Mobility Politics LA Style - Der Einfluss zivilgesellschaftlicher
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Mobility Politics LA Style - Der Einfluss zivilgesellschaftlicher
201 Mobility Politics LA Style - Der Einfluss zivilgesellschaftlicher Akteure auf die Verkehrsinfrastrukturpolitik in Los Angeles Deike Peters Verkehrsinfrastrukturpolitik ist in jeder Stadt ein hoch brisantes Thema. Schließlich geht es in der Regel im Rahmen knapper Ressourcen um Millionen- oder gar Milliardeninvestitionen, die dann über Jahrzehnte hinweg die Mobilitätsentscheidungen der Bewohner bestimmen und in der Folge wichtige Pfadabhängigkeiten in Bezug auf Standort- und Verkehrsmittelwahl nach sich ziehen. So ist es kaum verwunderlich, dass in einer so autoabhängigen Stadtregion wie Los Angeles die kostspielige Wiedereinführung schienengebundener Verkehrssysteme in Form von Untergrund-, Regional- und Stadtbahnen seit den 1980er sehr kontrovers diskutiert wird. Nach einem Überblick über die wesentlichen verkehrsinfrastrukturellen Richtungsentscheidungen und die verkehrspolitisch relevanten Akteure in der Metropolregion Los Angeles bespricht dieser Artikel zwei sehr verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure, die seit den 1990er Jahren einen nachweislichen Einfluss auf die Verkehrsinfrastrukturpolitk der Stadt hatten: die Los Angeles Bus Riders Union und Friends4Expo Transit. Verkehr und Verkehrsinfrastrukturpolitik in Los Angeles: Eine wechselvolle Geschichte1 Die heutigen Probleme städtischer Mobilität in Los Angeles sind eng verknüpft mit der Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung der Stadt. Los Angeles ist mit 2.308 Einwohnern pro Quadratkilometer mittlerweile die am dichtesten besiedelte Stadtregion der USA, dichter sogar noch als New York. Bevölkerungsmäßig ist Los Angeles derzeit nach New York die zweitgrößte Stadt in den USA, und Experten erwarten ein weiteres Anwachsen der Stadtregion von derzeit rund 17,6 Millionen auf bis zu 25-30 Millionen Einwohner in den kommenden Jahrzehnten. Die so genannte Los Angeles School of Urbanism schreibt der Metropole gar einen paradigmatischen Status unter postmodernen Stadtregionen zu, da sie im Gegensatz zu den Lehren der Chicago School of Urbanism des frühen 20. Jahrhunderts nicht um einen central business district (CBD), d.h. ein innerstädtisches Geschäftszentrum, organisiert ist. Weniger als sieben Prozent der regionalen Arbeitsplätze befinden sich in Downtown Los Angeles. Dort sind im Stadterneuerungsviertel um Bunker Hill seit den 1970er Jahren zwar eine Reihe von Hochhäusern entstanden, aber auch diese Ansammlung ist im Vergleich mit anderen amerikanischen Metropolen wie New York oder Chicago eher bescheiden. Los Angeles, der late bloomer (Spätblüher) unter Amerikas großen Metropolen, wurde von Anfang an konsequent als eine horizontale und polyzentrale Stadt entwickelt. Der Ursprung hierzu lag in dem am Anfang des 20. Jahrhundert von legendären Immobilien- und InvestorenTycoons wie Harry Chandler und Henry Huntington verfolgten Siedlungsschema, demzufolge suburbane Entwicklungsgebiete zunächst an das weitverzweigte Schienennetz der Red Car Interurban Passenger Rail Line der Pacific Electric Railway (die Huntington gehörte, vgl. Abb. 1) angebunden wurden und dann als vergleichsweise erschwingliche Einfamilienhausgrundstücke veräußert wurden. Das Betreiben der Red Cars wurde dabei bewusst als loss leader 202 Deike Peters (Verlustgeschäft) in Kauf genommen. Mit Beginn der 1930er Jahre waren jedoch die meisten der anliegenden Grundstücke entwickelt, die Instandhaltung der Straßenbahnen wurde zunehmend vernachlässigt und die ersten Red Cars wurden durch billigere Busse ersetzt. Trotzdem waren die interurbanen Red Cars und die städtischen Yellow Cars bis in die 1940er Jahre meist das effizienteste Verkehrsmittel in Los Angeles. Mit dem Ausbau der Freeways ab den späten 1950er Jahren schritt jedoch die Automobilisierung der sich weiterhin polyzentral entwickelnden Region rapide voran, und das Auto wurde zunehmend konkurrenzlos. Die letzte Red Car Tram fuhr im Jahre 1961, die vielen Tausend Kilometer Gleisanlagen wurden danach für Güterverkehr genutzt und fielen später entweder brach oder wurden überbaut. In der Folge wurde Los Angeles zum Inbegriff der amerikanischen Freeway-City, in der nur die ärmsten Teile der Bevölkerung auf den vergleichsweise langsamen und ineffizienten öffentlichen Nahverkehr mit Bussen angewiesen waren. (Vgl. z.B. Bottles 1987, Fulton 1997, Wachs 1997) Abb. 1: Das weitverzweigte Netz der Pacific Electric Railway Red Cars (Quelle: http://www.mitchglaser. com/journal/uploaded_images/pemap4blog-771901.jpg) Doch auch der motorisierte Individualverkehr ließ sehr schnell an Effizienz vermissen, denn sowohl die Autobahnen als auch die zentralen Stadtstraßen waren dem Ansturm der Fahrzeuge von Anfang an nicht gewachsen. Los Angeles ist nun seit über einem Jahrhundert eine Stadt mit starkem nahezu kontinuierlichem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, und die Verkehrsinfrastruktur ist chronisch überlastet. Außerdem wurde das ursprünglich geplante Autobahnnetz, welches die gesamte Stadt umsäumen sollte, aufgrund des Widerstands der Anlieger entlang der letzten wichtigen Trassen nie vollständig zu Ende gebaut. Dies betraf vor allem die Verbindungen im reichen und vornehmen Beverly Hills und in South Pasadena. Somit gibt es neben dem allgemeinen Kapazitätsproblem mehrere chronische Engpässe, die den Verkehr an den betreffenden Stellen jeden Tag für viele Stunden des Tages zum Erliegen bringen (vgl. auch Abb. 2). Insgesamt ist Los Angeles heute die von Staus und Verzögerungen am meisten betroffene Region der USA,2 und trotz beträchtlicher Kapazitätserweiterungen vor allem im südlichen Umland in Orange Country wird die Situation derzeit eher schlimmer Mobility Politics LA Style 203 als besser. Dies ist vor allem dem anhaltenden Wirtschaftsboom in der Region zuzuschreiben. Innerhalb der USA ist Los Angeles sowohl die Stadt mit den niedrigsten durchschnittlichen Haushaltseinkommen als auch die Stadt mit der größten Abhängigkeit vom privaten Automobil. Somit sind also auch Einwohner, die es sich eigentlich nicht leisten können, zur Anschaffung eines Autos gezwungen. Das einseitig autoabhängige Verkehrssystem der Region war aus der Perspektive eines nachhaltigen, ressourcenschonenden Wachstums schon immer höchst problematisch, so einfach und bequem es der autofahrenden Mehrheit der Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen auch erscheinen mochte. Da nun aber mehr und mehr Leute Fahrzeiten von weit über einer Stunde in Kauf nehmen müssen und Eltern in West LA und Santa Monica morgens zusätzlich eine dreiviertel Stunde brauchen, um ihre Kinder morgens in nahegelegenen Kindergärten und Schulen abzusetzen und sie dort nachmittags wieder abzuholen, beginnen auch hartgesottene Autofahrer langsam zu begreifen, dass Alternativen gefunden werden müssen. Eine einfache Pauschallösung ist jedoch keineswegs in Sicht, und die komplexe Situation erfordert eine differenzierte Antwort auf ein vielschichtiges Problem. Aufgrund der besonderen Siedlungsstruktur des polyzentrischen dense sprawl gibt es in Los Angeles nur sehr wenige Korridore, in denen sich die Verkehrsströme durch einen hochleistungsfähigen Schienenverkehr