Expertise zur Beratung landwirtschaftlicher

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Expertise zur Beratung landwirtschaftlicher
Expertise zur Beratung landwirtschaftlicher
Unternehmen in Deutschland
Eine Analyse unter Berücksichtigung der Anforderungen
der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 zu Cross Compliance
im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft, Bonn
Institut für Agrarsoziologie und Beratungswesen
Justus-Liebig-Universität Gießen
Senckenbergstraße 3
Prof. Dr. Hermann Boland
Dr. sc. agr. Angelika Thomas, Dipl.-Ing. agr. Knut Ehlers
April 2005
Inhalt
1 Einleitung
1
2 Verständnis und Einordnung landwirtschaftlicher Beratung
2
2.1
Grundlegende Konzepte zu Beratung
3
2.2
Beratungsprozesse
9
2.3
Beratung im politischen Kontext
3 Landwirtschaftliche Beratung in Deutschland
3.1
3.2
10 13 Beratungsangebote der Bundesländer
17 3.1.1 Der Nordwesten und das Saarland
17 3.1.2 Der Nordosten und Thüringen
29 3.1.3 Die süddeutschen Länder und Sachsen
38 Zusammenfassung: landwirtschaftliches Beratungsangebot in Deutschland
49 4 Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft für die landwirtschaftliche Beratung
54 4.1
Cross Compliance – Rechtsgrundlagen
54 4.2
Cross Compliance – Beratungsbedarf und Aufgaben
59 4.3
Ansätze für die „Cross-Compliance-Beratung“ in den Bundesländern
62 5 Beratungskonzepte und -strategien von EU-Nachbarländern und der Schweiz
5.1
66 EU-Nachbarländer
66
5.1.1 Österreich
66 5.1.2 Dänemark
69 5.1.3 Niederlande
72 5.2
Erfahrungen mit dem Ökologischen Leistungsnachweis in der Schweiz
75 5.3
Fazit aus der Betrachtung der Nachbarstaaten
77 6 Vorschläge zur Entwicklung der Beratungssysteme in Deutschland
6.1
6.2
78 Anforderungen an ein Beratungssystem
78 6.1.1 Transparenz
80 6.1.2 Qualifizierung
80 6.1.3 Strukturbildung
81 Einbindung neuer Aufgaben in ein Beratungssystem
82 7 Zusammenfassung
86 8 Literatur und Internetquellen
87 9 Anhang
96 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abb. 1:
Anforderungen an den Beratungsprozess
4
Abb. 2:
Beratungsmethoden
5
Abb. 3:
Anforderungen an die Beratungsorganisation
7
Abb. 4:
Aufeinander abzustimmende Elemente eines Beratungsansatzes
8
Abb. 5:
Institutionen und Organisationen im landwirtschaftlichen Wissenssystem
12
Abb. 6:
Träger landwirtschaftlicher Beratung in Deutschland
15
Abb. 7:
Beratungskonzept Österreich
67
Abb. 8:
Beratungskonzept Dänemark
70
Abb. 9:
Beratungskonzept Niederlande
73
Abb. 10: Gegenüberstellung von Verordnungs- und Unternehmensberatung
84
Tab. 1:
Beratungsprozesse und Beispiele aus dem Pflanzenschutz
9
Tab. 2:
Strategien für Umwelt- und Qualitätsziele in der Landwirtschaft
10
Tab. 3:
Einordnung von Beratungsangeboten nach Finanzierung und Durchführung
14
Tab. 4:
Beratungskapazitäten und landwirtschaftliche Betriebe (2003)
51
Tab. 5:
Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 für die Landwirte
55
Tab. 6:
Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 für die Beratung
55
Tab. 7:
Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1783/2003 für die Förderung von Beratung
56
Tab. 8:
Förderung von Beratung gemäß Vorschlag der Kommission über ELER
57
Tab. 9:
Cross Compliance – Aufgaben für Information, Bildung und Beratung
61
Tab. 10: Information und Beratungsangebote zu Cross Compliance
63
Tab. 11: Qualitätsanforderungen an Beratungssysteme
79
Tab. 12: Strukturanforderungen an ein plurales Beratungssystem
80
Vorbemerkung
Um den Lesefluss nicht zu stören, haben wir im Text zum Teil die männliche Form benutzt,
sprechen aber über die Arbeit der Beraterinnen wie der Berater und sehen in der Zielgrup­
pe der Landwirte die betroffenen Betriebsleiterinnen wie die Betriebsleiter.
1
Einleitung Im Juni 2003 hat die Europäische Gemeinschaft die Reform der Gemeinsamen Agrarpoli­
tik mit umfassenden Änderungen in der Förderpolitik beschlossen. Zentrale Elemente sind
die Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion und auf der anderen Seite die
Bindung der Prämienzahlungen an die Erfüllung von Anforderungen des Umwelt- und
Tierschutzes sowie der Lebens- und Futtermittelsicherheit (BMVEL 2005, 1). Aufgrund
dieser Bindung wird die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 über die Direktzahlungen auch
Cross-Compliance-Regelung genannt. Die Anforderungen sind ab Januar 2005 obligato­
risch für alle Direktzahlungsempfänger. Ebenfalls in der EU-Verordnung formuliert sind An­
forderungen an die landwirtschaftliche Beratung in den Mitgliedstaaten, um die Landwirte
bei der Erfüllung der geforderten Standards zu unterstützen. Darauf müssen die Mitglied­
staaten bis spätestens Januar 2007 reagieren.
Deutschland steht – wie andere Mitgliedstaaten auch – vor der Aufgabe, ein landwirt­
schaftliches Beratungssystem sicherzustellen, das die landwirtschaftlichen Unternehmen
bei den aktuellen Herausforderungen, aber auch bei den in Zukunft andauernden Anpas­
sungsprozessen unterstützt. Information und Beratung sind dabei wichtige Produktionsfak­
toren, deren Bedeutung wesentlich zugenommen hat. Gesellschaftliche Interessen beste­
hen jedoch nicht nur in der Wirtschaftsförderung der landwirtschaftlichen Unternehmen,
sondern auch beim Ressourcenschutz und in der Landschaftsgestaltung durch die Land­
wirtschaft und die Entwicklung ländlicher Räume. Gleichzeitig hat auch die landwirtschaft­
liche Beratung in der Vergangenheit viele Anpassungsprozesse durchlaufen und steht vor
neuen Herausforderungen bei der Organisation, Durchführung und Finanzierung von Bera­
tungsleistungen.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Situation und die Perspektiven der landwirtschaftli­
chen Beratung in Deutschland vor dem Hintergrund der Entwicklungen der EUAnforderungen zu analysieren. In Betracht gezogen werden dabei die Vielfalt der Organi­
sationsansätze landwirtschaftlicher Beratung in den Bundesländern sowie bereits vollzo­
gene Umstrukturierungen und absehbare Entwicklungstrends, die vor allem mit dem Druck
auf die Finanzhaushalte in Verbindung stehen. Nachdem in dem anschließenden Kapitel
zunächst grundlegende Konzepte landwirtschaftlicher Beratung erklärt werden, die der
Einordnung von Aufträgen und Anforderungen an Beratung dienen, gibt Kapitel 3 daher
zunächst einen Überblick über die Situation landwirtschaftlicher Beratung in Deutschland.
Dabei kann in dem gegebenen Umfang dieser Expertise nicht auf alle Beratungsangebote
eingegangen werden, der Schwerpunkt liegt bei der Analyse der staatlich geförderten Be­
ratungssysteme. Kapitel 4 analysiert die Anforderungen an Beratung, die sich durch die
Cross-Compliance-Verordnung ergeben. Aufbauend darauf wirft Kapitel 5 einen Blick über
die Grenzen auf die Beratungssysteme europäischer Nachbarstaaten und deren Ansätze,
um eine an Verordnungen gekoppelte Beratung umzusetzen. In Kapitel 6 werden die Bei­
spiele und Erfahrungen aus den Bundesländern und Nachbarstaaten einbezogen, wenn es
darum geht, Vorschläge zu entwickeln, wie zukünftig landwirtschaftliche Beratung in
Deutschland gewährleistet werden kann, die den Bedürfnissen der Betriebe gerecht wird.
- 1 ­
2
Verständnis und Einordnung landwirt­
schaftlicher Beratung
Die Situation der Landwirtschaft und das Feld, in dem landwirtschaftliche Beratung statt­
findet, wurden in den letzten Jahren durch folgende Entwicklungen gekennzeichnet (vgl.
GRYGO 2004, STEFFENS 2003):
• anhaltender Strukturwandel in der Landwirtschaft;
• sich ändernde Rahmenbedingungen und daraus folgende Anpassungsprozesse zu­
sammen mit dem wachsendem Einfluss überregionaler, europäischer Entwicklungen
und dem Einfluss des Weltmarkts und -handels;
• eine steigende agrar- und umweltpolitische Regelungsdichte;
• die Beschleunigung von Wandlungsprozessen und die Zunahme der Komplexität von
Fragestellungen;
• stärkere Anforderungen an Spezialwissen für die Landwirte als überwiegende „Gene­
ralisten“ und steigende Anforderungen in den Bereichen Qualitätsmanagement, strate­
gische Planung, Informations-, Kommunikations- und Bürotechnologie;
und bezogen auf die Beratung
• Auswirkungen der Haushaltsdefizite und Rückgang des finanziellen Engagements des
Staates im Beratungsbereich;
• zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung der Beratung.
Änderungen in der Agrarpolitik drücken sich in den Schwerpunkten aus, die bei den Ver­
ordnungen und Förderinstrumenten, zu denen nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch
Bildung und Beratungsangebote gehören, gesetzt werden. Die Nahrungsmittelqualität und
die umweltgerechte Art der Erzeugung von Produkten spielen heute vergleichsweise eine
viel größere Rolle, als die produzierten Mengen. Die Rolle der Landwirte ist nicht nur mehr
die von Nahrungsmittelproduzenten, sondern von Bewirtschaftern und „Bewahrern“ von
landwirtschaftlichen Flächen, Ressourcen und Landschaften.
Ein Kennzeichen für den Strukturwandel ist die Abnahme der Betriebszahlen bei gleichzei­
tigem Anstieg der Flächenausstattung. Die Wachstumsschwelle, unterhalb derer die Zahl
der Betriebe sinkt und oberhalb derer sie zunimmt, liegt aktuell bei 75 ha. Überdurch­
schnittliche Abnahmen sind dabei insbesondere bei Betrieben bis 20 ha LF zu verzeichnen
(Deutscher Bundestag 2005, 13). Strukturveränderungen zeigen auch die rückläufige Zahl
an Familienarbeitskräften und die Zunahme an beschäftigten Arbeitnehmern sowie die
steigende Bedeutung von Einkommenskombination bei den Einzelunternehmen in den
letzten Jahren.
Hinter diesen strukturellen Entwicklungen stehen nicht nur regionale Unterschiede, son­
dern individuelle und betriebsspezifische Fragestellungen und Entscheidungen, z. B. zur
Betriebsaufgabe oder -übergabe, Betriebsumstellungen, Flächenzupacht, Kooperations­
vereinbarungen, Neuinvestitionen, Spezialisierung oder Mitarbeiterführung. Je komplexer
die Fragestellung, desto bedeutender wird Beratung. Einfache Informationsvermittlung ist
bei Problemen und Entscheidungskonflikten zu den aufgeführten Fragestellungen selten
die alleinige Lösung.
-2-
Während angesichts solcher Entwicklung der objektive Bedarf an Beratung als gestiegen
eingeschätzt wird, ist gleichzeitig ein rückläufiges Angebot an Beratungsleistungen zu ver­
zeichnen (HOFFMANN 2004). Nur ein Teil der Beratungsleistungen, mit denen auf den ge­
änderten Bedarf reagiert wird, regelt sich über marktwirtschaftliche Funktionen, wie z. B.
ein zunehmendes Beratungs- und Bildungsangebot zur Unternehmens- und Mitarbeiter­
führung, das sich an die Leiter und Geschäftsführer großer landwirtschaftlicher Betriebe
richtet. Bei verschuldeten und existenzgefährdeten Betrieben wiederum sehen sich aus
gesellschaftlichen und sozialen Gründen der Staat aber auch kirchliche Träger in der
Pflicht, den betroffenen Landwirten durch Schuldnerberatung, sozio-ökonomische Bera­
tung und Familienberatung Hilfestellungen anzubieten. Dazwischen liegt eine Reihe von
Fragestellungen, die sowohl im privatwirtschaftlichen Interesse des Landwirts als auch im
gesellschaftlichen Interesse liegen kann und bei denen deswegen ein öffentliches Enga­
gement gefordert wird.
Die Unterscheidung zwischen landwirtschaftlicher Beratung als Betriebsmittel und als För­
dermaßnahme innerhalb der Agrar- und Umweltpolitik ist nicht immer eindeutig. Grund­
sätzlich besteht öffentliches Interesse an der Beschaffung oder Wahrung öffentlicher Gü­
ter, wie der (HOFFMANN 2004):
•
•
•
•
•
•
•
Bearbeitung von Zukunftsfragen und künftigen Problemen,
Arbeit in benachteiligten Gebieten und in Regionalentwicklungsprogrammen,
Forschung und Entwicklung bei Fragen von öffentlichem Interesse,
Arbeit mit benachteiligten Gruppen,
Aus- und Fortbildung in Grundqualifikationen,
Arbeit zur Verbesserung von Verbraucher-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz,
Beratung zur Behebung oder Linderung gesellschaftlich verursachter Probleme.
2.1
Grundlegende Konzepte zu Beratung
Aus dem Verständnis von Beratung ergeben sich unserer Meinung nach wichtige Anforde­
rungen an den Beratungsprozess und die Beteiligten, an Beratungsorganisationen und
darüber hinaus an die Rahmenbedingungen für Beratung. Daher wollen wir zunächst die
verwendeten Begriffe erläutern und grundlegende Konzepte von Beratung vorstellen.
Grundverständnis von Beratung
Die Verwendung des Begriffs, aber auch das Verständnis von Beratung kann sehr unter­
schiedlich sein. In der deutschen Sprache kann Beratung im Sinne einer Organisation (Be­
ratungsstelle, Beratungsdienstleister) oder eines Vorgangs (Beratungsprozess) verstanden
werden. Dem folgenden Verständnis des Beratungsprozesses liegt zugrunde, dass die
Ausgangslage ein vom Ratsuchenden wahrgenommenes Problem ist und die Beratung ei­
ne Hilfe zur Lösung des Problems darstellt.
Beratung ist ein Prozess, in dem der Berater mit dem Ratsuchenden gemeinsam versucht,
dessen Probleme durchschaubar zu machen und realisierbare Lösungen zu entwickeln,
um ihn zu einem selbstverantwortlichen Handeln zu ermutigen.
- 3 ­
Kennzeichen für den Beratungsprozess sind
• partnerschaftliche Interaktion zwischen Berater und Ratsuchenden,
• der Berater ist dem individuellen Wohl des Klienten verpflichtet,
• die Mittel sind geistige Hilfen zur Klärung von Problemen und Lösungsalternativen,
• strukturiertes, aber ergebnisoffenes Vorgehen,
• der Ratsuchende entscheidet frei über Annahme des Beratungsergebnisses und des­
sen Durchführung,
• die Verantwortung für die Entscheidung bleibt beim Ratsuchenden.
Beratung ist grundsätzlich eine personale Dienstleistung, deren Ergebnisse individuelle
und situationsspezifische Lösungen sind. Im Unterschied zu anderen Dienstleistungen, die
für einen Auftraggeber ohne dessen Mitwirkung erbracht werden, setzt Beratung allerdings
das direkte Zusammenwirken zwischen dem Berater und dem Ratsuchenden voraus (vgl.
BOLAND 1991). Dies erleichtert die Unterscheidung zu Dienstleistungen, wie Betriebs­
zweigauswertung oder Düngemittelberechnungen, wie sie in Kap. 3.2 erwähnt sind. Sol­
che „reinen“ Dienstleistungen, wie auch Tätigkeiten aus der Information oder Bildung, kön­
nen aber durchaus zu den Aktivitäten eines Beraters gehören (vgl. Kap. 2.2).
Im Kern steht der Kommunikationsprozess zwischen Berater und Ratsuchenden, den die
Beratung darstellt. Ansprüche an diesen Prozess sind oben zum Teil schon aufgelistet.
Abbildung 1 fasst die Anforderungen an Prozess, Berater und Ratsuchenden zusammen.
Abbildung 1: Anforderungen an den Beratungsprozess
Kommunikationsprozess
Berater
Kommunikation/
Interaktion
Ratsuchender
• fachlich kompetent
• ergebnisoffen
• wird aktiv
• methodisch fähig
• teilnehmerorientiert
• unabhängig
• ganzheitlich
• ist motiviert
(intrinsisch oder
extrinsisch)
• aufgabenzentriert
• personenbezogen
• vertrauensbasiert
• bereit zu Verhaltens­
änderung
Diese Interaktion geschieht nicht losgelöst von der Umwelt, sondern beide Partner stehen
jeweils in einem Beziehungsfeld, innerhalb von Sozialstrukturen und seitens der Berater in
aller Regel auch innerhalb einer Organisationsstruktur (Rahmenmodell der Beratung, AL­
BRECHT et al. 1987, 64).
- 4 -
Beratungsmethodik
Fachkompetenz und Methodenkompetenz sind die zwei entscheidenden Komponenten
von Beratungsaktivität, in denen sich die Verantwortung des Beraters für die Qualität der
Beratungsarbeit zeigt. Während das Fachwissen als selbstverständliche Voraussetzung
für Berater gilt, hatte das Training von Methodenkompetenz der Berater lange eine unter­
geordnete Rolle und kommt auch heute noch schneller in Gefahr, unterschätzt zu werden.
Die Methoden und Mittel für Beratung als eine besondere Art eines Kommunikationspro­
zesses sind Methoden der Kommunikation und Gesprächsführung. Methodisches Können
bezieht sich auf die Gesprächsführung, die Gestaltung der Gesprächssituation und die
Vorbereitung und Durchführung sowohl von Einzel- als auch Gruppengesprächen und bei
Bedarf auf das Hinzuziehen geeigneter Hilfsmittel zur Veranschaulichung, auf die ver­
ständliche Weitergabe von Information und Analyse von Sachverhalten.
Bei den Methoden können zwei funktional eng miteinander verknüpfte Aspekte unter­
schieden werden: Methoden zur Inhaltsarbeit und Methoden zur Beziehungsarbeit. Sachli­
che Informationsaufbereitung würde wirkungslos bleiben, wenn es nicht gleichzeitig gelän­
ge, eine vertrauensvolle Gesprächssituation aufzubauen (BOLAND 1991, 94).
Abbildung 2: Beratungsmethoden
Beratung als zielgerichtete Kommunikation
Situationen
Ziele
• Einzelberatung/-gespräch
• Gruppenberatung/­
diskussion
• Klärung in komplexen
Situationen und
Konfliktsituationen
• (Massenveranstaltung)
• Hilfe bei Lösungs- und
Entscheidungsfindung
Beispiele
• persönliches Gespräch telefonisch, vor Ort oder
bei Berater
• Betriebsleiterarbeitskreise
• Vorträge mit Diskussion,
Demonstrationen, Feld-
tag, etc.
• Hilfe in der Situation des
Nichtwissens
Techniken
zum Motivieren, Reflektieren, Beschreiben, Klären,
Strukturieren, Gewichten...:
• zuhören, nachfragen, zusammenfassen, wieder­
geben, verbalisieren...
• Sachinformationen
geben, Erklärungs- und
Verständnismöglichkeiten
anbieten, vereinfachen,
konkretisieren...
• Feedback geben, dasein,
non-verbaler Ausdruck
und Spiegelung von Gefühlen...
und Ausdruck von Grundhaltungen
Eine ergebnisoffene, personenzentrierte und vertrauensbasierte Beratung, wie sie im vori­
gen Abschnitt gefordert wurde (Abbildung 1), hängt entscheidend von den eingesetzten
Beratungsmethoden ab.
Die situationsspezifische und gezielte Anwendung von Kommunikationsmethoden beruht
hierbei auch auf der Haltung, die der Berater dem Ratsuchenden gegenüber einnimmt.
-5­
Erfolgreiche Beratung bestätigt das positive Menschenbild, das sich in Wertschätzung, ein­
fühlendem Verständnis und Echtheit (Authentizität) des Beraters ausdrückt. Diese aus der
klienten-zentrierten Therapie von Carl ROGERS übernommenen Postulate geben Orientie­
rungs- und Reflektionshilfen zur Beraterrolle und zu den eingesetzten Methoden. Nichtdi­
rektive Gesprächsführung, bezogen auf die landwirtschaftliche Beratung, bedeutet aller­
dings nicht, dass der Berater nicht lenkend eingreift: Er strukturiert und lenkt den Ge­
sprächsverlauf und Problemlöseprozess, idealerweise vom Beziehungsaufbau über die
Problemerkennung, Zielklärung zur Alternativensuche, Maßnahmenplanung und Beglei­
tung bei der Durchführung. Wo benötigt, steht er mit seinem Fachwissen (oder evtl. dem
hinzugezogener Experten) zur Verfügung.
Das Anforderungsprofil an Beratungskräfte kann man daher heute wie folgt zusammenfas­
sen: Neben der Fachkompetenz mit einer breiten Grundqualifikation und vertieftem Wissen
in einem Gebiet werden sie zunehmend als Methodenspezialisten in unterschiedlichen Si­
tuationen gefordert.
Beratungsorganisation
Landwirtschaftliche Beratung findet in Deutschland in organisierter Form statt. Schaut
man sich die „Beratungslandschaft“ in Deutschland an, bekommt man einen Eindruck
über die vielfältigen Institutionen, die Beratung anbieten (vgl. Kap. 3.1). Sie reichen von
Behörden innerhalb der Länderbürokratie, über Vereine, bis zu Privatberatern als Einzel­
unternehmen. Wie groß der Umfang ist, zeigt die von STEFFENS durchgeführte Analyse, die
1989 in einer Befragung von 650 Institutionen in Niedersachsen mehr als 9.000 Personen
mit Beratungsfunktionen identifizierte (STEFFENS, 1989, 9 und 82).
Allgemein sind Organisationen soziale Gebilde mit fest angebbarem Mitgliederkreis und
einer internen Rollendifferenzierung. Sie verfolgen das Ziel der Leistungsabgabe an die
Umwelt, sind zumindest der Absicht nach rational gestaltet und sind in aller Regel auf Dau­
er eingerichtet (nach MAYNTZ 1963, 36). Dass Organisationen in der landwirtschaftlichen
Beratung und überhaupt in der Gesellschaft eine große Rolle spielen, liegt daran, dass sie
bei geeigneter Koordination ihre verfügbaren Mittel und die Leistungsvorteile durch Ar­
beitsteilung und Spezialisierung auf sehr effiziente Weise nutzen können. Einzelkämpfer
haben es gegenüber diesem effizienten Einsatz von Mitteln und menschlichen Fähigkeiten
schwerer. Ein Beispiel dafür, dass diese Vorteile erst mit einer bestimmten Größe zum
Tragen kommen, ist der Zusammenschluss von Beratungsringen zu Beratungsgemein­
schaften in Niedersachsen. Nachteile für Beratungsorganisationen können entstehen,
wenn auf der anderen Seite durch die Größe oder interne Arbeitsorganisation der Anteil an
Verwaltungsarbeit auf Kosten der eigentlich angestrebten Leistung zunimmt.
Wesentlich für den Beratungsprozess ist, dass dem Berater ein auf den individuellen Fall
angepasstes Vorgehen möglich ist. Dienst nach Vorschrift, starke Kompetenzabgrenzun­
gen und Unsicherheiten bzw. Einschränkungen in der Entscheidungsbefugnis sind hier als
Nachteile zu bewerten und erklären die grundsätzliche Kritik an Beratungsträgern mit öf­
fentlichem Dienst- und Haushaltsrecht (vgl. DENZINGER 1981, HOFFMANN 1996). Anforde­
rungen an Beratungsorganisationen, um Beratung nach dem obigen Verständnis zu er­
möglichen, sind (Abbildung 3):
- 6 -
Abbildung 3: Anforderungen an die Beratungsorganisation
Beratungs­
organisation
Berater
Kommunikation/
Interaktion
Ratsuchender
• Freiräume für Berater
• Netzwerk/ Beteiligung
• Zugang zu Hintergrundinformationen,
oder Informationsaufbereitung
• methodische Weiterqualifizierung
• Streben nach Leistungsverbesserung
und Qualitätskontrolle
Beratungssystem
Systemische Betrachtungsweisen haben den Vorteil, dass sie Elemente von sozialen Sys­
temen und Handlungssystemen beschreiben und zueinander in Bezug setzen können. Die
Grenzziehung der betrachteten sozialen Systeme ist abhängig vom Betrachtungsgegen­
stand – hier dem Beratungsgeschehen in der Landwirtschaft. Unter einem anderen Be­
trachtungswinkel kann das landwirtschaftliche Beratungssystem als Teil des landwirtschaftlichen Wissenssystems oder als Teil eines Fördersystems gesehen werden (vgl. Kap. 2.3).
HOFFMANN benennt als Kernelemente für ein Beratungssystem die Zielgruppen und ihre
Probleme, die Beratungsinhalte (Lösungsalternativen, Empfehlungen), die Beratungsorga­
nisation und ihr Personal, die eingesetzten Methoden und Hilfsmittel und die Ziele und das
Arbeitsprogramm, sowie die Beziehungen dieser Elemente zueinander (Abbildung 4). Die­
se aufeinander bezogenen Elemente befinden sich innerhalb eines Sozialsystems und ei­
ner natürlichen Umwelt, die ebenfalls auf die Eigenschaften der genannten Elemente Ein­
fluss haben. Statt „Beratungssystem“ verwendet er gleichbedeutend den Begriff „Bera­
tungsansatz“ (1992).
Anhand der aufgeführten Kernelemente und ihrer Beziehung untereinander können Bera­
tungssysteme beschrieben, analysiert oder entwickelt werden, weil sie auf folgende Fra­
gen lenken:
•
•
•
•
•
Welche übergreifenden Ziele werden mit dem Beratungsansatz verfolgt und wie stehen
diese in Bezug zu den anderen Faktoren, insbesondere zu den Zielgruppen und den
Zielen der Beratungsorganisation?
Auf welche Zielgruppen richtet sich Beratung und trägt der Beratungsansatz zur nach­
haltigen Lösung der Probleme der Zielgruppen bei?
Inwieweit wird die vorhandene Situation berücksichtigt?
Stehen Inhalte (Alternativen) zur Verfügung und sind die Methoden angemessen?
Welche Organisationsform für Beratung ist geeignet, wie ist der Beratungsanbieter fi­
nanziert und im inneren und nach außen hin zu anderen Institutionen strukturiert?
- 7 ­
Die letzte Frage macht auf zwei Aspekte organisierter Beratung aufmerksam, auf die Trä­
gerschaft von Organisationen und das Verhältnis von Beratung zu weiteren Aufgaben, die
ebenfalls von der Organisation wahrgenommen werden. Diese können mit Beratung in Zu­
sammenhang stehende Funktionen, wie Information und Bildung, sein oder aber bera­
tungsfremde Aufgaben wie Kontrolle (vgl. LULEY 1996, 9).
Abbildung 4: Aufeinander abzustimmende Elemente eines Beratungsansatzes
Sozialsystem und natürliche Umwelt
Ziele und
Arbeitsprogramm
Beratungsmethoden
und -hilfsmittel
Zielgruppen und
ihre Probleme
Beratungsinhalte
(Lösungsalternativen,
Empfehlungen)
Beratungsorganisation und -personal
Quelle: HOFFMANN 1992
Von Bedeutung ist es, einen für die Situation (Region und Zielgruppen) passenden Ansatz
zu entwickeln. Gehen wir von den einleitend dargestellten komplexen Fragestellungen
aus, auf die es keine allgemeinen Lösungen gibt, so halten wir das oben geschilderte er­
gebnisoffene Vorgehen und die Einbeziehung der Zielgruppen mit ihrem Wissen und ihren
Potenzialen für die Lösungsentwicklung für den richtigen Weg.
- 8 -
2.2
Beratungsprozesse Im Blick auf Beratung als ein Prozessgeschehen stellt die Interaktion zwischen Beraterin
oder Berater und den Ratsuchenden den Kern jeder Beratung dar. Beziehungsaufbau und
Informationsverarbeitung können dabei in unterschiedlicher Form erfolgen. Es gehört zum
zentralen Bestandteil methodischer Kompetenz von Beratungskräften, dass sie die unter­
schiedlichen Prozesstypen abgrenzen und situationsgerecht anwenden können. Ohne die­
se Abgrenzung vollständig behandeln zu können, lassen sich 5 Prozesstypen darstellen
(Tabelle 1).
