Die Gebärmutter bringt immer Höchstleistung
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Die Gebärmutter bringt immer Höchstleistung
24 SERVICE 3/10 TORO 03/10 Die Gebärmutter bringt immer Höchstleistung Nur wenn eine Gebärmutter intakt, gesund und voll funktionsfähig ist, kann sich ein Embryo einnisten und über 9 Monate ausgetragen werden. Lesen Sie, wie dieses zentrale «Frucht barkeitsorgan» aufgebaut ist, was es leistet und wie leicht Störungen passieren. jbg. Funktionsstörungen und Erkrankungen der Gebärmutter sind häufig sehr versteckt, und extrem schlecht oder gar nicht diagnostizierbar. Sie verhindern aber, dass die betroffenen Kühe wieder trächtig werden. Es gilt also, Dysfunktionen und Erkrankungen der Gebärmutter so gut wie möglich zu verhindern. Damit dies gelingt, sind Kenntnisse über Aufbau und Aufgaben dieses Organs vorteilhaft. Anatomie der Gebärmutter Die Gebärmutter der Kuh gliedert sich in zwei Hörner, den Gebärmutterkörper und den Gebärmutterhals, der das Organ nach aussen verschliesst. Sie ist nichtträchtig ungefähr unterarmlang und die Hörner haben je nach Alter der Kuh 2 bis 5 cm im Durchmesser. Arttypisch sind sie in Form eines Widderhorns aufgerollt. Weil ent- zündliche Veränderungen der Schwerkraft folgend oft von aussen schlecht erreichbar in den aufgerollten Hornspitzen sitzen, sind Gebärmutterbehandlungen mitunter knifflig. Die Gebärmutter ist «freischwebend» und mit Bändern oben an den Schaufeln des Beckenknochens fixiert. Sie hängt so beweglich je nach Grösse im Beckenraum oder darüber hinaus in der Bauchhöhle. Im Laufe einer Trächtigkeit wird der Aufhängeapparat stark gedehnt, muss er doch kurz vor der Geburt des Kalbs rund 100kg tragen. Ein gut gefüllter Pansen dient der riesigen Gebärmutter jetzt als «Seitenstabilisator». Fehlt diese Stabilisierung, z.B. durch eine schlechte Futteraufnahme in der Hochträchtigkeit, steigt die Gefahr eines Überwurfs. Insbesondere Kühe mit Schwächen in den Gebärmutterbändern sind gefährdet. Dieselbe Bänderschwäche kann dazu führen, dass die Gebärmutter auch nach der Geburt nach vorne und nach unten hängt und dadurch eine Senkscheide entsteht. Innerer Aufbau der Gebärmutter Die Gebärmutter ist ein «Hohlorgan» – im Querschnitt ein Rohr. Die Auskleidung des «Rohrinnern» ist eine sehr drüsige, aufgefaltete Schleimhaut. Die Falten, die aus ihr gebildet werden, schützen den mikroskopisch kleinen Embryo und stellen einen engen Kontakt zwischen ihm und der mütterlichen Gebärmutter her, damit er sich einnisten kann. Sie helfen aber auch eingedrungenen Keimen und erschweren deren medikamentöse Bekämpfung. Die Wand des Gebärmutterrohrs besteht aus einer mehrschichtigen extrem starken Muskulatur. Deren intakte Funktionsfähigkeit ist z.B. für einen zügigen Geburtsverlauf und einen unkomplizierten Nachgeburtsabgang zwingend. Funktionen der Schleimhaut Je nachdem, welche Eierstockhormone auf die Gebärmutterschleimhaut wirken, ändert sich das Sekret, das von den Schleimhautdrüsen gebildet wird. In der Brunst produzieren sie den glasklaren Brunstschleim. Trägt der Eierstock in den Wochen nach der Brunst einen progesteronbildenden Gelbkörper, werden die Schleimhautzellen der Gebärmutter «umprogrammiert». Sie bilden nun die sogenannte «Uterinmilch» – ein fett- und eiweissreicher Nährschleim, der für das Überleben des frühen Embryos entscheidend ist. Schon 17 Tage alte Embryonen von Kühen, die immer wieder umrindern, sind verglichen mit denjenigen von Kühen mit guter Fruchtbarkeit in ihrem 25 SERVICE 3/10 TORO 03/10 Wachstum zurückgeblieben. Ein Indiz dafür, dass bei «Umrinderern» die Versorgung des winzigen Embryonen über die Uterinmilch nicht stimmt. Unterschiedliche Versuche zeigen, dass nur optimal gefütterte Kühe ihre Embryonen richtig ernähren. Es gibt z.B. direkte Zusammenhänge zwischen dem Harnstoffwert im Blut der Kuh und dem Milieu in ihrer Gebärmutter. Bei hohem Harnstoff (> 35 mg/dl in der Milch) kann der Embryo nur schwer überleben. Auch Azeton, Kali- oder Phosphorüberschuss oder eine Nitratbelastung wirken sich negativ auf die Überlebenschance des frühen Embryos aus; ebenso wie Viehsalz-, B-Carotin- oder Phosphormangel. Zirka 2,5 Wochen nach der Befruchtung