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Der Pfeil
und sein Bogen
Über die Entwicklung und
Formenvielfalt einer
Distanzwaffe im Wandel der
Zeiten und Kulturen
Eine Ausstellung von Peter Vohryzka
Gewidmet meinem Sohn Felix
Vorwort:
‚Der Pfeil und sein Bogen‘ – eine Ausstellung.
Als mich Frau Susanne Niebler, die engagierte Leiterin des hallstattzeitlichen Museums in
Großklein, gefragt hat, ob ich nicht einen kurzen Begleittext für die momentan laufende
Ausstellung zusammenstellen könnte, war mir der Umfang dieser Broschüre noch nicht
bewusst. Ich dachte an ein paar Zeilen zu den wichtigsten Exponaten, hier eine kurze Info, da
ein Kommentar, ein paar Seiten halt. Nun sind es beinahe 50 Seiten geworden und ich habe
mich dabei noch kurz fassen müssen! Zu umfangreich ist die Geschichte des Bogens, zu
verzweigt sind die unterschiedlichen Blüten welche dieses Jagd-, Kriegs- und Sportgerät in den
verschiedenen Kulturen und Epochen getrieben hat. Und
dennoch ist es nur ein kurzes Schlaglicht auf eine Entwicklung
unserer Vorfahren, deren Bedeutung nicht viel hinter jener des
Feuermachens oder des Rades steht.
Denn, was wäre gewesen, wenn…?
Wenn wir den Bogen nicht erfunden hätten? Tja, es gibt einen
Kontinent auf dem wir einen Blick in dieses Paralleluniversum
werfen können: Australien.
Die Aboriginees haben vor mehr als 50.000 Jahren ‚Down
Under‘ besiedelt. Sie kannten die Kunst des Feuermachens,
hatten Speerschleudern mit dabei und erfanden den Bume-rang
als Jagdwaffe. Aber Pfeil und Bogen haben sie niemals
kennengelernt! Ein interessantes Gedankenexperiment!
Mich persönlich interessieren die Menschen! Anthropologie,
Soziologie, Psychologie und all ihre verwandten Disziplinen.
Zudem möchte ich wissen woher ich komme, wo meine Wurzeln
liegen! Und auf experimentalarchäologische Weise Pfeile und
Bögen aus den vergangenen Menschheitsepochen nachzubauen verbindet mich auf ganz besondere Weise mit meinen
Vorfahren. Es ist ein Weg für mich zurück in die Geschichte der
Menschheit, in meine eigene Vergangenheit. Eine Pfeilspitze in
der Hand zu halten die einer meiner Vorfahren vor tausenden
von Jahren aus einem Stein geschlagen hat berührt mich auf
seltsame Weise. Relikte und Artefakte verbinden, schlagen
Brücken und lassen uns im besten Fall auch etwas lernen!
Ich lade Sie ein!
Lassen Sie sich auf diese Ausstellung ein!
Peter Vohryzka, Amateur
(wobei ‚Amateur‘ davon kommt, dass jemand
etwas ‚mit Liebe‘, lat. ‚amor‘ macht)
Englischer Langbogenschütze
mit Eibenbogen, ca. 13. Jhdt.
Wie stark waren die Bogenschützen
tatsächlich?
(Mythen, Märchen und Tatsachen über die Zugkräfte
antiker und mittelalterlicher Bögen)
In der Mythologie der unterschiedlichsten Kulturen gibt es Berichte
über Menschen, Götter oder Halbgötter, die mit ihren Bögen extrem
hohe Zuggewichte ziehen konnten. Ob es nun Minamoto Tametomo in Japan war, der
für das Bespannen des Bogens fünf Männer benötigte und mit einem Pfeilschuss sogar
ein Kriegsschiff versenken konnte, ob es Odysseus in der griechischen Mythologie war,
dessen Bogen ebenso niemand spannen konnte als er selbst und mit dem er durch die
Öhre von 12 Äxten schoss (ehe er die Freier seiner Frau tötete), oder ob die Sprache nun
auf die ‚Langen Kerle‘ kam, die berühmten englischen Langbogenschützen des Hochund Spätmittelalters.
Aber gerade bei den englischen Langbogenschützen, die eine Durchschnittsgröße von
1,88 m hatten(!), kam uns vor Jahren die Archäologie zu Hilfe. Archäologen haben das
Wrack eines englischen Kriegsschiffes aus dem frühen 16. Jahrhundert gefunden. Aus
diesem mittlerweile berühmt gewordenen Schiff mit dem Namen ‚Mary Rose‘ wurden an
die 200 Eibenbögen geborgen und von Experimentalarchäologen nachgebaut. Die
dadurch ermittelten Zuggewichte betrugen dabei zwischen 390 und 780 N!!!
Da dies lediglich eine abstrakte Zahl ist, können
Sie die Zugkraft an dieser Zugmaschine selbst
ausprobieren! Das eingestellte Zuggewicht entspricht in etwa jenem eines starken englischen
Langbogens.
Bitte seien Sie sich darüber im Klaren, dass die
englischen Langbogenschützen damit 6 – 8 Pfeile pro
Minute verschießen konnten!
Arthrotische Abnützungen an den Schultergelenken
der auf der ‚Mary Rose‘ gefundenen Skelette belegen,
dass die Bogenschützen damals tatsächlich
‚bärenstark‘ waren und heutigen Weltklassesportlern
um nichts nachstanden!
Wenn Sie es jedoch nicht schaffen sollten, an der
Zugmaschine den vollen Auszug zu ziehen, dann
müssen Sie deshalb nicht an sich selbst zweifeln: Die
meisten gefundenen Bögen der Antike und des
Mittelalters hatten lediglich ein Drittel dieser Zugkraft.
Nachbauten ägyptischer, skythischer und mittelalterlicher Bögen bestätigten, dass auch Frauen diese
Zuggewichte ziehen konnten und im Krieg sowie bei der Jagd auch einsetzten.
Um Großwild zu jagen bedarf es lediglich eines Zuggewichtes von ca. 200 N, also
etwas mehr als einem Viertel des hier eingestellten Zuggewichtes.
Neolithische Bögen
Die ersten
Bögen wurden vermutlich in Afrika verwendet und reichen (laut Funden
von Steinspitzen) bis in die ATERIEN-Kultur (18.000 bis 40.000 Jahre vor unserer Zeit)
zurück (Was aber nicht heißt, dass nicht auch schon bedeutend früher mit, inzwischen
vergangenen, Holz- oder Knochenspitzen gejagt wurde!).
Gebaut wurden diese Waffen höchstwahrscheinlich aus biegsamen Ästen, die über Feuer
oder Dampf gebogen wurden (siehe Bögen aus Afrika) bzw. wurden dünne Baumstämme
der Länge nach gespalten (siehe Bogen aus Palmenholz , Papua-Neu-Guinea).
Die ersten gefundenen Bögen Europas wurden aus Ulmenholz (um 6.500 v. Chr.), später
dann (nach der Veränderung der Flora nach der Eiszeit) zumeist aus Eibenholz gefertigt.
(Ein mehr als 17.000 Jahre alter Fund aus Kiefernholz, angeblich ein Bogenfragment, ist
umstritten.) Obwohl entsprechende Funde (noch) fehlen, denke ich, dass gewöhnliche
Jagdbögen ebenso auch aus den Ästen des Haselnussstrauches gefertigt wurden,
genauso, wie es naturverbundene Väter und Großväter auch heute noch ihren Kindern
und Enkelkindern zeigen („Pfitschipfeil“).
Nachbauten neolithischer Bögen
v. oben nach unten:
-
Ringkloster-Bogen (5.400 – 3.550 v. C., Ertebölle-Kultur, Dänemark, Ulme)
Möllegabet-Bogen (Dänemark) 6.500 v. C., Ulme
Möllegabet-Bogen (Dänemark) 6.500 v. C., Ahorn
Meare Heath-Bogen (Somerset/GB; 2.600 v. C.; Eibe)
Diorama (im Köcher): Eibenbogen von Ötzi (3.300 v. Chr.)