Tabelle 1: Beratungsprozesse und Beispiele aus dem Pflanzenschutz
Information
Fakten ohne individuellen Handlungsbezug
(Übermittlung häufig durch Massenmedien, oh­
ne Dialog, hoher Anspruch an Eigeninitiative)
Vergleiche von Pflanzenschutzmitteln,
regionale Versuchsergebnisse, Mi­
schungsempfehlungen, Warnhinwei­
se, Schadbilder
Bildung
Erwerb von Lösungskompetenz auf Vorrat (oh­
ne aktuellen Problembezug)
Sachkundenachweis – Lehrgang
(Bildungsziele und -inhalte i. a. R. vorgegeben)
Beratung
Individuelle Lösungsentwicklung zu einem
aktuell vorliegenden Problem
Einzelberatung bei Problemen, Feld­
kontrolle
(sowohl Fakten- als auch Handlungsbezug, in­
dividuelle Auswahl und Bearbeitung von Infor­
mation, Handlungsmöglichkeiten als Ergebnis
der Beratung, die Ratsuchender und Berater
gemeinsam entwickeln)
Gruppenberatung (bspw. Arbeitskreis
integrierte Landbewirtschaftung)
Produktberatung
Lösungsentwicklung bei aktuellen Problemen
aus definiertem Angebot
Information und Anwendungsempfeh­
lungen zu einer definierten Anzahl von
Produkten
Werbung
Vermittlung von Fakten als Handlungsanreize
für definierte Angebote
Werbung, Schriften, wissenschaftliche
Berichte (aus der Industrieforschung),
Produktlisten eines Anbieters
Quellen: ALBRECHT et al. 1987, 37; BOLAND 1991, 14-15, verändert
Die Charakterisierungen des Prozessgeschehens können in manchen Fällen nicht ganz
trennscharf sein, vor allem, wenn in der alltäglichen Kommunikation die Begriffe anders
verwendet werden. Daher ist der Blick auf die jeweiligen Anbieter von Bedeutung. Von de­
ren Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit hängt die Bewertung ab. Bei Warndiensthinwei­
sen und Wirkstoffempfehlungen eines staatlichen Pflanzenschutzdienstes wird die Unab­
-9­
hängigkeit von Herstellern und eine in dieser Hinsicht neutrale Bewertung der Handlungs­
empfehlungen vorausgesetzt. Bei der Produktberatung durch den Hersteller ist die „Prob­
lemlösung“ im Voraus auf die Anwendung eines Mittels eingegrenzt. Ursachenforschung
und Handlungsmöglichkeiten außerhalb der Pflanzenschutzmittelanwendung spielen keine
oder eine sehr untergeordnete Rolle.
2.3
Beratung im politischen Kontext
Aus der Perspektive der Politik ergeben sich weitere Sichtweisen auf die Beratung. Da­
nach ist Beratung eine Strategie neben anderen, um gesellschaftliche Ziele, bspw. den Er­
halt ländlicher Räume, eine umweltgerechte Landwirtschaft oder die Sicherung von Le­
bensmittelqualität zu erreichen. Zur Beeinflussung eines umwelt- und qualitätsorientierten
Verhaltens in der Landwirtschaft unterscheidet SCHLAGHECK fünf Strategien (Tabelle 2).
Tabelle 2: Strategien für Umwelt- und Qualitätsziele in der Landwirtschaft
Strategie
Zielgruppe
Änderungsart
Methoden
Machtstrategien
Klienten mit fehlendem
Problembewusstsein
und / oder ohne Ände­
rungsbereitschaft
Änderung durch
Zwang
Gesetze, Verord­
nungen, Richtlinien
Klienten, die u. a. aus
finanziellen Gründen
keine Änderungsbe­
reitschaft zeigen
Änderung durch An­
reize finanzieller Art
Klienten, die sich unsi­
cher fühlen
Änderung durch I­
dentifikation
Förderungs­
strategien
Weg: Sanktionen
Weg: Belohnung
Entgelt für bestimm­
te Leistungen, Über­
nahme von Kosten
bei der Betriebsum­
stellung
Kommunikative
Strategien
c1.
Überredung
Werbung, Appelle,
Empfehlungen
Weg: Nachahmen
c2.
Aufklärung
c3.
Problemlösung
hochmotivierte Klien­
ten, die gewohnt sind,
rational zu denken und
zu handeln
Änderung durch Ein­
sicht
Klienten, die sich eines
Problems bewusst sind
und Änderungsbereit­
schaft zeigen
Änderung durch
Stärkung der eige­
nen Entscheidungs­
fähigkeit
Weg: Informieren
Weg: Beratung, Ler­
nen durch Tun
Quelle: SCHLAGHECK 1993, 528
- 10 -
Massenmedien, Vor­
träge,
Einzelberatung
Teilnehmerzentrierte
Gruppenarbeit, Ein­
zelberatung
Strategien werden oft miteinander verknüpft, bspw. indem durch Aufklärung versucht wird,
ein Problembewusstsein für Sachverhalte zu schaffen, an das die Beratung anknüpfen
kann.
Voraussetzung zur Wirksamkeit der genannten Strategien kann in jedem Falle Bildung
sein, die als langfristige Strategie Grundlagen für sachgerechtes Handeln vermitteln kann.
Diese Grundlagen umfassen sowohl Wissen als auch Fähigkeiten und Einstellungen.
Die Rolle, die der Beratung im landwirtschaftlichen Fördersystem oft zugedacht wird, ist
die eines Vermittlers zwischen dem Forschungssystem, das Lösungen entwickelt, und den
Landwirten, die Lösungen oder neue Technologien benötigen. Aufgabe der Beratung ist,
den Verbreitungsprozess von Lösungen zu beschleunigen. Die Kritik an dieser Sichtweise
des „Technologietransfers" hat zugenommen, weil von einer eindimensionalen und uni­
direktionalem Vorstellung ausgegangen wird. Die Beratung nimmt nicht wirklich eine Mitt­
lerrolle ein, mit der zumindest theoretisch denkbaren Möglichkeit, auch in umgekehrter
Richtung von Landwirten ermittelten Lösungs- oder Forschungsbedarf als Auftrag an die
Forschung weiterzugeben. Außerdem hat sich gezeigt, dass für komplexe Probleme Lö­
sungen erst mit oder nur durch die Landwirte oder weitere Akteursgruppen zu erzielen
sind und Wissensgenerierung unter der Mitwirkung der unterschiedlichsten Beteiligten
stattfindet.
Aus diesem Grund ist die Betrachtung landwirtschaftlicher Wissenssysteme in den Vorder­
grund gerückt. Neuere Modelle begreifen deswegen Wissensbeschaffung und -verbreitung
als multilateralen Austausch aller Beteiligten (vgl. AENIS et al. 2002). Der Vorteil einer sol­
chen Wissenssystemperspektive ist, dass sie die für einen Gegenstand relevanten Akteu­
re, bspw. Beratung, Forschung, Bildung und Politik, in Beziehung zueinander setzt und in
die Betrachtung mit einschließt. Mit dem „Agricultural Knowledge and Information Sys­
tems” Ansatz verbinden RÖLING und WAGEMAKERS „soft systems“ (soziale Systeme, deren
Bestandteile und Grenzen von den Betrachtern konstruiert werden) und „hard systems“
(z. B. natürliche, ökologische Systeme, deren Funktionen und Grenzen als gegeben an­
genommen werden können) (1998, 56).
Akteure im deutschen landwirtschaftlichen Wissenssystem zeigt Abbildung 5 auf der
Ebene der Organisationen und Institutionen. Nicht dargestellt sind Akteure als einzelne
Personen und die Beziehungen der Institutionen und Organisationen untereinander,
die je nach Betrachtungsgegenstand variieren können.
- 11 ­
Abbildung 5: Institutionen und Organisationen im landwirtschaftlichen Wissenssystem
Produktion
landwirtschaft­
liche Betriebe,
Erzeugergemein­
schaften … .
Verarbeitung
landwirtschaft­
liche Betriebe,
Nahrungsmittel­
industrie … .
Interessengruppen
Verbände, Vereine von
Landwirten und Akteuren
im landwirtschaftlichen
Sektor, … .
Forschung
Universitäten,
Landesinstitute,
Firmen,
….
- 12 -
Marketing
Unternehmen,
Direktvermarktung,
Handel,
Erzeugergemeinschaften,
CMA … .
Politik
Parteien,
Fraktionen,
Ausschüsse,
….
Capacity Building
Universitäten,
Fachhochschulen,
Ausbildung,
Erwachsenenbildung,
Schulwesen,
DEULA, …
Konsum
Verbraucher­
organisationen,
….
Administration
EU, Bundesregierung,
Länder-Ministerien und Kammern,
Sozialversicherungsgesellschaften,
... .
Beratung
staatl. Dienste,
Beratungsringe,
Privatberater,
Firmen,
Kirchen,
….
Information
Printmedien, Radio/TV,
Informationsdienste,
z. B. AID, KTBL,
Ausstellungen, z. B. DLGVeranstaltungen, Kon­
gresse, Bibliotheken … .
3
Landwirtschaftliche Beratung in Deutschland
Wie die landwirtschaftliche Beratung dem Bedarf der Landwirte an Information und Bera­
tung aktuell und in Zukunft entsprechen kann, hängt zum einen davon ab, wie wissensin­
tensiv die zukünftige Landwirtschaft ist und wie sehr Informationsbeschaffung und Bera­
tung zu lohnenden Betriebsmitteln werden. Bei Themen, die die Offizialberatung betreffen,
ist ausschlaggebend, welche gesellschaftliche Bedeutung ihr für die Unterstützung der
Landwirtschaft zugemessen wird und welche öffentlichen Finanzmittel dafür bereitgestellt
werden oder werden können. Einen großen Einfluss hat die organisatorische Ausgestal­
tung des landwirtschaftlichen Beratungssystems. Durch die föderale Struktur in Deutsch­
land ist dies in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. Je nach Struk­
tur und Organisation ist die Beratung als Teil des landwirtschaftlichen Fördersystems eng
mit weiteren Aufgaben, nämlich in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Landwirte sowie
mit Förder- und Kontrollmaßnahmen, die zu den Hoheitsaufgaben der Länder gehören,
verknüpft.
Die landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungssysteme in den Bundesländern haben
zum Teil weitreichende geschichtliche Wurzeln – beispielsweise die Gründung der Land­
wirtschaftskammern in Nordrhein-Westfalen in 1899. Auf der anderen Seite sind auch ra­
dikale Strukturwechsel zu verzeichnen, mit denen auf aktuelle Erfordernisse reagiert wird.
Beispiel hierfür ist 1998 die Umstellung der zuvor kostenlosen Offizialberatung in Thürin­
gen auf eine privatwirtschaftliche Beratung. Trotz aller Vielfalt ist den Bundesländern ge­
meinsam, dass sie insbesondere in den letzten 10 bis 15 Jahren auf geänderte Anforde­
rungen in der Landwirtschaft sowie auf knapper werdende Haushaltsmittel oder Verwal­
tungsreformen mit Umstrukturierungen und Anpassungen der landwirtschaftlichen Bera­
tungssysteme reagiert haben.
Die Reformen der Agrarpolitik sind Beispiele dafür, dass die landwirtschaftliche Beratung
in der Lage sein muss, auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Ziel der folgen­
den Abschnitte ist es, zu beschreiben, auf welche Situation der landwirtschaftlichen Bera­
tung in den Bundesländern diese Anforderungen derzeit zutreffen.
Da die landwirtschaftliche Beratung in der Kompetenz der Bundesländer liegt, gibt es nicht
ein landwirtschaftliches Beratungssystem in Deutschland, sondern 16 einschließlich Bre­
men, Berlin und Hamburg, wenn dort auch in geringem (Mitarbeiter-) Umfang und in enger
Kooperation mit den angrenzenden Ländern. Innerhalb der Strukturvielfalt der landwirt­
schaftlichen Beratungsangebote lassen sich allerdings folgende wiederkehrende Träger­
schaften und Angebotsformen herausstellen (HOFFMANN 2004):
•
•
•
•
•
•
Offizialberatung (Beratung im öffentlichen Interesse bzw. im staatlichen Auftrag):
durch Ministerien und nachgelagerte Behörden sowie Landwirtschaftskammern
Ringberatung: in Beratungs- und Erzeugerringen oder Arbeitskreisen
Verbandsberatung: von Bauernverbänden und Anbauverbänden etc.
Private Beratung: durch selbstständige Berater und Beratungsfirmen
Kirchliche Beratung: insbesondere in der Familienberatung, Hofnachfolge und bei
existenzgefährdeten Betrieben
Firmenberatung: durch Zulieferer, Verarbeiter, Handel, Banken, Versicherer etc.
- 13 ­
GRYGO, der in vereinfachter Weise vier Formen – freie Beratung, Mitgliederberatung, Pro­
duktberatung und Offizialberatung – unterscheidet, weist auf die fließenden Übergänge hin
(GRYGO 2004). Dies ist durch die Trägerschaft allein nicht eindeutig geregelt. So über­
nehmen die Landwirtschaftskammern sowohl Aufgaben der Offizialberatung als auch An­
gebote in der Unternehmensberatung für ihre Mitglieder. Beispiele für spezielle Konstella­
tionen sind die Wasserschutzkooperationen, bei denen die Wasserversorger die Beratung
finanzieren und dafür entweder eigene Berater anstellen, den Auftrag an Firmen geben
oder auch mit der Offizialberatung zusammenarbeiten (THOMAS 2003, 99ff).
Um Beratungsangebote zu charakterisieren, sind gerade die Finanzierung und die Durch­
führung der Beratung kennzeichnende Merkmale (Tabelle 3) (HOFFMANN 2004). Beispiel
für öffentliche Finanzierung plus öffentliche Durchführung sind die Beratungsleistungen,
die von staatlichen Behörden aber auch von anderen Körperschaften mit öffentlichem
Dienst- und Haushaltsrecht, wie den Landwirtschaftskammern, kostenlos für Landwirte
angeboten werden. Das gegensätzliche Element sind private Beratungsunternehmen oder
auch Vereine (Beratungsringe), deren Leistungen und Aktivitäten ausschließlich durch die
Kunden oder Mitglieder bezahlt werden.
Tabelle 3: Einordnung von Beratungsangeboten nach Finanzierung und Durchführung
Finanzierung/
öffentlich
privat
Quelle:
HOFFMANN 2004
öffentlich
Durchführung
privat
• kostenlose
Offizialberatung
• subventionierte Privatberatung,
Verträge, Gutscheine
• gebührenpflichtige
Offizialberatung
• private Beratung
Mischformen bei der landwirtschaftlichen Beratung zeichnen sich dadurch aus, dass sie
sich im obigen Schema keinem der vier Felder eindeutig zuordnen lassen, bzw. dass eine
Institution mehr als eine dieser Beratungsformen anbietet. So bieten die Landwirtschafts­
kammern in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Auftrag des
Landes definierte Offizialberatungsleistungen, wie die Ausbildungsberatung, und darüber
hinaus gebührenpflichtige Unternehmensberatung an. Bei der Beschreibung der landwirt­
schaftlichen Beratung in den einzelnen Bundesländern in Kap. 3.1 dient das Schema je­
weils zur Einordnung der wichtigsten Beratungsanbieter.
Bei der Finanzierung spielt es zusätzlich eine Rolle, ob der Geldfluss aus öffentlichen
Haushalten an die Leistung bestimmter Aufgaben im öffentlichen Interesse gebunden er­
folgt, oder aber Aufgaben unabhängig in den Haushalt der betreffenden Organisationen
fließen (HOFFMANN 2004).
Betrachtet man die Beratungslandschaft in Deutschland nach der groben Einteilung zu Of­
fizialberatung durch Ämter, Beratung durch Landwirtschaftskammern und private Bera­
tung, so ergibt sich folgendes Bild (Abbildung 6). Die Aufzählung der wichtigsten Bera­
tungsträger in den Ländern zeigt aber, dass dies ein vereinfachtes Bild ist. So spielen z. B.
in Schleswig-Holstein die Beratungsringe eine wesentliche Rolle. Im Vergleich mit der Si­
tuation vor 10, 15 Jahren zeigt die Karte den Rückzug der kostenlosen Beratung an staat­
lichen Offizialberatungsstellen.
- 14 -
Abbildung 6: Träger landwirtschaftlicher Beratung in Deutschland
Schl
Schleswig
Sc
hleswigeswig-Holstein
(SH)
Mecklenburg-Mecklenburg
Vorpommern
(MV)
(HH)
Hamburg
Bremen (HB)
Brandenburg
(BB)
Niedersachsen
(NI)
Berlin
SachsenAnhalt
(ST)
Nordrhein-Nordrhein
Westfalen
Westfa
len
(NW)
Hessen
(HE)
Thüringen
(TH)
Sachsen
(SN)
Rheinland
-Pfalz
(RP)
Saarland
Bayern
(BY)
BadenWürttemberg
(BW)
Staatlic
Staatliche
St
aatliche
he
Offizialberatung
Ringberatung:
Quelle:
V. Hoffmann
Beratung durch
Landwirtschaftskammern
Privatwirtschaftliche
Beratung
Beratungsringe seit 1950
Beratungsringe seit 1990
Betriebsleiterarbeitskreise
- 15 ­
Landwirtschaftskammern:
Privatberatung:
staatl. Offizialberatung:
SH: Unternehmensberatung
v.a. durch Beratungsringe
MV: privatwirtschaftliche Bera­
tungsunternehmen, dabei
landeseigene LMS GmbH
BW: Untere Landwirtschaftsbe­
hörden plus Beratungsdienste
HH: plus Netzwerk mit Nach­
bar-Bundesländern
NI: plus Beratungsringe
HB: plus Angebote aus NI
NW: kostenpflichtige Unter­
nehmensberatung und Be­
triebsleiterarbeitskreise be­
treut durch Kammer
SL: plus Maschinen- und
Beratungsringe
ST: privatwirtschaftliche Bera­
tungsunternehmen
BB: privatwirtschaftliche Bera­
tungsunternehmen
TH: privatwirtschaftliche Bera­
tungsunternehmen
BY: 47 Landwirtschaftsämter
SN: 11 staatliche Ämter für Land­
wirtschaft
HE: landeseigener Beratungs­
betrieb (LLH) mit berufsständi­
scher Vertretung, Betriebleiter­
arbeitskreis betreut von LLH
RP: plus Dienstleistungszentren
ländlicher Raum und Ringbera­
tung sowie Landwirtschafts­
kammer
In den folgenden Kapiteln wird die Organisation der Beratung in den einzelnen Bundeslän­
dern kurz beschrieben. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und
muss mit der Einschränkung betrachtet werden, dass die Organisation von Beratung ins­
besondere durch Verwaltungsreformen und knapper werdende öffentliche Mittel für Bera­
tung einem Wandel unterworfen ist. Da Beratung mit weiteren Bereichen, nämlich der Bil­
dung und dem Förderwesen, Berührungspunkte aufweist, wurden hierzu ebenfalls Stich­
punkte zusammengetragen. Übergreifende Entwicklungstendenzen und gemeinsame
Kennzeichen, die sich allgemein ableiten lassen, versuchen wir im Anschluss (Kap. 3.2)
zusammenzufassen.
- 16 -
3.1
3.1.1
Beratungsangebote der Bundesländer
Der Nordwesten und das Saarland
In den nordwestdeutschen Bundesländern sind die Landwirtschaftskammern z. T. seit über
100 Jahren etablierte Organisationen. Landwirtschaftskammern sind Selbstverwaltungs­
körperschaften der Landwirte und übernehmen im eigenen Auftrag wie auch für die Lan­
desregierungen Aufgaben in der Aus- und Weiterbildung und in der Beratung der Landwir­
te. Teilweise bekommen sie auch die Verantwortung für Hoheitsaufgaben des Förder- und
Kontrollwesens übertragen. Die Kammern sind Körperschaften mit öffentlichem Dienstund Haushaltsrecht und finanzieren sich aus der Kammerumlage, die jeder Landwirt zah­
len muss, Zuweisungen durch das Land sowie durch Gebühren für bestimmte Dienstleis­
tungen.
Die Landwirtschaftskammern übernehmen Offizialberatungsaufgaben, wie z. B. die Aus­
bildungsberatung und die sozio-ökonomische Beratung von existenzgefährdeten Betrie­
ben. Außerdem bieten sie in betriebswirtschaftlichen oder produktionstechnischen Fragen
Unternehmensberatung an, die in den Interessensbereich der Selbstverwaltungskörper­
schaften für ihre Mitglieder fällt. Da die Übergänge fließend sind und der Finanzdruck in
den Ländern steigt, wurden die Landeszuschüsse für die Landwirteberatung immer gerin­
ger oder wurde bis auf eng definierte Offizialberatungsaufgaben und Hoheitsaufgaben in
der Bildung und Förderung ganz gestrichen. Zusätzlich zur Umlage finanzieren die Kam­
mern daher die Beratung zunehmend durch Gebühren.
Landwirtschaftskammern sind aber nicht die einzigen Beratungsanbieter. Daneben sind
vor allem in Schleswig-Holstein und Niedersachsen Beratungsringe in der Rechtsform ein­
getragener Vereine etabliert. Insbesondere in Schleswig-Holstein übernehmen die Ringe
einen Großteil der Beratung landwirtschaftlicher Betriebe.
- 17 ­
Schleswig-Holstein
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
Durchführung
•
Offizialberatung in Teilbereichen
•
und gebührenpflichtige Beratung
der Landwirtschaftskammer
privat
•
ca. 100 (Spezial-)Beratungsringe
für Unternehmensführung und Pro­
duktionstechnik
•
Privatberatung
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein bietet landwirtschaftliche Betriebsbera­
tung, Ausbildungsberatung, sozio-ökonomische Beratung und Beratung für Frauen im
Ländlichen Raum, sowie weitere Dienstleistungen an. Offizialberatung wurde jedoch stark
eingeschränkt. Die landwirtschaftliche Unternehmensberatung ist kostenpflichtig, z. T.
werden Dienstleistungen, wie die Erstellung von Betriebsanalysen oder Nährstoffbilanzen,
innerhalb von Beratungspaketen angeboten (LK 2005a, JOCHIMSEN 2001).
Mittelkürzungen und Umstrukturierungen hatten in den letzten Jahren drastische Änderun­
gen und Reduktionen im Tätigkeitsspektrum der Landwirtschaftskammer zur Folge: die
Einstellung jeglicher zu 100 % bezuschusster Offizialberatung (sozio-ökonomische Bera­
tung und Frauenberatung werden noch mit 50 % vom Land bezuschusst), der Verlust der
Trägerschaft über die Fachschulen, Verkauf der LUFA, Personalabbau und Schließung von
Stellen. Außer den Fachabteilungen an fünf Standorten verfügt die Landwirtschaftskam­
mer nun noch über acht Außenstandorte / Büros für Bildung und Beratung. Hinzu kommt
die Lehr- und Versuchsanstalt Malente (LK 2005b).
Für die Unternehmensberatung, die in den Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben fällt,
erhält die Kammer nur entsprechend von Aufgabenbeschreibungen Zuschüsse. Die Ziele
und Aufgaben, die im Dezember 2002 in der gemeinsamen Vereinbarung des Landwirt­
schaftsministeriums und der Landwirtschaftskammer festgeschrieben wurden, sind u. a.
die Verbesserung der Wirtschaftskraft der Landwirte und die Verbesserung der Produkti­
onsbedingungen mit besonderer Berücksichtigung einer nachhaltigen Nutzung. Maßnah­
men zur Erreichung dieser Ziele sind das Versuchswesen, Bereitstellen von schriftlichem
Informationsmaterial, das Durchführen von Seminaren, Vorträgen, Exkursionen, Feldbe­
sichtigungen, sowie gutachterliche Tätigkeiten (LK, MLR 2002).
Da die Kapazität der Kammer mit insgesamt acht Ansprechpartnern für Betriebsberatung
(Schwerpunkt betriebswirtschaftliche Unternehmensberatung) begrenzt ist, liegt ein großer
Teil ihrer Bedeutung bei den Vorleistungen, wie der Wissenserarbeitung und Informati­
onsweitergabe für die Ringberater.
- 18 -
Beratungsringe besitzen in Schleswig-Holstein eine lange Tradition und bilden die wesent­
liche Säule, um den Bedarf der Landwirte nach produktionstechnischer und betriebswirt­
schaftlicher Einzel- und Gruppenberatung zu decken. Spezialberatungsringe für Betriebe
mit gleichen Produktionszweigen haben einen Berater für ca. 40 - 50 Betriebe. In allgemei­
nen Beratungsringen sind Betriebe aufgrund des gemeinsamen Gebietsbezugs zusam­
mengeschlossen. Die Ringe finanzieren sich aus den Mitgliedsbeiträgen und erhielten bis
2004 Zuschüsse zu den Personalkosten (zuletzt 30 %) vom Land. Im Jahr 2002 waren ca.
4.800 Betriebe in 45 Ringen mit 97 Beratern zusammengeschlossen (JOCHIMSEN 2003).
Neben Kammer- und Ringberatung haben sich vereinzelt Privatberater etabliert.
Agrarverwaltung
Dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft in Kiel sind die Ämter für
ländliche Räume (ÄLR) unterstellt. Sie sind zuständig für Aufgaben der Agrarverwaltung,
des Pflanzenschutzdienstes, der Flurneuordnung und Dorfentwicklung u. a.:
•
•
Abteilung Landwirtschaft: u. a. EU-Agrarförderung für Flächen- und Tierprämien, För­
derung ökologisch wirtschaftender Betriebe, Ausgleichszulage etc.
Pflanzenschutzdienst Schleswig-Holstein: Aufgaben, die sich aus dem Pflanzen­
schutzgesetz ergeben, v. a. Schaderregerüberwachung, Kontrollen, Beratung, Aufklä­
rung und Schulung, Prüfung von Pflanzenschutzmitteln und -verfahren, Durchführung
von Untersuchungen und Versuchen.
Berufsbildung
•
•
Landwirtschaftliche Fachschulen an sieben Standorten, darunter Bad Segeberg, Hu­
sum und Rendsburg mit 1- und 2-jährigen Schulen;
Überbetriebliche Lehrgänge und Meisterlehrgänge durch die Landwirtschaftskammer.
Zwar ist die Landwirtschaftskammer nicht mehr Träger der Fachschulen, jedoch ist sie die
zuständige Stelle für die Berufsbildung und Prüfungen und übernimmt die Ausbildungsbe­
ratung. Lehrgänge und Seminare werden z. T. gemeinsam mit den Vereinen Landwirt­
schaftlicher Fachschulabsolventen (vlf) und den Beratungsringen durchgeführt.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Die Landwirtschaftkammer Schleswig-Holstein erhebt den Fortbildungsbedarf der Berater
und führt für Lehr- und Beratungskräfte in der Landwirtschaft vielfältige Seminare zu fach­
lichen wie methodischen Fragestellungen durch (LK 2004, DEERBERG 2005).
Entwicklungstrends
Die Kammer in Schleswig-Holstein strebt keine Abdeckung des Beratungsbedarfs in der
Fläche mehr an, sondern die Gewährleistung des fachlichen Spektrums. Die Außenstellen
sind in „Grünen Zentren“ integriert, d. h. an Standorten, an denen auch Beratungsringe,
landwirtschaftliche Vereine und Verbände ihren Sitz haben, um so Synergieeffekte zu nut­
zen. Der Beratungsbedarf lässt sich nur in Kombination mit den Ringen decken. Mit dem
Wegfall der Landeszuschüsse für die Beratungsringe werden aber Austritte und/oder Ver­
ringerungen der Leistung befürchtet. In welche Richtung die Entwicklung geht, z. B. ob
sich Berater vermehrt privatwirtschaftlich selbstständig machen, lässt sich derzeit nicht ab­
sehen (DEERBERG 2005).
- 19 ­
Hamburg
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
Offizialberatung durch Landwirt­
schaftskammer Hamburg
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Die Betreuung der Landwirtschaftskammer Hamburg – berufsständische Vertretung der
Landwirte seit 1991 – beinhaltet die Aus- und Fortbildung im Agrarbereich, das Versuchs­
wesen, Gutachtenerstellung, Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen und Bera­
tung. Alle umlagepflichtigen agrarwirtschaftlichen Betriebe haben einen Anspruch auf die
Nutzung der Offizialberatung. Die Kammer gibt Praxisempfehlungen für Landwirte, Gärtner
und Obstbauer heraus, sowie vierteljährlich die Gartenbau-Mitteilungen (Behörde für Wirt­
schaft und Arbeit 2005). Ein Schwerpunkt des Dienstleistungsangebots richtet sich an den
Erwerbsgartenbau der Stadt (vgl. POHL 2001). Die Beratungsleistungen der Kammer sind
gebührenfrei.
Für die derzeit 170 landwirtschaftlichen Betriebe in Hamburg steht eine landwirtschaftliche
Beratungskraft an der Kammer zur Verfügung. Bei besonderen Fachthemen werden Spe­
zialisten von der Landwirtschaftskammer oder von Beratungsringen aus Schleswig-Hol­
stein eingeladen oder Landwirte bei speziellen Einzelfragen an diese verwiesen. Einen be­
trächtlichen Anteil an der Arbeit nehmen Stellungnahmen zur Flächennutzung, z. B. bei
Bauleitplanungen, ein (BÜHLER 2005).
Agrarverwaltung
Die Landwirtschaftskammer übernimmt keine Kontrollfunktionen und Agrarverwaltung. Die
zuständige Stelle für Agrarverwaltung in Hamburg ist das Amt für Wirtschaft und Arbeit mit
der Abteilung Landwirtschaft und Forsten:
•
•
•
Referat Garten, Land- und Waldwirtschaft mit 12 Ansprechpartnern zu verschiedenen
Themen der Landwirtschaft, z. B. auch Pflanzenschutz oder Düngung;
Referat Agrarpolitik zuständig u. a. für Förder- und EU-Programme und Umsetzung der
Agrarreform;
plus weitere Referate (Planung und Landentwicklung, Forst, Fischerei).
- 20 -
Berufsbildung
Die Berufliche Bildung wird von der Landwirtschaftskammer betreut und findet in Zusam­
menarbeit mit den benachbarten Bundesländern, z. B. Berufsschulbildung in Bad Sege­
berg/Schleswig-Holstein, statt.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Die Fortbildung der landwirtschaftlichen Beratungskräfte ist ein Bereich, in dem die Land­
wirtschaftskammer Hamburg und die Kammer Schleswig-Holstein eng kooperieren.
Entwicklungstrends
Landwirtschaftliche Flächen in der stark wachsenden Stadt Hamburg stehen unter Druck
und zum Teil konfligierenden Nutzungsansprüchen von Siedlungsentwicklung, Land­
schaftsplanung und Landwirtschaft. Themen rund um die Siedlungsentwicklung und Flä­
chennutzung werden daher weiterhin von großer Bedeutung bei der Arbeit der Kammer für
die Landwirte sein.
