Verinnerlichte Bilder lnternalized lm ages

Transcription

Verinnerlichte Bilder lnternalized lm ages
Verinnerlichte Bilder
Hearne Pardee
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,,lch betrat den dunklen Raum von
der StraBe aus kommend, meine
Augen waren noch geblendet
von dem Licht, und dann sah ich
Murmur auf mich zu schweben,
ein immaterieller Gedanke beziehungsweise eine Erinnerung,
mich selbst reflektierend. Der
Kreislauf aus dem Schauen nach
lnnen und dem Schauen nach
AuBen hatte sich geschlossen."l
ln der Reaktion von Peter Campus
auf den Anblick von Murmur [Abb.
11, das 1987 auf die Wand der
Galerie projiziert wurde, schwingt
ein Geftihl des Triumphes mit
-
seine Rrickkehr
Dia-Projektion
^)r einer langen
markiert das Ende
Beschiiftigung mit der Landschaftsfotografie. Das,,Schauen
nach AuBen", auf die Landschaft,
hatte eine Reise in trostlose
urbane Zonen zur Folge gehabt,
weg von den sich selbst abschottenden Galerieriiumen mit ihren
Videoinstallationen, hin zu
geschichtlichen Zeiten. Campus
kam von seiner Reise mit einem
herzformigen Stein als Talisman
zurick, den er im Studio fotografierte und extrem vergrdBerte,
so wie er es mit den Kopfen in
seinen Projektionen aus den
l97Aer Jahren gemacht hatte
lz.B. Abb. S. 1961. Campus
befand sich an der Schwelle zu
einer neuen Phase in seiner Kunst,
in der dann die Kamera durch
den Scanner ersetzt wurde.
Murmur ist zugleich auch die
projiziertem Licht aufgelost. Mit
Murmur beginnt Campus eine
neue Reise ,,nach lnnen", in die
hohlenartige Dunkelheit seines
eigenen Korpers.
Murmur stellt ein neues Paradigma
in Campus Erforschung des Selbst
dar, so wie es festgehalten, entwickelt und reprdsentiert wird
durch visuelle Medien. Es liefert
das Modell ftlr die digital bearbeiteten Fotos, in denen Objekte aus
der Natur einbezogen werden.
Diese werden auf den Computerbildschirm,projiziert' und einer
Landschaft oder einem Himmel
gegenribergestellt. Campus' nachfolgende Entwicklung vom implizierten Selbstbild bei lVlurmur
hin zum eindeutigen Selbstportrit
bei shadow maker (1995) tAbb.
S. 2021kennzeichnet seine Rrickkehr von der Standfotografie
zum Video und, was noch viel
wichtiger ist, sein Einbeziehen
der digitalen Medien in seine
Arbeitsweise. Campus entwickelt
sich krinstlerisch weiter in Verbindung mit einer neuen Technologie,
so wie er es bereits mit der
Videotechnik gemacht hatte.
Obwohl die digital bearbeiteten
Fotos die Natur zum Thema
haben, beruhen sie weniger auf
der AuBenwelt, als es die Land-
schaftsfotos der 1980er Jahre
taten. Sie haben einen engeren
Bezug zur Malerei, und doch
wurzeln sie in den frrihen Videos,
die eng mit dem Theater verbunden waren. Sie enveitern und
frihren das dem Theater enfliehene
Demarkationslinie zwischen
der inneren und der aulSeren Welt:
ein Objekt wird personalisiert,
,,Schauen nach lnnen" von Murmur
verinnerlicht, und sein Foto in
fort und zeigen Objekte aus der
Natur als ausdrucksstarke Motive.
Roland Barthes hat festgestellt,
dass die Fotografie sowohl aus
der Malerei als auch aus dem
Theater hervorgegangen ist, und
"l walked into the dark room from
the street, my eyes still dazzled
by the light, and saw Murmur
floating out at me, an immaterial
thought or memory, reflecting
myself. lt had come full circle, this
looking inward and looking outward."1
Peter Campus' reaction to seeing
Murmur tfig. U projected on the
gallery wall in 1987 conveys a
sense of triumph, the return to
slide projection marking the end of
a long involvement with landscape
photography. "Looking outw ard" ,
at landscapes, had entailed a
journey into desolate urban zones,
away from the self-enclosed
gallery spaces of video installation
and into historical time. Campus
emerged from his journey with
a talismanic heart-shaped stone,
photographed in the studio and
monumentally enlarged like the
heads of his 1970s' projections
le.g. fig. p. 1961 . Before it,
he stood on the threshold of a
new phase of his art, which would
see the camera replaced by the
scanner. lilurmur also demarcates
a threshold between internal and
external worlds: an object is
personalized, internalized, and its
photograph dissolved in projected
light. With it, Campus begins
a new "inward" journey, into the
cave-like darkness of his own
body.
lVlurmur represents a new paradigm in his investigation of the
self, as it is captured, processec
and represented through visual
media. lt provides the model
das
for the digital prints, which
tet
konl
Panr
involve
natural objects 'projected' in the
computer monitor and set against
a landscape or sky. Campus, subsequent trajectory from the implic_
Vern
beitt
Trad
it self-image of lt/lurmur to the literal self-portrait of shadow maker
(1995) tfig. p. 202) defines his
return from still photography to
video and, more fundamentally,
v
Dior
kam
des
auch
komr
eiger
his integration of digital media into
his practice; as he did with video,
Campus develops artistically in
tandem with a new technology.
