Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution
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Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution
Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 1 von 17 Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution1 Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen Vortragsgliederung I. Vorbemerkungen II. Erfüllungsanspruch III. Zurückbehaltungsrecht des Vermieters in Bezug auf seine Gegenleistung IV. Kündigung 1. Stufenverhältnis zwischen Erfüllungsanspruch und Kündigung? 2. Fristgerechte Kündigung 3. Fristlose Kündigung a) b) c) d) e) Gewerberaum Wohnraum Vorherige Abmahnung nötig? Eigene Würdigung Erklärungsfrist - § 314 Abs. 3 BGB 4. Einzelfälle unterlassener Zahlung der Kaution a) Grundfall: Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunfähigkeit b) Rechtsirrtum über ein tatsächlich nicht bestehendes Zurückbehaltungsrecht des Mieters c) Untergeordnetes Sicherungsbedürfnis des Vermieters d) Der Vermieter bietet die Mietsache in vertragswidrigem Zustand an e) Die Kautionsvereinbarung stellt die gesamte Kaution bei Mietbeginn fällig f) Die vereinbarte Kaution übersteigt die gesetzlich zulässige Höhe V. Rechtsentwicklung de lege ferenda - Mietrechtsänderungsgesetz 2012 VI. Eigene Empfehlung – „Notwendigkeit“ eines neuen Kündigungstatbestandes? 1 Schriftliche Fassung eines Vortrages des Verfassers innerhalb des 14. Deutschen Mietgerichtstages 2012 in Dortmund Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 2 von 17 I. Vorbemerkungen Der Referentenentwurf für ein „Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln“ – Mietrechtsänderungsgesetz (MietRÄndG) – Stand 25 Oktober 2011 - billigt dem Wohnraumvermieter ein zusätzliches Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu, wenn der Mieter mit einem Betrag der Sicherheitsleistung in Verzug kommt, der zwei Netto-Kaltmieten erreicht (§ 569 Abs. 2a BGB-E). In der Praxis lässt sich diese Regel leicht dadurch ausbremsen, dass der kündigungsrelevante Betrag geringfügig unterschritten bleibt. Für den Bereich der Wohnungsmiete bleibt damit zu untersuchen, ob nicht auch der Auffangtatbestand einer fristlosen Kündigung in § 543 Abs. 1 BGB (Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nach erheblichem Pflichtverstoß) eine fristlose Kündigung wegen unterlassener Zahlung der Mietkaution stützen kann. Dies ist allerdings für den Bereich der Wohnungsmiete lebhaft umstritten. Die vorliegende Abhandlung unternimmt den Versuch einer Klärung auch unter Einbeziehung der innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens vertretenen rechtsdogmatischen und rechtspolitischen Argumente und stellt die Sanktionen des Vermieters im Falle unterlassener Kautionsleistung durch den Mieter insgesamt vor. II. Erfüllungsanspruch Abgesehen von einem nur ausnahmsweise bestehenden Zurückbehaltungsrecht des Mieters an der Miete oder an der Kaution2 kann der Vermieter bei rechtswidrig unterbleibender Zahlung den Mieter auf Zahlung der offenstehenden Kaution oder offenstehender Kautionsteile verklagen.3 Allerdings ist vorab Verjährung des Kautionszahlungsanspruchs zu prüfen (Regelverjährungsfrist 3 Jahre - § 195 BGB). Sie kann schon während des Mietverhältnisses eintreten. Dem Mieter steht ein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution zu, wenn der Vermieter erhaltene Kautionsteile nicht rechtssicher und insolvenzfest, also insbesondere von seinem eigenen Vermögen getrennt anlegt und darüber auf Verlangen des Mieters hin nicht entsprechende Nachweise führt. Denn der Mieter kann diesbezügliche Nachweise verlangen. Kann oder will der Vermieter diese Nachweise nicht erbringen, so ist der Mieter berechtigt, noch nicht gezahlte Kautionsanteile einzubehalten4. Hat er die Kaution bereits komplett gezahlt und führt der Vermieter die Nachweise der insolvenzfesten Anlage nicht, so soll der Mieter nach Auffassung des AG Bremen5 auch ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht an zwei Monatsmieten haben dürfen. In seiner Entscheidung vertrat das AG Bremen die Auffassung, mit einem alleine auf dem Vermieter ausgestellten Konto ohne ausgewiesene Treuhandabrede könne der Nachweis nicht geführt werden, dass der Vermieter die Kaution getrennt 2 BGH, Urteil vom 13.10.2010 – VIII ZR 98/10, DWW 2010, 372 = NJW 2011, 59 = NZM 2011, 28 - im Falle nicht nachgewiesener gesetzeskonformer Anlage der Kautionsleistungen getrennt vom Vermögen des Vermieters 3 ausführlich: Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, 4. Auflage 2010, Teil G Rdn. 184; Wetekamp, Mietsachen, 4. Auflage 2007, Kapitel 3, Rn. 34, S.73 4 BGH, Urteil vom 13. 10. 2010 - VIII ZR 98/10, DWW 2010, Seite 372 = NJW 2011, Seite 59 = NZM 2011, Seite 28 5 AG Bremen, Urteil vom 22.12.2011 - 10 C 33/11, WuM 2012, Seite 16 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 3 von 17 von seinem Vermögen angelegt habe. Richtig wäre gewesen, neben dem Namen des Vermieters als Kontoinhaber einen deutlichen Treuhandvermerk (z.B. Kaution im Mietverhältnis X. gegen Y.) zu setzen. Gegenüber dem Erfüllungsanspruch steht dem Mieter folglich ein Zurückbehaltungsrecht wegen nicht nachgewiesener gesetzeskonformer Anlage der Kaution6, nicht aber wegen Mängeln der Mieträume zu.7 Ebenso ist die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, zum Beispiel mit einem Schadensersatzanspruch wegen Mängeln der Mietsache, ausgeschlossen.8 Umstritten ist, ob der Vermieter daneben auch Verzugszinsen verlangen kann.9 In jedem Fall kann der Vermieter aber Prozesszinsen nach § 291 BGB verlangen.10 III. Zurückbehaltungsrecht des Vermieters in Bezug auf seine Gegenleistung Vor Übergabe der Mietsache wird dem Vermieter wegen der unterlassenen Zahlung der ersten Kautionsrate ein Zurückbehaltungsrecht aus §§ 273, 274 BGB zugestanden11. §§ 320, 322 BGB sollen dagegen als Grundlage nicht einschlägig sein. Das bedeutet, dass der Vermieter sein Zurückbehaltungsrecht auch ausüben muss. Dagegen genügt es wie im Falle eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 BGB - das als Einrede nicht geltend gemacht werden muss12 - nicht, dass es nur besteht und dass der Mieter mit der Zahlung einer Kaution vorleistungspflichtig ist.13 Zahlt der Mieter allerdings die erste Rate, so erfüllt er seine Verpflichtung aus § 551 Abs. 2 S. 2 BGB in Zusammenhang mit der Kautionsabrede. Der Vermieter muss dann die Mietsache übergeben und verliert damit im Anschluss an die Besitzeinräumung sein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der „Teilzahlungen zwei und drei.