effektiv bündeln ließen. Im Gegensatz zu den typischen, eher sternförmigen Pendlerströmen traditioneller, vor allem europäischer Städte, die eine Arbeitsplatzkonzentration in den Innenstädten und wenigen Subzentren aufweisen, gleichen die Pendlerbewegungen in Los Angeles einem gigantischen Zickzackmuster. Der größte Zuwachs an New-economy-Jobs in der Computer- und Medienbranche hat in den letzten zehn Jahren auf der Westseite der Stadt stattgefunden. Dort hat sich daher auch die Verkehrssituation am dramatischsten verschlechtert. Parallel dazu hat die Downtown von Los Angeles seit einigen Jahren einen höchst überraschenden Boom im Wohnungssektor erlebt: Schäbige und mindergenutzte Bürogebäude werden zunehmend in Lofts und Eigentumswohnungen umgewandelt. Verkehrsgeschädigte Angelenos und zugezogene junge Urbaniten haben also die Vorzüge des innerstädtischen Wohnens entdeckt, vor allem da die Immobilienpreise in der Region in den letzten Jahren regelrecht explodiert sind. Allerdings ist der Gentrifizierungsprozess nun auch dort bereits so weit vorangeschritten, dass viele der ersten Downtown-Pioniere, vornehmlich Künstler und andere freischaffende Singles, schon wieder ausziehen müssen, weil Immobilienentwickler zunehmend teure Kondominium-Türme errichten, in die besser verdienende Yuppies und Dinks3 einziehen sollen und wollen. Wirklich erschwinglichen Wohnraum gibt es Los Angeles vor allem für Familien nur noch wenig, und dann meist in unattraktiven oder schlecht angebundenen Lagen. Durch diese Entwicklung haben sich die Hauptstoßrichtungen der morgendlichen und abendlichen Verkehrsströme auf dem Freeway I-10 in den letzten Jahren in ihr Gegenteil verkehrt: Heutzutage wollen morgens noch mehr Autos von (oder via) Downtown in Richtung Westen als umgekehrt. Nachmittags kehrt sich der Pendlerstrom dann um, und die dadurch entstehenden Staus sind mittlerweile so berüchtigt, dass der zuständige County Supervisor Zev Yaroslavsky seinen Leuten eine strikte Anweisung gegeben hat, für ihn auf der Westseite von Los Angeles nach halb drei Uhr nachmittags keine Termine mehr zuzusagen (vgl. Lopez 2007). Problematischerweise gibt es nun genau in diesem dichten Verkehrs- und Siedlungskorridor zwischen Downtown Los Angeles und der Westseite derzeit keine effiziente öffentliche Personennahverkehrsverbindung, und dieses offensichtliche Manko ist eines der wichtigsten Standardthemen in der stadtregionalen Verkehrspolitik. Es ist auch ein Paradebeispiel dafür, 204 Deike Peters wie kompliziert und komplex lokale Governance in der multiethnischen, sozioökonomisch und räumlich sehr gespaltenen Metropole Los Angeles ist. Abb. 2: Der Online-Service Sigalert gibt detailgenaue Informationen über alle Staus und Verzögerungen auf den Freeways in der Region. (Quelle: http://www.sigalert.com) Die wichtigsten lokalen Interessenvertreter in der Verkehrsinfrastrukturpolitik in LA Sehr grob betrachtet, kann man die Landschaft der verkehrspolitisch relevanten Interessenvertreter in die folgenden wichtigsten Gruppen einteilen – wobei aber natürlich nie vergessen werden darf, dass Verkehr, insbesondere die omnipräsenten Staus und Verzögerungen, einige der wichtigsten Themen in der gesamten Region sind: • Erstens die politischen Entscheidungsträger auf lokaler, regionaler und bundesstaatlicher Ebene, angefangen von Governor Arnold Schwarzenegger, den fünf County Supervisors, Bürgermeister Villaraigosa und die 15 lokalen Stadträte, andere Bürgermeister der Region sowie deren Mitarbeiter. • Zweitens die administrativen Entscheidungsträger in den Behörden und Verwaltungen, d.h. im California Department of Transportation (Caltrans), den Los Angeles City Departments of City Planning und Transportation (LACP und LADOT) und anderen benachbarten Verwaltungen sowie in der Los Angeles County Metropolitan Transportation Authority (früher abgekürzt als MTA, dann später imageförderlicher als„Metro“), die gleichzeitig county-weiter Verkehrsbetrieb und Planungsbehörde ist. Pläne und Programme über zukünftige Infrastrukturmaßnahmen können allerdings von den Metro-Experten im Mitarbeiterstab und dem Management nur vorbereitet werden, die Beschlussfähigkeit liegt bei dem mächtigen, dreizehnköpfigen Vorstand von Metro. Dieser setzt sich zusammen aus den fünf LA County Supervisors, dem Bürgermeister der City of LA und drei weiteren von ihm berufenen Mitgliedern, vier ausgewählten Stadtratsmitgliedern aus den anderen 87 Gemeinden in LA County sowie einem nicht wahlberechtigten Mitglied, das vom kalifornischen Gouverneur bestimmt wird. Die Vorstandsentscheidungen von Metro sind daher typischerweise sehr beeinflusst von lokalstrategischen Überlegungen und verschiedenen Positions- und Machtkämpfen unter den Mitgliedern. Diese also sehr politisch geprägte Entscheidungsstruktur des wichtigsten Verkehrsbetriebs in Los Angeles hat in der Vergangenheit viele Dysfunktionalitäten zur Folge gehabt. Sowohl die politische Führung als auch Management und Verwaltung haben aber alle durchweg ein gemeinsames strukturelles Interesse daran, dass Metro große Infrastrukturmaßnahmen beschließt und ausführt bzw. ausführen lässt. Die strittige Frage ist dann meist lediglich, welche Projekte Vorang bekommen sollen. Mobility Politics LA Style 205 • Drittens die so genannte Zivilgesellschaft. Ganz allgemein gesprochen stehen hier die so genannten downtown boosters, d.h. die lokale Elite der alteingesessenen, meist konservativen Unternehmer und Industriellen, traditionell in Opposition zu den gesellschaftlich liberaleren Lokalgrößen auf der Westseite, von denen viele aus dem Milieu der Entertainmentindustrie kommen. Und Lokalpolitiker in den betreffenden Stadtteilen, die mehr als eine Wahlperiode im Amt bleiben möchten, sind gut beraten, diesen in der Regel sehr gut betuchten und bestens vernetzten Bürgern immer ein offenes Ohr zu schenken.4 Darüber hinaus gibt es in Los Angeles diverse Gruppierungen und Vereine, die sich speziell für eine umweltfreundliche Siedlungs- und Verkehrsentwicklung einsetzen, wie zum Beispiel die örtlichen Chapter des Sierra Club, des Urban Land Institute (ULI), oder des Congress for New Urbanism (CNU), die Transportation and Land Use Collaborative of Southern California (TLUC), das Westside Urban Forum (WUF), die Bicycle Coalition, LA Walks, oder auch das Latino Urban Forum. Explizit für den öffentlichen Verkehr setzen sich außer den weiter unten noch genauer beschriebenen Gruppen Los Angeles Bus Riders Union und Friends4Expo Transit vor allem noch die Southern California Transit Advocates (SO.CA.TA) und die Transit Coalition ein. In den meisten Fällen handelt es sich hier um relativ typische Policy-Advocacy-Organisationen, die mehr oder weniger professionell ausgestattet sind und je nach Grad ihrer Institutionalisierung durch Mitgliedsbeiträge und zusätzliche Stiftungsgelder oder andere Zuwendungen finanziert sind. Verfechter des Automobils werden durch den Automobile Club of America repräsentiert, der in Los Angeles einen seiner traditionsreichsten Ableger betreibt. Neben öffentlicher Meinungsmache durch die Verkehrsexperten an den Universitäten und die lokale Presse (insbesondere die traditionell recht Metro-freundliche LA Times und die eher auf die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehr orientierten spanischsprachigen Tageszeitungen