Jagd ist angewandter Naturschutz - am Beispiel des

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Jagd ist angewandter Naturschutz - am Beispiel des
„Jagd ist angewandter Naturschutz am Beispiel des Hegerings Geseke“
Abschlussarbeit
zur Erlangung der akademischen Bezeichnung
„Akademischer Jagdwirt“
im Rahmen des Universitätslehrgang Jagdwirt/in
Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (IWJ)
Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung
Eingereicht von:
Matrikelnummer:
CRAMER, Jürgen
1341828
Betreuer:
Univ.Prof. Dr. Klaus Hackländer
Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft
Department für Integrative Biologie und
Biodiversitätsforschung
Wien, September 2015
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre eidesstattlich, dass ich diese Arbeit selbständig angefertigt, keine anderen
als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und alle aus ungedruckten Quellen, gedruckter
Literatur oder aus dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt
übernommenen Formulierungen und Konzepte gemäß den Richtlinien
wissenschaftlicher Arbeiten zitiert und mit genauer Quellenangabe kenntlich gemacht
habe.
30.09.2015
Datum
Unterschrift
Dipl.-Ing. Jürgen Cramer, MSc
Weinberg 2a, 33142 Büren
BOKU
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort
5
Zusammenfassung
5
1
Einleitung
6
2
Fragen und Hypothese
7
3
Vorgangsweise
7
4
Ausgangssituation
7
4.1
Vorbemerkung
7
4.2
Ausgangsmaterial
8
4.3
Zielrichtung der Recherche
8
5
Rechercheergebnisse
9
5.1
Populäre Begriffserklärungen
9
5.1.1
Begriffe im Kontext der Jagd
9
5.1.2
Begriffe im Kontext des Naturschutzes
10
5.1.3
Exkursion zur Nachhaltigkeit
11
5.2
Historische Betrachtungen
12
5.2.1
Aspekte zur Jagd in Mitteleuropa
12
5.2.2
Aspekte zum Naturschutz in Mitteleuropa
14
5.2.3
Hermann Löns, naturschützender Jäger
17
5.3
Rechtsnormen
20
5.3.1
Naturschutzgesetze
21
5.3.2
Jagdgesetze
22
5.4
Philosophische Standpunkte
23
5.4.1
Blickpunkt Jagd
24
5.4.2
Blickpunkt Naturschutz
26
5.5
Öffentliche Wahrnehmungen
28
3
BOKU
5.5.1
Die Jagd und die Jäger in der Öffentlichkeit
28
5.5.2
Repräsentative Umfrage zum Naturbewusstsein
30
5.6
Diversität des Naturschutzes
31
5.6.1
Aufgabenfelder des Naturschutzes
31
5.6.2
Strategien des Naturschutzes
33
5.6.3
Naturschutz durch nachhaltige Nutzung
34
5.6.3.1
Internationale Übereinkommen
35
5.6.3.2
Aktuelle Strategien der Naturschutzverbände
37
5.6.4
Naturschutzorganisationen zur Jagd
39
5.7
Jagd als Nachhaltswirtschaft
40
5.7.1
Nachhaltige Jagdausübung
40
5.7.2
Institutionen zur nachhaltigen Jagd
42
5.7.2.1
Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlichen Ressourcen
(International Union for Conservation of Nature and National Resources,
IUCN)
42
5.7.2.2
Internationaler Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (Conseil International de la Chasse, CIC)
45
5.7.2.3
Zusammenschluss der Verbände für Jagd und Wildtierhaltung in der EU (Federation of Associations for Hunting and Conservation of the EU, FACE)
46
5.7.2.4
Deutscher Jagdverband (DJV)
47
5.7.3
Bewertungssystem für die nachhaltige Jagd
48
5.7.4
Nachhaltige Jagd am Beispiel des Hegerings Geseke
48
6
Diskussion
53
7
Ausblick
57
8
Schlusswort
58
9
Literatur- und Quellenverzeichnis
59
10
Abbildungsnachweis
63
11
Anhang
64
4
BOKU
Vorwort
„Jagd versus Naturschutz“ ist Gegenstand hitziger Debatten, die aktuell in der österreichischen und deutschen Öffentlichkeit geführt werden. Doch was versteht man
unter Jagd und Naturschutz eigentlich genau? Es herrscht Aufklärungsbedarf, bevor
man den alten Slogan der Jagdverbände „Jagd ist angewandter Naturschutz“ inhaltlich diskutiert. Die vorliegende -Abschlussarbeit-, die im Rahmen des Universitätslehrgangs „Jagdwirt/in“ an der Universität für Bodenkultur Wien angefertigt wurde,
greift das Thema auf und will einen Beitrag zur Begriffshygiene und zur Versachlichung der Diskussion leisten.
Zusammenfassung
Aktuelle jagdpolitische Entwicklungen wie das am 30.04.2015 beschlossene „ökologische Jagdgesetz“ in Nordrhein-Westfalen geben Anlass, sich mit Jagd und Naturschutz bzw. mit der Aussage „Jagd ist angewandter Naturschutz“ zu befassen.
Aus der Literatur und anderen Quellen werden unter verschiedenen Aspekten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Jagd und Naturschutz aufgezeigt. Des
Weiteren wird ein System bzw. Set zur Bewertung einer qualitätsvollen, d.h. nachhaltigen Jagd, vorgestellt.
Es werden zunächst Begriffe und Sachverhalte objektiv gedeutet und erklärt. In diesem Zusammenhang wird u.a. auf die Notwendigkeit der Abgrenzungen von Jagd
und „Pseudojagd“ hingewiesen.
Bei der Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung wird gezeigt, dass Jagd und
Naturschutz von der Feudalzeit bis zum Nationalsozialismus häufig ein gemeinsames Schicksal teilten.
Die Einstellungen Hermann Löns zur Jagd und zum Naturschutz werden erläutert.
Dabei wird deutlich, dass seine Ansichten immer noch aktuell sind und Löns auch
100 Jahre nach seinem Tod als „Integrationsfigur“ geeignet ist.
Die Reflexion philosophischer Standpunkte zur Jagd und zum Naturschutz belegt die
moralische Legitimation der Jagd und der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen. Internationale Übereinkommen, die das Nachhaltigkeitsgebot aufgreifen, werden
in wichtigen Punkten inhaltlich wiedergegeben. In diesem Zusammenhang kann man
feststellen, dass sich sowohl Jagd- als auch Naturschutzverbände in ihren Schriften
zur Nachhaltigkeit bekennen.
Im Schlussteil der Arbeit werden die Inhalte der vorangegangenen Kapitel kurz wiedergegeben und das Fazit gezogen, dass die nachhaltige Land-Nutzung einen maßgeblichen Beitrag zum Naturschutz und zur Biodiversität in der Kulturlandschaft leistet.
Die Jagd gehört neben der Land- und Forstwirtschaft zu den klassischen Landnutzungsarten. Die Nachhaltigkeit der Jagd ist nach internationalen Standards definiert
und anhand objektiver Kriterien messbar. Die Prüfung der Arbeit des Hegerings Ge5
BOKU
seke anhand eines Kriterien-Katalogs demonstriert die Bewertungsmöglichkeit von
„nachhaltiger Jagd“.
In einer Vorschau wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, ein Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln, das nicht die Nutzungsformen einzeln betrachtet, sondern alle
Nutzungsformen insgesamt („integratives statt sektorales Denken und Handeln“).
In einem ganzheitlichen, nachhaltigen Nutzungskonzept leistet die Jagd einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz.
Im Schlusswort wird an die Jägerschaft appelliert, sich an die Gesellschaft zu wenden und mit sachlichen Argumenten die Vorteile der Jagd für den Naturschutz zu
kommunizieren.
1
Einleitung
Am 30.04.2015 beschloss der nordrhein-westfälische Landtag das neue Landesjagdgesetz. In einer Pressemitteilung vom selben Tag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen teilt der zuständige Minister Johannes Remmel mit: „…heute ist ein
guter Tag für den Tierschutz und ein guter Tag für das wertvolle Naturerbe in NRW“.
Es wird hervorgehoben, dass Nordrhein-Westfalen mit dem neuen sogenannten
„Ökologischen Jagdgesetz“ eines der fortschrittlichsten Jagdgesetze in Deutschland
erhalte. Der Naturschutz wird verbessert, weil der Schutz des Waldes als oberste
Priorität der Jagd festgeschrieben wird und nicht mehr die Orientierung an einer reinen Trophäenjagd. Mit der Novelle des Jagdgesetzes kommt die Landesregierung
dem Wunsch der Menschen im Land nach einer stärkeren Berücksichtigung des
Tier- und Naturschutzes nach (MKULNV, 2015).
Das sogenannte ökologische Landesjagdgesetz ist das vorläufige Ergebnis einer
langjährigen gesellschaftlichen Entwicklung. Seit geraumer Zeit versuchen jagdkritische Gruppierungen, öffentlichkeitswirksam einen Widerspruch zwischen Jagd und
Natur- bzw. Tierschutz zu konstruieren. Allein die Bezeichnung „Ökologisches Jagdgesetz“ soll implizieren, dass die Jagdausübung in der bisherigen Form unökologisch
bzw. nicht naturschutzgerecht gewesen sei. Des Weiteren bedient man sich in der
Pressemitteilung typischer Negativklischees über die Jagd, wie sie von Kritikern geäußert werden (Trophäenjagd, geringe Berücksichtigung der Ökosysteme sowie des
Natur- und Tierschutzes etc.).
Es zeichnet sich eine unheilvolle Zukunft ab. Das oberste Ziel „Bewahrung der Natur“, zu dem sich sowohl Jagd- als auch Naturschutzverbände bekennen, wird bei
den gegenwärtigen ideologischen Auseinandersetzungen aus den Augen verloren.
Im Interesse des Naturschutzes als Ganzes, aber auch ganz speziell im Interesse
der Jagd, ist es erforderlich, dass die Beteiligten vorbehaltlos aufeinander zugehen
und eine Gesprächskultur finden, die von Sachlichkeit geprägt ist. Es wäre erfreulich,
wenn die vorliegende -Abschlussarbeit- dazu einen Beitrag leistet.
6
BOKU
2
Fragen und Hypothese
Bevor man in die jagdpolitische Diskussion einsteigt, ist es ein Gebot der Sachlichkeit, zunächst Begriffe und Sachverhalte zu definieren bzw. zu erläutern. So stellen
sich zuerst folgende Fragen: Was ist eigentlich Jagd? Was ist eigentlich Naturschutz? Gibt es allgemein akzeptierte Definitionen? Ist die Qualität der Jagd nach
bestimmten Kriterien messbar? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, ist eine Diskussion sinnvoll, die sich an folgenden weiterführenden Fragen orientiert:
Haben Jagdkritiker Recht, wenn sie behaupten, dass das Hauptmotiv für die Jagd
das rücksichtslose, egoistische Beutemachen ist und der Naturschutz der Öffentlichkeit nur vorgetäuscht wird? Ist der von den Jagdverbänden in den 1980er Jahren an
seine Mitglieder verteilte Aufkleber „Jagd ist angewandter Naturschutz“ tatsächlich so
„platt“ wie inhaltslos (Anonymus, 1985)? Sind die Naturschutzverbände die einzig
wahren Naturschützer, die als Feuerwehr von einer Krisenstelle zur nächsten hetzen,
um bedrängte wilde Tiere und Pflanzen zu retten (Bunzel-Drüke, 2012)? Besteht
zwischen den ungleichen Geschwistern Jagd und Naturschutz eine tiefe Kluft und
Konkurrenz (Bunzel-Drüke, 2012)? Oder sind Naturschutz und Jagd zwei Geschwister, die manchmal in familiärer Hassliebe verbunden sind (Miller, 2015)? Ist es richtig,
dass sowohl Naturschützer als auch Jäger für den verantwortungsvollen Umgang mit
der Natur eintreten?
Die Fragen laufen zugespitzt auf die Hypothese hinaus „Jagd ist angewandter Naturschutz“. Neben den zu klärenden Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Jagd
und Naturschutz war von Interesse zu prüfen, ob eine qualitätsvolle Jagdausübung
anhand allgemein akzeptierter Kriterien bewertet werden kann. Trotz meiner vorgefassten persönlichen Meinung, dass Jagd angewandter Naturschutz ist (!), wurde die
Hypothese redlich und ergebnisoffen untersucht.
3
Vorgangsweise
Das Thema der vorliegenden -Abschlussarbeit- wurde theoretisch vertiefend behandelt. Das heißt, die Arbeit basiert hauptsächlich auf den Erkenntnissen aus dem Literaturstudium. Ergänzend wurde die Arbeit des Hegerings Geseke im Kreis Soest/Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Bewertungsmöglichkeiten für eine qualitätsvolle Jagd dargestellt und untersucht.
4
Ausgangssituation
In den vorherigen Kapiteln wird zu dem Thema der Arbeit insbesondere mit den Fragen und der Hypothese hingeführt. Im Anschluss folgt die Beschreibung der Ausgangssituation.
4.1
Vorbemerkung
Generell ist zu beachten, dass die -Abschlussarbeit- im Rahmen des berufsbegleitenden Universitätslehrgangs „Jagdwirt/in“ an der Universität für Bodenkultur Wien
7
BOKU
(BOKU) erstellt wurde. Auf Grund der Tatsache, dass der Lehrgang fachlich und inhaltlich nicht mit einem entsprechenden Vollzeitstudium gleichgesetzt werden kann
und das persönliche Zeitbudget zur Bearbeitung begrenzt war, kann die Abschlussarbeit- wissenschaftlichen Ansprüchen nicht voll umfänglich genügen.
Vielmehr handelt es sich hierbei um eine vorwissenschaftliche Arbeit, in der das zuvor und nachfolgend erläuterte Thema vertiefend behandelt wurde. Es fand lediglich
eine Wissenserweiterung im begrenzten Umfang statt (Hackländer, mündliche Mitteilung, 2014).
4.2
Ausgangsmaterial
Bei meiner Recherche habe ich einschlägige Literatur zu dem Thema benutzt, auf
die im Rahmen des Universitätslehrgangs hingewiesen wurde. Des Weiteren habe
ich Literatur über diverse Datenbanken von Universitätsbibliotheken, Antiquariaten,
Zeitschriftenverlage etc. beschafft. Der „Verband der Hermann-Löns-Kreise in
Deutschland und Österreich e. V.“ hat mir freundlicherweise einen Kontakt hergestellt, über den ich alte Bücher von bzw. über Hermann Löns erwerben konnte. Die
einschlägigen Gesetzestexte zu dem Thema und sonstige Literatur halte ich im eigenen Bibliotheksbestand vor. Das Internet war hilfreich bei der Beschaffung sogenannter „grauer Literatur“ (Veröffentlichung von Verbänden, Tagungsunterlagen etc.),
die mir einen aktuellen Überblick vermittelt hat.
In den Suchmasken der jeweiligen Portale wurde folgende Auswahl an Schlagwörtern eingegeben:
•
•
•
•
•
•
•
„Jagd“
„Naturschutz“
„Jagd ist/und Naturschutz“
„Jagd ist angewandter Naturschutz“
„Übereinkommen über die biologische Vielfalt“
„Guidelines sustainable hunting in europe“
„CIC“ etc.
Die Literaturauswahl beschränkte sich hauptsächlich auf den deutschsprachigen
Raum bzw. Deutschland. Ein umfassender bzw. internationaler Überblick zu dem
Thema „Jagd und Naturschutz“ kann daher nicht erwartet werden.
4.3
Zielrichtung der Recherche
Es wurden zu verschiedenen Aspekten Quellen recherchiert. Dabei war es in erster
Linie von Interesse, die Quellen auf Gemeinsamkeiten, Unterschiede von Jagd und
Naturschutz zu überprüfen. Zu folgenden Themenbereichen wurden Untersuchungen
angestellt:
•
•
•
•
Populäre Begriffserklärungen
Historische Aspekte
Rechtsnormen
Philosophische Betrachtungen
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BOKU
• Öffentliche Wahrnehmungen
• Diversität des Naturschutzes
• Jagd als Nachhaltswirtschaft
Daneben spielte die Suche nach einem allgemein akzeptierten Bewertungssystem
für eine qualitätsvolle Jagd eine Rolle.
5
Rechercheergebnisse
In den Kapiteln 1 bis 4 wird der „Rahmen“ der -Abschlussarbeit- abgesteckt. In dem
folgenden Kapitel 5 erfolgt die zielgerichtete, inhaltliche Auseinandersetzung mit dem
Thema.
5.1
Populäre Begriffserklärungen
Im Nachfolgenden werden Begriffe und Definitionen erklärt, die im Zusammenhang
mit der Jagd bzw. dem Naturschutz stehen. Hierzu werden allgemein gebräuchliche
Lexika-Reihen und sonstige Nachschlagewerke herangezogen.
5.1.1 Begriffe im Kontext der Jagd
a) Der Große Brockhaus (Der Große Brockhaus, 1979)
• „Jagd, Waidwerk: Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen, Fangen und Hege ( Wildhege) jagdbare Tiere nach den Regeln des Jagdrechts und des Jagdbrauchs (Waidgerechtigkeit)….“
• „Hege: Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensbedingungen des
Wildes.“
• „Waidgerecht: Bezeichnung für die sittliche Einstellung des Jägers zum Tier, Jagen,
Mitjäger und Gesellschaft sowie für die Verwendung von Jagdausdrücken.“
b) Wikipedia, die freie Online-Enzyklopädie (Wikipedia, 2015)
• „Jagd: Jagd (auch Waidwerk) ist das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Aneignen von Wild durch den Jäger. Die unerlaubte Jagd ist die Wilddieberei.“
• „Hege: Als Hege werden im Jagdrecht Maßnahmen zusammengefasst, die die
Grundlage von Wildtieren betreffen. Die Hege ist demnach ein Grundelement des
Selbstverständnisses vieler Jäger der sogenannten „Waidgerechtigkeit“. Im Jagdrecht verpflichtet das Hegegebot die Jäger der Artenvielfalt der Wildtiere nicht zu
schaden. Diese Pflicht zur Hege erstreckt sich auch auf solche Wildarten, die wegen der Schonzeitregelung dauerhaft nicht bejagt werden….“
• „Waidgerechtigkeit: Waidgerechtigkeit oder waidgerecht nennt man Normen und
Regeln, die für jeden verantwortlichen Jäger oder Angler gelten. Sie umfassen unter anderem die Hege des Wildes bzw. der Fischbestände und den Verzicht auf bestimmte, als grausam geltende Jagd- bzw. Angelmethoden. Diese Regeln sind nicht
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BOKU
starr fixiert, sondern befinden sich in stetiger Weiterentwicklung. Im engeren Sinne
ist die Waidgerechtigkeit ein Vorläufer des modernen Tierschutzes.“
5.1.2 Begriffe im Kontext des Naturschutzes
a) Der Große Brockhaus (Der Große Brockhaus, 1979)
• „Naturschutz im klassischen Sinne der Schutz der Natur, Landschaft und der naturnahen Landschaft einschließlich ihrer Tier- und Pflanzenwelt, Landschaftsschutz,
Wildtierschutz oder zoologischer Naturschutz (im Gegensatz zum Tierschutz als
Haustierschutz und Schutz der Tiere gegen Missbrauch) und Wildpflanzenschutz
oder botanischer Naturschutz (im Gegensatz zum Kulturpflanzenschutz). Im umfassenden Sinne bedeutet Naturschutz heute Erhaltung, Gestaltung und Pflege der
natürlichen Umwelt der Menschen, der Tiere und Pflanzen auch in der Kulturlandschaft. In diesem Sinn ist Naturschutz etwa gleichbedeutend mit den Begriffen
Landschaftspflege, Landschaftskultur (als Zusammenfassung von Naturschutz im
engeren Sinne und Landschaftspflege) in der Deutschen Demokratischen Republik
mit Landeskultur und dem anglo-amerikanischen Sprachgebrauch mit Nature Conservation. Naturschutz ist mit dem Heimatschutz verbunden und Teilgebiet des Lebensschutzes. Moderner Naturschutz bedeutet daher nicht nur Schutz seltener Tiere und Pflanzen und der Naturlandschaft, sondern auch Erhaltung einer den Menschen naturgemäßen Umwelt (Umweltschutz). Mit der Abwendung von Eingriffen in
den Naturhaushalt sollen Schäden auch für den Menschen vermieden werden.“
• „Umweltschutz: Zusammenfassende Bezeichnung für alle Maßnahmen, die die Biosphäre vor schädigenden Einflüssen schützen und ggf. eingetretene Schäden beseitigen oder mildern sollen. Umweltschutz umfasst insbesondere die Bemühungen
zur Reinhaltung von Luft und Wasser, die Abfallbeseitigung, den Lärm- und Strahlenschutz sowie die Überwachung von Lebensmitteln und Arzneien….“
b) Wikipedia, die freie Online-Enzyklopädie (Wikipedia, 2015)
• „Naturschutz: Der Begriff Naturschutz umfasst alle Untersuchungen und Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung von Natur, wobei sich drei Ziele unterscheiden lassen: Die Erhaltung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur,
Landschaft und Wildnis (ästhetisch-kulturelle Gründe, Natur als Sinnbild), die Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, wobei eine nachhaltige Nutzbarkeit der Natur durch den Menschen angestrebt wird (Natur als Ressource und
Dienstleister), sowie die Erhaltung von Natur, insbesondere von Biodiversität auf
der Artebene auf Grund ihres eigenen Wertes (Natur als Selbstwert/Moralobjekt).
Methodisch lässt sich der Naturschutz in den Biotopschutz und den Artenschutz
gliedern, wobei beide eng verschränkt sind.“
• „Umweltschutz: (umgangssprachlich auch Ökologie) bezeichnet die Gesamtheit
aller Maßnahmen zum Schutze der Umwelt mit dem Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage aller Lebewesen mit einem funktionierenden Naturhaushalt.
Gegebenenfalls sollen durch den Menschen verursachte Beeinträchtigungen oder
Schäden behoben werden. Das Augenmerk des Umweltschutzes liegt dabei sowohl
auf einzelnen Teilbereichen der Umwelt (wie Boden, Wasser, Luft, Klima), als auch
auf den Wechselwirkungen zwischen ihnen.“
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5.1.3 Exkursion zur Nachhaltigkeit
Aus der zunächst eindimensionalen Betrachtung „der Natur nicht mehr zu entnehmen als nachwächst“ hat sich eine gesamtheitliche Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Das sogenannte Drei-Sphären-Modell der Nachhaltigkeit setzt sich aus den
gleichwertigen Komponenten ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit zusammen.
Der sogenannte Brundtland-Bericht war bei dieser Entwicklung wegweisend. Der Bericht trägt den Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“ und wurde im Jahr 1987 von der
Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (BrundtlandKommission) der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Kommission beschreibt in dem Bericht das Konzept der „Nachhaltigen Entwicklung“ anhand von zwei Merkmalen:
1. „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse
nicht befriedigen können.“
2. „Im Wesentlichen ist dauerhafte Entwicklung ein Wandlungsprozess, in dem die
Nutzung von Ressourcen, das Ziel von Investitionen, die Richtung technologischer
Entwicklung und institutioneller Wandel miteinander harmonieren und das derzeitige und künftige Potential vergrößern, menschliche Bedürfnisse und Wünsche zu
erfüllen.“
(Brundtland-Bericht, 1987)
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist mit dem nachhaltigen Gebrauch einer Sache gemeint, dass mit dem Gut oder ggf. mit der Leihgabe „pfleglich“ umgegangen werden
soll und zwar so, dass es bzw. sie sich nach dem Gebrauch in einem nach wie vor
intakten Zustand befindet (Fuchs, 2013). Wie unter Pkt. 5.2.2 näher beschrieben, hat
Hans Carl von Carlowitz den Begriff der Nachhaltigkeit erstmals für die Holzwirtschaft
eingeführt. Die Kernaussage war, dass nur so viel Holz im Wald eingeschlagen werden darf, wie der Zuwachs beträgt, um sich gegenüber nachfolgenden Generationen
gerecht zu verhalten (Generationengerechtigkeit). Der Nachhaltigkeitsbegriff bzw.
engl. Sustainability hat in den letzten zehn bis zwanzig Jahren national wie international eine hohe Popularität erreicht. In allen Lebensbereichen wird man mit der
Nachhaltigkeit als normativen Zielbegriff konfrontiert. Die Verwendung erscheint häufig inflationär und unpassend. Nach heutigem Verständnis wird unter Nachhaltigkeit
primär ein Handlungsprinzip zur Ressourcennutzung verstanden, bei dem es darum
geht, die wesentlichen Eigenschaften, die Stabilität und die natürliche Regenerationsfähigkeit eines Systems zu erhalten.
Traditionell spielt bei den klassischen Landnutzungsarten Land-, Forst- und Jagdwirtschaft das nachhaltige Wirtschaften eine entscheidende Rolle. Es ist hierbei zu
beachten, dass eine Nutzung nur dann als nachhaltig bezeichnet werden kann, wenn
alle drei Ziele gleichzeitig angestrebt werden. Dies vor dem Problem, dass zwischen
den Komponenten häufig Konflikte bestehen (DIW, 2004).
11
BOKU
Bei der Diskussion um die Nachhaltigkeit, insbesondere auf Seiten des Naturschutzes, sollte man sich immer vergegenwärtigen, dass „….Nachhaltigkeit nicht natürlich
ist. Natürlich ist die permanente Veränderung. In der Natur regelt sich alles von
selbst, ggf. zu Lasten einer Art. Der Mensch schafft sich den Lebensraum nach seinen Vorstellungen mit den Arten, die er halten will“ (Reimoser, mündliche Mitteilung,
2015).
5.2
Historische Betrachtungen
Im vorherigen Kapitel werden Begriffe im Kontext der Jagd und des Naturschutzes
definiert. Unter dem folgenden Kapitel werden maßgebliche historische Entwicklungen auf dem Gebiet der Jagd und des Naturschutzes in Mitteleuropa aufgezeigt.
Darüber hinaus werden die integrativen Ansichten Hermann Löns zur Jagd und zum
Naturschutz geschildert.
5.2.1 Aspekte zur Jagd in Mitteleuropa
Die Erfindung der Jagd wird auch als paläolithische (Altsteinzeit) Revolution bezeichnet. Mit dieser Erfindung vor etwa 500.000 Jahren wurden die Menschen kulturfähig
und konnten weite Teile der Erde besiedeln. Die frühen Hominiden als „Jäger und
Sammler“ haben zunächst nur in klimatisch günstigen Gebieten gelebt. In der Nähe
des Äquators war das Überleben allein mit dem „Sammeln“ möglich. Je mehr man
sich dem Pol näherte, desto mehr musste Jagd und Fischfang zur Nahrungsversorgung beitragen (Dieberger, mündliche Mitteilung, 2014).
Mit zunehmender Sesshaftigkeit des Menschen im Neolithikum (Jungsteinzeit) bzw.
dem Beginn der Landwirtschaft trat die Jagd als Lebensgrundlage immer mehr in den
Hintergrund. Die Jagd als aneignende Wirtschaftsform wurde durch die neuen produzierenden Wirtschaftsformen Ackerbau und Viehzucht verdrängt. Wildtiere waren
zum Teil immer noch für die Jagd interessante Beutetiere. Sie wurden jedoch auch
als Ernteschädlinge und Räuber, die Mensch und Haustiere gefährdeten, wahrgenommen.
Bis in das 8. Jahrhundert hinein (Frühmittelalter) galt das germanische Stammesrecht, dass jeder „Freie“ das Recht zur Jagd im Gebiet des eigenen Stammes hatte.
Demnach durfte jeder zu jeder Zeit an jedem Ort alles Wild mit allen Mitteln fangen
oder erlegen. Das Jagdrecht war demzufolge an Grund und Boden gebunden.
Unter der Hegemonialmacht der Franken ab dem 8. Jahrhundert setzte sich eine
neue Bewertung der Jagd durch. Der Adel sah in der höfischen, kultivierten Jagd eine kunstvolle Handlung, in der man ritterliche Tugenden unter Beweis stellen konnte.
Das Privileg des Jagens wurde in Form der „hohen Jagd“ bzw. der „niedrigen Jagd“
ausgeübt. Durch sogenannte Bannforste wurde das Recht der Bevölkerung an dem
freien Tierfang eingeschränkt. Die Bejagung der Bannforste (Wildbann) war zunächst
dem König und ab dem 13./14. Jahrhundert den jeweiligen Landesherren vorbehalten.
12
BOKU
Mit Beginn der Renaissance ab circa 1500 beanspruchte der Landesfürst das
Jagdausübungsrecht nicht nur in den ehemaligen Bannforsten, sondern im ganzen
Land (Jagdregal). In der Renaissance spielten wegen der Zunahme der Bevölkerung
wirtschaftliche Interessen in vielen Lebensbereichen die entscheidende Rolle. Wald,
Wild und Jagd erlangten eine neue wirtschaftliche Bedeutung und wurden nach ökonomischen Grundsätzen verwaltet und genutzt. Es setzte sich die Meinung durch,
dass freilebende Tiere effizientere tierische Rohstoffe liefern als Haustiere. Unwirtschaftliche Jagdmethoden wie die Parforce-Jagd und die Beizjagd, die über Jahrhunderte an Fürstenhäusern gepflegt wurden, gerieten in Vergessenheit. Stattdessen
wurden effiziente „eingestellte Jagden“ durchgeführt.
Mit dem Barock ab circa 1650 folgten Zeitströmungen, die einerseits von Lebensfreude und Selbstgenuss und andererseits von Todesbangen und Jenseitssehnsucht
geprägt waren. Die barocke Spaßgesellschaft, die aus den absolutistischen Herrschern und ihren Günstlingen bestand, vergnügte sich auf Einstelljagden, die durch
hohen Einsatz der ländlichen Bevölkerung (Jagdfrondienste) und der Höflinge arrangiert wurden. Der Spaß mit vielen Abwechslungen und Sensationen stand hierbei im
Vordergrund und nicht etwa der wirtschaftliche Nutzen oder die sportliche Herausforderung. Die eingestellten Jagden verkamen aus heutiger Sicht zu perversen
Schlachtfesten. Da man große Mengen Wild für die Belustigung benötigte, traten
häufig Wildschäden auf, die die Kleinbauern in eine existenzbedrohliche Lage brachten. Das seltene und schwierig zu bejagende Raubwild, dass bisher ein hohes Image
bei den Jägern hatte, geriet nun in Verruf und wurde brutal bekämpft bzw. ausgerottet (Dieberger, mündliche Mitteilung, 2014; Kamphuis, 2006).
Mit der bürgerlich, demokratischen Revolution von 1848 waren tiefgreifende gesellschaftliche Änderungen verbunden. Insbesondere die endgültige Auflösung der feudalen Ordnung, unter anderem Aufhebung der Erbuntertänigkeit und der feudalen
Lasten, sind als Erfolge anzuführen. Die Jagd wurde an das Eigentum von Grund
und Boden gebunden. Es wurden Mindestgrößen von Jagdflächen bestimmt und
Verpachtungen ermöglicht. Durch Flächenzusammenlegungen organisierten sich
Grundeigentümer in Jagdgenossenschaften. Damit entstand die Basis für das heutige Reviersystem. Mit der Ausstellung von Jagdkarten durch die Behörden wurden
die Vorläufer der Jagdscheine eingeführt. Jeder Bürger konnte nun auf seinem
Grund und Boden ohne Rücksicht auf Natur und Landeskultur jagen. Das Wild war
„vogelfrei“. Die Öffentlichkeit forderte daher, dass die Wildarten erhalten werden und
nicht ausgerottet werden dürfen. Der Förster Oskar von Riesenthal (1830 bis 1898)
setzte sich in zahlreichen Schriften für den Schutz und die Hege des Wildes ein. Die
erste Strophe seines Gedichtes „Waidmannsheil“ (1880) ist allgemein bekannt. „Das
ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt,
wie es sich gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt“ (Blase, 1988).
Die absolutistischen Jagdvergnügungen wie beispielsweise Einstelljagd und Parforce-jagd sind an deutschen und österreichischen Kaiserhöfen auch nach 1848 als
Überbleibsel durchgeführt worden. Die von Bürgern und Bauern praktizierten Jagdmethoden wie Treibjagden und Einzeljagden, die unseren heutigen Jagdmethoden
sehr ähnlich waren, setzten sich jedoch auch bei dem Adel bald durch. Um die Zugehörigkeit zu vornehmen Jagdgesellschaften zu dokumentieren, galt den neuen
bürgerlichen Jagdherren jetzt im Besonderen das Trophäensammeln. Um die Jagd
„vernünftig“ zu regeln und unter anderem eine Ausrottung des Wildbestandes zu ver13
BOKU
hindern, wurden entsprechende Gesetze und Verordnungen geschaffen, z.B. das
preußische Jagdpolizeigesetz von 1850 und die preußische Verordnung über die
Jagd von 1904. Mit der „Preußischen Tier- und Pflanzenschutz-Verordnung“ vom
16.12.1920 wurde erstmals ein einheitliches Jagdrecht in Deutschland geschaffen.
Ulrich Scherping (1889 bis 1958), preußischer Forstmeister, war maßgeblich an der
preußischen Verordnung beteiligt. Das „Reichsjagdgesetz“ (RJG) vom 03.07.1934
gründet im Wesentlichen auf die oben genannte Verordnung. Weitere Vorbilder waren die reformierten Jagdgesetze Rumäniens und verschiedener Balkanstaaten, die
unter der Mitwirkung von Österreichern erlassen wurden. Für die Gesetzesinitiative
und Ausgestaltung war der zuständige Reichsjägermeister Hermann Göring (1893
bis 1946) und sein Oberstjägermeister Ulrich Scherping verantwortlich. Das RJG galt
damals auch im Ausland als hervorragendes, modernes Gesetz; nach heutiger Bewertung ein Gesetz mit vielen guten und einigen kritisierten Aspekten (z.B. Einführung von Pflichttrophäenschauen mit Bewertung). Oberforstmeister Walter Frevert
(1897 bis 1962) wurde von Hermann Göring beauftragt, preußisches, jagdliches
Brauchtum zu sammeln und erhebliche Ergänzungen vorzunehmen. Diese vereinheitlichte Zusammenstellung wurde dann als „Deutsches Jagdliches Brauchtum“ verordnet.
Die damaligen politischen Umstände (Diktatur) in Deutschland und Österreich begünstigten die Verbreitung und Umsetzung der neuen jagdlichen Anschauungen
(Dieberger, mündliche Mitteilung, 2014).
Am 01.04.1953 trat in Deutschland das Bundesjagdgesetz (BJagdG) in Kraft. Da das
Bundesjagdgesetz weitgehend den Aufbau und viele seiner Einzelbestimmungen des
Reichsjagdgesetzes übernommen hat, kann es als Nachfolgegesetz mit dem bundesdeutschen Recht entsprechenden formellen Änderungen bezeichnet werden. Eine Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestag aus
dem Jahr 2004 belegt, dass der Vorwurf, das Bundesjagdgesetz enthalte nationalsozialistisches Gedankengut, absurd ist (Leonhardt, 2008).
Seit der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 ist das Bundesjagdgesetz in
Deutschland ein der Abweichungsgesetzgebung der Länder unterliegendes Bundesgesetz der konkurrierenden Gesetzgebung, das in Deutschland das Jagdrecht regelt.
Es stellt nur die Rahmenbedingungen auf. Die Länder haben die vorrangige Gesetzgebungskompetenz. Eine zunehmende Entfremdung der Gesellschaft von der Natur
sowie eine weitverbreitete Passivität der Jägerschaft haben dazu geführt, dass die
Jagd von der Bevölkerung teilweise sehr kritisch gesehen wird. Dieser gesellschaftliche Wandel führt dazu, dass Parteien, die diese Stimmung in der Bevölkerung auffangen und bei Landtagswahlen entsprechend erfolgreich sind. Als Beispiel lässt sich
die NRW-Regierungsbeteiligung der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ anführen. „Die
Grünen“ haben als kleiner Partner in der Koalition mit der SPD ein neues Landesjagdgesetz durchgesetzt, dass das Jagdrecht der Jäger bzw. das der Grundstückseigentümer sehr weit einschränkt.
5.2.2 Aspekte zum Naturschutz in Mitteleuropa
Die Geschichte des Naturschutzes in Mitteleuropa bzw. Deutschland und Österreich
ist auch die Geschichte des Waldes und der Waldnutzung, da der Wald seit jeher
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das Landschaftsbild bzw. die Natur prägte. Die letzte Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren
beendete das baumfreundliche Klima in Mitteleuropa. Eine baumlose kalte Steppe,
vergleichbar mit der sibirischen Tundra, blieb zurück. Die ersten Pionierbaumarten,
die in südlichen Gefilden überdauerten, kehrten etwa um das Jahr 8000 v. Chr. zurück. Mit der Veränderung des Klimas hin zu kühl-feuchten Lagen verschwanden die
wärmeliebenden Gehölze aus dem Wald. Seit etwa 800 v. Chr. spricht man waldgeschichtlich von der „Buchenzeit“, die bis heute andauert (Laudert, 2004).
Mit Beginn der Jungsteinzeit bzw. dem Sesshaftwerden der ersten Menschen und
der damit einhergehenden Bodenbearbeitung wurden die ersten Veränderungen des
natürlichen Waldbildes vorgenommen. Es wurde sogenannter „Wanderfeldbau“ betrieben, der einen relativ geringen Einfluss in der Natur bedeutete. Flächen, die durch
Brandrodung für den Ackerbau nutzbar gemacht wurden, hat man, sobald die
Fruchtbarkeit nachließ, wieder der Natur überlassen.
Im frühen Mittelalter mit der Herrschaft der Franken (8. Jahrhundert) wurde auf
Grund des rasanten Bevölkerungsanstiegs die Urbarmachung ganzer Landstriche
betrieben. Ein Rodungsstillstand trat in den westlichen, dicht besiedelten Landesteilen Deutschlands um 1300 und in den weniger besiedelten östlichen Gebieten um
1650 ein. Auf Grund von Klimaverschlechterung (kleine Eiszeit um das Jahr 1550),
tödlich verlaufenden Epidemien (Beulenpest), großflächigen und langdauernden
Kriegen (30jähriger Krieg 1618-1648) wurde die Bevölkerung in Deutschland und
Österreich stark dezimiert. Bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen wurden aufgegeben. Der Wald konnte sich wieder ausbreiten. Bis in das späte Mittelalter besaß
jeder Bauer am Gemeindewald weitgehende Nutzungsrechte wie das Recht auf
Holzeinschlag zu Brenn- und Bauzwecken, als Viehweide, für die Eichelmast, für die
Laubfutterentnahme und den Wald-/Feldbau. Diese Waldnutzungsrechte wurden
durch die Landesherren immer stärker beschnitten. Bei der Landbevölkerung führte
dies zu einer drastischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Dem Wald
blieb dadurch die raubbauartige Nutzung durch die Bevölkerung erspart. Allerdings
wurde der Baumbestand durch einen Überschuss an Wild in vielen Fällen geschädigt.
Bis zur Industrialisierung bzw. bis zur Einführung alternativer Brennstoffe wie Steinkohle war Holz der „Universalstoff“, der das tägliche Leben und das Wirtschaftsleben
der Menschen bestimmte. Die europäische Kulturgeschichte wird daher bis in das
19. Jahrhundert hinein als „hölzernes Zeitalter“ bezeichnet. Um 1700 trat in vielen
Gegenden Europas eine Energiekrise ein. Das rasche Bevölkerungs- und Städtewachstum sowie die Erzgruben und Schmelzhütten, die mit viel Holz als Energiequelle versorgt wurden, führten zur „Holznot“. Ein planvoller, wirtschaftlicher Waldbau mit
Aufforstungsmaßnahmen etc. existierte damals nicht. Mit dem 1713 erschienenen
Werk über die Forstwirtschaft „Sylvicultura oeconomica“ wurde von Hans Carl von
Carlowitz (1645 bis 1714) erstmals der Gedanke formuliert, „respektvoll und pfleglich“ mit der Natur und ihren Rohstoffen umzugehen und auf kurzfristigen Gewinn
ausgelegten Raubbau der Wälder zu verzichten. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, das
inzwischen in vielen Lebensbereichen als Wertmaßstab gilt, wurde kreiert (Arens,
2010).
Der Naturschutzgedanke des 18./19. Jahrhunderts wurde von mehreren geisteswissenschaftlichen und religiösen Strömungen beeinflusst. Der Naturforscher Alexander
von Humboldt (1769 bis 1851) hat mit seinem Werk „Kosmos“ in fünf Bänden, die
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von 1845 bis 1872 erschienen, große Popularität erlangt. Humboldt vermittelt dem
Leser eine Gesamtschau der wissenschaftlichen Weltenforschung. Der „Kosmos“Entwurf einer physischen „Weltbeschauung“ geht auf die „Natur als durch innere
Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes“ ein. Objekte der Natur wurden in dem Werk
als Kultur-historische Monumente bezeichnet, die später unter dem Begriff „Naturdenkmäler“ gefasst wurden. Der Ankauf des Drachenfels im Siebengebirge im Jahr
1836 durch den preußischen Staat wird als erste Naturschutzmaßnahme bezeichnet
(Der Große Brockhaus, 1979).