“14 6 BGH, Urteil vom 13.10.2010 – VIII ZR 98/10, DWW 2010, 372 = NJW 2011, 59 = NZM 2011, 28 AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 11.8.2010 - 531 C 28/10, ZMR 2011,884; LG Hamburg, Beschluss vom 18.10.1990 - 311 O 92/90, ZMR 1991, S. 344; LG Köln, Urteil vom 07.05.1987 - 1 S 379/86, WuM 1987, S. 257; LG Baden-Baden, Beschluss vom 09.03.1987 - 2 T 8/87, WuM 1989, S. 73; Wetekamp, Mietsachen, 4. Auflage 2007, Kapitel 3, Rn. 34, S.73; LG Köln, Urteil vom 03.03.1993 10 S 334/92, WuM 1993, 605; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.1997 - 24 W 89/96, ZMR 1998, 159 8 Wetekamp, Mietsachen, 4. Auflage 2007, Kapitel 3, Rn. 34, S.73; LG Hamburg, Beschluss vom 18.10.1990 - 311 O 92/90, WuM 1991, 586 9 bejahend: Kraemer, Kaution und Mietbürgschaft nach der Mietrechtsreform, NZM 2001, S. 737; von Martius, in: Bub/Treier, a.a.O., Rdn. 788, S. 776 m.w.N.; dagegen: Palandt-Weidenkaff, BGBKommentar, 70. Aufl. 2011, , § 551 BGB Rn. 5;; LG Nürnberg – Fürth, NJW-RR 1992, S. 335 10 Palandt-Weidenkaff, BGB-Kommentar, 70. Aufl. 2011, , § 551 BGB Rn. 5; Lützenkirchen a.a.O.; OLG Düsseldorf, ZMR 2000, S. 452 11 Palandt-Weidenkaff, BGB-Kommentar, 70. Aufl. 2011, § 551 BGB Rn. 5; Kraemer, NZM 2001, S. 737; Wetekamp, Mietsachen, 4. Auflage 2007, Kapitel 3, Rn. 34, S.73; von Martius, in: Bub/Treier, a.a.O., Rdn. 760 und 1153 12 BGH, Urteil vom 7.5.1982 - V ZR 90/81, NJW 1982, S. 2242; BGHZ, Urteil vom 11.7.1997 - XII ZR 254/95, WuM 1997, 488; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, 10. Auflage 2011, § 536 BGB Rn. 399 13 OLG Brandenburg, Urteil vom 16.2.2011 - 3 U 84/10, Info M 2011, S. 175 14 so ausdrücklich und zu Recht Fleindl, Das geplante Mietrechtsreformgesetz - ein Überblick über die wesentlichen Änderungen, NZM 2012, S. 57 (62) 7 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 4 von 17 Im Falle der Bürgschaft kann Zug-um-Zug-Leistung, also die Verschaffung des Besitzes an den Mieträume gegen Bestellung der Bürgschaft verlangt werden.15 IV. Kündigung 1. Stufenverhältnis zwischen Erfüllungsanspruch und Kündigung? Mit der vertragswidrig unterlassenen Zahlung der Kautionssumme geht eine Verletzung der aus der Kautionsabrede folgenden Zahlungspflicht einher. Mit seinem beschriebenen Verhalten begeht der Mieter einen Vertragsbruch. Wegen seines legitimen Sicherungsinteresse und wegen dessen Verletzung im Falle unterlassener Zahlung der Kaution kann der Vermieter jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete vor der Kündigung in der Regel nicht auf die Einklagung der Kaution verwiesen werden16. Dies wird richtigerweise auch von den Vertretern eines fristlosen Kündigungsrechts innerhalb der Wohnungsmiete angenommen. Der Umstand, dass der Vermieter wegen der Kaution den Erfüllungsanspruch geltend machen kann, steht der Kündigung folglich nicht entgegen.17 2. Fristgerechte Kündigung Es unterliegt keinem Zweifel anzunehmen, dass die unterlassene termingerechte und vollständige Zahlung der Kaution eine erhebliche Vertragsverletzung des Mieters darstellt, wenn er sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht stützen kann. Insbesondere Ansprüche auf Mängelbeseitigung oder eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln der Mietsache geben dem Mieter kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem vertraglichen Mietkautionsanspruch des Vermieters.18 Steht dem Mieter kein Zurückbehaltungsrecht zur Seite und bedient er den Kautionsanspruch des Vermieters dennoch nicht, so berechtigt dies den Vermieter zu einer fristgerechten Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.19 3. Fristlose Kündigung Wesentlich ungeklärter es ein solcher Befund in Bezug auf eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Gerade darauf liegt der Vermieter häufig besonderen Wert: 15 Wetekamp, Mietsachen, 4. Auflage 2007, Kapitel 3, Rn. 34, S.73; KG, Urteil vom 19.04.1999 - 8 U 4279/97, Grundeigentum Berlin 1999, S. 715 16 BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht, 9. Aufl. § 543 BGB Rdn. 178 f. m.w.N.) 17 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15; ebenso: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12; AG Arnsberg, Urteil vom 21.06.1989 - 14 C 174/89, DWW 1989, 333; anderer Ansicht: LG Hamburg, WuM 1974, 54; LG Bielefeld, Beschluss vom 08.11.1991 - 23 T 147/91, WuM 1992, 124 18 AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 11.8.2010 - 531 C 28/10, ZMR 2011,884; LG Hamburg, Beschluss vom 18.10.1990 - 311 O 92/90, ZMR 1991, S. 344; LG Köln, Urteil vom 07.05.1987 - 1 S 379/86, WuM 1987, S. 257; LG Baden-Baden, Beschluss vom 09.03.1987 - 2 T 8/87, WuM 1989, S. 73 19 Ebenso Palandt-Weidenkaff, BGB-Kommentar, 70. Aufl. 2011, , § 551 BGB Rn. 5; AG HamburgBlankenese, Urteil vom 11.8.2010 - 531 C 28/10, ZMR 2011,884; AG Neukölln, Urteil vom 11.4.2008 – 16 C 430/07, GE 2008, 1431, Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl. 2007, Kapitel 3 Rn. 26, S. 73; a.A. LG Kassel, Urteil vom 06.08.1987 - 1 S 132/87, NJW-RR1987, S. 1495 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 5 von 17 Denn einerseits befürchtet er weitere finanzielle Schädigungen aufgrund des gezeigten (unterlassenen) Zahlungsverhaltens. Andererseits moniert er einen eklatanten Vertrauensbruch schon zu Beginn der Vertragsbeziehungen und zieht daraus eine „negative Zukunftsprognose.“20 a) Gewerberaum Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Gewerberaum ist eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB möglich.21 Dies wird insbesondere angenommen, wenn die unterbleibende Zahlung auf einer Verschlechterung der Vermögenslage des Mieters im Verhältnis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder schlicht auf Willkür beruht22 und auch dann, wenn die unterbliebene Zahlung mehrfach angemahnt wurde.23 Ebenso ist die fristlose Kündigung bei der Gewerbemiete auch schon vor Übergabe der Mieträume gerechtfertigt, wenn durch die unterlassene Zahlung der Kaution das Sicherungsbedürfnis des Vermieters erheblich berührt wird,24 z. B. bei Zahlungsunfähigkeit des Mieters oder wenn der Mieter auch sonst fällige Zahlungen nicht pünktlich leistet.25 Grundsätzlich setzt die Kündigung wegen unterlassener Zahlung der Kaution voraus, dass sich der Vermieter selbst vertragstreu verhält.26 Davon geht das KG27 in seinem Beschluss vom 21.1.2008 aus: Der Gewerberaummietvertrag sah die Leistung einer Kaution vor Vertragsbeginn vor. Der Mieter zahlte nicht und berief sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Übergabe des Mietobjekts. Der Vermieter übergab das Mietobjekt nicht und berief sich seinerseits auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Zahlung der Kaution. Daraufhin zahlte der Mieter auch die Miete nicht. Der Vermieter kündigte fristlos und erhob Klage auf Zahlung der Mieten und der Kaution. 