Even though their subject is
nature, the digital prints are based
less in the outside world than are
lm Gr
the 1980s' landscape
sich
pho-
tographs. They relate more closely to painting,
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yet their roots remain in the theatrical art of the early videos,
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They extend and develop the the-
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atrical "inward looking" of lVlurnur,
in which natural objects are
invoked as potent images. Roland
Barthes observes that photography emerged both from painting
and from theater, noting that
Daguerre ran a panoram a theater,
animated by light shows.2 Campus' internalized dioramas exemplify that legacy. His digital photographs extend a tradition that
includes the darkroom trickery
and theatricality of surrealism,
with its openness to com mercial
techniques. His own early work in
color came at the tetevision labs
of WGBH (Boston), and he sPeaks
of his interest in "production values", acquired during his apPrenticeship in film.3
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Murmur, 1987
photo projection
(slide from b/w photo)
Stiidtisches Museum Abteiberg,
Monchengladbach
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konstatiert, dass Daguerre ein
Panorama-Theater geleitet hat,
das durch eine Lightshow begleitet wurde.2 Campus' verinnerlichte
Dioramen sind Beispiele ftlr dieses
Vernrachtnis. Seine digital bearbeiteten Fotografien fuhren eine
Tradition fort, welche die Dunkelkammer-Tricks und die Theatralitiit
des Surrrealismus einschlieBen,
auch mit ihrer Offenheit ftlr
kommerzielle Techniken. Campus'
eigenes Frtlhwerk in Farbe ent-
into
stand in den Fernseh-Laboren des
eo,
WGBH (Boston), daher sein lnter-
I
rsed
are
)see-
esse an ,,Produktionswerten", wie
er es nennt, die er sich wihrend
seiner Lehrzeit beim Film angeeignet hatte.3
lm Gegen satz dazu beschdftigen
sich die Landschaftsfotos aus den
1980er Jahren mit der Leere
und der unerbittlichen Realitdt, mit
den verwitterten 0berfl6chen von
Steinen Motive, die von Zufall
-
he-
'nur,
und Verlust geformt wurden. Der
Stein scheint die passende Metapher frir die S/W-Fotos zu sein
-
and
'arg
rter,
t-
m-
,,Schatten, die von der Realitit
losgelOst sind und die doch real
sind in Form von Papier und SilberlOsung."4 Ein Gefuhl des Verlangens flieBt in die Detailarbeiten
ein. Der Verlust bekommt ein ganz
besonderes Gewicht bei lVlemorial
)-
(i981), einer verlassenen
rt
tung, die Campus in der Nihe des
Grabes seiner Mutter aufgenommen hatte. ln den digital bearbeiteten Fotos erzeugt er allerdings
selbst die Schlagschatten, nicht
um eine Abwesenheit zu zeigen,
sondern um die Prisenz und die
dreidimensionale Materie seiner
ial
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aks
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rn-
Lich-
Dersonalisierten Objekte hervorzuheben. Diese Art von ,schatten-
Erzeugen' hat mehr mit der Malerei und dem Zeichnen zu tun als
mit dem ,,Da-Gewesenen"5 der
Fotografie - genau wie nattirlich
auch das Hinzufugen von Farbe,
dem eine groBe Bedeutung in diesen Arbeiten beigemessen wird.
Dieser High-Tech-Glanz hat einige
Kritiker enttauscht, wie zum Beispiel Donald Kuspit, der in einer
Kritik aus dem Jahr 1996 die
digital bearbeiteten Bilder von
Campus als offensichtlich ktlnstlich abgetan hat und dem Medium
selbst ein krlnstlerisches Potenzial
abgesprochen hat.6 Seine Kritik
erinnert an Walter Benjamins lnFrage-Stellen der mechanischen
Reproduktion und Charles Baude-
laires berrihmten Angriff auf die
Fotografie. Beide bezweifeln, dass
aus der Technologie der Konsumgtiterindustrie eine Kunst mit
einer imaginativen Macht hervorgehen kann, indem sie wiederholt ihr
romantisches lnsistieren auf einer
inneren Vision gegenriber der
mechanischen Replizierung betonen. Frir Campus hingegen, einem
von der Technologie faszinierten
Romantiker, reprdsentiert der
Computer ein miichtiges neues
Auge, das die,natrirliche' Wahrneh-
mung und deren Konventionen des
Realismus in Frage stellen kann.
Wiihrend John Berger die kommerzielle Farbfotografie als eine minderwertige Form der Olmalerei
betrachtetT, entdeckt Carnpus in
deren Technologie eine metaphysische Dimension und Anzeichen
des Erhabenen.
Campus'Vertrauen in seine Fzihigkeit, der Technologie Kunst
abzuringen, liegt in seinem personlichen Engagement begrtindet:
ganz zu Anfang, bei Three
Transitions (1973J [Cat. No. 4,
Abb. S. 571, hat er seinen eigenen
ln contrast, the landscape photographs of the 1980s deal with
emptiness and obdurate reality,
the weathered faces of stones
images shaped by contingency
and loss. Stone seems a fitting
metaphor for the black and white
prints - "shadows abstracted from
reality, yet real enough paper and
-
silver solution".a A sense of longing infuses the working of detail.
Loss assumes more specific
content in lr/lemorial (1981), an
empty clearing recorded near his
mother's grave. ln the digital
prints, however, Campus creates
his own cast shadows, not to
mark an absence but to enhance
the presence and three-dimensional mass of his personalized
objects. This sort of 'shadow
making' has more to do with painting and drawing than with the
"that-has-been"5 of photography
as does, of course, the addition of
color, which assumes such importance in this body of work.
This high-tech veneer has put off
some critics, such as Donald
Kuspit, who in a L996 review dismissed Campus' digital images
as patently artificial, and the
medium itself as bereft of artistic
potential.6 His critique echoes
Walter Benjamin's questioning of
mechanical reproduction, and
-
Charles Baudelaire's famous
attack on photography. They
doubt that an art of imaginative
power can emerge from a
technology of mass consumption,
reiterating a romantic insistence
on inner vision rather than
mechanical replication. To
Campus, however, a romantic
enamored of technology, the
computer represents a powerful
new eye, which can question
'natural' perception and its conventions of realism. lf John Berger
considers commercial color
photography a debased form of oil
paintingT, Campus sees in its
technolo gy a metaphysical
dimension and intimations of the
sublime.
Campus' confidence in his ability
to wrest art from technology
lies in his personal engagement:
early on, in Three Transittons
(1973) [Cat. No. 4, fig. p. 571,
he employed his own body as a
foil to the realism of television
and portrayed himself shedding
layers in a process of death and
rebirth. ln another early video,
Campus crushes a mirror with
his foot [Cat. No. 8, fig. p. 69], as
though to reject the narcissism
of Marshall Mcluhan's "gadgetlover"8, whose attachment to one
technology cuts him off from
the world. Rosalind Krauss
observes how Campus' closedcircuit video installations, contrived like traps for the narcissistic
viewer, insist on the wall of
projection as an "absolute Other",
"part of the world of objects
external to the self."e Campus
himself speaks somewhat
mystically of an awareness that
transcends video, a "durational
perception" of the entire room,
2
My thoughts erase, 1990
computer drawing
lCat. No. 321
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Korper als Realismusfolie des
Fernsehens eingesetzt und sich
selbst dargestellt, wie er in einem
Prozess von Tod und Wiederge-
burt Schicht um Schicht abstreift.
ln einem anderen fnihen Video
zertritt Campus einen Spiegel mit
seinem FuB [Cat. No. 8, Abb. S.