Mit der Industrialisierung und Verstädterung im Verlauf des 19. Jahrhunderts wuchs
in der Gesellschaft das Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit der Natur. Um die
Jahrhundertwende (1900) setzte sich der gerade entstehende Natur- bzw. Heimatschutz für die unter Schutzstellung großer ländlicher Regionen ein. Die Bewegungen
bzw. Vereine waren dem damaligen Zeitgeist entsprechend vielfach „völkisch“ orientiert. In Preußen wurde im Jahr 1906 mit der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege“ die erste Naturschutzbehörde in Deutschland gegründet. Die Behörde unter
der Leitung von Hugo Wilhelm Conwentz (1855 bis 1922) hatte die Ermittlung, Erforschung und dauernde Beobachtung der preußischen Naturdenkmäler, bedrohter
Tier- und Pflanzenarten und erhaltenswerter Landschaftsteile zur Aufgabe.
In der Weimarer Republik erhielt der Naturschutzgedanke zwar Verfassungsrang, es
gelang aber nicht, den Schutz von Naturdenkmälern grundlegend gesetzlich zu regeln. Damals hatte man die Sorge vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen in
das Privateigentum und vor Überbelastungen der staatlichen Haushalte beim Kauf
und der Pflege von Naturinseln. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im
Jahr 1933 in Deutschland wurde der Naturschutz mit diktatorischen Mitteln forciert.
Durch die Gleichschaltung der Naturschutzverbände, der Schaffung entschädigungsloser Enteignungen und der Klärung enteignungsrechtlicher Fragen nach dem NSGrundsatz „Gemeinnutz vor Eigennutz“ wurden naturschutzrechtliche Maßnahmen
ermöglicht. Der Naturschutz wurde ideologisch mit einem völkischen Heimatbegriff
dem Bestreben nach Autarkie sowie einer Blut- und Bodenideologie verbunden. Das
Reichsnaturschutzgesetz entstand durch die maßgebliche Beteiligung des Reichsforst- und Reichsjägermeisters Hermann Göring sowie des Justitiars Benno Wolf und
des Naturwissenschaftlers Hans Klose. Naturschutz und Landschaftspflege waren
dem Reichsforstministerium, unter der Leitung des Reichsjägermeisters Hermann
Göring, unterstellt. Das Reichsnaturschutzgesetz galt unverändert bis zur Verabschiedung des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 1976.
Wenngleich der Gesetzestext als frei von nationalsozialistischem Gedankengut gilt,
ist die Präambel des Reichsnaturschutzgesetzes ideologisch eindeutig geprägt. Organisatorisch wurde die „Reichsstelle für Naturschutz“ dem Reichsforstamt, das den
Rang eines Ministeriums erhielt, untergliedert (BfM, 2006). In seiner Rede vom
04.07.2002 zur Eröffnung des Kongresses „Naturschutz und Nationalsozialismus“ in
Berlin äußerte der damalige (Grüne)-Umweltminister Jürgen Trittin: „Naturschutz als
politscher Auftrag wird nicht deshalb entwertet und für die Zukunft unwichtig, weil
Naturschützer und Nazis sich auf die Natur beziehen. Eine Kollektivschuld der Naturschützer gibt es nicht. Schuld ist wie Unschuld nicht kollektiv, sondern persönlich“.
(Trittin, 2002) In den 1970er und 1980er Jahren hat sich in der deutschen Öffentlichkeit ein ausgeprägtes Bewusstsein für den Schutz der Natur bzw. naturschutzkonformes Handeln entwickelt (Plachter, 1991).
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Aus diesem Bewusstsein ist eine Umweltschutzbewegung entstanden. Interessenverbände, die ursprünglich für den Arten- und Naturschutz eintraten und auch gegenüber der Jagd aufgeschlossen waren, wandelten sich zu Umweltschutzlobbyisten. Diesen heute noch aktiven Verbänden und Vereinen (BUND, NABU, WWF etc.)
wurde der Umgang mit natürlichen Ressourcen in der Folgezeit zunehmend fremd
(Hackländer, mündliche Mitteilung, 2015).
Aus der Umweltschutzbewegung und weiteren linken Bewegungen (Friedensbewegung, Neue Linke, etc.) entstand die Partei „Die Grünen“ bzw. „Bündnis 90/Die Grünen“ im Jahr 1980. In den ersten Jahren nach ihrer Entstehung galten „Die Grünen“
als kleine unbedeutende Splitterpartei, die um den Einzug in die Parlamente kämpfte.
Inzwischen ist die Partei etabliert und trägt in vielen Landesregierungen in Deutschland Verantwortung. Eine Beteiligung der „Grünen“ an der nächsten Bundesregierung ist nicht unwahrscheinlich. Als Berater „Grüner“ Minister treten oft Naturschutzverbände wie z.B. in Nordrhein-Westfalen der Naturschutzbund Deutschland e. V.
(NABU) auf. Die zunehmende Urbanisierung der Gesellschaft mit einer Zuwendung
zur Natur bei gleichzeitiger Unkenntnis über natürliche Vorgänge treibt der Partei die
Wähler zu. Ohne Zweifel ist die Partei mit circa 10 bis 15 % Wählerpotential eine
wichtige politische Größe, die ökologisch gesellschaftliche Strömungen, zumindest in
Westdeutschland, repräsentiert. Man hat den Eindruck, dass viele Parteien diesem
„grünen Zeitgeist“ aus opportunistischen Gründen hinterherlaufen (Grandt, 2015).
In dem aktuellen Grundsatzprogramm „Die Zukunft ist grün“ der „Grünen“ aus dem
Jahr 2002 heißt es unter dem Punkt „Ökologisch heißt Nachhaltigkeit“: „…als Partei
der Ökologie geht es uns um die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, die
durch industriellen Raubbau und überschießende Ressourcenverbrauch gefährdet
sind.…. Umweltpolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe hat mit der Nachhaltigkeit
einen Grün-Leitbegriff gewonnen. Nachhaltigkeit bedeutet die zukunftsfähige Verbindung von ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung…“ (Bündnis 90/Die
Grünen, 2002).
5.2.3 Hermann Löns, naturschützender Jäger
Hermann Löns (1866 bis 1914) ist insbesondere im norddeutschen Raum ein bekannter Natur- und Heimatdichter, nach dem viele Straßen, Plätze etc. benannt sind.
Löns-Lieder werden gerne auf Volksfesten gesungen. Naturfreunde jeglicher Ausrichtung bekennen sich gerne zu Hermann Löns. Sich zu Hermann Löns zu bekennen, gilt als politisch unverfänglich, wenngleich ihm von einzelnen Kritikern aktuell
„allzu völkische und nationale“ Sichtweisen unterstellt werden. Der „Verband der
Hermann-Löns-Kreise in Deutschland und Österreich e. V.“ hält die Erinnerung an
Hermann Löns aufrecht.
Hermann Löns, der sich beruflich als Journalist verschiedener Tageszeitungen und
als Schriftsteller betätigte, war überzeugter Jäger, Naturforscher und Naturschützer,
der bereits zu Lebzeiten zum Mythos wurde. Die Bücher von Hermann Löns, wie z.B.
„Mümmelmann“, werden auch heutzutage immer wieder neu aufgelegt.
Hermann Löns wurde am 29.08.1866 in Culm bei Bromberg in Westpreußen geboren. Seine Eltern stammen aus Westfalen. Der Vater war Gymnasiallehrer. Sein jün17
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gerer Bruder Edmund Löns hat sich um die Zucht der Jagdhunderasse „Kleine Münsterländer“ Verdienste erworben. Durch die Versetzung des Vaters nach Münster i.
W., verbrachte Hermann Löns die meiste Zeit seines Lebens im Raum Münster,
Bückeburg und Hannover. Den Beruf des Journalisten übte er allein aus wirtschaftlichen Interessen aus. Die Nebentätigkeit als Schriftsteller war für ihn Passion. Hermann Löns meldete sich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Freiwilliger zum
Frontdienst. Nach einigen Wochen Kriegsdienst fiel Hermann Löns in der Nähe der
französischen Stadt Reims am 26.09.1914. Das nationalsozialistische Regime in
Deutschland ab 1933 erklärte ihn aus propagandistischen Gründen zum Protagonisten ihrer „Bewegung“ (Hermann-Löns-Verband, 2014).
Hermann Löns war Intellektueller und Stadtmensch, der in der Natur den Ausgleich
zum beruflichen Alltag suchte. Löns empfand eine besonders innige Nähe zur Natur.
Seine Einstellung zur Jagd und dem Naturschutz bzw. Heimatschutz galt für die damalige Zeit als ungewöhnlich und revolutionär. Die Thesen, die Löns damals vertrat,
finden sich heute in modernen jagdethischen Abhandlungen. Nachfolgendes LönsGedicht gibt Aufschluss:
„Der Heger:
Das Schießen allein macht den Jäger nicht aus.
Wer weiter nichts kann, bleibt besser zu Haus.
Doch wer sich ergötzet an Wild und an Wald,
Auch wenn es nicht blitzet und wenn es nicht knallt,
Und wer noch hinauszieht zur jagdlosen Zeit,
Wenn Heide und Holz sind vereist und verschneit,
Wenn mager die Äsung und bitter die Not,
Und hinter dem Wilde einher schleicht der Tod,
Und wer ihm dann wehret, ist Waidmann allein,
Der Heger, der Pfleger kann Jäger nur sein.
Wer bloß um das Schießen hinaus ging zur Jagd,
Zum Waidmann hat er es niemals gebracht!“
(Löns in Griebel, 1934, S. 157).
Die Jagd war nach der Meinung Löns nicht dazu da, Fleisch und Trophäen zu erbeuten, vielmehr sollte die Jagdpflege und Tierhege im Vordergrund des jagdlichen
Handelns stehen. Der Jäger darf seine Leidenschaft nicht auf Kosten der Natur ausleben und Feind des Wildes sein. Heftige Kritik übte Löns an den zeitgenössischen
Jäger, die keine Naturliebe und Mitleid kennen, die er als „Auch Jäger“, „Fleischmacher“, „Jagdproleten“ und „Gehörnschützen“ schmäht.
„Wir haben neben dem vernünftigen Jägertum ein Schießertum, das sich von jenem
unterscheidet wie die Karikatur vom Original. Diesem Schießertum, das sich auf alles
Dampf zu machen, für berechtigt hält, was in einer Jagd lebt und webt, müsste etwas
schärfer auf die Drückefinger gesehen werden, denn der Mann, der auf Grund seines
Jagdpachtkontraktes glaubt, er hätte die Zusammensetzung und das Artenverhältnis
der Vogelwelt Deutschlands zu bestimmen, ist der schlimmste Feind unserer heimischen Vogelwelt. Ohne ein Funken Schönheitsgefühl zu haben, ohne die geringsten
zoologischen Kenntnisse zu besitzen, hält sich der Schießer für berechtigt, auf alles
was ihm durch Größe und Farbe auffällt, Dampf zu machen, auf Eule und Bussard,
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Turmfalke und Brachvogel, Pirol und Wiedehopf, Mandelkrähe und Storch,
Rohrdommel und Kranich“ (Löns in Griebel, 1934, S. 158 u. 159).
Jagen ist nach Löns eine Beschäftigung, die den „ganzen Kerl samt Herz und Lunge“
herausfordert. „Zum Jagen gehört sowohl das wunschlose Stilllegen und Passen auf
den Bock, als auch die stille Freude am bunten Leben in der Natur“ (Löns in Griebel,
1934, S. 160). Hermann Löns lässt einen kapitalen Rothirsch in der Lüneburger Heide ziehen, statt ihn nach mühevoller mehrtägiger Pirsch zu strecken, um die Abendstimmung nicht zu stören, denn „das wäre ein zu rohes Ende für diesen zarten
Abend gewesen“. Die Erinnerung an das Jagderlebnis war für ihn in diesem Fall die
„bessere Beute“. Das Mitgefühl für die Natur und das Wild sieht Löns als Argument
für die waidgerechte Jagd. „Der Vorwurf, die Jagd verrohe den Menschen und sie sei
grausam, ist ungerecht. Der waidgerechte Jäger tötet das Tier schneller und
schmerzloser, als wenn es durch Krankheit oder an Altersschwäche eingehend bei
lebendigem Leibe von Krähen zerhackt und von Ungeziefer zu Tode gepeinigt wird.
Die Natur ist, fasst man sie als Person auf, so roh und grausam, dass die Ausübung
der Jagd mild gegen die Art und Weise genannt werden muss, in der die höher entwickelten Tier auf die eine oder andere Art ihr Ende finden“ (Löns in Griebel, 1934,
S. 163).
Löns lehnt es ab, dass die Menschen sich als Vormund in der Natur aufspielen. Er
warnt: „Die Natur ist nicht so einfach wie eine Taschenuhr zusammengesetzt. Verkehrte Maßnahmen können das Gleichgewicht in der Natur empfindlich stören“ (Löns
in Griebel, 1934, S. 210). „Der Jäger und Fischer der Urzeit tat das noch nicht, er
stand nicht über der Tierwelt, sondern lebte in ihr; er war nicht ihr Herr, er war nur
der verschlagenste, gefährlichste Räuber“ (Löns in Griebel, 1934, S. 206).
Löns nennt es unsinnig, Pflanzen und Tiere in „nützlich“ und „schädlich“ zu unterteilen. Die in der Jagdpresse betriebene Stimmungsmache gegen das sogenannte
„Raubgesindel wie Fuchs und Habicht“ nennt er mittelalterliche Hexenjagd. Die Ansicht, dass es sich bei Fuchs und Habicht etc. um gefährliche Jagdschädlinge handelt, beruht auf dem „Irrwahn naturwissenschaftlicher Laien“. Löns beruft sich auf
wissenschaftliche Mageninhaltuntersuchungen, die unter anderem belegen: „Der
Fuchs ist ein hervorragender Mäusevertilger, der in der Hauptsache von Mäusen und
nur nebenbei vom Wild lebt…“ (Löns, 2009, S. 192).
Ferner vertritt Löns den Standpunkt, dass die Naturschutzbestrebungen, soweit sie
sich auf die Tierwelt bezieht, in der Hauptsache zwecklos bleiben, solange der Erwerb eines Jagdscheines nicht an eine Prüfung geknüpft ist. Der Jäger hat zu beweisen, dass er nicht nur die Handhabung mit der Schusswaffe versteht, sondern auch
zumindest oberflächige jagdzoologische Kenntnisse besitzt (Griebel, 1934).
Der Naturbeobachter und Naturwissenschaftler Löns engagierte sich für den Naturschutz, der damals Angelegenheit der sogenannten Heimatschutzvereine war. Die
gesellschaftliche Entwicklung schätzte Hermann Löns seinerzeit wie folgt ein: „Wir
sind auf eine recht hohe Zivilisationsstufe angekommen. Hand in Hand damit geht
eine Lebensverfeinerung, die zu einer Geringschätzung der körperlichen Arbeit und
zu allerlei Entartungserscheinungen führen muss, wegen der damit verbundenen
Abkehr von einer naturgemäßen Lebensweise“ (Löns in Griebel, 1934, S. 163).
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Die Ursache für die Naturentfremdung lag nach seiner Meinung in der Entwicklung
der äußeren Lebensform sowie dem Emporblühen der steinernen Großstadtwüsten.
Als Kontrast merkt er hierzu an: „Nur wer sich die kindliche Freude an Wald und
Wild, Blumen und Vogelsang bewahrt, der wird in der Seele jung und gesund bleiben“ (Löns in Griebel, 1934, S. 206).
Zu dem staatlichen Naturschutz und dem Heimatschutzverein äußerte er: „Der staatliche Naturschutz schützt zumeist Kleinigkeiten, er versagt, handelt es sich um einen
großzügigen Schutz der Natur völlig. Der Bund Heimatschutz schläft und wacht nur
auf, sieht er irgendetwas, das nach Konkurrenz aussieht…“ (Löns in Griebel, 1934,
S. 223).
Der Schutz der Vogelwelt war für Löns besonders wichtig. In seinem Vortrag „Der
Naturschutz und die Naturschutzphrase“ wendet er sich gegen die „Verhunzung unserer Vogelwelt“. Den damaligen Ornithologen warf er vor, rein theoretische Betrachtungen ohne jeglichen praktischen Bezug vorzunehmen. In dem Vortrag äußerte er,
gerichtet an die Ornithologen, die er als „Millimetermaß-Athleten“ und „Ringfanatiker“
bezeichnet, „…gewöhnt euch die Retrologie ab, werdet Biologen, macht, dass ihr an
die blaue Luft in den grünen Wald und auf die braune Heide kommt“ (Löns in Griebel,
1934, S. 212).
„…fort mit den Staatsinstituten wie die Vogelwarten Rossitten und Helgoland, die der
Naturverhunzung nicht entgegenarbeiten, sondern ihr Vorspanndienste leisten. Die
schließlich nur den einen Zweck haben, mehr als mäßigen Ornithologen eine Existenz zu gewähren. Eine reiche Vogelwelt haben wir viel nötiger als eine hochentwickelte Ornithologie und gut besoldete Ornithologen“ (Löns in Griebel, 1934, S. 212).
„…den wahren Heimatfreund blendet das Selbstgeschrei der Heimatsimpler nicht. Er
will mehr, Er will Schutz für das Ganze, Erhaltung der wirklichen Werte in Kultur und
Natur…“ (Löns in Griebel, 1934, S. 224).
„…Es gibt Anhänger des Landschaftsschutzes, die so fortschrittsfeindlich sind, dass
ihre Bestrebungen mehr Schaden als Nutzen bringen. Es ist unmöglich…, riesenhafte Flächen, Ödland für Zoologen, Botaniker, Dichter und Maler liegen zu lassen….
Wir können die Industrie und den Verkehr nicht aus der Landschaft verbannen. Aber
wir müssen dahin streben, dass die Kultur, während sie rein reale Werte schafft,
nicht noch wichtigere Ideale vernichtet. Einen solchen Heimatschutz brauchen wir,
nicht den romantischen oder den bürokratischen. Der Heimatschutz darf keine Kulturbremse sein. Er soll vielmehr helfen, die Unkultur und Afterkultur… zu überwinden.
Von Heimatsinn soll der Heimatschutz getragen werden, nicht von Heimatsimpelei“
(Löns in Griebel, 1934, S. 224 u. 225).
5.3
Rechtsnormen
Im vorangegangenen Kapitel werden die historischen Entwicklungen zur Jagd und
zum Naturschutz aufgezeigt. Die nachfolgenden Ausführungen gehen auf die relevanten Gesetze zum Naturschutz und zur Jagd ein.
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5.3.1 Naturschutzgesetzte
a) Reichsnaturschutzgesetz vom 26.06.1935
• „Präambel:
Heute wie einst ist die Natur in Wald und Feld des deutschen Volkes Sehnsucht,
Freude und Erholung. Die heimatliche Landschaft ist gegen frühere Zeiten
grundlegend verändert, ihr Pflanzenkleid durch intensive Land- und Forstwirtschaft, einseitige Flurbereinigung und Nadelholzkultur vielfach ein anderes geworden. Mit ihren natürlichen Lebensräumen schwand eine artenreiche Wald
und Feld belebte Tierwelt dahin. Diese Entwicklung war häufig wirtschaftliche
Notwendigkeit; heute liegen die ideellen, aber auch wirtschaftlichen Schäden
solcher Umgestaltung der deutschen Landschaft klar zutage. Der um die Jahrhundertwende entstandenen Naturdenkmalpflege konnten nur Teilerfolge beschieden sein, weil wesentliche politische und weltanschauliche Voraussetzungen fehlten; erst die Umgestaltung des deutschen Menschen schuf die Vorbedingungen für wirksamen Naturschutz. Die deutsche Reichsregierung sieht es
als ihre Pflicht an, auch dem ärmsten Volksgenossen seinen Anteil an deutscher
Naturschönheit zu sichern.“
• „§ 2 Pflanzen und Tiere
Der Schutz von Pflanzen und nichtjagdbaren Tieren erstreckt sich auf die Erhaltung seltener oder in ihrem Bestande bedrohter Pflanzen- oder Tierarten und auf
die Verhütung missbräuchlicher Aneignung und Verwertung von Pflanzen und
Pflanzenteilen oder Tieren z.B. durch Handeln mit Schmuckreisig, Handel oder
Tausch mit Trockenpflanzen, Massenfänge und industrielle Verwertung von
Schmetterlingen oder anderen Schmuckformen der Tierwelt.“
b) Bundesnaturschutzgesetz vom 29.07.2009, zuletzt geändert 07.08.2013:
• „§ 1 Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege
(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage
für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen
Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
1. die biologische Vielfalt,
2. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der
Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
3. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und
Landschaft
auf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst auch die Pflege, die Entwicklung
und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz).“
• „§ 5 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fi-
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schereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.“
• „§ 14 Eingriffe in Natur und Landschaft
(2) Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ist nicht als Eingriff
anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege
berücksichtigt werden. Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen
sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem
Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die
gute fachliche Praxis, widerspricht sie in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.“
5.3.2 Jagdgesetze
a) Reichsjagdgesetz vom 03.07.1934
• „Präambel:
Die Liebe zur Natur und ihren Geschöpfen und die Freude an der Pirsch in Wald
und Feld wurzelt tief im deutschen Volk. Aufgebaut auf uralter germanischer
Überlieferung hat sich so im Laufe der Jahrhunderte die edle Kunst des deutschen Waidwerks entwickelt. Für alle Zukunft sollen Wild und Jagd als wertvolle
deutsche Volksgüter dem deutschen Volk erhalten bleiben, die Liebe des Deutschen zur heimatlichen Scholle vertiefen, seine Lebenskraft stärken und ihm Erholung bringen von der Arbeit des Tages. Die Pflicht eines rechten Jägers ist es,
das Wild nicht nur zu jagen, sondern auch zu hegen und zu pflegen, damit ein artenreicher, kräftiger und gesunder Wildbestand entstehe und erhalten bleibe. Die
Grenze der Hege muss freilich sein, die Rücksicht auf die Bedürfnisse der Landeskultur, vor allem der Land-und Forstwirtschaft. Das Jagdrecht ist unlösbar verbunden mit dem Recht an der Scholle, auf der das Wild lebt und die das Wild
nährt. Die Ausübung des Jagdrechts aber kann nur nach den anerkannten
Grundsätzen der deutschen Waidgerechtigkeit zugelassen werden. Treuhänder
der deutschen Jagd ist der Reichsjägermeister. Er wacht darüber, dass niemand
die Büchse führt, der nicht wert ist, Sachwalter anvertrautem Volksguts zu sein.“
• „§ 1 Inhalt des Jagdrechts
(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, jagdbaren Tieren nachzustellen, sie zu fangen oder zu erlegen und sich anzueignen.
(2) Das Jagdrecht umfasst auch die ausschließliche Befugnis, sich verendetes
Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier jagdbaren Federwildes anzueignen und die Gelege nichtgeschützter Raubvögel zu zerstören.“
• „§ 4 Waidgerechtigkeit und Hegepflicht
Die Jagd darf nur nach den allgemein anerkannten Grundsätzen deutscher Waidgerechtigkeit ausgeübt werden. Der Jäger hat das Recht und die Pflicht, das Wild
zu hegen. Es ist verboten, den Wildstand durch unmäßigen Abschuss zu gefährden oder eine Wildart auszurotten.“
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b) Bundesjagdgesetz vom 29.09.1976, zuletzt geändert am 06.12.2011
• „§ 1 Inhalt des Jagdrechts
(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet
wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die
Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur
Hege verbunden.
2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes
sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer
Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege
muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen
land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden,
möglichst vermieden werden.
(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit zu beachten.
(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und
Fangen von Wild.
(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfasst auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von
Federwild sich anzueignen.“
c) Landesjagdgesetz NRW (Ökologisches Jagdgesetz) vom 12.05.2015
• „§ 1 Ziel des Gesetzes
(2) Ziel dieses Gesetzes ist die Verwirklichung einer Jagd, die artenreiche Wildbestände aus vernünftigem Grund nachhaltig und tierschutzgerecht nutzt und die
natürlichen Wildtierlebensräume erhält und verbessert.
(3) Dieses Gesetz soll insbesondere dazu dienen,
1. die jagdlichen Interessen mit anderen öffentlichen Belangen, insbesondere mit
denen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der naturverträglichen Erholung, auszugleichen,
2. die Jagd unter Berücksichtigung des Tierschutzes, insbesondere der Vermeidung von unnötigen Schmerzen, Leiden oder Schäden von Tieren, auszuüben,
3. den Wildbestand in seinem natürlichen Artenreichtum gesund zu erhalten, bestandsgefährdete Wildarten zu schützen und zu fördern sowie seine natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern und zu verbessern und
4. den Wildbestand so zu bewirtschaften, dass das Ziel, artenreiche, sich natürlich verjüngende Wälder, ermöglicht wird.“
5.4
Philosophische Standpunkte
In den vorherigen Kapiteln werden Jagd und Naturschutz anhand von Fakten beschrieben. Im Folgenden werden die philosophischen Schriften zur Jagd des Kulturund Jagdhistorikers Kurt Lindner (1906 bis 1987) sowie des spanischen Kulturphilosophen José Ortega y Gasset (1883 bis 1955) herangezogen.
Der Naturschutz wird vom Standpunkt der Naturphilosophen Franz Heske (1892 bis
1963) und Rolf Hennig (geb. 1928) aus betrachtet.
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5.4.1 Blickpunkt Jagd
a) Kurt Lindner
Kurt Lindner definiert die Jagd in seinem Vortrag vom 01.02.1977 im Rahmen eines
Symposiums des Instituts für Wildbiologie und Jagdkunde der Universität Göttingen
wie folgt: „Jagd ist etwas spezifisch Menschliches. Sie ist zweckbewusst, eine in der
Regel auf Tötung gerichtete Verfolgung einer Gruppe von als Wild bezeichneter
Säugetiere und Vögel unter Verwendung zusätzlicher Mittel und unter Wahrung der
Entkommenschancen des verfolgten Objektes“.
Lindner erörtert und verteidigt die Bestandteile seiner Definition im Einzelnen wie
folgt:
• „Spezifisch menschlich“
Auf Grund semantischer Untersuchungen des Wortes „Jagd“ und seine Übersetzung in das Lateinische und Altgriechische sind die für Jagd, Jäger und Jagden
stehenden Wörter ausschließlich in Verbindung mit dem Mensch zu sehen.
• „Als Wild bezeichnete Säugetiere und Vögel“
Allein durch die menschliche Setzung werden Tiere der Kategorie „Wild“ zugeordnet. Die Begrenzung auf eine bestimmte Kategorie steht in keinem zoologischen
Zusammenhang. Gleichwohl ist sie notwendig, um im Sprachgebrauch, z.B. gegenüber dem Fischfang, eine Abgrenzung vorzunehmen.
• „In der Regel auf Tötung gerichtet“
Jagen ist die bewusste Absicht des Jägers, das gejagte Wild zu überwinden und in
Besitz zu nehmen. In der Regel wird das Wild dabei getötet. Es handelt sich jedoch
auch um Jagd, wenn das erbeutete Wild am Leben bleibt.
• „Bewusst“ bzw. „Zweckbewusst“
Im Unterschied zu Ortega y Gasset geht Lindner auf das Ich-Bewusstsein des
Menschen ein, dass ihn von den Tieren unterscheidet. Nur der Mensch verfügt über
ein reflexives Bewusstsein, mit der nicht die Wahrnehmung an sich, sondern das
Wissen um die Wahrnehmung gemeint ist. Letztendlich ist der Mensch auf Grund
dessen in der Lage, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und Gewissensentscheidungen zu fällen.
„Und weil wir Jäger diese Wirklichkeit im Bewusstsein unserer Freiheit verursacht
haben, tragen wir für sie auch die Verantwortung. Dieses Wissen um die Freiheit
unseres Handelns macht uns zum moralischen Wesen. Es ist die Grundlage der
jagdlichen Ethik“ (Lindner, 1978, S. 26).
Darüber hinaus geht es bei der menschlichen Handlung um einen spezifischen Bewusstseinsinhalt, nämlich der Zweckerfüllung. Auch die Jagd ist immer mit dem Erreichen eines bestimmten Ziels verknüpft.
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• „Verwendung zusätzlicher Mittel“
Lindner setzt Mittel mit Werkzeug gleich. Ein Werkzeug wird als ein von der Natur
vorgesehenes Ding bezeichnet, das so verändert bzw. bearbeitet wird, dass es für
seinen zukünftigen Einsatz, z.B. der Jagd, geeignet ist. Ein weiteres Merkmal ist die
Substituierbarkeit, das heißt, das gegenwärtige Werkzeug kann durch ein besser
geeignetes Gerät ersetzt werden. Nur der Mensch ist in der Lage, Werkzeuge für
einen bestimmten Zweck herzustellen und zu gebrauchen. Tiere, z.B. Affen, sind
nur in der Lage, einfache in der Natur vorkommende Sachen (Steine, Äste etc.) als
Hilfsmittel, z.B. zur Feindabwehr, jedoch nicht für jagdliche Zwecke einzusetzen.
• „Wahrung der Entkommenschancen des verfolgten Objektes“
Dem Wild muss bei der Jagd die Möglichkeit zum Überleben verbleiben. Das heißt,
aus der Sicht des Jägers muss der Erfolg der Jagd in Frage stehen und bei dem
bejagten Wild muss die Chance des Entkommens gegeben sein. Eine Handlung
wird dabei umso „jagdlicher“ empfunden, je höher die Unsicherheit ihres Ausgangs
und die Entkommenschance des Wildes sind.
Kurt Lindner stellte zum Schluss seiner „Verteidigung einer Definition“ fest, dass es
sich bei der Jagd nicht um eine triebhafte Instinkthandlung (Jagdtrieb) handelt.
Gleichwohl kann z.B. ein von Hunger ausgelöster Lebenserhaltungstrieb zu jagdlichem Handeln führen.
„Die meisten (menschlichen) Handlungen sind sowohl man sie analysiert, variabel,
ersetzbar oder entbehrlich und keineswegs zwangsläufig, also auch nicht instinktgebunden und triebhaft. Das gilt expressis verbis für den Jagdtrieb, der endgültig
aus der Diskussion ausscheiden sollte“ (Lindner, 1978, S. 37).
b) José Ortega y Gasset
Bei der Jagd handelt es sich nach der Ansicht Ortega y Gassets um die Wiederbelebung eines frühzeitigen Verhaltens bzw. einer altertümlichen Kulturform, die den
Menschen „Ferien vom Menschsein“ ermöglicht. „Auf diese Weise besteht das Urwesen der sportlichen Jagd darin, dass es einer höchst archaischen Situation als Möglichkeit für den Mensch eine künstliche Dauer verleiht und zwar jener ersten Situation, in der er zwar schon Mensch ist, aber noch im Bannkreis der tierischen Existenz
lebte“ (Ortega y Gasset, 1993, S. 78).
Ortega y Gasset beschreibt die Jagd als leidenschaftlich betriebenen Sport, die sich
der Mensch mit Hingabe widmet. Hierbei definiert er Hingabe als höchste menschliche Aktivität, die wohl überlegt und verantwortlich ausgeübt wird. (Meine Anmerkung:
Die befremdliche Gleichsetzung der Jagd mit Sport bzw. sportlich ist wohl dem Attribut geschuldet, das man ggf. mit dem Sport verbindet, nämlich Anstand und Fairness). Ortega y Gasset unterscheidet zwischen Sport und Arbeit, die beide mit Mühsal verbunden sind. Arbeit ist eine Anstrengung, die man im Hinblick auf ihr Ergebnis
leistet und Sport ist eine freiwillige Anstrengung, der man sich aus reiner Freude an
der Sache unterzieht. Die Jagd lässt sich weder nach ihrem Zweck, das heißt nützlich oder sportlich, noch nach ihren verschiedenen Techniken definieren. Jagd ist
keine ausschließlich menschliche Tätigkeit. Sie hat sich seit ältester Zeit kaum in ihren allgemeinen Strukturen gewandelt. „Jagd ist das, was ein Tier ausübt, um sich
25
BOKU
eines andern lebendig oder tot zu bemächtigen, dass einer Gattung angehört, die der
eigenen vital unterlegen ist“ (Ortega y Gasset, 1993, S. 32).
Bei der Jagd gibt es eine klare Rollenverteilung zwischen Jäger und Gejagtem. Im
Gegensatz zu einem Kampf, bei dem es sich um einen wechselseitigen Angriff handelt, ist die Jagd nie gegenseitig. Der Jäger ist dem gejagten Wild in der „Generalbilanz der Lebensgaben“ überlegen. Um die feine Struktur der Jagd nicht zu zerstören,
muss der Jäger dem Tier Zugeständnisse machen und ihm eine Chance zum Entkommen einräumen. „In der Jagd als Sport ist also ganz freier Verzicht des Menschen auf die Überlegenheit seines Menschentums enthalten“ (Ortega y Gasset,
1993, S. 31). Der Reiz der Jagd besteht darin, dem überlegenden Instinkt des Tieres
sich unsichtbar zu machen, entgegenzuwirken um es aufzutreiben. Dabei hat das
Wild immer eine Entkommenschance. „Es ist für die Jagd nicht wesentlich, dass sie
erfolgreich ist. Im Gegenteil, wenn die Anstrengung des Jägers immer und unfehlbar
vom Erfolg gekrönt wäre, dann wäre es keine jagdliche Anstrengung, sondern etwas
anderes“ (Ortega y Gasset, 1993, S. 32).
Das Ende der jagdlichen Tätigkeit, das heißt, der Jagd an sich besteht in der Besitznahme des Tieres in der Form des „Einfangens“ oder in der natürlichen Form des
„Tötens“. Bei der sportlichen Jagd ist „der Weg das Ziel“. Das heißt nicht, der Tod
des Tieres steht im Mittelpunkt, sondern die Aktivitäten, die unternommen werden
müssen, um ihn zu erreichen. „…man jagd nicht um zu töten, sondern umgekehrt,
man tötet um gejagt zu haben“ (Ortega y Gasset, 1993, S. 69).
5.4.2 Blickpunkt Naturschutz
Es liegt nahe, den Naturschutz vom Standpunkt der Naturphilosophie zu betrachten.
Die Naturphilosophie fasst die Natur in ihrer Gesamtheit auf und beschreibt bzw. erklärt die hierarchische Ordnung mit ihren Bestandteilen. „Das Wahre ist das Ganze“
ist der Leitsatz der Naturphilosophie. Im antiken Griechenland hat die europäische
Naturphilosophie ihren Ursprung, die sich im Laufe der Geschichte weiter entwickelt
und differenziert hat. Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 bis 1831) ist ein bekannter Vertreter der Naturphilosophie, die er als Vermittlerin zwischen der Wissenschaft,
der Logik und der Philosophie des subjektiven Geistes sieht (Der Große Brockhaus,
1979).
Bei der sogenannten Organik handelt es sich auch um eine Naturphilosophie bzw.
eine Philosophie der erhaltenen Naturnutzung. Die Ausrichtung ist weder wirtschaftlich-kommerziell noch naturkonservierend, noch eine Mischung aus beiden. Vielmehr
geht es um die Stellung und die Funktion des Menschen in der natürlichen Ordnung.
Die Organik ist von dem deutschen Forstwissenschaftler Prof. Dr. Franz Heske (1892
bis 1963) entwickelt worden und beruht weitgehend auf forstwirtschaftlichen Erkenntnissen. Die Organik hat einen engen Bezug zum Wald, der ganzheitlich gesehen wird. Zum Waldorganismus werden die lebenden und nicht mehr lebenden und
anorganischen Bestandteile, z.B. Boden und Steine des Wurzeltellers, gezählt.
Auf dem Grundgedanken „Sein ist gleichbedeutend mit Bestandteil sein“ beruht das
Weltbild der Organik. Demnach stellt sich die Organik die Welt als hierarchische
26
BOKU
Ordnung dar, wobei jedes Ding seinen Platz und seine Funktion in einem übergeordneten Ganzen hat. Organische Strukturen und organische Gesetzmäßigkeiten bestimmen die Abläufe des gesamten Seins. Dabei steht der Mensch der Natur nicht
gegenüber, sondern ist selbst Teil von ihr (Hennig, 1990). „Nicht die Beherrschung
der Natur, sondern bestmögliche Einfügung in die natürliche Ordnung muss also unser Ziel sein!“ (Hennig, 1990, S. 45).
Die Organik stützt sich im Wesentlichen auf das Nachhaltigkeitsprinzip. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit besagt einfach ausgedrückt, stets nur so viel zu ernten wie
nachwächst. Bezogen auf die Forstwirtschaft bedeutet das, das Kapital „Wald“ auf
Dauer zu erhalten ist und nur seine Verzinsung, das heißt den „Zuwachs“ zu nutzen.
Die Nachhaltigkeit hat ihren Ursprung im Jagdwesen. Hier hat man schon lange vor
der planmäßigen Waldnutzung nach dem Prinzip gehandelt, sich bei der jagdlichen
Nutzung des Wildbestandes auf eine Abschöpfung des Zuwachses zu beschränken,
um den Grundbestand als „Produktionsmittel“ zu erhalten. Das Nachhaltigkeitsprinzip
impliziert nicht nur das Recht zur Nutzung der Naturgüter, sondern auch die Verpflichtung zu deren Erhaltung. Der ausbeutenden Naturnutzung (Exploitation) steht
die nachhaltige Naturnutzung gegenüber. In der Nachhaltswirtschaft erfüllt der
Mensch als ein Organ des Ganzen seine Funktion in dem natürlichen System und
bewirkt durch die Naturnutzung gleichzeitig deren Erhaltung (Hennig, 1990). Das
Konzept des statischen, konservierenden Naturschutzes („Opas Naturschutz“) ist
weitgehend überholt. Demgegenüber steht der dynamische Naturschutz, bei dem
sich der Mensch aktiv in die natürlichen Vorgänge durch nachhaltiges Handeln einbringt. „Bei Konfrontation zwischen Nutzung zum Wohle der Menschen einerseits
und totalen Schutz bestimmter Gebiete und Arten andererseits wird auf Dauer immer
der Nutzungsgesichtspunkt siegen“ (Hennig, 1990, S. 52). Der totale Schutz in Nationalparks etc. kann in der Bevölkerung die Einstellung hervorbringen, dass die Nationalparks dem absoluten Schutz und der Rest der absoluten Ausnutzung dienen.
Nutzung und Erhaltung der Natur sind nicht gegensätzlich. Konsequente, nachhaltige
Nutzung bedeutet gleichzeitig Naturschutz. Es gibt keine Kompromisslösung zwischen Naturschutz und Naturnutzung. „Nachhaltswirtschaft ist nicht ein gegenseitiges Rücksichtnehmen von Erhaltung und Nutzung, sondern eine aus ihrer Eigenart
heraus erhaltene Nutzung! In ihr ist der Schlüssel sowohl für die dauernde Erhaltung
der natürlichen Güter der Erde als auch für das dauernde Überleben der Menschheit
zu erblicken“ (Hennig, 1991, S. 54).
In der „Presse am Sonntag“ vom 24.03.2012 äußert sich Prof. Dr. Klaus Hackländer
in einem Interview zum Image der Jagd wie folgt: „Das Töten ist das große Problem.
Es gibt ja wenig Hobbys, bei denen getötet wird − den Angelsport einmal ausgenommen. Der Tod, gerade von Säugetieren, geht vielen Menschen schon nahe. Aber
das zeigt das Unverständnis gegenüber der Jagd. Die Kritik kommt häufig von Menschen, die zwar die Natur lieben und sie konsumieren, aber die trotzdem die Zusammenhänge in der Natur nicht verstehen“ (Rief, 2012).
Zum Töten von Tieren liefert die Organik folgendes Leitbild: Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Mensch von und in der Natur lebt. Allein aus dem irdischen Dasein
des Menschen kann das natürliche Recht zu leben abgeleitet werden. Um überleben
zu können, muss der Mensch die Güter der Natur nutzen, dass ihm ebenfalls als natürliches Recht zusteht. Anatomisch ist der Mensch den „Allesfressern“ zuzuordnen,
wobei aus heutiger ernährungsphysiologischer Sicht eine abwechslungsreiche Er27
BOKU
nährung aus tierischen und pflanzlichen Produkten angestrebt werden sollte. Das
Töten von Lebewesen, ob Tier oder Pflanze, ist für die Menschen existenznotwendig
und natürlich (Hennig, 1996).
Der Veganismus stellt eine Lebensweise dar, in der die Nutzung von tierischen Produkten konsequent abgelehnt wird. Veganer sind der Meinung, dass sich der Mensch
nicht anmaßen darf, Tiere zur Nahrungsmittelproduktion oder gar als Nahrungsmittel
zu verwenden. Ein abweichendes Verhalten empfinden sie als unmoralisch. Hierzu
hat die Organik folgende Meinung: „Wenn gewisse Naturpazifisten daran (Anmerkung: …das Recht des Menschen Tiere zu töten.) etwas ändern möchten, so wollen
sie damit die natürliche Ordnung ändern. Das ist realitätsferne Phantasterei. Geschieht dies gar aus angeblicher Moral, so wird letztere geradezu in ihr Gegenteil
verkehrt, der Mensch erhebt sich als Richter über die Natur (Gott, der Schöpfer), indem er die Weltordnung nach von ihm ersonnenen Maßstäben „verbessern“ will.
Werden solche Gedanken von einem Theologen oder von einem schlicht an Gott
glaubenden Laien vertreten, so qualifiziert er Gott entweder zum Idioten oder zum
Verbrecher“ (Hennig, 1996, S. 82).
