliche Risse oder Materialfehler überprüft.
Daneben nutzen die Techniker eine 3-DMessanlage zum Prüfen, um geliefertes Material sowie fertige Aggregate zu testen. Volker Kröner, Produktmanager des Unternehmens: „Erst wenn alle vorgeschriebenen Tests
bestanden sind, liefern wir das Produkt an
den Kunden aus.“
1960 hat Firmengründer Karl Adams das
Patent des so genannten dreifach exzentrischen Dichtsystems entwickelt und damit die
Grundlage für das heutige Unternehmen gelegt. 1959 bereits in den Ruhestand gegangen, tüftelte der Oberingenieur im hauseigenen Keller an einem leistungsfähigen und
kostengünstigen Dichtungssystem für Rohre. Nachdem die ersten Exemplare noch bei
anderen Firmen im Ruhrgebiet als Auftragsarbeit gefertigt wurden, begann Adams 1972
die eigene Produktion am Firmenstandort
Herne. Karl Adams’ Söhne Siegbert und
Horst, der jetzige Geschäftsführer von Adams
Armaturen, setzten die Tradition des Familienunternehmens fort. Mit Martin ist mittergo: 2/06
lerweile die dritte Generation in der Firma
tätig. 1980 wagte das Unternehmen den
Schritt über die Landesgrenze und gründete
einen weiteren Produktionsstandort in der
Schweiz. 1990 begann die Fertigung im texanischen Houston.
„Mittlerweile kommen unsere Kunden
aus aller Welt“, sagt Martin Adams. Um deren Bedürfnisse zu erfüllen, hat Adams Armaturen ein weltweites Netz aus Service- und
Vetriebsbüros geschaffen. Derzeit richtet das
Familienunternehmen den Blick verstärkt
nach Asien. Drei eigene Büros hat Adams im
Reich der Mitte in Schanghai, Peking und
Chengdu geschaffen. „Darüber hinaus ziehen wir die Errichtung einer Produktionsstät-
te in Indien mittelfristig in Betracht“, kündigt Adams an. Mehr als 300 Mitarbeiter
zählt das Unternehmen heute; 210 arbeiten
in Herne. Und auch dort stehen die Zeichen
auf Wachstum. Adams: „Wir suchen dringend qualifizierte Mitarbeiter – insbesondere Ingenieure.“
«
K O N TA K T
Adams Armaturen GmbH
Baukauer Straße 55
44653 Herne
Tel.: (0 23 23) 2 09-0
Fax: (0 23 23) 2 09-2 86
www.adams-armaturen.de
Martin Adams erläutert das Prinzip der Armaturen, mit denen das Herner Unternehmen rund um die Welt erfolgreich ist.
Der Clou mit der Klappe
Bei Adams Armaturen gilt: Der Clou ist die Klappe. Die Aggregate arbeiten nach dem Prinzip der sich drehenden Klappe. Abgedichtet wird ausschließlich mit Metall. Im Gegensatz zu
anderen gängigen Systemen – etwa dem Schiebemechanismus – entsteht beim Öffnen und
Schließen der Drehklappe kaum Reibung und somit kein Verschleiß. Ein weiterer Pluspunkt
laut Martin Adams: „Dadurch, dass die Drehachse hinter der Klappe angebracht ist, liegt die
vollständige Klappenfläche frei und der abzudichtende Bereich wird nicht unterbrochen.“
So lässt sich ein wesentlich höherer Dichtheitsgrad erzielen.
12 MARKT WM 2006
Zur Person
Tillmann Neinhaus ist seit 1996 Hauptgeschäftsführer
der Industrie- und Handelskammer im mittleren Ruhrgebiet zu Bochum. Der Diplom-Kaufmann gilt als Experte für den Strukturwandel im Ruhrgebiet und wirkt
in zahlreichen regionalpolitischen und wissenschaftlichen Gremien mit.
„Mehr als schöne Erinnerungen“
WM 2006 Die Städte herausgeputzt, die Hotels ausgebucht, die Gastronomie in freudiger Erwartung – auch abseits der Spielorte sehnt man sich die Fußball-Weltmeisterschaft herbei. ergo: sprach mit Tillmann Neinhaus, Hauptgeschäftsführer der IHK Bochum, über die Taktik des Mittleren Ruhrgebiets – und wie die Region punkten kann.
Herr Neinhaus, es sind nur noch wenige Wochen
bis zur Weltmeisterschaft. Was meinen Sie: Wer
holt den Titel?
Da gibt es nur eine Antwort – ganz klar
Deutschland. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Die Nationalelf ist in Ihren Augen gut gerüstet.
Wie steht es denn um die Städte des Ruhrgebiets?
Die müssen ja auch fit sein für das sportliche
Großereignis. Schließlich ist laut WM-Motto „Die
Welt zu Gast bei Freunden“.