691, so als ob er den Narzissmus
von Marshall Mcluhans ,,GadgetLover"8 weit von sich weisen wollte. Dieser schneidet sich wegen
seiner Hinwendung zu einer
einzigen Technologie selbst von
dem Rest der Welt ab. Rosalind
Krauss hat festgestellt, dass die
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von Campus, die er als eine Art
Falle fur den narzisstischen
Betrachter erdacht hat, auf der
Projektionswand als ein,,absolutes
Anderes" bestehen, als ,,Teil der
Objektwelt, die auBerhalb des
Selbst existiert."e Campus selbst
spricht etwas mystisch von einem
Bewusstsein, das uber das Video
hinausgeht, von einer,,dauerhaften
Wahrnehmung" des ganzen
Raums, ,,die auf der Beobachtung
beruht und zu einem hoheren
Grad an Realitiit frihrt."lo Genau
wie Mcluhan scheint Campus in
den elektronischen Medien ein
groBes Potenzial zu erkennen.
Seine Hinwendung zur Standfotografie, einer Technologie des
19. Jahrhunderts, bietet in der
Tat eine Plattform fur dieses
Unterfangen, das damit auch in
der Vergangenheit verankert ist.
Genau wie bei dem Design seiner
Closed-Circuit-lnstallationen ver-
dichtet sich in der Landschaftsfotografie zunehmend der Raum,
kommt naher bis an einzelne Stei-
ne heran - Zeichen der Erneuerung, die Campus schlieBlich mit
in sein Studio nimmt und mittels
Projektion transformiert. Wdhrend
die Natur die Rolle des Subjekts
einnimmt, sucht Campus seinen
,,hoheren Grad an Realitat" im
Computer, einem Ersatz-Hirn
-
auf der einen Seite ein Labor, in
dem naturliche Objekte zu Laborproben werden, deren Oberfldchen
elektronisch seziert werden
aber auch ein Theater der Special
Effects, in dem die Fantasie
sich frei entfalten kann und die
-
Wissenschaft in verschiedene psychologische Richtungen abdriftet.
Anfangs sieht es so aus, als ob
Campus auf einer Hohlenwand
zeichnen wtirde - genau wie die
steinzeitlichen J6ger Tiere gemalt
haben, die ihr Uberleben sicher-
ten, so projiziert er Miigen,
Her-
zen und Lungen in den unbegrenzten Raum des Monitors. Sie
kommen aus der Dunkelheit und
gleiten dahin wie biologische
Laborproben, die in einer trriben
Fltissigkeit schweben. Vereinzelte
Lichtpunkte sind fast ganz weiB
und erinnern an eine elektronische
Lichtquelle, die charakteristisch
fur den Computer ist. My thoughts
erase (1990) tAbb. 2) zeigt ein
deutlich erkennbares Gehirn; darin
befindet sich ein Magen, der in
einem Behiilter schwebt, neben
diesem zwei Pyramiden mit
groBen Schatten - mehrdeutige
,reale' platonische Formen in einer
verinnerlichten, virtuellen Land-
schaft. Die cartoonhafte Schlichtheit und der morbide Humor erinnern sowohl an Gemdlde aus der
Spdtphase Philip Gustons als auch
an die organischen Abstraktionen
von Terry Winters und Bill Jensen.11 Hier geht es nicht um die
"rooted in observation and leading
to a higher order of reality'.10
Like Mcluhan, he seems to intuit
profound potential in electronic
media. His move into still photography, a nineteenth-century technology, in fact provides a platform
for that investigation, which is
thereby anchored in the past.
Like the design of his closedcircuit installations, the landscape
photographs progressively compress space, closing in on single
stones, tokens of restoration,
which Campus finally takes home
to his studio and transforms
through projection. As nature
assumes a subjective cast, he
seeks his "higher order of reality"
in the computer, a surrogate mind
- on the one hand a laboratory
where natural objects become
specimens, their surfaces penetrated electronically - but also a
theater of special effects, in
which fantasy is liberated, and
science cast adrift on psychological currents.
Campus begins as though drawing
on the wall of a cave - just as
stone age hunters depicted animals essential to their survival, he
projects stomachs, hearts and
lungs into the undefined space of
the monitor. Emerging from darkness, they float like biological
specimens suspended in shadowy
liquid. Scattered highlights are
bleached almost white, suggesting
an electronic light peculiar tci the
computer. My thoughts erase
(1990) ffie. A depicts a carefuily
articulated brain; inside is a stom_
ach suspended in a tank, beside
two pyramids with dramatic
cast shadows - ambiguously'real,
platonic forms in an internalized,
virtual landscape. The cartoon
simplicity and morbid humor recall
Philip Guston's late paintings, as
well as the organic abstractions of
Terry Winters and Bill Jensen.il
Here there is no question of translating landscape photographs into
digital prints, but rather a new
relationship to the object, modeled
on projections like Murmur.
The black and white prints of
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1991 incorporate photographs of
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real objects: pieces of wood,
dead leaves, rocks. Like the stone
of Murmur they bear an anthroPomorphic charge: stick tfig. 3l
als
suggests the nude torso of a
woman, replica tfig. al a selfportrait. These'living' objects,
fetishes sculpted and animated
with light, are placed against
flat, abstractly textured backgrounds, as though projected in
some internalized theater. The
background grids remind us of the
scientific matrix to which theY
are now subjected. Campus
describes how he manipulated the
shadows in Head of a man with
death on his mind $97$ ffie. P'
1911 to create "pools of darkness", which tugg.ti.O tn. titleJz
Here, these pools congeal into
abstract shapes in a rich orches'
tration of dark tones. But the cast
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3
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stick, 1991
digital b/w photo
digital b/w photo
replica
50x60cm
lCat. No. 361
collection of the artist,
courtesy Leslie Tonkonow
Artworks + Projects, New York
'efully
Urnwandlung von Landschaftsfotos
in digital bearbeitete Drucke,
sondern es entsteht eher eine
r stom-
neue Beziehun
eside
nach dem Vorbild von Projektionen
to the
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g zu dem Objekt,
wie Murmur.