Der Mensch hat nicht nur das Recht zur Selbst- und Arterhaltung Tiere zu töten,
sondern auch die Pflicht, seine regulatorische Aufgabe in der Natur wahrzunehmen
(Hennig, 1996). „Das Töten von Pflanzen und Tieren zwecks nachhaltiger Nutzung
und Regulation ist wertneutral. Die Art des Tötens und manche Begleithandlungen
unterliegen dagegen durchaus der moralischen Wertung“ (Hennig, 1996, S. 84).
5.5
Öffentliche Wahrnehmungen
In den vorhergehenden Kapiteln werden Jagd und Naturschutz unter verschiedenen
Aspekten beschrieben. Aber wie werden Jagd und Naturschutz in der Öffentlichkeit
wahrgenommen ? Die folgenden Ausführungen geben hierüber Aufschluss.
5.5.1 Die Jagd und die Jäger in der Öffentlichkeit
Die Jäger lebten bis vor einigen Jahren in ihrer Parallelwelt, ohne den Austausch mit
der Öffentlichkeit zu suchen. In bestimmten Jägerkreisen war man seit Einführung
des Reichsjagdgesetzes davon überzeugt, einer elitären Klasse anzugehören, die
sich dazu berufen fühlt, legitimer Sachwalter des ihm anvertrauten Wildes zu sein.
Die moralische Legitimation wurde aus dem Anspruch abgeleitet, nicht nur eigennützig Wild zu jagen, sondern auch gemeinnützig Wild zu hegen und zu pflegen. Dabei
wurde nur das „Alte und Schwache“ nach dem Ausleseprinzip erlegt und das Wild
insgesamt gehegt und gepflegt. Man verstand sich als geprüfte Naturschützer, die
durch das Bestehen der Jägerprüfung (= „Grünes Abitur“) ihr Naturschutzwissen und
ihre Kompetenz lebenslänglich bewiesen haben. Durch eine übertriebene und überbewertete Brauchtumspflege, die sich durch Sprache und Rituale äußerte, grenzte
man sich nach außen ab.
„Sie (die Jäger) schotten sich in vielfacher Hinsicht ab, durch eine eigene Sprache
und durch eigene Kleidung, eigene Wertesysteme und eine eigene Kultur. Jäger re-
28
BOKU
den von Dingen, die niemand anderer versteht und wundern sich dann über das Unverständnis, das ihnen entgegenschlägt“ (Asche, 2014, S. 25).
„Das elitäre kulthafte Gehabe, dass manche Jäger und Jägervertreter zur Schau
stellten, erschwerte den Umgang mit der Gesellschaft“ (Hespeler, 1990, S. 30).
Für die Jagd bzw. die Jäger interessierten sich zumeist kritische Randgruppen, die
man nicht ernst nahm. Die in den Parlamenten gewählten jagenden Volksvertreter
verschiedener politischer Couleur waren sich einig und berieten die jeweiligen Regierungen in jagdlichen Angelegenheiten und Gesetzgebungen. Das Motto „Gesetze
von Jägern für Jäger“ galt in Deutschland bis Anfang der 1990er Jahre (van Elsberg,
mündliche Mitteilung, 2012). Seitdem haben sich die Zeiten geändert. Die Gesellschaft ist selbstbewusster und kritischer geworden. Es wird alles jederzeit in Frage
gestellt. Die sogenannte Urbanisierung der Gesellschaft hat dazu geführt, dass man
sich auf Grund fehlender eigener Naturerfahrung immer mehr von der Natur und deren Nutzung entfremdet hat. Das heißt, es fehlt das Verständnis für Zusammenhänge
in der Natur. Trotzdem ist das Interesse an der Natur sehr groß, was nicht zuletzt das
Wachsen der Naturschutzverbände zeigt. Wir befinden uns im sogenannten Medienzeitalter. Man wird von unterschiedlichen Medien ständig mit wichtigen und unwichtigen Informationen berieselt. War der Informationstausch früher auf eine Region beschränkt, erfolgt er heute global via Internet. Dabei gilt die Devise: „Only bad news
are goods news“ (Hackländer, 2012 a)). Darauf trifft nun die von vielen als anachronistisch wahrgenommene Jägerschaft mit ihren alten Erklärungsversuchen zum
Jagdwesen. „Wir erzählen über die Teile unserer Persönlichkeit, die edel, gut und
selbstlos sind. Was eigensüchtig klingen könnte, das sparen wir aus. Die Strafe dafür
folgt auf dem Fuß. Niemand glaubt uns so richtig, was wir sagen, wenn wir den Zeitgeist nicht treffen“ (Asche, 2014, S. 36).
„…wir Jäger können und müssen es uns leisten, uns zu unseren Motiven offen zu
bekennen" (Hespeler, 1990, S. 30). „Nein, wir sagen es, weil es uns Freude macht
und was wir Hege nennen, ist zunächst blanker Eigennutz, gelegentlich „Freßneid““
(Hespeler, 1990, S. 26).
Bei aller Ehrlichkeit und Offenheit hinsichtlich der Jagdmotive kann man die Freude
an der Jagd nicht als den alleinigen Grund benennen. Der Nutzen der Jagd für die
Gesellschaft muss bei der Argumentation im Vordergrund stehen (Hackländer, 2012
b)).
In der deutschen Sprache wird der Begriff „Jagd“ zu wenig differenziert. Im Gegensatz zu anderen Jagdkulturen werden keine Unterschiede zu den verschiedenen
Jagdarten gemacht. „Die englische Sprache ist hier exakter, weil man „Hunting“ (die
Jagd hinter der Hundemeute), „Trapping“ (die Fallenjagd), „Sport“ (die Jagd auf
Flugwild, wo es auf die Treffsicherheit ankommt) oder „Stalking“ (der Abschuss aus
dem Verborgenen etwa von einem Ansitz aus) die eigentliche Tätigkeit korrekter zum
Ausdruck bringen kann“ (Winkelmayer, Hackländer 2008, S. 15). Ganz wichtig ist es,
dass sich die Jägerschaft von „Pseudojagden“ wie der Trophäenjagd, der Massenabschießung von ausgesetztem Niederwild etc. distanziert. Das gilt nicht nur in Bezug auf die Praktiken, die dann auch entsprechend benannt werden sollten, sondern
auch auf die Personen, die an derartigen Veranstaltungen teilnehmen. „Ich glaube,
dass bei diesen ganzen Diskussionen in der Öffentlichkeit zu wenig klar heraus29
BOKU
kommt, dass es diese unterschiedlichen Formen der Jagd gibt und dass man zu wenig differenziert. Und dass sich die Jägerschaft von diesen Formen der reinen Trophäenjagd, wo man Tiere züchtet, nur um sie dann abzuschießen, nicht deutlich genug distanziert. Dass man nicht klar darstellt, dass der Jäger nicht nur der ist, der
das Wild erlegt, sondern dass das auch mit Hege und Landschaftspflege zu tun hat,
um intakte ökologische Gebiete aufrecht zu erhalten“ (Liessmann, 2015, S. 49). In
der breiten Öffentlichkeit wird der Sinngehalt des Wortes „Jagd“ häufig mit dem Abschuss bzw. dem Töten des Tieres verbunden. „Interessant ist dabei, dass lediglich
die menschliche Gewalt gegen Tiere als verwerflich empfunden wird, nicht jedoch die
weit grausamere Gewalt innerhalb der Tierwelt selbst. Tiere dürfen töten, der
Mensch nicht. Mit diesem Hintergrund erreicht die Anzahl der Vegetarier und Veganer jedes Jahr neue Höhen“ (Asche, 2014, S. 163). Angesichts dieses Mainstreams
„…kann es sich keine Regierung leisten, der Jagd Zugeständnisse zu machen, die
von der Bevölkerungsmehrheit nicht mehr akzeptiert wird“ (Hespeler, 1990, S. 14).
5.5.2 Repräsentative Umfrage zum Naturbewusstsein
Das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit führt in regelmäßigen zeitlichen Abständen eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durch, mit dem Ziel, ein Meinungsbild zum Stellenwert des Naturschutzes in
unserer Gesellschaft zu erhalten. Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung werden in
der sogenannten „Naturbewusstseinsstudie 2013“ veröffentlicht. Für die Erhebung
wurde von Oktober bis November 2013 eine bundesweite Befragung zum Naturschutzbewusstsein in Deutschland durchgeführt. Eine repräsentative Zufallsstichprobe von 2.007 Personen ab 18 Jahren wurde hierzu ausgewählt (primärstatistische
Erhebung, 3-fach geschichtete Zufallsstichprobe nach dem ADM-Mastersample).
Im Nachfolgenden werden die im Kontext wichtigen Aussagen wiedergegeben:
• Der Natur wird insgesamt ein hoher Wert beigemessen. 92 % der Befragten haben
die Einstellung, dass die Natur zu einem guten Leben dazugehört und schätzen die
Naturvielfalt.
• Widersprüchlich ist die Ansicht, dass 56 % der Deutschen den Menschen in der
Pflicht sehen, die Natur zu schützen, aber sich nur 18 % persönlich verantwortlich
fühlen.
• 83 % der Befragten ärgern sich über den sorglosen Umgang mit der Natur.
• 86 % der Deutschen sehen die Berücksichtigung des Naturschutzes als wichtige
politische Aufgabe. Allerdings sind auch 62 % der Befragten der Ansicht, dass in
Zeiten wirtschaftlicher Rezession der Naturschutz nachrangig behandelt werden
sollte.
• 95 % der Befragten sehen den Menschen als Teil der Natur mit der Verpflichtung
zum Naturschutz. Allerdings meinen nur 40 %, dass der Mensch berechtigt ist, die
Natur seinem Nutzen entsprechend zu verändern.
• 65 % der Deutschen mögen Wildnis („je wilder, desto besser“), wobei der Begriff
Wildnis unterschiedlich definiert wird. Die Meinung, ob es mehr Wildnis in Deutschland geben sollte oder ob die bestehenden Wildnisgebiete ausreichen, ist ausgewogen (42 % : 42 %).
30
BOKU
• Fast alle Befragten sind davon überzeugt, dass die nachhaltige Nutzung der Natur
im Interesse nachkommender Generationen gewährleistet sein soll. Die biologische
Vielfalt sowie die Eigenart und die Ästhetik der natürlichen Umwelt soll für die Zukunft gewahrt werden. (BMUB, 2014)
5.6
Diversität des Naturschutzes
In den vorausgehenden Kapiteln wird der Naturschutz eher allgemein abgehandelt.
Im Nachfolgenden werden konkrete Aufgabenfelder und Strategien des Naturschutzes beschrieben.
Darüber hinaus werden relevante internationale Übereinkommen und Positionspapiere von Naturschutzverbänden erläutert. Im letzten Abschnitt wird eine Verbindung zur
Jagd hergestellt, indem die Meinung von nationalen und internationalen Naturschutzorganisationen hierzu wiedergegeben wird.
5.6.1 Aufgabenfelder des Naturschutzes
Es gibt keine allgemein akzeptierte Naturschutzdefinition. Gleichwohl können unter
Naturschutz alle Bemühungen verstanden werden, die dem Schutz und die Erhaltung
des Naturhaushalts einschließlich seiner Bestandteile dienen. Hiermit fallen die Natur- bzw. Schutzgüter: Boden, Wasser, Klima und Luft, Arten und Biotope sowie das
Landschaftsbild. Des Weiteren sind hierbei die wildlebenden Pflanzen- und Tierarten,
ihre Lebensgemeinschaften und -räume (Biozönose), aber auch Landschaften insgesamt, gemeint. Aus dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG § 1, 2) lassen sich
fünf verschiedene Aufgabenfelder ableiten:
1. Artenschutz
Hiermit ist die Erhaltung bestimmter Arten in genetischer Vielfalt und überlebensfähiger Population gemeint. Das Hauptinteresse liegt dabei bei den gefährdeten
Arten, wie sie in verschiedenen Verzeichnissen, beispielsweise der „Roten Liste“
aufgeführt sind. Wichtig ist die Erkenntnis, dass Artenschutz durch Biotopschutz −
das heißt, unter Berücksichtigung der gesamten Umweltbedingungen einer bestimmten Art − am wirkungsvollsten ist. Die Lebensräume der Zielart sind so zu
sichern und zu fördern, dass eine langfristige Überlebenschance unter natürlichen
Bedingungen möglich ist.
2. Biotopschutz
Aus dem Wissen, das Artenschutz Biotopschutz bedeutet, zielt der Biotopschutz
auf die Erhaltung und Förderung von Lebensräumen verschiedenen Lebensgemeinschaften. Der Biotopschutz verfolgt folgende Ziele:
a) Erhalt der Naturlandschaft, das heißt, der landschaftstypischen natürlichen,
der halbnatürlichen und der naturnahen Biotope.
b) Schutz von Biotopen als Lebensraum möglichst vollständiger Biozönosen in
genetischer Vielfalt und angemessener Flächengröße, wobei „Verinselungen“
durch geeignete Korridore entgegengewirkt werden soll.
31
BOKU
c) Gewährleistung dynamischer Prozesse natürlicher Vorgänge ohne menschliches Eingreifen (Prozessschutz).
d) Ermöglichen einer flächendeckenden nachhaltigen Bewirtschaftung der Nutzflächen.
Die oben genannten Ziele sind weitgehend durch die vollkommen ungestörte Naturentwicklung zu wildnisähnlichen Lebensräumen (segregativer Prozessschutz)
erreichbar.
3. Biotischer Ressourcenschutz
Die Umweltbereiche Boden, Wasser und Luft werden durch menschliche Einflüsse beeinträchtigt bzw. geschädigt. Durch geeignete Maßnahmen soll der Schutz
der Umweltbedingungen betrieben werden.
a) Bodenschutz
Das heißt Flächenschutz, Erosionsschutz, Rekultivierung, Renaturierung.
b) Wasserschutz
Das heißt, Schutz von Grund- und Oberflächenwasser vor Ursachen von
Schadstoffbelastungen reduzieren. Erhalt der Wasserspiegel im Landschaftswasserhaushalt, Entsiegelung von Flächen, Fließ- und Stillgewässer durch
Renaturierung mit möglichst großer Dynamik zulassen, zum Beispiel durch die
Ausweisung ungenutzter Uferrandstreifen, nachhaltige Förderung von Trinkwasser, die die Grundwasser-Neubildungsrate berücksichtigt.
c) Schutz von Luft und Klima
Das heißt Immissionsminderung durch technische Maßnahmen auf ein Niveau, dass für Menschen, Organismen und das Ökosystem verträglich ist. Nationale und internationale Abkommen zum globalen Klimaschutz.
4. Prozessschutz
Hiermit ist die langfristige Haltung natürlicher Prozesse bzw. ökologischer Veränderungen gemeint, die eine Ergänzung zum (historischen) statischen Naturschutz
darstellt. Es sind biotische Prozesse (Vorgänge, an der Lebewesen beteiligt sind)
von abiotischen Prozessen (Vorgänge, an denen Lebewesen nicht beteiligt sind)
zu unterscheiden. Beispiele für abiotische Prozesse sind die Abtragung und Neubildung von Böden, die Grundwasserneubildung aus Oberflächenwasser, Veränderung von Luft und Klima durch mikro- und makroklimatische Prozesse. Bei den
biotischen Prozessen sind wiederum natürliche und anthropogene Einflüsse
(durch den Menschen verursacht) zu unterscheiden. Biotische Prozesse sind teilweise nur in großen Totalschutzgebieten ohne menschlichen Eingriff möglich. Als
Beispiel kann man die von Bibern ausgelöste Umgestaltung von Bachraum anführen. Andere biotische Prozesse bedingen jedoch anthropogene Nutzungen als Biotopgestalter meistens in der traditionellen Form.
Die Senne- und Heidelandschaften bei Paderborn und bei Lüneburg sind durch
Schafbeweidung entstanden und können auch nur durch entsprechende Nutzung
erhalten werden. Der ganzheitliche Naturschutz muss daher das Ziel verfolgen,
Kreisläufe in der Landnutzung wie in der historischen Kulturlandschaft zu schließen. Die Landnutzer müssen dazu motiviert werden, aus wirtschaftlichen Interessen ihren Betrieb so zu führen, dass er dem Naturschutz dient, zum Beispiel
Schafbeweidung, Anlage von Streuobstwiesen, traditionelle Fruchtfolgen etc.
32
BOKU
5. Ästhetischer Landschaftsschutz
Der Schutz des Landschaftsbildes und die Erhaltungsfunktion sowie regionaltypischer Kulturlandschaften ist im Bundesnaturschutzgesetz verankert, findet jedoch
wenig Beachtung.
(Jedicke, 2014)
5.6.2 Strategien des Naturschutzes
Die praktizierten Naturschutzstrategien in Deutschland haben sich im Laufe der Zeit
geändert. Aktuell ist festzustellen, dass Naturschutztrends eine Tendenz zur Differenzierung aufweisen. Der Naturschutz hat seinen Ursprung in der Romantik. Die
romantische Gedankenwelt hat bis heute einen großen Einfluss auf die Naturschutzbewegung. Die Sehnsucht nach intakter, harmonischer Landschaft prägt diese
Grundhaltung genauso wie eine Ablehnung des zivilisatorischen und technischen
Fortschritts. Eine starke sozialhygienische und völkische Komponente, die verschiedene Naturschützer ehemals vertraten, machten sie anfällig für die nationalsozialistische Ideologie. Die „uranfängliche Gesittung“ der Landbevölkerung wurde zum Ideal
erhoben und sollte erhalten werden. Die Bewahrung der Urlandschaft, der Unverfälschtheit, der Unberührtheit und der Wildnis waren bzw. sind Ziele dieser Naturschutzstrategie. „Naturschutz, der sich ausschließlich hieraus speist, ist (also) immer
vergleichend rückwärts gewandt, vielleicht auch lamentierend, ist verlust- und nicht
gewinnorientiert, ist bewahrend, museal und nicht gestaltend (Traditionslinie)“ (Konold, 2004, S. 6).
Der Botaniker Hugo Conwentz (1855 bis 1922) vertrat einen rationalen, wissenschaftlichen Ansatz: „Man muss den Naturschutz betreiben um der Menschen willen.
Die Natur nutze den Menschen“ (Konold, 2004, S. 6). Diese Grundhaltung war offen
für moderne, technische Entwicklung bzw. zukunftsorientiert. Den Naturschutzinteressen soll nicht generell alles untergeordnet werden, sondern gegenüber anderen
Interessen abgewogen werden. Die Natur sollte nicht als höchste moralische Instanz
wahrgenommen werden.
In den 1920er Jahren wurde der Naturschutz als eigenständig, losgelöst vom Heimatschutz, betrachtet. Die Ansicht „über die Erkenntnis des Zweckmäßigen führe
wieder einmal der Weg zur Erkenntnis des Schönen“ wurde von verschiedenen Meinungsführern vertreten. Ein harmonisches Nebeneinander von Kulturlandschaft und
unberührter Natur war das Ziel.
In den 1970er Jahren wurde der Naturschutz modern. Seitdem werden verschiedene
Trends durch unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisse beeinflusst und verfolgt. Ebenfalls reichten die Erkenntnisse in den 1970er Jahren, dass Artenschutz
längerfristig nur über den Schutz der Lebensräume möglich ist.
Im Laufe der 1980er Jahre erkannte man das Problem der „Verinselung“ und entwickelte das Konzept des Biotop-Verbundsystems. Aktuell beschäftigt sich der Deutsche Naturschutz mit der aus dem nordamerikanischen Raum stammenden Inseltheorie und dem Metapopulationskonzept. Diese gehen auf Biotop- und Populationsgrößen und der Chance des Überlebens einer Zielart ein. Hieraus werden zudem
Managementmaßnahmen von Lebensräumen und Kontrollmechanismen abgeleitet.
33
BOKU
Ein weiterer aktueller Beitrag zur Naturschutzdiskussion ist das Mosaik-ZyklusKonzept (von Hermann Remmert (1931 bis 1994)). Dieses Konzept berücksichtigt,
dass Ökosysteme nicht einheitlich strukturiert sind und nicht statisch an einen bestimmten Zustand festhalten. Vielmehr ist es so, dass Ökosysteme aus mosaikartigen, nebeneinander, verschiedener Alters- und Sukzessionsstadien bestehen. Die
Mosaiksteine entwickeln sich in unterschiedlichen Zyklen, wobei sich im jeweiligen
Mosaikstein kein ökologisches Gleichgewicht einstellt, sondern ein permanenter, natürlicher dynamischer Prozess stattfindet. Um natürliche Ökosysteme auf Dauer zu
erhalten bzw. zu regenerieren, ist dieser Prozess zu schützen.
Auf Grund des aktuellen Diskussionsverlaufs scheint sich im Naturschutz ein Paradigmenwechsel abzuzeichnen, wobei der konservierende Naturschutz von einem
modernen Naturschutz abgelöst wird, der dynamische Prozesse in den Ökosystemen
zulässt und schützt. Die Dynamisierung kann durch freie Sukzession, beispielsweise
Wildnis, oder gelenkte Sukzession, beispielsweise durch Beweidung, erfolgen.
Seit der Umweltkonferenz von Rio de Janeiro im Jahr 1992 und dem inzwischen populären Gebot der Nachhaltigkeit akzeptieren die Naturschutzverbände, dass es im
Umgang mit der Natur nicht nur auf das ökologische Prinzip, sondern auch auf das
ökonomische und das soziokulturelle Prinzip ankommt. Diese Prinzipien sind als
„gleichwertig“ zu betrachten und führen zur Abkehr vom sektoralen Denken. Der
Ökologie als Überwissenschaft wird keine Vorrangstellung eingeräumt. Man hat nun
erkannt, dass beispielsweise der oben genannte Prozessschutz ökonomischer und
damit nachhaltiger als der Vertragsnaturschutz ist. Des Weiteren reift die Erkenntnis,
dass der moralisierende Naturschutz mit erhobenem Zeigefinger auf Dauer nicht von
der Gesellschaft akzeptiert wird. Moderner Naturschutz muss den „Retro-Charakter“
weitgehend aufgeben und sich einer Verzeitlichung stellen. Sehr wichtig sind hierbei
integrative Entwicklungskonzepte, an denen alle maßgeblichen gesellschaftlichen
Gruppen beteiligt werden, wobei der Naturschutz im besten Fall als Nebenprodukt
entsteht (Konold, 2004).
5.6.3
Naturschutz durch nachhaltige Nutzung
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, zeichnet sich im Naturschutz ein Paradigmenwechsel ab! Der „rein“ konservierende Naturschutz wird von einem modernen
Naturschutz abgelöst, der auch eine nachhaltige Nutzung zulässt. In den anschließenden Ausführungen wird das internationale Übereinkommen, das hierfür die
Grundlage bildet, zitiert und erläutert.
Des Weiteren werden die Positionspapiere und Stellungnahmen der Repräsentanten
von Naturschutzorganisationen unter dem Aspekt der Naturnutzung vorgestellt.
34
BOKU
5.6.3.1 Internationale Übereinkommen
A) Biodiversitäts-Konvention
Die Biodiversitäts-Konvention bzw. das Übereinkommen über die biologische Vielfalt
(Convention on Biological Diversity, CBD) ist ein internationales Umweltabkommen,
dass im Juni 1992 auf der UNEP-Konferenz (United Nations Environment ProgramConference) in Rio de Janeiro unterzeichnet wurde. Inzwischen sind circa
200 Staaten sowie die Europäische Union dem Abkommen beigetreten. Die Biodiversitäts-Konvention hat ein ständiges Sekretariat in Montreal, Kanada. Hier erarbeiten Experten weitere Details der Konvention. Das höchste Organ der Konvention
ist die Vertragsstaaten-Konferenz (VSK), die alle zwei Jahre zusammentrifft. In
Deutschland ist das Bundesumweltministerium bzw. das Bundesamt für Naturschutz
(BfN) für die nationale Umsetzung der Konvention zuständig (Wikipedia, 2015). Die
Biodiversitäts-Konvention verfolgt drei Ziele:
a) Schutz der biologischen Vielfalt
b) Nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile
c) Zugangsregelungen und gerechter Ausgleich von Vorteilen, welche aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen.
Die Biodiversität bzw. biologische Vielfalt beinhaltet die Artenvielfalt, die genetische
Vielfalt innerhalb der einzelnen Arten und die Vielfalt der Ökosysteme. Zur nachhaltigen Nutzung finden sich folgende Passagen in dem Übereinkommen:
• „Präambel:
In Anerkennung der unmittelbaren und traditionellen Abhängigkeit vieler eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen von biologischen Ressourcen sowie die in Anerkennung dessen, dass eine gerechte
Aufteilung der Vorteile aus der Anwendung traditioneller Kenntnisse, Innovation
und Gebräuche im Zusammenhang mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt
und der nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile wünschenswert ist…“
- „….in dem Bewusstsein, dass die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt für die Befriedigung der Nahrungsmittel, Gesundheits- und
sonstigen Bedürfnissen einer wachsenden Weltbevölkerung von ausschlaggebender Bedeutung sind und dazu der Zugang zu genetischen Ressourcen und
zu Technologien sowie Teilhabe daran wesentlich sind….“
- entschlossen, die biologische Vielfalt zur Nutzung heutiger und künftiger Generationen zu erhalten und nachhaltig zu nutzen
• Artikel 2: Begriffsbestimmung:
- „….bedeutet, nachhaltige Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt
in einer Weise und in einem Ausmaß, die nicht zum langfristigen Rückgang der
biologischen Vielfalt führen, wodurch ihr Potential erhalten bleibt, die Bedürfnisse und Wünsche heutiger und künftiger Generationen zu erfüllen.“
35
BOKU
• Unterartikel 10: Nachhaltige Nutzung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt
- „Jede Vertragspartei wird, soweit möglich und sofern angebracht,
a) Gesichtspunkte der Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen
Ressourcen in den innerstaatlichen Entscheidungsprozess einbeziehen;
b) Maßnahmen im Zusammenhang der Nutzung der biologischen Ressourcen
beschließen und nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu
vermeiden und auf ein Mindestmaß zu beschränken;
c) die herkömmliche Nutzung biologischer Ressourcen im Einklang mit traditionellen Kulturverfahren, die mit den Erfordernissen der Erhaltung oder nachhaltigen Nutzung vereinbar sind, schützen und fördern;
d) ortsansässige Bevölkerungsgruppen bei der Ausarbeitung und Durchführung
von Abhilfemaßnahmen in beeinträchtigten Gebieten, in denen die biologische Vielfalt verringert worden ist, unterstützen;
e) die Zusammenarbeit zwischen ihren Regierungsbehörden und ihrem privaten Sektor bei der Erarbeitung von Methoden zur nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen fördern.“
(BMU, 1992)
B) Addis Abeba - Prinzipien und Richtlinien
Die Vertragsstaaten-Konferenz (VSK) hat im Jahr 2003 in Addis Abeba die von einem Experten-Workshop entwickelten „praktischen Grundsätze und Leitlinien für die
nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt“ verabschiedet. Gleichzeitig bat sie die
Vertragsparteien darum, die Umsetzung der Grundsätze und Leitlinien in die Wege
zu leiten. Die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt soll durch die Anwendung
der praktischen Grundsätze verbessert werden. Folgende Grundsätze werden im
Kontext der -Abschlussarbeit- zitiert:
• „Praktischer Grundsatz 5:
Nachhaltige Nutzung, Managementziele und Praktiken sollten negative Auswirkungen auf Ökosystem, Dienstleistung, Struktur und Funktion sowie andere Komponenten der Ökosysteme vermeiden oder vermindern.
• Praktischer Grundsatz 9:
Ein interdisziplinärer, partizipativer Ansatz sollte auf den entsprechenden Ebenen
der Verwaltung und Governance unter Berücksichtigung der „Ganzheitlichkeit“ verfolgt werden.
• Praktischer Grundsatz 12:
Die Bedürfnisse der indigenen und lokalen Gemeinschaften, die mit Leben und
Werden von der Nutzung und Erhaltung der biologischen Vielfalt zusammen mit ihren Beiträgen zu ihrer Erhaltung und nachhaltiger Nutzung betroffen sind, sollten in
der gerechten Verteilung der Vorteile aus der Nutzung dieser Ressourcen zum
Ausdruck kommen.
36
BOKU
• Praktischer Grundsatz 14:
Bildung und öffentliches Bewusstsein, Programme zur Erhaltung und nachhaltige
Nutzung sollten umgesetzt werden und effektive Methoden zur Kommunikation sollten zwischen und unter den Interessengruppen und Managern entwickelt werden.“
(UNEP, 2003)
5.6.3.2 Aktuelle Strategien der Naturschutzverbände
In Deutschland haben Naturschutzverbände und ähnliche Organisationen ein hohes
Ansehen in der Bevölkerung. In vielen Fällen beraten die Naturschutzverbände die
Landes- und Bundesregierung sowie europäische Institutionen. Zu den größten Naturschutzverbänden gehören der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
e. V. (BUND) sowie der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), die insgesamt
mehr als eine Million Mitglieder haben. Im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes
sind beide Vereine als Umwelt- und Naturschutzverband staatlich anerkannt und
müssen daher bei Eingriffen in den Naturhaushalt angehört werden. Des Weiteren
verfügen beide Vereine auf Grund des Umweltrechts-Behelfsgesetzes über ein Verbandsklagerecht (Wikipedia, 2015).
a) Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Wie mir vom Bundesverband des BUND Berlin erklärt wurde, sind die Landesverbände und der Bundesverband autark und vertreten teilweise unterschiedliche Ansichten.
In seinem Positionspapier „Naturschutz“ weist der BUND Berlin darauf hin, dass der
Naturschutz eine unverzichtbare Aufgabe ist und zwingend bei der Gestaltung nachhaltiger Wirtschafts- und Lebensweisen einzubeziehen ist. Im Interesse des gesellschaftlichen Fortschritts und der Lebensqualität ist die Biodiversität zu bewahren. Der
BUND bekennt sich zum „Kulturlandschaftsschutz“, der gleichberechtigt neben den
sonstigen Naturschutzaktivitäten verfolgt wird. Die Erhaltung historischer Kulturlandschaften mit ihrem Struktur- und Nutzungsreichtum wird als eine Identitätsbewahrung
deutscher Landschaften und als vorrangige kulturelle Aufgabe gesehen. Die intensive Landwirtschaft als eine Art der Bodennutzung wird problematisch hinsichtlich der
Artenvielfalt etc. thematisiert. Es wird nicht empfohlen, frühere Nutzungsformen wieder einzuführen, da diese auch teilweise mit Nachteilen verbunden waren und aus
heutiger Sicht nicht als nachhaltig betrachtet werden können (BUND, 2012). Stattdessen gilt es, „diese traditionellen Nutzungsformen mit modernen Bewirtschaftungsformen zu kombinieren und sie in aktuelle Konzepte regionaler und nachhaltiger
Wirtschafts- und Stoffkreisläufe zu integrieren…“ (BUND, 2012, S. 11).
Nach Meinung des BUND werden interessante Artenkombinationen dadurch geschaffen, wenn man extensiv genutzte offen gehaltene Flächen mit sich selbst überlassenen Flächen mischt. Eine große Bedeutung wird der Beweidung von Grünland
durch angepasste Haustierhaltung beigemessen. „Zum Kulturlandschaftschutz gehört die Erhaltung von extensiven, artenreichen Grünlandbeständen, insbesondere in
schwierig zu bewirtschaftenden Lagen“ (BUND, 2012, S. 3).
37
BOKU
Abgesehen von den Vorstellungen zur Nutzung von Agrarfläche erklärt der BUND in
seinem Positionspapier weitere Themenbereiche. Interessant im Zusammenhang mit
der Jagd ist die Forderung des BUND, dass insbesondere im ländlichen Raum der
Absatz regionaler Produkte aus der Land- und Forstwirtschat gefördert werden sollte.
Des Weiteren stellt der BUND fest, dass es in der Gesellschaft insgesamt an Grundwissen über Ökologie und Nachhaltigkeit fehlt. Darüber hinaus fehlt es zunehmend
an Fachleuten mit umfassenden Artenkenntnissen, die die Landschaft beobachten
und dokumentieren können, und das auch in den eigenen Reihen (BUND, 2012).
b) Naturschutzbund Deutschland e.V.
In der Schriftenreihe „Denkanstöße der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz“
hat sich der aktuelle Präsident des NABU zum „Naturschutz durch Nutzung“ geäußert. Demnach erläutert Olaf Tschimpke, dass durch menschlichen Einfluss in
Deutschland eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft entstanden ist. Durch die
Nutzung ist die Grundlage für eine vielfältige Landschaft geschaffen worden. Allerdings ist festzustellen, dass durch die fortschreitende Intensivierung der Nutzung eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen in ihrer Existenz bedroht sind. Naturnutzer und schützer haben die emotional geführten Debatten weitgehend beendet und diskutieren nun sachlich miteinander. Das ist besonders wichtig, da immer weniger Menschen persönliche Erfahrungen in der Natur sammeln. „...Naturschützer und die Vertreter der klassischen Landnutzung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd sind
aufeinander angewiesen, um in der Gesellschaft Gehör zu finden...“ (Tschimpke,
2006, S. 49).
Dem Leitbild „Integrierter Naturschutz“ liegt zugrunde, dass Naturschutzziele nicht
isoliert verfolgt werden, sondern den ökologischen Erfordernissen und örtlichen Möglichkeiten entsprechend integriert werden. Dafür wird der offene Dialog mit allen
Landnutzern gesucht (Tschimpke, 2006).
Der „Naturschutz durch Nutzung“ ist heute weitgehend als Beitrag zum Naturschutz
akzeptiert. Allerdings muss die Nutzung geregelt werden. Das internationale Übereinkommen, zum Beispiel die Biodiversitäts-Konvention aus dem Jahr 1992, nach
dem definierten Nachhaltigkeitsprinzip bietet ein geeignetes Leitbild. „Eine nicht
nachhaltige Nutzung kann gesellschaftlich nicht akzeptiert werden, da sie die Möglichkeit der künftigen Generation einschränkt…“ (Tschimpke, 2006, S. 49).
Die wesentlichen Ziele des Naturschutzes aus Sicht des NABU sind:
1.
Erhalt der Funktionsfähigkeit von Ökosystemen in ihrer Gesamtheit:
Das heißt, die Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Selbstregulierungsfähigkeit des Landschaftshaushalts
2.
Erhalt der Biodiversität:
Das heißt, Erhaltung der Vielfalt von Pflanzen und Tieren einschließlich ihres
Genpools.
Bei der Nutzung von den Naturschutzflächen sind diese Zielsetzungen zwingend zu
beachten. Generell lässt sich feststellen, „…das Naturschutz durch Nutzung immer
eine Nutzung in verminderter Intensität meint“ (Tschimpke, 2006, S. 51). Nutzer, die
38
BOKU
durch eine weniger intensive Nutzung wirtschaftliche Nachteile haben, sollten durch
Ausgleichszahlungen entschädigt werden. „Ziel ist es, unsere Kulturlandschaft durch
die gezielte Honorierung ökologischer Leistungen zu fördern und zu erhalten“
(Tschimpke, 2006, S. 51).
5.6.4 Naturschutzorganisationen zur Jagd
a) Nationale Naturschutzorganisationen
Die größten Naturschutzverbände BUND und NABU haben sich zur Ausrichtung der
Jagd in Deutschland in „Positionspapieren“ geäußert. Beide Verbände vertreten die
Ansicht, dass das bisherige Jagdrecht veraltet ist und dringend modernisiert werden
muss. Als Begründung werden politische und gesellschaftliche Veränderungen angeführt, die eine Anpassung des Jagdrechts und der jagdlichen Praxis erforderlich machen. Zur Biodiversität und Nachhaltigkeit und dem entsprechenden Abkommen
(CBD) bekennen sich beide ausdrücklich. Beide Verbände verfolgen das gleiche Ziel.
Lediglich im Detail gibt es Unterschiede. Die Jagd soll sich nach dem Verständnis
der Verbände dem Naturschutz weitgehend unterordnen. Der NABU erhebt folgende
Kernforderungen zur Jagd:
„1. Anerkennung des Rechtes zur Einschränkung bzw. Untersagung der Jagd auf
eigenen Flächen aus Gründen des Natur- und Artenschutzes sowie aus Gewissensgründen
2.
Anpassung und Reduzierung der Liste jagdbarer Arten
3.
Harmonisierung und Verkürzung der Jagdzeiten
4.
Verbot von Bleimunition
5.
Verbot von Schrot bei der Wasservogeljagd
6.
Verzicht auf die Gabe von Futtermitteln und Medikamenten
7.
Verbot der Fallen-, Balz- und Baujagd
8.
Verbesserung der jagdlichen Ausbildung
9.
Ausweisung der Kernzonen von Großschutzgebieten als Wildruhezone
10. Verzicht auf aktive Förderung von Tierpopulationen zu jagdlichen Zwecken“
(NABU 2013, S. 11)
Wenngleich der BUND inhaltlich die gleichen Forderungen stellt, sind die gewählten
Formulierungen in der Regel moderater als die des NABU. Der BUND gesteht der
Jagd zu, dass sie zur Gewinnung wertvoller, tierischer Produkte gerechtfertigt ist
(BUND, 2014). Der NABU will zwischen wildlebenden Tieren, die dem Jagdrecht unterliegen und „Wildtieren“, die dem Naturschutzrecht unterliegen, unterscheiden. Bei
den jeweils anzuwendenden Managementmaßnahmen sollen „Jagdmethoden“ und
„Nicht-Jagdmethoden“ angewendet werden. Des Weiteren wird gefordert, dass auf
die Ausbringung von Futtermitteln auch in Notzeiten grundsätzlich verzichtet wird.
Der natürliche Tod von Wildtieren sei ein biologischer Prozess, der einer zu hohen
Wilddichte vorbeugt.
39
BOKU
Der NABU fordert, dass im Zusammenhang mit der Genehmigung jagdlicher Managementmaßnahmen Naturschutzverbände als Träger öffentlicher Belange angehört werden müssen.
b) Internationale Naturschutzorganisationen
Der Worldwide Fund for Nature (WWF) ist eine Stiftung mit Sitz in Gland, Schweiz,
die 1961 gegründet wurde. Der WWF gehört zu den größten internationalen Naturund Umweltschutzorganisatoren. Als Ziele verfolgt der WWF die Erhaltung der biologischen Vielfalt der Erde, die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und die
Eindämmung von Umweltverschmutzung und schädlichem Konsumverhalten (Wikipedia, 2015).
Auf meine Anfrage teilt mir ein Vertreter des WWF in Berlin mit, dass derzeit noch
kein Positionspapier für die Jagd vorliegt. Es wird jedoch aktuell daran gearbeitet. In
dem „Positionspapier des WWF Deutschland zu Nachhaltige Ernährung“ wird unter
Punkt 3 „unser Konsum an Lebensmitteln auf dem Prüfstand“ zum Wildfleisch folgendes geäußert: „Eine herausragende Rolle in der ökologischen Vorzüglichkeit
spielt Wildfleisch, sofern es heimisch und in nachhaltiger Jagd erzeugt worden ist. Im
Sinne der Methodik ökologischer Knappheit kommt heimisch erzeugtes Wildfleisch
zu einer positiven Bewertung, da nur ein geringer Ressourcenaufwand für die Produktion nötig ist und durch die Hege forstökologische Vorteile entstehen“ (WWF,
2015, S. 12).
5.7
Jagd als Nachhaltswirtschaft
In den vorherigen Kapiteln wird die Jagd eher allgemein abgehandelt. Im Nachfolgenden werden die Anforderungen an eine qualitätsvolle bzw. nachhaltige Jagd beschrieben. Außerdem werden Leitlinien und Grundsätze verschiedener internationaler und nationaler Institutionen und Verbände zur nachhaltigen Nutzung bzw. Jagd
erläutert.
Des Weiteren wird ein Bewertungssystem für die nachhaltige Jagd vorgestellt und
anhand eines Beispiels näher erläutert.
5.7.1 Nachhaltige Jagdausübung
Die menschliche Nutzung der natürlichen Ressourcen durch die Jagd hat Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenarten sowie auf die Ökosysteme. Darüber hinaus
sind Konflikte mit anderen Naturnutzern wie der Land- und Forstwirtschaft, des Tourismus etc. nicht zu vermeiden. Um zu der Aussage zu gelangen: „Die Jagd ist nachhaltig!...“ hat auch die Nutzungsart „Jagd“ sich an den drei Säulen bzw. Prinzipien
der Nachhaltigkeit, das heißt ökologisches Prinzip, ökonomisches Prinzip, soziokulturelles Prinzip, zwingend zu orientieren. Nachhaltigkeit bedeutet hier, dass die Nutzung von natürlichen Ressourcen in gleichwertiger Weise sowohl jetzt als auch in
Zukunft (für künftige Generationen) möglich ist. Die drei Säulen bzw. Prinzipien der
Nachhaltigkeit lassen sich in Bezug auf die Jagd wie folgt erklären:
40
BOKU
1.
Ökologisches Prinzip
Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität, das heißt Vielfalt innerhalb und
zwischen den Wildarten, Vielfalt der Wildlebensräume bzw. Ökosysteme und
der genetischen Vielfalt der Wildarten
2.
Ökonomisches Prinzip
Beispielsweise aus Sicht der Grundeigentümer: Vermeidung von Wildschäden
in der Land- und Forstwirtschaft fördern den nachhaltigen Marktwert der Jagd.
3.