20 ebenso mit diesem Ansatz: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12; Blank, in Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 543 Rn 183 22 BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 255/04 MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 6 = GuT 2007, 128 = GE 2007, 710 = ZMR 2007, 444 = NZM 2007, 401 und BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400 = GuT 2007, 130 = GE 2007, 711 = ZMR 2007, 525 = MDR 2007, 1009; OLG Düsseldorf, ZMR 1995, S. 438; OLG Koblenz, Beschluss vom 3.6.2011 - 2 U. 793/10, MDR 2011,1162 = IMR 2011, S. 452; Lützenkirchen, Einfordern der Barkaution vor Überlassung der Mietsache, in: Mietrecht – Kompakt, Heft 2/2001, S. 20 (20) 23 OLG München, Beschluss vom 17.4.2000 – 3 W 1332/00, NZM 2000, 908 24 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2005 - I-24 U 74/05, 24 U 74/05, DWW 2006, S. 425 (427); OLG Celle, Urteil vom 20.02.2002 - 2 U 183/01 NZM 2003, S. 64 zum Pachtrecht 25 OLG Celle, Urteil vom 23.4.1997 – 2 U 118/96, NZM 1998, 265; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.1.1995 – 10 U 36/94, ZMR 1995, 465 26 Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15; hinweisend auch: BGH, Urteil vom 21.3.2007 - XII ZR 255/04, NZM 2007, 401 = ZMR 2007,444 27 KG, Beschluss vom 21.01.2008 – 12 W 90/07, MietRB 2008, S. 296 21 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 6 von 17 Die Klage war erfolgreich. Das entscheidende KG hält die Kautionsvereinbarung auch als Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Gewerbemietvertrag für zulässig und wirksam. Der Mieter habe folglich kein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution. Umgekehrt könne aber der Vermieter die Übergabe der Mieträume zurückhalten, solange die Kaution nicht gezahlt sei. Kündige der Vermieter dann wegen unterlassener Zahlung der Miete fristlos, so bleibe die Pflicht zur Zahlung der Kaution gleichwohl bestehen. b) Wohnraum Dagegen soll bei der Wohnraummiete auch bei vertragstreuem Verhalten des Vermieters wegen eines nur einmaligen Pflichtverstoßes durch die unterlassene Kautionszahlung oder aus allgemeinen Mieterschutzerwägungen eine fristlose Kündigung wegen Nichtleistung der Kaution im Allgemeinen nicht28, nach anderer Ansicht nur ausnahmsweise zulässig sein, wenn sich der Mieter mit einem Kautionsbetrag im Rückstand befindet, der eine Monatsmiete übersteigt29. Dabei könne die notwendige Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung (§ 543 Abs. 1 BGB) nicht allein schon aus dem Umstand unterlassener Kautionsleistung folgen,30 sondern müsse sich in einer Gesamtschau mit anderen vertraglichen Pflichtverletzungen ergeben. Wegen der strukturellen Identität überträgt eine dritte Ansicht die für die Gewerberaummiete gefundene Wertung dagegen ohne weiteres auch auf den Bereich der Wohnungsmiete.31 Wie im Gewerbemietrecht auch stelle die unterlassene Zahlung der Kaution grundsätzlich einen schwer wiegenden Verstoß des Mieters gegen seine Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis dar, weil die Kaution regelmäßig hier wie dort ein legitimes Sicherungsinteresse des Vermieters befriedige.32 Erweise sich der Mieter damit bereits bei Beginn des Mietverhältnisses als unzuverlässig, werfe dies schon ein ungünstiges Licht auf die zu erwartende Entwicklung der Vertragsbeziehungen. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Vermieter die Mieter wegen der ausstehenden Raten mahne. c) Vorherige Abmahnung nötig? Die befürwortende Ansicht eines fristlosen Kündigungsrechts des Vermieters im Falle des Kautionsverzugs auch in der Wohnungsmiete hält eine vorherige Abmahnung 28 So die h. M. vgl. den Überblick bei Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 179 m.w.N.; grundsätzlich gegen fristlose Kündigung in diesem Falle: Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl. 2007, Kapitel 3 Rn. 26, S. 73; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, Teil IV Rn. 514, S. 1307; Palandt-Weidenkaff, BGB-Kommentar, 70. Aufl. 2011, § 551 BGB Rn. 5 29 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 16; LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12; 30 Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, Teil IV Rn. 514, S. 1307; LG Köln, Urteil vom 3.3.1993 – 10 S 334/92, WuM 1993, 605; LG Bielefeld, Beschluss vom 8.11.1991 – 23 T 147/91, WuM 1991 624; LG Kassel, Urteil vom 06.08.1987 - 1 S 132/87, NJW-RR1987, S. 1495; a. A. und für Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung aber AG Schöneberg, Urteil vom 8.6.2010 – 15 C 23/10, zitiert nach juris, Rn 29 der Entscheidungsgründe: so auch Lehmann-Richter / Stützer, Kündigungsmöglichkeiten bei Zahlungsverzug, GE 2010, S. 889, 892 31 LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12; 32 so ausdrücklich: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400 = GuT 2007, 130 = GE 2007, 711 = ZMR 2007, 525 = MDR 2007, 1009 für ein Gewerbemietverhältnis; zustimmend: Schüller, Anm. zu LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 13 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 7 von 17 grundsätzlich für unverzichtbar.33 Dies kann mit dem Hinweis auf die klare Vorgabe in § 543 Abs. 3 BGB nicht zweifelhaft sein. d) Eigene Würdigung Die Kaution befriedigt regelmäßig ein legitimes und durch §§ 551 Abs. 1 BGB gesetzlich anerkanntes Sicherungsbedürfnis des Vermieters auf der Grundlage einer entsprechenden Vertragsvereinbarung. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die unterlassene Zahlung der Kaution damit grundsätzlich eine erhebliche Vertragsverletzung darstellt.34 Wegen eines nur einmaligen Pflichtverstoßes oder aus grundsätzlichen Mieterschutzerwägungen die gesetzliche Sanktion einer Kündigung zu versagen, erscheint daher willkürlich. Denn der diagnostizierte erhebliche Pflichtverstoß kann nicht negiert werden. Alles andere liefe aus Sicht des Vermieters auf eine Verweigerung seines gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzes hinaus. Dies gilt besonders für die fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung aus § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Zu untersuchen bleibt die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung auf der Grundlage von § 543 BGB. Der Tatbestand der zahlungsverzugsbedingten Kündigung in § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB ist von vornherein auszusondern. Denn er bezieht sich schon dem Wortlaut nach ausschließlich auf Mietforderungen, mit deren Erfüllung der Mieter in Verzug geraten ist. Eine erweiterte Anwendung der Vorschrift auf Fälle des Kautionsverzugs verbietet sich. Sie wäre schon vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt Denn die Miete ist als vertragliche Hauptleistungspflicht des Mieters rein als Nutzungsentgelt für die Überlassung der Mieträume zu verstehen. Die Kaution stellt kein Nutzungsentgelt dar, sondern verfolgt mit der Befriedigung eines Sicherungsinteresses ausschließlich die Funktion einer zusätzlichen Mietsicherheit neben und unabhängig von der Miete. Eine analoge Anwendung scheitert