Die Städte im Ruhrgebiet sind gute Gastgeber – und das nicht nur zur Weltmeisterschaft, sondern schon seit längerem. Wir haben im Ruhrgebiet im Bereich Städtetouris-
mus in den vergangenen Jahren richtig Gas
gegeben, das muss man sagen. In punkto
Weltmeisterschaft sind fast alle Städte gut
aufgestellt. Sie bereiten sich auf ihre Gastgeberrolle systematisch vor und putzen
sich heraus, sofern die Vorbereitung nicht
schon abgeschlossen ist. Dies gilt natürlich
insbesondere für die beiden Spielorte Dortmund und Gelsenkirchen – aber eben auch
für die Nachbarstädte wie Bochum, Herne
und Witten.
Welche Taktik verfolgt denn das Mittlere Ruhrgebiet, damit die Weltmeisterschaft auch abseits
der Spielorte ein Erlebnis wird?
» Die Städte im Ruhrgebiet sind gute
Gastgeber – und das nicht nur zur
Weltmeisterschaft. «
Bochum als größte Stadt dieser fußballaffinen
Region und ausgesprochenes Oberzentrum
bildet einen Schwerpunkt der Aktivitäten.
Dort wird es im großen Umfang Public Viewing geben, also die Möglichkeit, die WMSpiele auf einer Großleinwand zu verfolgen.
Unter anderem kann man den Ball im Ruhrstadion kostenlos rollen sehen. Gekoppelt
sind diese Veranstaltungen mit einem umfangreichen, zum Teil auf die Gastmannschaften zugeschnittenen Begleitprogramm. Im
Bermudadreieck bietet Bochum zudem attraktive gastronomische Angebote, die während
der WM stark gefragt sein werden.
In geringerem Umfang wird es auch in
Herne Public Viewing geben, ebenfalls eingerahmt von diversen Veranstaltungen und begleitet von der Gastronomie. Städte wie Witten oder auch Hattingen konzentrieren sich
darauf, dass die örtliche Gastronomie kleinere Events organisiert. Entlang des Ruhrtals
wird es zudem eine Reihe touristischer Sonderaktionen für die WM-Gäste geben.
Ihre Konjunkturumfrage Anfang des Jahres
zeigte, dass rund 20 Prozent der Unternehmen
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MARKT WM 2006 13
im Mittleren Ruhrgebiet durch die WM einen zusätzlichen Schwung in der Geschäftsentwicklung
erwarten. Ist diese Euphorie begründet?
Doch. Die Unternehmen haben durch die
Weltmeisterschaft einen unmittelbaren Nutzen. Hotellerie und Gastronomie beispielsweise werden direkt messbare Erfolge in Form
von Umsatzzuwächsen erleben. Die zentrale Lage unserer Region und die Nähe zu den
Spielorten machen sich da bezahlt. Die Übernachtungsmöglichkeiten im Mittleren Ruhrgebiet, sehen wir mal von den Privatquartieren ab, sind durch WM-Teilnehmer und -Gäste nahezu ausgebucht.
Nehmen wir das „Renaissance“ in Bochum: Allein dort werden sechs Mannschaften, die in Dortmund und Gelsenkirchen
spielen, jeweils zwei Nächte verbringen. Und
im Umfeld der Mannschaften übernachten
die Fans und Journalisten.
Auch in der Gastronomie wird es brummen, denken Sie nur an das Bermudadreieck
in Bochum. Da wird es rappelvoll sein. Das
gilt für alle gastronomischen Schwerpunkte
im Mittleren Ruhrgebiet, aber auch für die
Eckkneipe, die es ansonsten eher schwer hat.
Neben diesen Leitbranchen zählt natürlich
auch der Einzelhandel zu den Gewinnern. Es
wird viel Unterhaltungselektronik gekauft,
Sportartikel, WM-Artikel oder Andenken.
Shoppen kann man im Revier ja ganz ordentlich, und da ist es nur gut, dass die Geschäfte während der WM außer sonntags rund um
die Uhr geöffnet haben dürfen. Das Angebot
wird auch diejenigen in die Kaufhäuser locken, die sich nicht für Fußball begeistern.
Wir hoffen, dass durch die WM die Kauflust
insgesamt ein Stück weit wieder angeregt
wird.
Die WM als Konjunkturmotor?
Nein, das ganz klar nicht. Ein konjunktureller Heilsbringer wird die Fußball-Weltmeisergo: 2/06
terschaft nicht sein. Sie kann aber langfristig positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Gesamtlage haben – aber nur
dann, wenn wir Weltmeister werden. Das
zeigt die Erfahrung, wir haben ja schon dreimal den Titel geholt. Weltmeister zu sein bedeutet: Wir haben was geschafft, wir haben
was geleistet. Dieses Klima könnte den Binnenmarkt konjunkturell beleben und bestehende Auftriebskräfte ermutigen.