Beispielsweise aus Sicht der Jagdausübungsberechtigten: Sicherung der jagdwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit, z.B. durch die optimale Vermarktung von
Wildbret, Abschüssen und Trophäen
Soziokulturelles Prinzip
Engagement der Jäger für die Kommunikation und einen Interessenausgleich
innerhalb der Jägerschaft, der Grundeigentümer sowie weiterer örtlicher Nutzer- und Interessengruppen und der nicht jagenden Bevölkerung im Allgemeinen.
Generell: Aktive Auseinandersetzung mit der breiten öffentlichen Meinung zu
jagdrelevanten Themen mit der Absicht, die gesellschaftliche Akzeptanz der
Jagd zu erhalten bzw. zu verbessern.
(Forstner et al., 2006).
Die Game Conservancy Deutschland e. V. (G.C.D.) setzt sich für eine nachhaltige
Ökosystem-gerechte Nutzung von Wildpopulationen ein. Als Grundlage für ein „Ökosystem-gerechte Jagd“ werden folgende Punkte auf der Homepage des G.C.D. veröffentlicht:
„1. Der Aufbau eines Wildtier-Informationssystems für Jagd und Naturschutz
2.
Eine sachdienliche Bewertung der Wald-Wild-Problematik vor dem Hintergrund
ökosystemarer Dynamik und rechtlichen Rahmenbedingungen
3.
Eine Wirkungsabschätzung von Flächennutzung, insbesondere in der Feldflur
auf Niederwild und Bodenbrüter
4.
Eine emotionsfreie, reproduzierbare Einschätzung des Einflusses von Beutegreifern auf regionaltypische Tierarten
5.
Eine kritische Bewertung der „Regulationsfähigkeit“ traditioneller Jagdsysteme
auf die Gewinner des kulturlandschaftlichen Wandels
6.
Eine offene Diskussionskultur über die nur zum Teil unterschiedlichen Ziele von
Naturschutz, Wildlife-Management, Tierschutz und waidgerechter Jagd“
(Hoffmann, Gutschke, 2014, S. 7)
41
BOKU
5.7.2
Institutionen zur nachhaltigen Jagd
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, muss sich die Nutzungsart „Jagd“ an den
Prinzipien der Nachhaltigkeit orientieren. Im Nachfolgenden werden Leitlinien und
Grundsätze verschiedener Institutionen und Verbände zur nachhaltigen Nutzung
bzw. Jagd beschrieben.
5.7.2.1 Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlichen Ressourcen (International Union for Conservation of Nature an National
Resources, IUCN)
Bei dem IUCN bzw. der Weltnaturschutzunion handelt es sich um eine internationale
Nicht-Regierungsorganisation mit dem Sitz in Gland, Schweiz, die im Jahr 1948 gegründet wurde. Das Ziel der Weltnaturschutzunion ist es, die Gesellschaft für den
Natur- und Artenschutz zu sensibilisieren und für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen zu werben. Die sogenannte „Rote Liste“, die die gefährdeten Arten aufführt, wird unter anderem von dem IUCN erstellt (Wikipedia, 2015).
Eine Arbeitsgruppe der Weltnaturschutzunion hat die „Leitlinie für die nachhaltige
Jagd in Europa“ (Guidelines on sustainable hunting in Europe) entwickelt und führt
als die wichtigsten ökologischen Prinzipien Folgendes an (Casaer et al., 2006):
„A Die Jagd soll sich nicht nachteilig auf den langfristigen Erhaltungsstatus der bejagten Arten (Kategorie A) innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes
auswirken.
B
Die Jagd soll nicht nachteilig auf den langfristigen Erhaltungsstatus der biologischen Gemeinschaft, Tiere und Pflanzen (Kategorie B), zu den die bejagten
Tierarten gehörten, auswirken.
Um diese Prinzipien umzusetzen, ist das Hauptaugenmerk auf folgende biologische
Ziele zu richten:
1.
Hinsichtlich der bejagten Arten (A):
a.
Bewahrung der Population hinsichtlich der Größe, der Struktur und des Verhaltens entsprechend des Naturschutzes
b.
Bewahrung der genetischen Vielfalt entsprechend des Naturschutzes, zum
Beispiel durch Förderung und Erhaltung von Sub-Populationen
c.
2.
Für den Fall, dass sich eine Art oder eine Population in einem ungünstigen
Erhaltungsstatus befindet, dazu beitragen, dass sich der Status verbessert
Hinsichtlich der Lebensgemeinschaften zu denen die bejagten Arten gehören:
a.
Die Artenvielfalt zu wahren oder zu verbessern
b.
Die Vielfalt des Habitats zu wahren oder zu verbessern
Um diese Ziele zu erreichen, sollten in der Praxis folgende Leitlinien angewendet
werden:
42
BOKU
1.
Hinsichtlich der Ökologie der bejagten Arten (A) sollte bei den jagdlichen Aktivitäten folgendes berücksichtigt werden:
A1) Vollumfängliche Berücksichtigung der negativen Auswirkungen menschlicher
Aktivitäten auf das Überleben der Wildarten und deren natürlichen Verhaltens
(z.B. Tagesaktivitätsmuster) sowie die mögliche Minimierung dieser menschlichen Tätigkeiten. Dies alles vor dem Hintergrund, dass diese Aktivitäten erheblich den Erhaltungszustand einer Wildtierpopulation beeinflussen.
A2) Um die genetische Vielfalt innerhalb einer Population zu wahren, sollte eine
Selektion, die sich ausschließlich an phänotypischen Merkmalen (auf das Erscheinungsbild beruhende) oder bestimmten Verhaltensmerkmalen orientiert,
vermieden werden.
A3) Für Arten, deren jährlicher Aktionsradius über den eigenen Managementbereich bzw. das eigene Revier hinausgeht, sollte die Koordination mit benachbarten Bereichen bzw. Revieren gefördert werden; dies, wenn nötig, auch auf
internationaler Ebene.
A4) Berücksichtigung saisonaler Schwankungen hinsichtlich der Verfügbarkeit von
Lebensraum (z.B. Deckung, Äsung etc.), den klimatischen Bedingungen sowie
der Reproduktion, des Nahrungsangebotes und der Rückzugsbereiche.
A5) Berücksichtigung, und wenn möglich, Milderung der negativen Auswirkungen
auf den Lebensraum durch Degradation, Fragmentation und Komplettverlust,
die durch sonstige menschliche Aktivitäten verursacht werden.
A6) Akzeptanz der natürlichen Wiederansiedlung von ursprünglich heimischen
Arten.
A7) Es sind nur die bejagbaren Arten wieder anzusiedeln, die der Liste der Weltnaturschutzunion der "heimischen" Arten angehören.
A8) "Nicht-heimische" Arten sind nicht anzusiedeln.
A9) Wiederansiedlungen sind auf schriftlich niedergelegten Managementplänen
abzustellen. Die Managementpläne sollten mindestens für jede Art bzw. Gruppe von Arten die Managementziele und -maßnahmen beinhalten.
A10) Es wird empfohlen, eine Sammlung von alten Aufzeichnungen anzulegen, die
gegebenenfalls nach Geschlechtern und Altersklassen unterscheidet, sowie
weitere relevante Daten beinhaltet. Dies vor dem Hintergrund, populationsdynamische Prozesse besser zu verstehen, das Monitoring und die Bewertung
zu erleichtern und die Managementplanung zu überprüfen (vgl. adaptives Management).
2.
Hinsichtlich der Ökologie der Lebensgemeinschaften (B), der die bejagte Art
angehört, sollten die jagdlichen Aktivitäten keinen negativen Einfluss nehmen,
insbesondere unter folgenden Aspekten:
B1) Berücksichtigung des internationalen, nationalen und regionalen Erhaltungszustandes (Statuts Quo) der Tiere und Pflanzen, unter anderem das Vorhandensein von seltenen oder gefährdeten Arten.
43
BOKU
B2) Die Lebensraumwiederherstellung oder Wiederaufforstung ist ausschließlich
mit Pflanzenmaterial lokaler Herkunft durchzuführen (vorausgesetzt, dass das
Material als solches zertifiziert ist).
B3) Bei der Regulierung von Raubtieren ist der langfristige Erhaltungszustand der
bejagten Beutetiere sowie des Räubers selbst zu beachten. Des Weiteren ist
die biologische Gemeinschaft, zu der Beute und Räuber gehören, einschließlich der Wechselwirkungen zwischen Raubtierarten und anderen Arten zu berücksichtigen.
B4) Bewahrung der Lebensgemeinschaft, zu der die genutzten Arten gehören,
unter Beachtung der Verträglichkeit hinsichtlich der Häufigkeit, Verteilung und
des Verhaltens der bejagten Arten.
3.
Hinsichtlich des sozialen und wirtschaftlichen Rahmens (C) sollte bei der
Jagdausübung folgendes angestrebt werden:
C1) Erhaltung oder Regulierung der bejagten Arten, so dass ihre Häufigkeit, Verteilung und/oder ihr Verhalten mit den Interessen von anderen sozioökonomischen Bereichen einschließlich der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei, des Straßenverkehrs, der Volksgesundheit etc., verträglich ist.
C2) Inanspruchnahme lokaler Beschäftigungen und Dienstleistungen.
C3) Eine angemessene Rendite in Sach- oder Geldleistungen für die Anbieter von
Jagdmöglichkeiten, z.B. Grundbesitzer, Landbesitzer und lokalen Gemeinschaften.
C4) Inklusive Beteiligung der lokalen Jäger.
C5) Berücksichtigung von Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von anderen
Landnutzern einschließlich der Erholungssuchenden.
C6) Optimierung der Nutzung von Wildbret und anderen Wildnebenprodukten.
C7) Information der Öffentlichkeit über die Jagd (Werte, Organisation, Methoden
etc.) und des Jagdmanagement (Ziele, Jagdplan etc.), unter anderem um aufzuzeigen, wie nachhaltige Jagd einen Beitrag zu der Erhaltung der Biodiversität und der ländlichen Entwicklung leistet.
C8) Berücksichtigung der Ansichten und Gefühle der Öffentlichkeit, insbesondere
der lokalen Bevölkerung.
C9) Bewahrung der kulturellen, historischen und künstlerischen Werte, im Zusammenhang mit „Jagd und Wild“.
C10) Einschließlich geeigneter Ausrüstungen für die Nachsuche und dem Bergen
verletzter und getöteter Tiere, und allgemein alle gebotenen Vorkehrungen zur
Vermeidung unnötigen Leidens der Wildtiere.“
44
BOKU
5.7.2.2 Internationaler Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (Conseil International de la Chassé, CIC)
Bei dem CIC handelt es sich um ein international politisch unabhängiges, gemeinnütziges Beratungsorgan, das 1928 gegründet wurde und in Budakeszi, Ungarn, seinen Sitz hat. Das Ziel des CIC ist die Erhaltung des Wildes durch die Förderung der
nachhaltigen Nutzung von Flora und Fauna (Wikipedia, 2015).
Die parlamentarische Versammlung des Europarats hat im Jahr 2004 mit einer Empfehlung für eine europäische Charta der Jagd und Biodiversität plädiert. Die Charta
sollte als Richtlinie verstanden werden, die gemeinsame Grundsätze und gute Praktiken für die Jagd aufstellt. Das Sekretariat der Berner Konvention hat die Empfehlung aufgegriffen und eine Arbeitsgruppe aus Experten und Vertretern der Vertragsstaaten der Berner Konvention sowie regierungsunabhängigen Organisationen gegründet. Unter anderem wurden hieran beteiligt: Die Weltnaturschutzunion (IUCN)
und der Dachverband der Jagdorganisation in Europa (FACE). Das Ziel der Arbeitsgruppe war es, „….die Jagd als Form der Verbrauchs- und freizeitorientierter Nutzung und Management von Vogelarten und Landsäugetiere in Europa gemäß der
Bestimmung der Berner Konvention zu untersuchen“ (CIC, 2007, S. 7 u. 8). Die
Charta berücksichtigt internationale Übereinkommen wie zum Beispiel die Biodiversitäts-Konvention (CBD), die 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnet wurde. Diese Charta gliedert sich in Grundsätze und Leitlinien, die sich unter anderem an Jäger richten.
Sie wurde im Jahr 2007 vom ständigen Ausschuss der Berner Konvention verabschiedet und wird unter anderem vom CIC als „CIC Technical Series Publications
No. 2“ veröffentlicht. Im Nachfolgenden werden die im Kontext der -Abschlussarbeitbefindlichen Grundsätze einschließlich Begründung aus der Charta zitiert:
• „Grundsatz 3: Eine ökologisch nachhaltige Jagd gewährleisten
Begründung:
Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Bejagung von Wildbeständen nachhaltig erfolgt. Der Haltungsstatus der Arten muss auf einem Niveau aufrecht erhalten werden, dass den Fortbestand der betreffenden Art durch die Bejagung nicht gefährdet. In bestimmten Fällen kann die begrenzte und nachhaltige Jagd kleinerer Bestände die Bemühungen um die Erhaltung dieser Art sogar unterstützen. Die nachhaltige Nutzung erfordert eine Regulierung, die auf der aktiven Anwendung zuverlässiger wissenschaftlicher Erkenntnisse und örtlichem Wissen basiert.
• Grundsatz 6:
Die Nutzung fördern, um wirtschaftliche Anreize für die Erhaltung der Natur zu
schaffen
Begründung:
Wenn Interessenvertreter den wirtschaftlichen Wert wilder Arten und deren Lebensräume erkennen, werden sie dazu motiviert, diese zu erhalten.
• Grundsatz 7:
Sicherstellen, dass die Jagdstrecke angemessen genutzt und Verlust vermieden
wird
Begründung:
45
BOKU
Wenn eine erneuerbare Ressource möglichst vollständig verwertet wird, werden
nicht nur die wirtschaftlichen Anreize für Einheimische maximiert, sondern auch die
Achtung vor der Umwelt zum Ausdruck gebracht und in manchen Fällen auch die
Bioverschmutzung auf ein Mindestmaß gesenkt.
• Grundsatz 10:
Vermeidbares Leid bei Tieren minimieren
Begründung:
Um eine aus sozialer Sicht nachhaltige Praxis zu gewährleisten, muss das Leid der
Tiere möglichst gering gehalten werden.
• Grundsatz 12:
Die gesellschaftliche Akzeptanz der nachhaltigen verbrauchsorientierten Nutzung
als Instrument des Naturschutzes fördern.
Begründung:
Angesichts der weitgehend gemeinsamen Bestrebung von Jägern und anderen Naturschützern gesunde Wildpflanzen- und Wildtierpopulationen zu fördern, um hinsichtlich der erheblichen Bedrohung weiterer Bereiche der Biodiversität in Europa
durch Änderungen von Landnutzungen und sonstigen anthropogenen Faktoren ist
es unabdingbar, dass alle Interessenvertreter zusammenarbeiten, um die Öffentlichkeit über die Bedeutung der Erhaltung wildlebender Pflanzen und Tiere aufzuklären. Zur Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz ist es wichtig, dass sich alle
Nutzer von wildlebenden Ressourcen engagieren, um die positive Wirkung der
nachhaltigen Nutzung auf die Erhaltung der Biodiversität der Öffentlichkeit nahezubringen. Ferner sollten alle Interessenvertreter unbedingt zusammenarbeiten, um
Aufklärung über zentrale Naturschutzfragen zu betreiben.“ (CIC, 2007, S. 37 − 48)
5.7.2.3 Zusammenschluss der Verbände für Jagd und Wildtierhaltung in der EU
(Federation of Associations for Hunting and Conservation of the EU,
FACE)
Die FACE ist eine internationale, nicht gewinnorientierte Nicht-Regierungs-organisation, die seit dem Jahr 1977 besteht und ihren Sitz in Brüssel hat. Die FACE vertritt
die Interessen der nationalen Jagdverbände innerhalb der Europäischen Union. Ein
Ziel der FACE ist es, den Verlust der Biodiversität aufzuhalten und stellt fest, dass
ein Biodiversitäts-Management sich nicht allein mit dem Management aller biologischen Einheiten beschäftigt, sondern auch mit der sozialen Diversität (Wikipedia,
2015). Das „Manifest für die Biodiversität“ wird von der FACE publiziert.
Das Manifest verfolgt folgende Ziele:
• politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit die Rolle und den Beitrag
der Jagd für die Biodiversität zu demonstrieren; sowie
• die Bemühungen der europäischen Jäger im Einklang mit internationalen Naturschutzprioritäten zu koordinieren und zu stärken (Übereinkommen über die biologische Vielfalt).
46
BOKU
Unter Punkt IV „Nachhaltige Nutzung“ werden die Absichten von FACE hierzu dargelegt:
„FACE und seine Mitglieder werden ein besseres Verständnis der Prinzipien der
nachhaltigen Nutzung und ihrer Umsetzung schaffen, wie dies von den Addis AbebaPrinzipien der CBD sowie der Europäischen Charta zur Jagd und Biodiversität des
Europarats gefordert wird.
FACE und seine Mitglieder setzen sich für eine neue Initiative für die nachhaltige
Nutzung von Wildtieren in Ergänzung zu der Initiative für die nachhaltige Jagd ein,
welche von den Nutzern von Wildtieren glaubwürdig repräsentiert und unterstützt
wird.
FACE und seine Mitglieder werden die Sammlung von Jagd- und Populationsstatistiken fördern und die Forschung zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Jagdmethoden
unterstützen.
FACE und seine Mitglieder werden nach Möglichkeiten zur Anbindung und Organisation der Jäger sowie ihres Wissens und ihrer Erfahrung bei der Förderung eines guten Managements und bewährter Verfahren für die Umsetzung der EU-Natur- und
Biodiversitätspolitik suchen.
FACE und seine Mitglieder werden in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die vernünftige Nutzung jagdbarer Arten schaffen und dabei die Themen Abfallvermeidung
und gesundheitlichen Schutz von Wildfleisch in den Mittelpunkt stellen.“
5.7.2.4 Deutscher Jagdverband (DJV)
Der DJV ist die Vereinigung von fünfzehn deutschen Landesjagdverbänden (Bayern
trat 2009 aus). In dem DJV sind rund 240.000 Jäger organisiert. Das entspricht etwa
zwei Drittel der Jagdscheininhaber in Deutschland. Der DJV ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine staatlich anerkannte Naturschutzvereinigung. Der Vorläufer des
DJV, der ADJV (Allgemeiner Deutscher Jagdschutz-Verein), wurde im Jahr 1895 gegründet. Der Sitz des DJV ist in Berlin. In der DJV-Vereinssatzung sind folgende
Zentralaufgaben und Ziele verankert:
• Förderung der freilebenden Tierwelt im Rahmen des Jagdrechts, Förderung des
Natur, Umwelt-, Landschafts- und Tierschutzes;
• Pflege und Förderung aller Zweige des Jagdwesens, des jagdlichen Brauchtums,
der jagdlichen Aus- und Weiterbildung, des jagdlichen Schrifttums und jagdkultureller Einrichtungen;
• Pflege und Förderung der anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit;
• Politische und gesellschaftliche Vertretungen der Jägerschaft auf nationaler und
internationaler Ebene;
• Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel laden Jäger im Rahmen der Aktion
„Lernort Natur“ Schüler und Jugendliche in ihre Reviere ein, um ihnen die Zusammenhänge in der Natur näher zu bringen. Der DJV nutzt soziale Nutzwerke,
unter anderem Facebook, Twitter und youtube. Jährlich erscheinen etwa
60 Pressemitteilungen in Printmedien.
(Wikipedia, 2015)
47
BOKU
In der „Standortbestimmung Jagd“ auf dem Bundesjägertag am 31.05.2013 bekennt
sich der DJV zur nachhaltigen Jagd. „Jagd ist gelebte Nachhaltigkeit. Und ein erfolgreiches Modell für den Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen − heute und in
Zukunft.“ In einer weiteren Passage unter Bezug auf die Jagd als Kulturgut wird hingewiesen. „Die Jagd ist die älteste Form nachhaltiger Nutzung natürlicher Ressourcen. Sie ist in unseren Kulturlandschaften für den Natur- und Artenschutz unverzichtbar und ein aus Jahrtausenden gewachsenes und sich ständig weiterentwickeltes
schützenswertes Kulturgut. Zur weiteren Einbeziehung der traditionellen Bestandteile
ist auch künftig eine Einordnung in die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erforderlich“ (DJV, 2013 a)).
In einem Flyer zur Öffentlichkeitsarbeit aus dem Jahr 2013 wird unter dem Punkt
„Jagd ist praktizierter Naturschutz“ Folgendes ausgeführt: „Ohne eine intakte artenreiche Natur ist Jagd nicht möglich. Das wissen Jäger schon lange und räumen Natur- und Artenschutz einen hohen Stellenwert ein. Weil das so ist, hat die Weltnaturschutzunion (IUCN) nachhaltige Jagd − wie sie in Deutschland betrieben wird − bereits vor mehr als zehn Jahren als eine Form des Naturschutzes anerkannt“ (DJV,
2013 b)).
5.7.3 Bewertungssystem für die nachhaltige Jagd
Nach nationalen und internationalen Standards soll die Jagd nachhaltig ausgeübt
werden. Es stellt sich die Frage, welche Anforderungen die Jagd erfüllen muss, um
sie als nachhaltig zu bezeichnen. Eine Arbeitsgruppe aus Österreich hat ein System
zur Nachhaltigkeitsprüfung entwickelt. Hierbei wurden analog zu Prozessen in anderen wirtschaftlichen Bereichen die drei Säulen der Nachhaltigkeit, das heißt Ökologie,
Ökonomie und soziokulturelle Aspekte, gleichwertig berücksichtigt. Des Weiteren hat
man darauf geachtet, dass das Bewertungssystem mit internationalen Abkommen
und Prozessen, beispielsweise mit der Biodiversitäts-Konvention (CBD), korrespondiert. Dieses Bewertungssystem beinhaltet 13 Prinzipien, 24 Kriterien und
51 Subkriterien (siehe Anhang). Das Bewertungssystem bzw. Bewertungsset stellt
eine freiwillige Selbstbewertung zur Nachhaltigkeit zur Überprüfung der eigenen
jagdlichen Praxis dar. Das Set geht nur auf die Jagdausübung und auf die dem Jagdrecht unterliegenden Wildarten ein. Andere Tierarten, die einen wechselseitigen Bezug auf die Wildarten haben, genauso wie externe Einflüsse auf die Jagd, werden
nicht berücksichtigt. Als räumliche Bezugseinheit bietet sich das Jagdrevier oder die
Hegegemeinschaft, zum Beispiel das Gebiet des örtlichen Hegerings, an. Als Beurteilungszeitraum soll das aktuelle, das letzte oder auch mehrere Kalenderjahre herangezogen werden (Forstner et al., 2006).
5.7.4 Nachhaltige Jagd am Beispiel des Hegerings Geseke
Der Hegering Geseke ist eine Untergliederung der Jägerschaft auf der Ebene der
Kernstadt Geseke („Zement-Stadt“, rund 21.000 Einwohner im gesamten Stadtgebiet, Regierungsbezirk Arnsberg/Nordrhein-Westfalen), in der rund 120 Jäger organisiert sind. Geseke liegt landschaftlich in der Geseker Börde, die Teil der HellwegBörde in der westfälischen Bucht ist. Die Seehöhe Gesekes beträgt rund 100 m
ü.NN.
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Die bejagte Fläche in Geseke beträgt insgesamt rund 4.200 ha, die sich auf insgesamt acht Reviere (eine Eigenjagd, sieben Jagdgenossenschaften) verteilt. Der Anteil Wald und Wild, Wiesen-/Ackerflächen am gesamten Jagdgebiet beträgt jeweils
rund 10 %, der Anteil Grünland beträgt 20 % und der Ackeranteil 60 %. Es sind stehende und fließende Gewässer sowie Auenlandschaften im Jagdgebiet vorhanden.
Etwa 80 % der Fläche sind als Naturschutzgebiete/Landschaftsschutzgebiete etc.
ausgewiesen. (Amelunxen, mündliche Mitteilung, 2015)
Bei den Jagdgebieten des Hegerings Geseke handelt es sich um klassische Niederwildreviere, die auch mit den aktuell typischen Problemen behaftet sind, das heißt
Streckenrückgänge bei Hase, Fasan, Rebhuhn etc. sowie erheblichen Einschränkungen generell bei der Jagdausübung durch jagdpolitische Entwicklungen (Landesjagdgesetz NRW 2015). Als Hauptwildart kommt der Feldhase in allen Revieren vor,
von denen im langjährigen Mittel etwa 400 Stück/Jahr in der Regel durch Treibjagden
entnommen werden. Neben den sonstigen Niederwildarten ist insbesondere das
Rehwild zu nennen, das häufig vorkommt. Anlässlich der jährlich stattfindenden Hegeschauen werden etwa hundert Trophäen des männlichen Rehwilds präsentiert.
Der Vorstand des Hegerings ist sehr aktiv und hält einen engen Kontakt zu den Mitgliedern. Dies wird durch einen regelmäßigen Informationsfluss via E-Mail zu aktuellen Themen und Veranstaltungen sowie durch gemeinsame Aktionen mit jagdlichem
bzw. nichtjagdlichem Hintergrund (z.B. Jäger-Stammtisch, Radtour, Jagdhornblasen
etc.) erreicht. Die sehr gut besuchten jährlichen Hegerings- bzw. Hauptversammlungen werden professionell unter der Regie des Hegering-Leiters abgehalten. Die Tagesordnung sieht immer neben den Beiträgen der Obleute für das Hunde- und
Schießwesen etc. auch Beiträge von Vertretern des örtlichen Naturschutzverbandes
und der Landwirtschaft vor. Ein Fachbeitrag zu aktuellen Problemen, z.B. zum Rückgang der Hasenpopulation, wird häufig von externen, überregional bekannten Referenten gehalten.
Auf Grund der kontinuierlichen, sehr guten Öffentlichkeitsarbeit ist die Akzeptanz der
Jägerschaft in der Bevölkerung trotz des städtischen Umfeldes sehr groß. Der Kontakt mit der Bevölkerung wird aktiv von der Jägerschaft forciert. Als Beispiele lassen
sich Auftritte der Jagdhorn-Bläser zu verschiedenen öffentlichen Anlässen, Kochkurse für Jäger und (ausdrücklich) Nichtjäger, Beteiligung an öffentlichen Feldflurreinigungsaktionen, sowie der Jagdlehrpfad für Kinder und Jugendliche anführen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch das Engagement des Hegerings in Sachen Naturschutz, wobei folgendes anzuführen ist:
• „Grützepott − Haus der Natur“ (gegründet im Jahr 2011)
Der „Grützepott“ ist ein gemeinschaftliches Projekt des Hegerings Geseke e. V. und
des Gesekers Naturschutzvereins Verbund e. V. mit Unterstützung der HeidelbergCement AG. Der Ansatz geht weit über eine Umweltbildung und Nachwuchsförderung hinaus. Es wird gezeigt, dass Jagd, Naturschutz und Wirtschaft gemeinsam
lokale Probleme lösen können.
• „Naturschutz-Stiftung Geseke“ (gegründet im Jahr 2008)
Die „Naturschutz-Stiftung Geseke“ ist ein Bündnis aus Stadt, Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und gewerblicher Wirtschaft. Der Hegering Geseke e. V. gehört zu
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den Gründungsstiftern. Die Stiftung koordiniert sogenannte Kompensationsmaßnahmen, die auf Grund von Baumaßnahmen in der Landschaft als naturschutzrelevanter Ausgleich erforderlich werden. Die Stiftung verfolgt ein ganzheitliches Konzept und entwickelt geeignete Flächen in enger Abstimmung mit den oben genannten Bündnispartnern.
Anlässlich der Hegering-Versammlung im Jahr 2014 lobte ein Vertreter der Kreisjägerschaft Soest die Arbeit des Hegerings als „in jeder Hinsicht vorbildlich“.
(Amelunxen, mündliche Mitteilung, 2015)
Anhand des unter Pkt. 5.7.3 erläuterten Bewertungssystems wurde die Arbeit des
Hegerings Geseke nach objektiven Kriterien untersucht und bewertet. Der Kriterienkatalog ist als Anhang der -Abschlussarbeit- angefügt.
Die Bearbeitung des Kriterien- bzw. Fragenkatalogs erfolgte gemeinsam mit dem
Leiter des Hegerings Geseke, Herrn Johannes Amelunxen. Wir sind zu der Meinung gelangt, dass der Katalog sehr praxisorientiert ist und sich sehr gut zur kritischen Selbstbewertung eignet. Stärken und Schwächen der eigenen Jagdausübung werden offengelegt, man erhält Informationen in welchem Bereich Verbesserungen im Sinne der Nachhaltigkeit vorzunehmen sind.
Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Jagd des Hegerings Geseke insgesamt
nachhaltig ausgeübt wird. Die Auswertung des Kriterien-Katalogs und die Bandbreite der Wertungen werden durch die Abbildungen 1a, 1b und 2 veranschaulicht.
Abbildung 1a:
Hegering Geseke, Auswertung des Kriterien-Katalogs, Noten
Erläuterungen zu Abbildung 1a:
In der Abbildung 1a sind die jeweiligen Gesamtergebnisse in Prozent für den ökologischen, ökonomischen und sozio-kulturellen Bereich dargestellt. Die Bewerungsskala sieht die Noten „1“ bis „5“ vor, die sich auf eine Spanne von Prozentpunkten beziehen. Wenn die Bewertung den Noten 1, 2 oder 3 entspricht, wird der Jagdausübung in dem jeweiligen Bereich das Prädikat „nachhaltig“ verliehen. Wenn die jeweiligen Bereiche mit den Noten 4 oder 5 bewertet wurden, wird die Jagdausübung als
„nicht nachhaltig“ bezeichnet.
Der Hegering Geseke erhält in allen drei Bereichen das Prädikat „nachhaltig“.
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Abbildung 1b:
Hegering Geseke, Auswertung des Kriterien-Katalogs, beste
bzw. schlechteste Einzelbewertung
Erläuterungen zu Abbildung 1b:
In der Abbildung 1b sind die besten bzw. schlechtesten Einzelbewertungen mit den
jeweiligen Punktemaximen bzw. Punkteminimen für den ökologischen, ökonomischen und sozio-kulturellen Bereich dargestellt. In dem Beispiel Hegering Geseke
wird beispielsweise im ökologischen Bereich das Kriterium 6 (K6): „Existenz revierübergreifende Bejagungsrichtlinien“ bzw. die entsprechende Indikation als bestes
Einzelergebnis bewertet. Im ökologischen Bereich kann aus der Summe aller Einzelergebnisse ein Maximum von 50 Punkten bzw. Minimum von minus 37 Punkten
(Spannbreite) erreicht werden. Im sozio-kulturellen Bereich wird das Kriterium 44
(K44): „Vertrautheit der Wildtiere“ bzw. die entsprechende Indikation als schlechtestes Einzelergebnis bewertet. Im sozio-kulturellen Bereich kann aus der Summe der
Einzelergebnisse ein Maximum von 19 Punkten bzw. ein Minimum von minus 28
Punkten (Spannbreite) erreicht werden.
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Abbildung 2:
Hegering Geseke, Bandbreite der möglichen Wertungen
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Erläuterungen zu Abbildung 2:
In der Abbildung 2 sind auf der linken Seite der ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bereich mit den dazugehörigen Kriterien aufgeführt. Auf der rechten Seite
ist die Bandbreite der möglichen Wertungen und die tatsächliche Wertung der Indikation dargestellt (vergl. „Schieberegler“) Die Bandbreite wird durch eine waagerechte
Linie (vergl. „Schlitz“) und die tatsächliche Wertung der Indikation durch einen weiß
ausgefüllten Kreis (vergl. „Griffstück“) symbolisiert. Die Abbildung 2 stellt in grafischer
Form die Aussagen der Abbildungen 1a und 1b dar.
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Diskussion
Als Ergebnis meiner Recherche kann ich feststellen, dass es weder für den Begriff
der Jagd noch des Naturschutzes eindeutige Definitionen gibt.
Die einschlägigen Rechtsnormen definieren insbesondere den Begriff des Jagdrechts. Über die Art des Aufsuchens, Nachstellens, Erlegens und Fangens sowie des
Aneignens von Wild wird jedoch wenig gesagt. Im angelsächsischen Raum ist man
beim Sprachgebrauch und bei der Definition präziser. Dadurch wird eine klare Abgrenzung zu abzulehnenden Pseudojagden ermöglicht und für Verständnis in der
Öffentlichkeit gesorgt.
Die philosophischen Standpunkte zur Jagd, wie sie insbesondere von Kurt Lindner
vertreten werden, erläutern die Ausübung der Jagd und ihre Motivation dazu. Neben
den üblichen Attributen, die der Jagd auch von anderen Philosophen wie z.B. Ortega
zugeschrieben werden, legt Lindner Wert auf die Feststellung, dass Jagd etwas
„spezifisch menschliches“ ist. „Spezifisch menschlich“ deshalb, weil nur der Mensch
über ein reflexives Bewusstsein verfügt, dass ihn in die Lage versetzt, verantwortlich
zu Handeln und Gewissensentscheidungen zu fällen. Des Weiteren hält er fest, dass
menschliche Handlungen im Zusammenhang mit der Jagd keineswegs zwangsläufig
oder instinktgebunden sind. Von einem menschlichen Jagdtrieb kann daher nicht die
Rede sein.
Dem widerspricht José Ortega y Gasset, der den triebhaften Versuch eines Tieres,
sich eines anderen Tieres lebendig oder tot zu bemächtigen, auch als Jagd bezeichnet. Der Einschätzung Lindners stimme ich zu und meine, dass diese Definition eher
in der Gesellschaft Akzeptanz findet.
Auch zum Naturschutz gibt es keine allgemein gültige Definition. Der Naturschutz
kann als Summe aller Bemühungen verstanden werden, die dem Schutz und der
Erhaltung des Naturhaushaltes dienen. Die Naturschutzstrategien, die derzeit verfolgt werden, sind so divers wie die Verbände und Vereine, die sie vertreten. Es
zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab, wobei der konservierende Naturschutz von
einem modernen Naturschutz abgelöst wird, der dynamische Prozesse in den Ökosystemen zulässt und schützt. Demnach kann eine Dynamisierung durch freie Sukzession (z.B. Wildnis) oder gelenkte Sukzession (z.B. Beweidung) erfolgen. Diese
Entwicklung ist nach meiner Meinung zu begrüßen, da sie den Belangen unserer
komplexen Kulturlandschaft Rechnung trägt.
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In der Menschheitsgeschichte unterlag der Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen einem permanenten Wandel. Der Meinung der Gesellschaft bzw. der herrschenden Klasse entsprechend, erfuhren Flora und Fauna eine unplanmäßige Ausbeutung oder eine mehr oder weniger planmäßige, pflegliche Nutzung.
Die Brundtland-Kommission lieferte 1987 erstmals eine Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes, der in internationalen Übereinkommen (z.B. UNEP-Konferenz in Rio
de Janeiro, 1992) aufgegriffen wurde. Demnach ist die Nutzung der Natur nur dann
nachhaltig, wenn sie die Nutzungsmöglichkeiten künftiger Generationen nicht schmälert.
Nachhaltigkeit ergibt sich nicht aus einem Naturgesetz, sondern ist eine Kultur des
Teilens zwischen Interessengruppen und Generationen. Wobei die Nutzung selbst
grundsätzlich natürlich ist. Die Jagd gehört neben der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei zu den klassischen Landnutzungsarten.
Es sind gesamtheitliche Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln, die die ökologische,
ökonomische und sozio-kulturelle Sphäre gleichberechtigt berücksichtigen. Zu dieser
Nachhaltigkeitsstrategie bekennen sich nach meiner Recherche sämtliche Natur- und
Jagdverbände, es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens.
Auch den Landnutzern kritisch gegenüberstehende Naturschutzgruppierungen vertreten die Ansicht, dass die nachhaltige Nutzung einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz und zur Biodiversität in der Kulturlandschaft leistet.
Damit stimmen sie auch einer selektiven Bewirtschaftung zu, denn der Mensch
schafft sich nach seinem Verständnis von Nachhaltigkeit den Lebensraum mit den
Arten, die er erhalten will.
Die Naturschutzverbände stehen der Jagd öffentlichkeitswirksam kritisch gegenüber
und scheinen „Feindbildpflege“ zu betreiben, um den Erwartungen ihrer Klientel zu
entsprechen.
In dem Positionspapier des BUND „zu aktuellen Fragen der Jagd“ wird erläutert,
dass Jagdgesetz und Jagdpraxis derzeit nicht den vielseitigen Anforderungen entsprechen (BUND, 2014)
„Dabei bekennt sich der BUND grundsätzlich zur Jagd wenn sie naturschutzkonform,
tierschutzgerecht und nachhaltig ist.“ (BUND, 2014, S. 3)
Die Forderungen zur Jagdausübung, die in dem Positionspapier erhoben werden,
sind nach meiner Einschätzung aus jagdwirtschaftlicher Sicht teilweise abzulehnen
(z.B. Einschränkung der Liste der jagdbaren Arten), teilweise diskussionswürdig (z.B.
Verkürzung der Jagdzeiten) und teilweise zuzustimmen (z.B. Verbot bleihaltiger
Büchsenmunition)
Durch den verantwortungsvollen, pfleglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen wird den gegenwärtigen und den zukünftigen Generationen eine Naturnutzung
ermöglicht. Jagdliche Hegemaßnahmen wie beispielsweise diverse Lebensraumverbesserungsmaßnahmen in Niederwild-Revieren helfen vordergründig zunächst den
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in Bedrängnis geratenen Arten und leisten einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der
Biodiversität. Diese Maßnahmen dienen aber auch dem legitimen Interesse,
Jagdmöglichkeiten zu erhalten. Durch die „Hege mit der Büchse“ bzw. durch das
Kontrollieren generalistischer Beutegreifer wie dem Fuchs wird ein Interessenausgleich nach menschlichen Vorstellungen in der Kulturlandschaft herbeigeführt. Das
moralische Recht zur Nutzung natürlicher Ressourcen umfasst auch das „humane“
Töten von Tieren mit der Absicht der sinnvollen Verwertung, aber auch der Pflicht,
regulatorische Aufgaben in der Natur wahrzunehmen. Allein aus dem irdischen Dasein hat der Mensch das natürliche Recht zu leben. Um zu Überleben muss der
Mensch die Güter der Natur nutzen, dass ihm ebenfalls als natürliches Recht zusteht.
Dem Naturschutz wird in der Bevölkerung ein hoher Stellenwert beigemessen, solange man ihn sich wirtschaftlich leisten kann. Eine repräsentative Umfrage des Bundesamtes für Naturschutz ergab, dass man die Gesellschaft als Ganzes in der Verantwortung sieht, die Natur zu schützen, sich selbst jedoch hierbei nicht in der Pflicht
sieht. Die fehlenden eigenen Naturerfahrungen führen zur Entfremdung der Gesellschaft von der Natur und deren Nutzung. Das Bedürfnis nach einer heilen Welt, führt
zu einer romantisierenden Naturschutzidee. Die Politik greift das hohe Interesse der
Menschen an der Natur und dem Naturschutz auf, um es für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Es besteht seitens der Politik kein Interesse der Gesellschaft, ehrlich
und objektiv die Zusammenhänge in der Natur zu erklären. Stattdessen werden
Feindbilder aufgebaut, um das eigene Profil zu schärfen. Die Jägerschaft mit ihrer
unprofessionellen Lobbyarbeit ohne Rückhalt in den Parlamenten und schwindender
Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein schwacher Gegner, der sich gut als Feindbild
eignet. Die Natur und der Naturschutz werden dabei ideologischen Interessen rücksichtslos geopfert.
Die Weltnaturschutzunion IUCN hat „Leitlinien für die nachhaltige Jagd in Europa“
veröffentlicht. Zur Nachhaltigkeit bzw. zu den entsprechenden Leitlinien des IUCN
haben sich die maßgeblichen internationalen und nationalen Institutionen, die sich für
die Belange des Wildes, der Jagd und der Jäger (CIC, FACE, DJV etc.) einsetzen,
bekannt. Erfreulicherweise existiert ein System bzw. Bewertungsset zur „Nachhaltigkeitsprüfung der Jagd“, das von renommierten Wissenschaftlern, auf Grundlage o.g.
Leitlinien sowie weiterer internationaler Übereinkommen, entwickelt wurde. Die
Nachhaltigkeit der eigenen Jagdausübung ist damit anhand objektiver Kriterien
messbar und hilfreich, sowohl bei der selbstkritischen Betrachtung als auch bei der
„Argumentation nach außen“.
Am Beispiel des Hegerings Geseke wurde die „Praxistauglichkeit“ des Bewertungssets erfolgreich geprüft. Die Auswertung des Kriterien- bzw. Fragenkataloges zur Arbeit des Hegerings Geseke hat ergeben, dass die Leistungen im ökologischen und
sozio-kulturellen Bereich mit „gut“ und im ökonomischen Bereich mit „mittel“ bewertet
werden.
In allen Bereichen wird dem Hegering eine nachhaltige Jagd bescheinigt.
Das relativ schlechte Abschneiden im ökonomischen Bereich ist nach Rücksprache
mit einem Autor des Bewertungssets typisch. Für die Jagdausübenden bedeutet die
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Jagd häufig ein teures Freizeitvergnügen. Durch das professionelle Vermarkten von
Wildbret wird allenfalls eine Linderung des Kostendrucks erreicht.
Eine Verbesserung der Situation kann nur durch eine Absenkung des Pachtpreisniveaus erreicht werden, das wegen der allgemein hohen Nachfrage nach Jagdrevieren derzeit nicht zu erwarten ist.