nehmen der Embryo und die Gebärmutterschleimhaut engeren Kontakt zueinander auf und erst nach rund 28 Tagen beginnt die Ausbildung der Plazenta (Mutterkuchen), durch die der Fötus an den mütterlichen Blutkreislauf angebunden wird. Da dieser Prozess über eine komplizierte Abstimmung mit unterschiedlichen Gewebshormonen zwischen Embryo und Gebärmutter läuft, sind trächtigkeitsverhindernde Störungen häufig. Von aussen sind diese Probleme nicht erkennbar. Einziger Gebärmutterkörper Gebärmutterhals Eierstock rechts Hinweis darauf, dass die Befruchtung der Eizelle zwar geklappt hat, aber die weitere Entwicklung des Embryos, seine Versorgung oder die Kontaktaufnahme gestört wurde, gibt ein verlängerter Zyklus der Kuh. Ein Grossteil der Kühe, die erst nach 25 Tagen oder noch später nachrindern, waren (für kurze Zeit) trächtig. Innere Brunstsymptome Während der Brunst bewirkt das Brunsthormon (Östrogen) nicht nur die Bildung des Brunstschleims, sondern ist auch noch für andere Veränderungen an der Gebärmutter verantwortlich. Diese «inneren Brunstsymptome» sind sehr wichtig für den Spermientransport in Richtung Eileiter. Immunologische Abwehrvorgänge in der Gebärmutter selektieren be- Bereits Leonardo da Vinci versuchte das Funktionieren der Gebärmutter zu verstehen. schädigte Samenzellen aus, die dadurch gar nicht in «Gefahr laufen», die Eizelle zu befruchten. Die chemische Zusammensetzung des Brunstschleims hat ausserdem eine wichtige desinfizierende Wirkung. Denn Keimfreiheit ist für die Befruchtungsfähigkeit des Samens entscheidend. Der reinigende Effekt einer Brunst auf das Innere der Gebärmutter spielt auch bei ihrer Versäuberung nach der Geburt eine grosse Rolle. Deshalb sollte der Zyklus der Kuh möglichst bald nach dem Abkalben wieder anlaufen. Der Brunstschleim ist in der Gebärmutter das Transportmedium für die Spermien in Richtung Eileiter. Eine fadenziehende Konsistenz bei der Besamung ist für den Spermientransport optimal. Die starke Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur in der Brunst drückt die Spermien zusätzlich nach vorne. Die Spannung der Muskulatur ist bei der Untersuchung Besamungstauglichkeit ein wichtiges Indiz für die Stärke der Brunst. Der Spermientransport ist so effektiv, dass die ersten Samenzellen innerhalb weniger Minuten im Eileiter ankommen. Da das Stresshormon Adrenalin die Muskelkontraktionen hemmt, sollte Stress für das zu besamende Tier unbedingt vermieden werden. Für all diese Vorgänge braucht es während der Brunst eine gute Blutversorgung. Alle Geschlechtsorgane werden daher stärker durchblutet, so ist z.B. auch die Scheidenschleimhaut deutlich gerötet. Der starke Blutfluss führt dazu, dass dünne Haarnadelgefässe in der Gebärmutterschleimhaut reissen können. Das daraus in den Brunstschleim übertretende Blut kann in Gebärmutterhorn rechts der Regel ca. 2 Tage nach der Brunst als «Abbluten» gesehen werden. In einer ganz ausgeprägten Brunst kann die Durchblutung schon sehr früh sehr stark sein, sodass die Kuh noch in der Hauptbrunst «abblutet». Da Blut Spermien abtötet, ist eine Besamung dann weniger erfolgsversprechend. Die Gebärmuttermuskulatur braucht viel Kalzium Eine extreme Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur ist notwendig, damit das Kalb unter der Geburt ausgepresst wird. Für den Kraftakt starker Wehen braucht es enorm viel Energie und grosse Mengen Kalzium und Magnesium. Deshalb haben Kühe sehr schnell eine Wehenschwäche, wenn sie bereits vor dem Abkalben an einer Ketose oder schleichendem Milchfieber erkranken, meist noch bevor sie irgendwelche andere Symptome zeigen. Wehenschwäche führt immer zu einem verzögerten Geburtsablauf. Wird sie übersehen, überlebt das Kalb nur in den wenigsten Fällen. Auch für die Ablösung und das Auspressen der Nachgeburt verbraucht die Gebärmutter nach dem Abkalben noch einmal viel Energie, Mineralstoffe und Vitamine. Nachgeburtsverhaltungen, insbesondere solche, bei denen die Rosen sich zwar gelöst haben, die Eihäute aber im Geburtskanal hängen bleiben, sind ein Alarmzeichen für ein beginnendes Milchfieber. (Aus führlicheres zum Thema Nach geburtsverhaltung und nachfol gender Gebärmutterentzündung lesen Sie im nächsten TORO.)