Unabhängig davon, wie die deutsche Nationalelf abschneidet: Was bleibt denn nach dem Fußballspektakel außer schönen Erinnerungen?
Wir haben die kühne Hoffnung, dass die
Weltmeisterschaft die Region insgesamt
deutlich stärker in den Blickpunkt des deutschen und europäischen Städtetourismus
rückt. Wir müssen uns deshalb den WM-Besuchern und Journalisten als gute Gastgeber
präsentieren. Es ist hier bereits einiges erreicht worden: Route der Industriekultur,
RuhrTriennale – aber man muss sich nichts
vormachen, nach wie vor gibt es im Ruhrgebiet Nachholbedarf im Vergleich zu anderen Ballungsgebieten. Das, was hier an kulturellen und touristischen Attraktivitäten vorhanden ist, kann durch die WM einen zusätzlichen Vermarktungsschub erhalten. Es können sich langfristige Aufmerksamkeitseffekte ergeben.
Ich gehe außerdem davon aus, dass der
Bundesligafußball, der für das Revier ja auch
ökonomisch von großer Bedeutung ist, im
Anschluss an das Turnier einen weiteren Besucherzuwachs erfährt. Die Anschlusswirkung der Weltmeisterschaft wird zwar nicht
zu einem allgemeinen Konjunkturschub
führen – aber es bleibt hoffentlich doch mehr
als nur schöne Erinnerungen.
«
Der WM-Faktor
Das Fußballfieber steigt im ganzen Land. Zu den 64 WM-Spielen werden rund 3,2
Millionen Besucher erwartet, fünf Millionen zusätzliche Übernachtungen und 800
Millionen Euro Konsumausgaben, prognostizieren die FIFA-Organisatoren. Doch welchen wirtschaftlichen Gesamteffekt hat das weltweit beachtete Sportereignis auf
das Gastgeberland? Die Ruhr-Universität Bochum hat die Auswirkungen bis 2015
untersucht und dabei auch die finanziellen Belastungen wie etwa durch Stadioninvestitionen (1,5 Mrd. Euro) und Terrorabwehr zugrunde gelegt. Das Ergebnis: Am
wahrscheinlichsten ist, dass Deutschland einen „soliden volkswirtschaftlichen Gewinn“ von gut 1,5 Milliarden Euro erzielt. Einen gesamtwirtschaftlichen Verlust schließen die Bochumer nahezu aus – sie rechnen aber auch nicht mit einem hohen Wohlfahrtszuwachs. Die Prognose lässt sich in gewisser Weise auf
die Nationalelf übertragen: Zu erwarten ist wohl ein solider sportlicher
Erfolg, aber weder ein Aus nach der Vorrunde noch der Titelgewinn …
14 TRENDS Klima
Evolution in Extremen
Ausstellung Klimaveränderungen und die Entwicklung der Menschheit hängen eng zusammen.
Eine Sonderschau im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne zeigt, warum.
Die ältesten Spuren aufrecht gehender
Menschen fanden sich in versteinerter
Vulkanasche in Tansania.
E
r grunzt, brät sein Mammut-Steak über
offenem Feuer und macht es sich in seiner warmen Hütte gemütlich. Vor etwa
120.000 Jahren wagte sich der Neandertaler
bis ins heutige Dänemark vor, das nach einer langen Eiszeit gerade wieder „aufgetaut“
war. „Ohne Feuer wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Dr. Yasmine Freigang vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
Das Westfälische Museum für Archäologie in Herne, dessen Träger der LWL ist, widmet sich in der Sonderausstellung „klima und
mensch. leben in eXtremen“ ab dem 30. Mai
den Einflüssen des Klimas auf die menschliche Entwicklung. Und die sind weit reichender, als man es glauben möchte.
So führen die Forscher die Nutzbarmachung des Feuers auf einsetzende Kälteperioden zurück. Vor etwa 1,5 Millionen Jahren
wärmte sich der Frühmensch zum ersten Mal
die Hände an einem Lagerfeuer. „Irgendwo
hat vielleicht mal ein Blitz eingeschlagen“,
so Yasmine Freigang. Vom brennenden
Baum bis zur warmen Behausung war es
dann ein kleiner Schritt.
Tief greifend waren auch andere Entwicklungen, die Wissenschaftler mit klimabedingten Herausforderungen in Zusammenhang
Eiszeitliche Kunst als Spiegel der Umwelt:
eine gravierte Knochenspitze, gefunden in
La Roche Lalinde im Südwesten Frankreichs.
Ein Highlight der Ausstellung ist das in
Russlands Steppen entdeckte Mammutbaby
Dima. Es ist das besterhaltene seiner Art.
bringen – zum Beispiel Waffen. Lange Zeit
war der Speer das Jagdmittel der Wahl. In offenen Graslandschaften kalter Gebiete tummelten sich große Tierherden. Mehrere frühzeitliche Jäger kreisten die Tiere ein und erlegten sie. Als das Klima wechselte und wärmere Temperaturen Bäume und Pflanzen
sprießen ließ, funktionierte diese Form des
Jagens nicht mehr. Für das Jagen im Wald
musste eine effektivere Waffe her – Pfeil und
Bogen.