Eine interessante Diskussion ergab sich mit dem Hegeringleiter hinsichtlich des Kriteriums 24 „selektive Bejagung von Wildtieren mit bestimmten natürlichen Merkmalen“. Als (ehrliche) Indikation musste hierzu angegeben werden:
„Anhand der Geweihform, Präparate etc. eines mehrjährigen Bejagungszeitraumes
ist eine konsequente selektive Bejagung von Wildtieren nach bestimmten natürlichen
Merkmalen festzustellen.“
In Bezug auf dieses Kriterium ist der Indikator als „nicht nachhaltig“ zu werten. Trotz
des ehrlichen Willens der Geseker Jägerschaft nachhaltig jagen zu wollen, führt die
„alte Jägerweisheit“ gehörmäßig gut veranlagte Rehböcke erst ab einem bestimmten
Alter zu erlegen, zu diesem Fehlverhalten. Bei der nächsten Hegeringsversammlung
soll das Problem angesprochen und diskutiert werden.
„Naturschutz durch nachhaltige Nutzung“ steht für ein integratives Entwicklungskonzept, an dem sich alle maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen beteiligen. Im besten Fall entsteht der Naturschutz dabei als „kostenloses Nebenprodukt“ und stellt
damit eine bessere Alternative zum kostspieligen, nicht nachhaltig angelegten Vertragsnaturschutz dar. Eine wahrhaftige Naturschutzpolitik muss akzeptieren, dass
Naturschützer und Jäger, die sich ausdrücklich zu einem nachhaltigen Handlungsprinzip bekennen, einen unentbehrlichen Beitrag zum modernen Naturschutz in der
Kulturlandschaft leisten. Die Einbeziehung der Jägerschaft in einem ganzheitlichen
integrativen Entwicklungskonzept kann folgende Schwächen des „Naturschutzes“
ausgleichen: Der Naturschutz mit seinen partiellen Natur- und Landschaftsschutzgebieten steht eher für eine fragmentierte Verinselung der Naturschutzinteressen. Dagegen sind Jagdreviere und Jäger flächendeckend über das Land verteilt. Nur mit
den Jägern ist daher ein flächendeckendes, belastbares Wildtier-Monitoring und Management möglich. Naturerfahrung und -verständnis nehmen in der Gesellschaft
stetig ab. Auch die Naturschutzverbände sind besorgt über den Rückgang von Fachleuten in den eigenen Reihen. Die Jäger in Deutschland und Österreich haben, bevor
sie sich der staatlichen Jagdprüfung stellen, eine solide Ausbildung erhalten, die
zwar in mancherlei Hinsicht verbesserungswürdig ist (z.B. Fortbildungspflicht), aber
trotzdem eine sehr gute Basis darstellt. Durch die praktischen Erfahrungen in den
Revieren verbessern die Jäger ihr Wissen, insbesondere über Wildtiere, kontinuierlich.
Nach o.g. Ausführungen lässt sich Folgendes schlussfolgern:
Über die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen besteht gesellschaftlicher
Konsens.
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Die Erkenntnis, dass nachhaltige Nutzung einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz
und zur Biodiversität in der Kulturlandschaft leistet, wird auch von kritischen Naturschutzverbänden vertreten.
Die Jagd gehört neben der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei zu den
klassischen Landnutzungsarten.
Die Nachhaltigkeit der Jagd ist nach internationalen Standards definiert und anhand
objektiver Kriterien messbar.
Demnach ist die Hypothese „Jagd ist angewandter Naturschutz“ unter der Bedingung, dass die Jagd nachhaltig ausgeübt wird, bestätigt.
Hermann Löns hat sich bereits vor über 100 Jahren zur Kulturlandschaft und einem
ganzheitlichen Naturschutz bekannt. Als naturschützender Jäger hat er heftig sowohl
die Jägerschaft als auch die Naturschützer kritisiert, die mit ihrem kontraproduktiven
und „kleinkarierten“ Sichtweisen („Pritzelkram“) der „Naturverhunzung“ Vorschub leisteten. Seine Einstellung zur Jagd und dem Naturschutz waren für damalige Zeit ungewöhnlich und revolutionär. Aus heutiger Perspektive sind die Ansichten Hermann
Löns hochaktuell und vorbildlich.
Im Interesse von Naturschutz und Jagd ist es höchste Zeit, dass Jäger und Naturschützer zur „familiären Eintracht“ finden und gemeinsam für den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur eintreten.
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Ausblick
Man kann festhalten, dass die Jagd, wenn sie nachhaltig ausgeübt wird, einen Beitrag zum Naturschutz leistet. Allerdings ist zu beachten, dass die Jagd eine von vielen anderen Landnutzungsaktivitäten ist, die Wildtiere und deren Lebensräume in
vielfacher Hinsicht beeinflussen. Insbesondere in Mehrfachnutzungs-Kulturlandschaften ist häufig ein hohes Konfliktpotenzial, das aus konkurrierenden Interessen der
einzelnen Landnutzergruppen resultiert, vorhanden. Auch wenn ein Nutzungssektor
wie z.B. die Jagd isoliert betrachtet die Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllt, ist die
Nutzung nur dann nachhaltig, wenn eine Abstimmung mit den übrigen Nutzungssektoren und deren Nachhaltigkeitskriterien erfolgt. Das heißt, ein Nachhaltigkeitskonzept, dass sich allein auf die Jagdausübung beschränkt, kann weder die Nutzungsform Jagd als solche nachhaltig sichern, noch einen nachhaltigen Beitrag zum Naturschutz leisten.
Es muss das Ziel sein, mit allen Beteiligten, das heißt Grundeigentümer, Naturschützer, Jäger, Erholungssuchende, Freizeitsportler etc., ein integratives nachhaltiges
Landnutzungskonzept einschließlich einem entsprechenden Bewertungssystem zu
entwickeln. Für den „Biosphärenpark Wiener Wald“ ist ein integrales, nachhaltiges
Wildtiermanagement inklusive Bewertungsset unter der Leitung von Prof. Dr. Friedrich Reimoser, Wien, entwickelt worden. Dieses Wildtiermanagement lässt sich auch
auf andere Regionen unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten übertragen.
(Reimoser et al., 2008)
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Schlusswort
Als ob die Jäger es nicht schon immer gewusst hätten: „Jagd ist angewandter Naturschutz!!!“. Die vorliegende -Abschlussarbeit- mag als weiterer Beleg dafür dienen.
Aber was nutzt diese Erkenntnis, wenn diese „Botschaft“ nicht die Bevölkerung erreicht?
Um es im Werbejargon auszudrücken: Das „Produkt Jagd“ stimmt. Es kommt jetzt
darauf an, die richtige Vermarktungsstrategie zu verfolgen, die sowohl die emotionale
als auch die rationale Ebene der „Zielgruppe“ anspricht. Jagd muss überzeugender
und glaubhafter werden. Dazu ist es auch erforderlich, sich von „schwarzen Schafen“
in den eigenen Reihen deutlich zu distanzieren.
Es muss vermittelt werden, dass Jagd nicht nur aus „Freude am Beutemachen“ besteht, sondern für die Gesellschaft wertvolle Beiträge im Sinne des Naturschutzes
und der Nachhaltigkeit leistet. Die Jagd kann für zukünftige Generationen nur erhalten werden, wenn es jetzt gelingt, eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft zu erreichen.
Anlässlich des Leserwettbewerbs „Jagd hat Zukunft, weil….“ des Jagdmagazins
„DER ANBLICK“ vom Juni 2015 habe ich folgenden Text eingereicht, der eigentlich
mehr als Apell und weniger als Feststellung zu verstehen ist.
„Jagd hat Zukunft, weil …
• … sie emotional die Menschen dadurch berührt, dass …
◦ … sie Naturerlebnisse mit allen Sinnen ermöglicht. Vom attraktiven NaturLebensraum bis zum höchst wertvollen Nahrungsmittel.
◦ … sie nicht nur Bewahrerin der Landeskultur sondern mit ihren alten Traditionen auch Teil davon ist und den Menschen damit Heimatverbundenheit
und Geborgenheit gibt.
• … sie aufgrund ihrer Nachhaltigkeit rational den Menschen vermittelbar ist.
Nachhaltig Jagen heißt nach internationalen Standards:
◦ Erhaltung der Biodiversität (ökologisches Prinzip)
◦ Vermeidung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft (ökonomisches
Prinzip)
◦ Vorstellungen einer kritischen Gesellschaft vom Wohlbefinden des Wildes
entsprechen (soziokulturelles Prinzip)
• … sie bei den Menschen täglich Akzeptanz durch das vorbildliche
Verhalten der Jägerschaft findet.
• … Jagen zutiefst menschlich ist.“
Büren in Westfalen im September 2015
Dipl.-Ing. Jürgen Cramer, MSc
Weinberg 2a, 33142 Büren
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Literatur- und Quellenverzeichnis
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25/1985: 178-184, siehe auch http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13515
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http://www.dgvn.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/UN-Dokumente_
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der Vereinten Nationen (Brundtland-Kommission), 1987, „Our Common
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61
BOKU
RIEF, N. (2012): „Jäger-Image: Das Töten ist das große Problem“, Interview mit Klaus Hackländer; Die Presse vom 24.03.2012, Wien
SELTENHAMMER, E. / HACKLÄNDER, K. / REIMOSER, F. / VÖLK, F. /
WEIß, P. / WINKELMAYER, R. et al. (2011): „Zum ethischen Selbstverständnis der Jagd“; Weidwerk 4/2011, S. 8-12
TRITTIN, J. (2002): „Naturschutz und Nationalsozialismus“; http://www.
nabu-soest.de/Images%20Wetekamp/Rede-Umweltminister-Trittin.pdf Zugriffsdatum: 05.07.2015)
TSCHIMPKE, O. (2006): „Naturschutz durch Nutzung aus Sicht der Naturschutzverbände“; Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz,
Denkanstöße-Heft 4, 07/2006, S. 42-49
UMWELTBUNDESAMT (2015): „Interaktive Selbstbewertung: Wie nachhaltig ist meine Jagd?“; Autor: Prof. Dr. Reimoser et al., Forschungsinstitut
für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität
Wien, http://www5.umweltbundesamt.at/jagd_fragebogen/v0202/cgi-bin/formu
lar.pl (Zugriffsdatum: 03.09.2015)
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org/depts/german/umwelt/unep-cbd-cop-7-21-vii12.pdf
(Zugriffsdatum:
10.07.2015)
WIKIPEDIA (2015), die freie Online-Enzyklopädie; https://de.wikipedia.
org/wiki/wikipedia (Zugriffsdatum: 10.07.2015)
WINKELMAYER, R. / HACKLÄNDER, K. (2008): „Der Begriff 'Jagd' − eine
Differenzierung“, Teil 2, Weidwerk 10/2008; S. 10-16
WWF − World Wide Fund for Nature (2015): „Positionspapier des WWF
Deutschland zu Nachhaltige Ernährung“; https://www.wwf.de/fileadmin/fmwwf/Publikationen-PDF/WWF-Position_NachhaltigeErnaehrung.pdf
(Zugriffsdatum: 15.07.2015)
62
BOKU
10
Abbildungsnachweis
ABBILDUNG 1a: Hegering Geseke, Auswertung des Kriterien-Katalogs,
Noten, Seite 50
http://www5.umweltbundesamt.at/jagd_fragebogen/v0202
/cgi-bin/formular.pl (Zugriffsdatum: 12.09.2015)
ABBILDUNG 1b: Hegering Geseke, Auswertung des Kriterien-Katalogs,
beste bzw. schlechteste Einzelbewertung, Seite 51
http://www5.umweltbundesamt.at/jagd_fragebogen/v0202
/cgi-bin/formular.pl (Zugriffsdatum: 12.09.2015)
ABBILDUNG 2: Hegering Geseke, Bandbreite der möglichen Wertungen,
Seite 52
http://www5.umweltbundesamt.at/jagd_fragebogen/v0202
/cgi-bin/formular.pl (Zugriffsdatum: 12.09.2015)
63
BOKU
11
Anhang: Interaktive Selbstbewertung: Wie nachhaltig ist meine Jagd?
Bei dem als Anhang beigefügten Fragebogen bzw. der „Liste mit Prüf-Kriterien“
handelt es sich um eine Printversion der „Interaktiven Selbstbewertung: Wie
nachhaltig ist meine Jagd?“, die im Internet unter der Adresse: http://www5.
umweltbundesamt.at/jagd_fragebogen/v0202/cgi-bin/formular.pl (Zugriffsdatum:
24.08.2015) aufgerufen werden kann. Grundlage dieser Version: „Nachhaltigkeit der Jagd – Prinzipien, Kriterien und Indikatoren“ von M. Forstner, F. Reimoser, W. Lexer, F. Heckl, J. Hackl, 2006, avBUCH im Österreichischen Agrarverlag (Download: http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthe
men/nachhaltigkeit/Nachhaltige_Jagd.pdf (Zugriffsdatum: 24.08.2015))
Im Internet ist folgendes Impressum hierzu angegeben:
Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich:
Umweltbundesamt GmbH, Spittelauer Lände 5, A-1090 Wien
Projektleitung
DI Josef Hackl, Umweltbundesamt GmbH, 1090 Wien Spittelauer Lände 5
Univ. Prof. Dr. DI Friedrich Reimoser, Forschungsinstitut für Wildtierkunde und
Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, 1160 Wien, Savoyenstraße 1
Autoren
DI Martin Forstner, WWN, Technisches Büro für Wildökologie, Waldwirtschaft
und Naturraum, 3925 Arbesbach, Neustifterstraße 62
Univ.-Prof. DI Dr. Friedrich Reimoser, Forschungsinstitut für Wildtierkunde und
Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, 1160 Wien, Savoyenstraße 1
DI Wolfgang Lexer, Ing. Felix Heckl, DI Josef Hackl, alle Umweltbundesamt,
1090 Wien Spittelauer Lände 5
Besondere Mitwirkung
Dr. Richard Zink, Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, 1160 Wien, Savoyenstraße 1
Fachliche Unterstützung bei der Erarbeitung des NachhaltigkeitsBeurteilungssystems
Förderungsverein für Umweltstudien, Achenkirch, Tirol (FUST)
Fotos
51 Bilder: Christian Deschka (www.mühlviertelnatur.at) 47; Friedrich Reimoser 4.
Programmierung
Werner Ackerl und Erich Koppensteiner (beide Umweltbundesamt)
Herrn Prof. Dr. Friedrich Reimoser bin ich dankbar dafür, dass er mir die Erlaubnis erteilt hat, die Printversion als Anhang in meiner -Abschlussarbeit- zu
verwenden.
Den Fragebogen habe ich am 03.09.2015 mit dem Hegeringleiter des Hegerings Geseke Herrn Johannes Amelunxen ausgefüllt. Bei Herrn Amelunxen
bedanke ich mich sehr für die freundliche und zeitaufwendige Unterstützung.
64
1
BESCHREIBUNG DES JAGDGEBIETES – GRUNDLAGE FÜR
DIE NACHHALTIGKEITSPRÜFUNG
Die Beschreibung der Beurteilungseinheit stellt eine wesentliche Grundlage für die
jagdlichen Nachhaltigkeitsprüfung und deren Interpretation dar. Sie sollte daher so
vollständig und genau wie möglich ausgeführt werden. Die Angaben beziehen sich
auf das jeweils letzte Kalenderjahr.
Datum der Angaben
03.09.2015
1.1
(TMJ)
Name,
geographische
Jagdgebietes
Lage
und
Infrastruktur
Name des Jagdgebietes
Hegering Geseke
Flächengröße des Jagdgebietes
4.200
(ha)
Geographische Lage des Jagdgebietes
Staat :
Deutschland
Bundesland :
Nordrhein-Westfalen
Bezirk :
Regierungsbezirk Arnsberg
Gemeinde :
Geseke
Wildraum, Wildregion :
Bördelandschaft, Niederwild
Erschließung mit befahrbaren Straßen (z. B. Forststraßen)
Gering
Mittel
Hoch
Rotwildfütterung(en) vorhanden
Ja
Nein
x
Wintergatter vorhanden
Ja
Nein
x
x
des
1.2
Besitz- und Rechtsverhältnisse
Grundeigentümer
Vorname :
Nachname (Institution) :
Straße :
PLZ und Ort :
Hegeringsleiter
Vorname :
Johannes
Nachname (Institution) :
Amelunxen
Straße :
Bürener Straße 15a
PLZ und Ort :
59590 Geseke
Ausübung des Jagdrechtes
Eigenjagd Regiejagd):
Jagd verpachtet
Ja
700 ha
x
Abschussnehmer-Revier:
(Ausnahme 100 ha)
Nein
Flächen mit besonderen rechtlichen Bestimmungen
Anteil Siedlungsgebiet:
5 %
Anteil Verkehrsflächen:
10 %
Anteil der Fläche, auf der die Jagd ruht:
3.500 ha
0,5 %
Anteil Naturschutzgebiet:
%
Anteil Landschaftsschutzgebiet:
%
Anteil Natura 2000-Gebiet:
%
Anteil …………………………………..-Gebiet:
%
80 %
1.3
Naturräumliche Situation, biologische Vielfalt, Landnutzung
Seehöhe des Jagdgebietes
von
100
(m)
bis
(m)
Lebensräume
bezogen auf das gesamte Jagdgebiet (Angabe in %); Wildwiesen/-äcker (Angabe in ha)
10 %
Anteil Wald:
- %
Anteil Schutzwald:
Anteil Grünland:
20 %
Anteil Acker:
60 %
Wildwiesen/-äcker:
10 %
Sind stehende Gewässer (Seen, Teiche) im Jagdgebiet vorhanden
Ja
x
Nein
Sind
fließende
Gewässer
(Flüsse,
Bäche)
mit
Uferbegleitvegetation (Röhricht, Stauden, krautige
Jagdgebiet vorhanden?
Ja
x
feuchtegeprägter
Uferstreifen) im
Nein
Sind Aulandschaften im Jagdgebiet vorhanden
Ja
x
Nein
Hauptwildarten
Feldhase, 400 Stück (langjähriges Mittel)
(Abschüsse/Jahr)
Seltene Tierarten
Uhu, Schwarzstorch, Gr. Brachvogel, Wiesenweihe
Lebensraumzerschneidung (durch Straßen, Bahn etc.)
Gering
Mittel
Hoch
Touristische Nutzung
Gering
x
Mittel
Hoch
x
(Benennung)
1.4
Management und Monitoring
Schriftliches jagdliches Bewirtschaftungskonzept vorhanden
x
Ja
Nein
Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt
Unter biologischer Vielfalt wird die Vielfalt der genetischen Differenzierungen
innerhalb einer Art, die Vielfalt der Arten und die Vielfalt der Lebensräume
verstanden.
(Biotopverbesserung  Wildäcker, Magerrasen entlang der Schledde, Landwirte  Greening),
Naturschutzstiftung (= Mitglied), Mengenreserven entlang der Schledde
Anzahl der Jagenden
Gesamt
Berufsjäger
Jagdgäste
Abschussnehmer
Ausgeher
Andere
Liste der regelmäßigen eigenen Aufzeichnungen
- Streckenlisten, Abschusspläne, Scheinwerferzählung, Rebhuhnzählung ("Hähne verhören")
(Art der Aufzeichnungen)
Liste sonstiger genutzter Datengrundlagen
Zum Beispiel über Fauna oder Flora
Datenmarterial der Naturschutzstiftung
1.5
Anmerkungen
Kriterium 1: Aktuelle und potenzielle natürliche Wildartenliste
Erläuterung: Das 'potenzielle natürliche Wildarteninventar' ist die unter den heute herrschenden Lebensraumbedingungen
mögliche, hinsichtlich Naturnähe und Biodiversität optimierte Ausstattung mit autochthonen (gebietsheimischen) Wildarten
einer Region. Seither stattgefundene, von der Jagd nicht beeinflussbare Veränderungen des Wildlebensraumes sind bei der
Abschätzung des heute möglichen Wildartenspektrums zu berücksichtigen. 'Aktuelle Wildarten' sind die zum jetzigen
Zeitpunkt tatsächlich im Wildlebensraum vorhandenen Wildarten. Der Vergleich beider Wildartenlisten ermöglicht es
festzustellen, wie vollständig bzw. unvollständig der aktuelle Wildartenbestand im Vergleich zum möglichen heimischen
Wildartenbestand ist.
Das Vorhandensein einer aktuellen und einer potenziellen natürlichen Wildartenliste bei der jagdwirtschaftlich
verantwortlichen Stelle ist ein Indiz dafür, dass die Vollständigkeit des potenziellen natürlichen Wildarteninventars eine
Richtschnur der Bejagung ist und diese angestrebt bzw. erhalten wird.
Indikation und Wertung:
Eine aktuelle und eine potenzielle natürliche Wildartenliste ist vorhanden
Eine aktuelle und eine potenzielle natürliche Wildartenliste ist nicht vorhanden, ihre Erstellung wird aber von der
Jägerschaft nachweislich angestrebt
Eine aktuelle und eine potenzielle natürliche Wildartenliste ist nicht vorhanden und wird von der Jägerschaft auch nicht
angestrebt
Man sollte wissen, welche Wildarten zum Lebensraum des Revieres gehören.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 1:
Das Vorhandensein einer aktuellen und einer potenziellen natürlichen Wildartenliste bei der jagdwirtschaftlich
verantwortlichen Stelle ist ein Indiz dafür, dass die Vollständigkeit des potenziellen natürlichen Wildarteninventars eine
Richtschnur der Bejagung ist und diese angestrebt bzw. erhalten wird.
Für den Vergleich des vorhandenen Wildarteninventars mit dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar ist die Erstellung
einer regionalen Liste des potenziellen natürlichen Wildarteninventars erforderlich. Unter Berücksichtigung der
anthropogenen Einflüsse auf den Naturraum (durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlungen, Verkehr Straße/Schiene,
Tourismus etc.) kann dazu die noch vorhandene Bewohnbarkeit der mittlerweile veränderten Kulturlandschaft für die vorher
vorhandenen gebietstypischen, heimischen Wildarten abgewogen und so eine potenzielle natürliche Wildartenliste erstellt
werden. Auch eine landeskulturell verbindliche wildökologische Raumplanung (WÖRP) (siehe Kriterium 35) kann
wesentliche Grundlagen für die Erstellung einer potenziellen natürlichen Wildartenliste liefern. Die Erstellung einer
derartigen Liste ist nur für größere, vom Kulturlandschaftsyp relativ einheitliche Landesteile gedacht und sinnvoll.
Der Vergleich der aktuellen mit der potenziellen natürlichen Wildartenliste ermöglicht es, die Vollständigkeit bzw.
Unvollständigkeit des jagdlich erzielbaren, potenziellen natürlichen Arteninventars (entsprechend den Möglichkeiten des
gegebenen wirtschaftlichen und sozio-kulturellen Umfeldes) festzustellen und - unter anderem - den jagdlichen Einfluss auf
die Artenausstattung zu bewerten.
Kriterium 2: Umgang mit wiederkehrenden Arten (entsprechend dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar)
Erläuterung: Durch die Förderung, Duldung oder Nicht-Duldung von zeitweilig verschwundenen, aber nun wieder
auftretenden Arten des potenziellen natürlichen Wildarteninventars kann die Jagd die Artenvielfalt des Wildes beeinflussen.
Vorrangige Bedeutung besitzen dabei sensible Arten, wie beispielsweise Auerhuhn, Birkhuhn, Rebhuhn, Luchs und Bär,
welche als Weiserarten Rückschlüsse auf die Qualität des Wildlebensraumes zulassen. Die jagdliche Förderung einer
wiederkehrenden potenziellen natürlichen Wildart soll zum Ziel haben, langfristig lebensfähige und landeskulturell
verträgliche Populationen dieser Art zu ermöglichen, ohne dabei andere heimische Arten zu gefährden.
Indikation und Wertung:
Alle wiederkehrenden Wildarten, die dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar entsprechen, werden gefördert,
um lebensfähige Populationen zu ermöglichen
Alle wiederkehrenden Wildarten, die dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar entsprechen, werden geduldet,
sensible Arten gefördert, um lebensfähige Populationen zu ermöglichen
Alle wiederkehrenden Wildarten, die dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar entsprechen, werden geduldet
Wiederkehrende Wildarten, die dem potenziellen natürlichen Wildarteninventar entsprechen, werden nicht geduldet
Bewertung nicht möglich (keine Wildartenliste gemäß Kriterium 1)
Wie steht’s mit großen Beutegreifern als Wiederkehrer?
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 2:
Das Vorhandensein bestimmter Wildarten im Wildlebensraum lässt Rückschlüsse auf die menschlichen Einflüsse im
Wildlebensraum, unter anderen auch der Jagd, zu. Vorrangig sind hier sensible Wildarten wie beispielsweise Auerhuhn,
Birkhuhn, Rebhuhn, Luchs, Bär sowie bestimmte Greifvögel und Eulen zu nennen, die als Bioindikatoren für die
wildökologische Lebensraumqualität und deren jagdliche Beeinflussung gut geeignet sind. Dabei ist nicht nur eine
Nichtbeeinträchtigung dieser Arten durch die Jagd zu prüfen, sondern auch, ob Prädatoren, die mangels natürlicher Feinde
bzw. durch Seuchenbekämpfung (z.B. Fuchs durch Tollwutimpfung) unnatürlich hohe Bestände aufbauen, effizient im Sinne
einer Förderung der Weiserarten (u.a. Rote-Liste -Arten) bejagt werden. Nicht außer Acht zu lassen ist dabei, dass 'Nutzen"
im Sinne der Optimierung des potenziellen Wildarteninventars auch dadurch entstehen kann, dass bestimmte heimische
Wildarten andere unerwünschte Arten verdrängen. Als Beispiel ist hier die mancherorts erfolgte Ausrottung der (nicht
autochthonen) Bisamratte durch den Fischotter bei seiner Wiederausbreitung zu nennen.
Die jagdliche Förderung einer potenziellen natürlichen Wildart soll zum Ziel haben, langfristig lebensfähige und
landeskulturell verträgliche Populationen der betreffenden Art zu ermöglichen, ohne dabei andere heimische Arten in ihrer
Überlebensfähigkeit und langfristigen nachhaltigen jagdlichen Nutzbarkeit zu gefährden. Ausschlaggebend ist nicht nur das
Vorhandensein einer Art, sondern auch die Ausgewogenheit der Häufigkeit der Arten zueinander. Diese soll an ihrer
Individuenzahl (Populationsgröße und -dichte) und am Zeithorizont ihrer Anwesenheit gemessen werden. So kann auch für
jede Art (unterschieden nach Standwild, Durchzüglern und saisonal vertretenen Wildarten) ein charakteristischer Zeithorizont
der Anwesenheit als Richtwert angegeben und eine Liste sensibler Weiserarten und deren potenzieller Lebensraumgrößen
spezifisch für den jeweiligen Wildlebensraum erstellt werden.
Kriterium 3: Umgang mit Wildarten, die nicht im potenziellen natürlichen Wildarteninventar enthalten sind
Erläuterung: Nicht heimische Arten verdrängen häufig heimische Arten und haben dann gleichzeitig oft einen nachhaltigen,
im Vorhinein nur schwer abschätzbaren Einfluss auf den Wildlebensraum. Ihre jagdliche Duldung oder gezielte Förderung ist
daher nicht im Sinne des angestrebten, möglichst vollständigen potenziellen natürlichen Arteninventars von Flora und Fauna.
Gemäß einer wissenschaftlichen Übereinkunft gilt eine Art dann als 'nicht heimisch', wenn sie nach dem Jahr 1492
(Entdeckung des amerikanischen Kontinents und Beginn der verstärkten Einbürgerung oder Einschleppung fremdländischer
Arten) absichtlich oder unabsichtlich in heimische Lebensräume eingebracht wurde. Einzelne Arten wie der Fasan, die
gebietsweise bereits vorher als Jagdwild eingebürgert wurden, können in jenen Wildlebensräumen als 'heimisch'gelten, wo
selbsterhaltende Populationen bestehen.
Indikation und Wertung:
Es sind ausschließlich Arten des potenziellen natürlichen Wildarteninventars vertreten
(Eine) im pozentiellen natürlichen Wildarteninventar nicht enthaltene Wildart(en) ist (sind) trotz jagdlicher
Gegenmaßnahmen vertreten
(Eine) im potenziellen natürlichen Wildarteninventar nicht enthaltene Wildart(en) ist (sind) vorhanden und wird
(werden) jagdlich geduldet, jedoch nicht gezielt gefördert
(Eine) im potenziellen natürlichen Wildarteninventar nicht enthaltene Wildart(en) ist (sind) vorhanden und wird
(werden) jagdlich gezielt gefördert
Bewertung nicht möglich (keine Wildartenliste gemäß Kriterium 1)
Was tun mit Arten, die nicht zum natürlichen Wildarteninventar zählen?
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 3:
Durch unterschiedliche Ursachen können nicht autochthone (nicht einheimische, gebietsfremde, faunenfremde) Arten in
Lebensräume gelangen: gezielte Einbürgerung, unabsichtliche Einschleppung, (direkt oder indirekt menschlich begünstigte)
Einwanderung, Flucht aus Gehegen oder Pelztierfarmen etc.. Da Artenzusammensetzungen sich - durch natürliche und
menschliche Ursachen - schon immer verändert haben, ist die Festlegung einer zeitlichen Grenze erforderlich, ab dem eine
neu auftretende Art als 'nicht einheimisch' bezeichnet werden kann. Eine vom Umweltbundesamt veröffentlichte Studie über
'Neobiota in Österreich' ( (ESSL & RABITSCH, 2002) gibt hierzu den derzeitigen wissenschaftlichen Diskussionsstand
wieder: Als 'nicht einheimisch' werden jene Arten definiert, die erst nach dem Jahr 1492 unter direkter oder indirekter
Mithilfe des Menschen nach Österreich gelangt sind. Das Jahr 1492 markiert die Entdeckung des amerikanischen Kontinents
und steht für die seither verstärkten Fernhandelsbeziehungen, wodurch die Anzahl absichtlich oder auch einigermaßen
verlässliche Dokumentationen der Faunenveränderung. Da die Natur selbst keine Schwellenwerte kennt, ist eine solche
Grenzziehung natürlich stets eine Frage der wissenschaftlichen Übereinkunft.
Nicht autochthone Arten verdrängen häufig autochthone Arten und haben dann gleichzeitig oft einen nachhaltigen, im
Vorhinein nur schwer abschätzbaren Einfluss auf den Wildlebensraum. Ihre jagdliche Duldung oder gezielte Förderung ist
daher nicht im Sinne des angestrebten, möglichst vollständigen potenziellen natürlichen Arteninventars von Flora und Fauna.
Dokumentiert wird der Umgang mit nicht autochthonen Wildarten beispielsweise durch Trophäen (Balg/Waschbär,
Schnecken/Mufflon etc.) oder auch Hegemaßnahmen (z.B. Fütterung von Muffelwild).
Einige Wildarten wurden - mehr oder weniger vereinzelt - bereits vor dem oben definierten Zeitraum als Jagdwild
eingebracht. So wurde der Fasan (Phasianus colchicus) in Südeuropa bereits in römischer Zeit, in Mittel- und Westeuropa
etwa ab 1000 n.Ch. gebietsweise als Jagdwild eingebürgert (DVORAK et al., 1993) und hat seitdem zum Teil selbst
erhaltende Brutpopulationen in Österreich. Nach obiger Definition in ESSL & RABITSCH (2002) kann diese Art in jenen
Wildlebensräumen Österreichs, wo ihre Populationen von selbst überlebensfähig sind, somit bereits als 'heimisch' gelten.
Eine Ergänzung oder Aufstockung der Fasan-Bestände aus jagdlichen Gründen in der Gegenwart bzw. deren Zucht und
Ausbringung für den mehr oder minder unmittelbaren Abschuss in Jagdgebieten wären nach Prinzip 'Die Jagd orientiert sich
an der Bejagung von in der freien Wildbahn selbst reproduzierenden Wildtieren' zu bewerten (Kriterien 48 und 49) Dies gilt
auch für allfällige weitere Wildarten mit ähnlichem Status. Der Umgang mit nicht autochthonen Wildarten wird im
Jagdkonzept festgelegt und durch schriftliches Festhalten der durchgeführten Maßnahmen dokumentiert.
Kriterium 4: Bedachtnahme auf die Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere
Erläuterung: Die Jagd wird - v.a. vom Jäger selbst - nur selten als Störfaktor in Betracht gezogen. Hoher Jagddruck hat
jedoch oft starken Einfluss auf das Verhalten der Wildtiere (z.B. Äsung) und damit indirekt auf deren Lebensraum (z.B.
durch erhöhte Verbissbelastung) .
Indikation und Wertung:
Die Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere wird auf über 90% der Fläche durch geringst möglichen
Jagddruck gefördert (z.B. Intervallbejagung, kurze Bejagungszeit)
Die Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere ist bedingt durch geringen Jagddruck überwiegend (>50% der
Fläche) gewährleistet
Die Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere ist jagddruckbedingt nur auf Teilflächen (<50% der Fläche)
gewährleistet
Die Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere ist bedingt durch extremen Jagddruck großteils (>75% der Fläche)
nicht gewährleistet
Bedachtnahme auf das Ruhebedürfnis des Wildes.
Ausführliche Erläuterungen zu Kriterium 4:
Die Jagd wird - v.a. vom Jäger selbst - nur selten als Störfaktor in Betracht gezogen. Der Jagddruck hat jedoch oft starken
Einfluss auf das Verhalten der Wildtiere und damit indirekt auf deren Lebensraum. Neben anderen Faktoren führt z.B. beim
Schalenwild auch hoher Jagddruck zu einer verminderten Nutzbarkeit der offenen (und meist besten) Äsungsflächen, woraus
eine verstärkte Verbissbelastung der Deckung bietenden Waldvegetation resultiert. Die gezielte jagdliche Förderung der
Ungestörtheit des Lebensrhythmus der Wildtiere wird im Jagdkonzept entsprechend dokumentiert. In Niederwild gebieten
(Hase, Fasan etc.) könnte die Bedachtnahme z.B. durch eine Beschränkung auf nur wenige Jagdtage pro Jagdjahr erfolgen.
Kriterium 5: Berücksichtigung der Reproduktionsbiologie sensibler Wildarten
Erläuterung: Der falsche Zeitpunkt der Bejagung einer Wildart oder bestimmter Individuen einer Art (Beispiel Auerwild:
Bejagung des Alpha-Hahnes vor dem Tretzeitpunkt der Hennen) kann enormen Einfluss auf die Fortpflanzung einer Wildart
haben. Berücksichtigt die Jagdausübung heikle Faktoren der Reproduktionsbiologie bestimmter sensibler, bejagter und nicht
bejagter Wildarten durch jagdliche Rücksichtnahme, so ist dies als nachhaltiger Ansatz der Jagdausübung zu werten. Die
Brunftzeit von Reh-, Rot- und Gamswild ist jedoch damit nicht gemeint, sehr wohl aber deren Jungenaufzuchtzeit.
Indikation und Wertung:
Die kritischen Faktoren der Reproduktionsbiologie sensibler Wildarten werden bei der Bejagung durch eine räumliche
und/oder zeitliche Planung berücksichtigt
Die kritischen Faktoren der Reproduktionsbiologie sensibler Wildarten werden bei der Bejagung durch eine räumliche
und/oder zeitliche Planung teilweise berücksichtigt
Die kritischen Faktoren der Reproduktionsbiologie sensibler Wildarten werden bei der Bejagung nicht berücksichtigt
Reproduktionsbiologie nicht negativ beeinflussen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 5:
Der falsche Zeitpunkt der Bejagung der einzelnen Wildart oder bestimmter Individuen einer Art (Beispiel Auerwild:
Bejagung des Alpha-Hahnes vor dem Tretzeitpunkt der Hennen) kann enormen Einfluss auf die Reproduktion einer Wildart
haben. Berücksichtigt die Jagdausübung heikle Faktoren der Reproduktionsbiologie bestimmter sensibler Wildarten durch
jagdliche Rücksichtnahme, so ist dies als nachhaltiger Ansatz der Jagdausübung zu werten. Die Betonung liegt dabei auf
sensiblen Wildarten, die im Wildarteninventar oder auf einer separaten Liste ersichtlich sind. Die Brunftzeit von Reh-, Rotund Gamswild ist jedoch damit nicht gemeint, sehr wohl aber deren Jungenaufzuchtzeit. Es ist auch darauf zu achten, dass
bei der Bejagung einer Art nicht die Reproduktionsphasen anderer Wildarten maßgeblich beeinträchtigt werden. Die gezielte
jagdliche Berücksichtigung der sensiblen Faktoren der Reproduktionsbiologie der Wildarten wird im Jagdkonzept
entsprechend dokumentiert.
Kriterium 6: Existenz revierübergreifender Bejagungsrichtlinien
Erläuterung: Wildtiere kennen keine Reviergrenzen. Die Bejagung der Wildtiere muss sich daher an ihrer
Lebensraumnutzung und nicht an den vom Menschen gezogenen Reviergrenzen orientieren. Revierübergreifende
Bejagungsrichtlinien können durch die Bildung von Hegegemeinschaften oder formlose Absprachen gefördert werden.
Indikation und Wertung:
Es existieren schriftliche revierübergreifende Bejagungsrichtlinien für die weiträumig agierenden Wildarten, und diese
werden nachweislich eingehalten (Bestätigung durch alle beteiligten Reviere)
Es existieren revierübergreifende Bejagungsrichtlinien für großräumig agierende Wildarten (z.B. Zugvogelarten,
Rotwild, Schwarzwild etc.)
Es existieren keine revierübergreifenden Bejagungsrichtlinien, obwohl der Jagdinhaber sich dafür einsetzt
Es existieren keine revierübergreifenden Bejagungsrichtlinien, und der Jagdinhaber setzt sich auch nicht dafür ein
Es existieren keine revierübergreifenden Bejagungsrichtlinien, der Jagdinhaber verhindert eine revierübergreifende
Bejagungsstrategie
Revierübergreifend denken.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 6:
Wildtiere kennen keine Reviergrenzen. Die Bejagung der Wildtiere muss sich daher an ihrer Lebensraumnutzung und nicht
an den vom Menschen gezogenen Reviergrenzen orientieren. Durch revierübergreifende Bejagungsrichtlinien kann der
Lebensraumnutzung der Wildtiere jagdlich am Besten entsprochen werden. Dies gilt v.a. für großräumig agierende Wildarten
wie z.B. Rotwild, Schwarzwild, Zugvogelarten. Je kleiner die Reviere sind, umso erstrebenswerter sind revierübergreifende
Bejagungsrichtlinien für alle bejagten Wildarten. Dies kann durch die Bildung von Hegegemeinschaften gefördert werden,
kann jedoch bei gutnachbarschaftlichen Beziehungen auch völlig formlos durch eine entsprechende Absprache funktionieren.
Beide Formen einer revierübergreifenden Bejagungsstrategie sollten schriftlich dokumentiert werden.
Kriterium 7: Existenz einer Strategie zur Abstimmung der Bejagung mit anderen Landnutzungen
Erläuterung: Andere Landnutzungen, wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Straßenbau, Siedlungswesen, Naturschutz
etc., haben prägenden Einfluss auf die Wildlebensräume und sollten daher in eine Strategie der Jagdausübung einbezogen
werden. Dies erfordert die gegenseitige Absprache von Jägern und Vertretern anderer Nutzungsformen. Die
Abstimmungsstrategie wird im Jagdkonzept dokumentiert.
Indikation und Wertung:
Eine Strategie zur Abstimmung der Bejagung mit den anderen Landnutzungen existiert im Jagdkonzept
Eine Strategie zur Abstimmung der Bejagung mit den anderen Landnutzungen existiert nicht im Jagdkonzept
Abstimmung mit anderen Landnutzern.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 7:
Anthropogene Einflussgrößen wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Straßenbau, Siedlungswesen, Naturschutz etc.
haben prägenden Einfluss auf die Wildlebensräume. In einer Studie über Kriterien und Indikatoren einer nachhaltigen Jagd
können jedoch nicht die Auswirkungen dieser anthropogenen Einflussgrößen selbst verifiziert werden, sondern es kann nur
darauf geachtet werden, inwiefern die Jagdausübung in ihrer Strategie die anthropogenen Einflussgrößen im bejagten
Wildlebensraum berücksichtigt. Dabei ist auch die Kommunikation und gegenseitige Absprache der Jäger mit
Repräsentanten 'anderer anthropogener Einflussgrößen' zu bewerten. Dokumentiert wird die Abstimmung der Bejagung mit
den anderen Landnutzungen durch die Existenz einer entsprechenden Strategie im Jagdkonzept. Die gesetzliche Ausweisung
von Habitatschutzgebieten, Ruhezonen und Ähnlichem kann dabei von Vorteil sein.
Kriterium 8: Berücksichtigung von saisonalen Flaschenhalssituationen
Erläuterung: Als jahreszeitliche Flaschenhalssituationen für Wildtiere werden zeitlich begrenzte Engpässe (meistens bei der
Nahrungsversorgung) bezeichnet. Sie können menschlich (z.B. Nahrungsengpass durch vollständiges Abernten der
landwirtschaftlichen Flächen im Herbst) oder natürlich bedingt sein (z.B. geringes winterliches Nahrungsangebot in
Hochlagen). Zu bewerten ist nicht die Flaschenhalssituation selbst, sondern deren Berücksichtigung durch die Jagdausübung,
v.a. durch Anpassung von Zeit, Ort und Intensität der Bejagung.