und Lokalsender) wird die zivilgesellschaftliche Landschaft auf Nachbarschaftsebene dann vor allem noch von zwei weiteren Elementen bestimmt, nämlich den politisch sehr gut vernetzten homeowner associations und den seit Ende der 1990er Jahren eingerichteten Nachbarschaftsräten (neighborhood councils), die auf der Westside aber typischer Weise von Mitgliedern der homeowner associations dominiert werden. In den 1980er Jahren gab es seitens einiger lokaler Planer und Politiker die ersten erfolgreichen Ansätze zu einer Wiedereinführung des Schienenverkehrs in Los Angeles. Da der Neubau einzelner Strecken im bereits dicht besiedelten Raum notwendiger Weise sehr teuer sein würde, andererseits aufgrund der polyzentralen Struktur der Stadt wie angedeutet bestenfalls eine rudimentäre und gleichzeitig höchst selektive Wirkung entfalten konnte, stießen diese Pläne jedoch erwartungsgemäß von vielen Seiten auf Ablehnung. Die Verkehrsexperten an den renommierten Universitäten der Stadt sprachen sich fast durchweg gegen die teuren Infrastrukturmaßnahmen aus. Sie setzten statt dessen auf den Ausbau des Busverkehrs einschließlich neuer Schnellbuslinien sowie auf verkehrsbeschleunigende Maßnahmen wie car pool lanes, Mitfahrprogramme und dergleichen mehr. Trotzdem eröffnete 1990 die Stadtbahn Blue Line Light Rail von Downtown Los Angeles nach Long Beach, der 1995 die Green Line folgte. Letztere liegt fernab von allen Aktivitätszentren, endet am einen Ende wenige Kilometer vor der Verbindung zum Regionalbahnhof Norwalk/Santa Fe Springs Metrolink und erreicht auch am anderen Ende den internationalen Flughafen LAX nicht ganz, so dass ein weiterer Shuttle-Bus-Transfer notwendig wird. Die Linie erlangte daher landesweit schnell ihren zweifelhaften Ruhm als teure „Linie von Nirgendwo nach Nirgendwo“ (vgl. Abb. 3). Kombiniert mit dem von Konstruktionsfehlern, Unfällen und Korruptionsskandalen begleiteten Bau der Red Line Subway in den 1990er Jahren, die letztendlich statt von Downtown 206 Deike Peters zur Westseite von LA nur bis Mid-Wilshire gebaut, statt dessen aber gen Norden nach North Hollywood umgeleitet wurde, standen die Sterne nicht gut für neue Schienenprojekte in Los Angeles. Konkret vereitelten mehrere wichtige politisch-juristische Einzelereignisse den von der regionalen Planungsbehörde Metro anvisierten ambitionierten weiteren Neu- und Ausbau des rudimentären Schienennetzes in Los Angeles in den 1980er und 1990er Jahren. Zum einen nutzte der US-Kongressabgeordnete Henry Waxman 1985 eine Methangasexplosion in einem „Ross Dress for Less“-Laden im Fairfax Distrikt dazu, in seinem Wahlbezirk auf der Westseite ein Verbot der Verwendung von Bundesmitteln zur Untertunnelung des Wilshire Boulevards durchzusetzen – angeblich aufgrund von Sicherheitsbedenken, in Wirklichkeit aber in Antwort auf die ablehnende NIMBY-(Not In My Backyard)-Haltung seiner Wählerschaft. Abb. 3: Das dünne Schienennetz von Los Angeles (Quelle: http://www.metro.net) Mobility Politics LA Style 207 Abb. 4: Die geplante Weiterführung der Purple Line U-Bahn parallel zur südlich verlaufenden Expo Stadtbahn. (Quelle: http://upload. wikimedia.org/wikipedia/en/4/45/WestsideMetro.gif, letzter Zugriff, 26. Juni, 2007) Abb. 5: Das dichte Busnetz von Los Angeles (Quelle: http://www.metro.net) 208 Deike Peters Damit wurde der Weiterbau der Red Line nach Santa Monica entlang des Wilshire Korridors auf Jahrzehnte hin finanziell nahezu unmöglich gemacht. Lediglich die gen Norden abzweigende Linie nach North Hollywood konnte weitergebaut werden. (Erst heute, nach über 20 Jahren, feiert der Plan einer „U-Bahn Linie zum Strand“ unter dem neuen Namen Purple Line seine Wiederauferstehung. Zumindest ein Weiterbau bis Fairfax wird mittelfristig wieder anvisiert, illustriert in Abbildung 4.)5 Hinzu kam neben den explodierenden Baukosten dann im Jahre 1995 noch eine größere Havarie beim Bau der umgeleiteten Red Line entlang des Hollywood Boulevard, wo sich eines Tages ein großes Loch auftat. Der Bauunternehmer Saliba wurde hierfür später gerichtlich zur Verantwortung gezogen, da er bei der Untertunnelung des Boulevards nachweislich minderwertige Materialien verwendet hatte. Die daraufhin sehr negative öffentliche Meinung führte dann 1998 zur erfolgreichen Verabschiedung einer von Los Angeles County Supervisor Zev Yaroslavsky vorgebrachten Wählerinitiative, die es den Planungsbehörden verbot, lokale Mehrwertsteuereinnahmen zum Bau von Untergrundbahnprojekten zu verwenden. Ein Weiterbau der U-Bahn wurde hiermit endgültig unmöglich gemacht. Der finale Dolchstoß gegen einen weiteren Ausbau des Schienennetzes wurde der Planungsbehörde Mitte der 1990er Jahre allerdings nicht von den um die Befriedung ihrer wohlhabenden Westside-Wählerschaft bemühten Lokalpolitikern verabreicht, sondern von einer zivilgesellschaftlichen Protestbewegung: der so genannten Bus Riders Union (BRU).6 Die LA Bus Riders Union und ihr Kampf gegen Transit Racism In den frühen 1990er Jahren trat in Los Angeles mit der Bus Riders Union ein neuer zivilgesellschaftlicher Akteur auf den Plan, der die Verkehrspolitik der Stadt und vor allem auch die öffentliche Debatte darüber in den kommenen Jahren entscheidend mitbestimmen sollte. Ins Leben gerufen am von Eric Mann geleiteten Labor Community Strategy Center, definiert sich die Gruppe selbst als ein: „ … multiracial ‘think tank/act tank’ committed to building democratic, internationalist, Left social movements and challenging the ideological, economic, and political domination of transnational capital. The Strategy Center’s work … emphasizes class-conscious labor organizing and fighting for environmental justice and ending climate change, immigrant rights, and first-class transportation, as well as actively confronting the growing criminalization, racialization, and feminization of poverty.” (Labor Community Strategy Center o.J.) Die BRU sieht sich als Vertreterin und Sprecherin der Hunderttausenden von transit captives (auf den öffentlichen Personennahverkehr Angewiesene) in Los Angeles. Als Metro Mitte der 1990er Jahre die Busfahrpreise anheben und die Monatskarten streichen wollte, zog die BRU vor das Zivilgericht. Kern der Anklage war der Vorwurf des (institutionellen) Rassismus: Die Behörde plane einerseits, hohe Summen für exklusive neue Schienenprojekte auszugeben, die vornehmlich in Vierteln mit hohen Anteilen von Angehörigen der weißen Mittel- und Oberschichten gelegen seien. Sie vernachlässige aber gleichzeitig das Herzstück des gesamten Systems, die Busse, auf die vor allem die wirtschaftlich sehr viel schlechter gestellten Latinos, Schwarzen und Asiaten angewiesen sind, von denen viele kein Auto besitzen. Vor allem in Central und East Los Angeles waren die Busse oft in einem desolaten Zustand und hoffnungslos überfüllt. Eingeschüchtert von der Aussicht auf einen langwierigen und imageabträglichen Gerichtsprozess willigte Metro (damals noch MTA genannt) 1996 in eine zehnjährige, gerichtlich verbindliche Schlichtungsvereinbarung (consent decree) ein. Im Rahmen derer verpflichtete sich MTA/Metro u.a., Fahrpreise stabil zu halten und neue und mehr Busse zu Mobility Politics LA Style 209 wichtigen Aktivitätszentren (Subzentren, Krankenhäuser, Schulen) in der Stadt einzusetzen. Der Fall erregte landesweit und sogar international einiges Aufsehen, und er