- 21 ­
Bremen Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
Durchführung
•
Offizialberatung
•
und Wirtschaftsberatung der Land­
wirtschaftskammer Bremen
privat
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Neben der Landwirtschaftskammer Bremen gibt es in dem Stadtstaat außerdem eine Gar­
tenbaukammer für Fragen zum Garten- und Gemüsebau. An der Landwirtschaftskammer
sind zwei Mitarbeiter für die landwirtschaftliche Beratung, Ausbildungsberatung und Um­
weltfragen zuständig (LWK BREMEN 2005). Die LWK-Bremen und der Bremische Landwirt­
schaftsverband e.V. geben außerdem die Bremer Landwirtschaftliche Rundschau als ge­
meinsames Mitteilungsblatt heraus. Die Landwirtschaftskammer finanziert sich aus der
Kammerumlage, staatlichen Zuschüssen sowie Beratungsgebühren für Spezialberatungen
oder bestimmte Sonderleistungen. Bei Bedarf, z. B. in der Bauberatung, werden die Land­
wirte an die Landwirtschaftskammer Weser-Ems in Niedersachsen verwiesen. Schwer­
punkte werden in der umweltgerechten Landbewirtschaftung und der Umsetzung von EUProgrammen gesetzt (OTTEN 2001).
Agrarverwaltung
Die Landwirtschaftskammer übernimmt die Antragsbearbeitung für verschiedene Agrarför­
derungsmaßnahmen. Die relevanten Merkblätter sind außerdem beim Senator für Wirt­
schaft und Häfen zu erhalten (LWK BREMEN 2005). Für Antragsbewilligung und Kontrolle
ist der Senator für Wirtschaft und Häfen zuständig.
Berufsbildung
Für die Berufsausbildung, z. B. den Abschluss der Ausbildungsverträge, ist die Landwirt­
schaftskammer zuständig, während die Umsetzung in aller Regel in Niedersachsen erfolgt.
Aus- und Fortbildung der Berater
Aus- und Fortbildung erfolgen in Zusammenarbeit mit Niedersachsen durch den Besuch
der Seminare der Landwirtschaftskammern in Hannover und Weser-Ems (CASSENS 2005).
Entwicklungstrends
Zur Finanzierung der Beratung findet eine Gebührenanhebung und -ausweitung statt, da
die staatlichen Mittel für die Landwirtschaftskammer abnehmen (CASSENS 2005).
- 22 -
Niedersachsen
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
Durchführung
•
Offizialberatung in Teilbereichen
•
gebührenpflichtige Beratung durch
die Landwirtschaftskammern Han­
nover und Weser-Ems (ab 2006
eine LK Niedersachsen)
•
privat
Beratung in Wirtschaftsberatungsund Erzeugerringen, Beratungs­
gemeinschaften (Zuschüsse vom
Land bis 2005)
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Die Landwirtschaftskammern Hannover und Weser-Ems mit den regionalen Bezirksstellen
bzw. Ämtern bieten Bildungs- und Beratungsangebote. Schätzungsweise 400 Arbeitskräfte
waren 2004 bei den Kammern mit einzelbetrieblichen Beratungsaufgaben betraut (vgl.
DLG 2004). Für 2006 ist die Fusion der Kammern zur Landwirtschaftskammer Niedersach­
sen beschlossen. Die Beratung der Dienststellen vor Ort umfasst Beratung zu Förderan­
trägen und rechtlichen Fragen, betriebswirtschaftliche Unternehmensberatung und fachli­
che Beratung für Tierhaltung, Pflanzenschutz etc. sowie sozio-ökonomische Beratung. Je
nach Beratungsform (telefonisch, einzelbetrieblich etc.) werden Gebühren verlangt.
Beratungsringe bilden die zweite, fest etablierte Säule für landwirtschaftliche Beratung in
Niedersachsen. Laut DLG-Mitteilungen zählen die knapp 130 niedersächsischen Beratungs­
ringe mit ca. 200 Ringberatern an die 26.000 Mitgliedsbetriebe, die für die Beratungsleis­
tungen im Durchschnitt 800 Euro pro Betrieb und Jahr zahlen (DLG 2004, vgl. ROHLFING
2001). Im Durchschnitt betreut ein Berater ca. 130 Betriebe (vgl. AG Landberatung 2005).
Die Finanzierung erfolgt durch die Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen des Landes für de­
finierte Beratungsleistungen und Leistungsprüfungen. Die Landeszuschüsse sind allerdings
in 2005 bis auf max. 3.000 Euro/Beratungskraft und Jahr gesunken und werden ab 2006
komplett eingestellt (BERINGER 2005).
Kontakt zwischen Kammerberatung und Beratungsringen besteht u. a. durch gemeinsame
Standorte an den „grünen Zentren“ sowie durch den fachlichen Austausch. Die meisten
Beratungs-, Erzeuger- und Maschinenringe sind außerdem zu Beratungsgemeinschaften
zusammengeschlossen, um den Bedarf an Spezialberatung zu decken und gleichzeitig
über ein fachliches Spektrum zu verfügen (vgl. ROHLFING 2001). Ziel der „grünen Zentren“
in Niedersachsen ist es, in der Region Dienstleistungszentren für die Landwirte aus land­
wirtschaftlicher Beratung, Maschinenringen und Verbände u. a. zu schaffen.
Als weitere Säule in der Beratung wird die berufsständische Interessenvertretung – der
Landvolkverband – genannt, der in seinen Kreisstellen in sozialen, steuerlichen und recht­
lichen Dingen berät (ROHLFING 2001). Hierzu engagieren sich die Verbände auch in ande­
ren Bundesländern.
- 23 ­
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Mit dem Fusionsbeschluss wurden den Landwirtschaftskammern ab 1. Januar 2005 alle
Maßnahmen der Agrarförderung übertragen. Die bisher zuständigen Ämter für Agrarstruk­
tur der Bezirksregierungen wurden aufgelöst und 289 Personalstellen zu den Kammern
verlagert. Bis zum Jahr 2008 werden diese zusätzlichen Aufgaben zu 100 % vom Land fi­
nanziert (dpa 2004).
Die Kammern unterhalten Lehr- und Versuchsanstalten und die LUFA Nord-West.
Berufsbildung
Die Landwirtschaftskammern sind für die Aus- und Weiterbildung zuständig und leisten die
Berufsberatung, überbetriebliche Ausbildung, Anerkennung von Ausbildungsbetrieben,
Prüfungen von Auszubildenden und Meistern u. a. (LWK Weser-Ems 2005). Für überbe­
triebliche Lehrgänge und Weiterbildungsmaßnahmen dienen auch die Lehr- und Ver­
suchsanstalten.
Berufs- und Fachschulen sind in Bildungszentren zusammengeschlossen, die zum Aufga­
benbereich des Niedersächsischen Kultusministeriums gehören.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Der Zuschuss von Landesmitteln für die Ringberatung ist gekoppelt an die Anerkennung
der Ringberater. Berateranwärter werden dazu von Beratungsringen für ein Jahr einge­
stellt und erfahren neben der praktischen Beratungsarbeit vor Ort sechs einwöchige Semi­
nare durch die Landwirtschaftskammer. Themenschwerpunkte sind Jahresabschlussanaly­
se, Kostenrechnung, Sozio-Ökonomie, Finanzierung, Förderung, Beratungsmethodik sowie
Betriebsplanung. Diese einjährige Ausbildung endet mit zwei Prüfungen zu den Seminar­
themen, einer Hausarbeit sowie einer praktischen Prüfung in Form eines Fachvortrages
und eines realen Beratungsgespräches auf einem landwirtschaftlichen Betrieb (KLISCHAT
2005).
Die Beratungsgemeinschaften AG Landberatung e.V. Hannover und die Arbeitsgemein­
schaft der Beratungsringe Weser-Ems e.V. arbeiten hier mit den Landwirtschaftskammern
zusammen und wirken an der Aus- und Fortbildung der Ringberater mit. Dieses Qualifizie­
rungsangebot richtet sich auch an Berater aus anderen Bundesländern (SchleswigHolstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt) (BERINGER 2005). Ziel der Arbeits­
gemeinschaften ist außerdem der Erfahrungsaustausch unter den Beratern (vgl. Arbeits­
gemeinschaft der Beratungsringe Weser-Ems e. V. 2005).
Entwicklungstrends
Ende 2004 wurde die Fusion der Kammern für 2006 beschlossen. Damit verbunden sind
Beschlüsse über die zukünftigen Standorte. Der neue Hauptsitz soll in Oldenburg sein,
während die Bezirksstellen als regionale Dienststellen weiter bestehen sollen. Unklarheiten
bestehen aber noch über Standorte des Geschäftsbereichs Gartenbau und über die Anteile
der Finanzierung für die unterschiedlichen Aufgaben der Kammer. Die Finanzierung der
Landwirtschaftskammern wird derzeit vor dem Hintergrund untersucht, dass sie zum einen
Selbstverwaltungsaufgaben, zum anderen staatlichen Hoheitsaufgaben, deren Aufwand
vom Land finanziert wird, übernehmen soll (CLEMENS 2005).
- 24 -
Nordrhein-Westfalen
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
•
Durchführung
privat
(Offizialberatung der Kammer)
gebührenpflichtige Beratung durch
die Landwirtschaftskammer Nord­
rhein-Westfalen und ihren Außen­
stellen
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Träger der landwirtschaftlichen Beratung ist die Landwirtschaftskammer Nordrhein-West­
falen als selbstverwaltete Körperschaft. Sie entstand am 1. Januar 2004 als Rechtsnach­
folgerin der beiden bis dahin selbstständigen Landwirtschaftskammern Rheinland und
Westfalen-Lippe (LWK 2005a). Daneben ist sie zugleich Landesoberbehörde des Ministe­
riums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und nimmt für
dieses Aufgaben der staatlichen Agrar- und Forstverwaltung wahr (vgl. MUNLV 2005a).
Die landwirtschaftliche Beratung umfasst alle Bereiche des landwirtschaftlichen Unter­
nehmens (vgl. LWK 2005b). Zu den ca. 250 Beratern kommen ca. 50 Wasserschutzbera­
ter hinzu, die im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen von Land- und Wasserwirt­
schaft die Mitgliedslandwirte im Einzugsgebiet bei der Umsetzung einer gewässerscho­
nenden Landwirtschaft beraten (LOPOTZ 2005).
Finanziert wird die Beratung zu 50 % aus der Umlage und zu 50 % aus Gebühren (LOPOTZ
2005). Landeszuschüsse für Beratung gibt es seit 2004 nicht mehr (vgl. LWK 2004, 12).
Gebühren für Beratung, die über Telefonberatung und Information zu Agrarumweltmaß­
nahmen hinausgehen, wurden bereits 1996 im Rheinland bzw. 1997 in Westfalen-Lippe
eingeführt (LAMPE 1997, NIEPENBERG 1997). Die verschiedenen Beratungspakete oder
-typen sind entsprechend der Intensität der Beratung preislich abgestuft.
Bereits seit Anfang der 80er wird Beratung von der Kammer auch in Betriebsleiterarbeits­
kreisen angeboten, um den Erfahrungsaustausch, den Teamgeist und gegenseitigen An­
sporn unter Kollegen und die sich ergebenden Vergleichsmöglichkeiten z. B. bei der Be­
triebszweigauswertung, zu nutzen. Die Gebühren für Arbeitskreisberatung sind im Ver­
gleich zur Einzelberatung günstiger, was Landwirte z. T. zur Teilnahme bewogen hat. Im
Jahr 2001 wurden 236 Arbeitskreise und -gemeinschaften gezählt mit insgesamt 5028
Mitgliedern aus der Landwirtschaft. Sie existieren in allen Bereichen, sowohl in der Pflan­
zenproduktion als auch in der Tierproduktion oder Betriebsführung (STREYL und KRIETER
2001). In 2004 belief sich die Zahl der Mitglieder in Arbeitskreisen und -gemeinschaften
auf ca. 8908 (ohne Gartenbau) (LOPOTZ 2005).
- 25 ­
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Der Direktor der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen ist in den Bereichen Land­
wirtschaft und Höhere Forstbehörde Landesbeauftragter für die Regierung. Zu den über­
tragenen Hoheitsaufgaben der Kammer gehören die EG-Zahlstelle und die Förderung.
Außer den zentralen Verwaltungsstandorten der Kammer in Münster und Bonn sind fol­
gende Stellen der Kammer für Verwaltung, Beratung, Forschung und Bildung zu nennen:
•
•
•
•
•
25 Kammer-Kreisstellen in der Region;
sechs Bezirksstellen für Agrarstruktur für die landwirtschaftlichen Belange bei Raum­
planungen und Bauleitplanung;
das Untersuchungszentrum NRW – LUFA, zwei Landwirtschaftszentren im Tierhal­
tungsbereich, ein Zentrum für nachwachsende Rohstoffe sowie ein Versuchsbetrieb
für ökologische Milchviehhaltung;
vier Gartenbauzentren (mit beruflicher Aus- und Weiterbildung der Gärtner).
Dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(MUNLV) unterstehen (Schwerpunkt Landwirtschaft/Agrarstruktur):
•
•
das Landesamt für Ernährungswirtschaft und Jagd, u. a. für Kontrollaufgaben in der
landwirtschaftlichen Produktion, Qualitätssicherung im ökologischen Landbau, Förde­
rung von Regionalvermarktung, Tiergesundheitskontrolle (LEJ 2005);
die Ämter für Agrarordnung für Angelegenheiten der Dorferneuerung / Umnutzung,
Agrarstruktur und ländliche Siedlung und Förderprogramme wie LEADER.
Berufsbildung
Die Landwirtschaftskammer ist für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Landwirte verant­
wortlich (LWK 2005a). Ihr sind neun Fachschulen/Berufskollegs untergeordnet.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Das Agrarreferendariat des Landes ist Einstiegsvoraussetzung in den höheren Dienst in
Verwaltung und Beratung und für das Lehramt der Sekundarstufe II. Ausbildungsorte sind
das Landesinstitut für Landwirtschaftspädagogik in Bonn, Berufskollegs und Dienststellen
des Landes und Stellen der Landwirtschaftskammer (vgl. MUNLV 2005b). Die Fortbildung
der Berater erfolgt durch die Landwirtschaftskammer in Arbeitstagungen und Seminaren.
Entwicklungstrends
Herausforderungen für die Beratung als zunehmend langfristige Prozessbegleitung wer­
den in der weiter anhaltenden Konzentration auf größere Produktionseinheiten gesehen, in
der Beschleunigung des Strukturwandels und der Betriebsentwicklungsschritte, der ver­
minderten Investitionsbereitschaft als Folge der aktuellen Gewinnsituation und in gestie­
genen Liquiditätsproblemen (LOPOTZ 2005).
Die mit der Fusion der Kammer in Zusammenhang stehenden Umstrukturierungen sind
noch nicht abgeschlossen. Geplant ist eine Neuorganisation und Reduktion der Standorte
auf 13 Verwaltungszentren (vgl. LWK 2005c). Wie bei der Landwirtschaftskammer in Nie­
dersachsen wird auch in Nordrhein-Westfalen derzeit die Angemessenheit der Landesmit­
tel für die übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben untersucht (CLEMENS 2005).
- 26 -
Saarland
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
Betriebsberatung und sozio­
ökomische Beratung durch Land­
wirtschaftskammer Saarland
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Die Verwaltungsreform Mitte der neunziger Jahre führte im Saarland dazu, dass Offizialbe­
ratung ausschließlich von der Landwirtschaftskammer übernommen wurde. Die Landwirt­
schaftskammer – zugleich Selbstverwaltungskörperschaft und Fachbehörde – übernimmt
Aufgaben in der Agrarverwaltung, in der Aus- und Fortbildung der Landwirte, in der Be­
triebsberatung für Landwirte und Gärtner und im landwirtschaftlichen Versuchswesen. So­
zio-ökonomische Beratung wird ebenfalls von der Kammer angeboten. Die Landwirt­
schaftskammer zählt insgesamt ca. 55 Mitarbeiter und befindet sich ab März 2005 in Le­
bach (LWK Saarland 2005). Die Beratung der Kammer ist für die Landwirte gebührenfrei.
Beratungsringe wurden zunächst vom Saarland gefördert, um die landwirtschaftliche Bera­
tung von dem Druck durch Verwaltungsaufgaben zu befreien. Die Zuschüsse wurden al­
lerdings eingestellt, und es existiert derzeit kein Beratungsring. Landwirte, die an einer
Spezialberatung insbesondere im Bereich Milchvieh Interesse haben, schließen sich zum
Teil Beratungsringen in Rheinland-Pfalz an (KLEIN 2001, 2005).
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Die Fachaufsicht liegt beim Ministerium für Umwelt, jedoch hat die Landesregierung der
Kammer viele Aufgaben der staatlichen Agrarverwaltung zur Durchführung übertragen. Die
Landwirtschaftskammer ist daher Ansprechpartner in den Bereichen Antragswesen, Bau­
beratung, Investitionsförderung und Raumordnung.
Berufsbildung
Aufgaben zur Aus- und Fortbildung führt die Landwirtschaftskammer durch. Sie ist zustän­
dig für die Ausbildungsberatung, die Landwirtschaftsschule Lebach als eine einjährige
Fachschule, überbetriebliche Lehrgänge, Meisterlehrgänge und Prüfungen.
- 27 ­
Aus- und Fortbildung von Beratern
Die Ausbildung von Referendaren im Saarland ist Aufgabe des Umweltministeriums, wobei
die Landwirtschaftskammer bei der Fachausbildung mitwirkt und die berufspädagogische
Ausbildung an der Führungsakademie in Bayern erfolgt.
Für die Beratungskräfte gibt es keine eigene Fortbildung im Saarland. Sie erfolgt in Ab­
sprache mit anderen Bundesländern. Je nach Bedarf werden Fortbildungsveranstaltungen
in anderen Bundesländern in Anspruch genommen (KLEIN 2005).
- 28 -
3.1.2
Der Nordosten und Thüringen
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben sich nach der Wie­
dervereinigung der beiden deutschen Staaten für eine privatwirtschaftliche Beratung ent­
schieden. Die Gründe, die dies nahe legten, beschreibt ZACK für Sachsen-Anhalt (1998):
Während auf der einen Seite alle Einrichtungen, die sich zu DDR-Zeiten mit Beratung be­
fasst hatten, aufgelöst oder umstrukturiert wurden, entstand auf der anderen Seite ein
enormer Beratungsbedarf bei der Privatisierung und Umstrukturierung der Großbetriebe,
den ehemaligen LPG’en und VEG’n. Der Beratungsbedarf der Neu- und Wiedereinrichter
konnte kurzfristig nur durch private (Unternehmens-)Berater gedeckt werden.
Beim Aufbau der Beratungsstrukturen haben die Länder aber unterschiedliche Wege be­
schritten. Thüringen als weiteres neues Bundesland mit heute überwiegend privatwirt­
schaftlicher Beratung hatte zunächst eine kostenlose Offizialberatung. Sachsen hat als
einziges der neuen Bundesländer ein staatliches Offizialberatungssystem eingeführt und
bis heute beibehalten.
- 29 ­
Mecklenburg-Vorpommern
Durchführung
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
privat
•
Offizialberatung durch die LMS
Landwirtschaftsberatung GmbH
•
Beratung durch die LMS GmbH
und andere privatrechtliche Bera­
tungsgesellschaften oder Privat­
•
Beratungsringe als e.V.
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Mecklenburg-Vorpommern hat sich 1991 für eine privatrechtliche Beratung entschieden.
Dabei gibt es den Sonderfall, dass das Land zum Angebot von landwirtschaftlicher Bera­
tung und zur Übernahme von hoheitlichen Aufgaben ein eigenes Unternehmen, die LMS
GmbH – Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern / Schleswig-Holstein (LMS)
in Form einer GmbH gegründet hat. Sie gehört zu 64,8 % dem Land, zu 25,2 % dem Bau­
ernverband und zu 10 % dem Gartenbauverband (BEGALL 1998, IV-2).
Kostenlose Offizialberatung bietet die LMS in sozio-ökonomischen Fragen für landwirt­
schaftliche Unternehmen, die sich in einer schwierigen ökonomischen/sozialen Situation
befinden. Im Januar wurde die LMS Landwirtschaftsberatung zudem vom Sozialministeri­
um als Schuldnerberatungsstelle anerkannt und wendet sich mit diesem Angebot an Rat
suchende Menschen aus dem ländlichen Raum, wie Inhaber und Angestellte von Famili­
enbetrieben (LMS 2005a).
Darüber hinaus umfasst das kostenpflichtige Beratungsangebot der LMS mit Geschäftssitz
in Bad Doberan und vier Außenstellen betriebswirtschaftliche und produktionstechnische
Beratung sowie umfassende Unternehmensberatung. Zum Angebot gehören außerdem
Sachverständigengutachten, Analysen der LUFA Rostock und vorbereitende Beratung zur
Zertifizierung für Qualitätssicherungssysteme. Ein kostenloses erstes Beratungsgespräch
kann man per Internet anfordern (LMS 2005b).
Für die Übernahme von hoheitlichen Aufgaben erhält die LMS einen Zuschuss vom Land.
In der Beratung steht sie im Wettbewerb mit anderen Beratungsanbietern und arbeitet
nach wirtschaftlichen Grundsätzen. Die LMS arbeitet dem Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft, Forsten und Fischerei und den Verbänden zu ausgewählten Themen zu.
Im Agrarbericht 2004 des Ministeriums wird das flächendeckende Beratungsangebot her­
vorgehoben sowie die Verknüpfung mit den Forschungseinrichtungen und den berufsstän­
dischen Verbänden (Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei
2005, S. 9).
- 30 -
Neben der privatwirtschaftlich organisierten Beratung haben sich seit Anfang der neunzi­
ger Jahre einige Beratungsringe in Form eingetragener Vereine gegründet. In den drei
Kontroll- und Beratungsringen (Stand 2003 und 2004) haben sich Rindermäster, Schwei­
nezüchter und -mäster bzw. Schafhalter zusammengeschlossen. Das Verbreitungsgebiet
geht teilweise über das Land hinaus. Die Finanzierung der Vereinsarbeit erfolgt durch Mit­
gliedsbeiträge, Gebühren und Zuschüsse (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küs­
tenschutz). Mitarbeiter der LMS sind durch Beiträge in der Beratung oder durch Geschäfts­
führungshilfen involviert.
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Innerhalb der Agrarverwaltung und für die Übernahme hoheitlicher Aufgaben sind die
sechs Ämter für Landwirtschaft insbesondere für Förder- und Ausgleichsmaßnahmen, den
Grundstücksverkehr und die Flurneuordnung sowie für Kontrollaufgaben zuständig, nicht
aber für landwirtschaftliche Beratungsmaßnahmen. Weitere Behörden und Institutionen
sind:
•
•
•
•
das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei mit Dienst- und
Fachaufsicht,
die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei mit vier Instituten,
das Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere,
das Landesgestüt Redefin.
Berufsbildung
Die Fachschulausbildung erfolgt an zwei Standorten, der Fachschule für Agrarwirtschaft
mit Hauptsitz in Güstrow und Außenstelle in Neubrandenburg. An den Fachschulen finden
auch die Vorbereitungen und die Zulassung zur Meisterprüfung statt. Das Landwirt­
schaftsministerium fördert Weiterbildungsmaßnahmen. Diese werden u. a. von den Fach­
schulen und den Berufsverbänden angeboten.
Aus- und Fortbildung von Beratern
In Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, z. B. an der Landwirtschaftskammer Han­
nover.
- 31 ­
Brandenburg
Durchführung
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
privat
•
Privatwirtschaftliche Beratung
•
kostenlose Sozialberatung und ge­
bührenpflichtige Unternehmensbe­
ratung durch Bauernverband
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Betriebswirtschaftliche und produktionstechnische Beratung wird in Brandenburg in Form
privatwirtschaftlicher Beratung angeboten. Dafür gab es bis 2001 eine Förderung der Be­
ratungsringe und Beratungszusammenschlüsse vom Land. Reduktion und Wegfall von
Fördermitteln für Beratung trifft dabei insbesondere Betriebe mit Bedarf an sozio-ökonomi­
scher Beratung sowie Themen aus dem Umweltbereich, für die es keine unmittelbare
Nachfrage gibt (SCHWARTZER 1998, BOKELMANN u. a. 1996).
Um die Betriebe zu unterstützen, bietet der Landesbauernverband Beratung zu Förder-,
Rechts- und Sozialfragen durch hauptamtliche Mitarbeiter an. Betriebswirtschaftliche und
produktionstechnische Beratung bietet außerdem die Landwirtschaftliche Beratung der
Agrarverbände Brandenburg (LAB GmbH) an, deren Hauptgesellschafter der Bauernver­
band ist (LBV Brandenburg 2005). In der LAB GmbH 2005 arbeiten derzeit 40 Mitarbeiter
in der landwirtschaftlichen Beratung wie auch anderen Spezialgebieten und im Sachver­
ständigenwesen (LAB GmbH 2005).
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Dem Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) un­
terstehen:
•
•
•
•
das Landesumweltamt Brandenburg,
das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung,
die Forstämter sowie
als Einrichtungen des Landes die Landesforstanstalt Eberswalde (LFE) und das Lan­
deslabor Brandenburg (LLB).
Außeruniversitäre Agrarforschung erfolgt in elf Einrichtungen und wird durch das Land ge­
fördert (MLUR Brandenburg 2004).
- 32 -
Berufsbildung
Das MLUV ist zuständige oberste Landesbehörde für die Berufsbildung in der Landwirt­
schaft. An der Durchführung ist aber eine Reihe von Stellen beteiligt:
•
•
•
Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung als zuständige
Stelle für berufliche Bildung;
zwei Kreisvolkshochschulen, vier Landwirtschaftsschulen;
die Bauernverbände.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Berater sowie der landwirtschaftlichen Führungskräfte
hat die Brandenburgische Landwirtschaftsakademie (BLAk) übernommen. Sie finanziert
sich aus der Projektförderung der EU im Rahmen des Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) mit Kofinanzierung durch das Land Bran­
denburg (BLAk 2005). Projektträger ist der Heimvolkshochschulverband.
- 33 ­
Sachsen-Anhalt
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
sozio-ökonomische Beratung an
den Ämtern für Landwirtschaft und
Flurneuordnung
•
Privatwirtschaftliche Beratung (z. T.
Zuschüsse zu Beratungskosten)
•
kostenlose Sozialberatung und ge­
bührenpflichtige Unternehmensbe­
ratung durch Bauernverband
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Sachsen-Anhalt hat mit dem Aufbau der Beratungsstrukturen 1991 das Modell der privat­
wirtschaftlichen Beratung für landwirtschaftliche Betriebe gewählt. Beratung wird vom Land
in Form von Zuschüssen zu den entstandenen Beratungskosten an die landwirtschaftlichen Betriebe gefördert (ZACK 1998,IV-4). Um Beratungszuschüsse zu erhalten, muss die
Beratung bei einem zugelassenen Beratungsunternehmen erfolgen. Bei der Förderung der
Beratung werden drei Standbeine unterschieden: die begleitende Betriebsberatung, die
Existenzgründerberatung und die Schuldnerberatung. Da das Haushaltsvolumen insge­
samt für Beratungsförderung geschrumpft ist, stehen zurzeit nur Mittel für die Schuldner­
beratung (100 % der Kosten) zur Verfügung (RUTHS 2005).
Privatwirtschaftliche Beratung in Form von Beratungsringen hat sich nicht durchgesetzt,
wobei es aber einige wenige anerkannte und etablierte Beratungsringe gibt (vgl. LLG
2005a).
Die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau informiert in einer Liste über die aner­
kannten Berater für landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebe (LLG 2005a). Sie über­
nimmt auch das Untersuchungs- und Versuchswesen und erarbeitet Vorleistungen für die
Beratung und Informationen für die Praxis (LLG 2005b).
An den vier Ämtern für Landwirtschaft und Flurneuordnung können Landwirte mit existenz­
gefährdeten Unternehmen sozio-ökonomische Beratung kostenlos in Anspruch nehmen.
Dafür stehen sieben Berater zur Verfügung (RUTHS 2005). Angesiedelt an den Ämtern sind
außerdem die Pflanzenschutz- und Tierzuchtstellen, die im Rahmen ihrer hoheitlichen
Aufgaben in begrenztem Umfang Beratung leisten (s. u.).
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt mit (MLU 2005):
•
dem Landesverwaltungsamt, dem die vier Ämter für Landwirtschaft und Flurneuord­
nung unterstehen. Die Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung nehmen Bera­
- 34 -
•
tungs- und Kontrollaufgaben als Träger öffentlicher Belange in der Landwirtschaft wahr
und sind die bearbeitende Stelle für Förderanträge;
der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) mit Sitz in Bernburg. Sie ist
2001 aus der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA),
dem Landespflanzenschutzamt, drei Lehr- und Versuchsanstalten und der Landes­
fachschule hervorgegangen.
Berufsbildung
Die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) übernimmt als zentralen Dienst
die berufliche Bildung für das Landwirtschaftsministerium und führt Maßnahmen der über­
betrieblichen Ausbildung, der Fort- und Weiterbildung durch (Landesportal Sachsen-Anhalt
2005, LLG 2005).
Aus- und Fortbildung von Beratern
Die LLG richtet sich mit einem umfassenden Angebot an Weiterbildungsveranstaltungen
sowohl an Berater als auch an Landwirte (LLG 2005b).
Fortbildungen für die Berater sind Teil ihrer Anerkennung. Auch mit der derzeit herunterge­
fahrenen Förderung der Beratung bei anerkannten Unternehmen sind die Berater an der
Anerkennung, als einer Art Qualitätssiegel, interessiert (RUTHS 2005).