Indikation und Wertung:
Nachweisliche jagdliche Berücksichtigung anthropogener oder natürlicher Flaschenhalssituationen durch eine
räumliche und/oder zeitliche Bejagungsstrategie für die bejagten Wildarten
Keine jagdliche Berücksichtigung anthropogener oder natürlicher Flaschenhalssituationen
Die Bejagung verschärft anthropogene oder natürliche Flaschenhalssituationen
Jahreszeitliche Engpässe für Wild beachten.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 8:
Als Flaschenhalssituationen für Wildtiere werden zeitlich begrenzte Engpässe (meistens bei der Nahrungsversorgung)
bezeichnet. Sie können anthropogen bedingt sein (z.B. Nahrungsengpass durch vollständiges Abernten der
landwirtschaftlichen Flächen im Herbst oder in Phasen intensiver Freizeitaktivitäten) oder natürlich bedingt sein (z.B.
geringes winterliches Nahrungsangebot in Hochlagen). Auch hier ist nicht die Flaschenhalssituation selbst, sondern deren
Berücksichtigung durch die Jagdausübung (Abschussanpassung, Biotopgestaltungsmaßnahmen) zu werten. Ausgenommen
von der Berücksichtigung solcher Engpass-Situationen sind Flächen mit Schwerpunktbejagung von schadenverursachenden
Wildarten im landeskulturellen bzw. öffentlichen Interesse.
Beispiele:
•
•
Vorwegnahme der hohen herbstlichen/winterlichen Mortalität beim Feldhasen in abgeernteten, nahrungs- und
deckungslosen Agrarlandschaften durch frühe Bejagung im Herbst, durch die der verbleibende Hasenbestand bei
besserer Kondition bleibt.
Jahreszeitlich rechtzeitige Anpassung der Schalenwild bestände an die geringe winterliche Biotoptragfähigkeit v.a.
des Waldes in gemischten Wald-Feldrevieren. Werden diese revierweise unterschiedlichen, alljährlich
wiederkehrenden Kapazitätsunterschiede durch eine rechtzeitige Bejagung vor der Kapazitätsabnahme abgepuffert,
so können auch nachhaltige Schäden an der Dauervegetation (Wald, Kleingehölze, Raine etc.) vermieden werden,
und der verbleibende Wildbestand kann mit guter Kondition die Phase der Nahrungsknappheit überdauern.
Die jagdliche Berücksichtigung anthropogener oder natürlicher Flaschenhalssituationen sollte durch eine entsprechende
räumliche und/oder zeitliche Bejagungsstrategie im Jagdkonzept Eingang finden. (Die Auswirkungen dieser
Bejagungsstrategie können später anhand der winterlichen Kondition des verbleibenden Wildbestandes und des
Vegetationszustandes nachvollzogen werden, ihre Durchführung ist zeitlich in den Abschusslisten kontrollierbar).
Kriterium 9: Existenz eines Abschussplans und einer Abschussliste
Erläuterung: Das Vorhandensein eines Abschussplanes und einer Abschussliste (als Teile eines Jagdkonzeptes) zeigt, dass
jagdliche Eingriffe in Wildbestände geplant und (zur Orientierung der zukünftigen Planung) auch dokumentiert werden, u.a.
um Überbejagung einzelner Wildarten zu verhindern.
Indikation und Wertung:
Alle behördlich vorgeschriebenen Abschusspläne und Abschusslisten existieren, darüber hinaus auch noch
entsprechende Konzepte für alle anderen bejagten Wildarten
Alle behördlich vorgeschriebenen Abschusspläne und Abschusslisten existieren, darüber hinaus auch noch
entsprechende Konzepte für ein(ig)e andere Wildart(en)
Alle behördlich vorgeschriebenen Abschusspläne und Abschusslisten existieren
Behördlich vorgeschriebene Abschusspläne und/oder Abschusslisten sind mangelhaft
Abschussplan und Abschussliste als Teil des Jagdkonzeptes.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 9:
Die Existenz eines Abschussplanes und einer Abschussliste (als Teile eines Jagdkonzeptes) dokumentiert, dass jagdliche
Eingriffe in Wildbestände geplant und (zur Orientierung der zukünftigen Planung) auch dokumentiert werden. Da
Abschusspläne normalerweise (in den meisten österreichischen Bundesländern) einer behördlichen Bewilligungspflicht
unterliegen, ist davon auszugehen, dass auch behördlicherseits darauf geachtet wird, dass keine Wildart überbejagt wird und
eine Abstimmung der Bejagung mit anderen Landnutzungsinteressen erfolgt. Ein Jagdkonzept samt einer Abschussliste ist
jedoch nicht nur bei Wildarten, wo Abschussplan und Abschussliste behördlich vorgeschrieben sind, vorteilhaft, sondern
auch bei anderen, insbesondere bei sensiblen Wildarten (vergleiche Kriterium 2 und Kriterium 5).
Kriterium 10: Gliederung von Abschussplan und Abschussliste
Erläuterung: Gliederung der Abschusspläne nach Geschlecht und Altersklasse sowie der Abschusslisten nach Datum
gleichfalls Geschlecht und Altersklasse sowie gegebenenfalls nach dem Erlegungsort.
Indikation und Wertung:
Eine Gliederung der Abschusspläne und Abschusslisten nach Geschlecht und Altersklasse, bei den Abschusslisten
zusätzlich nach Datum, existiert für alle bejagten Wildarten
Eine Gliederung der Abschusspläne und Abschusslisten nach Geschlecht und Altersklasse, bei den Abschusslisten
zusätzlich nach Datum, existiert für alle Wildarten mit behördlich vorgeschriebenen Abschussplänen und
Abschusslisten und darüber hinaus auch noch für ein(ig)e andere Wildart(en)
Eine Gliederung der Abschusspläne und Abschusslisten nach Geschlecht und Altersklasse, bei den Abschusslisten
zusätzlich nach Datum, existiert für alle Wildarten mit behördlich vorgeschriebenen Abschussplänen und
Abschusslisten
Für Wildarten mit behördlich vorgeschriebenen Abschussplänen und Abschusslisten existiert keine oder nur eine
mangelhafte Gliederung der Abschusspläne und Abschusslisten nach Geschlecht und Altersklasse, auch die Gliederung
der Abschusslisten nach Datum ist mangelhaft
Sorgfältiger Abschussplanung und vollständige Abschussliste.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 10:
Eine Gliederung der Abschusspläne nach Geschlecht und Altersklasse sowie der Abschusslisten nach Datum, gleichfalls
Geschlecht und Altersklasse sowie gegebenenfalls nach dem Erlegungsort (bzw. bei Bewegungsjagden nach dem Gebiet), ist
für den Vergleich des angestrebten mit dem dann tatsächlich getätigten Abschuss sowie für dessen zeitliche und
gegebenenfalls räumliche Zuordnung gerade im Hinblick auf andere Landnutzungen besonders wichtig.
Kriterium 11: Erfüllung der Abschusspläne bei Wildarten mit Reduktionsbedarf
Erläuterung: Bewertet wird die Abweichung der im Abschussplan für die betreffenden Wildarten vorgegebenen Soll-Werte
bzw. Mindest- oder Maximalwerte von den tatsächlich getätigten Abschüssen. Wenn keine Mindest- oder Maximalabschüsse
vorgegeben werden, kann eine geringfügige Abweichung toleriert werden. Dieses Kriterium bezieht sich auf Wildarten mit
Reduktionsbedarf (z.B. Schalenwild, Wildgänse, Kormorane). Bezugszeitraum ist die jeweilige Planungsperiode der
Abschussplanung.
Indikation und Wertung:
Die vorgeschriebenen Abschusspläne wurden im Bezugszeitraum für alle betreffenden Wildarten erfüllt
Die vorgeschriebenen Abschusspläne wurden im Bezugszeitraum für über 50% der betreffenden Wildarten erfüllt
Die vorgeschriebenen Abschusspläne wurden im Bezugszeitraum für weniger als 50% der betreffenden Wildarten
erfüllt
Die vorgeschriebenen Abschusspläne wurden im Bezugszeitraum für keine der betreffenden Wildarten erfüllt
Erfüllung der Abschusspläne
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 11:
Die Abschussplanung ist potenziell eines der effektivsten Steuerungsinstrumente der Wildbewirtschaftung. Bei sachgerechter
Handhabung bietet die Abschussplanerstellung die Möglichkeit, durch die Erhöhung oder Absenkung von Abschussziffern
flexibel auf Wildstandsveränderungen sowie auf die Ergebnisse forstlicher Beobachtungssysteme (siehe Kriterium 13) zu
reagieren. Abschusspläne stellen gleichsam das jagdliche Bindeglied dar, das die Koppelung zwischen dem
Vegetationszustand, der Wildstandsregulierung und Naturschutzaspekten ermöglicht. Sie dienen gleichermaßen der
Erhaltung von nachhaltig jagdlich nutzbaren Wildbeständen wie der Vermeidung von landeskulturell untragbaren
Wildeinflüssen (siehe Kriterium 15). Damit Abschusspläne in der Praxis auch tatsächlich eine Steuerungsfunktion in diesem
Sinne ausüben können, ist die verbindliche Festsetzung realitätsbezogener, erfüllbarer Abschusspläne wesentlich. Die
Vorgabe von Mindestabschüssen oder Maximalabschüssen je nach Wildart und Sozialklasse kommt dieser Praxisanforderung
sehr entgegen.
Bewertet wird die Abweichung der im Abschussplan für die betreffenden Wildarten vorgegebenen Soll-Werte bzw. Mindestoder Maximalwerte von den tatsächlich getätigten Abschüssen. Wenn keine Mindest- oder Maximalabschüsse vorgegeben
werden, kann eine geringfügige Abweichung toleriert werden. Dieses Kriterium bezieht sich auf Wildarten mit
Reduktionsbedarf (z.B. Schalenwild, Wildgänse, Kormorane). Bezugszeitraum ist die jeweilige Planungsperiode der
Abschussplanung.
Kriterium 12: Existenz von Kontrollzäunen zur Überwachung des Verbisses
Erläuterung: Die Errichtung von Verbisskontrollzäunen (eingezäunten Verbisskontrollflächen) ist eine bewährte
Möglichkeit zur Berücksichtigung des Wildeinflusses auf die Vegetation bei der Bejagung. Verbisskontrollzäune bieten die
Möglichkeit, eine kleine, gezäunte und daher völlig verbissfreie Vegetationsfläche mit den umliegenden ungezäunten
Vegetationsflächen zu vergleichen und so bei richtiger Standortwahl den Einfluss des aktuellen Verbisses auf die
Vegetationszusammensetzung (Verjüngung des Waldes, Dauervegetation im landwirtschaftlichen Bereich, wie z.B.
Feldraine) festzustellen.
Indikation und Wertung:
Kontrollzäune zur Überwachung des Verbisses an der Vegetation sind in einer Zaundichte von mehr als einem Zaun
pro 100 Hektar Waldfläche vorhanden
Kontrollzäune zur Überwachung des Verbisses an der Vegetation sind in einer Zaundichte von mehr als 0,5 Zäunen pro
100 Hektar (entspricht mehr als einem Zaun pro 200 Hektar) Waldfläche vorhanden
Kontrollzäune zur Überwachung des Verbisses an der Vegetation sind in einer Zaundichte von bis zu 0,5 Zäunen pro
100 Hektar (entspricht bis zu einem Zaun pro 200 Hektar) Waldfläche vorhanden
Kontrollzäune zur Überwachung des Verbisses an der Vegetation sind nicht vorhanden
Bewertung nicht möglich, weil:
Verbiss-Kontrollzäune machen Wildeinfluss auf die Waldvegetation sichtbar.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 12:
Eine bewährte Möglichkeit zur Berücksichtigung des Wildeinflusses auf die Vegetation bei der Bejagung ist die Errichtung
von Verbisskontrollzäunen (eingezäunten Verbisskontrollflächen). Diese bieten die Möglichkeit, eine kleine, gezäunte und
daher völlig verbissfreie Vegetationsfläche mit den umliegenden ungezäunten Vegetationsflächen zu vergleichen. Bei
richtiger Standortwahl besteht so die Möglichkeit, den Einfluss des aktuellen Verbisses auf die Vegetationszusammensetzung
(Verjüngung des Waldes, Dauervegetation im landwirtschaftlichen Bereich, wie z.B. Feldraine) festzustellen. Wichtig ist
dabei festzuhalten, dass die völlig ohne Wildeinfluss entstandene Vegetation innerhalb des Zauns nicht als natürlicher
Zustand betrachtet wird, sondern lediglich als Vergleichsfläche zur Feststellung des Wildeinflusses dient. Ob dieser Einfluss
die Vegetationsvielfalt erhöht oder vermindert oder keines von beidem bedeutet, kann objektiv überprüft werden.
Durch österreichweite Walderhebungen und Biotopkartierungen im landwirtschaftlichen Bereich existieren für viele Gebiete
Österreichs gute Unterlagen über die aktuelle Vegetation und - zumindest für die Waldvegetation - auch für die potenzielle
natürliche Vegetation, wodurch auch ein Vergleich des Ist-Zustandes mit einem Soll-Zustand möglich ist.
Das Vorhandensein bestimmter Weiserpflanzen in der Bodenvegetation kann den Biotopzustand gut charakterisieren. Ein
Hinweis auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Wildstand (insbesondere Schalenwild und Hase) und Nahrungsangebot
ist dabei das Vorhandensein seltener, gern verbissener Pflanzen, wohingegen deren Fehlen bei gleichzeitigem dominanten
Auftreten bestimmter verbissharter (weil stacheliger/dorniger/bitterer/giftiger) Pflanzen überhöhte Wildstände charakterisiert.
Eine Liste entsprechender Weiserpflanzen kann spezifisch für den jeweiligen Wildlebensraum erstellt werden. Eine
entsprechende Orientierung der Bejagungsstrategie an den potenziellen natürlichen Pflanzengesellschaften sollte im
Bejagungskonzept Eingang finden.
Kriterium 13: Berücksichtigung der Ergebnisse objektiver forstlicher Beobachtungssysteme
Erläuterung: Forstliche Beobachtungssysteme, wie Trakte (Kontrollstreifen), Stichproben, Kontrollzäune,
Flächenbegutachtung oder bestandesweise Feststellung (Vollerhebungen), sind eine wichtige Orientierungshilfe für den
Jäger, um den Einfluss des Schalenwildes auf die Vegetation im Äserbereich festzustellen.
Indikation und Wertung:
Bestehende Forstliche Beobachtungssysteme werden zur Planung und Optimierung der Bejagung herangezogen.
Bestehende Forstliche Beobachtungssysteme werden nicht zur Planung und Optimierung der Bejagung herangezogen.
Bewertung nicht möglich, weil:
Forstliches Wildeinflussmonitoring beachten.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 13:
Forstliche Beobachtungssysteme wie Trakte (Kontrollstreifen), Stichproben, Kontrollzäune, Flächenbegutachtung,
bestandesweise Feststellung (Vollerhebungen) sind - unabhängig davon, ob sie behördlicherseits oder seitens eines
Forstbetriebes durchgeführt werden - eine wichtige Orientierungshilfe für den Jäger, um den Einfluss des Schalenwildes auf
die Vegetation im Äserbereich festzustellen. Indirekt können durch diese Beobachtungssysteme auch die Einflüsse der Jagd
auf das Schalenwild und die Vegetation verifiziert und wichtige Rückschlüsse zur Optimierung der Bejagung gezogen
werden.
Bestehende forstliche Beobachtungssysteme sollten daher stets Eingang in die jagdliche Planung finden. Dies kann auch
sinnvoll sein, wenn diese nicht im eigenen Jagdgebiet, sondern in benachbarten Jagdgebieten bestehen.
Kriterium 14: Berücksichtigung der Schutzfunktion des Waldes
Erläuterung: Die Schutzwirkung des Waldes, die maßgeblich auf dessen Selbsterhaltungskraft beruht, darf durch
beispielsweise (lokal) zu hohe Wildbestände jagdlich nicht beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere für die
Objektschutzwirkung.
Indikation und Wertung:
Zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion der Waldlebensräume durch Wildschäden existiert eine
Bejagungsstrategie
Zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion der Waldlebensräume durch Wildschäden existiert keine
Bejagungsstrategie
Bewertung nicht möglich, weil:
Feldjagd
Schutzfunktion des Waldes besonders berücksichtigen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 14:
Im ökologischen Bereich ist unter den Wirkungen des Waldes (Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung) die
Schutzwirkung des Waldes jagdlich zu berücksichtigen, insbesondere die Schutzwirkung für menschliche Objekte.
Objektschutzwälder sind nach dem österreichischen Forstgesetz 1975 i.d.F. 2002 (BGBl.Nr.I59/2002) schützende Wälder,
die Menschen, menschliche Siedlungen oder Anlagen oder kultivierten Boden insbesondere vor Elementargefahren oder
schädigenden Umwelteinflüssen schützen und deren Erhaltung eine besondere Behandlung erfordert (§27leg.cit). Dies
erfordert in jagdlicher Hinsicht, dass die Selbsterhaltungskraft und Selbstverjüngungsfähigkeit von Wäldern mit
Objektschutzwirkung jagdlich nicht beeinträchtigt werden darf. Beeinträchtigend für die Schutzwirkung des Waldes sind
beispielsweise (lokal) zu hohe Wildbestände, die zu einer ökologisch schädlichen Veränderung des Vegetationsgefüges
(Arteninventar, Struktur, Textur) führen. Um Wälder mit vorwiegender Objektschutzfunktion zu identifizieren, können z.B.
in Österreich als Grundlagen der Waldentwicklungsplan (Funktionsflächen mit der Schutzfunktion als Leitfunktion), die
'schutzfunktionalen Flächen' der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie die Landesschutzwaldkonzepte herangezogen
werden. Zur Unterstützung kann die zuständige Forstbehörde beigezogen werden. Die Berücksichtigung der
Objektschutzfunktion des Waldes sollte im Jagdkonzept Eingang finden.
Dieses Kriterium ist grundsätzlich auch anwendbar, wenn das eigene Jagdgebiet über keine Objektschutzwälder verfügt,
diese aber in benachbarten Jagdgebieten der Region vorhanden sind.
Kriterium 15: Verhinderung landeskulturell untragbarer Wildeinflüsse
Erläuterung: Unter landeskulturell untragbaren Wildeinflüssen ist hier ein primär im ökologischen Sinne nicht tolerierbarer
(schädigender) Einfluss des Wildes auf die Waldvegetation zu verstehen. Der Einfluss des Wildes auf die Vegetation umfasst
die Nahrungsaufnahme (Äsen, Verbiss, Schäle) sowie Fegen und Schlagen. Landeskulturell untragbare Wildeinflüsse liegen
insbesondere dann vor, wenn die wichtigen Funktionen und Wirkungen des Waldes, an denen öffentliches Interesse besteht
und die über die forstbetriebliche Holzproduktion hinausgehen (Schutz, Wohlfahrt, Erholung, biologische Vielfalt), gefährdet
sind. Die objektive Feststellung von Wildschäden (mittels Wildeinflussmonitoring, gemeldeter Wildschäden etc.) erfolgt
grundsätzlich durch die zuständigen Behörden auf Basis gesetzlicher Regelungen. Die Jagd hat Einfluss auf Entstehung und
Ausmaß landeskulturell relevanter Wildeinflüsse.
Indikation und Wertung:
Es bestehen objektiv keine selbstverschuldeten, jagdlich bedingten, landeskulturell untragbaren Wildeinflüsse
Es bestehen objektiv in geringem Umfang (auf bis zu 10% der Waldfläche) selbstverschuldete, jagdlich bedingte,
landeskulturell untragbare Wildeinflüsse
Es bestehen objektiv erhebliche (größer 10 bis 30% der Waldfläche) selbstverschuldete, jagdlich bedingte,
landeskulturell untragbare Wildeinflüsse
Es besteht objektiv eine massive Beeinträchtigung des Ökosystems durch selbstverschuldete, jagdlich bedingte,
landeskulturell untragbare Wildeinflüsse (über 30% der Waldfläche)
Untragbare Wildeinflüsse verhindern.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 15:
Die Landeskultur umfasst den Schutz der Natur im Allgemeinen und damit auch den Schutz der heimischen Tierarten; sie
umfasst zudem die Gewährleistung der Ausübung der Jagd und Fischerei, der Land-, Alm- und Forstwirtschaft, sowie die
Gewährleistung der Nutzungsrechte auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Landeskulturell untragbare
Wildeinflüsse liegen insbesondere dann vor, wenn die wichtigen Funktionen des Waldes, an denen öffentliches Interesse
besteht (Schutz-, Wohlfahrts-, Erholungs- und Nutzfunktion, Lebensraum für Tiere und Pflanzen), gefährdet sind. Schäden
am Ökosystem Wald bedingen in der Regel Beeinträchtigungen dieser Wirkungen, was besonders schwer wiegt, wenn
dadurch die Schutzfunktion betroffen ist.
Unter landeskulturell untragbaren Wildeinflüssen ist hier ein primär im ökologischen Sinne nicht tolerierbarer (schädigender)
Einfluss des Wildes auf die Waldvegetation zu verstehen. Der Einfluss des Wildes auf die Vegetation umfasst die
Nahrungsaufnahme (Äsen, Verbiss, Schäle) sowie Fegen und Schlagen. Der landeskulturelle Blickwinkel stellt die über
betriebswirtschaftliche Aspekte hinausgehende Betrachtungsweise dar. Der Begriff 'Landeskultur" hat insbesondere die über
die forstbetriebliche Holzproduktion hinausgehenden Funktionen des Waldes (Schutz, Wohlfahrt, Erholung, biologische
Vielfalt) aus jeweils gesamtgesellschaftlicher Sicht zum Inhalt. Diese Sicht wird grundsätzlich durch die zuständigen
Behörden - auf der Basis gesetzlicher Regelungen - repräsentiert.
Durch das Fehlen einiger wesentlicher natürlicher Feinde unserer pflanzenfressenden Wildtiere und durch anthropogene
Einflüsse auf unsere Wildlebensräume (v.a. Landnutzungen) sind diese - großräumig betrachtet - zumeist nicht naturnah.
Dadurch können lokale Dichten und Verteilungsmuster der Wildtiere entstehen, die zu über das tolerierbare Maß
hinausgehenden Einflüssen des Wildes auf die Vegetation führen. Die Jagd hat durch die räumlichen und zeitlichen Muster
ihrer Ausübung und durch ihre jeweilige Intensität Einfluss auf Ausmaß und Umfang landeskulturell relevanter Wildeinflüsse
und kann solche auch eigenständig verursachen.
Die Höhe landeskulturell untragbarer Wildeinflüsse ist vor allem durch objektiv feststellbare Wildschäden (
Monitoringsysteme, gemeldete Wildschäden etc. - siehe Kriterium 33) sowie mittels Kontrollzäunen (siehe auch Kriterium
12) ermittelbar.
Kriterium 16: Berücksichtigung von Bestandesschwankungen
Erläuterung: Wildbestände weisen unter natürlichen Bedingungen mehr oder weniger starke Bestandesschwankungen auf,
die auf klimatische Einflüsse (Winterverluste), das Nahrungsangebot und die Präsenz von Feinden zurückzuführen sind.
Unnatürlich sind hingegen konstante Bestandesdichten. Bestandesschwankungen, die auf menschlich bedingte
Lebensraumdefizite zurückzuführen sind, sind damit nicht gemeint. Die jagdliche Akzeptanz von Bestandesschwankungen
nach unten bei häufig vorkommendem Schalenwild kann eine längere Verbissentlastung der Vegetation und damit auch ein
Mehr an Äsung, Deckung und Witterungsschutz für die sich wiederaufbauende Wild- Population ermöglichen, und in
weiterer Folge auch höhere Abschüsse als zuvor.
Indikation und Wertung:
Stärkere naturbedingte mehrjährige Bestandesschwankungen nach unten bei häufig vorkommenden Schalenwildarten
werden zugelassen bzw. ermöglicht.
Stärkere naturbedingte mehrjährige Bestandesschwankungen nach unten bei häufig vorkommenden Schalenwildarten
werden durch die Jagdausübung unterbunden
Bestandesschwankungen zulassen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 16:
Wildbestände weisen unter natürlichen Bedingungen mehr oder weniger starke Bestandesschwankungen auf, die auf
klimatische Einflüsse (Winterverluste), das Nahrungsangebot und die Präsenz von Feinden zurückzuführen sind. Unnatürlich
sind hingegen konstante Bestandesdichten. Bestandesschwankungen, die auf anthropogen bedingte Lebensraumdefizite
zurückzuführen sind, sind damit nicht gemeint. Bestandesschwankungen sind bei jagdbaren Wildarten anhand der jährlichen
Strecken sowie z.T. anhand der Verbiss belastung der Vegetation nachvollziehbar. Aufgrund ihres prägenden Einflusses auf
die Bodenvegetation ist es zumindest bei häufig vorkommendem Schalenwild sinnvoll, die jagdliche Akzeptanz der
Bestandesschwankungen als Indiz für eine nachhaltige Jagd heranzuziehen.
Eine natürlich bedingte Bestandesabnahme der Schalenwildbestände (z.B. durch Witterungseinflüsse) ist gleichbedeutend mit
einer Verbissentlastung der bevorzugten Äsungspflanzen. Unter naturnahen Verhältnissen (Vollständigkeit des
Wildarteninventars auch bei den Großraubtieren) wird der reduzierte Wildbestand unmittelbar nach dem Bestandesrückgang
nicht von seinen natürlichen Feinden 'verschont', wie dies häufig bei der traditionellen Jagd geschieht, sondern weiter
reduziert oder tief gehalten, bis sich der reduzierte Bestand an Beutetieren auch auf Vermehrungsrate und Anwesenheit der
natürlichen Feinde ausgewirkt hat. Die Zeitspanne, in der die Vegetation von ökologischen Wildschäden entlastet wird, ist
daher unter naturnahen Bedingungen meist wesentlich länger, als wenn der Mensch durch Reduktion des Abschusses rasch
auf eine Bestandesabnahme reagiert.
Eine längere Regenerationsmöglichkeit (Verbisspause) für die Vegetation bedeutet z.B. mehr Bäume und Sträucher, deren
Haupttriebe dem Äserbereich entwachsen können, und damit auch ein Mehr an Äsung, Deckung und Witterungsschutz für
die sich wiederaufbauende Wildpopulation. Die besseren natürlichen Äsungsbedingungen können in weiterer Folge einen
höheren Abschuss als zuvor ermöglichen.
Eine rasche und zu starke Reduktion des Abschusses unmittelbar nach einer vorübergehenden, natürlich bedingten
Bestandesabnahme häufig vorkommender Wildarten bringt hingegen ökologische Nachteile für das Ökosystem (inkl. dem
bejagten Wild) mit sich. Ein weitgehender jagdlicher Ausgleich von Bestandesschwankungen insbesondere des
Schalenwildes entspricht daher nicht der ökologischen Nachhaltigkeit.
Kriterium 17: Berücksichtigung bestehender Fragmentierung des Wildlebensraumes
Erläuterung: Bestehende Zerschneidungen von Wildlebensräumen (Verkehrswege, Siedlungszonen etc.) können
berücksichtigt werden, indem Wildkorridore, Migrationsachsen und Zwangswechsel geringst möglichem Jagddruck
ausgesetzt oder attraktiver gestaltet werden. Vorhandene Lebensraumzerschneidungen können durch jagdliche Maßnahmen
auch verschärft werden (Zäunungen, bevorzugte Bejagung sensibler Teillebensräume etc.). Trennwirkungen und die
weiträumige Lebensweise vieler Wildtiere erfordern oft eine großräumige Betrachtung; die Anwendung dieses Kriteriums
kann daher auch sinnvoll sein, wenn sich im eigenen Jagdgebiet keine trennende Infrastruktur oder überörtliche WildBewegungsachsen befinden.
Indikation und Wertung:
Fragmentierungen des Wildlebensraumes werden soweit möglich jagdlich berücksichtigt
Fragmentierungen des Wildlebensraumes werden jagdlich berücksichtigt, Verbesserungspotenzial ist gegeben
Fragmentierungen des Wildlebensraumes werden jagdlich nicht berücksichtigt
Durch Fragmentierungen besonders sensible Teillebensräume werden bevorzugt bejagt.
Die Jagd trägt durch eigene Maßnahmen zur Fragmentierung von Wildlebensräumen bei
Bewertung nicht möglich, weil:
Lebensraumzerschneidungen nicht verschärfen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 17:
Die Fragmentierung (Zerschneidung) von Wildlebensräumen durch Straßen, Bahnlinien, Siedlungs- und Gewerbezonen
sowie touristische Einrichtungen hat einen zentralen Einfluss auf die Lebensraumqualität. Sie kann zwar nur bedingt jagdlich
entschärft werden, indem wichtige Korridore, Migrationsachsen und Zwangswechsel zwischen Lebensräumen und Teilen
derselben geringst möglichem Jagddruck ausgesetzt oder attraktiver gestaltet werden; wird dies jedoch konsequent
praktiziert, so ist dies ein wichtiger Beitrag für die nachhaltige Nutzbarkeit der Wildlebensräume. Bestehende
Fragmentierungen von Wildlebensräumen können durch jagdliche Maßnahmen unter Umständen aber auch verschärft
werden, z.B. durch erhöhten Jagddruck in sensiblen Bereichen, durch die Errichtung von Zäunen, um die Abwanderung von
Wild zum Nachbarrevier zu verhindern, oder durch großflächige Wildgatter an ungünstigen Standorten. Da die
Zerschneidung von Lebensräumen aufgrund der weiträumigen Lebensweise vieler Wildarten meist Auswirkungen hat, die
über die örtliche Ebene hinausgehen, kann die Anwendung dieses Kriteriums auch in Jagdgebieten sinnvoll sein, auf deren
Gebiet sich keine fragmentierende Infrastruktur befindet.
Kriterium 18: Feststellung und planliche Darstellung wichtiger Migrationsachsen, Wildkorridore und Zwangswechsel
Erläuterung: Aufgrund ihrer Orts- und Revierkenntnis können Jäger wesentliche Beiträge zur Feststellung von Lage,
Verlauf und Nutzung wichtiger Bewegungsachsen (Fern- und Hauptwechsel) und Wander- Korridore des Wildes leisten.
Auch deren Nichtvorhandensein ist eine wertvolle Erkenntnis. Diese Informationen sind als Grundlage raumrelevanter
Planungen (Verkehrsprojekte, Grünbrücken etc.) unverzichtbar, sollten auch anderen Landnutzern mitgeteilt und im
Jagdkonzept planlich dargestellt werden.
Indikation und Wertung:
Die Jäger tragen aktiv zur Feststellung wichtiger Migrationsachsen, Wildkorridore und Zwangswechsel bei; diese
werden - so vorhanden - im Jagdkonzept planlich dargestellt und die Informationen anderen Landnutzern zur
Verfügung gestellt
Die Jäger tragen nicht aktiv zur Feststellung wichtiger Migrationsachsen, Wildkorridore und Zwangswechsel bei
Biotopverbund herstellen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 18:
Das Wissen um Lage, Verlauf und Nutzung wichtiger regionaler, überregionaler oder länderübergreifender
Bewegungsachsen des Wildes (einschließlich solcher von Großraubwild wie Bär, Luchs oder Wolf) bildet die Voraussetzung
dafür, dass Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Lebensraumvernetzung gesetzt und Wanderachsen in
raumrelevante Planungen einbezogen werden können. Vor allem bei Verkehrsplanungen, insbesondere bei großräumigen
oder internationalen, ist es wesentlich, die Mobilitätsbedürfnisse von Wildtieren möglichst frühzeitig zu berücksichtigen, um
diese bereits in die Trassierungsplanung einbeziehen und den Bedarf an Grünbrücken und Wilddurchlässen rechtzeitig
abschätzen zu können. Über die Wirksamkeit und die Annahme solcher technischen Wildpassagen durch das Wild
entscheiden vor allem die richtige Standortwahl und die richtige Dimensionierung. Verlässliche Informationen über den
Verlauf bedeutender Fernwechsel und historischer Wechsel sowie über deren Nutzung durch einzelne Wildarten bilden dabei
eine unverzichtbare Planungsgrundlage. Ebenso ist qualifiziertes Wissen über Migrationsachsen, Korridore und
Zwangswechsel die Voraussetzung dafür, dass diese in Raumplänen ausgewiesen, rechtsverbindlich abgesichert und von
Bebauungen freigehalten werden können.
Als Revierkenner sind Jäger Experten vor Ort, die durch ihr örtliches Wissen und ihre Erfahrung wertvolle Beiträge zur
Identifikation von Migrationsachsen, Korridoren und Zwangswechseln leisten können. Auch wenn festgestellt wird, dass
keine Korridore und/oder Zwangswechsel im Jagdgebiet existieren, ist dies eine wesentliche Erkenntnis. Eine
Zusammenarbeit mit Wildbiologen sollte dabei angestrebt werden. Vorhandene Fern-, Haupt- und Zwangswechsel sollten als
Teil des Jagdkonzeptes planlich dargestellt und Planern sowie anderen Landnutzern bei Bedarf mitgeteilt werden. Zur
Beurteilung dieses Kriteriums ist eine diesbezügliche Kommunikation mit Jagdnachbarn unerlässlich.
Kriterium 19: Erhöhung der Attraktivität wichtiger Migrationsachsen, Korridore und Zwangswechsel
Erläuterung: Durch Bepflanzung, biotopgestalterische und hegerische Maßnehmen, die Nutzung von
Naturschutzinstrumenten sowie Jagdfreistellung im Umfeld von Wildpassagen können wichtige Migrationsachsen, WildKorridore und Zwangswechsel (in Absprache mit den Grundbesitzern) attraktiver gestaltet werden.
Indikation und Wertung:
Zahlreiche Möglichkeiten einer attraktiveren Gestaltung wichtiger Migrationsachsen, Korridore und Zwangswechsel
wurden wahrgenommen
Einzelne Möglichkeiten einer attraktiveren Gestaltung wichtiger Migrationsachsen, Korridore und Zwangswechsel
wurden wahrgenommen, Verbesserungspotenzial ist gegeben
Keinerlei Möglichkeiten einer attraktiveren Gestaltung wichtiger Migrationsachsen, Korridore und Zwangswechsel
wurden wahrgenommen
Fragmentierung nimmt jagdlich bedingt zu
Bewertung nicht möglich, weil:
Maßnahmen zum Biotopverbund unterstützen
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 19:
Die Möglichkeiten einer attraktiveren Gestaltung wichtiger Migrationsachsen' Korridore und Zwangswechsel (in Absprache
mit den Grundbesitzern) sind vielfältig:
•
•
•
•
Im offenen Gelände können Bewegungsachsen, Korridore und Zwangswechsel durch Anlage deckungs- und
äsungsbietender Leitlinien (Hecken, Ufergehölze, Windschutzgürtel, bepflanzte Raine, Brachflächen) attraktiver
gestaltet und auch tagsüber nutzbar gemacht werden. Werden so weite offene Strecken gequert, kann ihre
Attraktivität durch Anlage von Feldgehölzen (Zwischeneinstände) erhöht werden.
Auch die Nutzbarkeit und Akzeptanz von Wilddurchlässen und Grünbrücken kann durch solche biotophegerische
Maßnahmen erhöht werden. Unbedingt erforderlich ist die Jagdfreistellung in Umkreis von mindestens rd. 200m
von technischen Wildpassagen.
Zusätzlich kann die Attraktivität durch Anlage von Wildackerstreifen, Tränken (Suhlen) und Salzlecken erhöht
werden.
Reviergestaltung sollte sinnvoller Weise auch durch die Nutzung von Agrarumweltprogrammen, wie z.B. in
Österreich des ÖPUL-Instrumentariums, und durch die Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen geschehen.
Kriterium 20: Vollständigkeit des Wildlebensraumes
Erläuterung: Unsere Wildlebensräume sind, überwiegend menschlich bedingt, teilweise unvollständig. Saisonale
Teillebensräume, die noch vor wenigen Jahren für unsere Wildtiere frei zugänglich waren, sind unzugänglich, nur mehr
schwer erreichbar oder nur mehr relikthaft vorhanden. Viele derartige Einschränkungen der Lebensraumquantität und qualität können durch Biotoppflege- und Gestaltungsmaßnahmen gemindert oder sogar völlig aufgehoben werden.
Indikation und Wertung:
Die Lebensraumerfordernisse der Wildtiere werden jagdlich optimal abgedeckt, z.B. durch Biotoppflege- und
Gestaltungsmaßnahmen oder durch Erhaltung intakter Biotope
Die Lebensraumerfordernisse
Verbesserungsmöglichkeiten
der
Wildtiere
werden
jagdlich
gut
abgedeckt,
es
bestehen
jedoch
Die Lebensraumerfordernisse der Wildtiere finden keine jagdliche Berücksichtigung, es bestehen erhebliche Defizite
im Wildlebensraum
Die Lebensraumansprüche der Wildtiere werden durch kontraproduktive jagdliche Maßnahmen massiv beeinträchtigt
Wildlebensraum gestalten.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 20:
Unsere Wildlebensräume sind - überwiegend anthropogen bedingt - teilweise unvollständig. Saisonale Teillebensräume, die
noch vor wenigen Jahren für unsere Wildtiere frei zugänglich waren, sind unzugänglich, nur mehr schwer erreichbar oder nur
mehr relikthaft vorhanden. Viele derartige Einschränkungen der Lebensraumquantität und -qualität können durch
Biotoppflege- und Gestaltungsmaßnahmen gemindert oder sogar völlig aufgehoben werden. Sowohl
Agrarumweltprogramme, wie z.B. in Österreich das ÖPUL (Österreichisches Programm zur Förderung einer
umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft), als auch Förderungsaktionen
der Landesjagdverbände und mancher Naturschutzverbände bieten dem Jäger vielfältige Möglichkeiten, nach entsprechender
Absprache mit dem Grundbesitzer umfassende Biotopverbesserungen, v.a. für sensible Arten (siehe Kriterium 2),
durchzuführen.
Kriterium 21: Berücksichtigung der Konkurrenzverhältnisse zwischen verschiedenen Wildarten
Erläuterung: Natürliche Regulative für unsere Wildtiere, wie z.B. (manche) Großraubtiere, aber auch Krankheiten (z.B.
Tollwut), existieren nicht mehr oder haben derzeit keinen bestandesregulierenden Einfluss auf unsere Wildbestände. Ohne
jagdliche Regulierung der Wildbestände würden daher in den meisten Revieren unserer Kulturlandschaft Über- Populationen
mit nachhaltigen Veränderungen von Flora und Fauna entstehen, z.B. durch unnatürlich hohen Konkurrenz-, Beute- oder
Äsungsdruck. Durch eine Bejagung, welche in ihrem Bestand stark zunehmende Wildarten, die andere Arten direkt oder
indirekt gefährden, gezielt reguliert und darüber hinaus an der wechselnden Lebensraumkapazität orientiert ist, können
derartige negative Auswirkungen weitgehend vermieden werden.
Indikation und Wertung:
In ihrem Bestand stark zunehmende Wildarten, die andere Wildarten direkt oder indirekt (Lebensraumveränderung) in
ihrer Existenz bedrohen, werden gezielt zugunsten der gefährdeten Arten reguliert (Nachweis durch geeignete
Bejagungsstrategie im Jagdkonzept)
In ihrem Bestand stark zunehmende Wildarten, die andere Wildarten direkt oder indirekt (Lebensraumveränderung) in
ihrer Existenz bedrohen, werden nicht gezielt zugunsten der gefährdeten Arten reguliert (keine geeignete
Bejagungsstrategie im Jagdkonzept)
Die Bejagungsstrategie für häufig vorkommende Wildarten ist im Hinblick auf die Erhaltung gefährdeter Arten
kontraproduktiv
Einseitige Konkurrenzverhältnisse zwischen Wildarten ausgleichen (Erhaltung der Biodiversität).
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 21:
Manche natürlichen Regulative für unsere Wildtiere, wie z.B. (manche) Großraubtiere, aber auch Krankheiten (z.B. Tollwut),
existieren nicht mehr oder haben derzeit keinen bestandesregulierenden Einfluss auf unsere Wildbestände. Ohne jagdliche
Regulierung der Wildbestände würden daher in den meisten Revieren unserer Kulturlandschaft Überpopulationen entstehen,
v.a. beim Schalenwild, aber auch z.B. beim Fuchs und beim Steinmarder. Diese würden dann ihrerseits einen unnatürlich
hohen Druck auf ihre Beutetiere bzw. ihre Äsungspflanzen ausüben. Dies würde die Artenvielfalt, -häufigkeit und -verteilung
sowohl der Flora als auch der Fauna durch Übernutzung nachhaltig verändern. Durch eine revierspezifische, an der
Vegetationszusammensetzung und der Artenvielfalt der Wildtiere orientierte Bejagung, die auch die unterschiedlichen
saisonalen Lebensraumkapazitäten berücksichtigt, können derartige negative Auswirkungen weitgehend vermieden werden.
Die Berücksichtigung der Lebensraumkapazität in der jagdlichen Strategie ('Jagdkonzept') ist ein Indiz für eine nachhaltige
Jagdausübung.