wird von den Verfechtern der Los Angeles School of Urbanism auch heute noch sehr häufig als glänzende Erfolgsstory des environmental justice movement aufgeführt. Beispielhaft hierzu Ed Soja in Berkeleys Critical Planning Journal (Ausgabe Sommer 2002): „The Bus Riders Union (BRU) … was able to convince the court that the geography of the fixed rail transit system that the Metropolitan Transit Authority was producing was unjust, that the plan was not only racially but also spatially discriminatory, that it would benefit predominantly white and wealthy suburban households much more than the transitdependent and largely immigrant working poor who live primarily in the central city, that investing billions of dollars in improving the bus system would be more democratic and beneficial to those that were most in need of public transit.” (Soja zit. in Ehrenfeucht 2002, 11) Auch heute, mehr als zehn Jahre später, bilden Busse das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrsystems. Es gibt ein abgestimmtes System von lokalen Shuttlebuslinien (DASHs), stadtweit operierenden „normalen“ Buslinien, mehreren speziellen Pendler-Expressbussen sowie seit 2000 auch ein sehr erfolgreiches Netz von Schnellbuslinien (Metro Rapids), die allerdings (noch) keine eigenen Fahrspuren haben (vgl. Abb. 5). Die Busse befördern fast zwei Millionen Passagiere pro Tag, verglichen mit ca. 260.000 Passagieren auf den Metros Blue, Green, Gold und Red Line und weiteren bescheidenen 40.000 Passagieren im regionalen Schienenverkehr (Metrolink). Durch das Auslaufen der Schlichtungsvereinbarung Ende 2006 hat die BRU nun allerdings ihre wichtigste Waffe im Kampf gegen Metro verloren. Metro hat nun ab Mitte 2007 drastische Fahrpreiserhöhungen und die Streichung diverser Routen angekündigt. Die BRU hat bereits mit lautstarken Protestaktionen auf einer Metro-Vorstandssitzung Ende Februar 2007 und mit einer Open-Air-Protest-Pressekonferenz vor der Wilshire und Western Station der Red Line reagiert. Kenner der Szene werten die aktuelle Situation als klassisches Politiktheater, ausgetragen auf dem Rücken der Nutzer: Wohl wissend, dass die BRU jederzeit gegen jegliche Fahrpreiserhöhung Sturm laufen wird, kündigt Metro zunächst völlig unrealistische Pläne an, die u.a. eine Verteuerung der Monatskarte von 52 US-Dollar auf 75 US-Dollar bis Juli 2007 und auf 120 US-Dollar bis Januar 2009 bzw. von 20 US-Dollar auf 45 US-Dollar und dann 72 US-Dollar für Schulkinder beinhalten. Wenn der Vorstand, allen voran Latino-Bürgermeister Villaraigosa, dann zu einem späteren Zeitpunkt sehr viel realistischere, niedrigere Erhöhungen durchsetzt, können sich das alle Parteien als Erfolg ans Revers heften. Die umfangreiche Presseberichterstattung über die BRU und ihre Arbeit wird derweil minutiös auf der BRUWebseite dokumentiert. Videoclips der BRU-Interventionen auf der Metro-Vorstandssitzung und BRU-interviewende Berichte diverser Lokalsender (NBC Kanal 4 und ABC Kanal 7) zur Fahrpreiserhöhung sind sogar auf YouTube abrufbar.7 Im Spektrum der verkehrsinteressierten Akteure in Los Angeles stellt sich die BRU als ein relativ typisches Beispiel einer politisch links gerichteten Grassroots-Bewegung dar, deren Taktiken vornehmlich auf öffentlichen Massenprotestaktionen, Opposition und Konfrontation mit den planenden Institutionen und Politikern basieren. Die BRU legt großen Wert auf ihr multikulturelles Image und bemüht sich, als möglichst bilinguale bzw. sogar trilinguale Organisation aufzutreten (Englisch, Spanisch und Koreanisch). Die Mitglieder der Gruppe tragen bei allen gemeinsamen Aktionen ihre charakteristischen gelben T-Shirts mit verschiedenen BRU-Slogans (vgl. Abb. 6). Die BRU hat seit ihren Anfängen in den frühen 1990er Jahren organisatorisch-institutionell stark von ihrer Einbettung in das Labor Community Strategy Center profitiert. Sie hat heute nach eigenen Angaben etwa 3.000 zahlende Mitglieder und mindestens weitere 50.000 „selbstidentifizierte“ Unterstützer, die die Busse nutzen. Die BRU hat darüber hinaus eigene, bezahlte Mitarbeiter, 210 Deike Peters die unterstützt werden von verschiedenen Planungs-, Aktions- und Kampagnenkommitees, deren Vertreter auf Vollversammlungen gewählt werden. Die BRU ist daher heute weit mehr als eine reine Basis-Protestbewegung im Sinne einer freiwilligen Bürgerinitiative. Abb. 6: Aktuelles Flugblatt der Los Angeles Bus Riders Union. (Quelle: http://www.busridersunion.org) Friends4Expo Transit und der Kampf um Light Rail auf LAs Westside Ein anderes Beispiel für eine zivilgesellschaftliche Bewegung, die sich auf völlig anderem Wege als die BRU erfolgreich für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Los Angeles einsetzt, ist die Gruppe Friends4Expo Transit. Die Vision von Friends4Expo Transit war und ist es, die in den 1960er Jahren stillgelegte historische Santa Monica Air Line entlang des Exposition Boulevard wiederzubeleben und dort parallel zur dauerverstopften Stadtautobahn I-10 nach Santa Monica eine moderne Stadtbahn fahren zu lassen. Die so genannte Santa Monica Air Line war von 1908 bis 1953 die direkteste Verbindung von Downtown Los Angeles nach Santa Monica. Nach Einstellung des Personenverkehrs 1953 wurde die Trasse noch bis 1989 für Frachtverkehr genutzt. Die Eigentümerin der Trasse, die Southern Pacific Railway, hätte Teilstücke danach fast an einzelne Interessenten verkauft, so Mobility Politics LA Style 211 dass wichtige Strecken der Trasse beinahe überbaut worden wären. Einige wenige Individuen machten sich jedoch bei MTA/Metro dafür stark, die gesamte Trasse zum Zwecke einer späteren Wiedereinführung einer Stadtbahn aufzukaufen. Seit 1990 ist die Trasse nun in der Tat im Besitz von Metro. Die besagten Einzelpersonen begannen sich dann als Gruppe mit dem Namen Friends4Expo zu formieren, um das Projekt voranzutreiben und bei Metro und lokalen Politikern auf die Agenda zu setzen. Metro war durch die oben beschriebene Situation daran gehindert, die urspüngliche Locally Preferred Alternative (wörtlich die „örtlich bevorzugte Alternative“, dies ist der technische Begriff für die sich aus der offiziellen Umweltverträglichkeits-Prüfung (UVP) ergebende präferierte Alternative) für eine schnelle Nahverkehrsverbindung entlang der kritischen Ost-West-Route, nämlich die U-Bahn unter dem Wilshire Boulevard, bis auf die Westside weiterzuführen. Es mussten also andere Alternativen gefunden werden. In den 1990er Jahren folgte daher eine Fülle von Untersuchungen und Studien über mögliche Schienenprojekte oder Expressbuslinien entlang der wichtigsten in Ost-West-Richtung verlaufenden Boulevards. Die projektentscheidende Studie, die Mid-City/Westside Transit Corridor Study, wurde 1999 begonnen. Am Ende wurde im April 2001 im Rahmen der UVP (EIS/EIR) zu dieser Studie für den Exposition-Boulevard-Korridor eine Stadtbahn und für den Wilshire Boulevard ein Expressbus empfohlen. Der Metro-Vorstand beschloss noch im selben Jahr die Finanzierung des ersten mindestens 680 Millionen US-Dollar teuren Teilstücks von Downtown Los Angeles bis Culver City. Dieses befindet sich mittlerweile im Bau. Mittlerweile ist Expo Light Rail also zu einem stadt-regionalen Prioritätenprojekt avanciert. Das Wie und Wo der Weiterführung bis Santa Monica ist derzeit allerdings noch Grund für emotionale Debatten auf der Westside (vgl. Abb. 