Detail: Ötzis Köcher, Pfeile und Eibenbogen
Die ältesten Pfeile
Die ältesten Hinweise auf die Nutzung des Bogens in Europa stellen Schaftfragmente aus
Stellmoor bei Hamburg dar. Die Funde können der Stielspitzengruppe zugewiesen werden,
einer Gesellschaft von Rentierjägern in Norddeutschland (ca. 11.000 Jahre alt).
Die Schäfte sind aus Kiefernholz und haben an einem Ende eine Sehnennocke in V-Form. Diese
diente der Aufnahme eines Vorschaftes aus Hartholz (siehe Nachbauten).
Zeichnerische Rekonstruktion eines Pfeiles aus Stellmoor
(STODIEK, PAULSEN 1996, 40, Abb. 39)
Pfeile
Im Mesolithikum (Mittelsteinzeit, um 10.000 – 5.500 v. Chr.) wurden
für den Schaft der Pfeile hauptsächlich Spalthölzer (Kiefer, Birke)
sowie junge, gerade Triebe des Hasel-, Schneeball- und
Hartriegelstrauches verwendet. Die Pfeilspitzen wurden mit
Birkenpechkleber und Sehnen am Holzschaft befestigt.
Pfeilspitze mit Seitenschneider (= größere Wundöffnung).
Trapez-Spitzen für die Vogeljagd. Die Spitze
schneidet sich durch die Federn der Vögel,
während eine herkömmliche Spitze von
Federn abrutschen kann.
Keulenpfeile für die Jagd auf Vögel und kleinere Pelztiere.
Die Wiege von Pfeil und Bogen….
Wie bereits erwähnt, stammen die ältesten Steinspitzen aus dem ‚Aterien‘, einer Kultur
die zwischen 18.000 und 40.000 v. Chr. in Afrika gelebt hat. Diese noch relativ großen und
einfach behauenen Spitzen (siehe Vitrine) sind umstritten. Denn sie können auch als
‚Atlatl-Spitzen‘ gesehen werden, die dem Bogen vorangegangene und lange Zeit über
parallel verwendete ‚Speerschleuder‘.
Manche Kulturen, wie zum Beispiel die Aborigines in Australien kannten weder Pfeil noch
Bogen sondern lediglich Atlatl und Bumerang als Distanzjagdwaffen.
Vitrine: ausgesuchte Köcher, sowie Pfeile (im Vordergrund z.B. Bogen und Giftpfeile der San
(Buschmänner))
Köcher mit 3 Pfeilen, Ostafrika(?), 19. Jh.
Hölzerner Korpus mit Ledergurt (beschädigt), Verschlusskappe
3 Köcher aus Tellem, Mali, WestAfrika, 47 – 49 cm
In den 60er Jahren von holländischen
Archälogen in den Höhlen der Steilhänge um
Bandiagara, am westlichen Ende der HomboriBerge gefunden.
Mittels C14 Methode auf das 11. – 15. Jhdt.(!)
datiert. Die Köcher zählen somit zu den ältesten
erhaltenen Köchern Afrikas!
Material: hölzerner Korpus, überzogen mit
Leder und organischen Materialien
Afrikanische Pfeilspitzen
Pfeilspitzen
klassische Dreieckform mit
Stielschäftung
Alter: 4.000 – 2.000 Jahre
Fundort: Sahara
div. afrikanische Pfeilspitzen (Eisen)
(v. oben: 3 x Burra-Kultur – ca. 1.000 n. Chr.,
4 x unbek. Pfeilspitzen Zentralafrika)
Pfeilspitzen
Knochen
Alter: ca. 1.000 – 1.500 Jahre
Fundort: Sahara
Antiker Jagd-Bogen mit Pfeil (Afrika)
Bogen des Nomaden-Volkes der Makonde aus dem Verbreitungsgebiet
zwischen Mocambique und Tansania am Malawi-See. (um ca. 1900)
Isoliert und resistent gegen
Einflüsse
von
außen
entwickelten die Makonde,
die
außergewöhnliche
Kunsthandwerker
(Holzschnitzer) sind, einen hohen
Grad ethnischen Selbstbewusstseins.
Makonde-Schnitzer in Dar-es-Salaam
Bogen / Pfeile vom Stamm der NAGA (Kopfjäger) ‚Nagaland/Westindien’
Naga ist ein Sammelbegriff für Volksgruppen im
Nordosten des indischen Subkontinents.
Herkunft: Der Hauptsiedlungsraum der Nagastämme liegt östlich von Assam und zieht sich bis
in den Nordosten Myanmars. Der indische Teil
dieses Gebiets wurde 1962 zum Bundesstaat
Nagaland.
Lebensweise: Viele der Nagastämme praktizierten früher Kopfjagd und lebten hauptsächlich
vom Ackerbau und Viehzucht.
Heutzutage geht man davon aus, dass sich der
Begriff Naga aus dem irmanischen Na ka
herleitet, was "durchlöchertes Ohr" bedeutet.
Bogen, Köcher und Pfeile eines unbekannten Stammes aus Afrika
(Originale, typ. Buschmann-Ausrüstung)
Afrikanischer Buschmann-Bogen (163 cm)
Lederköcher (58cm x 27cm), 37 Jagdpfeile mit Eisenschäften (ca. 67 cm)
Die San (auch: Buschmänner, Buschmenschen, Buschleute, Basarwa) waren die ersten
Bewohner des südlichen Afrikas und stehen möglicherweise sogar an der Wurzel des
menschlichen Stammbaums insgesamt, wie genetische Untersuchungen zeigen. Der
Begriff San geht auf die Bezeichnung der Nama in der Kapregion Südafrikas zurück. San
und Khoi Khoi werden oft als Khoisan zusammengefasst. Angaben über die erste
Besiedlung des südlichen Afrikas durch die San gehen weit auseinander: sie reichen von
etwa 10.000 Jahre bis 25.000 Jahre zurück. Die San pflegten einen nomadischen Jägerund-Sammler-Lebensstil. Im Laufe der Zeit wurden sie von Khoi Khoi-Gruppen, vor allem
aber ab dem 15. Jahrhundert von Bantu-sprechenden Gruppen immer weiter in unwirtliche
Gegenden abgedrängt.
Mit einer ausgewachsenen Körpergröße von 1,40 m bis 1,60 m
wurden die San manchmal als Pygmäen bezeichnet, stehen jedoch
mit diesen in keiner Relation.
San-Jäger
Die San jagen auch mit Wurfspeeren sowie Pfeil und Bogen, wobei die Pfeile, mit denen
sie z.B. Antilopen jagen, vergiftet sind mit der braunen Flüssigkeit aus dem Körper
gesammelter Diamphidia-Larven.
Ein besonderes Relikt: die ursprüngliche Jagdform des Menschen, die
Ausdauerjagd
Die älteste Form der menschlichen Jagd war die noch waffenlose Ausdauerjagd. Diese
beruht auf der gegenüber fast allen Säugetieren überlegenen Ausdauer des Menschen
beim Laufen. Schnelle Jäger wie Geparden, die kurze Zeit auf Geschwindigkeiten von
über 100 km/h kommen können, vermögen diese Geschwindigkeit nur wenige Minuten
durchhalten, weil sie sonst durch Überhitzung einen Kreislaufkollaps erleiden würden. Sie
müssen das Jagdwild beim ersten Versuch erreichen, sonst ist es entkommen. Auch
Löwen oder Wildhunde halten hohe Geschwindigkeiten nur kurze Zeit durch und müssen
sich mit Anschleichen oder Wegabschneiden und Einkreisen also Zusammenwirken im
Rudel behelfen.
Der durch die langen, relativ starken Beine und den aufrechten Gang für schnelles Laufen
gut gebaute Mensch kann dagegen mittels seiner etwa 2 Millionen Schweißdrüsen seinen
Körper effektiv kühlen und kann daher einen Lauf stundenlang durchhalten.
Die San erlegen noch heute schnelle Huftiere wie Zebras oder Steinböcke ganz ohne
Fernwaffeneinsatz, indem sie so lange hinter diesen herlaufen, bis diese entkräftet
zusammenbrechen.