ebenfalls mangels einer (planwidrigen) Regelungslücke. Denn der Mietrechts-Gesetzgeber versteht die Sondertatbestände eines fristlosen Kündigungsrechts in § 543 Abs. 2 BGB als Regelbeispiele35 und unterwirft den insgesamten Kanon aus wichtigem Grund kündigungsrelevanter Fallkonstellationen dem Auffangtatbestand36 in § 543 Abs. 1 BGB. Schon eine Regelungslücke ansich muss deshalb in Abrede gestellt werden. Folglich kommt es innerhalb der Subsumtion unter den Auffangtatbestand nur darauf an, ob der Unzumutbarkeitsschluss einer Vertragsfortsetzung für den Vermieter nach attestierter erheblicher vertraglicher Pflichtverletzung durch den Mieter gerechtfertigt werden kann.37 Diese Kündigungsmöglichkeit im Wohnungsmietrecht von vornherein 33 Blank, in Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 543 Rn 183; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15 34 BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400; LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400 = GuT 2007, 130 = GE 2007, 711 = ZMR 2007, 525 = MDR 2007, 1009 35 vergleiche den Wortlaut „insbesondere“ in § 543 Abs. 2 S. 1 BGB 36 Deutscher Bundestag, Drucksache 14/4553, S. 44 37 bejahend: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400 = GuT 2007, 130 = GE 2007, 711 = ZMR 2007, 525 = MDR 2007, 1009 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 8 von 17 in Abrede zu stellen, erscheint vor dem Hintergrund der anzutreffenden gesetzlichen Systematik38 ebenso willkürlich. Denn § 543 Abs. 1 BGB gilt aufgrund seiner Stellung im allgemeinen Mietrecht - gleichsam vor die Klammer gezogen - selbstverständlich auch im Wohnungsmietrecht. Die für die fristlose Kündigung von Wohnungsmietverträgen ergänzend geltende Vorschrift des § 569 BGB belegt diesen Schluss durch ausdrückliche Verweisungstechnik auf die allgemeine Vorschrift des § 543 BGB. Ergänzende Rechtsinhalte in § 569 Abs. 1 und 2 BGB finden sich im Hinblick auf das hier zu untersuchende Verhältnis zu § 543 Abs. 1 BGB nur präzisierend, nicht modifizierend und schon gar nicht einschränkend für den Unzumutbarkeitsschluss. Richtiger Ansicht nach muss dann Ausgangspunkt der gebotenen Abwägung als Voraussetzung des Unzumutbarkeitsverdikts die Erkenntnis sein, dass der Mieter schon mit der unterlassenen Zahlung der ersten Kautionsrate das Sicherungsinteresse des Vermieters zu 100% verletzt. Denn bekanntlich kann der Vermieter ausweislich der Fälligkeitsstaffel in § 551 Abs. 1 BGB zu Beginn des Mietverhältnisses auch nur die erste Kautionsrate verlangen. Auch wenn der Mieter im folgenden weitere Raten schuldig bleibt, so erhöht sich zwar seine Verbindlichkeit gegenüber dem Vermieter in absoluten Beträgen, den Unwertgehalt der Pflichtverletzung tangiert das nicht. Er ist auch schon bei unterlassener Zahlung der ersten Rate in vollem Umfang zu konstatieren. Die Auffassung, die eine fristlose Kündigung des Vermieters mit dem Argument eines nur einmaligen Fehlverhaltens des Mieters in Abrede stellen will, ist damit zu verwerfen. Zu untersuchen bleibt, ob aus der allgemeinen Mieterschutzkomponente des Wohnungsmietrechts einschränkende Bewertungen geboten erscheinen. Innerhalb der Gesetzesauslegung und -Anwendung sind dabei die Wertentscheidungen des Normgebers zu analysieren. Bereits innerhalb des Grundrechtskatalogs an oberster Stelle unserer Normenhierarchie mit zentralen Vorgaben für die Auslegung und Anwendung einfachen Bundesrechts39 sind in Art. 14 Abs. 1 GG40 Bewertungskriterien anzutreffen. Sie wurden bekanntlich durch das Bundesverfassungsgericht41 bereits im Jahre 1993 dahin präzisiert, dass das Besitzrecht des Mieters an der Wohnung ein vermögenswertes Recht im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG darstellt. Gleichwohl steht dagegen das gesetzlich ausdrücklich anerkannte Sicherungsinteresse des Vermieters ebenfalls als Ausfluss seines Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG. Im Ergebnis lässt sich hier in Bezug auf den Grundrechtsschutz beider Parteien zunächst ein ausgewogenes Verhältnis annehmen, das keine besondere Mieterschutzkomponente vorgibt. Deshalb fällt auch im Rahmen der Unzumutbarkeitserwägungen entscheidend ins Gewicht, dass sich allein der Mieter vertragsuntreu verhält. Auch das Wohnungsmietrecht als einfaches Bundesrecht ändert an diesen Befund nichts. Prüfungsansatz kann hier 38 darauf hebt auch ab: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 Die Grundrechte sind bei der Auslegung und Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften zu beachten. BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993 - 1 BvR 208/93, DWW 1993, 224 = WuM 1993, 37 = NJW 1993, 2035 = ZMR1993, 405 40 Art. 13 GG - Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung - richtet sich in erster Linie gegen Zugriffe der staatlichen Polizei und Ordnungsmacht und ist deshalb nicht einschlägig. Sein Schutzbereich wird jedoch in Räumungsprozessen des Vermieters gegen den Mieter nicht berührt; so ausdrücklich: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993 - 1 BvR 208/93, DWW 1993, 224 = WuM 1993, 37 = NJW 1993, 2035 = ZMR1993, 405 vergleiche jüngst zur staatlich angeordneten Wohnungsdurchsuchung wegen der Vermutung einer Unterhaltspflichtverletzung als Verstoß gegen die Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG: BVerfG, Beschluss vom 26. 10. 2011 - 2 BvR 15/11, WuM 2012, S. 94 ff. 41 BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993 - 1 BvR 208/93, DWW 1993, 224 = WuM 1993, 37 = NJW 1993, 2035 = ZMR1993, 405 39 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 9 von 17 allein § 551 BGB als besondere Kautionsregelung innerhalb der Wohnungsmiete sein. Die Vorschrift enthält jedoch im Vergleich zur Gewerberaummiete für die hier zu untersuchende Frage keine Ausnahmen, sondern gibt nur Modalitäten für die Kautionsanlage, ihre Fälligkeit und ihre Zahlungsabwicklung vor. Sie enthält damit für die hier gebotene Untersuchung einer etwaigen für den Vermieter unzumutbaren Vertragsfortführung keine speziell für die Wohnungsmiete zu beachtenden Bewertungskriterien. Dann aber können unterschiedliche Betrachtungsweisen im Rahmen der aufgegebenen Interessenabwägung zur Herleitung des Unzumutbarkeitsschlusses für das Wohnungsmietrecht und für das Gewerberaummietrecht nicht gerechtfertigt werden. Im Gegenteil gilt § 543 Abs. 1 BGB aufgrund seiner systematischen Stellung sowie seines Verhältnisses zu § 569 Abs. 1 und 2 BGB für beide Materien gleich. Die vom BGH42 in seinen Entscheidungen vom 21.3.2007 für das Gewerberaummieterecht unternommenen Erwägungen zur Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für den Vermieter bei unterlassener Kautionszahlung durch den Mieter gelten damit innerhalb der Wohnungsmiete entsprechend. § 543 Abs. 1 BGB kann damit auch in der Wohnungsmiete taugliche