Solche Entwicklungen kamen freilich
nicht über Nacht und oft basierten sie auf anderen geistreichen Schöpfungen. Zwischen
dem ältesten Speer und der Erfindung von
Pfeil und Bogen liegen so 400.000 Jahre.
samt Mahlzeiten aus mehreren Epochen soll
diese Zusammenhänge verdeutlichen.
Dazu wird Kleidung aus der Frühzeit, die
vor allem vor der Kälte schützen sollte, moderner Funktionskleidung gegenüber gestellt, die unsere Haut heute vor den Auswirkungen des Ozon-Lochs – hoher UV-Strahlung – bewahrt.
Die Behausungen der Menschen sind
ebenfalls Thema. In kälteren Zeiten und Gegenden gab es kaum Holz zum Hüttenbau,
und besonders geeignet wäre der Baustoff
wohl auch nicht gewesen. Stein oder Ton
schützte besser vor der Kälte, und das Material war überall verfügbar.
Die Begrifflichkeiten erläutert die Ausstellung natürlich auch. Danach ist das Klima für
die Wissenschaftler „langes Wetter“. Nicht
die einzelne Regenwolke zählt, sondern das
Wechselspiel der Temperaturen über einen
langen Zeitraum.
So gesehen, befinden wir uns heute in einem so genannten Interglazial, einer wärmeren Periode innerhalb einer Eiszeit. Die dauert insgesamt schon etwa 2,5 Millionen Jahre. Eiszeitlich kalt aber – Forscher sprechen
auch von glazialem Maximum – war es zum
letzten Mal vor etwa 20.000 Jahren.
Evolutionäre Schritte dieser Art sind für
uns oft nicht nachvollziehbar. Mit Exponaten, Kulissen und Installationen schafft die
Ausstellung daher erlebbare Verbindungen
zwischen gestern und heute. Außer mit den
ältesten Waffen der Welt auch beim Thema
Essen. Während wir heute so ziemlich alles
an Fleisch und Gemüse jederzeit kaufen können, war das, was bei Neandertalers auf den
Teller kam, von der Region, dem Klima und
der Jahreszeit abhängig. Ein gedeckter Tisch
ergo: 2/06
TRENDS Klima 15
L E S E R S E RV I C E
Exklusive Führung
Die Landschaften Grönlands geben einen
Eindruck davon, wie es während der Eiszeit
in Europa ausgesehen haben könnte.
Noch 10.000 Jahre zuvor lebte in Europa
ein Frühmensch, dem sich die Ausstellung
besonders widmet. 1856, genau vor 150 Jahren, entdeckten Steinbrucharbeiter Knochen einer bis dahin unbekannten Spezies im
Neandertal nahe Düsseldorf – der Neandertaler war geboren. Vor rund 30.000 Jahren
wurde er nach und nach von unserem direkten Vorfahren, dem aus Afrika eingewanderten Homo sapiens, verdrängt.
Die Ausstellung beginnt noch weit vorher: Sechs Millionen Jahre geht sie zurück
und führt über Exponate wie 3,6 Millionen
Jahre alte Fußspuren und damit den ältesten
Belegen aufrecht gehender Menschen, versteinerten Blättern aus einem Herbst 400.000
Jahre vor Christus oder einem vollständig erhaltenen und mumifizierten Mammut-Baby
zum Klima unserer Tage.
Hier dreht sich das Thema der Ausstellung
sozusagen um: Mit Beginn der industriellen
Revolution und dem Ausstoß von Treibhausgasen nimmt der Mensch seit 150 Jahren
selbst massiv Einfluss auf das Klima. Daran
gibt es für die Wissenschaftler heute keine
Zweifel mehr. Die Frage ist lediglich, inwieweit sich das Klima verändern und welche
ergo: 2/06
Mit der „Polarstern“ entnehmen Forscher
Eis-Bohrkerne aus der Arktis und rekonstruieren so das Klima vergangener Zeiten.
Auswirkungen das haben wird. Die Ausstellung zeigt drei unterschiedliche Prognosen
des zukünftigen Klimas: eine gemäßigte, eine mittlere und eine extreme.
Mit einer Installation werden Besucher
auch in diesem Punkt hautnah mit einbezogen. Über einer begehbaren Weltkarte auf
dem Fußboden hängen Infusionsbeutel – die
Erde ist Patient. Die Infusionen stehen für
Beispiele innovativer Technologien, die das
Klima schützen.
Hätten die frühen Menschen um die Folgen der Nutzbarmachung des Feuers gewusst,
vielleicht hätten sie lieber weiter in ihrer kalten Hütte gefroren. Moderne industrielle Prozesse und damit auch der Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid wären ohne die Beherrschung des Feuers undenkbar.