Entwicklungstrends
Derzeit offen ist, inwieweit seitens des Landes Beratungsleistungen weiterhin bzw. in Zu­
kunft wieder vermehrt gefördert werden können. Mit Wegfall der betriebsbegleitenden Be­
ratung lässt sich eine gesunkene Inanspruchnahme von Beratung beobachten (RUTHS
2005). In aller Regel sind hiervon gerade Betriebe mit einem größeren Beratungsbedarf
stärker betroffen als solche, die Beratung als Produktionsfaktor mit einplanen und die
Kosten dafür tragen (können).
- 35 ­
Thüringen
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
Offizialberatung an den Ämtern
für Landwirtschaft in Teilberei­
chen
•
privatwirtschaftliche Beratung
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
1998 wurde die produktionstechnische und betriebswirtschaftliche Beratung in Thüringen
privatisiert (vgl. ZOPF 1998, IV-1). Dazu gründeten sich Beratungsunternehmen unter­
schiedlicher Rechtsform. Ein Beispiel: Die Thüringer Beratungsgesellschaft für Landwirt­
schaft, Gartenbau und Ländlichen Raum mbH wurde im Herbst 1997 als Tochter der Be­
rufsverbände gegründet (SCHMIDT 2004). In den ersten Jahren wurde die neu gegründete
Gesellschaft mit – allerdings abnehmenden – Anteilen an den Personalkosten gefördert,
2001 und 2002 indirekt über Beratungszuschüsse an die Landwirte.
Seit 2003 müssen jedoch die privaten Beratungsunternehmen komplett ohne öffentliche
Zuwendungen für Beratung wirtschaften. Die Förderung der Beratungsunternehmen war
daran geknüpft, dass die Unternehmen vom Landwirtschaftsministerium anerkannt sind.
Bedingung hierfür war die Teilnahme an Fortbildungen und die Bereitstellung eines jährli­
chen Beratungsberichtes an das Ministerium. Die Liste der anerkannten Berater und
Sachverständigen veröffentlicht das Ministerium (TMLNU 2005a).
Die bis dahin kostenlose Offizialberatung wurde auf die unmittelbar zu den Hoheitsaufga­
ben gehörenden Bereiche beschränkt und stark reduziert. Ansprechpartner dafür befinden
sich an den elf Landwirtschaftsämtern, die als Teil der Agrarverwaltung für die Umsetzung
der agrar- und förderpolitischen Regelungen zuständig sind (vgl. Landwirtschaftsamt
Rudolstadt 2005). Außer der Information oder Beratung zu Förderprogrammen und Richtli­
nien werden die staatlich finanzierten Beratungsleistungen vor allem zur Sozio-Ökonomie,
zum Pflanzenschutz, zu nachwachsenden Rohstoffen, zu Umwelt und Tiergesundheit an­
geboten. Die Kapazitäten sind jedoch beschränkt und bei Fragen zu betriebswirtschaftli­
chen oder verfahrenstechnischen Problemen müssen sich Landwirte an private Berater
wenden (HEINRICH 2004).
Ringberatung findet vor allem im Bereich der Tierzucht und -haltung statt. Die Beratung
z. B. der Schweine- und Rindermäster oder der Milchproduzenten steht in Zusammenhang
mit Qualitätskontrollen, Zuchtprogrammen oder der Einführung von Qualitätsmanagement­
systemen (vgl. TVL 2005).
- 36 -
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt unterstehen die
Landwirtschaftsämter, drei Landesanstalten und weitere Behörden (TMLNU 2005b).
Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) liefert Grundlagen für die landwirt­
schaftliche Bewirtschaftung und die Beratung und übernimmt Berichts-, Kontroll- und
Überwachungsaufgaben (vgl. TLL 2005). Mitarbeiter der TLL werden als Experten zu Vor­
tragsveranstaltungen der Landwirtschaftsämter eingeladen.
Das Thüringer Landesverwaltungsamt ist zentrale Mittelbehörde des Freistaates und bün­
delt und koordiniert eine Vielzahl staatlicher Vollzugsaufgaben, die mehrere Verwaltungs­
bereiche berühren. Dazu gehören Aufgaben in der landwirtschaftlichen Bildung und die
Durchführung von Fördermaßnahmen (vgl. TLVwA 2005).
Das staatliche Bildungsseminar für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt in Guth­
mannshausen ist zentrale Fortbildungseinrichtung für die Bediensteten des Ministeriums
und der nachgelagerten Behörden.
Berufsbildung
Das Referat für Bildung und Beratung in der Agrar- und Hauswirtschaft des Thüringer
Landesverwaltungsamts nimmt Aufgaben der Aus- und Fortbildung der Landwirte wahr.
Hierunter fällt neben der Aufgabe als „zuständige Stelle“ nach BBiG auch die Aufsicht und
Betreuung der Bildungseinrichtungen. Außer der Fachschule in Stadtroda, an der ein- und
zweijährige Fachschulprogramme angeboten werden, existieren noch fünf weitere einjäh­
rige Fachschulen, die den Landwirtschaftsämtern angegliedert sind (FLEISCHHACK 2005).
Weiterbildungsveranstaltungen für Landwirte finden ebenfalls an den Landwirtschaftsäm­
tern statt.
Die überbetriebliche Ausbildungsstätte für Landwirtschaft und Hauswirtschaft ist in
Schwerstedt, für Gartenbau an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Erfurt.
Aus- und Fortbildung von Beratern
In den Aufgabenbereich des Thüringer Landesverwaltungsamts fällt die Ausbildung von
Beamten und Referendaren. Mit der Privatisierung der landwirtschaftlichen Beratung ist al­
lerdings die Einsatzmöglichkeit der ausgebildeten Anwärter als landwirtschaftliche Berater
kaum noch gegeben (FLEISCHHACK 2005).
Die Weiterbildung der landwirtschaftlichen Beratungskräfte wird als staatliche Aufgabe
verstanden. Für die privatwirtschaftlich organisierten Berater bietet das Landwirtschafts­
ministerium Fortbildungen am Staatlichen Bildungsseminar in Guthmannshausen an. Kurs­
gebühren werden keine erhoben (EICHLER 2005).
Entwicklungstrends
Derzeit in der Abstimmung befindet sich die Wiederaufnahme des Anerkennungsverfah­
rens für die Berater und eine neue Förderrichtlinie für Beratung. Fördergegenstand wäre
die Beratung zu Systemen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross Complian­
ce) (EICHLER 2005).
- 37 ­
3.1.3
Die süddeutschen Länder und Sachsen
Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen bieten staatliche Offizialberatung an, ausgeübt
an Stellen, die innerhalb der Behördenstruktur des Landes verankert sind und dem Land­
wirtschaftsministerium unterstehen. Kennzeichnend für diesen Typus ist, dass an den zu­
ständigen Behörden oder Ämtern nicht nur die Information und Beratung im Zusammen­
hang mit Hoheitsaufgaben, sondern auch kostenlose Fachberatung geleistet wird. Die
Fachschulen für Landwirtschaft sind in aller Regel angegliedert, um Synergieeffekte durch
den Einblick der Berater in die landwirtschaftliche Praxis zu nutzen. Die Ämter oder Be­
hörden übernehmen so Funktionen für Verwaltung, Kontrolle, Bildung und Beratung.
In Rheinland-Pfalz wurden die Stellen an staatlichen Behörden gekürzt und Beratungsauf­
gaben an die Landwirtschaftskammer abgegeben. Hessen verfügt zwar nicht über eine
Landwirtschaftskammer, hat aber 2001 eine Institution mit berufsständischer Vertretung
gegründet, so dass hier Parallelen zu einer Kammer bestehen. In beiden Ländern wird Be­
ratung aber noch durch staatliche Behörden angeboten.
- 38 -
Baden-Württemberg
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
kostenlose staatliche Offizialbera­
tung an den 35 Unteren Landwirt­
schaftsbehörden
•
privat
50 Landwirtschaftliche Beratungs­
dienste (50 % der Kosten von der
öffentlichen Hand)
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Baden-Württemberg verfügt über eine staatliche landwirtschaftliche Offizialberatung mit
einem dreigliedrigen Aufbau vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum (MLR),
über die vier Regierungspräsidien zu den 35 Unteren Landwirtschaftsbehörden. Die Unte­
ren Landwirtschaftsbehörden wurden mit Beginn 2005 bei den Landratsämtern eingeglie­
dert und sind für die Durchführung öffentlicher Aufgaben in der Landwirtschaft zuständig.
Das sind Verwaltungsaufgaben z. B. bei der Antragsbearbeitung und -bewilligung, aber
auch für die Durchführung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen und die Beratung der
Landwirte.
Ziel der landwirtschaftlichen Offizialberatung ist es, die landwirtschaftlichen Familienbe­
triebe bei der Erfüllung ihrer Leistungen in der Erzeugung von hochwertigen Nahrungsmit­
teln und dem Erhalt der natürlichen Produktionsgrundlagen zu unterstützen (vgl. MLR
2005a). Daraus begründet sich die kostenlose Beratung an den Landwirtschaftsbehörden.
Ebenfalls kostenlose Beratung sollen Landwirte in sozialen Fragen, z. B. bei der Hofüber­
gabe, erhalten. Dazu fördert das Land anerkannte übergebietliche Einrichtungen (z. B. des
Bauernverbandes). Spezielle Angebote in der Landwirtschaftlichen Familienberatung bie­
ten kirchliche Träger an.
Die Beratungsdienste sind mit Beratungsringen vergleichbar und wurden 1989 zusätzlich
zur Offizialberatung eingerichtet. Die Landwirte, die sich als Mitglieder an den Kosten
beteiligen, können intensive Beratung – zumeist in produktionstechnischen Schwerpunk­
ten wie Milchviehhaltung oder Sonderkulturen, aber auch im Ökologischen Landbau und in
der Vermarktung in Anspruch nehmen. Zurzeit arbeiten 50 Beratungsdienste mit 98 Bera­
tungskräften (PFLUGFELDER 2005). Sie haben ihren Geschäftssitz an einem der Landwirt­
schaftsämter, den Unteren Landwirtschaftsbehörden. Die Beratungsdienste werden bis zu
50 % aus öffentlicher Hand getragen; vorausgesetzt, sie erfüllen die Förderkriterien
(Deckelung des Zuschusses auf max. 28.200 Euro pro Beratungskraft und Jahr) (vgl. MLR
2005c).
- 39 ­
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum nachgeordnet sind:
•
•
die Fachabteilungen der Regierungspräsidien und Unteren Landwirtschaftsbehörden
sowie vier Staatliche Lehr- und Versuchsanstalten, vier Landesanstalten und weitere
Institute. Sie stellen den Unteren Landwirtschaftsbehörden zahlreiche Informationen
und Arbeitsunterlagen zur Verfügung.
Berufsbildung
Die Unteren Landwirtschaftsbehörden sind die Ansprechpartner für Aus-, Fort- und Wei­
terbildung der Landwirte und führen entsprechende Veranstaltungen und Lehrgänge
durch. Einigen Ämtern ist eine Fachschule für Landwirtschaft bzw. Technikerschule ange­
gliedert.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Für die Berateraus- und Fortbildung in Baden-Württemberg ist die Landesanstalt für Ent­
wicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume zuständig. „Vorrangige Aufgabe ist
es, die Unteren Landwirtschaftsbehörden bei ihrer Tätigkeit in den Bereichen Bildung, Be­
ratung und Verwaltung landesweit zu unterstützen und ihnen ein rationelles und effizientes
Arbeiten zu ermöglichen“ (MLR 2005d). Neben der Herausgabe der Zeitschrift „Landinfo“
führt die LEL den Infodienst Landwirtschaft Baden-Württemberg.
Entwicklungstrends
Die Zusammenlegung von Dienststellen auf Landkreisebene hatte in der Vergangenheit
eine Reduzierung der Anzahl der Landwirtschaftsämter (Ämter für Landwirtschaft, Land­
schafts- und Bodenkultur) auf 35 Ämter zur Folge. Im Zuge der umfassenden Reform der
Landesverwaltung, die ab 01.01.2005 in Kraft getreten ist, wurden nun die ehemaligen
Landwirtschaftsämter als Untere Landwirtschaftsbehörden bei den Landratsämtern der je­
weiligen Landkreise eingegliedert. Damit verbunden sind Umstellungen wie der Umzug
von Ämtern, Umbenennungen und Neustrukturierungen von Aufgabenbereichen.
Der Stellenabbau im Zuge der Verwaltungsreform betrifft auch die Unteren Landwirt­
schaftsbehörden und damit die Kapazität an Beratern. Bereits eingesetzt hat eine Kon­
zentration von Beratungsaufgaben, so dass Landwirte jetzt und in Zukunft vermehrt größe­
re Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen, um Spezialberater in Anspruch zu nehmen. Die
Übertragung von übergebietlichen Beratungsaufgaben auf ein Regierungspräsidium, falls
erforderlich, ist dabei explizit in der Verwaltungsreform enthalten.
Bei der geforderten „20 Prozent Effizienzrendite“ werden zunehmende Konsequenzen für
die produktionstechnische Beratung, insbesondere für die Vor-Ort-Beratung, befürchtet
(BWagrar 2005). Beratung im gesellschaftlichen Interesse (Bsp. Düngeberatung, Wasser­
schutzberatung u. ä.) wird aber auch weiterhin von den Unteren Landwirtschaftsbehörden
geleistet werden. Gleichzeitig hat bereits eine Ausweitung und Stärkung der Beratungs­
dienste, die insbesondere auch produktionstechnische Beratung leisten, begonnen
(PFLUGFELDER 2005).
- 40 -
Bayern
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
kostenlose staatliche Offizialbera­
tung an den 47 Landwirtschafts­
ämtern und Dienststellen
•
privat
Ringberatung im Gartenbau und
im Ökolandbau mit 50 % Bezu­
schussung der Personal- und
Sachkosten
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
In Bayern erhalten die Landwirte kostenlose Offizialberatung an den Landwirtschaftsäm­
tern. In den sieben Regierungsbezirken sind es 47 Ämter mit derzeit 79 Dienststellen. Im
Zuge der anstehenden Reform „Verwaltung 21“ kommen allerdings Veränderungen auf
die Landwirtschaftsverwaltung zu, insbesondere die Bündelung der landwirtschaftlichen
und forstwirtschaftlichen Stellen zu 47 gemeinsamen Ämtern mit mittelfristig 70 Standor­
ten. Durch die Auflösung der Landwirtschaftsabteilungen bei den Regierungen wird die
Landwirtschaftsverwaltung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und
Forsten an der Spitze außerdem zweistufig statt bisher dreistufig aufgebaut sein (Bayeri­
sche Staatsregierung 2004).
Bildung und Beratung wird als eine der Schwerpunktaufgaben an den Landwirtschaftsäm­
tern aufgeführt und umfasst (StMLF 2005):
•
•
•
•
•
gesamtbetriebliche Beratung landwirtschaftlicher Unternehmen (Markt, Ökonomik, Un­
ternehmensführung, umwelt- und tiergerechte Produktionstechnik),
Vollzug von Angelegenheiten der Berufsbildung in der Landwirtschaft,
Unterricht an der Landwirtschaftsschule, berufliche Erwachsenenbildung einschließlich
des Bildungsprogramms Landwirtschaft,
Durchführung von Zuchtprogrammen und Zuchtberatung,
Beratung und Vollzug zu Bodenschutz, Landschaftspflege und Agrarökologie, zum
Pflanzenbau, Pflanzenschutz und zum Versuchswesen.
Die Abteilungen der Ämter in Bayern sind dabei so eingerichtet, dass Fördervollzugsauf­
gaben [Abteilung 1], landwirtschaftliche Beratung [Abteilung 2] und Strukturentwicklung
[Abteilung 3] organisatorisch und personell getrennt sind (vgl. auch LUGER 1994,190).
Die Leistung einer am Gemeinwohl orientierten Beratung und die Aufrechterhaltung von
Kernkompetenzen in der Breite der landwirtschaftlichen Bereiche werden u. a. auch darin
begründet, die Einheit von Schule und Beratung mit dem engen Kontakt der Lehrer zur
Praxis zu erhalten (LUGER 2005).
- 41 ­
Beratungsringe haben sich in Bayern für die Anbauberatung im Gartenbau und im Öko­
landbau etabliert, die mit 50 % der Kosten vom Land bezuschusst werden. Ebenfalls ge­
fördert werden die Selbsthilfeeinrichtung der Landwirte – das Landeskuratorium der Er­
zeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV), in dem 35 Erzeugerringe zu­
sammengeschlossen sind und das Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern
e.V. (LKP), in dem sich Erzeugerringe des ökologischen Landbaus zusammengeschlossen
haben (vgl. LKV 2005, LKP 2005). Diese übernehmen Kontrollaufgaben und Beratung für
ihre Mitglieder.
Wie in Baden-Württemberg wurde eine bäuerliche Familienberatung etabliert, die von
kirchlichen Trägern in haupt- und ehrenamtlicher Arbeit geleistet wird.
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Hinsichtlich des organisatorischen Aufbaus in Bayern sind außerdem zu nennen:
•
•
•
die Landwirtschaftsschulen, über die derzeit noch die meisten Landwirtschaftsämter
verfügen, wobei auch hier eine Reduktion der Standorte geplant ist;
die Landesanstalt für Landwirtschaft mit ihren Instituten zur Versorgung mit Fachinfor­
mationen, die überbetriebliche Ausbildung und besondere Aufgaben im Fördervollzug
(LfL 2005);
die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als zent­
rale Aus- und Fortbildungseinrichtung für die Mitarbeiter der Landwirtschaftsverwaltung
(FÜAK 2005).
Berufsbildung
Unterricht an der Landwirtschaftsschule, berufliche Erwachsenenbildung einschließlich des
Bildungsprogramms Landwirtschaft finden an den Standorten der Landwirtschaftsämter
statt.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Zentrale Einrichtung für die Qualifizierung der Berater ist die Staatliche Führungsakademie
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Landshut (s. o.).
Entwicklungstrends
Die Umsetzung der „Verwaltung 21“ steht noch an. Bereits in der Vergangenheit wurden
Standorte reduziert und die Zahl der Landwirtschaftsämter von 68 auf 47 reduziert. Die
Zusammenlegung mit den bisher 127 forstwirtschaftlichen Dienststellen und der schrittwei­
se geplante Stellenabbau bedeutet eine weitere Konzentration. Ziel ist es, schlagkräftige,
kompetente Ämter mit angemessener Präsenz zu bilden, mit denen trotz der Verringerung
der Standorte eine flächenhafte, kostenlose Beratung realisiert werden soll.
Um ein umfassendes Beratungsangebot aufrechtzuerhalten, wird außerdem der Aufbau
eines Verbundberatungssystems verfolgt, in dem die staatliche Offizialberatung mit ande­
ren Beratungsanbietern, u. a. den Landeskuratorien, kooperiert (LUGER 2005).
- 42 -
Sachsen
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
kostenlose staatliche Offizialbera­
tung an 11 Staatlichen Ämtern für
Landwirtschaft (und Gartenbau)
•
•
private Investitionsberatung
Ernährungsberatung (ausgenom­
men Erzeuger-VerbraucherDialog)
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
In Sachsen erhalten die Landwirte kostenlose Bildungs- und Beratungsangebote von dem
für ihre Region zuständigen Amt für Landwirtschaft (SMUL 2005). Die elf Ämter und drei
Außenstellen sind Untere Behörden im Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministe­
riums für Umwelt und Landwirtschaft.
Als Mittlere Behörde verfügt außerdem das Regierungspräsidium in Chemnitz über eine
Abteilung Landwirtschaft, die für ganz Sachsen zuständig ist. Sie bietet in Ergänzung zu
dem Spektrum der Ämter für existenzgefährdete Betriebe in der Landwirtschaft und im
Gartenbau Beratung zur Einkommens- und Vermögenssicherung (RP Chemnitz 2004).
Das kostenlose Beratungsangebot der Landwirtschaftsämter umfasst produktionstechni­
sche, sozio-ökonomische, betriebswirtschaftliche, bautechnische und Bildungsfragen. Die
Investitionsberatung sowie die Ernährungsberatung (ausgenommen der Erzeuger-Ver­
braucher-Dialog) wurden ab 2004 privaten Beratungsdienstleistern überlassen. Die staatli­
che Landwirtschafts- und Gartenbauberatung wird sowohl im Rahmen der Einzel- als auch
Gruppenberatung tätig. Letztere Beratungsform soll tendenziell verstärkt werden, um die
Effizienz in der Beratungsarbeit zu erhöhen. Bewährt hat sich dabei vor allem die Beratung
in Form von betriebszweigorientierten Arbeitskreisen (FICHTNER 2005).
Berufsbildung
Die Landwirtschaftsämter nehmen außerdem Aufgaben im Bereich der beruflichen Aus-,
Fort- und Weiterbildung von Landwirten wahr. Sechs der elf Ämter sind Fachschulen für
Landwirtschaft angegliedert. Dem AfL Freiberg-Zug ist die Lehranstalt für die Bereiche
Land- und Hauswirtschaft (inkl. Fachschule für Landwirtschaft) zugeordnet. Zudem wird an
den Fachschulstandorten die Meisterausbildung durchgeführt.
Die Organisation der Bildungsarbeit ist so gestaltet, dass dem Grundprinzip der Einheit
von Lehre und Beratung Rechnung getragen wird, so dass ein größtmöglicher Praxis- und
Regionalbezug im Unterricht gewährleistet wird.
- 43 ­
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Weitere Behörden innerhalb der Agrarverwaltung in Sachsen mit Bezug zur landwirtschaftlichen Bildung und Beratung sind:
•
die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft mit ihren verschiedenen Fachberei­
chen, dem Lehr- und Versuchsgut sowie den Fachschulen im Bereich Gartenbau. Die
Landesanstalt ist der zentrale Vorleistungsbereich sowohl für das SMUL als auch für
die Landwirtschaftsämter. Zu den Aufgabenschwerpunkten gehören neben anderen
das Angebot an Fachinformationen, die angewandte Forschung, die überbetriebliche
Ausbildung sowie Vollzugsaufgaben bei Förder- und Kontrollmaßnahmen (LfL 2005);
•
die Staatliche Fortbildungsstätte für Umwelt, Landwirtschaft, Ländlicher Raum und
Forst Reinhardtsgrimma für die zentrale Organisation und Durchführung der Weiterbil­
dungsmaßnahmen der Bediensteten im Bereich der Agrar-, Umwelt- und Forstverwal­
tung des Freistaates Sachsen (StFR 2005).
Aus- und Fortbildung von Beratern
Der Freistaat Sachsen bildet entsprechend dem Bedarf Referendare und Anwärter auf der
Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern aus, welcher die
Ausbildung auch durchführt (FICHTNER 2005). Die berufsbegleitende fachliche Weiterbil­
dung findet an der Staatlichen Fortbildungsstätte Reinhardtsgrimma statt (s. o.).
Entwicklungstrends
Die Zahl der Landwirtschaftsämter wurde von ursprünglich 14 auf 11 reduziert. Die weite­
ren Maßnahmen im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung sehen bis zum Jahr 2008 ei­
ne deutliche Reduzierung des Personalbestandes an den AfL vor. Zwangsläufig ist damit
eine Anpassung bzw. Priorisierung der Aufgaben, insbesondere auf dem Gebiet der Bera­
tung verbunden. Künftig wird sich die Beratungstätigkeit auf Kernbereiche konzentrieren,
wie z. B. Fachaufgaben im Zusammenhang mit Fachrecht, Förderung und Bildung.
Alternative Formen der Organisation und Finanzierung der Beratung werden zurzeit durch
das SMUL nicht thematisiert (FICHTNER 2005).
- 44 -
Rheinland-Pfalz
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
•
Durchführung
Versuchswesen und Fachberatung
durch sechs Dienstleistungszentren
ländlicher Raum (DLR)
•
privat
Beratungsringe (50 % Landeszu­
schüsse zu Personalkosten)
gebührenpflichtige Unternehmens­
beratung durch die Landwirtschafts­
kammer Rheinland-Pfalz
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz bietet neben der Ausbildungsberatung ge­
bührenpflichtige Betriebsberatung, insbesondere in den Bereichen Bauen, Tierzucht und
Grünland, an. Ein Gebührenkatalog gibt Auskunft über die einzelnen Leistungen (LWK
Rheinland-Pfalz 2005a). Im Zuge der Agrarverwaltungsreform wurde der Kammer vom
Land die landwirtschaftliche Unternehmens-, Investitions- und Förderberatung übertragen
(LWK Rheinland-Pfalz 2005b). Der Aufwand für hoheitliche Aufgaben wird der Landwirt­
schaftskammer vom Land erstattet (LWK Rheinland-Pfalz 2005c).
Zum Angebot der Landwirtschaftskammer mit ihren sieben Dienststellen gehören Veröf­
fentlichungen (Internet, Fachartikel) und Veranstaltungen.
Bis zur Umsetzung der Agrarverwaltungsreform 2003 hatten die Staatlichen Lehr- und
Versuchsanstalten kostenlose Offizialberatung geleistet. Die Dienstleistungszentren für
den ländlichen Raum (DLR) sind Ergebnis der Agrarreform. Sie sollen die Einheit von
Schule, Beratung und Versuchswesen erhalten, führen Praxisversuche durch, übernehmen
den Pflanzenschutzdienst, koordinieren oder übernehmen Beratung und geben Hand­
lungsempfehlungen für Landwirte, Gärtner und Winzer (DLR Eifel 2005, DLR RheinlandPfalz 2005).
Das Land konzentriert sich daher nach der Reform auf Schule, Agrarförderung, Bodenord­
nung und Versuchswesen. Die mit dem Versuchswesen eng verbundene Produktionsbera­
tung und die Ernährungsberatung gehören ebenfalls zu den Aufgabenbereichen, die von
den 6 Dienstleistungszentren (DLR) bearbeitet werden. Jedes der 6 DLR hat neben regio­
nalen Aufgaben auch landesweite Kompetenzen. So z. B. Gartenbau in Neustadt, Pflan­
zenschutz und Ökolandbau in Bad Kreuznach, Weinmarketing in Oppenheim, Agrarförde­
rung in Bernkastel-Kues, Ernährungsberatung in Montabaur, Tierhaltung in Bitburg und
Münchweiler.
Zu nennen sind außerdem die Beratungsringe, die über die Dienstleistungszentren in das
Beratungssystem eingebunden sind und die ihren Sitz vielfach an den DLR haben. Auf die
enge Verzahnung und Informationsweitergabe wird seitens des Landes Wert gelegt, das
- 45 ­
Beratungsringe seit 1990 mit 50 % der Personalkosten unterstützt, um das Angebot neben
der staatlichen Offizialberatung zu erweitern (vgl. CASPARY 2001). Vor allem in den Berei­
chen Milchvieh, Weinbau und Gartenbau sind Beratungsringe nachgefragt. In 2005 war die
Zahl der geförderten Beratungsringe auf 23 mit 4.676 Mitgliedsbetrieben und 32 Bera­
tungskräften gestiegen (CASPARY 2005).
Sozio-ökonomische Beratung bieten die Bauernverbände an (LWK Rheinland-Pfalz 2005d).
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Teil der Agrarverwaltungsreform 2003 war die Auflösung einer Reihe von Stellen, wie z. B.
der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalten und der Kulturämter, sowie die Bündelung
von Aufgaben an wenigeren Standorten (MWVLW 2003). Aus der Umstrukturierung her­
vorgegangen und für die Agrarverwaltung und das Förderwesen zuständig sind (LWK
Rheinland-Pfalz 2005d):
•
die sechs Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) als untergeordnete Behörden
des Ministeriums für Wirtschaft Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz;
•
die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier als obere Landesbehörde;
•
die Kreisverwaltungen als Stellen für eine Reihe von Anträgen (Tierprämien, Flächen­
prämien u. a.) (Verwaltungsportal Rheinland-Pfalz 2005).
Im Bereich der Forschung wurde im Januar 2005 die „RLP-AgroScience GmbH“ in Neu­
stadt a. W. gegründet und dazu das Centrum Grüne Gentechnik (CGG) und der Fachbe­
reich Ökologie des DLR Rheinpfalz zusammengeführt.
Berufsbildung
Ansprechpartner sind hier die DLR, an denen sich nicht nur die Fachschulen befinden,
sondern bei denen auch die landwirtschaftlichen Berufsschulen angesiedelt sind.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Beratungs- und Lehrkräfte werden in einem Referendariat vom Land Rheinland-Pfalz aus­
gebildet. Die Ringberater müssen eine geeignete Qualifizierung nachweisen und sind ver­
pflichtet, sich eigenständig fortzubilden. Ein (kostenloses) Fortbildungsangebot für die
Ringberater gibt es allerdings nicht mehr.
Entwicklungstrends
Der Reformprozess der Agrarverwaltung ist bis auf das Jahr 2015 angelegt und soll weite­
re Einsparungen im Personalwesen erbringen. Von der Zielgröße von 874 Beschäftigten
an den DLR wird ca. die Hälfte im Bereich der Bodenordnung arbeiten und die andere
Hälfte mit Funktionen für Schule, Versuchswesen, Beratung und Agrarverwaltung betraut
sein (CASPARY 2005).
