Multidimensionale Familientherapie

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Multidimensionale Familientherapie
Multidimensionale Familientherapie
Ein ambulantes Behandlungskonzept für
jugendliche Cannabisklienten und deren Familien
Andreas Gantner
Cannabiskonsum
…..und dann ?
Fachtag, Kreis Stormarn
14.März 2006,Bargteheide
www.therapieladen.de
www.drogen-und-du.de
Entwicklungen und Trends bei Cannabis
• Steigerung der Cannabisprävalenz bei Jugendlichen
• Zwischen 1994 und 2002 Versechsfachung der Nachfrage von
Klienten mit einem primären Cannabisproblemen in der
Drogenhilfe
• Vermehrte Auffälligkeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
u.a. wg. drogenbedingter Psychosen i. Zs. mit Cannabis
• Früher Einstieg, härtere Konsummuster, höherer THC-Gehalt
( bei Marihuana)
Trends in Forschung und Praxis bei Cannabis
Neue Erkenntnisse durch neurobiologische
Cannabisforschung (z.B. „die pupertierenden Ratten“
/M.Schneider)
Entwicklung von „Leitlinien für cannabisbezogene
Störungen“ (Udo Bonnet et.al.)
Neue Präventions- und Frühinterventionssprojekte
(„Quit the shit“, „realize it“, „Bekifft in der Schule“)
Neue Cannabis-Behandlungsstudien
(„INCANT“, „CANDIS“)
„Cannabis ist immer anders“
•Komplexes Wirkungsspektrum bei Cannabis
•Ausprägung der Konsummuster
•Funktionen und Motive des Konsums
•Psychischer und sozialer Kontext des
Konsums
Ausprägung der Konsummuster
Geringeres Risiko
Hohes Risiko
„weiches Konsummuster“
„hartes Konsummuster“
Dosis
geringe Dosis, niedriger
THC-Gehalt
Hohe Dosis, mehrere
Konsumeinheiten an einem Tag,
Bong rauchen
Frequenz des
Konsums
gelegentlicher Konsum,
nicht jedes Wochenende
regelmäßiger Konsum, mehrmals
in der Woche über einen längeren
Zeitraum
Mischkonsum
Keine anderen Drogen,
mäßiger Alkoholkonsum
zusätzlicher Konsum von anderen
Drogen und/oder regelmäßiger
Alkoholkonsum
Situation des
Konsums
Nur zu besonderen
Anlässen, nicht in Schule
oder Arbeit, nicht im
Straßenverkehr, nicht
alleine
Konsum in jeder beliebigen
Situation
Kriterien
Diagnostischer
Blickwinkel
Funktionen und Motive des
Cannabiskonsums
Substanzspezifisch/
Biochemisch
Komplexes Wirkungsspektrum!
euphorisierend
entspannend, beruhigend
halluzinogen
Jugendtypisch,
entwicklungs- und
psychosoziale
Perspektive
Entwicklungsaufgaben
Neugier und Risikoverhalten,
Gemeinschaftsgefühl
Selbsterfahrung, Cool sein, Anders sein
Protestverhalten, Ablösung vom Elternhaus
Autonomieentwicklung, Identitätsfindung
Copingstrategien
„Selbstmedikation“
Suchtdynamik
Regulierung innerer Spannung und Impulse
Anregung von Gedanken und Phantasien
Milderung von Ängsten
Reduktion von depressiven Stimmungen
Abwehr von Leere und Verlassenheitsgefühlen
„Heilmittel“,
medizinisch-
Appetitsteigerung
Schmerzlinderung
etc.
Psychischer und sozialer Kontext
des Konsums
Schutz und Risikofaktoren
Ausprägung
Einstiegsalter, Entwicklungsstand
Frühes Einstiegsalter (unter 16?),
körperliche und psychosoziale
Reifungsaspekte, Entwicklungschancen
und krisen
Psychische Gesundheit, Vulnerabilität Fähigkeiten und Kompetenzen, Komorbide
Störungen (z.B. Angststörungen, affektive
Störungen, ADHS, Psychoseerkrankung)
Familiäre Situation und Ressourcen
Unterstützung in der Familie, Partnerschaft
Bindungsverhalten, Sucht in der Familie,
Coabhängigkeit
Peer-group, Freundeskreis
Qualität von sozialen Beziehungen,
Ausmaß drogenbezogener Kontakte und
Beziehungen
Schulische, berufliche, soziale
Integration
Leistung in Schule, (Schulstress,
Schwänzen Sitzenbleiben) Berufseinstieg,
Jobchancen, Probleme mit Justiz
Zielgruppenspezifische Intervention
für Cannabiskonsumenten
Zielgruppe: Alle Konsumenten
Sekundärpräventive Konzepte
Ziele
Information, Förderung von Risikokompetenz
Selbsteinschätzung und Selbstreflexion
Hinausschieben des Konsumbeginns,
Risikobegleitung, Schadensbegrenzung
Beispiele aus der Praxis
drogen-und-du.de/Kiffertest, drugcom.de ,
www.feelok.ch, www.drugscouts.de,
Zielgruppenspezifische Intervention
für Cannabiskonsumenten
Zielgruppe: Problemkonsumenten
Früh- und Kurzintervention
Ziele und Inhalte
Sensibilisierung für eigene Problemlage
Differenzierte Problemeinschätzung,
Motivationsklärung, Begleitung von Interventionszielen
Methodik
Selbsttests, Fragebogen, Tagebuch
Motivierende Gesprächsführung (MI), Gruppenkurse
Beispiele aus der Praxis
„FreD“ „Move“„Quit the shit“, „realize it!´“ „feelok.ch“
Zielgruppenspezifische Intervention
für Cannabiskonsumenten
Zielgruppe: Cannabisabhängige
Suchttherapie/Psychotherapie/Familientherapie
Bisher keine evaluierte Therapieprogramme in Deutschland
Stationäre Entgiftung?