7). Abb. 7: Verlauf der Expo Stadtbahnlinie von Downtown LA nach Santa Monica (Quelle: http://www. buildexpo.org) Hinter dieser sich relativ einfach anhörenden Erfolgsstory verbergen sich allerdings 17 Jahre unermüdliches Lobbying seitens einer kleinen Gruppe freiwillig arbeitender Individuen, die das Thema Exposition Light Rail immer wieder auf die Agenda der lokalen Entscheidungsgremien brachten und in hunderten Einzelgesprächen und vielen Dutzend öffentlichen Foren für dieses Projekt warben. Doch wie genau konnte es einer sehr heterogenen Gruppe von vielfältig engagierten zivilgesellschaftlichen Aktivisten ohne jegliche finanzielle Ressourcen gelingen, nicht nur die offiziellen Entscheidungsträger, sondern gleichzeitig auch weite Teile der meist sehr skeptischen Bevölkerung von der Attraktivität, Sinnhaftigkeit und der Notwendigkeit dieses Expo-Stadtbahnprojektes zu überzeugen? Wie ist das Verhältnis von Friends4Expo zu den einflussreichen homeowner associations und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen entlang der Trasse, vor allem denjenigen, die ablehnende NIMBY-Positionen vertreten? Wie gestaltete sich der Dialog mit Politikern auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene und mit anderen Entscheidungsträgern? 212 Deike Peters Friends4Expo Transit besteht aus einer Kerngruppe von fünf bis zehn durchgängig sehr aktiven Gründungsmitgliedern, ein bis zwei Dutzend weiteren Mitgliedern, von denen viele regelmäßig zu den monatlichen Steering-Committee-Treffen auftauchen, und weiteren vielen Hunderten Unterstützern, die die Gruppe schnell zu Email- und Unterschriftenaktionen mobilisieren kann. Mitglieder der Gruppe kommen in der Regel aus der links- bzw. sozialliberalen Mittelschicht und haben oft eine akademische Ausbildung. Vor allem die Kerngruppe ist in Bezug auf ethnischen Hintergrund und Gender sehr ausgeglichen, sie vereint unter anderem zwei Frauen mit Erfahrung als Labor und Community Organizers, ein schwarzes Stadtplaner/ Anwältin-Ehepaar aus dem Crenshaw District, eine vor 30 Jahren aus der DDR ausgewanderte Naturwissenschaftlerin aus Palms und einen langjährigen Sierra-Club-Aktivist, der gleichzeitig dem (ehrenamtlich tätigen) Gemeinderat (Planning Commission) in Santa Monica angehört. Die Gruppe kann sich eindeutig als lokale Betroffenenorganisation ausweisen: Alle Mitglieder der Kerngruppe und fast alle der weiteren Unterstützer wohnen entlang der Trasse, und zwar – und das ist besonders wichtig – entlang sehr verschiedener Abschnitte sowohl entlang des ersten, vor allem aber des zweiten Abschnitts der stillgelegten Trasse. Viele der Mitglieder sind außerdem nicht nur bei Friends4Expo aktiv, sondern engagieren sich auch anderweitig gesellschaftspolitisch in Umweltverbänden, Gemeinderäten, homeowner associations, Nachbarschaftsräten etc. Obwohl die Mitglieder der Kerngruppe sehr gute Vorkenntnisse als Organisatoren in Vereinen oder Gewerkschaften hatten, gab es keinen wirklichen Verkehrsplanungsexperten. Dieses Fachwissen mussten sich die Mitglieder also erst aneignen. Mittlerweile haben sich aber einige der Friends4Expo-Gründungsmitglieder zu regelrechten Nahverkehrsexperten gemausert, und ihr Kenntnisreichtum geht weit über das eigene Projekt hinaus. Im Falle eines Architekten führte sein Engagement bei Expo sogar zu einer festen Stelle bei Metro; er ist heute Projektmanager in der Westside-Area-Planungseinheit. Besonders interessant an Friends4Expo Transit ist, dass die Gruppe von Anfang an nur auf Freiwilligenbasis operiert und sich nie formal institutionalisiert hat. Erstaunlicher Weise hat die Gruppe auch nie Gelder für ihre Arbeit eingeworben, sondern ihre Energie immer in die projektbezogene Arbeit gesteckt. Und da es Friends4Expo Transit als formal eingetragene Institution nicht gibt, gibt es auch keine Mitgliedsbeiträge. Es gibt allerdings eine Kassenwärtin, die über verschiedene bescheidene freiwillige Zuwendungen und diverse Ausgaben Buch führt. Ein sehr wichtiges Kommunikationsmittel ist die Webseite der Gruppe, die von einem der Gründungsmitglieder gepflegt wird, und die kaum Kosten verursacht. Die monatlichen abendlichen Steering-Committee-Treffen im Besprechungszimmer der Arbeitsstelle eines Mitgliedes stehen jedermann offen, der sich engagieren will. Es gibt im Grunde nicht einmal ein formal gewähltes Steuerungskomitee. Das Steuerungskomitee besteht aus denjenigen Personen, die an einem gegebenen Abend auftauchen. Traditionell leitet einer der drei oder vier Initiatoren der Gruppe das Treffen. Alle Beschlüsse werden per Konsensentscheid gefasst, nicht als Mehrheitsentscheid. Wenn man sich nicht geschlossen auf eine nach außen zu vertretende Position einigen kann, wird auch keine offizielle Position zu einem Punkt vertreten. In den verschiedenen „heißen Phasen“ von Expo wurden in regelmäßigen Abständen Generalversammlungen veranstaltet, deren Hauptzweck es immer war, die interessierte Öffentlichkeit vom Stand der Dinge und von der Arbeit der Gruppe in Kenntnis zu setzen. Neben der Webseite und dem eher traditionellen grassroots outreach in Form von öffentlichen Versammlungen, dem Austeilen von Flugblättern und anderen Informationen in öffentlichen Räumen, Petitionen und unterschriebenen Unterstützungsschreiben im Vorfeld von wichtigen Metro-Vorstandsentscheidungen passiert die effektivste Arbeit von Friends4Expo Transit als Mobility Politics LA Style 213 under the radar operations, d.h. als sanftes Lobbying wichtiger Entscheidungsträger. Zum einen nehmen Mitglieder der Kerngruppe von Friends4Expo Transit regelmäßig an verkehrsrelevanten öffentlichen Treffen teil. Dies betrifft vor allem die Vorstandssitzungen von Metro oder einzelne Veranstaltungen des Westside Cities Council of Governments (COG)8, des Westside Urban Forums (dessen jährliche Auszeichnung Friends4Expo 2005 gemeinsam mit dem Westside Cities COG gewann)9 oder der Mobility 21 Coalition.10 Noch wichtiger sind allerdings die eigens arrangierten Einzeltreffen der Gruppe mit Lokalpolitikern, führenden Metro-Mitarbeitern und anderen Betroffenen und Entscheidungsträgern wie zum Beispiel Leitern von Schulen entlang der Linie, Seniorenvereinigungen oder eben den wichtigen homeowner associations in den Vierteln entlang der Route. Über die letzten mehr als 15 Jahre hinweg hat sich die Gruppe unter Unterstützern des Projektes den Ruf eines unentbehrlichen Partners erworben. Die Gruppe ist im Laufe der Jahre zu einem freiwilligen Konsortium von Expo Consultants geworden, die auch von der örtlichen und mittlerweile sogar der überörtlichen Presse regelmäßig angefragt werden.11 Ein auf der Webseite der Gruppe herunterladbares, sehr aussagekräftiges Bild zeigt die Kerngruppe von Friends4ExpoTransit, d.h. das Steering Committee, Schaufel haltend im Schulterschluss mit den wichtigsten politischen und administrativen Entscheidungsträgern beim symbolischen ersten Spatenstich von Expo Phase 1 (vgl. Abb. 8). Abb. 8: Erster Spatenstich für das erste Teilstück von Expo (Quelle: http://www.friends4expo.org) Gegner oder Skeptiker des Projektes konnten sich bei Friends4Expo eigentlich immer auf ein offenes Diskussionsklima verlassen, Argumente werden von der Gruppe typischer Weise zusammen mit gut recherchierten Fakten vorgebracht. Die Mitglieder der Gruppe Friends4Expo Transit wollen die Skeptiker und Gegner des Projektes mit rationalen Argumenten von der Richtigkeit und Notwendigkeit des Projektes überzeugen. Sie verbringen daher einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit damit, Fehlinformationen und emotionalen Reaktionen von Bürgern entlang der Trasse zu begegnen. Sehr wenige Anwohner haben eine auch nur annähernd realitätsnahe Vorstellung davon, was es bedeutet oder auch nicht bedeutet, in der Nähe einer Stadtbahn zu wohnen. Viele der öffentlichen Forumsdebatten zu Expo sind daher von irrationalen Ängsten geprägt, dass diese Bahn Nachbarschaften „zerstören“ und „zerschneiden“ wird, und dass es Schulkindern unmöglich sein wird, die Gleisanlagen sicher zu überqueren. Diese Ängste werden von Expo-Gegnern durch Panikmache und aufreißerische Flugblätter teilweise zusätzlich angeheizt. 