Das Feuer brachte dem Frühmenschen
aber nicht nur Wärme, auch die Mägen reagierten äußerst dankbar. „Beim Braten von
Fleisch werden bestimmte Eiweiße freigesetzt,
die es für den Menschen sehr viel bekömmlicher machen als die rohe Variante“, erläutert Yasmine Freigang. Vielleicht stand ja
auch bei dieser Entdeckung der Zufall Pate
und ein Mammut-Steak fiel eines Tages in die
heiße Glut …
«
ergo:-Leser haben die Möglichkeit, die
Ausstellung auf besonders exklusive
Weise zu erleben: Am 22. Juni wird Museumsleiterin Dr. Barbara Rüschoff-Thale Sie durch die Ausstellung führen und
die Exponate unterhaltsam und fachkundig erläutern. Die etwa 90-minütige Führung beginnt um 17.30 Uhr. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zu einem
kleinen Imbiss.
Wenn Sie die Führung miterleben
möchten, füllen Sie einfach unser Antwortfax aus. Die ersten 15 Einsender
(max. 1 Begleitperson) sind dabei. Die
Teilnehmer werden rechtzeitig von uns
benachrichtigt.
Die Ausstellung
Die Sonderschau „klima und mensch.
leben in eXtremen“ läuft vom 30. Mai
2006 bis zum 30. Mai 2007 im Westfälischen Museum für Archäologie und
wird von den Stadtwerken Herne unterstützt.
Öffnungszeiten
Dienstag, Mittwoch, Freitag
von 9 Uhr bis 17 Uhr,
Donnerstag 9 Uhr bis 19 Uhr,
Samstag, Sonntag, Feiertag
von 11 Uhr bis 18 Uhr
Adresse
Europaplatz 1
44623 Herne
Tel.: (0 23 23) 9 46 28-0
Fax: (0 23 23) 9 46 28-33
www.landesmuseum-herne.de
16 TRENDS Business
Benimm auf Ausländisch
Geschäftsreisen Benehmen ist Glückssache? Nein. Wissen ist Macht. Wer in fremden Kulturkreisen adäquat
aufzutreten weiß, hat bessere Karten, auf Auslandsmärkten erfolgreich zu sein.
M
it kräftigem Händedruck begrüßt
der deutsche Firmenchef seinen Geschäftspartner aus China. „Lassen
Sie uns direkt auf den Punkt kommen“,
prescht der Deutsche vor und lenkt das Gespräch in Richtung Vertragsabschluss. „Wir
wollen keine Zeit vergeuden, im Grunde sind
wir uns doch einig.“ Sagt’s und heftet den
Blick auf sein Gegenüber. Der Chinese lächelt. Ein gutes Zeichen, denkt der Deutsche,
die Sache ist perfekt.
Welch Irrtum! Kaum ein Fettnäpfchen
hat der zupackende Geschäftsmann ausgelassen. Der Handschlag gilt bei Chinesen als ungehobelt. Man verneigt sich kurz voreinander. Jemanden mit den Augen zu fixieren, ist
unhöflich. Man schaut kurz und blickt
dann wieder zur Seite. Ohne Umschweife
zum Thema zu kommen, ist unkultiviert. Der
Weg ist das Ziel. Wer dann noch ein unergründliches Lächeln als allgemeine Zustimmung missdeutet, ist selber schuld. Ein Chinese wird ein klares Nein niemals aussprechen, sondern es lieber in zehn Bandwurmsätzen verstecken. „Deutsche müssen sich im
L E S E R S E RV I C E
Tipps für Reisende
Einen Praxis-Ratgeber mit Wissenswertem, wie
Sie bei Kontakten mit Geschäftspartnern aus
anderen Kulturkreisen parkettsicher sind, hält
der ergo:-Leserservice für Sie bereit. Dort finden Sie Tipps unter anderem zu den Themen
Begrüßung, Kommunikation, Zeitempfinden
sowie korrektes Benehmen bei Tisch.
Den Leserservice „Etikette
im Ausland“ können Sie
kostenlos mit dem Antwortfax abrufen, das diesem Heft beiliegt.
Umgang mit asiatischen Geschäftspartnern
sehr in Geduld üben“, erklärt Marianne Montag, Expertin für gutes Benehmen.
Jeder Kulturkreis hat seine eigenen Regeln. Das macht es nicht unbedingt einfacher, bei geschäftlichen Kontakten ins Ausland Peinlichkeiten zu vermeiden. Preußische
Pünktlichkeit sollten Business-Reisende anderswo nicht unbedingt erwarten – in südlichen Gefilden ist es nun einmal kein Drama, wenn sich jemand um eine geschlagene Stunde verspätet. Was nicht heißt, dass
man mit schlechtem Beispiel vorangehen
soll.