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lized,
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r
recall
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:ions of
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Die S/1rV-Fotos aus dem Jahr 1991
schlieBen Fotos von realen Objek-
ten mit ein: Holzstucke, abgestorbene Blatter, Felsen. Wie der
Stein aus lllurmur besitzen sie
eine anthropomorphe Symbolik:
sttck iAbb. 3l dhnelt dem Torso
I trans-
einer nackten Frau, replica tAbb.
rs
4l einem Selbstportrdt.
into
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ais ob sie auf einer verinnerlichten
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Diese
,lebendigen'Objekte, die so etwas
wie Fetische sind, mit Hilfe von
Licht geformt und animiert, werden vor flache, abstrakt strukturierte Hintergrunde platziert, so
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hropo-
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im Hintergrund erinnern an die
wissenschaftliche Matrix, der sie
nun unterworfen sind. Campus
beschreibt, wie er in Head of a
man with death on his mind (1978)
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e casi
tAbb. S. 1911 die Schatten manipuiiert habe, um jene ,,Ansammlung aus Schatten" zu erschaffen,
die zum Titel geftihrt haben.12
Bei diesem Werk erstarren die
Schatten zu einer abstrakten
Form, die aus einer breiten Palette
an dunklen Tonen besteht. Allerdings stellt der Schlagschatten,
der hinzugefugt wurde, um zu
,,zerfallen", damit seine Tiefe noch
vergrdBert wird, eine neue,
digitale Art und Weise des Schattenwerfens dar. Nachdem Campus
einige Jahre in der direkten
Tradition der Landschaftsfotogra-
fie gearbeitet hat, beherrscht
Campus schon bald eine neue
Bandbreite an visuellen Effekten.
Sie bringen ihn in das Reich des
Expressionismus und Surrealismus
zuriick, das er schon bei Three
Transitions erforscht hatte. Bei
burning 0992) tAbb. S. 2061,
einem seltsamen Bild aus der
Ubergangszeit, benutzt er zum
ersten Mal Farbe, bei einem grunen Strauch, der vor einem gninen, strukturierten Hintergrund zu
sehen ist und einen rosaroten
Schatten wirft. Das Rosarot
besitzt einen Korrosions-Effekt,
der dem eines Nachbildes gleichkommt, und man konnte sich vorstellen, man wtirde auf die eigenen
inneren Arbeitsprozesse des
Auges schauen, auf die Retina mit
ihren dezimierten Zellen, die eine
Komplementdrfarbe produzieren.
ln diesem Fall gehort das Licht
zum natrirlichen Auge und zum
Reich der Physik. ln spdteren
Farbfotos tritt man aus dem Korper - aus dem eingeschlossenen,
verinnerlichten Raum, der bei
burning immer noch prdsent ist
-
heraus ins Tageslicht. lsolierte
Objekte schweben nun vor einer
weit entfernten Landschaft. Allerdings ist es einem nur selten
gestattet zu vergessen, dass dies
sorgfdltig inszenierte Kompositionen sind, so wie Dioramen in
einem Museum.
fire and ice (1992) [Cat. No. 43,
Abb. S. 2071 allerdings benutzt
die Magie der Software, um auf
dem Kopf stehende Eiszapfen in
Flammen zu verwandeln, in einer
visiondren Landschaft, die an
das expressionistische Kino beziehungsweise an die mit SYmbolen
behafteten Bilder von Marsden
Hartley erinnert, einen Maler,
den Campus bewundert.13 Weitaus
komplexer ist incisian $992)
tAbb. 51, ein groBes Cibachrom-
Foto, auf dem der Ast eines Bau-
shadow added to "decay" to
enhance its depth represents a
new, digital sort of shadow
making. After years of work in the
straightforward tradition of landscape photography, Campus
quickly masters a new range of
visual effects. They return him to
the realm of expressionism and
surrealism he explored in Three
Transittons.
burning (1992) [fig. p. 2061, a
strange, transitional image, marks
the introduction of color, with its
green shrub superimposed on a
green, textured background,
casting a pinkish shadow. The
pink has the corrosive effect of an
afterimage, and we might imagine
ourselves looking at the internal
workings of the eye, at a retina
with its depleted cells producing
a complementary color. Here,
light belongs both to the natural
eye and to the realm of physics. ln
subsequent color prints, we
emerge from the body - from the
enclosed, internalized space
still present in burning - and into
the light of day. lsolated objects
are now suspended against
distant landscapes. But we are
seldom allowed to forget that
these are elaborately staged
compositions, like dioramas in a
museum.
lndeed, fire and ice (1992) [Cat.
No. 43, fig. p, 2ATl invokes the
magic of software to turn inverted
icicles into flames, in a visionary
Iandscape recalling expressionist
cinema, or perhaps the symbolically charged images of Marsden
Hartley, a painter Campus
admires.13 More complex is inci
sion (1992) [fig. 51, a large
Cibachrome print in which a tree
branch, reminiscent of Alberto
Giacometti's Wom an with Her
Throat Cut [fig. 6], lies splayed
against dark, rushing waters. lt
harks back to the earlier landscape photographs for its dark
romanticism, yet demonstrates
how far Campus has come in
its evocation of sexuality and in
the deliberate dissection of the
'skin' of the branch, through which
we catch glimpses of sky. ln a
final, ironic note, the corner of the
print is peeled back to reveal a
green background, much as
Campus removed the skin of his
face in Three Transitions. Just as
the suspended objects recall the
surrealism of Rene Magritte,
here we think of Andr6 Breton's
"convulsive beauty".
Io restore objective
distance,
Campus assumes a more scientific stance in the series of exquisite, small prints in black and white
entitled anima (1993) [Cat. No.
44, fig. p. 2101. The 'anima' in
question seems identified with the
winged insects that provide the
subjects for these luminous prints.