214 Deike Peters Bezeichnenderweise ist Friends4Expo in der derzeit höchst kontrovers diskutierten Frage, ob das zweite Teilstück komplett entlang der stillgelegten Trasse oder über den Umweg über den Venice und den Sepulveda Boulevard geführt werden sollte, sehr darauf bedacht, offiziell noch keine eindeutige Position zu beziehen. Die Gruppe will vermeiden, dem offiziellen UVPProzess vorzugreifen – und das, obwohl es kein großes Geheimnis ist, dass die Kerngruppe von Friends4Expo Transit die ursprüngliche Version entlang der stillgelegten Trasse bevorzugt. Im Rahmen der vorgeschriebenen Alternativenanalyse, die Teil des offiziellen UVP-Prozesses ist, wurden im März 2007 die letzten öffentlichen scoping meetings (öffentliche Informationsveranstaltungen für Betroffene und Interessenvertreter, die in etwa dem deutschen Konzept der vorzeitigen Bürgerbeteiligung entsprechen) abgehalten. Der letzte Termin für schriftliche Eingaben war der 2. April 2007. Die vorläufige UVP wird für Herbst 2007 erwartet. Offiziell werden wieder mehrere Alternativen untersucht, und auch eine Weiterführung als Schnellbuslinie wird noch nicht ausgeschlossen. Obwohl auch alle anderen Beteiligten, insbesondere die mit Planung und Bau von Expo betreuten Metro und Expo Construction Authorities, ebenfalls noch sehr darauf bedacht sind, darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung für oder gegen den Verlauf entlang der alten Trasse vor der Fertigstellung und Diskussion der UVP offiziell noch völlig offen ist, gibt es unter Experten wenig Zweifel, dass die Führung entlang der stillgelegten alten Trasse die bessere, da Zeit und Kosten sparendere Variante ist. Der Umweg über Venice und Sepulveda verlängert die Strecke um eine Meile und die Gesamtfahrzeit von Downtown bis Santa Monica daher um mindestens zehn Minuten. Der Umweg ist zusätzlich mit erheblich höherem Planungs- und ingenieurstechnischem Aufwand verbunden, da die Schienen entlang zweier sehr belebter Boulevards mit vielen Querstraßen geführt werden müssten. Entlang des Sepulvada Boulevard müsste wohl auch ein Großteil des alten Baumbestandes weichen. Dass diese Alternative überhaupt vor sechs Jahren von dem einflussreichen LA County Supervisor und Metro-Vorstandsmitglied Zev Yaroslavsky ins Spiel gebracht wurde, war schon damals fast ausschließlich darauf zurückzuführen, dass er und andere Lokalpolitiker den Widerstand und den Zorn der lokalpolitisch sehr einflussreichen homeowner association im wohlhabenden Cheviot Hills fürchteten. Der Vorstand der Cheviot Hills Homeowner Association (CHHA)12 steht einem Trassenverlauf in Angrenzung an seine Nachbarschaft seit vielen Jahren sehr ablehnend gegenüber. Stellvertretend für die persönliche Meinung vieler CHHA-Mitglieder zitierte ein Artikel in der LA Times vom März 2007 (vgl. Rabin, Guccione 2007) den ehemaligen CHHA-Vorstandsvorsitzenden Benjamin Cate wie folgt: „Do you think the people who live in Cheviot Hills are going to take this bloody train? No, they are going to get in their cars. The people who are going to use this are the people who work in the hotels in Santa Monica, and they are going to come from the Hispanic areas nearer downtown. Now they take the bus.“ (Cate zit. in Rabin, Guccione 2007) In einem sehr interessanten Versuch, das Image einer solchen, gar mit eindeutigen rassistischen Untertönen gefärbten NIMBY-Haltung loszuwerden, hat sich der Vorstand der CHHA nun allerdings mit Individuen verschiedener anderer homeowners associations auf der Westseite (Tract 7260, Westwood Gardens, West of Westwood) zusammengetan und die Initiative Neighbors for Smart Rail (NFSR) gegründet.13 Ziel dieser Initiative ist es angeblich: Mobility Politics LA Style 215 „ … to advocate for SMART PLANNING, and to support long-term mass transit plans that are sensible. This includes maximizing ridership, maximizing the positive impacts of masstransit, and minimizing the negative impacts of improperly placed mass-transit.” (NFSR o.J.) Direkt vor dieser neutral erscheinenden Formulierung macht die Gruppe auf ihrer Webseite allerdings bereits klar, was sie unter „improperly placed transit“ versteht, nämlich eindeutig eine Führung entlang der stillgelegten Trasse: „NFSR believes that mass transit should be aligned along commercial, high density corridors where the most riders exist, and where there are opportunities for transit oriented development. Selecting transit routes based on land that is ‘bought and paid for’ does nothing to address the transit needs of the greater Los Angeles region.” (NFSR o.J.) Überzeugend und wahrhaftig oder nicht, faszinierend bleibt hieran vor allem, dass sich die betreffenden NIMBY-Hauseigentümer in Cheviot Hills nun plötzlich unter dem gut klingenden Label Neighbors for Smart Rail von NIMBY-Gegnern der Nutzung der Expo-Trasse zu gewieft argumentierenden Befürwortern der „besseren“ Lösung, d.h. des Umwegs via Venice und Sepulveda gewandelt haben. Ironischer Weise hat sich aber im Gegenzug der Nachbarschaftsrat im südlich angrenzenden Viertel Palms Anfang März 2007 gegen die in seinem eigenen Einzugsbereich liegende Venice-Sepulvada-Alternative und für die Führung entlang der ursprünglichen Trasse entschieden.14 Dieser Beschluss ist allerdings weniger auf eine NIMBYReaktion seitens der Bewohner von Palms als auf einen Abwägungsprozess zurückzuführen, der unter anderem durch die öffentlichen Redebeiträge einiger in dieser Nachbarschaft lebender Friends4Expo-Mitglieder geprägt wurde.15 Und auch innerhalb der Grenzen von Cheviot Hills regt sich seit Anfang 2007 organisierter Widerstand gegen die Position des Vorstands der Homeowner Association. Insbesondere gibt es nun eine neue Gruppierung von Anwohnern in Cheviot Hills, die sich in klarer Opposition zu der Homeowner Association und deren etwas scheinheiliger Initiative Neighbors For Smart Rail aktiv für eine Führung entlang der alten Trasse einsetzt, und die sich aussagekräftig Light Rail for Cheviot (LRFC) nennt.16 Auf der Webseite dieser neuen Gruppe, die letztendlich aus einer Handvoll in Cheviot Hills ansässiger Friends4Expo-Mitglieder bzw. Sympatisanten besteht, finden sich unter anderem auch detailliert ausgearbeitete Vorschläge, wie auf dem umstrittenen Teilstück zwischen Motor Avenue und Sepulveda Boulevard ein vielfältiger Transit Parkway mit zusätzlichem Erholungswert entstehen kann, wobei nach Ansicht der Gruppe parallel bundesstaatliche Mittel zur gleichzeitigen Renaturierung des angrenzenden Ballona Creeks herangezogen werden könnten.17 