Ein lebensraumbezogenes Beispiel dazu sind die Hochraine in den Tieflagenvorkommen des Birkwildes, auf denen eine
Dauervegetation wächst, die eine wichtige ganzjährige Nahrungsquelle für die Birkhühner ist. Wird diese bedingt durch eine
(eventuell sogar nur saisonal) zu hohe Rehwilddichte zu stark verbissen, so fehlen die für die Fruktifikation wichtigen einund zweijährigen Triebe der Zwergsträucher großteils oder ganz. Im Frühjahr bleiben dann die für die Vermehrungsrate des
Birkwildes wichtigen Blüten ebenso wie die als sommerliche Hauptnahrung wichtigen Beeren weitgehend aus. Auch der
Witterungsschutz der Zwergsträucher für die Küken des Birkhuhnes wird so stark reduziert. Oft wäre dieser zu starke Verbiss
ganz einfach durch eine jahreszeitlich wesentlich frühere Abschusserfüllung beim Schalenwild vermeidbar.
Kriterium 22: Höhe der jährlichen Zuwachsrate beim Schalenwild
Erläuterung: Die jährliche Zuwachsrate von Wiederkäuern wird v.a. von der Lebensraumqualität und der Stärke der
jagdlichen Eingriffe geprägt. Die Wildbestandsdichte und das Abschöpfen der Zuwächse durch die Jagd haben einen - je
nach Wildart unterschiedlichen - signifikanten Einfluss auf die Zuwachsrate der Population. Im Vergleich zur
Lebensraumkapazität hohe Populationsdichten, z.B. durch zu geringe jagdliche Entnahme, bewirken in der Regel ein Sinken
der durchschnittlichen Zuwachsrate.
Indikation und Wertung:
Jagdlich bedingt durchschnittliche Zuwachsrate
Jagdlich bedingt unterdurchschnittliche Zuwachsrate
Wie steht’s mit der Zuwachsrate beim Schalenwild.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 22:
Das Kriterium 'Höhe der jährlichen Zuwachsrate' bezieht sich hier auf die Wiederkäuer. Der Begriff 'Zuwachsrate' bezeichnet
die jährliche Zahl der Jungtiere pro weiblichem Tier. Die jährliche Zuwachsrate wird v.a. von der Lebensraumqualität und
der Stärke der jagdlichen Eingriffe geprägt. Ob die Wilddichte dem Lebensraum angepasst ist oder nicht, ist z.B. beim
Schalenwild anhand der Wildbretgewichte, der Verbiss intensität und des Arteninventars der Vegetation feststellbar. Diese
Faktoren haben sowohl direkten als auch indirekten Einfluss auf das Arteninventar der Wildtiere.
Die Wildbestandsdichte und das Abschöpfen der Zuwächse durch die Jagd haben einen - je nach Wildart unterschiedlichen signifikanten Einfluss auf die Zuwachsrate der Population. Es kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass bei gemessen an der Lebensraumkapazität - hohen Populationsdichten von jagdbaren Wiederkäuern, z.B. infolge zu geringer
jagdlicher Entnahme, die durchschnittliche Zuwachsrate sinkt und bei intensiver Reduktion steigt. Die Höhe der jährlich
nutzbaren Zuwächse kann daher - bei entsprechender Berücksichtigung der Erhaltung der Lebensraumqualität - eine gute
Aussagekraft über die jagdliche Nutzung der Zuwächse haben. Bei überdurchschnittlichem Nahrungsangebot vor der
Brunftzeit, wie beispielsweise in der vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft oder durch intensive
Fütterung, verliert jedoch die festgestellte jährliche Zuwachsrate an Aussagekraft über die tatsächliche jagdliche Nutzung der
Zuwächse. Die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate kann durch Beobachtung meist hinreichend genau abgeschätzt
werden.
Dazu ein Beispiel: In einem Rehwildrevier mit normaler ganzjähriger Äsungssituation, das kein überdurchschnittliches
Nahrungsangebot vor der Brunft aufweist, tendiert ein in seiner Bestandesdichte an eine hohe Lebensraumqualität
angepasster Rehbestand zu alljährlich 2 Kitzen/adulter Gais. Weist dasselbe Rehwildrevier jedoch einen - gemessen an der
Biotopkapazität - stark überhöhten Rehbestand auf, so geht die Tendenz immer mehr zu 1 Kitz/adulter Gais, weiters sind
dann auch häufiger übergangene Schmalgaisen festzustellen.
Kriterium 23: Existenz trophäenästhetischer Vorgaben in Abschussrichtlinien
Erläuterung: Die jagdliche Förderung oder Einschränkung der natürlichen genetischen Vielfalt der Wildtiere kann u.a. daran
gemessen werden, ob Abschussrichtlinien für das Schalenwild die Vielfalt der möglichen Geweih- und Gehörnformen
fördern, akzeptieren oder ob sie an trophäenästhetischen Aspekten orientiert sind.
Indikation und Wertung:
In den Abschussrichtlinien gibt es keine trophäenästhetischen Vorgaben
In den Abschussrichtlinien gibt es trophäenästhetische Vorgaben
Trophäenästhetische Vorgaben beeinträchtigen die genetische Vielfalt.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 23:
Dieses Kriterium dient zur Beurteilung, ob die natürliche genetische Vielfalt der Wildarten durch eine entsprechende
Jagdausübung erhalten und gefördert wird, oder ob diesbezügliche jagdliche Einschränkungen bestehen. Die Förderung der
innerartlichen genetischen Vielfalt kann auch daran gemessen werden, wie die Bejagung auf diese eingeht.
Abschussrichtlinien für das Schalenwild sind daher dahingehend zu bewerten, ob sie die Vielfalt der möglichen Geweih- und
Gehörnformen fördern, akzeptieren oder ob sie an trophäenästhetischen Aspekten orientiert sind.
Hinweis: Sollte die Anwendung dieses Kriteriums aufgrund bestimmter jagdrechtlich verankerter Bestimmungen, welche
z.B. eine Orientierung der Abschussgestaltung nach trophäenästhetischen Kriterien vorgeben, nicht möglich sein, so muss die
Bewertung entfallen).
Kriterium 24: Selektive Bejagung von Wildtieren mit bestimmten natürlichen Merkmalen
Erläuterung: Jede Form der selektiven Bejagung, die genetische Auswirkungen haben kann und damit die Gefahr einer
genetischen Verarmung der Wildpopulation in sich birgt, sollte vermieden werden. Manche aus trophäenästhetischer Sicht
unerwünschte Geweih- oder Gehörnformen können aus ökologischer Sicht sehr wohl vorteilhaft für deren Träger/in sein. Bei
der Frühjahrsbejagung von Rauhfusshühnern am Balzplatz besteht die Gefahr der selektiven Erlegung der stärksten Hahnen
('Raufer', sogenannte Alpha-Hahnen) vor dem Tretzeitpunkt. Ob die praktizierte Bejagung in diesem Sinne selektiv ist oder
nicht, wird z.B. durch die vorliegenden Trophäen, Präparate etc. eines längeren Zeitraumes, z.B. einer Jagdperiode,
dokumentiert.
Indikation und Wertung:
Anhand der Geweihformen, Präparate etc. eines mehrjährigen Bejagungszeitraumes ist keine konsequente selektive
Bejagung von Wildtieren nach bestimmten natürlichen Merkmalen festzustellen
Anhand der Geweihform, Präparate etc. eines mehrjährigen Bejagungszeitraumes ist eine konsequente selektive
Bejagung von Wildtieren nach bestimmten natürlichen Merkmalen festzustellen
Vielfalt zulassen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 24:
Äußere Erscheinungsformen wie Geweihe und Gehörne sowie natürliche Verhaltensweisen haben (oder hatten) einen
unterschiedlichen Zweck. So ist aus biologischer Sicht z.B. bedeutsam, ob eine Geweih- oder Gehörnform zur Abwehr von
Feinden, zum Imponieren vor weiblichen Artgenossen, zum Kampf mit Artgenossen, zum Freilegen der Nahrung im Winter
etc. dient oder nicht.
Die Ästhetik der Trophäen fasziniert den Jäger schon lange. So hat sich (v.a. in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts) eine Idealvorstellung der Trophäe, v.a. von Reh, Gams und Hirsch, entwickelt. Beim Hirsch sind
dies endenreiche, weitausgelegte Geweihe, beim Reh ist meist ein weitausgelegter gut geperlter Sechser die Idealvorstellung,
beim Gams gleichfalls weit ausgelegte und möglichst hohe Krucken. Manche, aus trophäenästhetischer Sicht unerwünschte
Geweih- oder Gehörnformen können jedoch aus ökologischer Sicht sehr wohl vorteilhaft für deren Träger/in sein. So sind
z.B. eng stehende Trophäen im Kampf durchaus vorteilhaft. Auch eine geringe Endenzahl bei Reh und Hirsch hat keinerlei
Nachteile für den Geweihträger, sofern diese nicht Ausdruck schlechter Konstitution ist. Jede Form der selektiven Bejagung,
die genetische Auswirkungen haben kann und damit die Gefahr einer genetischen Verarmung der Wildpopulation in sich
birgt, sollte vermieden werden.
Eine andere Gefahr der 'selektiven Bejagung von Wildtieren' besteht bei Rauhfusshühnern. Bei der Frühjahrsbejagung von
Auerwild und Birkwild werden oft selektiv die sogenannten 'Raufer' am Balzplatz erlegt, mit der Begründung, dass diese
durch ihr aggressives Verhalten den Balzbetrieb stören. In Wirklichkeit sind dies zumeist die sogenannten Alpha-Hahnen,
eben die stärksten Hahnen, von denen sich die Hennen bevorzugt treten lassen. Vor allem beim Auerwild wird durch den
Abschuss der Alpha-Hahnen vor dem Tretzeitpunkt eine Fortpflanzung gezielt verhindert.
Ob die praktizierte Bejagung in diesem Sinne selektiv ist oder nicht, wird z.B. durch die vorliegenden Trophäen, Präparate
etc. eines längeren Zeitraumes, z.B. einer Jagdperiode, dokumentiert.
Hinweis: Sollte die Anwendung dieses Kriteriums aufgrund bestimmter jagdrechtlich verankerter Bestimmungen, welche
z.B. eine Orientierung der Abschussgestaltung nach trophäenästhetischen Kriterien vorgeben, nicht möglich sein, so muss die
Bewertung entfallen).
Kriterium 25: Einbringung nicht autochthoner Wildtiere
Erläuterung: Als 'nicht autochthon' sind jene nicht heimischen Arten anzusehen, die nicht zum potenziellen natürlichen
Wildarteninventar eines Wildlebensraumes gehören. Die Einbringung nicht heimischer Wildtierarten (erstmalig oder
Populationsaufstockung) sowie von nicht heimischen Unterarten und Standortsrassen autochthoner Wildarten kann zur
Verdrängung heimischer Arten, zu schwer vorhersehbaren Einflüssen auf den Wildlebensraum, zu genetischen
Verfälschungen sowie zu weiteren unerwünschten Effekten führen.
Indikation und Wertung:
Es werden keine nicht autochthonen Wildtiere eingebracht
Nicht autochthone Wildtiere werden eingebracht
Keine fremdländischen Arten einbringen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 25:
Als 'nicht autochthon' (nicht heimisch, gebietsfremd, faunenfremd) können jene Arten definiert werden, die nicht zum
potenziellen natürlichen Wildarteninventar eines Wildlebensraumes gehören (siehe Kriterium 1). Dies umfasst nach einer
derzeit mehrheitlich geteilten Übereinkunft in der diesbezüglichen wissenschaftlichen Literatur auch diejenigen Arten, die
erst nach dem Referenzjahr 1492, dem Jahr der Entdeckung des amerikanischen Kontinents, unter direkter oder indirekter
Mithilfe des Menschen nach Österreich gelangt sind (vgl. ESSL & RABITSCH, 2002; siehe auch Erläuterungen zu Kriterium
3). Die Wiederansiedlung zeitweilig ausgerotteter, ursprünglich heimischer Arten des potenziellen natürlichen
Wildartenventars ist mit diesem Kriterium nicht gemeint (siehe Kriterium 2). Die Einbringung nicht autochthoner Wildtiere
ist v.a. in zwei Formen bekannt:
•
•
die Einbringung (erstmalig oder Populationsaufstockung) einer nicht autochthonen Wildart (Mufflon, Damhirsch,
Sikahirsch, Chukarhuhn etc.) (siehe Kriterium 3),
die Einbringung nicht autochthoner Unterarten oder Standortsrassen einer autochthonen Wildart (z. B. Wapiti,
Maralhirsch, Sibirisches oder kaukasisches Reh in Mitteleuropa; Auhirsch ins Gebirge etc.).
Ad 1) ist festzuhalten, dass neu eingebrachte, nicht autochthone Arten häufig autochthone Arten (zumindest aus
Teillebensräumen) verdrängen und gleichzeitig oft einen nachhaltigen - und im Vorhinein nur schwer abschätzbaren Einfluss auf den Wildlebensraum haben (Wildschäden).
Ad 2) ist festzuhalten, dass gerade diese eingebrachten Wildtiere zeigen, dass sich eben in der Entwicklungsgeschichte der
Wildtiere ganz spezifisch den lokalen Klimaten und (saisonalen) Nahrungsbedingungen angepasste Unterarten oder
Standortsrassen entwickeln, die dann auch genau dort hingehören, wo sie sich entwickelt haben. Abgesehen davon, dass
derartige 'Aufartungsversuche' (v.a. aufgrund zu geringer Individuenzahl) häufig nicht gelingen, bringen sie doch eine
genetische Verfälschung mit sich. Sie können auch Qualen verursachen, da heimische Muttertiere die übergroßen Kälber
oder Kitze aus Kreuzungen mit größeren Artverwandten nicht setzen können.
Die zwei Formen der Einbringung nicht autochthoner Wildtiere sind daher im Sinne der nachhaltigen Erhaltung und
Förderung der (natürlichen) genetischen Variabilität unserer autochthonen Wildtiere abzulehnen, vor allem in jenen
Regionen, wo negative Auswirkungen bekannt sind (z.B. Fasane in Birkwildregionen der tieferen Lagen).
Kriterium 26: Existenz einer Vermarktungsstrategie
Erläuterung: Eine Vermarktungsstrategie für Wildbret, Abschüsse, Trophäen etc. kann dazu beitragen, dass die Rentabilität
der Jagd mittelfristig gesichert ist.
Indikation und Wertung:
Eine Vermarktungsstrategie für Wildbret, Abschüsse, Trophäen etc. ist vorhanden
Eine Vermarktungsstrategie für Wildbret, Abschüsse, Trophäen etc. ist nicht vorhanden
Vermarktung sinnvoll planen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 26:
Für die jagdlichen Erträge maßgeblich ist, ob sich der Jagdinhaber damit auseinander setzt, in welcher Form er Wildbret,
Abschüsse, Trophäen etc. vermarktet. So z.B. ob und in welcher Form er Wildbret, Abschüsse und Trophäen verkauft oder
auch selbst verwertet. Auch eine Eigenverwertung von Wildbret oder die informelle Abgabe im Bekannten-/Verwandtenkreis
ist in diesem Sinne somit als Bestandteil einer Vermarktungsstrategie zu sehen.
Kriterium 27: Aufwands-/Ertragsverhältnis
Erläuterung: Unter dem 'Aufwand' sind alle Kosten (z.B. für Reviereinrichtungen, Instandhaltung, Fütterung, Personal,
Pacht, Schutzmaßnahmen, Schadensvergütungen) zu subsumieren, dabei kann auch der effektive Zeitaufwand
(durchschnittliche Jagdzeit/erlegtes Stück) einbezogen werden. Unter den 'Erträgen' sind alle Erlöse (z.B. Wildbreterlöse,
Abschussprämien, Pachterlöse) zu verstehen. Dies kann die Umwegrentabilität, z.B. für die Geschäftsanbahnung, oder den
subjektiven Erholungswert der Jagd miteinschließen.
Indikation und Wertung:
Die Bilanz der Jagdperiode ist positiv bzw. bringt die Umwegrentabilität der Jagd ein positives Gesamtergebnis
Die Bilanz der Jagdperiode ist ausgeglichen bzw. bringt die Umwegrentabilität der Jagd ein ausgeglichenes
Gesamtergebnis
Die Bilanz der Jagdperiode ist geringfügig negativ
Die Bilanz der Jagdperiode ist stark negativ.
Verhältnis Aufwand zu Ertrag optimieren.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 27:
Unter 'Aufwands-/Ertragsverhältnis' sind alle monetär ansetzbaren Aufwendungen und Erträge des Jagdbetriebes (für
Pächter, Verpächter oder Eigenjagdbesitzer) subsumiert. Als 'Aufwand' sind die Kosten der Reviereinrichtungen und deren
Instandhaltung, Kosten der Fütterung, eventuell anfallende Personalkosten, bei Pachtjagden weiters die Kosten der
Jagdpacht, von Wildschutzmaßnahmen in land- und forstwirtschaftlichen Kulturen sowie von Schadensvergütungen etc.
anzurechnen. Bei den Erträgen sind v.a. Wildbreterlöse, Abschussprämien und Pachterlöse anzusetzen, es kann aber auch die
Umwegrentabilität der Jagd, die sich beispielsweise durch die Anbahnung von Geschäften ergibt, angerechnet werden; auch
ist es denkbar, einen Betrag für den subjektiven Erholungswert der Jagd auf der Ertragsseite anzusetzen, wenn dies als
Hauptmotiv für die Jagd finanziell leistbar ist. Bei der Gesamtstrecke ist die über einen längeren Zeitraum (z.B. eine
Pachtperiode) erzielte durchschnittliche Strecke zu veranschlagen und nicht - als einzelnes Ereignis - eine einmalig erzielte
Spitzenstrecke.
Zur (künftigen) Optimierung der Ertragsseite kann auch der effektive Zeitaufwand, der für die Bejagung benötigt wurde,
einbezogen werden. Unter effektivem Zeitaufwand ist die für die Erlegung pro Stück durchschnittlich benötigte Jagdzeit
anzusetzen. Vom (schwierig und nur subjektiv monetär bewertbaren) gesellschaftlichen bzw. idellen Aspekt der Jagd
abgesehen, ist auch Folgendes zu beachten: je geringer die benötigte Jagdzeit, umso geringer der Jagddruck - je geringer der
Jagddruck, umso geringer die Beunruhigung bzw. Störung der Wildtiere, damit ist deren Vertrautheit umso höher und die
angestrebte Strecke damit umso leichter erzielbar.
Kriterium 28: Vermarktung des Wildbrets
Erläuterung: Die Erfahrung zeigt, dass die Wilderlöse durch gute Vermarktung und spezielles Kundenservice wesentlich
über die regionalen Durchschnittspreise gesteigert werden können.
Indikation und Wertung:
Die Wilderlöse liegen mehr als 15% über dem Durchschnitt
Durchschnittliche Wilderlöse (+/- 15%)
Unterdurchschnittliche Wilderlöse (<-15%)
Bewertung nicht möglich (weil ausschließliche Eigenverwertung des Wildbrets)
Wildbret aufwerten.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 28:
Die durchschnittlich erzielten Wilderlöse sind trotz der hohen Fleischqualität des Wildfleisches generell niedrig. Die
Erfahrung zeigt, dass die Wilderlöse durch gute Vermarktung und spezielles Kundenservice wesentlich über die regionalen
Durchschnittspreise gesteigert werden können. Bei ausschließlicher Eigenverwertung des Wildbrets ist dieses Kriterium nicht
anwendbar und kann entfallen.
Kriterium 29: Jagdliche Maßnahmen zur Förderung des Marktwertes
Erläuterung: Durch Management-Maßnahmen, die den Wildartenreichtum, die erzielten Strecken, die (durchschnittliche)
Trophäenstärke, die Bejagbarkeit, das Vorkommen nicht häufiger Wildarten, das Image oder die Infrastruktur der
Reviereinrichtungen betreffen, kann der angenommene oder tatsächlich erzielbare Marktwert eines Jagdgebietes beeinflusst
werden. Die Beurteilung dieses Kriteriums ist insbesondere aus der Sicht des Jagdberechtigten (Eigentümers, Verpächters,
Eigenjagdbesitzers) sinnvoll.
Indikation und Wertung:
Der Marktwert der Jagd ist durch umfassende jagdliche Maßnahmen sehr hoch (>30% über dem Durchschnitt lagemäßig vergleichbarer Jagdgebiete)
Der Marktwert der Jagd ist durch einzelne jagdliche Maßnahmen etwas über dem regionalen Durchschnitt (10 - 30%
über dem Durchschnitt lagemäßig vergleichbarer Jagdgebiete)
Der Marktwert der Jagd entspricht dem regionalen Durchschnitt (-10% bis +10% über/unter dem Durchschnitt
lagemäßig vergleichbarer Jagdgebiete), zu seiner Erhaltung und/oder Förderung werden keine jagdlichen Maßnahmen
gesetzt
Der Marktwert der Jagd ist bedingt durch kontraproduktive jagdliche Bewirtschaftung unter dem regionalen
Durchschnitt (mehr als -10% unter dem Durchschnitt lagemäßig vergleichbarer Jagdgebiete)
Bewertung nicht möglich (weil kein Verpächter oder Eigenjagdbesitzer)
Marktwert der Jagd erhöhen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 29:
Abgesehen vom Einfluss des durchschnittlichen örtlichen Marktwertes (Lagefaktoren wie Stadtnähe oder reizvolle
Landschaft) resultiert der angenommene oder tatsächlich erzielbare Marktwert einer Jagd v.a. aus dem Wildartenreichtum
einer Jagd, den erzielten Strecken, der (durchschnittlichen) Stärke der Trophäen und der Bejagbarkeit (Erreichbarkeit,
Erschließung und Zugänglichkeit, Revierausstattung). All diese Faktoren sind durch das Management einer Jagd - in
Abhängigkeit von ihrer Flächengröße - im positiven wie auch im negativen Sinne beeinflussbar.
So kann z.B. unter dem Stichwort 'Kundenfreundlichkeit' durch besonders gute Betreuung (zahlender) Jagdgäste das Image
und damit auch der Wert einer Jagd gesteigert werden. Auch die gezielte Förderung nicht häufiger Wildarten, die dann einen
bestandesverträglichen Abschuss nicht alltäglicher Trophäenträger zulässt, kann eine Maßnahme zur Förderung des
Marktwertes sein. Ebenso ist meist eine gute Infrastruktur bei den Reviereinrichtungen (Jagdhütten, Pirschsteige, Hochsitze,
Schirme, evtl. Fütterungen etc.) ein nicht unwichtiger Faktor für den Marktwert einer Jagd. Hinweis: Es kann vorkommen,
dass jagdliche Maßnahmen, die zur Förderung des Marktwertes beitragen, gleichzeitig negative Auswirkungen bei den
ökologischen Nachhaltigkeitsanforderungen haben, z.B. eine übermäßig intensive Wildbewirtschaftung, die zu unnatürlich
hohen Wildbeständen mit landeskulturell unverträglichen Wildeinflüssen auf die Vegetation führt.
Die Beurteilung dieses Kriteriums ist insbesondere aus der Sicht des Jagdberechtigten (Eigentümers, Verpächters,
Eigenjagdbesitzers) sinnvoll.
Kriterium 30: Kontinuierlicher, langfristiger Vergleich der Wildbretgewichte
Erläuterung: Eine Bewertung der maximal erzielbaren Durchschnitts-Wildbretgewichte ist nur durch einen rückblickenden
Vergleich der Wildbretgewichte ( Schalenwild ) über mehrere Jahrzehnte möglich. Ein derartiger Vergleich soll mittels einer
langfristigen Dokumentation der Wildbretgewichte getrennt nach Geschlecht, Altersgruppen und Erlegungsdatum
durchgeführt werden.
Indikation und Wertung:
Eine exakte Wildbretgewicht-Dokumentation wird durchgeführt, ein langfristig rückblickender Vergleich der
Wildbretgewichte ist dadurch möglich und wird durchgeführt
Eine exakte Wildbretgewicht-Dokumentation wird durchgeführt, ein rückblickender Vergleich der Wildbretgewichte ist
jedoch nur fragmentarisch möglich
Eine Wildbretgewicht-Dokumentation wird fragmentarisch durchgeführt, ein rückblickender Vergleich der
Wildbretgewichte ist jedoch nicht möglich
Eine exakte Wildbretgewicht-Dokumentation wird nicht durchgeführt, ein rückblickender Vergleich der
Wildbretgewichte ist dadurch nicht möglich
Regionaler Gewichtsvergleich.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 30:
Eine Bewertung der maximal erzielbaren Durchschnitts-Wildbretgewichte ist nur durch einen rückblickenden Vergleich der
Wildbretgewichte ( Schalenwild) über mehrere Jahrzehnte möglich. Ein derartiger Vergleich soll mittels einer langfristigen
Dokumentation der Wildbretgewichte getrennt nach Geschlecht, Altersgruppen und Erlegungsdatum durchgeführt werden.
Kriterium 31: Höhe der Wildbretgewichte
Erläuterung: Die Höhe der durchschnittlichen Wildbretgewichte ist die Visitenkarte eines Reviers: je höher die
Wildbretgewichte sind, umso besser sind die Konstitution der Wildtiere und damit auch die zu erwartenden Trophäen und
jagdlichen Erträge. Die Form der Wildbewirtschaftung kann die Wildbretgewichte durch Berücksichtigung von Faktoren wie
(saisonaler) Nahrungskapazität, Jagddruck und natürliche Regulative beeinflussen.
Indikation und Wertung:
In Relation zum langfristigen regionalen Durchschnitt sehr hohe Wildbretgewichte (>20%)
Wildbretgewichte anhaltend über dem langfristigen regionalen Durchschnitt (11 - 20%)
In Relation zum langfristigen regionalen Durchschnitt niedrige Wildbretgewichte (+10 bis -20%)
In Relation zum langfristigen regionalen Durchschnitt sehr niedrige Wildbretgewichte (< -20%)
Wildbretgewichte als "Visitenkarte".
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 31:
Die Höhe der durchschnittlichen Wildbretgewichte ist die Visitenkarte eines Reviers: je höher die Wildbretgewichte sind,
umso besser sind die Konstitution der Wildtiere und damit auch die zu erwartenden Trophäen, jagdlichen Erträge etc. Zu
berücksichtigen sind dabei natürlich lebensraumbedingte Gewichtsunterschiede, wie sie z.B. zwischen Auhirsch und
Gebirgshirsch bestehen.
Das Wildbretgewicht kann durch die Form der Wildbewirtschaftung beeinflusst werden: Eine Bejagung, die (auch) an der
(saisonalen) Nahrungskapazität des Wildlebensraumes orientiert ist, die Zugänglichkeit der Nahrung nicht durch unnötigen
Jagddruck beeinträchtigt und auch natürliche Regulative der Wildtiere (z.B. Witterung, natürliche Feinde etc.) als natürliche
Faktoren in ihre Strategie einbezieht, wird nachhaltig höhere Wildbretgewichte erzielen als eine Bejagungsstrategie, welche
diese Aspekte teilweise oder ganz negiert.
Kriterium 32: Existenz einer ökonomisch fundierten Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung
der Bejagung, Dokumentation der Planung, Durchführung und Bewertung der Bejagung
Erläuterung: Aus ökonomischer Sicht ist eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung
insbesondere wichtig für: die Effizienz der Bejagung (Zeitaufwand); die erzielbaren Wildbretgewichte (rechtzeitiger
Schalenwildabschuss vor dem Winter verbessert das Verhältnis zwischen verfügbarem Äsungsangebot und
Wildbestandesgröße, und damit die Konstitution der verbleibenden Wildtiere); die Höhe eventueller Fütterungskosten
(Bestandesgröße). Die Dokumentation erfolgt im Jagdkonzept, durch Abschusslisten und durch Eintragung der
Einzelabschüsse - bzw. bei Bewegungsjagden (Niederwild) durch Kennzeichnung der Gebiete - in Revierkarten.
Indikation und Wertung:
Eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung existiert für alle bejagten
Wildarten, die Abschüsse werden laufend dokumentiert und werden im Hinblick auf die Einhaltung des
gegenständlichen (ökonomischen) Nachhaltigkeitsprinzips bewertet
Eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung existiert für alle bejagten
Wildarten, die Abschüsse werden jedoch nur mangelhaft dokumentiert und bewertet
Eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung existiert nur fragmentarisch und
nicht für alle bejagten Wildarten, eine Bewertung der Abschüsse erfolgt nicht oder nur für Trophäenträger
Eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung existiert nicht, Abschüsse werden
nicht bewertet
Bejagungsstrategie auch ökonomisch optimieren.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 32:
Aus ökonomischer Sicht ist eine Bejagungsstrategie zur zeitlichen und räumlichen Durchführung der Bejagung insbesondere
für die Effizienz der Bejagung, für die erzielbaren Wildbretgewichte und für die Höhe eventueller Fütterungskosten wichtig.
Für die Effizienz der Bejagung ist wichtig, dass in der Bejagungsstrategie das Wissen über saisonale Aufenthaltsorte und die
Zeit der größtmöglichen Beobachtbarkeit einer Wildart Eingang findet und damit der jagdliche Zeitaufwand minimiert wird.
Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass dies nicht kontraproduktiv zu geplanten ist.
Für die Konstitution der Wildtiere ist die rechtzeitige Erfüllung des Abschusses v.a. insofern bedeutungsvoll, als dadurch für
den verbleibenden Wildbestand bessere Nahrungsbedingungen geschaffen werden können. Dies trifft z.B. zu, wenn in
landwirtschaftlich geprägten Revieren ein Großteil des Schalenwild abschusses bereits vor dem Abernten der Wiesen und
Felder im Herbst getätigt wird. Verlagert sich der Großteil des Schalenwildabschusses jedoch in den Zeitraum nach dem
Abernten der Wiesen und Felder, so wird die erntebedingt knapp gewordene Äsung und/oder Deckung von wesentlich mehr
Wildtieren genutzt. Sowohl die dadurch verringerte Äsungsquantität und -qualität, als auch der auf den verbliebenen
Äsungsflächen unverhältnismäßig hohe Jagddruck führen dann in einer Jahreszeit, wo das Wild eigentlich für den Winter
Kraft tanken sollte, zu einer Schwächung der Konstitution und damit zu einem Absinken der durchschnittlichen
Wildbretgewichte, was sich monetär zu Buche schlägt.
Ein weiterer wichtiger Kostenfaktor bei diesem Beispiel kann die Fütterung sein: je später im Jahr der Abschuss getätigt
wird, umso mehr Wildtiere sind in den ersten Wintermonaten zu füttern - die Fütterungskosten steigen dadurch erheblich.
Die ökonomische Planung der zeitlichen und räumlichen Bejagung wird als zentraler Bestandteil derselben im Jagdkonzept
dokumentiert. Die zeitliche Durchführung der Bejagung soll in Abschusslisten nachvollziehbar sein. Die räumliche
Durchführung der Abschüsse soll auf einer Revierkarte, getrennt nach Jagdjahr, durch Bewegungsjagden (Niederwild) durch
Kennzeichnung der jeweiligen Gebiete.
Kriterium 33: Berücksichtigung der Wildschadenanfälligkeit
Erläuterung: Eine Vermeidung von Wildschäden kann dadurch bewirkt werden, dass die Jagdausübung an der
Wildschadenanfälligkeit land- und forstwirtschaftlicher Kulturen orientiert ist. Dies sollte durch eine räumliche und zeitliche
Berücksichtigung absehbarer land- und forstwirtschaftlicher Lebensraum-Einflüsse im Jagdkonzept dokumentiert werden.
Indikation und Wertung:
Die Bejagungsstrategie und deren praktische Umsetzung berücksichtigen nachweislich in optimaler Weise die
Wildschadenanfälligkeit land- und forstwirtschaftlicher Kulturen
Die Bejagungsstrategie und deren praktische Umsetzung berücksichtigen nachweislich die Wildschadenanfälligkeit
land- und forstwirtschaftlicher Kulturen
Die Bejagungsstrategie berücksichtigt nur fallweise die Wildschadenanfälligkeit land- und forstwirtschaftlicher
Kulturen oder wird nur fallweise in diesem Sinne umgesetzt
Die Bejagungsstrategie berücksichtigt in keiner Weise die Wildschadenanfälligkeit land- und forstwirtschaftlicher
Kulturen
Wildschadenanfälligkeit land- und forstwirtschaftlicher Kulturen berücksichtigen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 33:
Eine Vermeidung von Wildschäden kann dadurch bewirkt werden, dass die Jagdausübung an der Wildschadenanfälligkeit
land- und forstwirtschaftlicher Kulturen orientiert ist (siehe Kriterien 12 bis 16). Dies sollte durch eine räumliche und
zeitliche Berücksichtigung absehbarer land- und forstwirtschaftlicher Lebensraum-Einflüsse im Jagdkonzept dokumentiert
werden.
Kriterium 34: Bestätigung einer gemeinsamen Vorgangsweise
Erläuterung: Da die Jagd gemeinsam mit anderen menschlichen Nutzungen (Land- und Forstwirtschaft, Tourismus,
Siedlung, Gewerbe, Verkehr etc.) den Lebensraum unserer Wildtiere prägt, ist es sinnvoll, wenn die Jagdwirtschaft
zusammen mit diesen eine ökonomische Einheit bildet. Die Grundvoraussetzung dafür ist regelmäßiger Kontakt und
Absprache mit anderen Landnutzern bzw. deren Interessenvertretern. Dokumentiert wird die Bildung einer ökonomischen
Einheit durch die Bestätigung einer gemeinsamen wirtschaftlichen Vorgangsweise durch die anderen Landnutzer bzw. deren
Interessenvertreter im Jagdgebiet.
Indikation und Wertung:
Andere Nutzer des Wildlebensraumes bestätigen eine optimierte, gemeinsame wirtschaftliche Vorgangsweise
Eine gemeinsame wirtschaftliche Vorgangsweise wird von anderen Nutzern des Wildlebensraumes bestätigt, jedoch
wird auf Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen
Es gibt keine Bestätigung anderer Nutzer für eine gemeinsame wirtschaftliche Vorgangsweise
Andere Nutzer des Wildlebensraumes weisen auf eine kontraproduktive Jagdwirtschaft hin
Jagd mit anderen Landnutzungen gemeinsam sehen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 34:
Das Ziel aller anthropogenen Nutzungen ist es, aus der Nutzung auch tatsächlich Nutzen zu ziehen. Um Synergien mit
anderen Wirtschaftszweigen ausschöpfen zu können, ist es daher sinnvoll, wenn die Jagdwirtschaft zusammen mit den
anderen absehbaren anthropogenen Nutzungen im Wildlebensraum eine ökonomische Einheit bildet. Die Möglichkeiten dazu
sind vielfältig und umfassen z.B.:
•
•
•
Durch gezielte schwerpunktmäßige Bejagung kann eine vom Waldbesitzer geplante Waldverjüngung in
bestmöglicher Form durchgeführt werden - im Gegenzug kann der Waldbesitzer durch Rücksichtnahme auf die in
der Bejagungsstrategie geplante zeitliche und räumliche Durchführung der Bejagung bei forstlichen Eingriffen
Rücksicht nehmen.
In der Landwirtschaft kann durch ein verlängertes Belassen einer Grünbrache dem Wild über den Winter geholfen
werden. Auch können durch die zeitliche Optimierung von Mähterminen Verluste an Jungtieren und Gelegen
vermieden werden. Umgekehrt kann der Jäger durch eine gute Bejagungsstrategie Schäden an landwirtschaftlichen
Kulturen minimieren.
Durch Abstimmung der Jagd mit dem regional ausgeübten Tourismus können jagdlich und touristisch wichtige
Anliegen in gegenseitiger Abstimmung berücksichtigt werden (siehe auch Kriterium 35).
Die Grundvoraussetzung für die Bildung einer ökonomischen Einheit mit anderen absehbaren anthropogenen Nutzungen ist
regelmäßiger Kontakt und Absprache mit den anderen Landnutzern bzw. deren Interessenvertretern. Dokumentiert wird die
Bildung einer ökonomischen Einheit durch die Bestätigung einer gemeinsamen wirtschaftlichen Vorgangsweise durch die
anderen Landnutzer bzw.deren Interessenvertreter im Jagdgebiet.
Kriterium 35: Interdisziplinäre wildökologische Raumplanung (WÖRP)
Erläuterung: Verschiedene gesellschaftliche Nutzungsinteressen (Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Verkehr etc.) und
geplante Veränderungen im Wildlebensraum nichtjagdlicher Natur können durch eine interdisziplinäre wildökologische
Raumplanung (WÖRP) mit der Jagd und den Lebensraumansprüchen von Wildtieren abgestimmt werden. Eine WÖRP muss
jedoch zumeist von Seiten der Jäger angeboten bzw. eingefordert sowie von der Jägerschaft aktiv umgesetzt werden.
Dahingehende Bestrebungen des Jagdinhabers und der Jägerschaft sollten entsprechend dokumentiert werden.
Indikation und Wertung:
Eine WÖRP existiert, die Jäger setzen sich aktiv für ihre Umsetzung ein
Eine WÖRP existiert nicht, wird aber von den Jägern nachweislich angestrebt
Eine WÖRP existiert nicht, und sie wird von den Jägern auch nicht nachweislich angestrebt
Eine WÖRP existiert, die Jäger setzen sich jedoch nicht aktiv für ihre Umsetzung ein
Wildökologische Raumplanung – Großräumige Basisplanung.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 35:
Die meisten flächenwirksamen Veränderungen in unseren Wildlebensräumen sind nichtjagdlicher Natur (Straßen- und
Eisenbahnbau, Siedlungswesen, touristische Einrichtungen, Kraftwerkserrichtungen etc.). Bei vielen dieser
flächenwirksamen Veränderungen könnten durch rechtzeitige planliche Berücksichtigung wildökologischer Aspekte
nachteilige Auswirkungen auf unsere Wildlebensräume minimiert oder sogar vollständig vermieden werden. Eine
Optimierung geplanter Veränderungen im Wildlebensraum ist durch eine interdisziplinäre räumliche Planung möglich, in der
Wildökologie / Jagd ein gleichwertiger Planungspartner ist.
Die wildökologische Raumplanung (WÖRP) ist ein Instrument für ein integratives Management von Wildtierpopulationen
und -habitaten, das der Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den Lebensraumansprüchen von Wildtieren, der
Tragfähigkeit von Ökosystemen für Wildtierpopulationen und den unterschiedlichen Nutzungsinteressen der Gesellschaft
(Jagd, Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, allgemeine Raumplanung) dient. Neben der Erhaltung der Lebensräume
heimischer Wildtierarten und der Gewährleistung von deren nachhaltiger jagdlicher Nutzbarkeit bilden die Vermeidung von
Nutzungskonflikten und von untragbaren Wildschäden am Wald übergeordnete Ziele. Neben einer rechtsverbindlichen
Verankerung kann eine WÖRP auch freiwillig auf regionaler Ebene und auf Basis der Eigeninitiative der Jagdausübenden
durchgeführt werden. Die Einbeziehung einer WÖRP in die allgemeine Landesraumplanung sollte angestrebt werden.
Eine WÖRP muss jedoch zumeist von Seiten der Jäger angeboten bzw. eingefordert sowie von der Jägerschaft aktiv
umgesetzt werden. Dahingehende Bestrebungen des Jagdinhabers und der Jägerschaft sollten entsprechend dokumentiert
werden.
Kriterium 36: Engagement der Jäger bei lebensraumverändernden Planungen und Projekten
Erläuterung: Als Kenner ihres Jagdgebietes und als Experten vor Ort sind Jäger aufgefordert, ihre Revierkenntnisse und ihr
wildökologisches Wissen in Planungen und Projekte, die mit möglichen Beeinträchtigungen der Wildlebensräume verbunden
sind, einzubringen. Damit kann ein wertvoller Beitrag geleistet werden, um nicht nur wildökologische Verschlechterungen,
sondern auch Beeinträchtigungen des Jagdbetriebs, der praktischen Bejagbarkeit und des wirtschaftlichen und ideellen
Jagdwertes zu vermindern oder zu vermeiden. Beispiele für jagd- und wildrelevante Planungen und Projekte sind:
Straßenbau, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Agrarplanungen (wie Kommassierungen), Naturschutzprojekte, etc. In den
meisten Fällen wird es notwendig sein, eine Zusammenarbeit seitens der Jagd aktiv anzubieten bzw. einzufordern, auch wenn
keine formelle Parteistellung besteht.
Indikation und Wertung:
Jäger bringen sich nachweislich und aktiv in wild- und jagdrelevante Planungen und Projekte ein, um
Verschlechterungen für Wildlebensräume und für die Jagdausübung zu verhindern
Jäger bringen sich nicht aktiv in wild- und jagdrelevante Planungen und Projekte ein
Bewertung nicht möglich (weil gegenwärtig oder in den zurückliegenden Jahren kein Anlassfall vorhanden)
Engagement der Jäger bei Lebensraumgestaltung.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 36:
Als Kenner ihres Jagdgebietes und als Experten vor Ort sind Jäger aufgefordert, ihre Revierkenntnisse und ihr
wildökologisches Wissen in Planungen und Projekte, die mit möglichen Beeinträchtigungen der Wildlebensräume verbunden
sind, einzubringen. Damit kann ein wertvoller Beitrag geleistet werden, um nicht nur wildökologische Verschlechterungen,
sondern auch Beeinträchtigungen des Jagdbetriebs, der praktischen Bejagbarkeit und des wirtschaftlichen und ideellen
Jagdwertes zu vermindern oder zu vermeiden.
