Steuergünstig schenken

Transcription

Steuergünstig schenken
Ratgeber Steuerrecht
Seit Anfang 2009
wird der Verkehrswert
einer Immobilie sehr viel
höher als der frühere
Einheitswert angesetzt.
So kann bei Übertragung eines Hauses Erbschaftssteuer anfallen.
Der Nießbrauch ist eine
Möglichkeit steuerfreier
Vermögensübertragung
auf die kommende
Generation.
Steuergünstig
schenken
S
eit dem 1. Januar 2009
sind Immobilien bei
Schenkungen und im
Erbfall mit deren Verkehrswert
anzusetzen. Dieser Verkehrs­
wert ist sehr viel höher als der
früher für Immobilien geltende
Einheitswert. Dies führt dazu,
dass schon bei der Übertra­
gung eines Einfamilienhauses
oder einer Wohnung in guter
Lage Erbschaftssteuer anfallen
kann.
Diese Steuer kann durch
verschiedene
Gestaltungs­
möglichkeiten reduziert oder
vermieden werden. Eine sol­
che Möglichkeit ist die Verein­
barung eines Nießbrauchs.
Der Nießbrauch ist das Recht,
sämtliche Nutzungen aus dem
Grundstück bzw. der Immobilie
zu ziehen. Der Nießbraucher
88 Hausbau
1/2 - 2010
darf die Sache selbst nutzen,
aber auch vermieten oder ver­
pachten. Ihm stehen die Erträge
des Grundstücks zu, also z. B.
der Mietzins oder die Früch­
te des Apfelbaumes aus dem
Vorgarten. Das Nießbrauchs­
recht ist grundsätzlich nicht
übertragbar und unvererblich.
Dieses Nießbrauchsrecht kann
zur steueroptimierten Vermö­
gensübertragung in die nächs­
te Generation genützt werden:
Eltern verschenken ihre Immo­
bilie zu Lebzeiten an ihre Kin­
der und behalten sich ein sol­
ches Nießbrauchsrecht vor. Der
Nießbrauch mindert den steu­
erlich zu berücksichtigenden
Wert der Schenkung. Liegt die­
ser Wert unterhalb der gesetz­
lichen Freibeträge, fällt keine
UNSER TIPP
Der Nießbrauch ist das Recht, sämtliche Nutzungen z. B.
aus einem Haus zu ziehen. Verschenken Eltern Ihre Im­
mobilie zu Lebzeiten an die Kinder und behalten das Nieß­
brauchsrecht, mindert dieses den steuerlichen Wert der
Schenkung. Liegt dieser Wert unterhalb der gesetzlichen
Freibeträge, fällt keine Schenkungssteuer an. Vorteil die­
ser Regelung ist aber auch, dass spätere Erbstreitigkei­
ten – und damit eine eventuelle Versteigerung der Im­
mobilie weit unter Wert – vermieden werden können.
Schenkungssteuer an. Nach
Ablauf von 10 Jahren kann der
Freibetrag erneut ausgeschöpft
werden. Doch was sind die
Konsequenzen einer solchen
Nießbrauchsregelung? Welche
Rechte und Pflichten verblei­
ben dem Nießbraucher, welche
treffen die Kinder als (künftige)
Eigentümer?
Sowohl zur Bestellung des
sogenannten dinglichen Nieß­
brauches als auch zur Schen­
kung und Übereignung des
Grundstücks ist eine notariel­
le Beurkundung erforderlich.
Nach dem Notartermin werden
der Eigentumswechsel und
die Nießbrauchsbestellung im
Grundbuch eingetragen. Eine
Eintragung im Grundbuch hat
zudem den Vorteil, dass der
Nießbrauch für alle ersichtlich
Steuerrecht Ratgeber
Rechte und Pflichten
des Nießbrauchers
Der Nießbraucher kann kos­
tenlos in der Immobilie woh­
nen bzw. erhält den Mietzins.
Als Ausgleich hierfür hat er für
die Erhaltung der Immobilie
zu sorgen: Er hat die Ausbes­
serungen und Erneuerungen
durchzuführen, die üblicher­
weise innerhalb eines kurzen
Zeitabschnittes anfallen, sowie
die entstandenen Kosten zu
tragen. Hierunter fällt ein neu­
er Anstrich, der Ersatz zerbro­
chener Fensterscheiben oder
die Beseitigung geringer Dach­
schäden.
Der Nießbraucher kann die
Instandhaltungspflicht
auch
auf Dritte, wie z. B. den Mieter
oder Pächter des Grundstücks,
übertragen. Außergewöhnliche
Erhaltungsmaßnahmen
hat
der Nießbraucher weder vorzu­
nehmen noch die Kosten hier­
für zu tragen. Hierzu zählt eine
komplette Dachsanierung, eine
Umstellung der Heizungsanla­
ge, die Anbringung einer Wär­
medämmung oder die Erneu­
erung der gesamten Elektroin­
stallation des Gebäudes. Er hat
dem Eigentümer allerdings Mit­
teilung von der Notwendigkeit
solcher Erhaltungsmaßnahmen
zu machen. Dies ermöglicht
diesem die Instandsetzungsar­
beiten vorzunehmen. Eine Ver­
pflichtung des Eigentümers be­
steht allerdings nicht. Auch der
Nießbraucher ist berechtigt,
die außergewöhnlichen Erhal­
tungsmaßnahmen vorzuneh­
men. Er kann dann vom Eigen­
tümer Ersatz der notwendigen
Kosten verlangen. Genaue Ab­
grenzungskriterien, wann ei­
ne Instandsetzungsmaßnahme
gewöhnlich ist und wann nicht,
existieren nicht. Es ist daher rat­
sam bei Nießbrauchsbestellung
eine betragsmäßige Obergren­
ze für „gewöhnliche“ Instand­
haltungen festzulegen.