Their less earthy, more ethereal
sense of nature, identifies them
less directly with the artist. Optical
instruments such as mirrors and
lenses reinforce this distancing
and embody metaphorically Campus' probing, electronically extended eye. Set against expansive,
qr
6
5
Woman with Her Throat Cut, 1932
bronze
101 x 152 cm
20,3 x 87,6 x.63,5
collection of the artist,
The Museum of Modern Art,
courtesy Leslie Tonkonow
New York
Artworks + Projects,
New York
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mes, der an Alberto Giacomettls
Frau mit durchschnitte ner Kehle
erinnert tAbb. 61, in gespreizter
Position vor einem dunklen, reiBenden Gewasser zu sehen ist. Mit
seinem dunklen Romantizismus
greift das Bild auf CamPus' frtihe
Land schaftsfotografie zurtick,
demonstriert aber gleichzeitig, wie
weit Campus bei seiner Heraufbe-
schworung von Sexualitiit und
dem bewussten Sezieren der
,Haut' des Astes gekommen ist,
durch den man einen fluchtigen
Blick auf den Himmel erhaschen
kann. ln einer letzten ironischen
Geste ist die Ecke des Fotos
abgezogen worden, um einen
grrinen Hintergrund zu offenbaren,
so ihnlich wie Campus sich in
Three Transitions die Haut seines
Gesichtes abgestreift hatte. So
wie die schwebenden Objekte an
den Surrealismus von Ren6 Magritte erinnern, denkt man hier an
Andr6 Bretons,,konvulsivische
Schdnheit".
Um die objektive Distanz wieder
herzustellen, nimmt Campus bei
einer Reihe raffinierter kleiner
S,rW-Fotos mit dem Tltel anima
(1993) [Cat. No. 44, Abb. S, 210]
einen zunehmend wissenschaftlichen Standpunkt ein. Die hier
gemeinte ,Anima' scheint mit den
geflugelten lnsekten identisch zu
sein, die Gegenstand dieser
leuchtenden Fotos sind. lhr nicht
so sehr erdiges, sondern vielmehr
itherisches Naturgefuhl identifiziert sie weniger direkt mit dem
Krinstler. Optische lnstrumente wie
Spiegel und Linsen verstirken
dieses Distanzieren und versinnbildlichen metaphorisch Campus'
I
I
t,
incision, 1992
digital colour photo
inS
*
Alberto Giacometti
forschendes, elektronisch erweitertes Auge. Vor weiten, wolkenzerrissenen Himmeln lebt diese
Spezies in beeindruckenden Landschaften, welche surrealistische
Leere, Alfred Stieglitz',,Aquivalente" und die gesamte Bandbreite
cloud-riven skies, the specimens
inhabit potent landscapes that
connect Surrealist emptiness,
Alfred Stieglitz's "Equivalents", and
the overall fields of abstract
expressionism.
miteinander verbinden.
Diese Bilder schaffen die Voraussetzungen fur groBere farbige
These images set the stage
for larger works in full color; just
before the rain (1994) tfig. O.
217), where a bee feeds on
flowers, recalls the nineteenth
Werke. iust before the rain (1994)
tAbb. S. 2111, auf dem sich eine
Biene von einer Blute ernihrt,
erinnert an luministische Gemilde
von Martin Johnson Heade aus
dem 19. Jahrhundert, auf denen
detaillierte Darstellungen von
Vogeln, lnsekten und Blumen vor
dem Hintergrund einer tippigen
Landschaft zu sehen sind. Ein treffenderer Vergleich, was die Malerei betriffi, sind allerdings wohl
Claude Monets Seerosen-Bilder
tAbb. 71. Durch die verschiedenen
Schichten der digitalen Entwicklung schweben die Bilder auf der
0berfliiche des Bildschirms wie
century Luminist paintings of Martin Johnson Heade, whose detailed
renderings of birds, insects and
flowers float against lush landscape backgrounds. A more
revealing comparison in painting,
however, might be to Claude
Monet's water lilies [fig. 7]. ln the
layers of digital processing,
images float on the monitor's
surface like reflections in water;
as in Monet's pond at Giverny,
vague forms emerge from the
depths and the world appears as
a luminous, fluid image. Critics
compared Monet's paintings to
dreams, and poet Camille Mauclair
Reflexionen im Wasser. Genau wie
in Monets Teich in Giverny tauchen
schemenhafte Formen aus der
fiefe auf, die Welt erscheint wie
saw their animation by light as a
revelation of idealized essences,
which he compared to electricity
stored in a battery.L4 Both the
radical empiricism of Monet's
des abstrakten Expressionismus
ein leuchtendes, flussiges Bild.
Kritiker haben Monets Bilder mit
Triumen verglichen, und der
Dichter Camille Mauclair sah in der
Belebung durch das Licht eine
Enthullung ihres idealisierten
Wesens, das er mit der in einer
Batterie gespeicherten Elektrizitdt
verglich.la Sowohl der radikale
Empirismus von Monet als auch
seine nach innen gerichtete Sichtweise finden ihre Resonanz in
Campus' krinstlerischem Konzept.
Da, wo Monet das Wasser
benutzt, benutzt Campus den Himmel. Objekte schweben in ihm
-
leuchtend und durchscheinend, sie
project and its inward inflection
resonate with Campus' investigation. Where Monet uses water,
Campus uses the sky. Objects
float against it - luminous and
translucent, reduced as they
are to pixels of purified color by
lmpressionist theories, now
embedded in software.
sodden (1992) [fig. 8], explicifly
connected to Monet by its watery
reflections, displays the balance
of scientific and expressive
tendencies achieved in works of
1993-94. A drifting log with
branches like fins defines our horizon: below are shadows and
reflections, and a sliver of green
which, although artificial, evokes
nature, while above is a'sky'of
light brown, punctuated by metal
fencing. Nature and technology
coexist in tense interaction, integrated in an environment which is
both concrete and visionary. Having created this finely tuned mechanism, however, Campus, romantic as he is, becomes restless,
impatient with this self-contained
and seamlessly contrived world.