Ein Beispiel sind Straßenbauprojekte, die neben der wildökologischen Trennwirkung auch zur Zerschneidung von
Jagdgebieten, zur jagdwirtschaftlichen Entwertung abgetrennter Revierteile und zur Minderung des Erholungswertes der Jagd
führen können. Bei Straßenneubauten ist die örtliche Jägerschaft meist die erste und wichtigste Informationsquelle für die
Beurteilung jagdlicher und wildökologischer Projektswirkungen (siehe auch Kriterium 18). Bürgerbeteilungsverfahren im
Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen bieten weitere formalisierte Möglichkeiten, zu Projekten Stellung zu beziehen
und in begrenztem Rahmen Einfluss zu nehmen. Gesetzlich vorgesehene ökologische Ausgleichsmaßnahmen zur Minderung
negativer Projektswirkungen ermöglichen ebenfalls, jagdliche Interessen zu berücksichtigen (Wildbrücken,
Bepflanzungsmaßnahmen, Schaffung von Ersatzbiotopen etc.). Kommassierungen im Zuge von Agrarplanungen,
Schutzwaldsanierungsprojekte, Erstellung von Waldentwicklungsplänen, größere Waldrodungen oder Aufforstungen, WaldWeide-Regulierungsprojekte, Widmungen von Betriebsgebieten, Gewässerrückbauten oder Naturschutzprojekte sind weitere
Beispiele für lebensraumverändernde Maßnahmen, wo Engagement von Jagdberechtigten und Jagdausübungsberechtigten
möglich und und im eigenen Interesse sinnvoll ist. Eine wildökologische Raumplanung (WÖRP) (siehe Kriterium 35) kann
dabei als Instrument eingesetzt werden, um jagdliche und wildökologische Interessen gegenüber anderen Planungen zu
vertreten. In den meisten Fällen wird es notwendig sein, eine Zusammenarbeit seitens der Jagd aktiv anzubieten bzw.
einzufordern, auch wenn keine formelle Parteistellung besteht.
Kriterium 37: Interessenausgleich zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten
ortsansässigen Jägern
Erläuterung:
Ein
ausgewogener
Interessenausgleich
zwischen
jagdausübungsberechtigten
und
nicht
jagdausübungsberechtigten ortsansässigen Jägern - einschließlich Abschussnehmern - ist eine wichtige Voraussetzung einer
sozio-kulturell nachhaltigen Jagdausübung. Ein solcher Interessenausgleich ist auch für die lokale Akzeptanz der Jagd durch
die nichtjagende Bevölkerung wichtig. Die Bewertung erfolgt durch die Befragung der betroffenen Jäger. Dies wird
dokumentiert.
Indikation und Wertung:
Zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten ortsansässigen Jägern besteht nachweislich
ein optimaler Interessenausgleich
Zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten ortsansässigen Jägern besteht ein
Interessenausgleich
Zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten ortsansässigen Jägern besteht ein nur
teilweise befriedigender Interessenausgleich
Zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten ortsansässigen Jägern besteht kein
Interessenausgleich
Interessensausgleich zwischen Jägern.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 37:
Jagdmöglichkeiten für ortsansässige Jäger sind aufgrund der Bindung der Jagd an Grund und Boden, der jagdlichen Tradition
und des (erforderlichen) Regionalbezugs der Jagd ein wichtiger sozialer und kultureller Aspekt der Jagdausübung.
Ein ausgewogener Interessenausgleich zwischen jagdausübungsberechtigten und nichtjagdausübungsberechtigten
ortsansässigen Jägern - einschließlich Abschussnehmern - ist eine wichtige Voraussetzung einer sozio-kulturell nachhaltigen
Jagdausübung. Ein solcher Interessenausgleich ist auch für die lokale Akzeptanz der Jagd durch die nichtjagende
Bevölkerung wichtig. Dieses Kriterium wird durch die Befragung der betroffenen Jäger bewertet. Dies wird dokumentiert.
Anmerkung: Vor allem mit Blickwinkel 'Genossenschaftsjagd', 'Agrargemeinschaften'.
Kriterium 38: Angemessene Berücksichtigung nicht ortsansässiger Jäger
Erläuterung: Einheimischen Jägern ausreichende Jagdmöglichkeiten zu gewähren, ist im Sinne der sozio-kulturellen
Nachhaltigkeit als ein vorrangiges Ziel zu betrachten. Dennoch sollten auch die jagdlichen Bedürfnisse von auswärtigen
Jägern (Jagdgäste, Jäger ohne eigene Jagdmöglichkeit vor Ort) in angemessener Weise und entsprechend den örtlichen
Voraussetzungen und Möglichkeiten (z.B. in Abhängigkeit von der Reviergröße und dem Abschussplan) Berücksichtigung
finden, um diese Gruppe nicht gänzlich von der Möglichkeit zur Jagdausübung auszuschließen. Jagdmöglichkeiten von
städtischen Jägern, z.B. aus dem städtischen Bereich, können zum nachhaltigen Interesse der Bevölkerung an der Jagd
beitragen.
Indikation und Wertung:
Nicht ortsansässige Jäger sind in die Jagdausübung einbezogen
Nicht ortsansässige Jäger sind von der Jagdausübung nicht grundsätzlich ausgeschlossen
Nicht ortsansässige Jäger sind von der Jagdausübung grundsätzlich ausgeschlossen, obwohl z.B. ausreichend
Jagdmöglichkeiten bestehen und diesbezügliche Nachfrage vorliegt
Auch Jäger aus Stadtgebieten sollten Jagdmöglichkeit finden.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 38:
Einheimischen Jägern ausreichende Jagdmöglichkeiten zu gewähren, ist im Sinne der sozio-kulturellen Nachhaltigkeit als ein
vorrangiges Ziel zu betrachten. Auch kann davon ausgegangen werden, dass die Erfüllung ökologischer
Nachhaltigkeitsanforderungen einer guten Kenntnis des bejagten Reviers und der örtlichen naturräumlichen Voraussetzungen
bedarf, was durch Ortsansässigkeit begünstigt wird.
Dennoch sollten aber auch die jagdlichen Bedürfnisse von auswärtigen Jägern (Jagdgäste, Jäger ohne eigene Jagdmöglichkeit
vor Ort) in angemessener Weise und entsprechend den örtlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten (z.B. in Abhängigkeit
von der Reviergröße und dem Abschussplan) Berücksichtigung finden, um diese Gruppe nicht gänzlich von der Möglichkeit
zur Jagdausübung auszuschließen. Von auswärtigen Jägern muss hierbei eine fundierte Auseinandersetzung mit den
spezifischen lokalen Gegebenheiten erwartet werden; in Ländern mit Revierjagdsystem ist eine sachkundige Einweisung und
fachliche Führung durch einheimische Jäger vorteilhaft.
Kriterium 39: Bereitstellung jagdlicher Arbeitsplätze
Erläuterung: Die Jagd kann durch die Bereitstellung von Arbeitsplätzen, z.B. in den Bereichen Wildfütterung, Errichtung
und Betreuung von Reviereinrichtungen, Führung von Jagdgästen oder Kontrolle von Fangeinrichtungen, zur lokalen
Arbeitsplatzsicherung beitragen. Die Beschäftigung jagdlichen Personals kann von Vollzeit- bis zu
Gelegenheitsarbeitskräften reichen.
Indikation und Wertung:
Bestehende Möglichkeiten einer lokalen Arbeitsplatzsicherung im jagdlichen Bereich werden vom Jagdinhaber
ausgeschöpft
Vom Jagdinhaber werden jagdliche Arbeitsplätze bereitgestellt, es werden jedoch nicht alle Möglichkeiten einer
lokalen Arbeitsplatzsicherung ausgeschöpft
Potenzielle jagdliche Arbeitsplätze werden vom Jagdinhaber nicht angeboten
Die praktizierte Jagdwirtschaft ist für die lokale Arbeitsplatzsituation kontraproduktiv
Arbeitsplätze schaffen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 39:
Arbeit fällt in den Jagdgebieten der verschiedenen Lebensraumtypen in sehr unterschiedlichem Ausmaß an. Sie kann von der
mehr als ein halbes Jahr dauernden Wildfütterung über die ausschließliche Errichtung und Betreuung von
Reviereinrichtungen, die Führung von Jagdgästen, eine aufwändige Reviergestaltung und Biotoppflegemaßnahmen bis zur
Organisation von Gesellschaftsjagden und zur regelmäßigen Kontrolle von Fangeinrichtungen reichen. Natürlich ist der
Arbeitsumfang auch von der Reviergröße abhängig. Es besteht somit - abgesehen von der in den Bundesländern z.T.
unterschiedlich geregelten Verpflichtung zur Einstellung von Berufsjägern - die Möglichkeit der Beschäftigung weiteren
jagdlichen Personals, von Vollzeit- bis zu Gelegenheitsarbeitskräften. Die vorrangige Einbindung von einheimischen
Arbeitskräften ist unter anderem auch wegen deren Ortskenntnis wünschenswert.
Kriterium 40: Dokumentation von Unstimmigkeiten bei der lokalen Behörde
Erläuterung: Es ist generell erstrebenswert, dass die Jagdausübung eine breite Akzeptanz bei der ortsansässigen
Bevölkerung findet. Ob eine Berücksichtigung anderer sozialer und wirtschaftlicher Bereiche (insbesondere Vertreter
nichtjagdlicher Landnutzergruppen sowie Grundeigentümer) stattfindet oder nicht, kann durch die Dokumentation von
Unstimmigkeiten bei der lokalen Behörde festgestellt werden.
Indikation und Wertung:
Die Jagd wird unter Berücksichtigung anderer sozialer und wirtschaftlicher Bereiche durchgeführt, es gibt keine
dokumentierten Unstimmigkeiten mit der Bevölkerung
Die Jagd wird nicht unter Berücksichtigung der Bevölkerung durchgeführt, Unstimmigkeiten sind bei der lokalen
Behörde dokumentiert
Unstimmigkeiten mit Bevölkerung vermeiden.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 40:
Die Berücksichtigung der Interessen und Meinungen der ortsansässigen Bevölkerung ist aus sozio-kultureller Sicht von
vorrangiger Bedeutung für die Akzeptanz der Jagd, v.a. weil Unstimmigkeiten über die praktische Jagdausübung von der
örtlichen Ebene ausgehen können. Hierfür ist ein fairer Ausgleich von auftretenden unterschiedlichen Interessen erforderlich,
der alle betroffenen nichtjagdlichen Interessenträger (Vertreter anderer Nutzungen) miteinschließt. Insbesondere ist bei der
Jagdausübung auf die Wahrung berechtigter Interessen der Grundeigentümer zu achten.
Daher ist es erstrebenswert, dass die Jagd unter Berücksichtigung anderer sozialer und wirtschaftlicher Bereiche, deren
Interessen vor Ort durch die Jagd berührt werden, durchgeführt wird. Ganz besonders gilt dies für Genossenschaftsjagden
und Pachtjagden, wo der Pächter auf fremdem Grund und Boden jagt. Ob eine solche Berücksichtigung existiert oder nicht,
kann durch die Dokumentation von Unstimmigkeiten bei der lokalen Behörde festgestellt werden.
Kriterium 41: Aktive Einbeziehung und Information nichtjagdlicher örtlicher Interessen- und Landnutzergruppen
Erläuterung: Die Einbeziehung und Berücksichtigung nichtjagdlicher Interessen vor Ort kann auch daran gemessen werden,
ob andere Landnutzer, Grundeigentümer, Interessenträger und gesellschaftliche Gruppen bzw. deren jeweilige Vertreter aktiv
zur Zusammenarbeit, zur Koordination oder auch nur zur Information eingeladen werden, um zur gesellschaftlichen
Akzeptanz jagdlicher Maßnahmen beizutragen. Dies ist nicht mit einer Mitbestimmung im Sinne eines formellen
Stimmrechts in rein jagdlichen Gremien zu verwechseln. Als Organisationsformen für den Meinungsaustausch und die
wechselseitige Abstimmung kommen z.B. in Betracht: Einladungen zu Jagdausschusssitzungen, erweiterte HegeringVersammlungen, Kommunikationsplattformen, regelmäßige Informations- und Diskussionsveranstaltungen, oder auch
regelmäßige Stammtische.
Indikation und Wertung:
Nichtjagdliche örtliche Bevölkerungsgruppen werden aktiv zum regelmäßigen wechselseitigen Informationsaustausch
über wild- und jagdrelevante Maßnahmen eingeladen
Nichtjagdliche örtliche Bevölkerungsgruppen werden aktiv über jagdliche Aktivitäten informiert
Nichtjagdliche örtliche Bevölkerungsgruppen werden weder aktiv zum wechselseitigen Informationsaustausch
eingeladen noch aktiv informiert
Kontakte mit nichtjagdlicher Interessengruppen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 41:
Die Einbeziehung und Berücksichtigung nichtjagdlicher Interessen vor Ort kann auch daran gemessen werden, ob andere
Landnutzer, Interessenträger und gesellschaftliche Gruppen bzw. deren jeweilige Vertreter aktiv zur Zusammenarbeit, zur
Koordination oder auch nur zur Information eingeladen werden, um zur gesellschaftlichen Akzeptanz jagdlicher Maßnahmen
beizutragen. Dies ist nicht mit einer Mitbestimmung im Sinne eines formellen Stimmrechts in rein jagdlichen Gremien zu
verwechseln. Außerdem ist die Mitbestimmung der Grundeigentümer in Fragen der jagdlichen Bewirtschaftung notwendig,
um den Interessenausgleich zwischen Grundeigentümern und Jagdausübungsberechtigten zu gewährleisten.
Jede Form der Einbeziehung erfordert regelmäßige Kommunikation zwischen allen Betroffenen und Interessierten, z.B. den
Grundeigentümern, Jagdausübungsberechtigten, allen (potenziell) betroffenen Landnutzern sowie der örtlichen Bevölkerung.
Durch regelmäßige Absprachen können viele Unstimmigkeiten vermieden, im Vorfeld vermindert oder zumindest rasch nach
deren Auftreten bereinigt werden. Beispiele für Akteursgruppen, die in Wechselwirkung mit der Jagd stehen können, sind
neben den Grundeigentümern: Forstwirte, Landwirte, Fischzüchter, Sportfischer, Alpinvereine, Tourismusvereine,
Naturschutzorganisationen, Gemeindepolitiker, Straßenverwaltungen oder Projektbetreiber, aber auch Eigentümer
angrenzender Grundstücke und Nachbarreviere. Zwar können Absprachen auch unregelmäßig und informell erfolgen, jedoch
bieten etablierte, organisierte und regelmäßig stattfindende Treffen einen besser geeigneten Rahmen und sind ein Zeichen
dafür, dass sich Jäger im Sinne einer guten Diskussionskultur offen und aktiv für ein gutes Gesprächsklima einsetzen. Als
organisatorische Instrumente für den Meinungsaustausch und die wechselseitige Abstimmung kommen z.B. in Betracht:
Einladungen zu Jagdausschusssitzungen, erweiterte Hegering-Versammlungen, Kommunikationsplattformen, regelmäßige
Informations- und Diskussionsveranstaltungen, oder auch regelmäßige Stammtische.
Kriterium 42: Gesellschaftliches Engagement der Jäger und regelmäßiger kommunikativer Austausch mit der
nichtjagenden Bevölkerung
Erläuterung: Soziale Kontakte und der Meinungsaustausch mit der nichtjagenden Bevölkerung beeinflussen maßgeblich das
Meinungsbild, das Jäger und Nicht-Jäger voneinander haben. Wechselseitige Vorurteile können am ehesten durch
regelmäßige Kommunikation abgebaut werden. Dies erfordert Anstrengungen auf beiden Seiten. Hier kann allerdings nur das
aktive Engagement der Jäger bewertet werden, z.B. anhand der Häufigkeit von öffentlichen geselligen Veranstaltungen (wie
Hubertusfeiern,
Informationsstände
auf
Dorffesten,
Wildbretvermarktungsveranstaltungen,
wildpädagogische
Veranstaltungen etc.) oder anhand der Zahl aktiver Mitgliedschaften von Jägern in nichtjagdlichen gesellschaftlichen
Gremien (wie Vereinen, politischen Organen, Organisationen etc.). Durch derartige Aktivitäten kann die gesellschaftliche
Integration der Jagd gefördert werden.
Indikation und Wertung:
Die Jäger engagieren sich gesellschaftlich stark und pflegen aktiv regelmäßigen kommunikativen Austausch mit der
nichtjagenden Bevölkerung (z.B. durch gemeinsame Veranstaltungen oder über aktive Mitgliedschaften von Jägern in
nichtjagdlichen gesellschaftlichen Gremien)
Die Jäger engagieren sich gesellschaftlich nur wenig oder gar nicht; aktiver kommunikativer Austausch mit der
nichtjagenden Bevölkerung findet nur selten statt
Gesellschaftliche Aktivitäten der Jäger.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 42:
Die Integration von Jägern in die Gesellschaft ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass das jagdliche Tun breite Akzeptanz
und Verständnis findet. Das Verhältnis zwischen Jägern und der Gesamtgesellschaft ist in jagdpolitischer Hinsicht für die
zukünftigen Rahmenbedingungen, unter denen die Jagd stattfindet, von wesentlicher Bedeutung.
Die Häufigkeit, Intensität und Qualität der sozialen Kontakte und des Gedanken- und Meinungsaustauschs mit der
nichtjagenden Bevölkerung beeinflussen maßgeblich das Meinungsbild, das Jäger und Nicht-Jäger voneinander haben.
Wechselseitige Vorurteile können am ehesten durch regelmäßige Kommunikation abgebaut werden. Dies erfordert
Anstrengungen auf beiden Seiten; im vorliegenden Bewertungsset kann allerdings nur das aktive Engagement der Jäger
bewertet werden. Geeignete Rahmenbedingungen und Anlässe können den kommunikativen Austausch bedeutend fördern.
Als Indiz dafür, wie intensiv Jäger den Kontakt mit der breiteren Gesellschaft pflegen, können z.B. die Häufigkeit von
gemeinsamen, im öffentlichen oder halböffentlichen Raum stattfindenden geselligen Veranstaltungen - wie Hubertusfeiern,
Informationsstände auf Dorffesten, Wildbretvermarktungsveranstaltungen, wildpädagogische Veranstaltungen etc. herangezogen werden. Ein weiteres Indiz sind aktive Mitgliedschaften von Jägern in nichtjagdlichen gesellschaftlichen
Gremien, wie Vereinen, politischen Organen, Organisationen etc.. Derartige Aktivitäten bieten die Möglichkeit,
jagdrelevante Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und die gesellschaftliche Integration der Jagd zu fördern.
Kriterium 43: Berücksichtigung der breiteren öffentlichen Meinung
Erläuterung: Auf begründete, sachliche Kritik an bestimmten Formen der Jagdausübung sollte eingegangen werden, indem
diese bedacht und diskutiert wird. Um die Zukunft der Jagd zu sichern, können gesellschaftliche Veränderungen es
erforderlich machen, dass manche traditionellen jagdlichen Praktiken und Denkweisen überdacht werden müssen. Dies kann
z.B. dadurch dokumentiert werden, dass Meinungen der breiteren Gesellschaft, repräsentiert z.B. durch Standpunkte von
bedeutenden Organisationen, in Jagd- oder Hegering-Versammlungen besprochen werden und dies in Sitzungsprotokollen
festgehalten wird.
Indikation und Wertung:
Öffentliche Standpunkte der Gesellschaft bzw. repräsentativer Organisationen werden nachweislich berücksichtigt
Öffentliche Standpunkte der Gesellschaft bzw. repräsentativer Organisationen werden nicht berücksichtigt
Öffentliche Meinung positiv beeinflussen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 43:
Die Akzeptanz jagdlichen Tuns bei der Bevölkerung ist sowohl auf der örtlichen Ebene als auch in der öffentlichen Meinung
insgesamt erstrebenswert. Gerade in Zeiten, in denen bei vielen Bevölkerungsgruppen das Verständnis für das jagdliche Tun
im Sinken begriffen ist oder dieses sogar generell abgelehnt wird, ist es für Jäger wesentlich, den Meinungsaustausch zu
suchen und in die Gesellschaft integriert zu sein, um die Zukunft der Jagd zu sichern. Dies schließt auch die
Auseinandersetzung mit Argumenten von Gegnern der Jagd ein. Sektorales Gruppendenken ist dabei oft hinderlich.
Akzeptanz und Toleranz muss dabei von allen Beteiligten aufgebracht und erarbeitet werden, erfordert aber jedenfalls die
Bereitschaft zur offenen Kommunikation. Durch die Öffnung der Jagd gegenüber der Gesellschaft können auch Jagdkritikern
jagdliche Argumente näher gebracht, die Diskussion um die Jagd versachlicht und so manche Meinungsverschiedenheit
entschärft werden. Das 'Miteinander-Reden' ist dabei selbstverständlich als ein Zwei-Weg-Prozess zu sehen; die Bereitschaft
dazu muss auf beiden Seiten aufgebracht werden. Hier kann allerdings nur der Beitrag auf Seiten der Jagd bewertet werden.
Auf begründete, sachliche Kritik an bestimmten Formen der Jagdausübung sollte eingegangen werden, indem diese bedacht
und diskutiert wird. Gesellschaftliche Veränderungen können es erforderlich machen, dass manche traditionellen jagdlichen
Praktiken und Denkweisen überdacht werden müssen. Damit ist nicht die Anpassung an Moden und kurzlebige
Zeitgeisterscheinungen gemeint, sondern die aktive Auseinandersetzung mit veränderten gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen, denen sich auch die Jagd nicht entziehen kann. Dies kann z.B. dadurch dokumentiert werden, dass
Meinungen der breiteren Gesellschaft, repräsentiert z.B. durch Standpunkte von bedeutenden Organisationen, in Jagd- oder
Hegering-Versammlungen besprochen werden und dies in Sitzungsprotokollen festgehalten wird.
Kriterium 44: Vertrautheit der Wildtiere
Erläuterung: Wild ist vertraut, wenn es sich gegenüber dem Menschen wenig scheu verhält, wobei artspezifische
Unterschiede zu berücksichtigen sind. Vertrautheit ist für die möglichst stressarme Nutzbarkeit menschlich genutzter
Teillebensräume durch Wildtiere wichtig (z.B. Äsungsflächen im offenen Gelände). Die Vertrautheit der bejagten und der
nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist auch von der jagdbedingten Beunruhigung des Wildes abhängig: je
niedriger der Jagddruck, desto höher die Vertrautheit.
Indikation und Wertung:
Die Vertrautheit der bejagten und der nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist durch minimalen
Jagddruck artspezifisch sehr hoch
Die Vertrautheit der bejagten und der nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist abgesehen von wenigen
lokalen Ausnahmen durch geringen Jagddruck artspezifisch hoch
Die Vertrautheit der bejagten und/oder der nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist durch hohen
Jagddruck artspezifisch niedrig
Die Vertrautheit der bejagten und/oder der nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist durch extremen
Jagddruck artspezifisch sehr niedrig
Jagdliche Beunruhigung (Jagddruck) gering halten (Ausnahme: lokale Schwerpunktbejagungsgebiete).
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 44:
Für die sozio-kulturelle Nachhaltigkeit der Jagd ist eine jagdliche Ethik wesentlich, die sich am Wohlbefinden des Wildes
orientiert. Hierzu sollt die Jagd mit geringst möglicher Beeinträchtigung der Lebensweise der Wildtiere ausgeübt werden. Ein
wesentlicher Indikator hierfür ist die Vertrautheit der Wildtiere.
Wild ist vertraut, wenn es sich gegenüber dem Menschen wenig scheu verhält, wobei artspezifische Unterschiede zu
berücksichtigen sind. Die Vertrautheit der bejagten und der nicht bejagten Wildtiere gegenüber dem Menschen ist auch von
der jagdbedingten Beunruhigung des Wildes abhängig: je niedriger der Jagddruck, desto höher die Vertrautheit der bejagten
und der nicht bejagten Wildtiere. Die Störwirkung anderer anthropogener Nutzungen des Wildlebensraumes wird von der
Intensität des Jagddruckes maßgeblich beeinflusst. Ein hohes Maß an Vertrautheit ist für einen möglichst stressfreien
Aufenthalt der Wildtiere in den vom Menschen genutzten Bereichen des Wildlebensraumes wichtig, und damit auch für die
Zugänglichkeit wichtiger Teillebensräume, wie z.B. guter Äsungsflächen im offenen Gelände.
Mit 'Vertrautheit' nicht gemeint ist ein nicht mehr wildtiertypisches Verhalten, das durch übermäßige Gewöhnung an den
Menschen entstehen kann (z.B. 'futterzahme' oder aggressive Tiere).
Die Vertrautheit der Wildtiere kann hier naturgemäß nicht als exakter Messwert für jede Wildart angegeben werden. Durch
den beobachtenden Vergleich der Vertrautheit der Wildtiere in Revierteilen mit unterschiedlichem Jagddruck können jedoch
für die verschiedenen Wildarten sehr gut anwendbare artspezifische Richtwerte (Fluchtdistanz!) gewonnen werden.
Kriterium 45: Übertretungen von tierschutzrelevanten Gesetzesbestimmungen
Erläuterung: Dem bejagten Wildtier keine oder geringst mögliche Qualen zuzufügen sollte ein zentrales Ziel der
Jagdausübung sein. Eine entsprechende Kontrolle einer tierschutzkonformen Bejagung ist durch eine Rückfrage bei
Lokalbehörden bezüglich Verurteilungen gegen tierschutzrelevante Gesetzesbestimmungen möglich.
Indikation und Wertung:
Es liegen keine Übertretungen tierschutzrelevanter Gesetzesbestimmungen vor
Es gibt Übertretung(en) tierschutzrelevanter Gesetzesbestimmungen
Tierschutzanliegen beachten.
Keine ausführlichen Erläuterung zu Kriterium 45 !
Kriterium 46: Training der Schießfertigkeit
Erläuterung: Die jagdliche Ethik orientiert sich am Wohlbefinden des Wildes und erfordert, dass die Jagdausübung mit
geringst möglichen Qualen für das Wildtier verbunden ist. Das Training der Schießfertigkeit bedeutet daher auch eine
moralische Verpflichtung des Jägers.
Indikation und Wertung:
Erfolgreiches Schießtraining ist jährlich nachweisbar
Erfolgreiches Schießtraining ist nicht jährlich nachweisbar
Treffsicherheit gewährleisten.
Keine ausführlichen Erläuterung zu Kriterium 46 !
Kriterium 47: Einsatz von Gift bei der Jagdausübung
Erläuterung: Der Einsatz von Gift bei der Jagdausübung verursacht unnötige Qualen für Wildtiere.
Indikation und Wertung:
Gift wird im Rahmen der Jagdausübung nicht verwendet
Gift wird im Rahmen der Jagdausübung verwendet
Kein Gifteinsatz.
Keine ausführlichen Erläuterung zu Kriterium 47 !
Kriterium 48: Veräußerung (Weitergabe, Verkauf) von Wildtieren aus Gattern oder Volieren zur Bejagung
Erläuterung: Eine nachhaltige Jagd sollte sich an der Bejagung von in der freien Wildbahn selbst reproduzierenden
Wildtieren orientieren. Demgegenüber werden in manchen Jagdgebieten Wildtiere aus (Zucht) Gattern oder Volieren
verwendet und vor der Abhaltung von Jagden in Jagdgebieten ausgelassen, um bereits im Jahr der Aussetzung höhere
Jagdstrecken zu erzielen (Fasan, Stockente, etc.). Die Veräußerung (Weitergabe, Verkauf) von Wildtieren, die aus Züchtung
oder Haltung für jagdsportliche Zwecke stammen, schafft die Voraussetzung für diese Praxis und ist aus jagdethischer Sicht
abzulehnen.
Die tierschutz- und artgerechte Auswilderung von Wildtieren autochthoner Arten zur Erhaltung selbst reproduzierender
Wildtierpopulationen (deren Bestände z.B. durch extreme Umweltbedingungen oder -veränderungen stark dezimiert sind)
wird durch dieses Kriterium unter bestimmten Bedingungen nicht ausgeschlossen.
Indikation und Wertung:
Es werden keine aus Gattern oder Volieren stammenden Wildtiere zur Bejagung veräußert
Es werden aus Gattern oder Volieren stammenden Wildtiere zur Bejagung veräußert
Kein Gatterwild zur Bejagung abgeben.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 48:
In manchen Jagdgebieten werden Wildtiere aus (Zucht) Gattern oder Volieren verwendet und vor der Abhaltung von Jagden
in Jagdgebieten ausgelassen, um bereits im Jahr der Aussetzung höhere Jagdstrecken zu erzielen. Besonders trifft dies auf
den Fasan (sogenannte 'Kistlfasane'), die Stockente, das Wildschwein und in manchen westeuropäischen Ländern auf das
Rothuhn zu (siehe auch Kriterium 25). Mitunter werden die Tiere auch knapp vor Beginn der Jagd in Einzelkäfige in die
Nähe von Schützenständen verfrachtet, um sie während der Jagd in den Schußbereich vor dem Schützen auszulassen. Dies
geht teilweise so weit, dass die Stückzahlen der Strecke und beim Wildschwein auch die Stärke der Tiere vor der Jagd
'vorbestellt' werden können. Überdies haben jene Fasane und Rothühner, die auf diese Art und Weise ausgebracht werden
und die Jagden überleben, in weiterer Folge nur eine geringe Chance, in freier Wildbahn zu überleben.
Sowohl die Veräußerung von Wildtieren, die aus Züchtung oder Haltung für jagdsportliche Zwecke stammen, als auch die
Freilassung solcher Tiere für die Abhaltung von Jagden sind aus jagdethischer Sicht abzulehnen.
Die tierschutz- und artgerechte Auswilderung von Wildtieren autochthoner Arten zur Erhaltung selbst reproduzierender
Wildtierpopulationen (deren Bestände z.B. durch extreme Umweltbedingungen oder -veränderungen stark dezimiert sind)
wird durch dieses Kriterium nicht ausgeschlossen. Eine Freilassung kurz vor der Abhaltung von Jagden zum Zweck der
Erzielung höherer Jagdstrecken ist jedoch mit sozio-kulturellen Nachhaltigkeitsanforderungen nicht vereinbar. Die Erfüllung
dieses Kriteriums erfordert daher, dass die Bejagung nach der Auswilderung für einen angemessenen Zeitraum ausgesetzt
wird, und dass durch die darauffolgende Bejagung nicht ein Großteil der ausgewilderten Tiere wieder entnommen wird.
Das Ausbrüten und Aufziehen von 'ausgemähten' oder davon bedrohten Gelegen und das anschließende Wiederfreilassen
dieser Wildtiere ist bei der Beurteilung dieses Kriteriums ausgenommen.
Kriterium 49: Freilassung von Wildtieren aus Gattern und Volieren zur Bejagung
Erläuterung: In manchen Jagdgebieten werden Wildtiere aus (Zucht) Gattern oder Volieren verwendet und vor der
Abhaltung von Jagden in Jagdgebieten ausgelassen, um bereits im Jahr der Aussetzung höhere Jagdstrecken zu erzielen
(Fasan, Stockente, etc.). Die Freilassung von Wildtieren, die aus Züchtung oder Haltung für jagdsportliche Zwecke stammen,
zur Abhaltung von Jagden ist unter jagdethischen Gesichtspunkten sowie aus Sicht einer nachhaltigen Jagd, die sich an der
Bejagung von in der freien Wildbahn selbst reproduzierenden Wildtieren orientiert, abzulehnen. Zudem haben jene Fasane
und Rothühner, die auf diese Art und Weise ausgebracht werden und die Jagden überleben, in weiterer Folge nur eine geringe
Chance, in freier Wildbahn zu überleben.
Die tierschutz- und artgerechte Auswilderung von Wildtieren autochthoner Arten zur Erhaltung selbst reproduzierender
Wildtierpopulationen (deren Bestände z.B. durch extreme Umweltbedingungen oder -veränderungen stark dezimiert sind)
wird durch dieses Kriterium unter bestimmten Bedingungen nicht ausgeschlossen.
Das Ausbrüten und Aufziehen von 'ausgemähten' oder davon bedrohten Gelegen und das anschließende Wiederfreilassen
dieser Wildtiere ist bei der Beurteilung ausgenommen.
Indikation und Wertung:
Es werden keine aus Gattern oder Volieren stammenden Wildtiere zur Bejagung freigelassen
Es werden aus Gattern oder Volieren stammenden Wildtiere zur Bejagung freigelassen
Kein Gatterwild zur Bejagung aussetzen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 49:
In manchen Jagdgebieten werden Wildtiere aus (Zucht) Gattern oder Volieren verwendet und vor der Abhaltung von Jagden
in Jagdgebieten ausgelassen, um bereits im Jahr der Aussetzung höhere Jagdstrecken zu erzielen. Besonders trifft dies auf
den Fasan (sogenannte 'Kistlfasane'), die Stockente, das Wildschwein und in manchen westeuropäischen Ländern auf das
Rothuhn zu (siehe auch Kriterium 25). Mitunter werden die Tiere auch knapp vor Beginn der Jagd in Einzelkäfige in die
Nähe von Schützenständen verfrachtet, um sie während der Jagd in den Schußbereich vor dem Schützen auszulassen. Dies
geht teilweise so weit, dass die Stückzahlen der Strecke und beim Wildschwein auch die Stärke der Tiere vor der Jagd
'vorbestellt' werden können. Überdies haben jene Fasane und Rothühner, die auf diese Art und Weise ausgebracht werden
und die Jagden überleben, in weiterer Folge nur eine geringe Chance, in freier Wildbahn zu überleben.
Sowohl die Veräußerung von Wildtieren, die aus Züchtung oder Haltung für jagdsportliche Zwecke stammen, als auch die
Freilassung solcher Tiere für die Abhaltung von Jagden sind aus jagdethischer Sicht abzulehnen.
Die tierschutz- und artgerechte Auswilderung von Wildtieren autochthoner Arten zur Erhaltung selbst reproduzierender
Wildtierpopulationen (deren Bestände z.B. durch extreme Umweltbedingungen oder -veränderungen stark dezimiert sind)
wird durch dieses Kriterium nicht ausgeschlossen. Eine Freilassung kurz vor der Abhaltung von Jagden zum Zweck der
Erzielung höherer Jagdstrecken ist jedoch mit sozio-kulturellen Nachhaltigkeitsanforderungen nicht vereinbar. Die Erfüllung
dieses Kriteriums erfordert daher, dass die Bejagung nach der Auswilderung für einen angemessenen Zeitraum ausgesetzt
wird, und dass durch die darauffolgende Bejagung nicht ein Großteil der ausgewilderten Tiere wieder entnommen wird.
Das Ausbrüten und Aufziehen von 'ausgemähten' oder davon bedrohten Gelegen und das anschließende Wiederfreilassen
dieser Wildtiere ist bei der Beurteilung dieses Kriteriums ausgenommen.
Abschüsse von Wildtieren in Gattern mit intensiven landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen fallen hier nicht unter den
Begriff der Jagd, wodurch sie aus der vorliegenden jagdlichen Nachhaltigkeitsbeurteilung ausscheiden. Jagdgatter mit
extensiven Produktionsbedingungen können sich der vorliegenden jagdlichen Nachhaltigkeitsbeurteilung unterziehen (zu
beachten ist dabei, dass gewisse Indikatoren aufgrund der vorhandenen Einzäunung nicht anwendbar sind).
Kriterium 50: Pflege der Jagdkultur
Erläuterung: Unter 'Jagdkultur' sind hier alle mit der Jagd in Zusammenhang stehenden Traditionen und Gebräuche zu
verstehen, die mit kulturellen Tätigkeiten und Ausdrucksformen einher gehen, einschließlich Traditionsveranstaltungen,
Musik, Kunst, Literatur, Zunftsprache etc..
Indikation und Wertung:
Jagdliches Brauchtum wird nachweislich regelmäßig gepflegt
Jagdliches Brauchtum wird nicht gepflegt
Jagdkultur pflegen.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 50:
Jagdkultur und jagdliches Brauchtum sind wesentliche Bestandteile des Selbstverständnisses und der Identität von Jagd und
Jägern, aber auch des ländlichen Raumes insgesamt. Um sie zu erhalten, müssen sie gelebt, praktiziert und zeitgemäß
angepasst werden. Der Verlust von Traditionen ist oft irreversibel.
Unter 'Jagdkultur' sind hier alle mit der Jagd in Zusammenhang stehenden Traditionen und Gebräuche zu verstehen, die mit
kulturellen Tätigkeiten und Ausdrucksformen einher gehen, einschließlich Traditionsveranstaltungen, Musik, Kunst,
Literatur, Zunftsprache etc..
Kriterium 51: Überprüfung jagdlicher Verhaltensweisen durch regelmäßige Aktualisierung des Wissensstandes
Erläuterung: Gesellschaftliche und durch den Wissensfortschritt bedingte Veränderungen können es erforderlich machen,
traditionelle jagdliche Verhaltensregeln zu hinterfragen und erforderlichenfalls anzupassen. Die Voraussetzung für jede
Weiterentwicklung traditioneller Vorstellungen von Jagdethik bzw. Weidgerechtigkeit ist, dass eine regelmäßige
Auseinandersetzung mit neuen praxisrelevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen stattfindet. Dies ist aufgrund ihrer großen
Verantwortung insbesondere auch für Jagdfunktionäre wichtig. Die betreffenden Informationen müssen in der Regel aktiv
vom Jäger eingeholt werden. Daher ist die regelmäßige Aus- und Weiterbildung aller Jagdausübenden wünschenswert. Dies
kann z.B. durch den regelmäßigen Besuch von einschlägigen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen (Vorträge,
Jägertagungen, Diskussionsveranstaltungen, Exkursionen etc.) dokumentiert werden.
Indikation und Wertung:
Es wurden in den letzten drei Jahren mehrere Aus- und Fortbildungsaktivitäten (Veranstaltungen, Exkursionen)
absolviert
Es wurde in den letzten drei Jahren eine der genannten Aus- und Fortbildungsaktivitäten absolviert
Es wurde in den letzten drei Jahren keine der genannten Aus- und Fortbildungsaktivitäten absolviert
Wissensstand regelmäßig erneuern.
Ausführliche Erläuterung zu Kriterium 51:
Jagdliche Verhaltensregeln und Normen der Jagdethik sind zeitlichen und gesellschaftlichen Veränderungen unterworfen.
Zum einen verändern sich Wertvorstellungen mit der Zeit, zum anderen trägt die Wissenschaft durch neue Erkenntnisse und
Forschungsergebnisse zur ständigen Erweiterung des (wild)ökologischen Wissensstandes bei. Dies kann es notwendig
machen, traditionelle jagdliche Verhaltensregeln - quasi den ungeschriebenen jagdethischen Verhaltenskodex - zu
hinterfragen und erforderlichenfalls anzupassen. Insbesondere verlangt es die Achtung vor dem Tier und der Natur,
möglicherweise nicht mehr zeitgemäße Vorstellungen von Weidgerechtigkeit ökologischen Erfordernissen sowie Natur- und
Tierschutzkriterien unterzuordnen. So sind zum Beispiel der bevorzugte Abschuss von Wildtieren ausschließlich nach
trophäenästhetischen Kriterien (siehe Kriterium 23) oder die generelle Nicht-Duldung von Raubwild (siehe auch Kriterium 2)
aus heutiger Sicht problematisch.
Die Voraussetzung für jede Weiterentwicklung traditioneller Vorstellungen von Jagdethik bzw. Weidgerechtigkeit ist, dass
eine regelmäßige Auseinandersetzung mit neuen praxisrelevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen und wildbiologischen
bzw. jagdkundlichen Forschungsergebnissen stattfindet. Zwar soll sich die Wissenschaft vermehrt um die Weitergabe von
Informationen an die Jagdpraxis bemühen, doch besteht diesbezüglich auch eine 'Holschuld' seitens der Jägerschaft, d.h. die
Informationen müssen in der Regel aktiv eingeholt werden. Die Verantwortung des Jägers für die ihm anvertrauten Wildtiere
erfordert, dass das jeweils beste verfügbare Wissen in der Jagdpraxis umgesetzt wird.
Eine besonders hohe wildökologische, jagdwirtschaftliche und jagdethische Qualifikation ist insbesondere auch für
Jagdfunktionäre wichtig. Diese tragen als gewählte Vertreter der Jägerschaft eine große Verantwortung: sie bestimmen
maßgeblich die Jagdausübung in ihrem Zuständigkeitsbereich und sind teils auch in der Lage, auf die Gestaltung von
Jagdgesetzen Einfluss auszuüben. Gleichzeitig prägen sie das Bild der Jägerschaft in der Öffentlichkeit - sowohl im täglichen
Jagdgeschehen als auch bei Veranstaltungen und in den Medien. Zudem üben sie eine Vorbildfunktion nach innen aus.
Die regelmäßige Aus- und Weiterbildung aller Jagdausübenden ist daher wünschenswert. Diese kann durch alle geeigneten
Aktivitäten dokumentiert werden, die zu einer qualitativ hochwertigen Wissensvermittlung beitragen. Beispiele hierfür sind
der regelmäßige Besuch von einschlägigen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen (Vorträge, Jägertagungen,
Diskussionsveranstaltungen, Exkursionen etc.), aber auch die Auseinandersetzung mit Fachliteratur.