Um ein Erwachsener zu werden, muss ein Junge ein größeres Tier zu Tode hetzen. Dies
geschieht im Alter von ca. 15 Jahren.
Bis zu 40 Stunden dauert etwa die Verfolgung einer großen Kudu-Antilope bis zu deren
Erschöpfung. Bezeichnet wird so eine Hetzjagd als „Der Große Tanz“.
Ihrem Empfinden nach werden die Jäger eins mit dem Wild, versetzen sich in das
Beutetier, ahnen seine Wege voraus und erlegen es zuletzt aus kurzer Distanz mit dem
Speer. Die getrockneten Fleischstreifen ergeben dann für viele Wochen eine wertvolle
Proteingabe.
Auch Aborigines in Australien jagen auf diese traditionelle Weise Kängurus.
San vor einer Zweighütte in Namibia
Bogen und Pfeile vom Stamm der YANOMAMI aus
Belem ‚Para’ / Amazonas /Orinoko
Bogen aus Ironwood (Pau Ferro), Pfeilschäfte
unbekannt (kein Bambus) mit Hartholzspitzen.
Diese Pfeile wurden und werden von den
eingeborenen Indianern hauptsächlich zur Jagd
auf Fische aber auch auf Affen und andere
kleinere Säugetiere verwendet.
Mitglieder der Yanomami
Bogen und Pfeile eines Eingeborenenstammes
von PAPUA-NEU-GUINEA
Bogen (1,70m) Limbumholz (schwarze Palme)
4 Vogel/Fischpfeile (1,40 – 1,50 m)
1 Schweinepfeil (1,23 m)
3 Kriegspfeile (1,04 m-1,15 m)
Papua-Neu-Guinea
Pfeilspitzen der Indianer Nordamerikas
In früheren Zeiten hatten die wenigsten Pfeile Spitzen aus Stein oder Knochen. Vielmehr
war es üblich die Pfeilschäfte einfach zu einer (hölzernen) Spitze zulaufen zu lassen.
Diese wurden bei Bedarf über dem Feuer gehärtet und waren ausreichend um Jagd auf
Kleintiere zu machen, die Notwendigkeit für Steinspitzen war nur selten gegeben.
Eine weitere Variante waren jene Pfeile mit einer verdickten Spitze. Dies sollte den Vogel
(oder anderes Kleinwild) betäuben bzw. töten. Auch dazu war es nicht notwendig eine
Spitze anzufertigen, ja die meisten solcher ‚Blunt‘-Pfeile (hat nichts mit ‚James‘ zu tun!)
hatten noch nicht einmal eine Befiederung.
Indianer-Pfeilspitzen (Nordamerika)
Nur einige wenige Exemplare, stellvertretend für
ca. 12.000(!) katalogisierte Formen und Größen.
Alter: ca. 13.500 v. Chr. – ca. 1900 n. Chr.
Für die Jagd auf Großwild hingegen fanden Spitzen aus unterschiedlichen Materialien
Verwendung.
Steinspitzen: Diese stehen Stahlspitzen in Hinsicht auf Härte und Schärfe um nichts
nach, ja sie reißen sogar eine größere Wunde als diese. Nachteil war die Bruchanfälligkeit
sowie der aufwändige Fertigungsprozess, vom Finden der geeigneten Steine (z.B.:
Feuerstein ‚Flint‘, Obsidian), dem geschickten Zurichten mit einem Hammerstein, der
Hitzebehandlung um den Stein besser spaltbar zu machen (Schwierig! Muss eine ganz
bestimmte Temperatur und Einwirkzeit haben!) bis zum eigentlichen Bearbeiten
(‚Abdrücken‘) der Steine mit Geweihspitzen.
An dieser Stelle sei gleich mit einem gängigen Missverständnis aufgeräumt: Die KLEINEN
Pfeilspitzen (bis ca. 4 cm lang; fälschl. sog. ‚Birdpoints‘) sind für die Jagd auf GROSSE
Tiere gedacht! Denn eine kleinere Spitze dringt tiefer ins Fleisch ein und verletzt somit
häufiger ein inneres Organ oder Blutgefäß bei der Tierjagd.
Knochen: Gelegentlich wurden auch Knochenspitzen verwendet. Bekannt sind solche
Funde für die Stämme der Kiowa, Stämme aus den Plains sowie von der Ostküste der
Vereinigten Staaten, auch in New Mexiko wurden einige gefunden. Knochenspitzen sind
leicht herzustellen aber aufwändiger zu schärfen! Die Kanten der Spitze wurden über
Feuer gehärtet.
Stahlspitzen:
Ungefähr seit dem Jahre 1700 wurden die Indianer (auch) mit
Stahlspitzen für ihre Felle bezahlt. Begonnen haben damit die spanischen Eroberer in
New Mexiko, bald darauf setzten sich die haltbareren Stahlspitzen im ganzen Land durch.
In den Plains waren 98 % der Spitzen aus Stahl, in anderen Gegenden wurden noch
längere Zeit hinweg traditionelle Steinspitzen verwendet (Westküste ca. 50:50; Apachen
und Schoschonen dito)
Typische Formen von Stahlspitzen
(nach: Hamm, Bows and Arrows oft the Native Americans)
Kupferspitzen:
Diese sind äußerst rar und wurden am ehesten noch von den
Stämmen im Bereich der großen Seen verwendet. Sie sammelten Kupfernuggets an der
Oberfläche auf und hämmerten sie zu Plättchen die sie dann zu Kupferspitzen rollten.
(Eine dieser ‚gerollten‘ Kupferspitzen ist in der Vitrine links unten ausgestellt.)
Zeitgenössische Nachbauten nordamerikanischer Bögen.
v.l.n.r.:
-
Osage-Orange-Bogen mit Pferdehaar (KOMANTSCHEN)
Cascara-Bogen (auch ‚Paddel-Bogen‘) der Indianer des Nord-Westens (HUPA,
KAOK, MODAC, CHINOOK etc.)
Osage-Orange mit Pferdehaar und Sehnenbacking (SIOUX)
Originalbogen (unbekannter Stamm, vermutl. frühes 20. Jhdt.)
Osage-Orange mit Pferdehaar und Sehnenbacking (SIOUX)
Osage-Orange mit Sehnenbacking (KIOWA)
Bogen mit Sehnenbacking und Schlangenhaut (unbek. Stamm)
Der querliegende, kurze Bogen ist ein ritueller Bogen der HOPI-Indianer (Original),
der z.B. bei zeremoniellen Regentänzen (von Kindern) verwendet wurde.
Nordamerikanische Jagdausrüstung
(Bogen, Pfeile, Rindenköcher)
Nachbau einer typischen Bogen-Jagdausrüstung der Indianer Nordamerikas (bes. der
Stämme des unteren Missouri-Bereiches). Der Bogen, ein
gewundener ‚Charakterbogen‘, ist aus Osage-Orange-Holz
gefertigt und auf der Rückseite mit Sehnen belegt. Zum
Schutz vor der Luftfeuchtigkeit habe ich das Sehnenbacking
mit der Haut zweier Klapperschlangen überzogen (Achtung
Artenschutz!) (Schlangenhäute haben die Indianer nur
gelegentlichverwendet, war nicht Standard!).
Die Pfeile sind aus Rohr gefertigt und haben selbstgemachte
Pfeilspitzen aus färbigem Feuerstein. Die Befiederung ist mit
Truthahnfedern gemacht, das Cresting (Bemalung/Kennzeichnung der Pfeile) erfolgte durch Schlangenhaut.
Den Köcher habe ich aus der Rinde eines im Frühjahr
geschälten Ahornbaumes gefertigt.
Der Bogen ist voll funktionsfähig, hat einen Auszug von ca. 50
Pfund und wurde bereits erfolgreich beschossen.
Pfeile
- Herstellung und Wissenswertes über Pfeile der Indianer
Nordamerikas –
„Die Bedeutung des Bogens beim traditionellen Bogenschießen wird
überbewertet. Viel wichtiger als ein guter Bogen sind die Pfeile! Man kann
mit einem mittelmäßigen Bogen und exzellenten Pfeilen sehr gut
schießen! Umgekehrt ist das nicht möglich.“
Byron Ferguson, weltbester Intuitiv-Bogenschütze
(Auf ‚Youtube.com‘ finden sich unglaubliche Schüsse dieses Meisters!)