- 46 -
Hessen
Finanzierung
öffentlich
privat
öffentlich
•
Durchführung
privat
Landesbetrieb Landwirtschaft Hes­
sen (LLH), (ehemals Hessisches
Dienstleistungszentrum für Land­
wirtschaft, Gartenbau und Natur­
schutz (HDLGN)
Landwirtschaftliche Beratungsstellen
Für die fachbezogene Information und Beratung in Gartenbau und Landwirtschaft wurde in
2005 der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) als landeseigene Institution mit
Zentrale in Kassel eingerichtet. Für die Regelungen der Betriebssatzung ist das Hessische
Landwirtschaftsministerium zuständig (Hessischer Landtag 2004, 23). Der Betrieb ist aus
dem Hessischen Dienstleistungszentrum für Landwirtschaft, Gartenbau und Naturschutz
(HDLGN) hervorgegangen. Ähnlich einer Landwirtschaftskammer wurde dem HDLGN ein
Kuratorium für das Beratungswesen mit berufsständischer Vertretung zur Seite gestellt
(vgl. SANDHÄGER 2001, NISCHWITZ 2001). Das Beratungskuratorium bestimmt Ziele und
Inhalte der Beratung mit, die Planung des Beratereinsatzes sowie die Beauftragung Dritter
zur Durchführung von Beratungsdienstleistungen (HMULV 2005a, HMULV 2004, 82). Ziel
der Kooperationsvereinbarungen mit anderen Beratungsanbietern (z. B. Interessens- oder
Erzeugerverbände) ist die Bündelung der Beratungsaktivitäten (HMULV 2004, 83).
2004 wurde die Beratung des HDLGN von ca. 65 landwirtschaftlichen und 25 gartenbauli­
chen Beratern durchgeführt (HMULV 2004, 82). Nach der Neuorganisation konzentriert
sich der Landesbetrieb Landwirtschaft auf die Bereiche Beratung, Bildung und Fachinfor­
mation für Landwirtschaft und Gartenbau, während weitere Aufgaben vom Landesbetrieb
Hessisches Landeslabor und vom Landesbetrieb Hessen-Forst übernommen werden (vgl.
LLH 2005a, Hessischer Landtag 2004).
Die Beratung landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Betriebe wird als landespolitische
Aufgabe verstanden und ist zu einem großen Teil kostenfrei. Kostenlose Beratung wird in
Bereichen des gesellschaftlichen Interesses, z. B. bei Sozio-Ökonomie, Umweltschutz o­
der Landespflege angeboten. Seit 1994 werden aber auch Gebühren erhoben. Inwieweit
Beratung gebührenpflichtig wird, entscheidet die Beratungskraft (vgl. HMULV 2005b). Da
sich der LLH auf Beratungsthemen mit öffentlichem Interesse konzentriert, findet dies
nur in geringem Umfang statt und betrifft v. a. die Beratung in Arbeitskreisen. Diese wird
von Landwirten, insbesondere im Milchviehbereich, nachgefragt (SANDHÄGER 2005).
Seit 1994 bietet die Familie & Betrieb – Ländliche Familienberatung (LFB) der Ev. Kirche seelsor­
gerische, psychosoziale Beratung für existenzgefährdete Betriebe an (HMULV 2004,83).
- 47 ­
Agrarverwaltung und sonstige Einrichtungen
Dem Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlicher Raum und Verbraucherschutz unter­
stehen außer dem Landesbetrieb Landwirtschaft (LLH):
•
•
•
•
•
die Abteilungen Ländlicher Raum, Naturschutz und Verbraucherschutz, angesiedelt bei
den Regierungspräsidien in Darmstadt, Gießen und Kassel;
die Ämter für den Ländlichen Raum, angesiedelt bei den Landratsämtern: Sie wurden
im Rahmen von Verwaltungsreformen und mit Gründung der HDLGN 2001 zuständig
für die hoheitlichen Aufgaben der EU-Förderung und des Kontrollwesens;
der Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, zu dem nach der Reform auch die Land­
wirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Kassel-Harleshausen gehört;
der Landesbetrieb Hessen-Forst in Gießen, dem die Aufgabe „Naturschutz“ neu über­
tragen wurde;
die hessischen Staatsdomänen als Beispiels- und Versuchsbetriebe unter der Fach­
aufsicht des Landwirtschaftsministeriums.
Berufsbildung
•
•
•
Der LLH ist die zuständige Stelle für die Überwachung der landwirtschaftlichen und
gartenbaulichen Berufsbildung und ist verantwortlich für die Prüfungen der Auszubil­
denden, Meisteranwärter, Inspektoranwärter und Referendare (2005c). Er organisiert
oder bietet überbetriebliche Lehrgänge und Weiterbildungsveranstaltungen an.
Die Fortbildung und die Vorbereitung auf die Meisterprüfung finden an vier Fachschu­
len und im Schulungsbetrieb Eichhof statt.
Landesverband Hessen für Landwirtschaftliche Fortbildung e.V. (VLF) mit Geschäfts­
stelle in Staufenberg und zahlreichen Mitgliedsvereinen in ganz Hessen.
Aus- und Fortbildung von Beratern
Das Land Hessen bildet, wenn auch reduziert, Referendare aus. Zuständig ist auch hier
der LLH. Das Bildungsseminar Rauischholzhausen wurde zu einer Außenstelle des Lan­
desbetriebs Landwirtschaft. Bereits seit 1949 finden dort Fortbildungen statt. Ziel des Bil­
dungsseminars ist die kontinuierliche Verbesserung der fachlichen, methodischen, sozia­
len und organisatorischen Kompetenz. Das Angebot richtet sich an Beratungskräfte, Ver­
waltungskräfte in der Agrarförderung und in den Abteilungen Ländlicher Raum, landwirt­
schaftliche Lehrkräfte und auch an ehrenamtliche Mitarbeiter von Fachverbänden (vgl.
LLH 2005b).
Entwicklungstrends
Die Umwandlung der HDLGN in den landeseigenen Betrieb Landesbetrieb Landwirtschaft
Hessen (LLH) ist als weiterer Schritt im Bemühen um mehr betriebswirtschaftliche Effi­
zienz und Transparenz zu sehen. So wurde die kameralistische Buchführung auf kauf­
männisches Rechnungswesen und Kosten-Leistungsrechnungen umgestellt (vgl. HMULV
2005b). Die Gründung des Dienstleistungszentrums und nun des Landesbetriebes bedeu­
tet aber nicht nur eine Konzentration der Aufgaben, sondern auch eine Abnahme der Flä­
chendeckung in der Beratung. Bedingt durch die aktuellen Umstrukturierungen soll sich die
Zahl der bisher im Dienstleistungszentrum beschäftigten 500 Mitarbeiter um 150 verrin­
gern (AgriManager 2005).
- 48 -
3.2
Zusammenfassung: landwirtschaftliches Beratungsangebot in Deutschland Bei dem Versuch, das aktuelle Bild der Beratungslandschaft in Deutschland zusammenzu­
fassen, lassen sich vor allem folgende Punkte hervorheben:
•
Konzentrationsprozesse und die Reduzierung von Beratungsstellen sind durchgehend
zu beobachten, insbesondere derzeit in Ländern mit staatlicher Offizialberatung oder
Landwirtschaftskammern;
•
bei den Ländern, die bereits drastische Einschnitte erfahren haben (bspw. SchleswigHolstein) oder bei denen sich Privatberatung als hauptsächliche Angebotsform etabliert
hat, scheinen die derzeitigen Beratungssysteme stabil;
•
dem Angebot an landwirtschaftlicher Beratung steht – potenziell – ein vielfacher Bera­
tungsbedarf gegenüber (vgl. Tabelle 4);
•
zum Teil wird von den Ländern über die Förderung von Beratungsringen versucht, ein
größeres Angebot an Beratung für Landwirte aufrechtzuerhalten (meist handelt es sich
um spezielle fachliche Beratung und Mitglieder mit gleichen Produktionszweigen);
•
es werden zunehmend Gebühren für Beratung verlangt;
•
der Anspruch einer kostenlosen Offizialberatung mit flächendeckendem Angebot ist
nur noch in Bayern vorhanden;
•
die Definition von Offizialberatung wird enger – insbesondere wenn es um Leistungen
geht, die Landwirte kostenlos oder sehr günstig in Anspruch nehmen können sollen.
Die Frage – was Beratung im öffentlichen Interesse ist und wie sie gefördert werden
sollte – scheint aktueller denn je.
Wie sich enger gefasste Beratungsaufträge inhaltlich auswirken, zeichnet sich zum Teil ab.
In Sachsen wird sich z. B. die Beratungstätigkeit der Ämter zukünftig auf Kernbereiche
konzentrieren, zu denen das Fachrecht, die Förderung und die Bildung gehören. In Nord­
rhein-Westfalen werden die Herausforderungen für die Beratung formuliert, die in engem
Zusammenhang mit dem Strukturwandel und Konzentration auf größere Produktionseinheiten in der Landwirtschaft stehen und in anderen Bundesländern vergleichbar sind (vgl.
Kap. 3.1). Allerdings konnte im Rahmen der vorliegenden Studie für keines der Bundes­
länder eine ausführliche Bedarfs- und Angebotsanalyse der Beratungsinhalte vorgenom­
men werden. Einzelne Fallbeispiele zeigen aber, dass es neben dem Spezialberatungsbe­
darf vor allem der wachsenden Betriebe auch einen anderen, zunehmenden Bedarf sol­
cher Betriebe mit integrierendem Modell aus Landwirtschaft und zusätzlicher Erwerbstätig­
keit gibt. Wie im Beispiel Berggebiete können diese Betriebe auch mittel- und langfristig
eine Rolle für die Multifunktionalität und den Erhalt von Landschaften spielen, benötigen
aber weitgehend kostenfreie landwirtschaftliche Beratung, die einem angepassten inhaltli­
chen und organisatorischen Leitbild, bspw. dem Modell „Beratungsteam Berggebiet“ folgt
(CURRLE 2005).
Die Heterogenität der landwirtschaftlichen Beratungsansätze in den Bundesländern wurde
bereits oben erwähnt und wird in der Kurzdarstellung der einzelnen Länder deutlich. Trotz­
dem sind es grobe Zusammenfassungen der Situation der landwirtschaftlichen Beratung.
- 49 ­
Zu einem besseren Verständnis der Situation gehören Faktoren wie die Agrarstruktur des
Landes, die Unterscheidung von Zielgruppen, die Ermittlung des Beratungsbedarfs der
Landwirte und die Arbeitsorganisation und -methodik der Beratungskräfte.
Außer der qualitativen Beschreibung von Beratung sind Aussagen über die vorhandene
Beratungskapazität von Interesse. Diese zu ermitteln ist allerdings selbst bei den in Kap.
3.1 dargestellten hauptsächlichen Beratungsanbietern nur eingeschränkt möglich. Neben
der Anzahl der Beratungskräfte wären Angaben über ihre Aufgabengebiete oder Speziali­
sierungen nötig und wie viel ihrer Arbeitszeit die Beratung einnimmt. Die Zusammenstel­
lung in Tabelle 4 darf deswegen nur als eine grobe Gegenüberstellung gesehen werden.
Die aufgeführten durchschnittlichen Betriebsgrößen und Anteile der Nebenerwerbsbetriebe
sind zwar keine ausreichende Beschreibung der Agrarstruktur, sie machen aber zumindest
auf Unterschiede aufmerksam, die sich auf die Abgrenzung von möglichen Zielgruppen
und Beratungsinhalten in den Ländern auswirken.
Nicht in der Tabelle aufgeführt sind die nachfolgend genannten Beratungsangebote. Sie
sind mit Ausnahme der Beratungsringe und der Privatberater, die vom Land eine Aner­
kennung beantragen, schwierig zu erfassen, spielen aber in allen Bundesländern eine Rol­
le und übernehmen zunehmend Beratungsaufgaben. Insbesondere sind zu nennen:
•
Beratung durch Bauernverbände zu Fragen in Versicherung und Rechtschutz. Die Ver­
bände übernehmen zum Teil auch sozio-ökonomische Beratung oder werden bei der
Information und Antragsstellung zu Cross Compliance aktiv. Durch ihre Organisation
sind die Verbände flächendeckend für die Mitglieder vertreten.
•
Beratung durch Firmen. Hier ist z. B. die Pflanzenschutzberatung zu nennen, die in
manchen Ländern v. a. bei der Zielgruppe der großen Ackerbaubetriebe intensiv und in
Arbeitskreisen von den Firmen angeboten wird.
•
Beratung durch Erzeuger- / Zucht- und Kontrollringe im Bereich der Tierhaltung. Außer
den Leistungsprüfungen und Kontrollen sind die Verbände vielfach für Zertifizierungen
und Vergabe von Qualitätszeichen verantwortlich. Sie bieten außerdem für die ent­
sprechenden Betriebszweige Beratung, bspw. in der Fütterung, an. Beispiele hierfür
sind das Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V.
oder der Thüringer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.V.
•
Beratung für ökologisch wirtschaftende Betriebe. Im ökologischen Landbau spielt die
Beratung in Anbau- und Erzeugerverbänden eine große Rolle. Darüber hinaus haben
sich Beratungsringe für ökologisch wirtschaftende Betriebe auch in den Bundesländern
verbreitet, in denen diese Beratungsform keine Tradition hat.
•
Familienberatung und Beratung bei existenzgefährdeten Betrieben wird in mehreren
Ländern aktiv durch kirchliche Träger angeboten (HOFFMANN, LULEY, SCHNEIDER et al.
2001).
•
Privatwirtschaftlich organisierte Beratung wird in unterschiedlichen Bereichen angebo­
ten: Betriebswirtschaft mit Betriebsanalyse, Betriebszweigauswertung und Betriebspla­
nung, Finanzierung und Fördermöglichkeiten, Produktionstechnik (z. B. im Pflanzen­
bau, Tierhaltung, Maschineneinsatz), Vermarktung und Qualitätsmanagement. Zum
Teil spezialisieren sich die Beratungsunternehmen, zum Teil bieten sie eine gesamtbe­
triebliche Beratung an.
- 50 -
25.100
Deutschland (gesamt)
Bundesländer neu
Thüringen
Sachsen
ca. 60 3 (anerk. Pri­
vatberater)
403.520
28.500
5.070
6.600
4.900
ca. 150 (anerk. Pri­
vatberater)
2
6.700
ca. 130 1 (anerk. Pri­
vatberater)
Brandenburg
Sachsen-Anhalt
5.230
1
ca. 120 (LMS)
375.020
800
130.600
Mecklenburg-Vorpommern
Bundesländer alt
Stadtstaaten
Bayern
23.000
ca. 430 (DLR,
Ringe), ? (LWK)
ca. 80 (LLH)
Hessen
51.300
Rheinland-Pfalz
ca. 300 (Kammer)
Nordrhein-Westfalen
59.800
65.750
ca. 600 (Kammer,
Beratungsringe)
Niedersachsen
18.670
Anzahl Betriebe
ab 2 ha LF
2003
Baden-Württemberg
ca. 110 (Kammer,
Beratungsringe)
Schleswig-Holstein
Beratungskräfte,
soweit erfassbar
95
198
156
140
235
198
260
31
16
25
30
22
29
30
42
51
Ø Betriebsgröße ha LF
2003
k.A.
58
k.A.
k.A.
44
k.A.
55
59
64
66
54
45
43
Anteil Nebenerwerb %
2003
2
Thüringer Ministerium für Naturschutz und Umwelt
2005 3TMNLU 2005a
Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft
2005
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 2005,
LLG 2005
Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und
Raumordnung 2005, 1TRÄGENAP 1994
Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Fors­
1
ten und Fischerei 2005, TRÄGENAP 1994
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Land­
wirtschaft Schleswig-Holstein 2005
Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft
und Forsten 2005
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz 2005
(Betriebe unter 2 ha herausgenommen)
MLR Baden-Württemberg 2005
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 2005
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
2005 (Betriebe unter 2 ha herausgenommen)
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Land­
wirtschaft Schleswig-Holstein 2005
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Land­
wirtschaft Schleswig-Holstein 2005
Quellen
Tabelle 4: Beratungskapazitäten und landwirtschaftliche Betriebe (2003)
Zahlen gerundet.
- 51 ­
Beratung ist kein geschützter Begriff, und es gibt keine Meldepflicht oder umfassende
Dachorganisation (bspw. die DLG) für Berater. Einen Überblick über Anzahl und Angebot
der privatwirtschaftlichen Beratung zu bekommen, ist daher kaum möglich. Von einer flä­
chendeckend gleichmäßigen Verteilung privatwirtschaftlicher Beratungsunternehmen kann
nicht ausgegangen werden, weil sich die Unternehmen in Abhängigkeit von ihren Ziel­
gruppen etablieren. Eine Rolle spielt dabei noch ihre Organisation, die entweder einen
zentralen Aufbau (ein Dienstsitz und u. U. weite Entfernungen zu den Landwirten) beinhal­
tet oder einen dezentrale Strukturierung mit Regionalbüros (TRÄGENAP 1994, 57).
Neben der Beratung sind weitere Dienstleistungen zu nennen, die von den Landwirten in
unterschiedlicher Weise in Anspruch genommen werden und von der Steuerberatung, ü­
ber Betriebszweigauswertung, Investitionsplanung, Gutachertätigkeiten bis hin zum Wet­
terdienst, Faxabruf zum Pflanzenschutz oder Nitratinformationsdienst reichen.
Je nach Regelung in den Bundesländern und bedingt durch den Inhalt vieler Förderpro­
gramme in der Landwirtschaft gibt es bei Beratung und Agrarverwaltung organisatori­
sche und inhaltliche Berührungspunkte. Bei einer engen Auslegung des Begriffs „Agrar­
verwaltung“ sind damit all diejenigen hoheitlichen Verwaltungs- und Förderaufgaben ge­
meint, die unmittelbar an die landwirtschaftliche Produktion gekoppelt sind. D. h. Aufga­
ben im Rahmen der Agrarmarktpolitik und der Agrarstruktur- und Agrarumweltpolitik wür­
den darunter fallen, wenn diese mit landwirtschaftlichen Unternehmen im Zusammenhang
stehen, nicht aber z. B. die Sortenanerkennung, Aufgaben im Bereich der landwirtschaftli­
chen Berufsbildung und der Beratung, des Verbraucherschutzes, der Agrarforschung und
der Entwicklung ländlicher Räume (MANN 2001). Die Definition spielt eine Rolle, wenn es
wie in der Arbeit von MANN um die Ermittlung der Effizienz der Verwaltung geht. Die Viel­
falt im organisatorischen Design in den Bundesländern fasst er wie folgt zusammen (MANN
2001):
•
•
•
•
•
•
In Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland
werden den Landwirtschaftskammern hoheitliche Verwaltungsaufgaben übertragen.
In Rheinland-Pfalz übernehmen Einrichtungen der Landkreise einige, in Brandenburg
alle regionalen Verwaltungsaufgaben im Agrarbereich, während diese Aufgaben in den
meisten Ländern von Ämtern wahrgenommen werden.
In einigen Bundesländern (z. B. Nordrhein-Westfalen) wurde das Landwirtschaftsres­
sort mit anderen Fachgebieten, meist Umwelt, zusammengefasst.
Zahlreiche Bundesländer haben Aufgaben der Agrarverwaltung an zentral tätige Lan­
desämter delegiert, die z. T. nur für den Agrarbereich zuständig sind (z. B. Landesamt
für Ernährung und Landwirtschaft Brandenburg), z. T. ein sehr viel breiteres Aufgaben­
spektrum haben (z. B. Landesverwaltungsamt Thüringen).
Auch Regierungspräsidien haben in einigen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg)
wichtige Aufgaben der Agrarverwaltung übernommen.
Die Ämter für Landwirtschaft sind in einigen Fällen für Landkreise zuständig (z. B. Bay­
ern), in anderen Ländern für ein sehr viel größeres Gebiet (z. B. Schleswig-Holstein).
Die angesprochene Effizienz ist für die „Kunden“ von Interesse, bspw. für die Zufriedenheit
mit der örtlichen und zeitlichen Erreichbarkeit oder der Dauer der Antragsbearbeitung, a­
ber auch beim Informations- und evtl. Beratungsbedarf, der z. B. unmittelbar mit der Bean­
tragung von Fördermaßnahmen im Zusammenhang steht.
- 52 -
In Bezug auf die landwirtschaftliche Beratung ist der Blick auf die Agrarverwaltung und
ihre Organisation von Bedeutung, weil bei Beratungsdiensten, die zugleich Stellen der Agrar­
verwaltung sind, Rollenkonflikte in der Beratungsarbeit (zwischen Beratung und Antrags­
bearbeitung oder Beratung und Kontrolle) entstehen können, die es zu vermeiden gilt.
Eine transparente Trennung ist Voraussetzung für das notwendige Vertrauensverhältnis in
der Beratung. Sie hat aber auch aus finanztechnischer Sicht an Bedeutung gewonnen, um
die Ansprüche in der Erfolgskontrolle und an Verwendungsnachweise von Haushaltsmit­
teln zu erfüllen. Aktuelles Beispiel sind die Klärungsprozesse bei den Kammern in Nieder­
sachsen und Nordrhein-Westfalen, die nun, zusätzlich zu ihren bisherigen Leistungen, ho­
heitliche Agrarverwaltungsaufgaben übernommen haben. Sind die Bereiche eng verknüpft,
wie im Modell der staatlichen Offizialberatung in Baden-Württemberg, wirken sich Verwal­
tungsreformen zur Kosteneinsparung unmittelbar auf die Beratung aus.
Kritikpunkte, die insbesondere HOFFMANN anführt, sind das öffentliche Dienst- und Haus­
haltsrecht, das für die Aufgaben der staatlichen Verwaltung geeignet ist, aber nicht für
Beratung als eine Dienstleistungsaufgabe, sowie die Wettbewerbsverzerrung, die durch
kostenlose staatliche und auch durch die Zwangsumlage der Kammer bereits teilfinanzier­
te Beratung entsteht (HOFFMANN 1996).
Die Aus- und Fortbildung der Beratungskräfte ist ein weiterer Punkt, der in der Be­
schreibung der Länder neben der Beratung und der Agrarverwaltung skizziert wurde und
der hier ebenfalls zusammengefasst werden soll.
Nur noch ein Teil der Länder verfügt über ein eigenes Seminar oder eine Akademie zur
Aus- und Fortbildung von Beratern. Zusammengefasst sind dies:
i. a. R. für Kammer- und Offizialberater
•
•
•
•
•
Fortbildungsangebote an den Landwirtschaftskammern Schleswig-Holstein, Niedersa­
chen und Nordrhein-Westfalen,
Bildungsseminar in Rauischholzhausen, Hessen (Aus- und Fortbildung),
Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der Ländlichen Räume (LEL)
Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg (Aus- und Fortbildung),
Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Landshut,
Bayern (Aus- und Fortbildung),
Staatliche Fortbildungsstätte Rheinhardtsgrimma, Sachsen;
und zur Fortbildung von Privatberatern
•
•
•
•
Brandenburgische Landwirtschaftsakademie (BLAk),
Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Bernburg, Sachsen-Anhalt,
Staatliches Bildungsseminar Guthmannshausen, Thüringen,
Fortbildungsangebote des Hauptverbands der landwirtschaftlichen Buchstellen und
Sachverständigen e. V. (HLBS) für seine Mitglieder.
Ein spezielles Angebot für die Ausbildung von Ringberatern besteht derzeit nur an der
Landwirtschaftskammer in Niedersachsen. Dieses und andere Angebote werden aber zu­
nehmend länderübergreifend genutzt.
- 53 ­
4
Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft für
die landwirtschaftliche Beratung
Die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ist Teil einer umfassenden Agrarreform. Wesentliche
Bestandteile, wie die Neuregelung der Prämienzahlungen sind bereits ab 1. Januar 2005
in Kraft getreten. Ab 2007 haben sich die Mitgliedstaaten auf das Angebot landwirtschaftli­
cher Beratung verpflichtet. Für die Gestaltung der landwirtschaftlichen Beratung werden
außer der EG-Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 die „Ausgestaltung des Europäischen
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) und der Rahmen­
plan der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“
in Deutschland wichtige Rahmenbedingungen sein. Die wichtigsten Inhalte dieser Regel­
werke werden daher in den folgenden Abschnitten zusammengefasst.
4.1
Cross Compliance – Rechtsgrundlagen
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003
Die im Juni 2003 von der EU beschlossene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und ih­
re Umsetzung in nationales Recht beinhalten wesentliche Änderungen für die Landwirte
und die landwirtschaftliche Förderpolitik in Deutschland. Zentrale Elemente sind:
•
die Entkoppelung der Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe von der Produk­
tion, mit einer weitgehenden Umstellung des Prämiensystems in Deutschland auf Flä­
chenprämien anstatt von Zahlungen für die Erzeugung bestimmter Produkte;
•
Cross Compliance, d. h. die Verknüpfung der Direktzahlungen an Kriterien des Umweltund Tierschutzes sowie der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit;
•
die Modulation, wodurch eingesparte Mittel durch Kürzungen bei den Direktzahlungen
zum Teil für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung stehen. Maßnah­
men, die innerhalb dieser 2. Säule der Agrarpolitik gefördert werden können, sind auch
die Inanspruchnahme und der Aufbau von Beratungssystemen.
Die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 beinhaltet die neuen EU-Regelungen für Direktzah­
lungen, schreibt die Cross-Compliance-Regelungen für die Landwirte fest und formuliert
Anforderungen an die landwirtschaftliche Betriebsberatung in den Mitgliedstaaten.
Von den Landwirten erfordert Cross Compliance die Einhaltung definierter EU-Verord­
nungen und Richtlinien bzw. deren Umsetzungen in Bundes- und Länderrecht. Die Ver­
bindlichkeit dieser Vorschriften in Bezug auf Cross Compliance erfolgt allerdings in drei
Schritten ab Januar 2005; mit einem Teil der Vorschriften und Ausweitungen ab Januar
2006 und 2007. Darüber hinaus beinhalten die Regelungen Mindestanforderungen zur Er­
haltung landwirtschaftlicher Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zu­
stand und Regelungen zur Erhaltung von Dauergrünland (vgl. Tabelle 5, Anhang).
- 54 -
Tabelle 5: Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 für die Landwirte
Titel II; Kapitel 1;
Artikel 3-5
Grundanforderungen an die Betriebsführung festgelegt durch Rechts­
vorschriften für Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze, Umwelt- und
Tierschutz in ihrer jeweiligen Fassung
Grundanforderungen an die Erhaltung der Flächen in gutem landwirt­
schaftlichem und ökologischem Zustand. Die Mitgliedstaaten legen dafür
die Mindestanforderungen auf nationaler und regionaler Ebene fest.
Anhang III
Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Artikel 3 und 4
Anhang IV
Erhaltung in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand
Hält ein Betriebsleiter die Verpflichtungen an die landwirtschaftliche Praxis auf seinen Flä­
chen nicht ein, drohen ihm Sanktionen in Form von Prämienkürzungen. Die Kontrolle der
Landwirte auf die Einhaltung der Auflagen konzentriert sich zu einem großen Teil auf die
Prüfung von Unterlagen sowie auf Buch- und Sichtprüfungen (BMVEL 2005, 86).
Entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 müssen die Mitgliedstaaten zur Erfül­
lung der Umwelt- und Qualitätsstandards ein umfassendes Beratungssystem für Haupter­
werbslandwirte sowie ein integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufbauen. Das be­
triebliche Beratungssystem bleibt bis 2006 fakultativ, ab 2007 müssen die Mitgliedstaaten
den Landwirten Beratung anbieten, die sie auf freiwilliger Basis in Anspruch nehmen kön­
nen. Die landwirtschaftliche Betriebsberatung kann von staatlichen wie privaten Bera­
tungsstellen übernommen werden (vgl. Tabelle 6). 2010 wird von der Kommission ein Be­
richt vorgelegt über die Anwendung der landwirtschaftlichen Beratung, auf Grundlage des­
sen der EU-Rat entscheiden wird, ob die Landwirte verpflichtet werden sollen, die Bera­
tungsdienste zu nutzen (vgl. Tabelle 6; EU 2003).
Tabelle 6: Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 für die Beratung
Titel I;
Abs. 8
(Gründe)
Um die Betriebsinhaber bei der Erfüllung der Standards einer modernen,
qualitätsbetonten Landwirtschaft zu unterstützen, müssen die Mitglied­
staaten ein umfassendes Beratungssystem für Haupterwerbsbetriebe
einführen. Das landw. Beratungssystem sollte den Betriebsinhabern die
Bewegung von Materialien und innerbetriebliche Prozesse im Zusam­
menhang mit dem Umweltschutz, der Lebensmittelsicherheit, der Tierge­
sundheit und dem Tierschutz bewusster machen, ohne ihre Verantwor­
tung und Pflichten zur Erfüllung dieser Standards einzuschränken.
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 13; Abs. 1
Mitgliedstaaten errichten System zur landwirtschaftlichen Betriebsbera­
tung bis zum 01.01.2007. Die Beratung kann von Behörden oder priva­
ten Stellen durchgeführt werden.
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 13; Abs. 2
Beratungstätigkeit umfasst mindestens die Grundanforderungen an die
Betriebsführung (Anhang III) und die Erhaltung der Flächen in gutem
landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand (Anhang IV).
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 14; Abs. 1
Die Teilnahme an der Betriebsberatung ist von Seiten der Betriebe freiwillig.
- 55 ­
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 14; Abs. 2
Vorrang bei der Beratung haben die Betriebe, die Direktzahlungen von
mehr als 15.000 € im Jahr bekommen.
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 15
Bei der Betriebsberatung erhaltene Informationen und Daten sind ver­
traulich zu behandeln. Ausnahme bilden festgestellte Unregelmäßigkei­
ten und Verstöße, bei denen eine behördliche Meldepflicht herrscht –
hier gilt die Meldepflicht auch für den Berater.
Titel II; Kapitel 3;
Artikel 16
Bis zum 31.12.2010 wird von der Kommission ein Bericht über die land­
wirtschaftliche Betriebsberatung vorgelegt, und ggf. werden Vorschläge
für eine verbindliche Regelung gemacht.
Aufgabe der Betriebsberatungsdienste ist laut EU-Pressemitteilung zur Agrarreform, dass
sie „ den Landwirten durch Beantwortung ihrer Fragen bewusst machen, wie Standards
und gute fachliche Praxis konkret im Produktionsprozess anzuwenden sind. Betriebsaudits
bestehen dabei in strukturierten regelmäßigen Bestandsaufnahmen und Prüfungen der
Materialbewegungen und Prozesse auf Betriebsebene, die für einen bestimmten Zielbe­
reich (Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz) als relevant eingestuft sind“ (EU 2003).