Grundlage eines fristlosen Kündigungsrechts sein, wenn der Mieter vertragswidrig die ihm aufgegebene Zahlung einer Kaution nicht leistet43. Im Gleichklang zu der zahlungsverzugsbedingten Kündigung wegen ausstehender Mietforderungen bei der Wohnungsmiete könnte es geboten erscheinen, die dortige Schonfristenregelung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB analog auch für den hier zu untersuchenden Fall anzuwenden, wenn man dem Vermieter grundsätzlich ein fristloses Kündigungsrecht im Falle des Kautionszahlungsverzugs zubilligt.44 Dagegen streitet allerdings, das mit der innerhalb von § 543 Abs. 1 BGB aufgegebenen umfassenden Interessenabwägung als Voraussetzung einer Kündigung auch nachträglich erfolgte Zahlungen analog der Schonfristregelungen bereits mitberücksichtigt werden. Das muss dann auch für ihre zeitlichen und gegenständlichen gesetzlichen Einschränkungen (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) analog gelten. Deshalb können nachträgliche erfolgende Zahlungen auf die Kaution auch einer etwa hilfsweise erklärten fristgerechten Kündigung nicht die Grundlage entziehen.45 Dabei unterliegt es keinem Zweifel anzunehmen, dass eine hilfsweise fristgerecht erklärte Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit der fristlos erklärten Kündigung kombiniert werden kann. In Bezug auf die zu unternehmende Abwägung der gegenläufigen Parteiinteressen am Fortbestand oder an der Beendigung des Mietverhältnisses ist eine ausreichende Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet. Insbesondere dem nach § 286 Abs. 4 BGB verzugsbegründendem Verschulden des Mieters am Zahlungsrückstand kann dort als Abwägungskriterium Beachtung geschenkt werden. 42 BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 255/04 MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 6 = GuT 2007, 128 = GE 2007, 710 = ZMR 2007, 444 = NZM 2007, 401 und BGH, Urteil vom 21.03.2007 - XII ZR 36/05, NZM 2007, 400 = GuT 2007, 130 = GE 2007, 711 = ZMR 2007, 525 = MDR 2007, 1009 43 so auch: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 44 dagegen allerdings: LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011 - 67 S 58/11, IMR 2012, S. 12 - grundsätzlich keine Heilungsmöglichkeit mangels gesetzlicher Grundlage 45 So ausdrücklich für den Fall der fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs: BGH, Urteil vom 16.2.2005 – VIII ZR 6/04, NZM 2005, 33 = ZMR 2005, 356 = DWW 2005, 150. für den Fall der Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB; für den Fall der fristgerechten Kündigung wegen Kautionszahlungsverzugs: AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 11.8.2010 – 551 C 28/10, ZMR 2011, S. 884 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 10 von 17 Gesteht man auch dem Vermieter von Wohnraum nach der hier vertretenen Ansicht ein fristloses Kündigungsrecht im Falle des Kautionsverzugs schon nach geltendem Recht zu, so bleibt die Frage zu untersuchen, ob ein solches Kündigungsrecht eine bestimmte Höhe des Zahlungsverzugs voraussetzt. Der Befund, dass der Mieter bereits mit der vertragswidrig und verschuldet ausstehenden ersten Rate das Sicherungsinteresse des Vermieters in vollem Umfang verletzt, könnte den Schluss nahe legen, dass ein Zahlungsverzug bereits in Höhe einer Monatsrate kündigungsauslösend wirkt. Das gesetzliche Leitbild in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB zur zahlungsverzugsbedingten Mietkündigung könnte hingegen dazu führen, einen Zahlungsverzug in Höhe von über einer Monatsrate zu fordern.46 Die Frage kann aber mit Blick auf das Abmahnerfordernis offen bleiben. Denn eine notwendig vorzuschaltende Abmahnung führt in der Regel dazu, dass es zu einem Verzug in Höhe von über einer Monatsrate kommen wird. e) Erklärungsfrist - § 314 Abs. 3 BGB? § 314 Abs. 3 BGB, wonach die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muss, soll auch für den Fall der unterlassenen Kautionszahlung gelten.47 Darf also der Vermieter nur innerhalb einer angemessenen Frist die fristlose Kündigung erklären, so soll ein Zuwarten von 10 Monaten nicht mehr angemessen sein.48 Die Angemessenheit der Frist hängt in der Beurteilung von einer Entscheidung im Einzelfall ab. Als Faustregel soll gelten, dass keinesfalls länger als vier bis sechs Monate mit der Kündigung zugewartet werden sollte.49 Dabei soll die Frist des § 314 Abs. 3 BGB mit der Erlangung der Kenntnis vom Kündigungsgrund durch den Kündigungsberechtigten ab dem Zeitpunkt des Verzugs des Mieters beginnen.50 Wird die Kaution nicht entrichtet, so entsteht für den Vermieter ein aktuelles Sicherungsbedürfnis, wenn der Mieter mit der Mietzahlung in Verzug gerät.51 In der Kommentierung zum Regierungsentwurf des Mietrechts Reformgesetzes 2001 heißt es dazu wörtlich:52 „Es wird davon abgesehen, festzulegen, dass die Kündigung innerhalb einer angemessenen Zeit seit der Kenntnis vom Kündigungsgrund zu erfolgen hat. Ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund kann schon jetzt nach ständiger Rechtsprechung verwirkt werden (vgl. Staudinger/ Emmerich, 13. Bearb., § 554a Rn. 11). Eine einheitliche feste Ausschlussfrist in Anlehnung an § 626 Abs. 2 BGB sowie §§ 6, 24 und 70 VVG erscheint wegen der Vielgestaltigkeit der Mietverhältnisse (Wohnraum, Geschäftsraum, Grundstücke, bewegliche Sachen) nicht möglich (vgl. Abschlussbericht der Schuldrechtskommission, S. 156). Eine offenere Bestimmung wäre durch die Rechtsprechung in jedem Falle auslegungsbedürftig. Die mögliche Regelung könnte damit nur wenig zur Vereinfachung des Mietrechts beitragen.“ 46 So: Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184 Blank, in Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 543 Rn 183 48 OLG Koblenz, Beschluss vom 3.6.2011 - 2 U. 793/10, MDR 2011,1162 = IMR 2011, S. 451 49 so Rohde, Anm. zu OLG Koblenz, Beschluss vom 3.6.2011 - 2 U. 793/10, MDR 2011,1162 = IMR 2011, S. 452 50 OLG Koblenz, Beschluss vom 3.6.2011 - 2 U. 793/10, MDR 2011,1162 = IMR 2011, S. 451 51 Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15 52 Deutscher Bundestag, Drucksache 14/4553, S. 44 47 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 11 von 17 4. Einzelfälle unterlassener Zahlung der Kaution Nach verbreiteter Ansicht in der Rechsprechung soll es innerhalb der Wohnungsmiete für die Zubilligung eines fristlosen Kündigungsrechts wegen unterlassener Kautionsleistung darauf ankommen, auf welchen Gründen die Nichterfüllung beruht.53 Auf eine Einzelfallkasuistik abzustellen erscheint bereits aus der notwendigen Abwägung aller Einzelfallumstände innerhalb von § 543 Abs. 1 BGB zwingend vorgegeben. a) Grundfall: Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit betreffen den Grundfall und sprechen für eine Kündigungsmöglichkeit.54 Eine andere Beurteilung soll veranlasst sein, wenn sich