Einen Bogen zu bauen ist eine relativ einfache Sache, einen guten Pfeil anzufertigen
hingegen ist ungleich schwieriger! Beim Pfeilebau zeigt sich der wahre Meister! Es
braucht eine lange Zeit an Erfahrung und Praxis um einen Zweig zu begradigen und in die
gewünschte Form zu bringen. Vom Schneiden eines Zweiges bis zum Abschuss des
fertigen Pfeiles kann man deshalb mit bis zu 6 Monaten und mehr rechnen!
Länge des Pfeiles
Aufgrund von verschiedener Verfügbarkeit der Ausgangsmaterialien (z.B. Zweige oder
Rohr) sowie unterschiedlicher Einsatzgebiete (vom Pferd aus oder zu Fuß) und natürlich
auch aufgrund von traditionellen Techniken der einzelnen Indianerstämme gibt es hier
eine große Bandbreite an Variationen.
Grundsätzlich kann man davon sprechen, dass jene Indianer die zu Fuß jagten zumeist
längere (65 – 80 cm) und aufwendiger gefertigte Pfeile verwendeten, wohingegen jene die
vom Pferde aus z. B. Büffel erlegten kürzere und qualitativ weniger gut gefertigte Pfeile in
ihren Köchern führten. Das hängt mit der unterschiedlichen Jagdtechnik zusammen:
Indianer zu Fuß mussten sich mühsam an das Beutetier heranpirschen und hatten oft nur
einen einzigen Schuss. Deshalb verwendeten sie längere Pfeile und Bögen, da diese
Kombination einen stabileren Pfeilflug und somit Jagderfolg garantierte. Vom Pferd aus
jagende Indianer ritten oft bis auf wenige Meter an ihre Beutetiere heran und mussten
wendig und rasch schießen können. Dafür verwendeten sie kürzere Bögen und Pfeile (55
– 65 cm), wobei letztere auch oft weniger aufwendig und genau gefertigt wurden.
Manchmal war es notwendig in rascher Folge den gesamten Inhalt des Köchers auf einen
Bison abzuschießen ehe dieser zu Boden ging.
Befiederung / Nockenform
Die zu Fuß jagenden Indianer verwendeten in der Regel kürzere Federn (7,5 – 15 cm),
und zwar damit diese beim Ziehen der Sehne nicht am Griff streiften. Das hätte ein
Geräusch verursacht und das Wild womöglich verscheucht. Zudem waren ihre Nocken
erhaben, das heißt breiter als der Pfeilschaft, was ein besseres Greifen des Pfeiles
sicherte. Den reitenden Indianer war es ziemlich egal ob der Bison neben ihnen nun hörte
wie sie ihren Bogen spannten, deshalb
verwendeten sie auch längere und
größere Federn an ihren Pfeilen (12,5 –
20 cm).
Beispiel: erhabene Nocken
Der Pfeilschaft
Dieser sollte biegbar aber doch steif sein und sollte seine einmal begradigte Form nach
Möglichkeit beibehalten. (Schäfte verwinden und verbiegen sich durch die Luftfeuchtigkeit
und Temperaturänderungen. Deshalb werden sie üblicherweise von Zeit zu Zeit wieder
über Feuer ‚ausgerichtet‘, d.h. begradigt.)
Als bevorzugte Harthölzer für Pfeilschäfte waren ‚Dogwood‘, Osage Orange‘ und
(amerikanische) Haselnuss gefragt. Bei Pfeilen aus Rohr wurde für gewöhnlich ein kurzer
Vorschaft aus Hartholz eingesetzt um ein Splittern des Schaftes zu verhindern.
Bemalung (Cresting) Die meisten Pfeilschäfte wurden mit einer oder zwei, in
seltenen Fällen auch mit drei Farben etwas über die Länge der Befiederung hinaus
bemalt. Und das VOR dem Aufbringen der Federn. Sinn dahinter war wohl, dass man
feststellen konnte, welcher Pfeil aus einer Jagdgruppe denn nun das Wild erlegt bzw. den
Feind zur Strecke gebracht hatte. Pfeile waren ein wertvoller, weil arbeitsaufwändiger
Besitz! Seine Pfeile nach der Jagd oder dem Kampf wieder zurück zu bekommen konnte
einem Indianer viel Zeit ersparen! Ursprünglich wurden natürlich Erd- und Pflanzenfarben
verwendet, heute erzielt man eine ähnliche Optik mit verdünnten Acrylfarben. Die
Hauptfarben waren Rot, Braun, Gelb, Schwarz und Blau, selten auch Grün. Manchmal
wurden auch die ersten paar Zentimeter nach der Spitze gefärbt, üblicherweise rot oder
schwarz.
Befiederung. Die Federn am Ende des Pfeiles sollen dafür sorgen, dass der Pfeil einen
ruhigen, geradlinigen Flug hat und nicht trudelt. Spiralförmig angebrachte Federn
versetzen den Pfeil in eine Drehung um seine Längsachse, was diesen Effekt noch
verstärkt. Federn von nahezu allen Vögeln wurden schon an Pfeile befestigt und erfüllen
ihren Zweck auch mehr oder weniger gut. Die nordamerikanischen Indianer bevorzugten
Adler, Falke, Bussard, wilder Truthahn, Gans und Eule. Wobei die Verwendung von
Schwanz- zu Schwingen(Flügel)federn sich in etwa die Waage hält. Nimmt man
Schwingenfedern, so sollte man allerdings darauf achten, dass alle Federn für einen Pfeil
stets von der gleichen Seite des Vogels stammen. Immer alle drei Federn für einen Pfeil
auf einmal verarbeiten! Die Federkiele mit einem Messer/Steinklinge der Länge nach
spalten. Den Kiel dünner und flach schaben (je dünner desto besser!). Die Federn in die
gewünschte Form schneiden (Schere, Messer,
Obsidianklinge) oder mit Feuer absengen. Die oberen
und unteren 3 – 5 Zentimeter des Kieles von den
Federhaaren befreien.
Federn anbringen. Federn können mit Sehnen und mit
(oder ohne) Kleber aufgebracht werden. Mit (Haut- oder
Fischleim-)Kleber ist mehr Arbeit, die Federn lösen sich
aber auch nicht so leicht wieder vom Schaft! Erst aber die Möglichkeit OHNE Kleber: Die
drei Federn werden am Ende etwa 2 Zentimeter umgeknickt und mit einer dünnen
(feuchten) Sehnenfaser umwickelt und somit an der richtigen Position am Schaft fixiert.
Das erfordert anfangs Einiges an Geschicklichkeit und Geduld! Dann werden sie am
anderen Ende provisorisch fixiert und an den überstehenden Federkielen stramm
gezogen. Ist man mit der Position der Federn zufrieden, dann kann man beide Enden
weiter mit Sehnenfäden festbinden. MIT Kleber erspart man sich das Umknicken der
Enden, fixiert sie auf einer Seite mit Sehnenfasern, bestreicht die Kiele mit Kleber und
presst diese an den Schaft. Dann die anderen Enden umwickeln, eventuell noch etwas
stramm ziehen bis die Kiele satt aufliegen, dann endgültig mit Sehne fixieren. Mindestens
einen Tag trocknen lassen! Besser länger. Überstehende Sehnenfasern nach dem
Trocknen (z. B. mit einem Nagelzwicker) entfernen.
Arbeitsschritte der Pfeilherstellung
1. Schneiden der Zweige: Pfeilschäfte werden am besten im Winter geschnitten, da
zu dieser Zeit am wenigsten Saft in den Zweigen ist. Dies vermindert beim
Trocknen die Gefahr des Verwindens des Schaftes oder des Aufsplitterns der
Schaftenden. Die Länge der Pfeilschäfte sollte gut 15 cm länger gewählt werden.
Die Zweige sollten schon vom natürlichen Wuchs her annähernd gerade und
ohne Äste oder Knoten sein.