Verordnung (EG) Nr. 1783/2003
Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung bilden die 2. Säule der Agrarpolitik.
Sie wurde mit den 2003 getroffenen Beschlüssen finanziell gestärkt und um das Spektrum
an Maßnahmen, für die EU-Fördergelder zur Verfügung stehen, u. a. für die Inanspruch­
nahme und den Aufbau von Beratungsdiensten, erweitert. Danach können die Mitglied­
staaten den Landwirten Kosten für die Inanspruchnahme von Betriebsberatungsdiensten
bis zu einem Höchstsatz von 80 % und einer Obergrenze von 1.500 € erstatten. Dieser
Kostenbeitrag bezieht sich auf die oben genannten Betriebsaudits (EU 2003).
Die Verordnung (EG) Nr. 1783/2003 vom September 2003 enthält Änderungen über die
Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungsund Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL). In Bezug auf die Cross-ComplianceVerordnung beschreibt sie Fördermöglichkeiten für Landwirte für die Inanspruchnahme
von Betriebsberatungsdiensten (Tabelle 7).
Tabelle 7: Fakten der Verordnung (EG) Nr. 1783/2003 für die Förderung von Beratung
Artikel 21d
- 56 -
Beihilfe zu den Kosten für Beratung, die der Einhaltung von und Anpas­
sung an anspruchsvolle Normen (CC) dient, und die erforderlichenfalls
Verbesserungen vorschlägt. Beihilfe mit max. 80 % der Kosten und bis
zu einem Höchstbetrag gemäß Anhang (1.500 Euro).
Förderung der Entwicklung des Ländlichen Raums – ELER
Um die 2. Säule der EU-Agrarpolitik zu stärken, soll ein neuer, eigener Fond gegründet
werden, der die bisher aus dem EAGFL finanzierten Maßnahmen zusammenführt. Die Eu­
ropäische Kommission hat dazu einen Vorschlag für eine Verordnung zur Förderung der
Entwicklung des ländlichen Raumes durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds
(ELER) vorgelegt (EU 2004). Als Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Verordnung ist der
01.01.2007 geplant. Der Vorschlag beinhaltet eine einheitliche Programmplanung der
ländlichen Strukturpolitik entlang drei thematischer Achsen und einer LEADER-Achse:
1. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors durch Förderung der Umstruk­
turierung (mindestens 15 % der Mittel)
2. Schutz von Umwelt und Landschaft durch Unterstützung des Landmanagements (min­
destens 25 % der Mittel)
3. Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum und Steigerung der wirtschaftlichen
Diversifizierung (mindestens 15 % der Mittel)
4. LEADER (mindestens 7 % der Mittel)
Im Rahmen der 1. Achse sollen humane Ressourcen durch Berufsbildungs- und Informati­
onsmaßnahmen sowie durch den Aufbau und die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten
gefördert werden. Beratung soll Landwirte bei der Umsetzung der Cross-ComplianceRegelungen unterstützen und ihnen ermöglichen, ihre Betriebsführung anzupassen, zu
verbessern, zu vereinfachen und die Leistungsfähigkeit der Betriebe zu steigern.
Tabelle 8: Förderung von Beratung gemäß Vorschlag der Kommission über ELER
Artikel 23
Beihilfe für die Inanspruchnahme von Betriebsberatungsdiensten
1. Zur Verbesserung der betrieblichen Gesamtleistung
2. Zur Einhaltung der verpflichtenden Gemeinschaftsnormen (Hierzu
gehören somit auch die CC-Regelungen)
Förderhöhe: 80 % der Beratungskosten, maximal 1.500 €/a
Artikel 24
Beihilfe zum Aufbau der Betriebsberatungssysteme wird zur Deckung
der Kosten beim Aufbau von Betriebsführungs-, Vertretungs- und Bera­
tungsdiensten degressiv über einen Zeitraum von max. 5 Jahren ab
dem Aufbau gewährt
Im ELER-Vorschlag der Kommission wird die Förderung von Berufsbildungs-, Informati­
ons- und Beratungsmaßnahmen mit den beiden Zielen „Wettbewerbsfähigkeit der Landund Forstwirtschaft“ und „Landbewirtschaftung und Umwelt“ begründet (EU 2004, S. 9).
Der Vorschlag enthält damit einen breiteren Ansatz für die Förderung von Beratungsleis­
tungen, der über die Einhaltung der Cross-Compliance-Regelungen hinausgeht und bein­
haltet außerdem Qualifizierung und Weiterbildung als Förderfelder.
- 57 ­
GAK-Rahmenplan in Deutschland
Der Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes“ (GAK) von Bund und Ländern ist das zentrale agrarpolitische Instrument
für die Umsetzung der EU-Agrarstrukturpolitik. In der Unterrichtung der Bundesregierung
zum Rahmenplan 2005 bis 2008 heißt es in Bezug auf die Beratung:
„Mit einem weiteren neuen Förderungsgrundsatz werden Beratungsleistungen auf der Ba­
sis von einzelbetrieblichen Managementsystemen gefördert. Dieses Instrument der Be­
triebsführung wird in Zukunft für die Sicherstellung der Prozessqualität immer wichtiger
werden. Damit soll den Landwirten vor allem die Dokumentation und Einhaltung der künfti­
gen Cross-Compliance-Bestimmungen (Bewirtschaftungsauflagen) erleichtert werden. Die
Maßnahme setzt ein mit den Luxemburger Beschlüssen in der EG-Verordnung über die
Förderung der ländlichen Entwicklung geschaffenes Förderangebot um“ (Deutscher Bun­
destag 23.09.2004, S. 2).
Die vom Planungsausschuss am 18.11.2004 beschlossene Fassung des GAK-Rahmenplans
2005–2008 enthält folgende Fördergrundsätze für die Förderung einzelbetrieblicher Mana­
gementsysteme (PLANAK 18.11.2004):
•
Fördergegenstand:
Betriebsbezogene Beratung zur Auswertung der Aufzeichnungen sowie die Erarbei­
tung von Handlungsempfehlungen zur Beseitigung etwaiger Schwachstellen.
•
Voraussetzungen:
Die Managementsysteme müssen vom Land anerkannt sein. Es wird unterschieden
zwischen Systemen zur Einhaltung der Cross-Compliance-Verpflichtungen (Stufe 1)
und Einzelbetrieblichen Managementsystemen (Stufe 2), die über die gute fachliche
Praxis hinausgehen und zu einer Zertifizierung beim Landwirt führen. Der gesamte Be­
trieb muss erfasst werden. Außerdem müssen die Beratungsanbieter nach bestimmten
Kriterien anerkannt sein (s. u.).
•
Förderhöhe und -dauer:
80 % der Beratungskosten und maximal 1.500 €/Jahr (Stufe 1); bzw. 80 % der Bera­
tungskosten und maximal 2.000 €/Jahr (Stufe 2); jeweils mit einem Förderzeitraum von
maximal 5 Jahren.
•
Kriterien für die Beratungsanbieter (neu im Vergl. zum Rahmenplan 2004–2007):
Die Beratungsunternehmen müssen organisatorische Voraussetzungen bei Technik,
Logistik und Kapazitäten erfüllen und bereits mindestens 2 Jahre Beratungstätigkeit ausüben. Die eingesetzten Beratungskräfte müssen eine ausreichende Qualifikation haben, re­
gelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen und dürfen keine Verkaufs- und Vermittlertätigkeit durchführen. - 58 -
4.2
Cross Compliance – Beratungsbedarf und Aufgaben
Obwohl die neuen Regelungen hauptsächlich auf bereits geltenden EU- und Landesgeset­
zen beruhen, sind bei vielen Beteiligten die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten noch un­
klar. Verunsicherung sowie Kritik an unzureichenden Kontrollbestimmungen für die prü­
fenden Behörden wird von Praktikern wie Behördenvertretern geäußert. Für die Landwirte
kommt zur Verunsicherung durch eine neue Regelung der Druck durch ökonomische
Sanktionsmechanismen und externe Kontrollen hinzu. Neu für die Landwirte ist, dass sie
die Einhaltung der Bewirtschaftungsregeln schriftlich dokumentieren und nachweisen
müssen. Die Dokumentationspflicht und die Verwendung von PC-Managementsystemen
wird jedoch seitens der Experten als Chance gesehen, damit Landwirte einen besseren
Überblick über den eigenen Betrieb bekommen (vgl. KESSEN 2004, KÖHLER 2005).
Inhaltliche Anforderungen in der EU-Cross-Compliance-Verordnung an die Beratungstätig­
keit werden nur dahingehend formuliert, dass die Beratungstätigkeit mindestens die An­
forderungen an die Betriebsführung und an die Erhaltung der Flächen in einem guten
landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand umfassen soll (siehe Tabelle 6). Die Begrün­
dung für die Errichtung von Beratungssystemen („bewusster machen von Materialbewe­
gungen, innerbetrieblichen Kompetenzen ... ohne die Verantwortung einzuschränken“ ...)
lässt sich aber als eine weitgehende Aufgabe auffassen, die auf die Kompetenz der Be­
triebsleiter für komplexe Entscheidungen zielt.
Beratungstätigkeiten, wie die Hilfe beim Einsatz von Managementsystemen und bei der
Analyse von Schwachstellen, ergeben sich vor allem aus den Förderprogrammen zur Um­
setzung der Cross-Compliance-Anforderungen (ELER, GAK-Rahmenplan). Ziele für den
Einsatz einzelbetrieblicher Managementsysteme sind (SCHULZ 2004):
•
•
•
•
•
systematische Dokumentation und Auswertung,
Freiwilligkeit – kein Kontrollinstrument,
gesamtbetrieblicher Ansatz,
Instrument zur Bewältigung der Cross-Compliance-Anforderungen,
Kombination aus Dokumentation und Beratung zur Schwachstellenanalyse.
Beratungsbedarf durch die Cross-Compliance-Regelungen
Aus Sicht der Landwirte lässt sich mit Inkrafttreten der EU-Cross-Compliance-Regelungen
allgemein folgender Informations- und Beratungsbedarf formulieren:
⇒ Wie sind die neuen Regelungen? Was ist neu?
⇒ Was bedeutet das für mich? Was muss ich tun?
und im nächsten Schritt:
⇒ Wie kann ich das bewerkstelligen?
⇒ Wie kann ich die Anforderungen möglichst nutzbringend für mich umsetzen?
- 59 ­
Aufgaben für eine „Cross-Compliance-Beratung“
Entsprechend lassen sich auch in abgestufter Weise die Aufgaben und Aktivitäten ablei­
ten, die dem Informationsbedarf zur Verordnung begegnen, bis hin zu unterschiedlich weit
gefassten Beratungsinhalten:
⇒ Information zur Verordnung und Antragstellung,
⇒ Hilfe bei der Antragstellung,
⇒ Information zu Dokumentation und Managementsystemen
(Mindestinhalte, Vergleich von Dokumentationshilfen und Managementsystemen),
⇒ Empfehlungen, Entscheidungshilfen für den Einsatz von Dokumentationshilfen und
Managementsystemen,
⇒ Hilfe beim Einsatz von Dokumentationen und Managementsystemen
(bei der Eröffnungsbilanz sowie bei der laufenden Dokumentation),
⇒ Analyse von Schwachstellen in den Betriebsabläufen und Problemlösung,
⇒ Einsicht in Betriebszusammenhänge und Kompetenzen für eigenverantwortliches Be­
triebs- und Umweltmanagement fördern.
Die Aufträge an Beratung lassen ein unterschiedliches Beratungsverständnis zu. Nicht alle
dieser Aktivitäten ordnen wir der Beratung im engeren Sinne zu (vgl. Kap. 2). So ist die
reine Information über neue Anforderungen durch gesetzliche Rahmenbedingungen oder
Fördergrundsätze entsprechend der Tabelle 9 zunächst in den Aufgabenbereich der zu­
ständigen Behörden oder Verwaltungen einzuordnen. Vergleichbar der Abgabe von Steu­
ererklärungen beim Finanzamt sind die ersten aufgelisteten Aufgaben in Zusammenhang
mit der Cross-Compliance-Verordnung keine Beratungsaufgaben, sondern in erster Linie
Informationspflichten und Service der Verwaltungen.
Angebote zur Hilfe bei der Antragstellung können aber aus verschiedenen Richtungen
kommen. Außer den Stellen, die Anträge möglichst aufwandfrei bearbeiten wollen, sind
Selbsthilfeeinrichtungen – wie die Verbände – denkbar, die dies auch bereits anbieten.
Übergänge zur Beratung bestehen da, wo es sich nicht mehr nur um formelle Fragen,
sondern um inhaltliche Fragen bezogen auf die eigene Betriebspraxis handelt.
Der Einsatz von Betriebsmanagementsystemen und Betriebsaudits bildet laut GAKRahmenplan eine Grundlage für die Beratung. Bei einer genaueren Betrachtung dieses
Aufgabenbereichs aus der Sicht, welche Unterstützung oder Dienstleistung den Landwir­
ten angeboten werden kann, lassen sich die Aufgaben weiter differenzieren. Zu unter­
scheiden sind die Vorleistungen und Informationen, die Orientierung für die Auswahl von
Dokumentations- und Managementsystemen geben. Bei der Vielzahl von verschiedenen
Hilfsmitteln, die auch durch die unterschiedlichen Qualitätsmanagementsysteme verstärkt
wird, ist es denkbar, dass Landwirte Entscheidungshilfen bis hin zur Beratung benötigen,
um die für sie passenden Systeme zu identifizieren und einzurichten.
Da der Einsatz von Dokumentations- und Betriebsmanagementsystemen als eine Technik
gesehen wird, die auch in Zukunft relevant ist, ergeben sich daraus Bildungsaufgaben, um
zukünftige Landwirte mit deren Einsatz vertraut zu machen.
- 60 -
Tabelle 9: Cross Compliance – Aufgaben für Information, Bildung und Beratung
Aufgaben (Was)
Methoden (Wie)
Ausführung (Wer)
Information zur Verordnung und
Antragstellung
Schriftlich: Merkblätter,
Informationsveranstaltungen;
Internet und Internetforum,
Chat zw. Nutzern
Verordnungsgeber,
Antragsempfänger
Hilfe bei Antragstellung
Telefonische, persönliche
Nachfrage, Hotline
Verordnungsgeber,
Antragsempfänger
Hilfe bei der Einführung und An­
wendung von Dokumentations­
systemen
•
Klärung erforderlicher Min­
destinhalte, Vergleich von
Systemen
Schriftliche Infos plus Daten­
bank (mit Abfrage); Infos für
Berater und Landwirte
Autorisierte
Fachbehörde
•
Empfehlungen, Entschei­
dungshilfen
Datenbank, interaktive
Beratung
s. o. sowie
Beratungsanbieter
•
Hilfe bei Eröffnungsbilanz
Schulung, Einzel- und Grup­
penberatung, Übergang zum
Arbeitskreis
Dokumentations“Autoren“, Berater,
Bildungsanbieter
•
Hilfe bei der laufenden Doku­
mentation
Einzelberatung, Übergang
zum Arbeitskreis
s. o.
Analyse von Schwachstellen
und Problemlösung
Einzel- und Gruppenberatung,
Übergang zum Arbeitskreis
Berater
Kompetenzen für Umweltmana­
gement fördern
Bildungsmaßnahmen;
Beratung,
inkl. Mittel zur Sensibilisierung
Bildungs- und Bera­
tungsanbieter
Hilfe bei der Analyse von Schwachstellen und Problemlösung ist schließlich eine der Auf­
gaben, die Beratung in unterschiedlicher Form leisten kann. Vorausgesetzt wird hier die
Wahrnehmung eines Problems und Beratungsbedarfs.
Der letzte Aufgabenpunkt ist aus dem Ziel abgeleitet, dass Landwirte ihr Handeln und ihre
betrieblichen Prozesse hinsichtlich der Umweltwirkungen reflektieren und versuchen, sich
über die vielfältigen Zusammenhänge bewusst zu werden. Dies ist ein umfassendes Ziel,
bei dem Beratung durch die Lösung einer konkreten Ausgangsfrage und der Erhöhung der
Problemlösekompetenz für ähnliche Fragen beitragen kann. Weitere wichtige Maßnahmen
zur Erreichung dieses Ziels liegen aber auch in der Bildung und Öffentlichkeitsarbeit bzw.
Sensibilisierung für Umweltziele.
- 61 ­
4.3
Ansätze für die „Cross-Compliance-Beratung“ in den Bundesländern Nach der Cross-Compliance-Verordnung ist die Etablierung von Beratungssystemen bis
2007 verpflichtend. Für die Landwirte sind die Cross-Compliance-Regelungen allerdings
schon ab 1. Januar 2005 verbindlich geworden, wollen sie die Prämienzahlungen in An­
spruch nehmen. Aus diesem Grund, und auch aufgrund der schon bestehenden Förder­
möglichkeiten für Beratung, sind in den Bundesländern bereits auf unterschiedliche Weise
Schritte unternommen worden, um Beratung zu Cross Compliance anzubieten. Die Fra­
gen, welche Rolle die Betriebsberatung einnehmen wird, welche organisatorischen Lösun­
gen gefunden werden und ob bzw. in welcher Weise Beratung gefördert wird, sind aber
zum Teil noch offen. Dass es bei der Umsetzung von Cross Compliance noch Diskussi­
onsbedarf gibt, war ein Ergebnis einer Tagung im Dezember 2004, bei der sich rund 60
Teilnehmer aus Verwaltungs- und Beratungseinrichtungen zu diesem Thema ausge­
tauscht haben (LORENZ 2005).
Die Aktivitäten, die in den Bundesländern unternommen werden, lassen sich wie folgt zu­
sammenfassen und charakterisieren:
•
Informationen zu Cross Compliance und Regelung des Antragswesen als Basis:
Hier sind alle Bundesländer gleichermaßen beschäftigt, die neuen agrarpolitischen Rege­
lungen umzusetzen, d. h. verwaltungstechnische Grundlagen zu schaffen, Inhalte – soweit
Bundesland spezifisch – festzulegen, den Mitarbeiterstab zu schulen, der Informations­
pflicht für die Landwirte nachzukommen, sowie die Antragsabwicklung zu organisieren und
durchzuführen.
•
ohne zusätzliche Beratungsangebote:
D. h. gesonderte Aktivitäten über die Information der Landwirte hinaus werden nicht als
notwendig erachtet. Gründe: (1) die CC-Regelungen beinhalten nur gesetzliche Regelun­
gen, die bereits Pflicht für die Landwirte sind und die Erfüllung der geltenden Gesetze soll­
te keine Neuerung bedeuten, (2) die Einschätzung, dass die Landwirte keine gesonderten
Hilfen zur Einhaltung der CC-Regelungen benötigen, (3) der Verweis auf bereits beste­
hende Beratungsangebote, sollten Landwirte doch weitergehende Hilfen oder Beratung
benötigen.
•
mit Bereitstellen von Dokumentations- / Managementhilfen:
Die meisten Länder stellen ihren Landwirten Checklisten oder Dokumentationshilfen zur
Erfüllung der Cross-Compliance-Regelungen zur Verfügung. Hier gibt es vielfältige Bei­
spiele – z. B. „LABSCAUS“ aus Schleswig-Holstein“ – sowie auch länderübergreifenden
Austausch. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass die Landwirte selbstständig mit die­
sen Hilfen arbeiten können.
•
mit kostenlosem Beratungsangebot:
Wenn staatliche Offizialberatungsstellen als die zuständigen Adressaten bei Beratungsbe­
darf durch die Landwirte benannt werden. Dies ist z. B. in Bayern der Fall. Gründe können
sein, dass EU-Fördermittel für Beratung nicht abgerufen werden können bzw. für andere
Zwecke verwendet werden sollen. Für Stellen, die ansonsten kostenlos Offizialberatung
anbieten, würde die Erhebung von Gebühren außerdem Konsequenzen, wie die Änderung
- 62 -
ihrer Richtlinien, nach sich ziehen. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die eine För­
derung der CC-Beratung beschlossen haben, übergeben die Durchführung deswegen ex­
plizit an Beratungsringe, Verbände, Privatberater o. a.
•
mit dem Angebot und der Förderung von kostenpflichtigen Beratungsleistungen:
In einigen Ländern wurden die GAK-Rahmenregelungen zur Förderung einzelbetrieblicher
Managementsysteme bereits umgesetzt oder es wird derzeit an der Umsetzung gearbeitet.
Die Regelungen und Entwürfe unterscheiden sich in Förderhöhe und -dauer und darin, ob
Beratung in Zusammenhang mit den Systemen zur Einhaltung der Cross-ComplianceRegelungen (Stufe 1) und/oder für weitergehende einzelbetriebliche Managementsysteme
(Stufe 2) gefördert wird. Für die Landwirte bestehen Fristen, innerhalb derer sie die Bera­
tungszuschüsse (vor der Inanspruchnahme der Beratung) beantragen müssen. Die Mittel
insgesamt sind pro Land jeweils auf eine bestimmte Summe begrenzt.
Als Begründung für das Angebot an Beratung wird die Unterstützung der Landwirte bei der
Umsetzung der CC-Regelungen angeführt (MLR/LEL 2004, LWK Hannover 2005). Soweit
Ziele oder Inhalte für die Beratung genannt werden, orientieren sich diese am GAKRahmenplan.
Tabelle 10: Information und Beratungsangebote zu Cross Compliance
Bund
Information:
BMVEL: Meilensteine der Agrarpolitik. Umsetzung der europäischen Agrarreform in
Deutschland (2005)
http://www.verbraucherministerium.de/data/00056BF17FE711C9BCF06521C0A8D816.0.pdf
Baden-Württemberg
Informationen:
Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum: Informationsbroschüre; Merkblätter zur
GAP-Reform; Formulare und Anträge; GAP-Rechner Baden-Württemberg
http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/­
s/84lain1e0wtp124agos1ontfmowhjqfh/menu/1075571/index.html
Beratung:
gefördertes Cross-Compliance-Beratungsangebot durch private Berater, Beratungsdiens­
te, Bauernverband oder Maschinenringe. Grundlagenerarbeitung, Schulung und Anerken­
nung der Berater durch das Landwirtschaftsministerium auf Grundlage von GQS BW
Bayern
Information:
Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten: Broschüre; Förderwegweiser
http://www.stmlf.bayern.de/agrarpolitik/11030/
Beratung: kostenlos durch die Landwirtschaftsämter
Brandenburg
Information:
Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Verbraucherschutz, Landesamt für
Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung
http://www.mluv.brandenburg.de/cms/detail.php?id=145160&_siteid=33
- 63 ­
Hessen
Information:
Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Broschüre
http://www.hmulv.hessen.de/imperia/md/content/internet/pdfs/landraum/cross_compliance_08.02_hr.pdf
Beratung:
Abstimmung des LLH mit anderen Beratungsanbietern über vergleichbares, gemeinsames
Angebot und Preis. Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg / LEL: kostenlose Checkliste
für Landwirte, ansonsten keine Förderung.
Niedersachen
Information:
Landwirtschaftskammer Hannover: Cross Compliance – wirklich Neues?
Antragsformulare Agrarreform 2005 kommen!
http://www.lwk-hannover.de/index.cfm/startid/216/doc/5159/cfid/3910573/cftoken/57871354.html
Beratung:
Förderung der Beratung für „Einzelbetriebliche Managementsysteme“ auf Grundlage des
GAK-Rahmenplans. Antragstellung der Landwirte bis 31.03.2005. Antragsbearbeitung und
Anerkennung der Berater sowie der Managementsysteme durch die Landwirtschaftskam­
mer (LWK Hannover 2005)
http://www.lwk-hannover.de/index.cfm/startid/1161/doc/5036/cfid/3910573/cftoken/57871354.html
Nordrhein-Westfalen
Information:
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen: Informationen der Bund-Länder-Arbeits­
gruppe für Empfänger von Direktzahlungen
http://www.landwirtschaftskammer.com/fachangebot/foerderung/crosscompliance/index.htm#top
Beratung:
Förderung von Betriebsführungsdiensten durch anerkannte Beratungsorganisationen auf
Antrag. http://www.landwirtschaftskammer.de/fachangebot/foerderung/laendlicherraum/35.htm
Rheinland-Pfalz
Information:
Dienstleistungszentren Ländlicher Raum
Beratung:
(Ähnlich Baden-Württemberg), gefördertes Cross-Compliance-Beratungsangebot durch
Bauernverband, Fachverbände, wie Schweinezuchtverband, Beratungsringe, Maschinen­
ringe und freie Berater. Managementsystem / Ordner (GQS RLP) und Schulung / Zulas­
sung der Berater durch das Landwirtschaftsministerium. Auf Antragstellung bekommen die
Landwirte die Kosten teilweise erstattet.
Saarland
Information:
Landwirtschaftskammer des Saarlandes
http://lwk.internetmanagement.biz/107.0.html
Beratung:
Noch in der Erarbeitung. Keine Förderung derzeit.
- 64 -
Schleswig-Holstein
Information: Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Beratung: „Landwirtschaftliches Beratungs-System für Cross-Compliance-Anforderungen in Schles­
wig-Holstein“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, „LABSCAUS“ http://www.labscaus.de/ erarbeitet durch Landwirtschaftskammer, Fortbildung von Beratern und fortlaufende Pflege des Systems; keine Förderung von Beratung Thüringen
Information:
Landwirtschaftsämter
Beratung:
In Erarbeitung: „Förderung von Beratungsleistungen zur Nutzung einzelbetrieblicher Mana­
gementsysteme in Landwirtschaftsunternehmen“ durch anerkannte Beratungsdienstleister
(Die Tabelle ist beispielhaft und nicht vollständig für alle Bundesländer.)
- 65 ­
5
Beratungskonzepte und -strategien von
EU-Nachbarländern und der Schweiz
5.1
5.1.1
EU-Nachbarländer
Österreich
Beratungsaufgaben
Das Leitbild der österreichischen Beratung ist die Unterstützung der persönlichen und un­
ternehmerischen Entfaltung, vor allem der bäuerlichen Familien im ländlichen Raum Öster­
reichs. Hierzu gehört auch die Unterstützung der Landwirtschaft bei notwendigen Anpas­
sungsschritten und dass wichtige Ziele, wie die
•
Erzeugung qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel, nachwachsender Rohstoffe und
Energie,
•
Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft durch Gewähr­
leistung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise,
•
Erhaltung der Kulturlandschaft,
•
Förderung des unternehmerischen Erfolges,
•
marktkonforme Ausrichtung der Produktion,
•
Nutzung von regionalen Einkommenschancen und Partnerschaften,
•
Beschleunigung des Einsatzes neuer Kommunikations- und Informationstechnologien
und
•
Stärkung der bäuerlichen Identität und Lebensform
verfolgt werden (LEBENSMINISTERIUM 2004a).
Um dies zu erreichen, werden in Österreich je nach Aufgabenstellung folgende Bera­
tungsmethoden eingesetzt:
•
Telefonauskünfte,
•
Beratungsgespräche vor Ort oder an Sprechtagen,
•
Einzel-, Gruppen-, Projektberatung,
•
Weiterbildungsveranstaltungen,
•
Informationskampagnen über Broschüren, Schulungsunterlagen, audiovisuelle Hilfs­
mittel und Internet,
•
Arbeitskreise,
•
Fachexkursionen,
•
Ausstellungen und Messen
(LEBENSMINISTERIUM 2004b).
- 66 -
Beratungsstruktur
Der grundsätzliche Aufbau des österreichischen Beratungssystems ist durch ein föderales
System, ähnlich der Bundesrepublik Deutschland, geprägt.
Jedoch ist der Bereich der landwirtschaftlichen Beratung in Österreich bundesweit in star­
kem Maße durch Offizialberatung dominiert und entsprechend den, für die Beratung ver­
antwortlichen, staatlichen Institutionen, die sich auf allen Entscheidungsebenen finden,
hierarchisch gegliedert (Abbildung 7).
Abbildung 7: Beratungskonzept Österreich
Beratungskonzept: Österreich
Bundesministerium für
Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft
Abt. II 2
Präsidentenkonferenz
der
Landwirtschaftskammer
Österreichs
Förderung
Landeskammern für Land- und
Forstwirtschaft
Bioverbände
Bezirkskammern für Landund Forstwirtschaft
Beratung
Private
Berater
Beratung
Landwirtschaftliche
Betriebe
Auf Bundesebene ist die Abteilung II 2 des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­
schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft für den Bereich der landwirtschaftlichen Beratung
verantwortlich.
Diese hat in starkem Maße planende, steuernde und evaluierende Aufgaben. Hierzu gehö­
ren auch die Fortbildung der Berater und das Erstellen von Informationsmaterialien für die
tätigen Berater. Diesen Eckpunkten entsprechend legt das Bundesministerium in Zusam­
menarbeit mit den Landwirtschaftskammern die bundesweiten Beratungsschwerpunkte
- 67 ­
und Beratungsprogramme fest und sieht sich darüber hinaus als eine Schnittstelle zwi­
schen Forschung und Beratung, um einen notwendigen Wissenstransfer zu gewährleisten
(LEBENSMINISTERIUM 2005c).
Den Bereich der Fortbildung der Beratungskräfte nimmt das Bundesministerium auf Bun­
desebene durch das Angebot von Seminaren und Spezialkursen mit Zertifikatsabschluss
wahr.
Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich des österreichischen Bundesministeriums liegt
auch in der finanziellen Förderung von Beratern. In den Genuss der finanziellen Förderung
kommen in etwa 30 für die Bioverbände tätige Berater und 300 Berater aus dem Bereich
der Offizialberatung (ETZL 2004).