In den USA dagegen gilt „Time is money“,
und dort werden Verspätungen nur als Folge des alltäglichen Verkehrschaos in den Metropolen entschuldigt. Umso geradliniger und zielorientierter laufen
dort die Gespräche ab. Das gilt auch
für den Smalltalk vor der Sitzung:
Wird der Besucher aus Germany nach dem Befinden gefragt,
erwartet sein Gastgeber keine
detailreiche Erzählung über
Frau, Kind und Hund – die Frage ist nur eine Floskel. Dinge wie
diese sollte man wissen, um
sich nicht gleich als Schwätzer zu
disqualifizieren. Sich mit Vornamen
anzureden, heißt noch lange nicht, miteinander befreundet zu sein. Und es sollte einen Deutschen nicht irritieren, wenn ein
Amerikaner bei Tisch sein Steak erst mit dem
Messer zerlegt, die Fleischstücke mit der Gabel in der Rechten aufspießt und die linke
Hand unterm Tisch lässt – was bei uns als unfein gilt.
Ein anderes Beispiel: In Russland werden
Frauen in gehobenen Kreisen nach wie vor
in einer Weise hofiert, wie es in Mitteleuropa schon lange nicht mehr in Mode ist. Der
Handkuss ist obligatorisch, und im Restaurant wird selbstverständlich der Stuhl herangerückt. Eine gewisse Trinkfestigkeit ist allerdings auch bei gesellschaftlichen Anlässen
von Vorteil. Den Damen wird Krimsekt ser-
viert, der Herr kommt am Wodka kaum vorbei. Wird getafelt, biegt sich der Tisch unter
den Speisen. „Dann kann man nur von jedem ein bisschen probieren, sonst platzt
man“, spricht Marianne Montag aus eigener
Erfahrung.
Mit ihrer Agentur „Image und Etikette“
ist sie seit Jahren auch auf internationalem
Parkett eine gefragte Anbieterin von Benimm-Schulungen. Denn in der Wirtschaftswelt spielen Auslandskontakte eine zunehmende Rolle. Trotz Fernreisen und Multikulti sind Sitten und Gebräuche anderer Länder
ergo: 2/06
TRENDS Business 17
Der Kontakt mit asiatischen Geschäftspartnern gerät leicht zu einem wahren
Fettnäpfchen-Lauf – es sei denn, man
kennt einige Grundregeln des Umgangs.
oft ein Buch mit sieben Siegeln. Wer hätte
etwa gedacht, dass derjenige in Israel als besonders engagiert gilt, der seinen Gesprächspartner unterbricht? Oder dass man in Südamerika durchaus auch der Sekretärin des
Chefs ein Mitbringsel überreicht?
Manches liegt zwar auf der Hand: etwa
dass Meinungen zur Weltpolitik im unverfänglichen Plausch keinen Platz haben sollten. Fast könnte man aber meinen, die internationale Benimm-Schule sei ein Ort
zum Verzweifeln. Doch Höflichkeit und gute Manieren haben gerade im Auslandsgeergo: 2/06
schäft eine wichtige Funktion: Sie schaffen
Vertrauen, sie vermitteln Achtung und Respekt über Grenzen hinweg. Sie legen die Basis für eine fruchtbare Geschäftsbeziehung.
Und: „Gutes Benehmen ist letztlich nur eine Frage der Übung“, meint Marianne Montag.
Das sieht man nicht nur hier zu Lande so.
Der Wunsch, sich auf fremdem Terrain sicher
zu bewegen, globalisiert sich. Bei ihren
Schulungen in Dubai und Shanghai bringt
Benimm-Expertin Montag dortigen Ge-
schäftsleuten mitteleuropäische Etikette näher: Auf anderen Kontinenten will man sich
die Alte Welt zum Vorbild nehmen. Gutes Benehmen – offensichtlich ein weiterer deutscher Exportschlager.
«
K O N TA K T
Marianne Montag Image und Etikette
Ginsterweg 34
59425 Unna
Tel.: (0 23 03) 49 05 04
www.marianne-montag.de
18 KURZ & GUT
Lagebestimmung aus dem Orbit
BERDIS BUSINESS
Schalten Sie ab!
Zehnjährige
Kinder
daddeln mit ihrem Gameboy, aber auch gestandene Manager erliegen dem Spieltrieb.
Viele besitzen einen Blackberry oder
ein ähnliches Gerät mit kaum treffbaren Tasten, das, welch Meisterwerk
der Technik, immer und überall die
jüngsten E-Mails bereithält.
In Besprechungen, im Zug oder am
Flughafen sieht man immer mehr
Anzugträger mit gesenktem Blick.
Die sind weder betrübt noch müde,
sondern beschäftigen sich mit ihrem
elektronischen Assistenten. Als wäre es nicht genug, übers Handy erreichbar zu sein, benötigen Führungskräfte des Informationszeitalters nun auch die elektronische Post
als ständigen Begleiter.