2. Zu Bündeln binden (bei Bedarf schon vorher über Hitze begradigen) à 10 bis 20
Stück und für 4 – 8 Wochen an einem trockenen Ort lagern.
3. Nach ca. 2 Monaten die Rinde von den Zweigen schaben. Dazu nimmt man am
besten ein scharfes Messer oder eine Feuersteinklinge.
4. Mit einer Feile/Raspel (oder adäquaten Steinwerkzeug) wird nun der Länge nach
Material abgetragen. Dabei den Schaft ständig drehen um eine gleichmäßig
runde Form zu erreichen. Der Durchmesser des Rohlings sollte nun etwas über
dem des fertigen Pfeiles liegen. Liest sich leicht, aber…
5. Danach die Pfeilschäfte wieder bündeln und für weitere 2 – 6 Monate an ihren
trockenen, schattigen Platz zurücklegen.
6. Nach dem Austrocknen sind die Pfeilschäfte bereits deutlich härter geworden.
Nun wird der Durchmesser auf das finale Maß reduziert. Dies kann wieder mit
einer Klinge, einer feinen Raspel oder einem rauen Stein durchgeführt werden.
Für die Kontrolle des Durchmessers empfiehlt es sich einen Knochen oder ein
Stück Hartholz zu durchbohren und als Schablone zu verwenden.
7. Wenn man Jagdpfeile der Stämme aus den ‚Plains‘ machen möchte (erhabene
Nocken), so kann man entweder das letzte Stück des Schaftes von Haus aus
dicker lassen oder den Schaft die
letzten 15 cm bis zur Nocke hin
etwas verjüngen.
8. Danach
den
Schaft
mit
Schleifpapier glätten (220er –
320er)
9. Furchen machen. Bei vielen
Indianerpfeilen sieht man entlang
des Schaftes 2 bis 6 Kerben,
welche vom Ende der Befiederung
bis knapp vor die Spitze reichen.
Lange Zeit war man sich über die
Funktion dieser Rillen nicht im
Klaren. Heute weiß man, dass die mit einem Stück Knochen oder Metall
eingedrückten Längsfurchen dem Schaft größere Steifigkeit verleihen und dieser
sich bei Temperaturänderungen nicht mehr so leicht verzieht. Verwendet wird
dazu ein Rundholz mit einer Kerbe in die ein spitzes Stück Knochen (oder
Metall) eingesetzt wurde. Den Schaft auf eine eben Unterlage auflegen und mit
entsprechendem Druck die Längsrillen ziehen.
10. Nun die beinahe fertig gestellten Pfeilschäfte mit Fett/Öl bestreichen und
nochmals über Hitze begradigt. Das Fett/Öl verhindert dabei, dass das Holz
verkohlt bzw. erhält es für diesen Prozess die Wärme am Schaft länger. Die
Temperatur beim Begradigen ist dabei so hoch, dass man den Schaft nicht mehr
mit bloßen Händen anfassen kann; viele Originalpfeile haben daher auch
Bissmarken, was so viel heißt wie, dass der Pfeilebauer die heißen Schäfte mit
seinen Zähnen fixiert und mit seinen Händen gebogen hat. Man kann aber auch
Topflappen dazu nehmen und die Pfeile übers Knie biegen.
11. Die ‚fertigen‘ Schäfte über Nacht auf einer geraden Oberfläche ‚rasten‘ lassen.
(Bei Bedarf am nächsten Tag nochmals nachbiegen. Und am übernächsten Tag
abermals…)
12. Sind die Schäfte nun wirklich gerade, dann nochmals mit 400er – 600er
Schleifpapier abschleifen (oder, wer es authentischer möchte, mit getrockneten
Schachtelhalmstängeln).
13. Die Schaftoberfläche mittels eines harten Knochens (oder einer kleinen Flasche)
glätten. Das bringt nochmals einen merklichen Zuwachs an Festigkeit.
14. Die Nocken werden mit einem Messer (einer kleinen Feile, einer Keramiksäge)
in die Enden geschnitten. Wo man die Enden macht, von der Wuchsrichtung aus
gesehen oben oder unten, ist Geschmackssache. Es gibt sowohl Stämme,
welche die Nocken in das untere Ende des Zweiges schneiden, als auch andere,
die dies an das obere Ende verlegen. Wichtig ist lediglich, dass man an den
Nocken alle scharfen Ecken und Kanten gründlich abschleift, damit die
Bogensehne nicht durchgescheuert wird.
Der Indianerbogen
- Beispiel für die Herstellung eines Bogens der Indianer der Westküste
–
„Nimm einen Baum und schneide alles daran weg
das nicht nach Bogen aussieht.“
„Wie man einen Bogen baut“, Indianerweisheit
So einfach ist es nicht wirklich! Zumindest nicht für einen ‚Nicht-Indianer‘…
Im Folgenden werden deshalb exemplarisch die groben Arbeitsschritte für die Fertigung
eines kurzen, bemalten Flachbogens mit Sehnenbelag (sinew-backing) dargestellt
(siehe Bild). Ausgangsobjekt ist eine Eibe mit ca. 15 cm. Durchmesser. Diese Form der
Bögen war typisch für die Stämme der Westküste (z.B. Kalifornien), denen nachgesagt
wurde, sie könnten die ‚besten‘ Bögen herstellen.
Länge des Bogens
Auch bei der Länge des Bogens ist es, ebenso wie beim Pfeil, abhängig für welchen
Zweck der Bogen eingesetzt wird.
Grundsätzlich kann man wieder davon sprechen, dass jene Indianer die zu Fuß jagten
zumeist längere Bögen verwendeten (bis zu 1,80 m), wohingegen jene die vom Pferde
aus jagten eher kürzere und somit leichter zu handhabende Bögen schossen (ca. 90 –
120 cm).
Als Faustregel kann man auch sagen, dass der Bogen OHNE Sehnenbelag ca. 2 x die
individuelle Pfeillänge + 10 – 20% sein soll, wohingegen der Kurzbogen MIT Sehnenbelag
mit 2 x der Pfeillänge auskommt.
Das Holz
Beim Bogenholz waren natürlich auch die Indianer darauf angewiesen, welches Holz in
ihrer unmittelbaren Umgebung wuchs. Am begehrtesten waren dabei das sehr harte
‚Osage Orange‘ (benannt nach den Osage-Indianern und der intensiv gelb-orangen
Farbe des Holzes) und das Holz der Eibe (welches allerdings nur in höheren Lagen
wuchs und daher oft über hunderte Kilometer gehandelt wurde). Ebenso Verwendung
fanden Esche, Maulbeerbaum und Hickory. Geschnitten wurde das Holz üblicherweise
im Winter, denn da war das Holz am trockensten.
Trocknungszeiten
Ist ein Stamm des gewünschten Holzes erst einmal geschnitten (geschlägert), so
empfiehlt es sich, ihn trocken und schattig zu lagern und innerhalb der nächsten 6 Monate
in Bogenrohlinge von ca. 5 Zentimeter Breite (sog. ‚Staves‘) zu spalten. Dies verringert die
Trocknungszeit enorm.
Um das wertvolle Holz vor Schädlingen zu schützen sollte die Rinde abgenommen
werden und um Trocknungsrisse zu verhindern streicht man am besten die Schnittenden
mit Holzleim, Farbe oder anderen nur teilweise luftdurchlässigen Mitteln ein.
Bei den Trocknungszeiten selbst gibt es verschiedene Philosophien: Während die
englischen Langbogenbauer für mindestens 4 – 7 Jahre Trocknungszeit plädierten,
verarbeiten die Indianer ihre Rohlinge oft schon nach 2 Jahren. Manche Traditionalisten
schwören aber gar auf Holz mit 15 – 20 Jahren Trocknungszeit!
Wird ein Bogen mit einem Sehnenbacking versehen, so ist das Holz bereits nach einem
Jahr Trocknungszeit verwendbar.
Allerdings gibt es auch Indianer, die sogar das frisch geschlagene(!) Holz gleich zu einem
Bogen verarbeiten und ihn danach ordentlich einölen. Der Nachteil ist dabei, dass man
den Bogen sehr sorgfältig pflegen muss, da er sonst Trocknungsrisse bekommt und/oder
sich im Laufe der nächsten Monate und Jahre verzieht. Auch wird er innerhalb des
nächsten Jahres noch merklich härter, das heißt stärker, was ein Nachtillern erfordert.