ln even rnsects see angels (1994)
tfig. 91, he intervenes. ln its
dramatically lit space, suffused by
an orange glow, an angel-shaped
cloud drifts over a rocky outcroP,
'observed' by a butterflY. SusPended along the margin of the Print,
the anthropomorphic butterflY
assumes the position of the viewer in one of Campus'video installations, forced into an awkward
corner to view his projected
image. Here, Campus undercuts
our sense of wonder bY literallY
depicting the "Equivalent" in the
clouds. Veering tiom sentimentali-
i
7
8
Claude Monet
Water Lilies, 1903
digital colour photo
sodden, 1992
oil on canvas
73 x92 cm
lCat. No. 41I
Musee Marmotian, paris
werden durch die Theorien des
lmpressionismus auf bloBe Pixel
tlv
aus reiner Farben reduziert,
allerdings jetzt eingebettet in die
Software.
sodden 0992) tAbb. 81, das aufgrund seiner Wasserreflexionen
eindeutig mit Monet in Verbindung
steht, verdeutlicht die Balance
tery
ce
of
hori-
zwischen wissenschaftlichen und
expressiven Tendenzen in den
Werken der Jahre 1993-94.
Ein dahintreibender Holzklotz mit
len
(es
of
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;h is
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rechnan-
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rd.
994)
rd bY
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pendint,
I
,iew-
flossenartigen Asten bildet den
Horizont: darunter befinden sich
Schatten und Reflexionen und
''ein
kleiner Spalt Grrin, der, obwohl
ktinstlich, die Natur heraufbeschwort, wiihrend oben ein hell;brauner
,Himmel' zu sehen ist,
der von einem Metallzaun unterbrochen wird. Natur und Technolo' gie existieren in einer spannungsgeladenen lnteraktion miteinander,
,
sie sind in eine Umgebung integriert, die sowohl konkret als auch
visionir ist. Sobald Campus dieses sehr genau abgestimmte
Konzept erfunden hatte, wurde er
allerdings, romantisch wie er ist,
unruhig und unzufrieden mit dieser
rd
in sich geschlossenen und durchgehend erfundenen Welt. Bei eyen
uts
tnsects see angels (1994) tAbb.
91, greift er ein. lm dem hetl
stal-
llv
he
ntali-
erleuchteten Raum, der von einem
orangefarbenen Leuchten durchdrungen wird, schwebt eine engelhafte Wolke uber einem Felsmassiv, wihrend das Ganze von einem
Schmetterling,beobachtet' wird.
Der menscheniihnliche Schmetterling befindet sich am Rande des
Fotos und nimmt eine Position ein,
die vergleichbar ist mit der eines
Betrachters von Campus' Videoinstallationen - gezwdngt in eine
Raumecke, um das eigene
projizierte Abbild betrachten zu
konnen. Hier unterhohlt Campus
das Geftihl des Staunens, indem
er das ,,Aquivalent" im wahrsten
Sinne des Wortes in den Wolken
abbildet. lndem er von Sentimentalitdt zu lronie umschwenkt,
hinterfragt er sowohl die
wissenschaftliche Metapher der
animaSerie als auch die romantische Ansicht von einer in der
Natur zu findenden Wahrheit und
stellt so die Weichen flir eine
direktere Herangehensweise mit
Hilfe der digitalen Collage.
Wish (1993-94) tAbb. 101 schaut
sowohl nach vorn als auch zurtick
- es schlieBt voller Nostalgie an
die fnlhen Felslandschaften an,
mit seinem Kreis aus Birken in der
Bildmitte, der durch eine breite
Fliche aus silbernen Kornchen
hervorgehoben wird. Es entsteht
der Eindruck, dass sie auf einem
Steinboden aufgehduft wurden.
Dieses Verfahren nimmt die Art
und Weise vorweg, wie sich die
Bilder in Campus' neuesten Videos
ineinander auflosen, zudem dient
es als Vorbild ftir das Komprimieren von Raum bei den digitalen
Collagen. Als Auftakt ftir die Vergegenstindlichung, die bei diesen
Kompositionen eine Rolle spielt,
setzt es das Standbild buchstiiblich mit dem Stein gleich, dem
,,absoluten Anderen" der Landschaftsfotos. Auch bei groBen lrisFotos aus dem Jahr 1994 wie
quarry querry tAbb. S. 2141 wird
der Tiefenraum durch ,steinerne'
Hintergrtlnde ersetzt, und bei
august two tAbb. S. 2151 geht der
Felsen auf mysteriose Weise in
den Himmel tiber. So wie Marsden
ty to irony, he jolts both the
scientific metaphor of the anima
series and the romantic assump
tion of truth in nature, preparing
for the more direct approach of
digital collage.
Wish (1993-9a) tfig. 101 looks
both forward and back - nostalgic
for the early rock-bound land-
scapes, its central circle of birches, like a group of female figures,
animated by an overall texture
of silvery granules; the realization
dawns that it's superimposed on a
surface of stone. The process
anticipates the way images dissolve into one another in Campus'
recent videos, and it prefigures
the compression of space in the
digital collages. As prelude to the
objectification involved in those
compositions, it literally identifies
the still image with stone, the
"absolute Other" of the landscape
prints. Large lris prints of 1994
such as quarry querry tfig. ,. 2141
also replace deep space with
backgrounds of stone, and stone
mysteriously merges with sky in
august tr,vo [fig. p. 215]. As
Marsden Hartley wrote of his
bittersweet return to the rocks of
Maine: "My mother has a handsome face/ all veined with granite
strength and grace".15 ln Wrsh,
however, Campus' mitigates
Hartley's austerity by the addition
of a sprig of green grass, a
conspicuous digital intervention,
which, like the addition of cast
shadows, offers symbolic fulfillment of the needs that inspired
the image.
More radical changes take place
as Campus replaces photography
with the direct use of the scanner.
With this more literal means of
appropriation, organic metaphors
yield to documents. The process
resembles that of lllurmur, but its
direction is reversed: the task is
now to emerge from internalized
landscapes into reality, embodied
in the digital collage. Emblematic
is the literal self-portrait of shadow
maker (1995) [fig. p. 2021, an
archive of the artist's previous
self-manifestations: the torn paper
framing Campus' head recalls
Three Transitions, while the stone
that partially masks his face is
the heart-shaped pebble from
Murmur. The snakeskin coiled
around this composite self-image
(perhaps an allusion to Paul
Gauguin's symbolist self-portrait)
connotes transformation and
lends him a shaman's aura
a manipulator of potent images,
including his own.