Der Nießbraucher muss das
Gebäude für die Dauer des
Nießbrauches gegen Brand­
schaden und sonstige Unfälle
auf seine Kosten versichern. Ist
das Gebäude bereits versichert,
so fallen ihm die zu leistenden
Zahlungen zur Last. Daneben
hat der Nießbraucher die Las­
ten, die das Grundstück be­
treffen, für die Dauer des Nieß­
brauches zu tragen.
Hierzu zählen die „ordent­
lichen öffentlich-rechtliche Las­
ten“, wie die Grundsteuer und
die Gemeindeabgaben. Aber
auch privatrechtliche Lasten,
wie die Zinsen von Hypotheken
und Grundschulden sowie die
einzelnen Leistungen von Re­
allasten und Rentenschulden
trägt der Nießbraucher, soweit
sie schon zur Zeit der Bestel­
lung des Nießbrauchs bestan­
den haben.
Aber Vorsicht! Dies betrifft
nur das Verhältnis Nießbrauchs­
besteller – Nießbrauchsberech­
tigter. Gegenüber dem Hypo­
thekengläubiger haftet der ei­
gentliche Schuldner, nicht der
Nießbraucher. Führen öffent­
liche Lasten zur Wertsteige­
rung des Grundstücks, profi­
tiert hiervon der Eigentümer,
nicht der Nießbraucher. Daher
hat der Eigentümer diese „au­
ßergewöhnlichen öffentlichen
Lasten“ zu zahlen. Hierzu zäh­
len hauptsächlich die Anlie­
ger- und Erschließungsbeiträge
eines Grundstücks.
Der Nießbraucher hat bei
der Ausübung des Nutzungs­
rechts die bisherige wirtschaft­
liche Bestimmung der Sache
aufrecht zu erhalten. So darf
in einem zur Wohnnutzung be­
stimmten Gebäude kein Ge­
werbebetrieb eröffnet werden,
ohne dass der Eigentümer zu­
stimmt. Der Nießbraucher darf
die Sache weder umgestalten,
noch wesentlich verändern.
Verboten ist z. B. ein Umbau
oder die Vergrößerung des Ge­
bäudes.
Wird das Grundstück zur
Vermögensübertragung in die
nächste Generation auf die Kin­
der/Verwandten übertragen, so
wird der Beschenkte Eigentü­
mer. Er kann das Grundstück
auch verkaufen. Das Nieß­
brauchsrecht erlischt jedoch
durch einen solchen Verkauf
nicht. Der Erwerber würde nur
das bloße Eigentum am Grund­
stück, nicht aber das Nut­
zungsrecht kaufen können. Ein
Grundstück ohne Nutzungs­
möglichkeit ist unattraktiv. Dies
schützt die übertragende Ge­
neration. Zudem können wei­
tere Beschränkungen in die
Schenkungsverträge
aufge­
nommen werden, ohne dass di­
es die steuerliche Wirksamkeit
der Schenkungen beseitigen
würde.
Die gesetzlichen Regeln
für den Nießbrauch sind groß­
teils nicht zwingend. So kön­
nen beispielsweise für die In­
standsetzungspflicht, die Ver­
sicherungs- und die Lasten­
tragungspflicht abweichende
Regelungen vereinbart werden.
Doch selbst wenn man das ge­
setzlich geregelte „Grundmo­
dell“ des Nießbrauchs wählt,
sollte man vertraglich Abgren­
zungskriterien für Rechte und
Pflichten der Parteien festle­
gen. Hierdurch können gege­
benenfalls Konflikte zwischen
den Generationen vermieden
werden.
Die Übertragung von Im­
mobilien noch während der
Lebzeiten der Eltern auf deren
Kinder oder auch Enkel kann
verschiedene Vorteile mit sich
bringen. Neben der Vermei­
dung unnötiger Erbschaftssteu­
er kann die Nachfolge in den
Immobilienbesitz abschließend
geregelt und Streit unter den
Erben sowie die durch den Er­
benstreit bestehende Gefahr
der Versteigerung der Immo­
bilie weit unter Wert verhindert
werden. Die Kosten des Ge­
staltungsaufwands sind zudem
sehr viel geringer als die Kosten
eines Rechtsstreits der Erben.❙
E X P E R T E N - R AT
In jeder Ausgabe von Hausbau nehmen Rechtsanwälte der
Kanzlei Dr. Käser, 70184 Stuttgart (www.kanzlei-dr-kaeser.
de) Stellung zu
aktuellen Themen des
Bau-, Architekten- &
Immobilienrechts.
Die bundesweit
tätige Kanzlei befasst
sich außerdem noch
mit weiteren Spezial­
gebieten.
Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Martin Käser
(l.) und RA Dr. jur. Olaf Kieschke (r.),
beide Kanzlei Dr. Käser.
1/2 - 2010
Fotos: © pressmaster - Fotolia.com; Anschriften Seite 112
und der Nießbraucher damit
optimal geschützt ist. Mit Ein­
tragung im Grundbuch ist das
Nießbrauchsrecht entstanden
und der Beschenkte neuer Ei­
gentümer des Grundstücks ge­
worden.
Der Nießbrauch erlischt,
wenn der Begünstigte sein
Recht aufgibt und er im Grund­
buch gelöscht wird. Das Nieß­
brauchsrecht erlischt auch bei
Tod des Nießbrauchers, beim
Grundbuchamt kann dann die
Löschung des Nießbrauches
verlangt werden.
Hausbau 89