Mit einem Wort: Trocknungszeiten sind Ansichts- und Erfahrungssache! Ich empfehle als
Faustregel 1 Jahr Trocknungszeit pro Zentimeter Durchmesser des Rohlings.
Dies ist zugleich ein guter Weg um sich in Geduld, einer sehr selten gewordenen Tugend,
zu üben! Wahre Bogenbauer erkennt man daran, dass sie dem Holz und seiner von der
Natur vorgegebenen Verarbeitungszeit gegenüber den nötigen Respekt aufbringen.
Vielleicht gibt es darum in unserer schnelllebigen und termingesteuerten Welt nur noch
wenige Bogenbauer…
Arbeitsschritte der Bogenherstellung:
1. Nach dem Schneiden und Trocknen des Holzes (siehe oben) wird es mit einer Axt
und einer Klinge in die gewünschte Form gebracht. Das Hauptkriterium dabei ist es,
jenen Jahresring, den man als Bogenrücken festgelegt hat, NICHT zu
durchtrennen! Dies würde eine Schwachstelle provozieren und der Bogen könnte
leichter brechen. (Ausnahme: Bei Bögen mit Sehnenbelag ist es nicht zwingend
erforderlich den äußersten Jahresring zu erhalten. Die Aufgabe der Zugaufnahme
übernehmen in diesem Fall die aufgeleimten Sehnenfasern.)
2. Dann werden Sehnen von Rentieren, Hirsch oder Büffeln getrocknet (ca. 2
Wochen), mit einem Stein oder Hammer geklopft und in feine
Sehnenfasern aufgespalten.
Sehnenverarbeitung
3. Als Bindemittel verwendeten die Indianer zumeist Haut- oder Fischleim. Besser
(aber teurer) ist Letzterer. Gewonnen wird der Fischleim aus den getrockneten
Fischblasen. Verarbeitet wurde dieser in früheren Tagen wie folgt: Eine Fischblase
in den Mund nehmen, kauen und
ordentlich einspeicheln. Wenn die
Masse im Mund zähflüssig wird, dann
in eine Steinschale spucken und
warmhalten (= flüssig). Wem dies zu
aufwändig (oder zu ekelig) ist, dem sei
Fertighautleim aus dem Bastlergeschäft
ans Herz gelegt! (Ich persönlich arbeite mit Hautleim und bin vollauf zufrieden
damit!)
4. Soll der Bogen eine ordentliche Vorspannung haben, so sollte er (vorsichtig!)
gegen seine Zugrichtung aufgespannt und während des gesamten Aufbringen des
Sehnenbelages inklusive des Trocknens so belassen werden!
5. Den Bogenrücken etwas aufrauen, die Sehnenfasern zu kleinen Bündeln
zusammenfassen, in den Leim tauchen und auf den Bogenrücken aufkleben. Dabei
sollten die einzelnen Bündel versetzt voneinander aufgelegt und sehr sorgfältig
glattgestrichen werden. Dies kann schon mal ein paar Stunden in Anspruch
nehmen.
6. Nach einer Woche Trocknungszeit mit einer Raspel (oder einem rauen Stein)
glätten und bemalen.
7. Zum Bemalen verwendeten die Indianer Naturfarben die sie aus diversen
zerstoßenen Mineralien und getrockneten Pflanzen oder Tieren (z. B. Fischaugen =
Schwarz!) gewonnen haben. Aufgetragen wurden die Farben einfach mit einem
kleinen, flachen Stück Holz oder, bei künstlerisch veranlagten Bogenbauern, mit
durch einen dünnen Federkiel gezogenen Fuchshaaren (= Pinsel!). Am häufigsten
findet man bemalte Bögen bei den Stämmen der Westküste, bevorzugte Motive
dort waren geometrische Figuren und Muster.
Als häufigste Farben wurden Rot (Ocker), Schwarz (aus Fischaugen)
und Grün (Beize aus wilden Zwiebeln) verwendet. Um ähnliche Farben
zu erzielen hat es sich bewährt verdünnte Acrylfarben zu verwenden.
Ockerfarbe
Originalköcher um 1880
Originalköcher mit
Perlenbestickung vor 1800
Pfeile aus verschiedenen Teilen der Welt
Detailansicht: Kompositpfeil (für Fischfang)
Mittel- oder Südamerika (um 1900)
Beispielhafte
Herstellung eines
Kompositbogens
Hier sieht man die Ausgangsmaterialien zur Herstellung eines Komposit- bogens. Darauf
im Detail eingehen würde den Rahmen dieser Ausstellung sprengen!
(Wer sich ernsthaft für Kompositbögen interessiert, dem sei das Buch ‚Kompositbogen, Geschichte &
Herstellung‘ (siehe Anhang) ans Herz gelegt.)
Man sollte u.a. wissen, dass die Wahl des Hornes sehr wichtig ist. Früher wurde
hauptsächlich jenes von Steinbock, Schaf, Ziege, Mufflon aber auch Widder bzw. jenes
mancher Rinderrassen verwendet. Allerdings war die Aufbereitung des Hornes dann sehr
arbeitsintensiv, da die kurzen Hörner begradigt, gebogen, entfettet (bes. Rinderhorn ist
sehr fett!) und übereinanderlappend montiert werden mussten. Um einen halbwegs
funktionstüchtigen Kompositbogen herzustellen braucht es einige Jahre an Erfahrung im
Bogenbau!
Hier am Tisch sieht man ein vorbereitetes und ein bereits montiertes Horn (in diesem Fall
vom Wasserbüffel), Sehnen (normalerweise vom Rentier, Hirsch oder Rind), Griffstück
und Ausfallenden (Siyas) aus Eibe, Esche oder anderen Harthölzern und den Korpus aus
Bambusholz. (Nomaden haben auch Birke verwendet, obwohl dieses funktionell eher
minderwertig ist… Aber was findet man schon in der Steppe? Der Korpus ist aber auch
nicht so wichtig wie das Horn oder gar der aufwändige Sehnenbelag!)
Die Sehnen mussten getrocknet (mind. 2 Wochen), geklopft (bis zu 2 Stunden pro Sehne),
aufbereitet und dann in mehreren (bis zu 7) Schichten sehr exakt und stets überlappend
mit Fisch- oder Hautleim auf dem Bogenrücken geklebt werden. Die Trocknungszeiten
belaufen sich zwischen den einzelnen Sehnenschichten auf mehrere Wochen, bis zur
Endtrocknung auf 6 Monate bis zu 2 Jahren!
„Der Kompositbogen ist der König der Bögen!“
Übrigens: Die ältesten gefundenen Kompositbögen sind um ca. 500 Jahre älter(!) als Ötzi!
(Sibirien, ca. 3.800 v. Chr.) Und auf Felszeichnungen (u.a. Levante) dargestellte Bögen
mit einem Alter von bis zu 5000 v. Chr. waren aufgrund ihrer Form ebenfalls nur in
Kompositbauweise fertigbar.
Skythischer Kompositbogen
‚Der Bogen des Odysseus‘
Stilrichtung: Skythisch
Datierung: 6. Jh. v. Chr.
Material: Holz; Horn; Sehne
Dieser Kompositbogen ist eine Neuanfertigung die sich an
griechischen Originalen orientiert.
Er ist, wie sein Vorbild aus der Antike, aus einem Holzkern
mit Horn- und Sehnenbelag aufgebaut, die Nockenenden
sind als Greifvogelschnabel gestaltet.
(Skythischer Bogenschütze,
ca. 520-500 v. Chr.)
Als Beigaben sind hier griechische Schienbeinschützer aus Bronze (Replikate), ein
persisches
Kurzschwert
mit
Ohrengriff
(Original) sowie ein Pfeil mit Bronzespitze
(Nachbau) arrangiert.
Griechische Pfeilspitzen
griech. Festland sowie Kolonien
ca. 8. Jh. - 2. Jh. v. Chr.