Ein pikantes Detail an LRFC ist, dass einer der Initiatoren bis Januar 2007 ein Jahr lang im Vorstand der CHHA war, und in der CHHA auch heute noch für die Beziehungspflege mit der Nachbarschaft (community relations) verantwortlich ist. Da er aber seit vielen Jahren gleichzeitig ein Mitglied von Friends4Expo ist und sich auf den Versammlungen der CHHA eindeutig für eine Führung entlang der alten Trasse aussprach, wurde er von anderen, NIMBY-orientierten Mitgliedern der CHHA in teilweise sehr persönlicher Form angegriffen. Die mangelnde Offenheit innerhalb der CHHA, vor allem innerhalb des Expo-bezogenen Light Rail Committee war dann auch für zwei seit Jahrzehnten in Cheviot ansässige Professorinnen und eine alleinerziehende Architektin der Auslöser, sich gemeinsam zu engagieren und LRFC zu gründen. Sowohl Neighbors for Smart Rail als auch Light Rail for Cheviot nehmen für sich in Anspruch, ihre Positionen mit klaren Fakten und rationalen Argumenten untermauern zu 216 Deike Peters können. Letztendlich ist der derzeitige Kampf für oder gegen die Nutzung der alten Bahntrasse südlich von Cheviot Hills ein recht klassischer Fall von NIMBY versus IMBY. Für Friends4Expo war die Gründung von LRFC aber ein wichtiger strategischer Meilenstein für die kommenden Debatten, denn die Existenz dieser neuen Gruppe ermöglicht es Friends4Expo, insgesamt eine neutralere und übergeordnetere Position zu behalten. Eines der wichtigsten Erfolgsrezepte von Friends4Expo ist immer gewesen, nicht selbst in lokale Grabenkämpfe hereingezogen zu werden, sondern stattdessen von außen (und gegebenenfalls hinter den Kulissen auch von innen) zu deren Überwindung beizutragen. Vergleichende Schlussbemerkungen Die beiden Gruppen Bus Riders Union und Friends4ExpoTransit verkörpern zwei wesentliche Elemente im Spektrum der zivilgesellschaftlichen Akteure in Los Angeles, die sich für einen besseren öffentlichen Personennahverkehr einsetzen. Die Bus Riders Union versteht sich als einzige Stimme der auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesenen Geringverdiener der Stadt. Aus Sicht der BRU steht Friends4Expo auf der Seite des „rassistischen“ Erzfeindes Metro/MTA, denn die Gruppe setzt sich schließlich in enger Kooperation mit den Mitarbeitern von Metro und der seit 2005 operierenden Expo Construction Authority für ein teures Schienenprojekt ein, welches nicht primär den jetzigen BRU-Mitgliedern zu Gute kommen wird. Friends4Expo sieht die Entscheidung für dieses neue Schienenprojekt selbstverständlich nicht primär als eine Entscheidung, die auf Kosten des Bussystems getroffen werden sollte, sondern als eine notwendige langfristige Infrastrukturinvestition. Letztendlich geht es um die entscheidende Frage, ob die vorhandenen knappen finanziellen und institutionellen Ressourcen ausschließlich für den kurzfristigen Erhalt, Ausbau und die Verbesserung des existierenden Bussystems verwendet werden sollten, oder ob gleichzeitig Mittel zur Wiedereinführung schnellerer, aber auch teurerer schienengebundener Systeme mit höherer Kapazität eingesetzt werden sollten. Wie immer müssen Planer und Politiker sich den zwei Gretchenfragen einer jeden Infrastrukturinvestition stellen: Wer profitiert davon und wer bezahlt die Rechnung? Bus Riders Union Friends4Expo Transit Ausgangspunkt rassistische/(arbeiter-) klassenfeindliche Verkehrspolitik fehlende ÖPNV-Alternativen verkehrspolitischer Ansatz pro-Bus, anti-Schiene pro-Schiene, pro-ÖPNV Hauptforderung verbesserter Busservice Neubau einer Stadtbahn entlang des Expo Boulevard Geographischer Fokus Gesamtstadt, vor allem einkommensschwache Viertel und dortige Busrouten nur der Expo-Korridor von Downtown über Midcity bis zur Westside / Santa Monica Hauptstrategie (Massen-)Protestaktionen, Gerichtsverfahren Advocacy (öffentliche Fürsprache), Lobbying Herangehensweise oppositionell, oft anklagend koalitionsbildend und konsensorientiert Finanzierung Ja, durch Mitgliedsbeiträge und andere Zuwendungen Nein bezahlte Mitarbeiter Ja Nein freiwillige Unterstützer mehrere tausend, vornehmlich nicht-weiße Geringverdiener mehrere hundert, multiethnisch, vornehmlich aus der Mittelklasse wichtigste Erfolge Metro consent decree (Schlichtungsvereinbarung) Bau des 1. Teilstücks der Stadtbahn bis Culver City Tab. 1: Vergleichende Betrachtung Bus Riders U n i o n ve r s u s Fr iends4Expo Transit Mobility Politics LA Style 217 Sowohl BRU als auch Friends4Expo Transit können als effektive Single-Issue-Gruppierungen angesehen werden, die über längere Zeit hinweg ein einziges, klar definiertes Hauptziel vor Augen haben (verbesserter Busservice für Geringverdiener bzw. Neubau einer Stadtbahnlinie entlang des Expo Boulevards). Während Friends4Expo-Mitglieder jedoch nach Möglichkeit den Schulterschluss mit relevanten Entscheidungsträgern proben, fahren die Organisatoren der Bus Riders Union typischer Weise eine oppositionelle Strategie, die Entscheidungsträger eher öffentlich angreift, als mit ihnen hinter den Kulissen zu diskutieren und zu verhandeln (siehe auch Bild 1 und 2). Die Bus Riders Union ist ein sehr erfolgreiches Beispiel für eine Organisation, die im Grundansatz von einer strukturellen Benachteiligung ethnischer und einkommensschwacher Minderheiten18 im politischen und zivilgesellschaftlichen System der USA ausgehen und die ihre Forderungen daher in einen Kontext von civil rights und environmental injustice stellen. Friends4Expo Transit hingegen ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie in den USA gut informierte, engagierte Bürger auch ohne finanzielle Ressourcen entscheidenden Einfluss auf richtungsweisende politische und planerische Infrastrukturentscheidungen in ihrer Nachbarschaft ausüben können. Voraussetzung hierzu ist allerdings, dass diese Bürger ein gehöriges Maß an Sozial- und Kulturkapital bzw. zivilgesellschaftlichem Know-how sowie einen langen Atem mitbringen.19 Beide Modelle waren für die jeweilige Gruppe relativ erfolgreich. Anmerkungen 1 2 3 4 Siehe hierzu auch Peters (2006) und Peters (im Erscheinen). Ein hervorragendes Buch zur Verkehrspolitik in Los Angeles, vor allem seit den 1980er Jahren, ist Richmond (2005), für eine eher historische Perspektive siehe Bottle (1987). Weitere wichtige Monographien und Herausgeberbände zur stadtregionalen Entwicklung von Los Angeles sind Davis (1996, 2006), Erie (2004), Fogelson (1967), Gottlieb, Vallianatos, Freer, und Dreier (2005), Hise und Deverell (2005) und Keil (1998). Hinzu kommt die umfangreiche Literatur der Los Angeles School of Urbanism, allen voran Dear, Schockman et al. (1996); Scott und Soja (1996) (vgl. hier vor allem den Artikel von Martin Wachs); und Dear (2002). Vergleiche hierzu vor allem die National Congestion Tables des anerkannten Texas Transportation Institutes, dessen letzter Urban Mobility Report von 2005 Los Angeles gleich in mehreren Statistiken an erster Stelle führt, u.a. in den wichtigen Kategorien „jährliche Verzögerungen pro Reisender“ (vgl. http://mobility.tamu.edu/ums/congestion_data/tables/national/table_1.pdf ) und Reisezeiten-Index 1983 to 2003 (http://mobility.tamu.edu/ ums/congestion_data/tables/national/table_5.pdf ). Für detaillierte Daten für die Region Los Angeles siehe vor allem http://mobility.tamu.edu/ums/congestion_data/tables/los_ angeles.pdf (Letzter Zugriff 24. Mai 2007). Diese Abkürzung