Wow, was sind wir alle connected in
der schönen neuen Welt! Immer verfügbar, immer online. Aber auch immer auf Draht? Das sei an dieser Stelle bezweifelt, denn viele Info-Junkies
meinen fälschlicherweise, dass die
Qualität ihrer Entscheidungen mit
der Zahl der Informationen proportional steigt. Dabei vernebelt die Flut
der „Messages“ mitunter den Blick
aufs Wesentliche.
Manager sorgen deshalb dafür,
dass sie immer und überall Zugriff
auf die relevanten Informationen haben, aber sie stellen auch sicher, dass
Sie nicht ständig durch Hinz und
Kunz angefunkt werden können. Widerstehen Sie dem Spieltrieb, schalten Sie ab. Nur Lakaien und Dienstboten müssen immer erreichbar
sein!
Christoph Berdi ist Chefredakteur
der Marketing-Fachzeitschrift
„absatzwirtschaft“.
www.absatzwirtschaft.de
Wolfgang Kiel von der Abteilung Netzdokumentation bei der GPS-Einmessung.
Präzise Leitungsvermessung per Satellit:
Seit Jahresanfang setzen die Stadtwerke Herne auf mobile GPS-Systeme zur Vermessung
und Lagebestimmung von neuen Strom- und
Gasleitungen. Während die Spezialisten der
Abteilung Netzdokumentation – mit rucksackartigen Messgeräten und GPS-Antennen
ausgestattet – die offenen Leitungsgräben entlang gehen, bestimmen diese Geräte mit Hilfe von GPS-Satelliten permanent ihre eigene Position – und damit auch die Lage der
Leitung. „Das funktioniert ähnlich wie ein
Satellitennavigationssystem im Auto, ist
aber ungleich präziser“, sagt Gruppenleiter
Dietmar Solinski.
Das GPS-System eignet sich besonders für
Vermessungseinsätze in offenem Gelände, in
dem es nur wenige Gebäude oder andere topografische Anhaltspunkte gibt. Es ist damit
eine willkommene Ergänzung zur etablierten
Lasermesstechnik und dem guten alten
Maßband, die vor allem in dicht besiedelten
Gegenden und in Häuserschluchten zum Einsatz kommen.
«
ERFINDERISCHE ENERGIE
Die Klimaanlage
Für Millionen Menschen gehört sie wie
selbstverständlich zum Alltag, das Time Magazine zählt sie gar zu den maßgeblichsten
Erfindungen des 20. Jahrhunderts: die Klimaanlage. Auch unser Leben sähe ohne die
Möglichkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit unserer Räume gezielt zu steuern,
deutlich anders aus. Man denke nur an den
Transport verderblicher Lebensmittel, die
Klimatisierung von Krankenhäusern, Autos
und Büros oder den Bau von Reinräumen
in der Chipindustrie.
Patentieren ließ sich die Klimaanlage ein
US-Amerikaner, und zwar genau vor 100
Jahren: Der New Yorker Ingenieur Willis Carrier (Foto) arbeitete eigentlich als Heizungskonstrukteur, als ihn eine Druckerei um Hilfe bat, weil sich
ihr Papier wegen der hohen
Luftfeuchtigkeit beim Druckvorgang verzog. Also erfand der
29-Jährige einen „Apparat zur
Entfeuchtung und Kühlung
von Luft“, sicherte sich 1906
das Patent und gründete 1915
sein eigenes Unternehmen.
Für Furore sorgte die Carrier Corporation
1922, als sie mit der „Turbokältemaschine“
auch die Klimatisierung großer Räume in
Angriff nahm. Dankbar aufgenommen wurde die Erfindung zunächst von der Lebensmittelindustrie und von Kinobetreibern, wenig später bestellten auch das US-Repräsentantenhaus und der Senat. In den 1940erund 1950er Jahren schrumpften die Klimaanlagen und hielten damit Einzug in Büros,
Fahrzeuge und Privatwohnungen. Noch
heute gehört die „Turbokältemaschine“ zu
den Flaggschiffen von Carrier – inzwischen
allerdings mit einem Wirkungsgrad, von
dem Gründungsvater Willis nur hätte träumen können.
ergo: 2/06
KURZ & GUT 19
Neues Tool für den Trading Floor
S
pricht man dieser Tage mit Gaseinkäufern, fallen Begriffe wie ‚Beschaffungsvorteile‘, ‚Portfoliomanagement‘ oder
‚strukturierte Optimierung‘. „Der Druck, zu
marktgerechten Preisen einzukaufen, ist gestiegen“, sagt Rüdiger Arndt, verantwortlicher
Gashändler der Energie- und Wasserversorgung Mittleres Ruhrgebiet GmbH (ewmr). Eine selbst entwickelte Software unterstützt genau das und hat die ewmr weit nach vorne
gebracht. „Die Software GasOpt hilft uns bei
der Optimierung der Beschaffung“, erläutert
Arndt. Anders ausgedrückt: Rüdiger Arndts
Entwicklung spart der ewmr und den Gaskunden Bares.