Oben: Skythische Tüllenpfeilspitzen
Bronze, 7. - 2. Jh. v. Chr.
(Urspr. Iranische Nomaden aus Südrussland;
verwendeten Bronze – leichtere Verarbeitung - obwohl Eisen bereits
seit dem 8. Jh. v. Chr. bekannt war)
Unten: Tüllenpfeilspitzen aus Baktrien
(Heute Nord-Afghanistan, Süd-Turkestan;
ebenfalls von Skythen und Baktren besiedelt)
Tibet / China
Beigaben:
Stiefel: Kinder- oder Frauengröße, um 1900
Helm: tibetischer Eisenhelm, Silbertauschierungen, um 1810
Goldhaube: traditionelle Kopfbedeckung einer ethnischen Gruppe in Tibet
Sonstige Utensilien: Pulverhorn, ‚Medizinbeutel‘?, Greifvogelfächer (Schamane)
Unten: Chinesische Repetier-Armbrust sowie div. Pfeilspitzen
Tibetischer Komposit-Bogen
Original, um 1800
Dieser Kompositbogen ist aus Horn, einem Holzkern sowie einem Sehnenbelag aufgebaut und mit Birkenrinde als Schutz gegen die Feuchtigkeit belegt.
Zusätzlich finden sich noch Reste einer floralen Bemalung in Rot, Grün und Schwarz auf
dem braunen Grund.
Die Sehne ist aus gedrillter Natursehne (wahrscheinlich Yak) gefertigt und mehrfach
repariert.
In Tibet (und China) finden auch heutzutage immer noch kulturelle Treffen statt, in deren
Rahmen Bogenschützen zum Wettstreit antreten. Dabei werden oft bis zu 200 Jahre alte
Bögen (Familienerbstücke) verwendet, jedoch nicht mehr zur Gänze ausgezogen.
Der Pfeil ist ebenso ein Original, hat eine dreiflügelige Bronzespitze und gehört zum
ausgestellten Bogen.
Detailansichten:
Griff
Sehnenbrücke
Chinesische Pfeilspitzen
(oben) Pfeilspitzen
Knochen,
Zungenschäftung
vermutl. Liao-Dynastie
(916 – 1125 n. Chr.)
(unten) Pfeilspitzen
Knochen; sog. ‚Pfeifende
Pfeile‘
vermutl. Liao-Dynastie
(916 – 1125 n. Chr.)
Pfeilspitzen - China
Feuerstein
vermutl. Shang-Dynastie
(1700 – 100 v. Chr.)
Pfeilspitzen - China
Querschneide- und Brandpfeilspitze
vermutl. Liao-Dynastie (916 – 1125 n. Chr.)
sowie Bronzespitzen aus der Wüste Gobi
Pfeilspitzen - China
Bronze
vermutl. Han-Dynastie (206 v. – 220 n. Chr.)
Chinesische Armbrustbolzen
Alter: Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.)
Material: Bronze (Spitzen) + Eisen (Schäftung)
Oben: Abzug einer Armbrust (Bronze, um 220 v. Chr., Zeitalter des Kaisers Qin Shi
Huang, der unterschiedliche Königreiche zum vereinten chinesischen Großreich
zusammenschloss (Terrakotta-Armee, Beginn des Baus der Chinesischen Mauer etc.)
Chinesische Repetier-Armbrust mit Mehrfachmagazin(!)
(Nachbau)
“Es kommt nicht auf die Größe an!”
Gegenüberstellung zweier Pfeile deutlich unterschiedlicher Größe:
Spitzen in Originalgröße
1. Eine mittelalterliche ‘Schwalbenschwanz-Spitze’, deren Funktion darin lag,
Pferden große Wunden zuzufügen und somit Ritter (= Reiter) zu Fall zu
bringen. Der Pfeil konnte aufgrund seiner mächtigen Spitzen nicht aus der
Wunde gezogen, sondern musste ‘durchgestoßen’ werden, was
verständlicherweise zumeist zum Tod des Reittieres führte.
2. Eine nur wenige Millimeter lange ‘skythische Bronzespitze’ mit
Tüllenschäftung. Diese waren für gewöhnlich in Gift getaucht und konnten
bereits durch geringe Verletzungen töten.
(‘toxa’ – griech. ‘Gift’ stammt von den skythischen Bogenschützen; heute
noch im lateinischen Namen für ‘Eibe’ = ‘taxus’)
Pfeilspitzen aus Metall im Laufe der Jahrtausende
Pfeilspitzen Bronze, Lurestan (älteste Region des Iran)
1./2. Jahrtausend v. Chr.
Römische Pfeilspitzen bzw. Ballistaspitze, Kaiserzeit
Mitteleuropa, 1. – 4. Jh. n. Chr.
(rechts unten: Nägel römischer Infanterieschuhe, sog. ‚caligae‘)
Pfeilspitzen hunnischer Völker
Mittelasien
ab dem 1. Jh. n. Chr.
Dreiflügelige und Flache
Schaftdorn-Pfeilspitzen
Awaren
ca. 6. Jh. n. Chr.
Ungarische/Awarische Pfeilspitzen
Schwarzmeerküste bis ungar. Tiefebene
ca. 8. Jh. n. Chr.
Wikinger-Pfeilspitzen
(9. – 12. Jhdt.)
Diverse Pfeilspitzen aus aller Welt (Originale)
Pfeilspitzen Neolithikum (um 5.500 –
1.600 v. Chr., Zeitalter ´Ötzis´)
Pfeilspitzen Bolivien (um 1.000 n. Chr.)
Pfeilspitzen Sahara, Auswahl
(ca. 2.000 – 6.000 J. alt)
Pfeilspitzen Obsidian
(Mexiko, neuzeitlich)
Pfeilspitzen Afrika (Tillemsi, ca. 8.000 v. Chr.)
Pfeilspitzen bronzezeitlich
(Europa, um 2.000 – 800 v. Chr.
Vorwiegend Bronzezeit, Rest Kelt-Iberer
und Kelten in Mitteleuropa)
div. Pfeilspitzen Nordafrika (um 3.000 v. Chr.)
Pfeilspitzen Mesolithikum
(um 8.000 v. Chr., Dänemark,
sog. ‚Querschneider‘)
Pfeilspitzen der sog. ‚Aterien-Kultur‘
(die ältesten erhaltenen Pfeilspitzen der
Welt; um 18.000 – 40.000 v. Chr.)
Der indische Bogen
Stahlbögen,
Indien, 18./19. Jhdt.; Zweiteilige,
schraubbare Stahlbögen aus Damaszenerstahl
mit
außenseitig
geometrischer, floraler und figürlicher, silbertauschierter Gravur.
Breite ca. 90 cm.
Allgemeines: Bögen aus Stahl
Die Anfälligkeit der Kompositbögen
gegen Feuchtigkeit führte in Indien
wegen des feucht-warmen Klimas zur Entwicklung von Bögen aus Stahl. Die indischen
Schmiede verfügten über das metallurgische Wissen, um geeignete Legierungen
herzustellen. (Im ‚Agni Purana‘, einem indischen religiösen Text aus dem 9. Jahrhundert,
werden bereits Bögen aus Metall erwähnt.)
Die Bögen waren nicht so leistungsfähig wie herkömmliche Kompositbögen, aber bei
feuchtem Klima haltbarer und auch sonst widerstandsfähiger. Stahlbögen konnten auch
problemlos gelagert werden. Von adeligen Kriegern gebrauchte Stahlbögen wurden reich
verziert.
Die Pfeile waren oft sehr aufwändig gefertigt und mit Silbertauschierungen verziert.
Beigaben: Ausrüstungsbestandteile der Kriegerkaste Indiens
Rüstungsteile (Brustpanzer): Indisch, 18. Jh.
Helm: sog. ‚Khula Khud‘, ca. 19. Jh.
Säbel: sog. ‚Talwar‘, um 1800, Schild: Indisch, 18. Jh.
Detailansicht
Brustpanzer: Indisch, 18. Jh.