Associated with this direct self-
-
presentation is a radical flattening
of space: specimens are
displayed as though collaged on
pages in a scrapbook. Other autobiographical references include a
photograph of Campus' mother
and texts connected to his life.
Campus opens his psychological
archive to public view and constructs a self-image that situates
him in real time. Language
assumes a role in his work for
9
10
even insects see'angels, 1994
digital colour photo
Wish, 1993/gq
digital colour photo
60x76cm
68 x 101 cm
collection of the artist,
collection of the artist,
courtesy Leslie Tonkonow
courtesy Leslie Tonkonow
Artworks + Projects, New York
Artworks + Projects, New York
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Hartley seine bitterstiBe Rtlckkehr
zu den Felsen von Maine beschrieben hatte: ,,Meine Mutter hat
ein hiibsches Gesicht,/das von
granitartiger Kraft und Anmut
durchzogen ist."15 Bei Wish mildert Campus Hartleys Strenge
allerdings durch das Hinzufrigen
einiger grriner Grashalme, durch
welche die digitale Bearbeitung
deutlich erkennbar wird, die,
genau wie das Hinzuftigen von
Schlagschatten, die symbolische
Befriedigung der Bedrirfnisse bietet, die das Bild inspiriert haben.
Weitaus radikalere Verinderungen
finden statt, als Campus die Fotografie durch die direkte Verwendung des Scanners ersetzt. Durch
diese unmittelbare Form der Inbesitznahme werden organische
Metaphern zu Dokumenten. Das
Verfahren erinnert an das von
Irlurmur, aber das Ziel ist genau
umgekehrt. Die Aufgabe besteht
nun darin, aus verinnerlichten
Landschaften heraus in die Realitdt einzutreten, welche durch
dle digital bearbeitete Collage
verkorpert wird. Ein Sinnbild hierftir ist das nrichterne Selbstportriit
von shadow maker (1995)
tAbb. S. 2021, das eine Sammlung
alter Selbstmanifestationen des
Krinstlers zeigt: das zerrissene
Papier, welches Campus' Kopf
einrahmt, erinnert an Three Transrtions, wdhrend der Stein, der
das Gesicht teilweise verdeckt,
der herzformige Kieselstein von
It/lurmur ist. Die Klapperschlange,
die sich um dieses zusammengesetzte Selbstbildnis herum
windet (das moglicherweise eine
Anspielung auf Gauguins symboli-
sches Selbstportrat ist), bedeutet
zugleich Transformation und verleiht der Arbeit die Aura eines
Schamanen - ein Manipulator aus-
drucksstarker Bilder, einschlieBlich
seines eigenen.
Mit dieser direkten Selbstprisentation ist eine radikale Abflachung
des Raumes verbunden: die einzelnen Bestandteile werden prdsentiert wie eingeklebte Collagen auf
den Seiten eines Sammelalbums.
Zu weiteren autobiografischen
Verweisen gehOren ein Foto von
Campus' Mutter und lexte, die
etwas mit seinem Leben zu tun
haben. Campus offnet sein psychologisches Archiv ftir die OffentIichkeit und konstruiert ein Selbstbild, das ihm einen Platz in der
realen Zeit zuweist. Die Sprache
spielt zum ersten Mal (mit Ausnahme der Titel) eine Rolle in seinem
Werk
-
keines von Campus anderen Werken kommt einem Text
so nahe wie blunder (1995) [Cat.
No. 45, Abb. S. 2131 - und die
Gegentiberstellung von personlichen Objekten und solchen aus
der Natur deutet auf eine allegorische Lesart hin. Statt an Landschaften erinnern diese virtuellen
Collagen an Stillleben aus dem
19. Jahrhundert wie die von
William Harnett oder John Peto,
bei denen an der Wand befestigte
Objekte gezeigt werden - ein
Kunstgriff, der eingesetzt wurde,
um die Augentiuschung des
Realismus zu steigern.
Rosalind Krauss schlieBt ihre
Abhandlung tiber den Narzissmus
in der Videokunst, indem sie einen
Bogen schlSgt zu den damals
aktuellen Collagen von Robert
Rauschenberg: ,,Dadurch, dass er
Gruppierungen von realen Objekten und gefundenen Bildern
zusammen bringt und sie in die
statische Matrix einer Bildfliche
-
the first time (other than in titles)
in none of Campus' other works
are we so close to a text as we
are in blunder (1995) [Cat. No.
45, fig. p. 2L3l - and the juxtapositions of personal and natural
objects suggests allegorical readings. lnstead of landscapes, these
virtual collages recall nineteenth
century stilllife paintings by
William Harnett, or John Peto, in
which the device of indexical
objects affixed to a wall serves
to enhance the deceptions of
realism.
Providing a more contemp orary
context, Rosalind Krauss concluded her study of narcissism in
video with reference to the collage
paintings of Robert Rauschenberg:
"ln bringing together groupings
of real objects and found images
and suspending them within the
static matrix of a pictorial field,
lRauschenbergl attempts to convert that field into something we
could call the plane of memory.
ln so doing, the static pictorial
field is both psychologized and
temporally distended."i6 Although
Campus'works lack the contrast
of actual materials used by
Rauschenberg, the description
applies to his combination of
realism and memory, in persistent
pursuit of "durational perception".
Campus' return to video in 1995
marks a withdrawal from selfcontemplation in the reflecting
pool of the monitor. Now, situated
along with digital photography in
an integrated array of digital
media, video has transformed the
collages into wall installations,
where living images merge, while
autobiographical narratives appear
in the more discursive DVDs.
Manipulation of the recent digital
photographs is still overt, but
Campus' editing maintains an
underlying respect for the "thathas-been",
a craftsmanship
grounded in external things, which
he compares to freeing a sculpture from a block of stone.17
He seems to have negotiated a
productive compromise with the
"absolute Other".