der zahlungsunfähige Mieter ernsthaft beim Sozialamt um die Übernahme der Kaution bemüht.55 Als Begründung wird ins Feld geführt, dass die Zahlungsunfähigkeit im Rahmen von § 543 Abs. 1 BGB anders als beim Verzug nicht dem Verschulden gleichzusetzen sei.56 Vor allem könne ein etwaiges Verschulden der Behörde dem Mieter mangels Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Sozialamts nicht zugerechnet werden.57 b) Rechtsirrtum über ein tatsächlich Zurückbehaltungsrecht des Mieters nicht bestehendes Behält der Mieter aufgrund der rechtswidrigen Annahme eines Zurückbehaltungsrechtes die Kaution ein, so soll dem Vermieter kein Kündigungsrecht zur Seite stehen.58 Diese Auffassung hat zur Konsequenz, dass ein Rechtsirrtum des Mieters pauschal in den Risikobereich des Vermieters fallen soll; dies, obgleich er bei eigener Vertragstreue vertragswidrig in seinem Sicherungsinteresse verletzt wird. Richtigerweise wird man für die Frage, ob ein rechtsirrig unterstelltes Zurückbehaltungsrecht gegen eine Kündigungsmöglichkeit spricht, danach zu differenzieren haben, ob dieser Rechtsirrtum entschuldbar oder unentschuldbar ist. Typisch für das Entstehen eines Rechtsirrtums ist in diesen Fällen insbesondere eine fehlerhafte Rechtsberatung. 53 vergleiche die Übersicht bei Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 16 54 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 16; LG Berlin, Beschluss vom 24.08.2000 - 61 T 23/00, Grundeigentum Berlin 2000, 1475; LG München, Urteil vom 08.12.1999 - 14 S 12619/99, WuM 2001, 359 55 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Sternel, Mietrecht aktuell (2009) XII Rn. 81, S. 1556 f 56 Sternel, Mietrecht aktuell (2009) XII Rn. 81, S. 1556 f; KG, Rechtsentscheid vom 11.12.1997 – 8 RE Miet 1354/96, NZM 1998, S. 110; vgl. ebenso jetzt bestätigend: BGH, Urteil vom 21.10.2009 - VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781 = NZM 2010, 37 = DWW 2010, 51 = ZMR 2010, 277 57 BGH, Urteil vom 21.10.2009 - VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781 = NZM 2010, 37 = DWW 2010, 51 = ZMR 2010, 277 58 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15; LG Köln, Urteil vom 03.03.1993 - 10 S 334/92, WuM 1993, 605 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 12 von 17 Zur falschen Rechtsauskunft wurde vertreten, dass eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht begründet ist, wenn der Mieter nach Rechtsberatung durch den Mieterverein oder auf Rat eines Rechtsanwalts die Miete unberechtigt gemindert hat.59 Ein Verschulden des Mieters wird nach dieser Auffassung als Voraussetzung für den Eintritt des Verzuges (§ 286 Abs. 4 BGB) ausgeschlossen. Ein Verschulden des Mieters sei dagegen anzunehmen, wenn er seinem Rechtsanwalt keine zutreffenden Informationen über die tatsächliche Voraussetzung über die Mietminderung erteilt hat. Der Bundesgerichtshof hat wesentlich einschränkender entschieden.60 Die unrichtige Auskunft eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsberaters des Mietervereins – oder von Haus & Grund - sei keinesfalls ein Entschuldigungsgrund, insbesondere dann nicht, wenn ein erkennbar sittenwidriges Verhalten für rechtlich unbedenklich erklärt werde. Im Übrigen handle der Schuldner auch dann auf eigenes Risiko und damit als Voraussetzung zum Eintritt des Verzugs schuldhaft, wenn er seine eigene Rechtsansicht zwar sorgfältig gebildet habe, aber dennoch mit einer abweichenden Beurteilung durch das zuständige Gericht ernsthaft rechnen müsse.61 Vor allem sei der Rechtsberater Erfüllungsgehilfe, für dessen Verschulden der Mieter nach § 278 BGB einzustehen habe.62 Besonders gestützt durch den letzten Hinweis auf die Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Rechtsberaters wird man daher in der Regel zu einer Unentschuldbarkeit aufgetretener Rechtsirrtümer gelangen müssen, was nach eigener Auffassung innerhalb der Unzumutbarkeitsabwägung zu Lasten des Mieters für eine Kündigungsmöglichkeit streitet. c) Untergeordnetes Sicherungsbedürfnis des Vermieters Das Kündigungsrecht soll ausnahmsweise entfallen können, wenn der Vermieter kein ins Gewicht fallendes Sicherungsbedürfnis hat, so etwa dann, wenn ein zahlungskräftiger Dritter eine Mietausfallbürgschaft übernommen hat.63 Dieser Auffassung ist mit dem Hinweis auf das Kumulationsverbot zu begegnen, nach dem in Summe überhöhte verschiedene Kautionsarten in ihrem rechtlichen Bestand nicht akzeptiert werden können, soweit sie die gesetzliche Höchstgrenze übersteigen.64 Die Ausnahme, dass freiwillig angebotene Bürgschaften durch Dritte ohne das Verdikt einer Unwirksamkeit der überschießenden Kautionsanteile die insgesamte Sicherheitsleistung rechtswirksam erhöhen können, verfängt nicht. Denn der Vermieter trägt ein entsprechendes Darlegungs- und Beweislastrisiko für den Charakter der Freiwilligkeit. Dabei kann aber bereits die Anregung des Vermieters, die zusätzliche Bürgschaft zu leisten, die Freiwilligkeit infrage stellen.65 Das genannte Risiko des Vermieters, mit der Mieterausfallbürgschaft auszufallen, ist folglich als 59 LG Görlitz, WM 1994, S. 601; LG Karlsruhe, WM 1990, S. 294 BGH, NJW 1979, S. 1882 = BGHZ 74, S. 281 61 BGH. NJW 1984, S. 1028 = BGHZ 89, S. 296 (303) 62 BGH, Urteil vom 28.11.2007 – VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508 = NZM 2008, 121 = ZMR 2008, 196 unter II 1 b bb); BGH, Urteil vom 25.10.2006 – VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35 (36; dazu Blank: Mietrechtsberatung und Mieterrisiko, NZM 2007, S. 788 ff) 63 Blank, in Schmidt-Futterer, § 543 BGB Rn. 184; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15; OLG München, NJWE-MietR 1996, 127 (128); LG Bielefeld, Beschluss vom 08.11.1991 23 T 147/91, WuM 1992, 124 für den Fall, dass das Sozialamt für den Mieter aufkommt 64 AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2008 – 238 C 17/08, GE 2009, S. 523 65 a.a.O. 60 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, hoch zu bewerten, sein Sicherungsinteresse Kautionsleistung deshalb nicht gering. Seite 13 von 17 an der „ursprünglichen“ d) Der Vermieter bietet die Mietsache in vertragswidrigem Zustand an Grundsätzlich setzt die Kündigung wegen unterlassener Zahlung der Kaution voraus, dass sich der Vermieter selbst vertragstreu verhält.66 Daran fehlt es, wenn der Vermieter die Mieträume selbst in vertragswidrigem Zustand anbietet. Das bezieht sich vor allem auf die Weigerung des Vermieters zur vertragsgerechten Herstellung67 oder auf Mängel der Mieträume. Nach der Wertung von § 536 Abs. 1 S. 3 BGB müssen geringfügige Sach- oder Rechtsmängel allerdings außer Betracht bleiben.68 e) Die Kautionsvereinbarung stellt die gesamte Kaution bei Mietbeginn fällig Nach einer früher vorherrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung entstanden Probleme bei der Verwertung eines erhaltenen Kautionsbetrags auch dann, wenn der Vermieter entgegen § 551 Abs. 2 BGB den Mieter verpflichtet hatte, den Kautionsbetrag auf einmal zu zahlen. Die Vorschrift ermöglicht bei Barkautionen die Zahlung des Betrages in drei gleichen monatlichen Teilleistungen. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nach § 551 Abs. 4 BGB unwirksam, soweit sie den Mieter benachteiligen. Davon ist bei einer Fälligkeitsvereinbarung entgegen § 551 Abs. 2 BGB, die sich auf die gesamte Mietsicherheit bezieht, auszugehen. Daraus wurde abgeleitet, dass der Vermieter die Kautionsleistung insgesamt ohne Rechtsgrund erlangt hat. Dem Mieter wurde ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zugestanden. In diesem Fall sei eine Aufrechnung mit Gegenforderungen des Vermieters unzulässig69. Die Aufrechnung sei deshalb ausgeschlossen, weil der Zweck der geschuldeten Leistung einer Erfüllung durch Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheine. Bestehe – auf Grund der gesetzlichen Unwirksamkeit – keine Kautionsabrede, dann könne das vom Mieter gezahlte Geld vom Vermieter auch nicht wie eine Kaution verwandt werden. Dies bedeutete, dass der Vermieter gegenüber dem Rückzahlungsanspruch des Mieters wegen einer unberechtigten Mietkautionszahlung nicht aufrechnen konnte. Folglich könnte nach dieser Auffassung der Vermieter auch nicht fristlos kündigen, wenn der Mieter nicht zahlt. Wegen der neueren BGH-Rechtsprechung70 zur Anwendbarkeit des blue-pencilPrinzips bei nichtigen Fälligkeitsvereinbarungen, die einen Anspruch des Mieters auf 66 Blank, in Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 543 Rn 183; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15; hinweisend auch: BGH, Urteil vom 21.3.2007 - XII ZR 255/04, NZM 2007, 401 = ZMR 2007,444 67 BGH, Urteil vom 21.3.2007 - XII ZR 255/04, NZM 2007, 401 = ZMR 2007,444 68 Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage 2008, § 543 BGB Rn. 15 69 AG Dortmund, Urteil vom 28.02.1997 - 125 C 15016/96, WuM 1997, 212 = NJWE-MietR 1997, 98; AG Gießen, Urteil vom 31.08.2000 - 48 M 248/00, ZMR 2001, 459 70 BGH, Urteil vom 25.06.2003 - VIII ZR 344/02, WuM 2003, 495 = GE 2003, 1144: NJW 2003, 2899 = NZM 2003, 754 = ZMR 2003, 729 = DWW 2003, 261; BGH, Urteil vom 03.12.2003 - VIII ZR 86/03 MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 0 = MM 2004, 120 = NJW 2004, 1240 = GE 2004, 350 = DWW 2004, 83 = WuM 2004, 147 = NZM 2004, 217 = ZMR 2004, 405; BGH, Urteil vom 17.03.2004 - VIII ZR 166/03, WuM 2004, 269; BGH, Urteil vom 30.06.2004 - VIII ZR 243/03 MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 0 = GE 2004, 956 = WuM 2004, 473 = NZM 2004, 613 = ZMR 2004, 666 = MDR 2004, 1107 = NJW 2004, 3045 = DWW 2004, 254 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 14 von 17 Rückgewähr der Kaution nach § 812 BGB versagt, und die wegen des stärker gesehenen Sicherungszwecks der Kaution nur zu einer Teilnichtigkeit nach § 139 BGB kommt, dürfte heute einer Verwertung nichts mehr im Wege stehen. Denn es wird von einer wirksamen „Rumpfvereinbarung“ zur Kautionsabrede ausgegangen. Die älterne Auffassung ist damit obsolet. Hat aber der Vermieter mit diesem Ansatz auch einen Kautionszahlungsanspruch trotz der gesetzwidrigen Fälligkeitsvereinbarung, so kann er grundsätzlich im Falle unterlassener Zahlung auch mit der Zahlung in Verzug geraten, wenn ihm ein entsprechendes Verschulden angelastet werden muss (§ 286 Abs. 4 BGB). Das ist Frage des Einzelfalls. Eine rechtswidrige Fälligkeitsvereinbarung kann aber nicht insgesamt dazu führen, ein verzugsbedingtes fristloses Kündigungsrecht zu versagen. Dem Umstand einer teilnichtigen Vereinbarung kann innerhalb der aufgegebenen Unzumutbarkeitserwägungen ausreichend Rechnung getragen werden. f) Die vereinbarte Kaution übersteigt die gesetzlich zulässige Höhe Hat der Vermieter eine zu hohe Kaution über drei Monatsmieten hinaus vereinbart und auch erhalten, soll er nach Ansicht von Lützenkirchen71 gegenüber dem Rückforderungsanspruch nicht aufrechnen können. Nach Mietende muss aber auch bei unwirksamer oder nicht gedeckter Kautionsabrede eine Aufrechnung bis zur gesetzlich begrenzten Kautionshöhe zulässig sein. Immerhin ist der Kautionsrückzahlungsanspruch pfändbar. Würde die Aufrechnung nicht zugelassen, könnten sich andere Gläubiger vorrangig aus der Sicherheit befriedigen. Dies erschließt sich auch aus einer parallelen Betrachtung zum Rückzahlungsanspruch des Mieters in diesen Fällen. Auch nach Auffassung des BGH ist der Vermieter nur hinsichtlich der Kautionsanteile ungerechtfertigt bereichert, die das gesetzlich festgelegte Höchstmaß übersteigen. Folglich hat er gegen den Vermieter einen Rückzahlungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung auch nur in Höhe der Kautionsanteile, soweit sie drei Monatsmieten übersteigen, nicht in Höhe der vollen Kautionssumme.72 Deshalb ist auch hier insgesamt von einem Zahlungsanspruch des Vermieters in Höhe der gesetzlich zulässigen Kaution auszugehen. Von einem verschuldensgetragenen Zahlungsverzug im Falle unterlassener Zahlung kann ebenso ausgegangen werden. Denn auch dem rechtsunkundigen Mieter kann und muss es zugemutet werden, sich über die Rechtslage zu informieren, und bis dahin gegebenenfalls unter Vorbehalt zu leisten oder die Kaution zu hinterlegen. Die Kündigungsmöglichkeit in diesem Falle insgesamt zu ächten, erscheint also ebenso willkürlich. Vielmehr kann sie nur aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall gerechtfertigt werden, bei der der Umstand der rechtswidrig überhöht vereinbarten Kaution als Kriterium zu berücksichtigen ist. V. Rechtsentwicklung de lege ferenda - Mietrechtsänderungsgesetz 2012 Der Referentenentwurf eines Mietrechtsänderungsgesetzes 2012 billigt dem Wohnraumvermieter ein weiteres Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu, wenn der Mieter mit einem Betrag der Sicherheitsleistung in Verzug kommt, der zwei Kaltmieten erreicht (§ 569 Abs. 2a BGB-E). Damit korrespondiert 71 Lützenkirchen, in Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, Teil C Rn. 179 a. E BGH, Urteil vom 1.6.2011 - VIII ZR 91/10, NZM 2011, S. 625; Peters, Die überhöhte Mietkaution Folgen für das Behalten dürfen und die Abrechnung am Mietende, NZM 2011, S. 803 72 Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 15 von 17 eine jetzt ausdrückliche gesetzliche Fälligkeitsregelung, bezogen auf die zweite und dritte Rate der vereinbarten Mietsicherheit (§ 551 Abs. 2 Satz 3 BGB-E).Die bei der außerordentlichen unbefristeten Kündigung wegen Zahlungsverzugs normierte Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB soll entsprechend gelten (§ 569 Abs. 2a Satz 4 BGB-E). Im Hinblick auf das geltende Recht bieten sich in der geplanten Neuregelung mit der wegfallenden Notwendigkeit vorheriger