Die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer Österreichs ist ein Dachverband der
Landwirtschaftskammern und fungiert als Koordinierungsstelle.
Die neun Landeskammern für Land- und Forstwirtschaft übernehmen die Koordination und
Durchführung länderspezifischer Beratungs- und Bildungsprogramme sowie, ähnlich dem
Bundesministerium, die Fortbildung der Berater und das Erstellen von Informationsmate­
rialien.
Die Bezirkskammern übernehmen die unmittelbare Beratung und Weiterbildung der land­
wirtschaftlichen Betriebe sowie die Vermittlung von Förderungsinformationen.
Qualifikation der Berater
Gefördert werden nur solche Berater, die zuvor akkreditiert worden sind. Neben einer agrari­
schen Ausbildung ist eine agrarpädagogische Ausbildung (meist an der agrarpädagogi­
schen Akademie in Wien) eines der Hauptkriterien für eine erfolgreiche Akkreditierung.
Das Medium, das die Kooperation zwischen den Landeskammern und dem Bundesminis­
terium regelt, ist der Beratervertrag, welcher zwischen den Landwirtschaftskammern und
dem Lebensministerium abgeschlossen wird. Der Beratervertrag ist ausschließlich für den
Bereich der Offizialberatung vorgesehen, private Berater oder Beratungsorganisationen
können daran nicht teilnehmen. Eine Ausnahme stellt jedoch die Kooperation zwischen
dem Lebensministerium und den Bioverbänden dar. Ein kleiner Beratervertrag regelt hier
die Zusammenarbeit, in deren Umfang die Bioverbände auch private Berater beschäftigen
können (ETZL 2004).
Reaktionen auf die Beratungsverpflichtung nach EU-VO 1782/2003
Da Österreich nach eigenen Angaben ein sehr gut funktionierendes Beratungssystem be­
sitzt und die angebotenen Beratungsdienstleistungen von vielen Landwirten in Anspruch
genommen werden, wird sich die Beratungsverpflichtung nach der EU-VO 1782/2003 nicht
auf das österreichische Beratungssystem auswirken (LEBENSMINISTERIUM 2005d).
Geplant ist jedoch, dass die Landwirtschaftskammern ihre Beratungskonzepte weiterent­
wickeln, um eine ausreichende Betreuung der Landwirte unter den neuen Gegebenheiten
sicherzustellen (LEBENSMINISTERIUM 2005d).
Realisiert wird die Beratungsverpflichtung somit unter Umständen über den Beraterver­
trag. Im Beratervertrag 2005-2008 ist bereits eine entsprechende Klausel enthalten, die
- 68 -
die Landwirtschaftskammern verpflichtet eine entsprechende Betriebsberatung ohne zu­
sätzliche finanzielle Unterstützung anzubieten, sollte es zu keiner Förderung von Seiten
der EU kommen (ETZL 2005).
5.1.2
Dänemark
Beratungsstruktur
Das dänische Beratungssystem ist privatisiert. Seit 2003 ist der Bereich der Offizialbera­
tung, wie auch die staatliche Förderung der landwirtschaftlichen Beratung, abgeschafft.
Die landwirtschaftliche Beratung wird im Wesentlichen durch den Dänischen Landwirt­
schaftlichen Beratungsdienst (DLV) durchgeführt. Dieser Beratungsdienst wird von den
Bauernverbänden (zu 2/3 Danish Farmers’ Union; zu 1/3 Danish Family Farmers’ Associati­
on) betrieben (DANISH AGRICULTURAL ADVISORY SERVICE 2005a).
In einigen Bereichen konnten sich neben der Verbandsberatung auch private Beratungs­
dienstleister etablieren. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Ökolandbau sowie Schwei­
nezucht und -mast (SCHELDE ANDERSEN 2005).
Das dänische Modell der Verbandsberatung verfolgt einen strikten bottom-up-Ansatz, auch
„grass root system“ genannt. Durch die Tatsache, dass das dänische Beratungssystem
von den Interessenvertretern der Landwirte betrieben wird und keiner behördlichen Kon­
trolle unterworfen ist, erklärt sich – nach eigener Aussage – sein Vertrauensvorsprung bei
den Landwirten und der kundenzentrierte Charakter der Beratung. Diese Unabhängigkeit
des Beratungssystems vollzieht sich nicht nur auf organisatorisch-konzeptioneller Ebene,
sondern ebenso auf finanzieller. Der dänische Staat bezuschusst keine Beratungsdienst­
leistungen der Beratungsanbieter, sondern die entstehenden Kosten werden ausschließ­
lich vom Nachfrager – dem jeweiligen Landwirt – getragen. Durch diesen marktwirtschaftli­
chen Ansatz wird nach eigener Aussage eine hohe Effizienz der Beratung gefördert. Der
dänische Beratungsdienst arbeitet zum Selbstkostenpreis, da er letztendlich im Besitz der
Landwirte ist (DANISH AGRICULTURAL ADVISORY SERVICE 2005b).
In jüngerer Vergangenheit hat sich allerdings die Einstellung der Landwirte gegenüber der
Verbandsberatung verändert. So soll sich die innere Verbundenheit zum eigenen Bera­
tungsdienst zu Gunsten einer stärker leistungsorientierten Beratungsnachfrage entwickelt
haben. Dies hat dazu geführt, dass nunmehr nicht nur die Verbandsberatung mit den pri­
vaten Beratungsdienstleistern konkurriert, sondern auch zwischen den lokalen Zentren ein
Wettbewerb stattfindet, der zum einen eine hohe Beratungsqualität fördert, zum anderen
aber auch Ressourcen bindet. Die Konkurrenz zwischen den einzelnen lokalen Zentren
rührt daher, dass jedes lokale Zentrum über einen eigenen Haushalt verfügt und die ehe­
malige Zuordnung eines lokalen Zentrums zu einem bestimmten Einzugsgebiet aufgelo­
ckert wurde (SCHELDE ANDERSEN 2005).
Organisatorisch betrachtet zeichnet sich der dänische Beratungsdienst durch eine flache
Hierarchie aus. Auf Landesebene gibt es ein nationales Zentrum mit Sitz in Aarhus. Dieses
nationale Zentrum wirkt als „Berater für die Berater“ für die etwa 75 lokalen Beratungs­
zentren (DANISH AGRICULTURAL ADVISORY SERVICE 2005a). Es übernimmt somit die für die
eigentliche Beratung nötigen Vorarbeiten im Hinblick auf fachliche und methodische Infor­
mationsbeschaffung und Informationsaufbereitung. Dies beinhaltet auch eigene For­
- 69 ­
schungsstudien. In einigen Spezialbereichen bietet das nationale Zentrum eine direkte Be­
ratung für die Landwirte an, da sich eine Anstellung von Spezialisten in diesen Bereichen
auf Ebene der lokalen Zentren nicht lohnen würde. Zu diesen Bereichen gehören die Pfer­
dezucht sowie die Geflügel- und Pelzproduktion (SCHELDE ANDERSEN 2005).
Die direkte Betriebsberatung findet im Normalfall auf Ebene der lokalen Beratungszentren
statt. Von hier aus arbeiten die Berater und sind aufgrund der Informationsversorgung
durch das nationale Zentrum in der Lage, eine ganzheitliche Betriebsberatung anzubieten
und auch als Multiplikatoren für landwirtschaftliches Fachwissen zu fungieren.
Durch die flache Hierarchie und die Tatsache, dass ein nationales Zentrum die Betreuung
der lokalen Zentren übernimmt, ist nach eigener Aussage eine hohe Kosteneffizienz sowie
ein rascher Informationsfluss gewährleistet (DANISH AGRICULTURAL ADVISORY SERVICE
2005b).
Abbildung 8: Beratungskonzept Dänemark
Beratungskonzept: Dänemark
Nationales
Zentrum
Besitz
Bauernverbände
Schulung und
Inform ation
Lokale
Zentren
Private
Berater
Beratung
Mitgliedschaft
Landw irtschaftliche
Betriebe
Qualifikation der Berater
Gesetzlich ist keine Mindestqualifikation für die Berater vorgeschrieben. De Facto sind aber
ein Grossteil Universitätsabsolventen oder haben ihre Ausbildung an den eher praxisorien­
tierten Colleges abgeschlossen. Eine Mindestqualifikation ist wohl auch deswegen zweit­
rangig, da durch die freie Beraterwahl letztendlich der Beratungserfolg das entscheidende
Kriterium ist, ob sich ein Berater mittel- und langfristig halten kann (SCHELDE ANDERSEN
2005).
- 70 -
Die Fort- und Weiterbildung der Berater übernimmt im Fall des dänischen Beratungsdiens­
tes das nationale Zentrum für die Berater der lokalen Zentren. Diese Weiterbildungen ste­
hen aber auch anderen Beratungsanbietern offen, wenn auch zu höheren Kosten.
Reaktionen auf die Beratungsverpflichtung nach EU-VO 1782/2003
Die folgenden Aussagen beziehen sich auf Aussagen von HENRIK SCHELDE ANDERSEN
vom 22.02.2005.
Dänemark plant die für 2007 vorgeschriebene Cross-Compliance-Beratung bereits ab En­
de 2005 seinen Landwirten anzubieten. Diese Beratung soll in das bestehende Beratungs­
system implementiert werden und wird somit durch Marktkonkurrenz geprägt sein. Die dä­
nische Regierung hat allerdings einen Mindestkriterienkatalog entworfen, den mögliche
Beratungsanbieter erfüllen müssen, um eine Cross-Compliance-Beratung durchführen zu
können. So muss der Beratungsdienstleister beispielsweise eine entsprechende Infrastruk­
tur (PKW, Büro) und eine ganzheitliche Beratung (nicht nur Teilbereiche bzw. Beratung
einzelner Produktionszweige) anbieten können. Der Berater selbst muss über eine qualifi­
zierende Ausbildung (College oder Hochschulstudium), eine zweijährige Beratungserfah­
rung verfügen und muss als Schlüsselqualifikation ein entsprechendes Beratertraining ab­
solvieren. Dieses Beratertraining wird vom dänischen Staat kofinanziert und vom nationa­
len Zentrum des Dänischen Landwirtschaftlichen Beratungsdienstes angeboten werden
und Beratern desselben wie auch Privatberatern zugänglich sein.
Des Weiteren ist geplant, dass der Berater entsprechend versichert sein muss, da die
Cross-Compliance-Beratung rechtlich bindend sein wird. Sollte eine Kontrollbehörde bei
einem Landwirt einen Regelverstoß feststellen und daraufhin die Direktzahlungen kürzen,
so kann der Landwirt seinen Berater für eventuelle Versäumnisse im Rahmen der Bera­
tung haftbar machen, sollte dieser ihm eine ausreichende Erfüllung der Regelungen versi­
chert haben.
Der Dänische Landwirtschaftliche Beratungsdienst wird voraussichtlich einen Grossteil der
zu leistenden Beratung im Zusammenhang mit Cross Compliance übernehmen.
Ungeklärt ist z. Zt. noch, welchen Umfang die Cross-Compliance-Beratung haben wird. Im
Wesentlichen wird es sich dabei um eine Checkliste handeln, die der Berater mit dem
Landwirt durchgeht und anhand derer untersucht wird, ob der Betrieb die Anforderungen
nach der EU-VO 1782/2003 erfüllt. Mit Hilfe dieser Checkliste ließe sich auch ein Entschä­
digungsanspruch des Landwirtes gegenüber dem Berater ableiten. Als problematisch wird
noch die Abgrenzung der Cross-Compliance-Beratung gegenüber einer weiteren Betriebs­
beratung angesehen, da eine ganzheitliche Betriebsberatung nach den neuen Anforde­
rungen auch immer eine Cross-Compliance-Beratung beinhalten muss. Der Dänische
Landwirtschaftliche Beratungsdienst plant, den Landwirten ein Komplettpaket an Be­
triebsberatung anzubieten, in dem auch eine Cross-Compliance-Beratung enthalten sein
wird. Er hat darüber hinaus vor, im Zuge der Implementierung der Cross-ComplianceBeratung seine Beratungsstrategie umzubauen. Geplant ist, nach dem Vorbild eines KeyAccount-Managers, einen primären Ansprechpartner für den jeweiligen Landwirt bereitzu­
stellen, der als Generalist dem Landwirt eine ganzheitliche Beratung anbieten kann und in
Spezialfragen den Kontakt zum jeweiligen Spezialisten herstellt. Er ist somit nicht nur Be­
rater, sondern auch Kontaktperson, die selbstständig die Beziehung zum Landwirt auf­
rechterhält und für den Landwirt als Beratungsmanager fungiert. Sein primäres Aufga­
- 71 ­
bengebiet ist somit weniger die Vermittlung von Fachwissen als vielmehr die Beziehungs­
arbeit.
Die Diskussion über die genaueren Konditionen der Cross-Compliance-Beratung und de­
ren Umsetzung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Dänemark noch nicht abgeschlossen.
5.1.3
Niederlande
Die Ausführungen über die Organisation der landwirtschaftlichen Beratung in den Nieder­
landen basieren im Wesentlichen auf Aussagen von Personen, die sich in der Praxis mit
landwirtschaftlicher Beratung beschäftigen. Es handelt sich daher um persönliche Ein­
schätzungen.
Das Beratungssystem der Niederlande wurde in den vergangenen 15 Jahren sukzessive
privatisiert. Dies bedeutet, dass die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Beratern
über individuell ausgehandelte Verträge geregelt wird, die zwischen den beiden Parteien
abgeschlossen werden und Zeitrahmen, Bezahlung, Personal und geplante Vorgehens­
weise beinhalten. Diese Verträge werden für jede einzelne Beratungsleistung erneut ab­
geschlossen (SNEL 2005).
Beratungsstruktur
Der Beratungsmarkt in den Niederlanden wird heute ausschließlich von privaten Anbietern
bedient. Dazu gehören neben dem ehemaligen staatlichen Beratungsdienst DLV (De
Landbouwvoorlichting) und dem LTO (Land- en Tuinbouw Organisati), der vom nationalen
Bauernverband betrieben wird, einige kleinere Beratungsanbieter mit eher untergeordneter
Bedeutung und Marktmacht (TIMMERS 2005). Hinzu kommt eine landwirtschaftliche Bera­
tung, die an den Verkauf von Produktionsmitteln gebunden ist und von den Herstellern und
Verkäufern des jeweiligen Gutes angeboten wird. Diese Form der Beratung stellt aufgrund
der in aller Regel nicht gewährleisteten Ergebnisoffenheit keine Beratung im engeren Sinne dar.
Wie erwähnt dominieren der DLV und der LTO den Beratungsmarkt. Der ehemalige offi­
zielle technische Beratungsdienst, der DLV, wurde 1990 privatisiert und von staatlichen
Geldern unabhängig. Die DLV Beratungsgruppe beschäftigt jetzt etwa 500 Angestellte und
bietet ein weites Spektrum landwirtschaftlicher Beratung an (SNEL 2005). Die Beratungs­
bereiche konzentrieren sich aber nach wie vor auf produktionstechnische Aspekte wie
Pflanzenbau, Tierhaltung, Gebäude und Landtechnik, während der LTO eine eher soziale
und wirtschaftliche Betriebsberatung anbietet, die ihren Schwerpunkt in den Bereichen
Strategie und Betriebsentwicklung, Betriebsübernahme und -aufgabe sowie der gesetzli­
chen Beratung hat (TIMMERS 2005).
Wie die meisten privaten Beratungsanbieter finanziert sich der DLV mittlerweile im We­
sentlichen über Beratungsdienstleistungen, die er zu marktkonformen Tarifen anbietet und
welche zu 100 % vom Landwirt getragen werden. Etwa 30 % der Einnahmen stammen aus
projektbasierter staatlicher Unterstützung. Solche staatlich geförderten Projekte sind i. a. R.
Beratungsleistungen, die im Bereich des öffentlichen Interesses liegen, wie beispielsweise
Maßnahmen des Naturschutzes auf landwirtschaftlichen Flächen. Solche Beratung wird
dem Landwirt durch öffentliche Gelder im Rahmen der Einzelberatung zu etwa 50 % und
im Rahmen von Gruppenberatung bis zu 100 % finanziert (SNEL 2005).
- 72 -
Abbildung 9: Beratungskonzept Niederlande
Beratungskonzept: Niederlande
Schulung und
Information
Schulung und
Information
LTO
DLV
produktionstechnische
Beratung
sozial-wirtschaftliche
Beratung
Landwirtschaftliche
Betriebe
Beratung
Private
Berater
Schulung und Information
Qualifikation der Berater
Grundsätzlich ist in den Niederlanden keine Mindestqualifikation der Berater vorgeschrie­
ben. Auch hier ist, ähnlich wie in Dänemark, zur Begründung zu sagen, dass der Landwirt
durch seine freie Wahl selbstverantwortlich über die Berater entscheidet, die mittel- und
langfristig Beratung anbieten.
Im Falle des DLV sind die Berater i. a. R. weniger Universitätsabsolventen, sondern Ab­
gänger der eher praxisorientierten High Schools. Des Weiteren ist ein wichtiges Kriterium
des DLV für seine Berater ein entsprechendes Einfühlungsvermögen in die Belange des
Landwirtes (SNEL 2005).
Damit ein Beratungsanbieter die staatlich unterstützte Form der Beratung anbieten kann,
ist eine Begutachtung der Beratungsorganisation und der jeweiligen aktiven Berater not­
wendig. In der Vergangenheit wurde staatlich geförderte landwirtschaftliche Beratung im
Wesentlichen durch den DLV und den LTO abgewickelt (TIMMERS 2005).
Die Schulung und Weiterbildung der Berater findet innerhalb der eigenen Organisation
statt und stellt deswegen für kleine Beratungsanbieter mit ein bis vier Beratern häufig ein
Problem dar (SNEL 2005).
- 73 ­
Reaktionen auf die Beratungsverpflichtung nach EU-VO 1782/2003
Ähnlich der staatlich unterstützten projektbezogenen Beratung, ist geplant, die CrossCompliance-Beratung, die ebenfalls staatlich gefördert werden soll, über dementspre­
chend akkreditierte Beratungsorganisationen anzubieten. Nach dem jetzigen Stand ist ge­
plant, dass Landwirte aus einem Pool der zur Cross-Compliance-Beratung berechtigten
Organisationen frei wählen können.
Die Diskussion über die genauen Anforderungen an die Beratungsanbieter, deren Über­
wachung und die Höhe staatlicher Förderung ist noch nicht abgeschlossen (SNEL 2005).
Auswirkungen der Privatisierung
Die Privatisierung und der damit einhergehende Wettbewerbscharakter des niederländi­
schen Beratungssystems hatten diverse Auswirkungen.
Zum einen gewannen die Vertreter der Landwirte verstärkten Einfluss auf die angebotenen
Beratungsdienstleistungen. Zum anderen wurde durch den Konkurrenzdruck die Bera­
tungsqualität gesteigert und der Charakter der Beratungsdienstleistung erfuhr einen Wan­
del weg vom ehemals forcierten Technologietransfer, hin zu einem eher klientenorientier­
tem Ansatz (PROST & DUIJSINGS 2002).
Dennoch hatte die Privatisierung auch Nachteile. Dazu gehören nach PROST und
DUIJSINGS vor allem die Tatsachen, dass einkommensschwache landwirtschaftliche Be­
triebe nicht in der Lage sind, Beratungsleistungen zu bezahlen und darüber hinaus der In­
formationsfluss und Austausch zwischen den Beratern, aber auch zwischen den Landwir­
ten aufgrund des wettbewerbsartigen Charakters der Beratung abgenommen hat. Des
Weiteren werden Themenbereiche wie eine umweltfreundliche Produktion aufgrund ihrer
nicht Einkommen mehrenden Natur kaum von den Landwirten nachgefragt (PROST &
DUIJSINGS 2002).
- 74 -
5.2
Erfahrungen mit dem Ökologischen Leistungs­
nachweis in der Schweiz In der Schweiz ist der Bezug von Direktzahlungen an die Einhaltung von Auflagen gebun­
den, die unter den Begriff „Ökologischer Leistungsnachweis“ (ÖLN) fallen. Der ÖLN wurde
1993 unter dem Namen „Integrierte Produktion“ (IP) eingeführt und 2001 in den ÖLN
umbenannt.
Der ÖLN
In den Grundzügen ist der ÖLN den Cross-Compliance-Regelungen sehr ähnlich (PETER
2005).
„Die Anforderungen des ÖLN umfassen:
• Tiergerechte Haltung der Nutztiere: Einhaltung der Tierschutzverordnung.
• Ausgeglichene Düngerbilanz: Nährstoffbilanz / maximaler Fehlerbereich bei N und P: 10 %.
• Angemessener Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen: 3,5 der LN bei Spezialkultu­
ren, 7 % bei der übrigen LN.
• Geregelte Fruchtfolge bei mehr als 3 ha offener Ackerfläche: Jährlich mindestens vier
verschiedene Ackerkulturen aufweisen und maximale Kulturanteile beachten oder An­
baupausen einhalten.
• Geeigneter Bodenschutz bei mehr als 3 ha offener Ackerfläche in der Ackerbauzone
bis und mit Bergzone I: Bodenschutzindex von 50 Punkten (Gemüsebau: 30 Punkte).
• Auswahl und gezielte Anwendung von Pflanzenbehandlungsmitteln: Einschränkung bei
Vorauflauf-Herbiziden, Granulaten und Insektiziden. Schadschwellen sowie Prognosen
und Warndienste berücksichtigen. Unbehandelte Kontrollfenster bei Wachstumsregula­
toren im Getreide, bei Fungiziden im Raps und bei Sonderbewilligungen.“ (SCHWEIZER
BUNDESAMT FÜR LANDWIRTSCHAFT 2005).
Aufgrund der mehrjährigen Schweizer Erfahrung mit der Entkopplung und den dazu nöti­
gen Beratungsleistungen bietet sich ein Blick in die Schweiz an, wenn es darum geht,
mögliche Anforderungen und Effekte der Cross-Compliance-Regelungen und der dazuge­
hörigen Beratung einzuschätzen.
Beratung
Die zur Einführung des ÖLN nötige Information und Beratung hat vorrangig die Offizialbe­
ratung übernommen, da andere Beratungsformen über private Beratungsbüros oder die
Verbandsberatung in der Schweiz eine eher geringe Bedeutung haben (PETER 2005).
Aufgaben der Offizialberatung waren flankierend zur Einführung der Entkopplung eine flä­
chendeckende Information und die Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen. Sie er­
arbeitete außerdem mit den Bauernfamilien Pläne zur individuellen Umstellung des Betrie­
bes auf die neuen Gegebenheiten (KELLER 2004).
- 75 ­
Kontrolle
Die Kontrollfunktion nehmen in der Schweiz im Gegensatz zur Beratung nicht staatliche
Stellen, sondern zum Großteil private Organisationen war. Die Kontrollorganisationen wer­
den nach der EN45004 akkreditiert und unterliegen jährlichen Audits.
Die Kontrollen auf den landwirtschaftlichen Betrieben sind mit Hilfe von einheitlichen Kon­
trollberichten und Kontrollhandbüchern standardisiert und finden etwa alle 3 Jahre statt.
Beratungsbedarf und Aufgabenwahrnehmung
Die Bedeutung der Offizialberatung war insbesondere in den ersten Jahren nach der Ein­
führung der IP respektive ÖLN sehr groß. Ohne eine gut funktionierende Offizialberatung
wären die Programme wohl nicht so zügig und flächendeckend angenommen und akzep­
tiert worden. Heute arbeiten etwa 90 % aller landwirtschaftlichen Betriebe nach den Rege­
lungen des ÖLN (KELLER 2004).
Mit der Zeit wurden die Kontrollorgane, die eigentlich eine reine überwachende Aufgabe
zur Einhaltung der jeweiligen Regelungen hatten, zu Konkurrenten der Offizialberatung.
So hat sich im Laufe der Zeit ein Verhalten der Landwirte etabliert, im ersten Schritt bei
Fragen zu Grenzwerten die Kontrollorganisationen zu kontaktieren. Dadurch hat der Be­
darf der Landwirte nach weiterführender, umfassender Beratung abgenommen und die Of­
fizialberatung ist zum Teil durch die Kontrollorganisationen verdrängt worden (KELLER
2004).
- 76 -
5.3
Fazit aus der Betrachtung der Nachbarstaaten
Ähnlich wie die Bundesrepublik Deutschland sehen sich auch Österreich, Dänemark und die
Niederlande vor die Aufgabe gestellt, bis 2007 ihren Landwirten ein System zur CrossCompliance-Beratung anzubieten. Während also die Anforderungen an alle Mitgliedstaaten
identisch sind, so hat die Betrachtung gezeigt, dass die Pläne zur Umsetzung der Bera­
tungsverpflichtung vielfältig sind. Eines aber haben alle Strategien der EU-Mitgliedsländer
gemeinsam: – Sie planen alle die neu einzuführende Cross-Compliance-Beratung in ihr be­
reits bestehendes landwirtschaftliches Beratungssystem einzugliedern und in die bestehen­
den Strukturen einzubinden, anstatt neue Strukturen aufzubauen.
Die genauen Pläne zur Umsetzung der Beratungsverpflichtung sind z. Zt. wenig konkret,
was auch darauf zurückzuführen ist, dass sich die Überlegungen zur Implementierung der
Cross-Compliance-Beratung noch im Anfangsstadium befinden. Dies wird insbesondere
daran liegen, dass der wichtige Aspekt der Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt noch we­
nig geklärt scheint.
Am Beispiel Dänemark ist jetzt schon erkennbar, dass die Cross-Compliance-Beratungs­
verpflichtung auch dazu genutzt werden wird, innerhalb der bestehenden Beratungs­
strukturen innovativ tätig zu werden und die Beratungsbetreuung der Landwirte zu opti­
mieren. Am Beispiel Dänemark wird darüber hinaus deutlich, dass solche kundenorien­
tierten Reformansätze auf einem freien Beratungsmarkt notwendig sind, um die Kunden
über eine verbesserte Beratungsdienstleistung langfristig zu binden.
Interessant ist neben der Betrachtung der Umsetzungspläne der EU-Mitgliedstaaten auch
die Betrachtung der Schweiz, da der ÖLN aufgrund seiner inhaltlichen Nähe zu den CrossCompliance-Verordnungen aufzeigen kann, welche Entwicklungen nach der Einführung
solcher Verpflichtung der Landwirte auf dem Beratungsmarkt stattfinden können.
Im Rahmen der Substitution der Offizialberatung durch die Kontrollorgane hat sich eine
eng umgrenzte Form der Beratung, die ausschließlich die Einhaltung der Regelungen zum
Ziel hat, etabliert. Durch diese Entwicklung ist das klassische Ziel der Beratung, nämlich
die Betriebsoptimierung und Hilfe zur Selbsthilfe, verdrängt worden durch eine Beratung,
die nicht dem Anspruch der Ergebnisoffenheit gerecht wird und mehr die Einhaltung der
Richtlinien als das Wohl des Landwirtes im Auge hat.
Kritisch muss diese Entwicklung auch deswegen gesehen werden, da ein solcher Automa­
tismus nicht dem Landwirt helfen kann, die Prozesse und Stoffflüsse seines Betriebes
besser zu verstehen und zu erfassen, wie es ein erklärtes Ziel der Cross-ComplianceRegelung ist (EU-VO 1782/2003, Absatz 8), sondern ihn zu einem reinen Pflichterfüller
macht und die Betriebsberatung zu einem Instrument der Einhaltung der Richtlinien de­
gradiert.
- 77 ­
6
Vorschläge zur Entwicklung der Beratungs­
systeme in Deutschland In dem abschließenden Abschnitt werden aus den bisherigen Darstellungen Überlegungen
zur Qualität von Beratungssystemen abgeleitet, und die Frage wird diskutiert, wie Bera­
tungssysteme auf die Anforderungen der Cross-Compliance reagieren können.
Wenn Beratung als ein Systemzusammenhang begriffen wird, dann ergeben sich drei
Subsysteme:
•
Die Politik, die Regeln vorgibt und für im öffentlichen Interesse erfolgende Aktivitäten
Mittel bereitstellt.
•
Die Landbewirtschafter, die Ziele erreichen wollen und dabei Bedarf an Unterstützung
haben.
•
Die Beratungsorganisationen oder Beratungsanbieter, die den Landbewirtschaftern Hilfe
zur Selbsthilfe bieten und mit den politischen Rahmenbedingungen arbeiten.
Zentral ist in diesem Zusammenhang das Subsystem Beratung, das aufgrund seiner Viel­
schichtigkeit eigenständig betrachtet werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das
Beratungssystem immer eine Vermittlerrolle zwischen den Erwartungen der Zielgruppen
und den Vorgaben der Träger ausüben wird. Die Entwicklung erfolgreicher Beratungs­
systeme wird sich also immer an den Erwartungen der beiden anderen Systeme orientie­
ren
müssen.
6.1
Anforderungen an ein Beratungssystem
Die Gesamtheit der Forderungen an ein Beratungssystem bezieht sich in der deutschen
Situation jeweils auf ein Bundesland, das die Verantwortung für dessen Gestaltung hat. Es
ist zu erwarten, dass die bereits begonnene Zusammenarbeit einzelner Bundesländer zu
weiteren Absprachen und Verbünden führen wird. Ebenso kann man davon ausgehen,
dass die marktwirtschaftlich organisierten Beratungsdienste der Nachbarstaaten, vor allem
aus den Niederlanden und Dänemark, in den grenznahen deutschen Regionen ihre Dienst­
leistungen anbieten werden.
Vor dem Hintergrund immer komplexer werdender Fragestellungen und dem in Kapitel 2
dargelegten Verständnis von Beratung lassen sich fünf Anforderungen an Beratungssys­
teme ableiten, die in der folgenden Tabelle zusammengefasst sind.