Der Gaseinkauf ist ein kompliziertes Geschäft. Die benötigten Mengen müssen genau ermittelt und bedarfsgerecht und kostenorientiert eingekauft werden. Noch etwas
komplexer geworden ist die Gasbeschaffung,
seit das Bundeskartellamt Anfang des Jahres
langfristige Lieferverträge zwischen Energiekonzernen und Versorgern als wettbewerbswidrig verbot. Bis dato hatten viele Stadtwerke sich zehn Jahre lang an einen Hauptlieferanten gebunden. Jetzt sind Laufzeiten von
maximal zwei Jahren bei einer 100-prozentigen Versorgung durch einen Lieferanten erlaubt.
Die ewmr-Entwicklung „GasOpt“ unterstützt bei der Optimierung des Gasbezugs.
Für Stadtwerke und deren Kunden ist das
zunächst erfreulich, denn kurzfristige Verträge bedeuten mehr Wettbewerb. Gleichzeitig
sind die Versorger nun zunehmend gezwungen, einen Teil ihres Bedarfs durch Zukäufe bei anderen Lieferanten zu decken. Darauf sind nur wenige Stadtwerke vorbereitet
– darunter auch die der ewmr, die schon seit
langem nur kurzfristige Verträge abschließen
und zudem einen Teil der flüchtigen Energie am freien Markt ankaufen.
Als Rüdiger Arndt vor drei Jahren zur
ewmr stieß, erkannte er schnell weiteres Potenzial für Verbesserungen. „Es musste möglich sein, mit einem geeigneten Ansatz den
Bezug noch zu optimieren.“ Er machte sich
an die Arbeit und entwickelte ein Tool auf
Basis des Kalkulationsprogramms Excel.
Nach einem halben Jahr war GasOpt Mitte
2004 reif für den Einsatz.
„Die Software bildet das gesamte Gasportfolio ab“, erläutert Arndt. Dabei beschränkt
sich GasOpt auf die Kernaufgaben der Beschaffung und ist daher keineswegs kompliziert. GasOpt berücksichtigt bestehende Lieferverträge und -mengen sowie den mittelfristigen Bedarf, gibt einen Überblick über aktuelle Angebote und Preise und unterstützt
so die Entscheidungen der Gaseinkäufer.
Die ewmr hat in der Praxis gute Erfahrungen mit der Software gemacht. Das Tool ist
sogar so gut, dass sich andere Stadtwerke dafür interessieren. Logisch, dass die ewmr gemeinsam mit dem Energiehandelsunternehmen Trianel die Software nun anderen
Versorgern anbietet. Ein erster Kunde sind die
Stadtwerke Unna.
«
K O N TA K T
ewmr – Energie- und Wasserversorgung
Mittleres Ruhrgebiet GmbH
Tel.: (02 34) 9 60-17 26
Fax: (02 34 9 60-17 29
www.gasopt.de
IMPRESSUM
ergo:
Magazin für Menschen mit Energie
Herausgegeben von der Stadtwerke Herne AG
Grenzweg 18
44623 Herne
Internet: www.stadtwerke-herne.de
Redaktion Stadtwerke:
Angelika Kurzawa (verantwortlich)
Tel.: (0 23 23) 5 92-2 47
Fax.: (0 23 23) 5 92-4 12
[email protected]
Sabine Arndt
Wolfgang Clement lud zu einer Reise ein – einer Zeitreise durch die noch junge Historie
der Telekommunikation Mittleres Ruhrgebiet (TMR): Der frühere Bundeswirtschaftsminister
und NRW-Ministerpräsident (3. v. r.) hielt die Festrede zum zehnjährigen Jubiläum der TMR.
Zur Feierstunde in der rewirpower-Lounge am Ruhrstadion kamen Ende April zahlreiche
geladene Gäste, darunter auch die Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum, Bernd Wilmert
(2. v. l.) und Dietmar Spohn (2. v. r.), Leo Mating, Vorstand der Stadtwerke Herne (r.), Gerhard Gabriel, ehemaliger Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum (l.), sowie Werner Altegoer, Vorstand des VFL Bochum (3. v. r.). TMR wurde unter anderem von den Stadtwerken
Bochum, Herne und Witten gegründet und stärkt mit Telekommunikationsdienstleistungen
aller Art die kommunale Infrastruktur.
ergo: 2/06
Redaktionelle Mitarbeit, Grafik, Layout:
Gestaltmanufaktur GmbH,
Westenhellweg 52, 44137 Dortmund,
Fotomitarbeit: Sabine Arndt, Wolfgang
Flamisch, Christian Nielinger, Thomas Philipp,
Guido Schiefer, Jens Sundheim
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Abb. S. 14/14 – Westfälisches Museum für
Archäologie
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