steht für „Double Income No Kids“, also Yuppie-Pärchen mit doppeltem und somit vergleichs-weise hohem disponiblem Einkommen und einem typischerweise sehr außerhäusig orientierten Lebensstil. In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass in den USA praktisch alle Lokalpolitiker/innen per Direktwahl ins Amt gewählt werden, und dass ihre jeweilige Parteizugehörigkeit oft eine eher untergeordnete Rolle spielt. Wesentlich für einen Wahlerfolg ist daher, ob sich ein Kandidat oder eine Kandidatin für die mehrheitsfähigen spezifischen Interessen seines bzw. ihres Wahlkreises erfolgreich einsetzen kann – oft auch zum Nachteil und Leidwesen benachbarter Gemeinden oder Bezirke. Gleichzeitig ist die Ebene der Lokal- und Kommunalpolitik in den USA insgesamt ungleich wichtiger für die betreffen- 218 Deike Peters den Bürger als in Deutschland, da die für Amerikaner im Alltag wichtigsten und relevantesten Entscheidungen auf diesen Ebenen ausgehandelt werden. In dieses Bild passt es dann auch, dass die wesentlichsten Entscheidungen über den Ausbau und die zukünftige Finanzierung der lokalen und regionalen Verkehrsinfrastruktur durch Bürgerentscheide (mit)entschieden wurden. 5 Um Verwirrungen auszuräumen, hat die Los Angeles Metropolitan Transportation Authority im August 2006 beschlossen, den kürzeren Abschnitt der Red Line, der von Union Station über Wilshire/Vermont dann nur noch zwei weitere Stationen bis Western verläuft, in Purple Line umzubenennen. Der Weiterbau dieser umbenannten Linie ist nun vor allem deswegen wieder zu einem stadtweiten Politikum geworden, da sich Bürgermeister Antonio Villaraigosa im letzten Jahr mit seinem Plädoyer für eine „Subway to the Sea“ (UBahn zum Strand) medienwirksam für dieses kostspielige Langzeitprojekt stark gemacht hat. Und da sich dieser Vorschlag aufgrund der veränderten Verkehrsverhältnisse (sprich: dauerverstopfte Freeways und Boulevards) insbesondere auf der Westseite mittlerweile sehr großer Beliebtheit erfreut, hat der Kongressabgeordnete Henry Waxmann nun im letzten Jahr flugs – angeblich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse – auch auf der Ebene der Bundesgesetzhebung dafür gesorgt, dass eine Untertunnelung des Wilshire Boulevards nun erlaubt wurde. 6 Lokale und Landesmittel wurden zwischen 1999 und 2003 allerdings dazu benutzt, um die so genannte Metro Gold Line Stadtbahn von Downtown Los Angeles nach Pasadena zu bauen. Diese schon lange geplante Linie war ursprünglich als nördliche Weiterführung der Blue Line vorgesehen. 7 Siehe http://www.busridersunion.org/engli/PressMedia/RecentPress%20Releases.htm und http://www.youtube.com/results?search_query=stopthefarehike, letzter Zugriff 27. März 2007. 8 Das Westside Cities Council of Governments ist nach eigenen Angaben eine „joint powers authority of five cities partnered in a voluntary cooperative endeavor to forge consensus on policies and programs of regional significance that enhance the quality of daily life, sustain the environment and enrich the future. The member cities are Beverly Hills, Culver City, Santa Monica, West Hollywood and the western portions of Los Angeles, Council districts 5 and 11. The Westside Cities COG’s combined population represents over 710.000 individuals and 50.000 businesses.” Siehe auch http://santa-monica.org/wsccog/about/index.htm, letzter Zugriff 20. März 2007. 9 Das Westside Urban Forum ist ein Netzwerk-Forum, das monatliche Frühstücksveranstaltungen zu diversen Stadtentwicklungsthemen organisiert. Der Westside Prize „recognizes great accomplishments in making Los Angeles and the Westside more livable, sustainable and exceptional”. Siehe auch http://www.westsideurbanforum.com/materials/westprize. html, letzter Zugriff 20. März 2007. 10 Die Mobility-21-Koalition ist „a countywide effort to bring together elected officials, transportation providers, businesses, local municipalities, labor and community leaders to develop solutions to the transportation issues facing Los Angeles County. This initiative, led by the Los Angeles Area Chamber of Commerce and the Los Angeles County Metropolitan Transportation Authority (MTA) in partnership with the Automobile Club of Southern California, was kicked off at the first Mobility 21 transportation summit on November 18, 2002”. Siehe auch http://www.mobility21coalition.com/overview/index.html, letzter Zugriff 20. März 2007. 11 Aktuelle Berichterstattung beinhaltet unter anderem ein Segment zu Expo Teil 2 im Life&Times Program des kalifornischen Lokalsenders KCET am 27. März 2007, ein landesweit ausgestrahlter Beitrag im Public Broadcasting Service (PBS) Special Edens Lost Mobility Politics LA Style 219 and Found am 11. Januar 2007 sowie regelmäßige Zitate in der Los Angeles Times und verschiedene Berichte in lokalen Radiosendern. Ähnlich wie die BRU dokumentiert Friends4Expo diese Berichterstattung auf seiner eigenen Webseite. 12 Siehe www.cheviothills.org, letzter Zugriff 2. April 2007. 13 Siehe www.smartrail.org, letzter Zugriff 2. April 2007. 14 Siehe das offizielle Protokoll der Palms-Nachbarschaftsratssitzung vom 7. März 2007 unter Punkt B Transportation and Road Works: „Route for the Expo Line. [...] Motion was made and seconded as follows: ‘The General Assembly of the Palms Neighborhood Council supports the routing of Phase 2 of the Expo line along the Exposition right-of-way.’ Minutes PALMS”. Siehe http://www.palmsvillagesun.info/Min.Latest.html, letzter Zugriff 2. April 2007. 15 Persönliche Kommunikation mit Karen Leonard und Charlotte Furth am 19. März 2007. 16 Siehe http://www.lightrailforcheviot.org, letzter Zugriff 27. März 2007. 17 Siehe http://www.lightrailforcheviot.org/index_files/FourUses.pdf, Seite 4, letzter Zugriff 27. März 2007. 18 „Minderheiten“ sind im multiethnischen Gefüge der großen US Metropolen wie LA oder New York selbstverständlich längst Mehrheiten. Die City of Los Angeles ist 48 Prozent Latino, 11 Prozent Asiatisch, 10 Prozent African American und nur noch zu weniger als einem Drittel, nämlich 31 Prozent, weiß. Vgl. auch Peters (im Erscheinen). 19 Selbstverständlich ist aber auch die Überzeugungskraft der jeweiligen Argumente selbst ein zentraler Erfolgsfaktor. Die Argumente der CHHA sind augenblicklich weniger überzeugend wenn selbst in der Nachbarschaft andere Stimmen organisiert sind. Und Friends4Expo haben es z.B. leichter als die Vertreter eines U-Bahn-Baus in Fortsetzung der Red Line, weil sie auf geringere Kosten und das Eigentum an Grund und Boden bei Metro hinweisen können. (Für diesen Hinweis bin ich Uwe Altrock zu Dank verpflichtet.) Literatur Bottles, S. (1987): Los Angeles and the Automobile. The Making of the Modern City. Los Angeles: University of California Press. Davis, M. (1996; 2006): City of Quartz: Excavating the Future in Los Angeles. 2. Auflage, New York: Verso. Dear, M. (Hrsg.) (2002): From Chicago to L.A. - Making Sense of Urban Theory. Thousand Oaks: Sage. Dear, M., Schockman, H. E., u.a. (Hrsg.) (1996): Rethinking Los Angeles. Thousand Oaks: Sage. Ehrenfeucht, R. (2002): The New Regionalism: A Conversation with Edward Soja. In: Critical Planning Journal, Summer 2002(9), 5-12. Erie, S. (2004): Globalizing L.A. Trade, Infrastructure and Regional Development. Stanford: Stanford University Press. Fogelson, R. 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