Innerhalb des jeweils betrachteten Bundeslandes können nicht alle Zielgruppen und alle
relevanten Themen von einer Beratungsorganisation abgedeckt werden. Die Qualitätsan­
forderungen zu den ersten beiden Punkten in Tabelle 11 werden somit von einer Organi­
sation nur in begrenztem Maße erfüllt. Die weiteren Qualitätsanforderungen gelten hinge­
gen für alle Beratungsanbieter.
- 78 -
Tabelle 11: Qualitätsanforderungen an Beratungssysteme
Landwirtschaftliche Beratungsbieter mit dem Ziel, Landwirte bei der Lösung ihrer aktuel­
len Probleme und Betriebsentwicklungsfragen zu unterstützen:
► arbeiten orientiert an Zielgruppen und ihrer Situation,
► bearbeiten relevante Themen und sind in der Lage, geeignete Hilfen und Lösungs­
vorschläge anzubieten,
► ermöglichen ergebnisoffene Beratungsprozesse auf Grundlage eines partner­
schaftlichen, auf Vertrauen basierten Verhältnisses zum Ratsuchenden,
► schaffen Arbeitsbedingungen für Berater, durch die sie flexibel und an die Situation
angepasst in den Beratungsfällen agieren, auf notwendige Information und zusätzli­
ches Expertenwissen zugreifen (Netzwerke) können und die ihre Qualifikation sicher­
stellen,
► sind in sich stimmig, indem sie die Anforderungen (Bedürfnisse der Zielgruppe, zu
bearbeitende Themen, eingesetzte Methoden und Voraussetzungen der Beratungs­
kräfte) auf einander abstimmen.
Die Beratungssysteme der Bundesländer sind heute pluralistisch organisiert. Sie weisen
eine Mehrzahl von Beratungsorganisationen auf, wobei die staatlich angebotenen oder un­
terstützten Beratungsorganisationen aufgrund finanzieller Restriktionen ihre Angebote zu­
nehmend einschränken. Um die oben dargestellten Anforderungen an ein Beratungssys­
tem erfüllen zu können, muss die Gesamtheit der Beratungsangebote betrachtet werden,
d. h. nicht nur die staatlichen oder mit staatlichen Mitteln ganz oder teilweise finanzierten
Beratungsangebote. Zu dem so verstandenen Beratungssystem gehören auch die nicht
vom Staat sondern von Unternehmen, Organisationen oder den Betroffenen selbst getra­
gen Organisationsformen der Beratung. Aus dem Blickwinkel des Landwirts ist das ganz
selbstverständlich, da er aus verschiedenen Quellen Angebote erhält, die in unterschiedli­
cher Form „Beratung“ offerieren. Wie allerdings im einleitenden Kapitel 2 dargestellt, las­
sen sich unter einem klaren begrifflichen Verständnis von Beratung, das auch einer wis­
senschaftlichen Analyse standhält, bei weitem nicht alle Angebote als Beratung einordnen.
Jeder Landwirt weiß, dass er von der Produktberatung eines Herstellers von Pflanzen­
schutzmittel eine andere „Beratung“ zu erwarten hat als von dem Berater eines staatlichen
Beratungsdienstes.
Die öffentliche Hand hat dabei zwei Einflussbereiche. Sie kann zum einen Beratungsinhal­
te und -aufgaben, die sich nicht marktwirtschaftlich und durch die Nachfrage der Landwirte
regeln, aktiv fördern, indem sie entweder entsprechende Aufträge an Beratungsorganisati­
onen vergibt und finanziert oder den Landwirten finanzielle Zuschüsse für bestimmte Bera­
tungen anbietet. Die Förderung von Cross-Compliance-Beratung ist ein Beispiel für finan­
zielle Anreize für Beratung, die sich direkt an die Landwirte richten.
Darüber hinaus kann ihre Funktion künftig vor allem darin bestehen, für den Landwirt
Transparenz und eine Sicherung von Mindeststandards innerhalb des Beratungssystems
zu gewährleisten. Diese schlagen sich in drei Aufgaben nieder: Transparenz, Qualifizie­
rung und Strukturbildung.
- 79 ­
Tabelle 12: Strukturanforderungen an ein plurales Beratungssystem
Um in einem pluralen landwirtschaftlichen Beratungssystem,
► alle relevanten Teilzielgruppen anzusprechen oder abzudecken,
► alle wichtigen Themen zu bearbeiten,
► für die geeignete Kompetenz der Anbieter zu sorgen,
► geeignete Strukturen zu schaffen,
sind übergeordnete Anforderungen wesentlich:
► Transparenz über die bearbeiteten Themen und Ausrichtung auf Zielgruppen,
► Qualifizierungssysteme für die Sicherstellung des Angebots,
► Strukturbildung durch kommunikative Verknüpfungen der Akteure.
6.1.1
Transparenz
Eine Transparenz über die vorhandenen Beratungsangebote herzustellen, ist die grundle­
gende Voraussetzung, wenn das in einem Bundesland vorliegende Beratungssystem be­
wertet werden soll. Die Analyse von STEFFENS hat für das Bundesland Niedersachsen die
Breite und Differenzierung exemplarisch aufgezeigt (1989). Ähnliche quantitative Struktur­
bilder sind für andere Bundesländer sicherlich vorhanden. Dabei wird eine länderweise
Analyse nicht zu zutreffenden Ergebnissen führen, da viele nicht-staatliche Beratungsan­
gebote für mehrere Bundesländer angeboten werden. Nur eine bundesweite Analyse
könnte Mehrfachzählungen vermeiden und ein realistisches Bild erbringen.
Transparenz der Beratungsangebote muss die angebotenen Dienstleistungen nach Ge­
genständen, Bedingungen sowie personellen und sachlichen Potenzialen ausweisen.
Transparenz der Dienstleistungsangebote benötigen die Landwirte, um geeignete Aus­
wahlentscheidungen treffen zu können. Auch der Staat braucht die Transparenz, um Auf­
gaben oder finanzielle Unterstützungen sachgerecht zuweisen zu können. So kann die Si­
tuation eintreten, dass die gesamte Breite der Beratung zu den Cross-ComplianceRegelungen eine einzelne Beratungsorganisation nicht abdecken kann. Eine Zuordnung
von Teilaufgaben an andere Beratungsanbieter sollte sich dann nicht allein an sonstige
staatliche oder staatlich geförderte Beratungsorganisationen wenden, sondern zunächst
das gesamte Beratungssystem analysieren, um geeignete Partner zu finden.
6.1.2
Qualifizierung
Die Erbringung einer kompetenten Dienstleistung hängt vorrangig von der Qualifikation der
Dienstleister, im Falle der Beratung also von den Kompetenzen der Beraterinnen und Be­
rater, ab. Jede Beratungsorganisation hat ein System zur Qualifizierung der Beratungs­
kräfte. Für die staatlichen Beratungssysteme wurden diese in Kapitel 3 mit aufgeführt. Eine
Qualitätseinschätzung von Beratungsorganisationen erfordert neben der Klärung der Leis­
tungen und Konditionen, also der strukturellen Merkmale, auch eine Einordnung der pro­
zessualen Merkmale. Diese werden von den Beratungskräften bestimmt. Da Beratung als
- 80 -
eine personale Dienstleistung sich nicht direktiv steuern lässt (vgl. WOHLGEMUTH 1989),
sind die Beratungskräfte selbst ausschlaggebend für die Gestaltung der Beratungsprozes­
se. Hierfür benötigen sie eine entsprechende methodische Grundausbildung sowie eine
laufende Vergewisserung über ihre Vorgehensweisen und Erfahrungen. Kompetente Bera­
tungsorganisationen sollten daher neben der in der ersten Forderung genannten Transpa­
renz ihrer Dienstleistungen auch eine Transparenz über die Qualifizierung ihrer Bera­
tungskräfte vorweisen können.
Der Nachweis einer Mindestqualifizierung wird vor allem bei der Übertragung hoheitlicher
Aufgaben oder der Beratung zu hoheitlichen Funktionen eine Rolle spielen, wie sie bei der
Umsetzung der Cross-Compliance-Richtlinie erforderlich sein wird. Neben den jeweiligen
organisationsinternen Qualifizierungen sind bei der Betrachtung dieses Feldes die BasisQualifizierung, wie sie an den Universitäten und Fachhochschulen erfolgt, sowie bera­
tungsorganisationsübergreifende Qualifizierungen zu beachten, wie sie beispielsweise
durch das KTBL, den HLBS oder spezifische Projekte wie RENE erfolgen.
Ein bundesweit vereinheitlichtes, den EU-Verordnungen entsprechendes Beratungsange­
bot zu Cross Compliance erfordert, im Sinne einer Gleichbehandlung der Landbewirtschaf­
ter, auch vergleichbare Qualitätsstandards, so dass im GAK-Rahmenplan 2005-2008 auch
Kriterien für Beratungsanbieter formuliert wurden. Daher ist eine Abstimmung der Qualifi­
zierungskonzepte notwendig. Wie die Situation der Bundesländer zeigt (vgl. Kap. 3), ist die
Beraterfortbildung sehr unterschiedlich organisiert. Eine bundesweite Bündelung der Kom­
petenzen, wie sie in der Zusammenarbeit einiger Länder bereits angelegt ist, und eine
Verknüpfung mit weiteren Qualifizierungsanbietern könnten Standards definieren. Von ei­
ner solchen Institutionalisierung der methodischen Beraterqualifizierung ist zu erwarten,
dass sie einerseits den Stellenwert der methodischen Kompetenz deutlich macht. Ande­
rerseits kann sie der Einstieg in Qualitätssicherungssysteme in der Beratung sein.
6.1.3
Strukturbildung
Auf der Basis einer differenzierten Bestandsaufnahme und Kenntnis der Beratungssyste­
me der Bundesländer kann dann eine Bildung von Netzwerken, Kooperationen oder Koali­
tionen von Beratungsanbietern vorangebracht werden. Hierbei kann vor allem aus der
Sicht der Beratungsorganisationen nach Gemeinsamkeiten und Synergien gesucht wer­
den. Aus der Sicht des Staates wäre eine genauere Definition von defizitären Bereichen
sowie eine Abschätzung der Notwendigkeit öffentlicher Unterstützung möglich, die dann zu
einer Neuausrichtung der öffentlichen Beratungsangebote führen kann.
Berater – Landbewirtschafter
Für den Landwirt ergäbe sich die Möglichkeit, in Kenntnis seiner Problemsituation zielge­
richtet eine geeignete Beratung nachzufragen.
In vielen Fällen sind die Problemstellungen komplex und mancher Landwirt mit der ge­
nauen Problemidentifikation überfordert. Daher bietet die in Dänemark angedachte Kon­
struktion des Beratungssystems einen interessanten Ansatz. In komplexen Problemsitua­
tionen braucht der Landwirt weniger jemanden, der als Spezialist seine Situation voran­
bringen kann, als vielmehr einen breiter ausgerichteten Gesprächspartner, der ihn bei der
- 81 ­
genauen Situationsanalyse unterstützt und dem er persönlich vertraut. Somit ergibt sich
ein eher zweistufiges Beratungsgeschehen:
Der Landwirt wendet sich an einen Berater seines Vertrauens, der das Problem mit ihm
analysiert und bei Bedarf zu der Problemlösung Experten aus den jeweils erforderlichen
Bereichen hinzuzieht.
In dieser Rolle des unabhängigen Gesprächspartners für den Landwirt, der diesen bei der
Orientierung und Problemlösung unterstützt, aber Experten aus den unterschiedlichsten
Bereichen hinzuzieht, kann eine künftige Funktion der Beraterinnen und Berater der öffent­
lichen Beratungsorganisationen liegen.
Mit einer solchen Form von Beratung ist ein Problem verbunden, das sich aber am ehes­
ten in einer dem öffentlichen Interesse verpflichteten Organisation lösen lässt: Es gibt
kaum ein geeignetes Erfolgskriterium für Beratungstätigkeit in dieser Form. Ähnlich wie
vielleicht Sozialarbeiter müssten Beratungskräfte in dieser gerade skizzierten Aufgaben­
stellung eigenverantwortlich handeln. Ihre Leistung ist nicht nach der Anzahl der Fälle,
dem Umfang der Lösungen oder der Anzahl hinzugezogener Spezialisten zu messen. Er­
folgskriterium dieser Art von Beratungstätigkeit ist allein die langfristige Entwicklung der
Ratsuchenden. Auch eine kurzfristige Zufriedenheit oder Unzufriedenheit des Ratsuchen­
den kann kein Kriterium sein, da manche Veränderung einen Inkubationsprozess benötigt,
bevor ihr Sinn erkannt und die Umsetzung akzeptiert wird.
Forschung – Beratung
Aus der Betrachtung des landwirtschaftlichen Wissenssystems, wie sie in Kapitel 2.3 auf­
geführt wurde, ergibt sich eine weitere Vielzahl von Möglichkeiten für Verknüpfungen und
Netzwerke. Darunter spielt die Forschungslandschaft für die Beratungspraxis eine bedeu­
tende Rolle, da Forschungseinrichtungen je nach Aufgabenschwerpunkten Vorleistungen
für Beratung erbringen, d. h. neue Erkenntnisse, oder auch die Aufbereitung und Verbrei­
tung des Forschungswissens für Berater und Landwirte selbst. Sind die Bezüge zwischen
Forschung und Beratung (und Landwirten) nicht institutionalisiert, so werden vergleichs­
weise unsichere informelle und kooperative Lösungsansätze gesucht (vgl. AENIS 2002, 99
und 175). Die Einflussmöglichkeiten seitens der Länder sind hier:
• Institutionalisierung von Wissensgenerierung und -weitergabe, wie es bspw. durch die
Forschung und Beraterweiterbildung an einer Reihe von Landesanstalten geschieht,
•
die Förderung kommunikativer Ansätze, offener Lernprozesse und von Netzwerkbil­
dung, wofür die Niederlande als Beispiel aufgeführt werden (AENIS et al. 2002, 175),
•
die Auftragsvergabe in kommerziellen Beratungssystemen, indem bspw. die Erstellung
von Beratungsmaterialien als Leistung und Produkt von privaten Beratungsorganisati­
onen durch die Landesregierung nachgefragt und vergütet wird (AENIS et al. 2002, 99).
•
6.2
Einbindung neuer Aufgaben in ein Beratungssystem
Mit den Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft zu Cross Compliance und den
damit verbundenen Auflagen an die Mitgliedsländer, ein Beratungssystem aufzubauen,
das die Landwirte bei der Umsetzung dieser Richtlinien unterstützen kann, kommen auf
- 82 -
die Beratungssysteme neue Aufgaben zu. In Deutschland besteht in allen Bundesländern
jeweils ein differenziertes Beratungssystem, so dass die Aufgabe sich darauf bezieht, die
neuen Beratungsgegenstände in die bestehenden Systeme zu integrieren.
Bezogen auf die in Kapitel 4 dargestellten Richtlinien ergibt sich folgende Struktur:
•
Mit den in den Cross-Compliance-Richtlinien festgelegten Vorgaben werden Begren­
zungen definiert, innerhalb derer sich das Handeln von Landwirten bewegen soll. Dies
ist im Kern ein Kontrollauftrag.
•
Gleichzeitig wird darauf gezielt, den Landwirten die Einsicht in den Sinn der Regelvor­
gaben zu vermitteln, die eine Nachhaltigkeit der Landbewirtschaftung sichern können.
Dies ist im Kern ein Bildungsauftrag.
•
Für den Landwirt stellt sich die Frage, wie er bei Einhaltung der Vorgaben der Verord­
nungen seine Handlungsfelder so entwickeln kann, dass er auch künftig durch Land­
bewirtschaftung den Lebensunterhalt seiner Familie sichert. Dies ist im Kern eine Be­
ratungsaufgabe.
Für die Umsetzung der Beratung zu Cross Compliance ergeben sich also drei Aktivitäts­
felder, die in der Gestaltung der Prozesse und Interaktionen mit den Landwirten deutlich
unterscheidbar sind.
1. Information und Bildung („Verordnungsberatung“):
•
•
Sie erläutert und kommuniziert die durch die Verordnung festgesetzten Grenzen.
Gleichzeitig bietet sie Weiterbildungsangebote für die Landwirte an, in denen ihnen die
Hintergründe, Zusammenhänge und Handlungsmöglichkeiten vermittelt werden.
2. Kontrolle:
•
•
Sie gewährleistet durch stichprobenhafte Erhebungen die Einhaltung der Verordnun­
gen.
Sie informiert den Landwirt über die bei ihm gefundenen Werte und deren Relation zu
den vorgegebenen Standards.
3. Unternehmensberatung:
•
Ihr Ziel ist es, den Landwirt bei der Entwicklung von betrieblichen Anpassungs- und
Reaktionsmöglichkeiten zu unterstützen. Nicht die Grenzen, sondern die Überwindung
von Begrenzungen und die Entdeckung innovativer Handlungsoptionen stehen dabei
im Vordergrund.
•
Solche Form von Beratung wird vom Landwirt aktiv nachgefragt.
•
Ihre Inhalte sind kaum standardisierbar und werden entscheidend von den betriebli­
chen und persönlichen Potenzialen der Unternehmerfamilie bestimmt.
- 83 ­
Überträgt man diese Überlegungen in das eingangs genutzte Strukturbild des Beratungs­
systems, so ergibt sich die in der folgenden Darstellung 10 abgebildete Skizze.
Abbildung 10:
Gegenüberstellung von Verordnungs- und Unternehmensberatung
Politik - Ziele
Mittel
Auftrag
„Verordnungsberatung“
Unternehmens
beratung
Ziele und
Arbeitsprogramm
Beratungsmethoden
und -hilfsmittel
Zielgruppen und
ihre Probleme
Beratungsinhalte
(Lösungsalternativen,
Empfehlungen)
Mittel
Auftrag
Beratungsorganisa­
tion und -personal
Interaktion
Landwirte
In dem Beratungssystem können beide Aufgabenstellungen abgebildet werden. Unter dem
Stichwort „Verordnungsberatung“ findet sich dann die durch politische Vorgaben beauf­
tragte und auch durch öffentliche Mittel unterstützte Informations- und Bildungsarbeit.
Mit dem Stichwort Unternehmensberatung verbunden ist die von Landwirten beauftragte
und auch durch Landwirte (zumindest mit-) finanzierte Form der Beratungsarbeit. In beiden
Fällen setzt das Beratungssystem diese Aufträge durch Interaktionen mit den Landwirten
um.
Unterschiedliche Lösungen sind hinsichtlich der Zuordnung dieser Aufgaben zu Organisa­
tionen im Beratungssystem möglich.
•
Einerseits ist es denkbar, beide Aufgabenstellungen in die Hand einer Organisation
zu legen. Damit sind Vorteile verbunden, die darin liegen, eine direkte Verbindung von
Informations- und Bildungsmaßnahmen zu Beratungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Dadurch kann Vertrauen in die Organisation gebündelt werden und Probleme können
besser aufgedeckt werden. Für die unterschiedlichen Aufgaben werden nur in wenigen
Fällen verschiedene Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Somit ergeben sich Nachteile
dadurch, dass die Mitarbeiter unterschiedliche Rollen wahrnehmen müssen und somit
ein hoher Anspruch an die Flexibilität und Methodenkompetenz gestellt wird.
- 84 -
•
Andererseits ist eine Trennung möglich, indem verschiedene Organisationen die
Aufgaben wahrnehmen. So wird in beiden Bereichen eine abgrenzbare Rollenzuwei­
sung möglich: In der Verordnungsberatung die Vermittlung der Regelungen und in der
Unternehmensberatung der betriebsindividuelle Umgang mit den Regelungen. Hier­
durch kann leicht eine Konfrontation zwischen den beiden Beratungsaufgaben entste­
hen.
•
Ein dritter Aspekt ergibt sich durch die in dem Zusammenhang von Cross Compliance
erforderlichen Kontrollen. Hierdurch wird möglicherweise eine dritte Organisation
kompetentes Personal für den Umgang mit den Verordnungen aufbauen. Erfahrungen
des in der Schweiz etablierten Kontrollsystems für den Ökologischen Leistungsnach­
weis zeigen, dass nach Kenntnis des Gesamtzusammenhanges Landwirte Informatio­
nen zu den einzuhaltenden Werten bei den jeweiligen Kontrollstellen abfragen. Dort
entwickelt sich ein Systemzusammenhang, in dem die Verordnungsberatung von der
Kontrollorganisation durchgeführt werden kann.
Bei der Entschließung über ein Beratungssystem zu den Cross-Compliance-Verordnungen
sollten unseres Erachtens daher folgende Überlegungen berücksichtigt werden:
1. Bei gleichen Regelungen sollten für die Landwirte auch ein vergleichbares Informati­
ons-, Bildungs- und Beratungsangebot geben. Somit bedarf es einer Mindestabstim­
mung der Bundesländer.
2. Bei gleichen Angeboten sollte auch die Qualität der Angebote vergleichbar sein. So­
mit bedarf es inhaltlicher Abstimmung der Informations- und Bildungsangebote.
3. Für die Qualifizierung der Beratungskräfte sollte ebenfalls ein bundesweit geltender
Mindeststandard definiert werden.
4. Der Aufbau und die Rolle eines Kontrollsystems sollte von Beginn an in die Überle­
gungen zur Gestaltung des Beratungssystems eingebunden werden.
- 85 ­
7
Zusammenfassung Geänderte Rahmenbedingungen rufen Anpassungsprozesse in der Landwirtschaft und – ex­
plizit im Beispiel der Cross-Compliance-Verordnung – Aufträge an die landwirtschaftliche
Beratung hervor. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Situation der landwirtschaftlichen
Beratung in Deutschland vor dem Hintergrund der Entwicklungen der EU-Anforderungen
zu analysieren. In Betracht gezogen werden dabei die Vielfalt der Organisationsansätze
landwirtschaftlicher Beratung in den Bundesländern sowie Ansätze und Erfahrungen aus
Österreich, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz. Grundlage der Betrachtung
bildet das Verständnis von Beratung als Hilfe zur Problemlösung und die daraus abgeleite­
ten Anforderungen an einen ergebnisoffenen Beratungsprozess.
Das aktuelle Bild der Beratungslandschaft ist durch weitgehende Konzentrationsprozesse
öffentlich finanzierter Beratung gekennzeichnet, die sich sowohl auf die Reduktion und Zu­
sammenlegung von Beratungsstellen als auch auf eine engere Definition der Kernaufga­
ben beziehen. Zwar nehmen teilweise selbst getragene oder vollständig kommerzielle Be­
ratungsangebote zu, jedoch werden Lücken insbesondere bei der sozio-ökonomischen
Beratung befürchtet und bei der Beratung solcher Betriebe, deren Zukunftsmodell nicht im
Flächenwachstum und der Intensivierung spezieller Betriebszweige liegt. Insgesamt ist
aber bundesweit von einem pluralen Beratungssystem auszugehen, in dem für verschie­
dene Zielgruppen unterschiedliche, zum Teil konkurrierende Beratungsanbieter, agieren.
Um in den pluralistisch organisierten Beratungssystemen Einfluss auf die Qualität und auf
das Angebotsspektrum zu nehmen, hat die öffentliche Hand zwei Einflussbereiche. Sie
kann Beratungsaufgaben und -inhalte, die sich nicht marktwirtschaftlich regeln, durch ent­
sprechende Auftragsvergabe an Beratungsorganisationen bzw. durch Beratungszuschüs­
se an die Landwirte finanziell fördern. Darüber hinaus bestehen ihre Einflussmöglichkeiten
darin, Transparenz über die vorhandenen Beratungsangebote herzustellen, zur Qualifizie­
rung der Beratungskräfte beizutragen und möglichst bundesweit einheitliche Maßstäbe zu
setzen, sowie bei der Strukturbildung öffentlicher Beratungsangebote gerade in unsiche­
ren, komplexen Problemsituationen für entsprechende Anlaufstellen zu sorgen.
Bei der Einbindung neuer Aufgaben in Beratungssysteme muss die Analyse der hinzuge­
kommenen Ziele und Inhalte erfolgen und die Frage geklärt werden, von wem die Aufga­
ben geleistet werden (können). Bei genauerer Betrachtung der in der Cross-ComplianceVerordnung formulierten Ziele und Inhalte für Beratung ergeben sich außer den Bera­
tungsaufgaben, wie wir sie im eigentlichen Sinne verstehen, auch eine Reihe von Informa­
tionsaufgaben, Maßnahmen in der Bildung und Kontrollaufträge. Vereinfacht gegenüber­
stellen lässt sich eine „Verordnungsberatung“, bei der Auftrag und Ziele von der Politik
vorgegeben sind, und eine „Unternehmensberatung“, für die der Landwirt Auftraggeber
und Klient ist und bei der die Mittel abhängig vom Bedarf gewählt werden. Es stellt sich
dabei nicht nur die Frage, inwieweit diese Aktivitätsfelder in einer Hand liegen können oder
sollen, sondern auch welches Kontrollsystem aufgebaut wird, das ebenfalls zur Informati­
ons- und Kompetenzstelle werden kann. Bundesweit betrachtet sollten außerdem verstärkt
Abstimmungen über Umfang und Qualität der Beratungsangebote in die Überlegungen
einbezogen werden, um Landwirten bei gleichen Regelungen ein vergleichbares Angebot
geben zu können.
- 86 -
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9
Anhang
Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003:
Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Artikel 3 und 4
A.
Ab dem 01.01.2005 anwendbar
Umwelt
1. Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung
der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 103 vom 25.04.1979, S. 1)
Artikel 3, Artikel 4
Absätze 1, 2 und 4,
Artikel 5, 7 und 8
2. Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den
Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte ge­
fährliche Stoffe (ABl. L 20 vom 26.01.1980, S. 43)
Artikel 4 und 5
3. Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Artikel 3
Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klär­
schlamm in der Landwirtschaft (ABl. L 181 vom 04.07.1986, S. 6)
4. Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz
der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen
Quellen (ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1)
Artikel 4 und 5
5. Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der na­
türlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl.
L 206 vom 22.07.1992, S. 7)
Artikel 6, 13, 15
und Artikel 22
Buchstabe b)
Gesundheit von Mensch und Tier
Kennzeichnung und Registrierung von Tieren
6. Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die
Artikel 3, 4 und 5
Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (ABl. L 355 vom 05.12.1992,
S. 32)
7. Verordnung (EG) Nr. 2629/97 der Kommission vom 29. Dezember 1997
mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Ra­
tes im Hinblick auf Ohrmarken, Bestandsregister und Pässe im Rahmen
des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern (ABl. L
354 vom 30.12.1997, S. 19)
Artikel 6 und 8
8. Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeich­
nung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rind­
fleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verord­
nung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl. L 204 vom 11.08.2000, S. 1)
Artikel 4 und 7
- 96 -
B.
Ab dem 01.01.2006 anwendbar
Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze
9. Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehr­
bringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.08.1991, S. 1)
10. Richtlinie 96/22/EG des Rates vom 29. April 1996 über das Verbot der
Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer
Wirkung und von â-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Auf­
hebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG
(ABl. L 125 vom 23.05.1996, S. 3)
Artikel 3
Artikel 3, 4, 5 und 7
11. Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des
Artikel 14, 15, Arti­
Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze kel 17 Absatz 1, Ar­
und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäi­ tikel 18, 19 und 20
schen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Ver­
fahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 01.02.2002, S. 1)
12. Verordnung (EG) Nr. 999/2002 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und
Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl.
L 147 vom 31.05.2001, S. 1)
Artikel 7, 11, 12, 13
und 15
Meldung von Krankheiten
13. Richtlinie 85/511/EWG des Rates vom 18. November 1985 zur Einfüh­
rung von Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche (ABl. L 315 vom 26.11.1985, S. 11)
Artikel 3
14. Richtlinie 92/119/EWG des Rates vom 17. Dezember 1992 mit allgemei­
nen Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung bestimmter Tierseu­
chen sowie besonderen Maßnahmen bezüglich der vesikulären Schwei­
nekrankheit (ABl. L 62 vom 15.03.1993, S. 69)
Artikel 3
15. Richtlinie 2000/75/EG des Rates vom 20. November 2000 mit besonde­
ren Bestimmungen für Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der
Blauzungenkrankheit (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 74)
Artikel 3
C.
Ab dem 01.01.2007 anwendbar
Tierschutz
16. Richtlinie 91/629/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Min­
destanforderungen für den Schutz von Kälbern (ABl. L 340 vom
11.12.1991, S. 28)
Artikel 3 und 4
17. Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Min­
destanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. L 340 vom
11.12.1991, S. 33)
Artikel 3 und Artikel
4 Absatz 1
18. Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz land­
wirtschaftlicher Nutztiere (ABl. L 221 vom 08.08.1998, S. 23)
Artikel 4
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Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003: Erhaltung in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5 Gegenstand
Standards
Bodenerosion:
–
Schutz des Bodens durch geeignete Maßnah­
men
Mindestanforderungen an die Boden­
bedeckung
–
An die standortspezifischen Bedingungen
angepasste Mindestpraktiken der Boden­
bearbeitung
–
Keine Beseitigung von Terrassen
–
Gegebenenfalls Standards für die Frucht­
folgen
Organische Substanz im Boden:
Erhaltung des Anteils der organischen Substanz
im Boden durch geeignete Praktiken
–
Weiterbehandlung von Stoppelfeldern
–
Geeigneter Maschineneinsatz
Mindestmaß an Instandhaltung von Flächen:
–
Mindestmaß an landschaftspflegerischen In­
standhaltungsmaßnahmen und Vermeidung
einer Zerstörung von Lebensräumen
Mindestbesatzdichte und/oder andere ge­
eignete Regelungen
–
Schutz von Dauergrünland
–
Keine Beseitigung von Landschafts­
elementen
–
Vermeidung unerwünschter Vegetation auf
landwirtschaftlichen Flächen
Bodenstruktur:
Erhaltung der Bodenstruktur durch geeignete
Maßnahmen
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