As in his recent videos, Campus
has lately returned to portraiture
and everyday scenes. ln his
pictures of families and children
on the beach, and in his portraits
of his wife and their animals,
there's a painterly softness that
recalls Gerhard Richter. But nothing in Richter compares to the
looming self-portrait of me in grey
tCat. No. 58, fig. p. 2!71, which
closer in spirit to Philip Guston's
is
monumental heads. lt suggests
that the stark self-confrontation of
the1970s continues and alerts
us to the undertone of darkness
that prevails in CamPus'vision,
not just in the monochromatic
images but even in the bathers'
where saturated colors are shad'
owed by darkened blues and
greens. The somberness imPlicit
in these works, which endows.
everyday life with u ,.trPhYsical
aura, underlines the "lookin8
*i:n
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structures atl his wort< in the
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einfrigt, versucht [Rauschenberg]
diese Fliche in etwas umzuwandeln, was man als die Ebene der
ten Fotos ist die Manipulation zwar
immer noch offenkundig, aber
Campus' Schnitltechnik zollt dem
I Campus 1988, unpag.
2 Barthes 1981, S. 31.
3 Hanhardt 1999, 5.72.
1 Campus 1988, no pag.
2 Barthes 1981, p. 31.
3 Hanhardt 1999, p.72.
a Campus
5 Barthes
a Campus 1985, p. 5.
5 Barthes 1981 p.77.
,
6 Kuspit 1996, p. 113. One wonders
if
1985, S. 5.
Erinnerung bezeichnen konnte.
,,Da-Gewesenen" nun einen
Dadurch wird die statische Bildfldche sowohl psychologisiert als
auch zeitlich ausgedehnt."l6 Auch
wenn bei Campus im Gegensatz
zu Rauschenberg keine Materialkontraste vorliegen, trifft diese
grundsitzlichen Respekt. Es handelt sich dabei um ein handwerkliches Konnen, das in externen
Dingen begrundet liegt, und das
Campus mit dem Herauslosen
einer Skulptur aus einem Steinblock vergleicht.lT Er scheint
einen produktiven Kompromiss mit
dem ,,absoluten Anderen" ausge-
Ausstellungsmedium, anstati als Fotos
prisentiert worden wiren.
auf sein unermudliches Streben
handelt zu haben.
reality, in: Campus L974, unpag. Wieder-
nach,,andauernder Wahrneh-
ln seinen neueren Videos ist
abgedruckt in diesem Katalog auf S. 82 f.
Beschreibung in Bezug auf die Verbindung von Realismus und
Erinnerung auch auf Campus zu,
mung".
Campus' Rrickkehr zur Videokunst
im Jahr 1995 markiert eine
Abkehr von der Selbsterkundung
auf der reflektierenden Fldche
des Bildschirms. Nun, da die
Video]<unst ihren Plalz an der Seite der digitalen Fotografie in dem
erweiterten Feld der digitalen
Medien gefunden hat, hat sie die
Campus zum
Portrit und zu All-
tagsszenen zuruckgekehrt. ln seinen Bildern von Familien und Kindern am Strand sowie in den
Portrits von seiner Frau und ihren
Tieren ist eine malerische Sanftheit zu finden, die an Gerhard
Richter erinnert. Allerdings ist
nichts in Richters Werk mit dem
bedrohlich erscheinenden Selbst-
Collagen in Wand-lnstallationen
portrit von me in grey [Cat. No.
umgewandelt, bei denen bewegte
Bilder miteinander verschmelzen,
wahrend die autobiografischen
Erzdhlungen auf den weitaus ausfrihrlicheren DVDs zu finden sind.
Bei den neueren, digital bearbeite-
58, Abb. S. 2171 zu vergleichen,
das eine viel engere Geistesverwandtschaft zu Philip Gustons
monumentalen Kopfen besitzt.
Dies deutet an, dass die aus den
l97}er Jahren bekannte, nrlchterne Selbstkonfrontation fortgesetzt
wird und einem den drlsteren
Unterton ins Bewusstsein ruft,
der in Campus'Vision vorherrscht,
nicht nur in den einfarbigen Bildern, sondern sogar bei den
Badenden, wo satte Farben von
dunklen Blau- und Gruntonen
uberschattet werden. Die diesen
Werken immanente Dristerkeit, die
das Alltagsleben mit einer
metaphysischen Aura versieht,
unterstreicht das ,,Schauen nach
lnnen und das Schauen nach
AuBen", das seine gesamte Arbeit
im Bereich der digitalen Medien
strukturiert.
6 Kuspit
198i, 5.77.
1996, S.113. Es stellt sich die
Frage, ob Kuspit weniger negativ auf die
Kuspit would have reacted less negatively
Bilder reagiert hitte, wenn sie auf dem
to the images if they were presentec
Computerbildschirm, ihrem eigentlichen
computer monitors, their natural habitat,
rather than as photographs.
7
Berger 1972, S. 139.
8
Mcluhan L964, S. 51.
1976, S. 63.
7
Berger 1972, p. 139.
Mcluhan 1964, p. 51.
e Krauss 1976, p. 63.
8
e Krauss
10
10
reality, in: Campus 1974, no pag.
Peter Campus: Video as a function of
cn
Peter Campus: Video as a funcbon of
Reprinted in this catalogue on p. 82 f.
11
Campus worked closely with Joan
11 Campus hat eng mit
Joan Jonas bei
deren frlrhen Filmen zusammen gearbei-
Jonas in her early films, where she iegu-
tet, frlr die sie regelmiBig einfache Zeichnungen, die mit Spiegeln und Videomonitoren zu tun hatten, angefertigt hatte.
with mirrors and video monitors. Jonas
also provides a possible influence cn the
Jonas hat mdglicherweise durch ihre Verwendung von Objekten, die sie in ihrem
larly made simple drawings associated
color prints with her use of objects collaged onto landscapes in her vide'; ''/olcano Saga (1988).
Video Volcano Saga (1988) als Collage in
12
Landschaften einfugt, die Farbfotos beein-
13
flusst.
1a
12
15
Campus 1988, unpag.
Campus 19E8, no pag.
Campus 1985, p. 5.
Levine 1994, p. 157.
Hartley 1987, p. 24A.
13
Campus 1985, S. 5.
16
1a
Levine 1994, S. 157.
17
15
Hartley 7987, S, 240.
ber 30, 2002.
16
Krauss 1976, S. 63.
17 Peter Campus in einem Gesprich mit
dem Autor am 30. Dezember 2002.
Krauss I976, p. 63.
Peter Campus, in conversation' Decern-