Ambulante/stationärer Behandlung
Psychotherapie vs. Suchttherapie
Behandlung komorbider Störungen (incl. Medikation)
Unterschiedliche und flexible Settings je nach Alter
und Schwere der Störung
Familienorientierte Settings und Ansatz
bei Jugendlichen und Bezugspersonen
Praxishintergrund Therapieladen
Seit 1985 Prävention und ambulante Therapie für
Cannabismissbraucher/abhängige (Drogenreferat
Berlin)
Seit 1994 ambulante Sucht-Reha-Therapie (SGB IX)
Seit 2000 ambulante PsychotherapieFamilientherapie für Jugendliche (SGB VIII,KJHG)
Präventionsprojekte (Cannabis denn Sünde sein?,
www.drogen-und-du.de)
Unser Behandlungskonzept
Interdisziplinärsozialpädagogisch/psychologisch/medizinisch
mit Schwerpunkt Psychotherapie
Methodenintegrativ, Störungsspezifisch
Flexible Therapiessettings
(Einzel-, Gruppen-, Familientherapie)
Individuelle Therapieziele und -gestaltung
Vernetzung mit komplementären
Angeboten
Cannabisspezifische Projekte und
Angebote
• “INCANT” Europäische Studie zu
familientherapeutischen Behandlung cannabisabhängiger
Jugendlicher (Schweiz, Niederlande, Belgien, Frankreich,
Deutschland) BMG
• “Double trouble” Psychoedukatives
Gruppentherapieangebot für Personen mit
Psychoseerkankung und Cannabismissbrauch
• „Quit the shit“ Internetbasiertes Ausstiegsprogramm für
jugendliche Cannabismissbraucher (50 Tage Tagebuchbegelitung)
BzGA
INCANT: Multidimensionale Familientherapie
für jugendliche Cannabisklienten
5 Länder Forschungsprojekt Cannabis: Zielgruppe
Cannabisabhängige Jugendliche mit Multiproblemverhalten
Auswahl eines in den USA evaluiertes ambulanten
Therapieprogramms (MDFT) für Jugendliche mit derzeit bestem
„Outcome“
Einführung und Schulung von MDFT in den ausgewählten
Behandlungseinrichtungen in einer Pilotstudie
2006-2009 Durchführung der Studie mit je 60 Familien in MDFT
und Kontrollbehandlungsgruppe.
Grundlagen des MDFT Ansatz
Der MDFT Ansatz basiert auf Kenntnissen
der Forschung zu Risiko- und
Schutzfaktoren von Substanzstörungen
einer sozial – ökologischen Perspektive
der Entwicklungspsychologie und
Entwicklungspsychopathologie
MDFT- Behandlungsmodell
Therapeutische Grundlage
Systemischer Therapieansatz
Strukturell- strategische Familientherapie
(Minuchin/Haley)
„GT Haltung“ und „CBT Elemente“
Case management im sozialen Feld
MDFT- Behandlungsmodell
Gleichzeitiges therapeutisches Arbeiten auf vier Ebenen
dem Jugendlichen: Verbesserung des Suchtverhaltens, der
psychischen- bzw. Verhaltensstörungen, der Schulleistung,
Entwicklungsaufgaben…
den Eltern: Verbesserung des Erziehungsverhalten, Hilfe bei eigenen
Problemen und Partnerschaftskonflikten
der Familie: Verbesserung der Kommunikation und des emotionalen
Klimas, Bearbeitung zentraler familiärer Konflikte.
dem sozialen Umfeld (Peers, Betreuer, Lehrer,
Ärzte): Einbeziehung und Nutzung sozialer Ressourcen, Verminderung
von sozialen Risikofaktoren
MDFT- Behandlungsmodell
Verbindung von Einzelsitzungen,
Familiensitzungen und sozialer Unterstützung
(Case management)
Jugendliche und Eltern in Einzelsitzungen
motivieren und zu gemeinsamen
Familiensitzungen vorbereiten
Soziales Umfeld als Ressource einbinden,
oder als Risikofaktor eindämmen
Durchführung von MDFT
Direktives, strukturiertes Vorgehen auf Basis einer
erarbeiteten Fallkonzeption
Phasenorientierung (3 Therapiephasen)
Zielorientierung und Sitzungsplanung für jede
Sitzung. Dichte Supervision
Hohe Sitzungsfrequenz (2-3wö) in flexiblen
Settings, aber Begrenzung in der Laufzeit (4-6
Monate)
Pragmatisch und kreativ im Einsatz von Methoden
(in der Einrichtung, telefonisch, aufsuchend)
Persönliches Fazit aus langjähriger Praxis mit
Cannabiskonsumenten
„Cannabis ist immer anders“ - und „Kiffer“ sind
verschieden! Die Arbeit mit Cannabiskonsumenten erlaubt
wenig Routine. --Genau hinschauen!
Die Arbeit mit jugendlichen Cannabisabhängigen erfordert
eine systemisch-familienorientierte Perspektive und eine
systemübergreifende Kooperation --Ziemlich schwierig!
Polarisierung und Ideologiesierung bleiben mit dem Thema
Cannabis verbunden! - Empfehlung: Eigene Haltung
gelegentlich überprüfen lassen, gemäß unseres
Präventionsmottos: --Check Dich selbst!
www.therapieladen.de
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!