Abmahnung und der obsoleten Interessenabwägung als Voraussetzung eines Unzumutbarkeitsschlusses für die Vertragsfortsetzung zwei Unterschiede: • • Das Abmahnerfordernis fällt weg (§ 569 Abs. 2a S. 3 BGB-E). Es gibt keine Interessenabwägung mehr (§ 569 Abs. 2a S. 1 BGB-E). VI. Eigene Empfehlung – „Notwendigkeit“ eines neuen Kündigungstatbestandes? Wie gezeigt bedarf es innerhalb der Kündigungsgrundlage in § 543 Abs. 1 BGB als Voraussetzung des Unzumutbarkeitsschlusses einer Abwägung zwischen den Parteiinteressen. Dagegen genügt es nach der geplanten Neuregelung in § 569 Abs. 2a BGB-E, wenn Verzug vorliegt. Eine darüber hinausreichende Interessenabwägung ist nach der Fassung des Tatbestands weder geboten noch möglich. Dies ist auch interessengerecht. Denn dadurch wird der Schwere des Vertragspflichtverletzung und dem gesetzlich anerkannten Sicherungsinteresse des Vermieters entsprochen, diese klare gesetzliche Grundentscheidung durch umfangreiche Unzumutbarkeitserwägungen entgegen den geschützten Interessen des Vermieters etwa zu Gunsten des vertragsuntreuen Mieters nicht verwässert. Anders als bei einer Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB bedarf es keiner vorherigen Abmahnung als Voraussetzung einer Kündigung nach der geplanten Neuregelung in § 569 Abs. 2a BGB-E. Sie wäre auch systemwidrig und zeitlich unpraktikabel. Denn sie liefe dem Sicherungsinteresse des Vermieters schon unmittelbar bei Beginn des Mietverhältnisses73 zuwider und würde im Falle weiterer Pflichtverletzungen durch unterlassene Zahlung der übrigen Kautionsraten seinen Schaden vergrößern. Abmahnen könnte der Vermieter erst nach Eintritt des Zahlungsverzugs bezüglich der ersten Rate. Das führt schon im zeitlich im Ergebnis darauf hinaus, dass im Falle einer Abmahnpflicht zwei Kautionsraten ausständig werden, bevor dem Vermieter fristlos kündigen könnte. Rechtspolitisch positiv kommt hinzu, dass mit einem als Regelbeispiel ausgestalteten ausdrücklichen fristlosen Kündigungsrecht für den Fall eines eingetretenen Kautionsverzugs die bisherige Unsicherheit zu der Frage gelöst wird, ob innerhalb der Wohnungsmiete ein fristloses Kündigungsrecht des Vermieters auf die einzig in Betracht kommende Grundlage in § 543 Abs. 1 BGB gestützt werden kann. Diese notwendig klarstellende Funktion des neuen Rechts ist zu betonen. 73 Die erste Rate ist zu diesem Zeitpunkt fällig - § 551 Abs. 2 S. 2 BGB Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 16 von 17 Entweder durch ausdrückliche Verweisung auf den neuen Kündigungstatbestand in § 578 Abs. 2 BGB oder - besser - durch Änderung seines systematischen Standorts und Integration in die allgemeine mietrechtliche Vorschrift des § 543 BGB ist ein Gleichklang in der Rechtslage von Wohnungs- und Gewerbemiete anzustreben. Eine Harmonisierung der Rechtslage in sämtlichen Formen der Raummiete ist auch aus rechtsdogmatischen Gründen geboten, weil nach dem jetzigen Planungsstand des Entwurfs die kautionsverzugsbedingte Kündigung bei der Wohnungsmiete mit dem Wegfall von vorheriger Abmahnung und obsoleter Interessenabwägung von geringeren Anforderungen abhängt als bei der Gewerbemiete. Zu Recht weist die Stellungnahme des Deutschen Mietgerichtstages auf den Umstand hin, dass der Geschäftsraummieter mit der innerhalb des dort allein anwendbaren § 543 Abs. 1 BGB74 weiter notwendigen vorherigen Abmahnung sowie einer Interessenabwägung besser geschützt werde als der Wohnraummieter, was mit den Grundsätzen des sozialen Mietrechts nicht im Einklang stehe.75 Dieser Befund widerstreitet der gesehenen höheren sozialen Schutzkomponente des Wohnungsmieters, ausgewiesen zum Beispiel in halb zwingenden Verbotsnormen zu seinen Gunsten (Mietermeistbegünstigungsklauseln). 76 Zusätzlich wäre mit der hier favorisierten systematischen Änderung der heute zunehmend einmütigen Auffassung eines erheblichen vertraglichen Pflichtverstoßes des Mieters im Falle unterlassener Kautionsleistung Rechnung getragen. Zusätzlich wurde jüngst gegen die geplante Neuregelung eingewandt, sie schaffe neue Rechtsprobleme und werde aufgrund des formalisierten Kündigungstatbestandes den Besonderheiten des Einzelfalls77 nicht gerecht.78 Soweit zur näheren Begründung zum Beispiel • • • eine Weigerung zur Zahlung der Kaution, weil der Vermieter die Mietsache im vertragswidrigen Zustand anbietet; Vereinbarungen der Fälligkeit der gesamten Kaution bei Mietbeginn; und Verstöße gegen den Höchstbetrag der Kaution fruchtbar gemacht werden, ist dem der Hinweis auf ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters an der Kautionsleistung oder schlicht eine (teil-)unwirksame Kautionsabrede entgegenzuhalten, die sein Verhalten legitimieren und ein Kündigungsrecht des Vermieters von vornherein mangels eines anzunehmenden Verschuldens als Verzugsvoraussetzung gar nicht erst entstehen lassen. Der zwingend erforderlichen Einzelfallgerechtigkeit ist durch das Tatbestandsmerkmal „Verschulden“ in 74 Mangels geplanter Verweisung in der Neufassung des § 578 Abs. 2 BGB soll die geplante Kündigungsvorschrift in § 569 Abs. 2a BGB-E in ihrer Anwendung auf die Wohnungsmiete beschränkt bleiben. 75 so die Stellungnahme des Deutschen Mietgerichtstages zur Mietrechtsänderung 2012, in: NZM 2012, 75 (76) 76 Die erleichterten Anforderungen an eine Kündigung innerhalb der Wohnungsmiete nach neuem Recht im Verhältnis zu einer Kündigung mit der Notwendigkeit vorheriger Abmahnung und dem Gebot einer Interessenabwägung in der Gewerbemieten moniert auch die Stellungnahme des Deutschen Mietgerichtstages zum Mietrechtänderung 2012, NZM 2012, S. 75 (76) 77 zum Beispiel eine Weigerung zur Zahlung der Kaution, weil der Vermieter die Mietsache im vertragswidrigen Zustand anbietet; Vereinbarungen der Fälligkeit der gesamten Kaution bei Mietbeginn; Verstöße gegen den Höchstbetrag der Kaution 78 So die Stellungnahme des Deutschen Mietgerichtstages zum Mietrechtänderung 2012, NZM 2012, S. 75 (76) Dr. H. R. Horst, Sanktionen bei unterlassener Zahlung der Kaution, Seite 17 von 17 ausreichender Form Rechnung getragen. Insoweit kann auf die erreichte einzelfallbezogen ausdifferenzierte Kasuistik im Falle von mietzahlungsverzugsbedingten Kündigungen mit identischer Gesetzestechnik verwiesen werden. Der „Praxistest“ der geplanten Neuregelung darf deshalb schon vorab als bestanden gelten. Obgleich schon nach geltendem Recht ein fristloses Kündigungsrecht des Vermieters bei unterlassener Kautionszahlung durch den Mieter auch in der Wohnungsmiete hergeleitet werden kann, erweist sich die geplante Neuregelung in der Ausformung eines Regelbeispiels, das ausschließlich an das Verschulden des Mieters anknüpft, als geboten, wenn man es mit der Ächtung des in der unterlassenen Kautionszahlung liegenden erheblichen Vertragsverstoßes ernst meint. Dr. Horst, 22. Februar 2012