Stahlbögen: Damaszenerstahl mit silbertauschierter Gravur (zerlegbar)
Indischer Reflexbogen
sog. ‚Mogul-Bogen‘ (auch ‚Krabbenbogen‘)
Diese Form von Kompositbögen war die häufigste
Variant in der Mogul-Zeit Indiens (Mogulreich von
1526 – 1858) Ihre Besonderheit ist der
außergewöhnlich große Winkel an den Siyas, der
dem Bogen auch das krabbenähnliche Aussehen
verleiht.
Erhaltungszustand:
Die Bemalung, insbesondere am Griff, auf dem
Rücken und den Graten größtenteils abgerieben und
stellenweise stark abgeblättert. Unter der nun grünen
Bemalung mit floralen, goldfarbenen Motiven ist (sind)
eine (zwei?) ältere Bemalung(en) erkennbar.
Stilrichtung: Indisch
Datierung: 18. Jh.
Maße: (gerade gemessen) L 58 cm, B 38 cm
Material: Holz, Lack, Horn, Leder, Sehne, Tierhaut, Knochen
Mongolischer Kompositbogen
Stilrichtung: Mongolisch
Datierung: um 1740
Material: Holz, Lack, Horn, Leder, Sehne, Tierhaut, Knochen
Dieser Kompositbogen stammt aus den Steppen der Mongolei und ist an die 270 Jahre
alt. Er ist aus einem Holzkern mit Hornbelag und Sehnenrücken aufgebaut und verfügt
über Siyas (gekrümmte Bogenenden) aus Knochen.
Erhaltungszustand:
Die Bemalung teilweise abgerieben, aber noch in gutem Zustand. Auf dem schwarzen
Grund wurde in den Farben Rot, Grün und Ocker ein florales Muster aufgebracht.
Der beiliegende Köcher ist eine Neuanfertigung, die sich jedoch an den traditionellen
Fertigungstechniken orientiert, und einem typischen Köcher der nomadischen Reitervölker
entspricht. (Birkenrinde, Holz, Leder)
Reflexbogen, ‚Osmanischer-Bogen‘
Stilrichtung: Osmanisch
Datierung: um 1680
Maße: (über die Krümmung
gemessen) L 82 cm
Material: Holz; Lack; Horn;
Leder; Sehne; Tierhaut;
Knochen
Dieser
Kompositbogen
dürfte aus der Zeit der 2.
Wiener Türkenbelagerung
stammen (1683), zumindest finden sich in diversen Museen (Hofjagd- und Rüstkammer,
Badisches Landesmuseum Karlsruhe) nahezu bauidente Stücke aus dieser Zeit.
Erhaltungszustand:
Die Bemalung teilweise abgerieben, aber noch gut zu erkennen. Auf dem schwarzen
Grund wurde in Goldfarbe orientalisches Zierwerk und typisches florales Blattmuster
aufgebracht. Die Nockenkerben sind mit Leder ausgekleidet und ebenso bemalt.
Beigaben:
Scimitar (Säbel): Osmanisch, Original, um 1090 n. Chr. (!) Kreuzzüge
Schild: Rundschild aus Leder, Originalbemalung, um 1700, evtl. früher
Pfeilspitzen: mongolisch (1200 – 1700 n. Chr.)
Japanisches Bogenschießen
Rüstung (Yoroi), Bogen (Yumi), Köcher (Ya-zutso) und Pfeil(spitzen)
Originale aus der späten Edo-Periode (um 1870)
‚Kyudo – der Weg des Bogens‘
so nennt sich die Kunst des Bogenschießens in Japan und wird als Methode der
physischen, psychischen, moralischen und auch spirituellen Entwicklung gesehen.
Das japanische Bogenschießen und dessen spirituellen Hintergrund auch nur ansatzweise
zu beschreiben würde den Rahmen dieser Ausstellung sprengen. Ich beschränke mich
deshalb an dieser Stelle lediglich darauf, das Interesse der Besucher zu wecken und sich
selbst eingehender mit dieser Materie auseinanderzusetzen.
Wer darüber nachlesen möchte, dem sei der Artikel von ‚Fritz Eicher‘ ans Herz gelegt,
der sich in dem Buch ‚Reflexbogen‘ (siehe Literaturliste) mit diesem interessanten Thema
sehr kompetent auseinandersetzt. Ebenso findet sich im Anhang an diese Abhandlung
eine umfangreiche Literaturliste, die ich mir hierorts erspare.
Was Sie hier (Abb. linke Seite) sehen:
Vordergrund: Eine Original-Rüstung aus der Edo-Periode, um 1870.
Rechts: Pfeilköcher/Transportbehälter ‚Ya-zutso‘.
Hintergrund: Auswahl verschiedener Pfeile und Spitzen rituellen und praktischen
Charakters (meist Originale) Es gibt (grob unterteilt) 5 unterschiedliche Pfeilarten:
- Vier-Federpfeil (Karimata-ya, große, schwere Spitze um z.B. Rüstungen
aufzubrechen)
- Matopfeil (28-Meter-Schießen)
- Makiwarapfeil (Übungsschießen auf Strohballen)
- Entekipfeil (60-Meter-Schießen)
- Distanzpfeile für das traditionelle Schießen auf 436 Meter!
beigestellt:
linke Seite: Kyudo-Bogen
(Nachbau/Filmrequisite ‚The last
Samurai‘)
Ganz links: Katana (Nachbau)
Originalpfeile späte Edo-Periode (um 1850)
Übungs-, Kriegs- und Zeremonialpfeile
Unterlage: sog. ‚Haitate‘ – gepanzerte Kriegshose der Samurai
Darauf: Bogenbauerhandbuch (18. Jhdt.)
Bogenschützenhandschuh (19. Jhdt.)
Ritueller Wurfpfeil (neuzeitl.)
„Wenn dein Bogen zerbrochen ist und du keine Pfeile mehr hast, dann
schieße! Schieße mit deinem ganzen Sein.“
Zen-Weisheit
Literaturliste:
-
Reflexbogen, Geschichte und Herstellung;
Verlag Angelika Hörnig ISBN 978-3-938921-12-8
Geniales Buch mit etlichen interessanten Informationen, perfekten Recherchen und
praktischen Tipps über Reflexbögen in unterschiedlichen Kulturen
-
Overstreet – Indian Arrowheads;
Robert M. Overstreet, quasi die ‚Bibel‘ aller Pfeilspitzensammler; über 12.000
unterschiedliche Typen, Farben, Formen und Größen von (Pfeil)Spitzen der
nordamerikanischen Ureinwohner der letzten 13.500 Jahre! Inklusive
Preisinformationen.
-
Bows and Arrows oft he Native Americans;
Jim Hamm, The Lions Press, ISBN 978-1-59921-083-4
Tolle Tipps aus der Praxis für authentische Nachbauten nordamerikanischer Pfeile,
Bögen und Köcher.
-
American flintknappers; John C. Whittaker
University of Texas Press, Austin; ISBN 978-0-292-70163-2
Geschichte und ausgesucht schöne Beispiele von Flintknapping-Produkten
-
North American Bows, Arrows and Quivers, An illustrated History
Otis Tufton Mason; Skyhorse Publishing;
ISBN 978-1-60239-115-4
Detailgetreue Zeichnungen einer Sammlung des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Sehr interessant!!!
-
Die Bibel des traditionellen Bogenbaus, Verlag Angelika Hörnig, ISBN 3980874354,
9783980874359 mehrere Bände – alle gut! Artikel zu den unterschiedlichsten
Fragestellungen im Bogensport/-bau, vom Steinzeitbogen bis zum Laminatbogen.
Echt geniale Bücher!!!
-
Roman Military Equipment, M. C. Bishop, J. C. N. Coulston
Römische Militärausrüstung – DAS Buch dazu! U. a. Funde römischer Pfeilspitzen
und der Versuch einer Einordnung in historische Epochen
Zudem sind natürlich eine Unzahl von Quellen im Internetz zu finden! Ich möchte Ihnen
jedoch die Freude nicht verderben und Sie selbst ‚googeln‘ lassen. Es geht doch nichts
über ein Erfolgs- und Aha-Erlebnis für das man sich selbst bemüht hat! Schlagworte
haben Sie nach der Lektüre dieser Broschüre wohl zur Genüge.
Vielen Dank für die Unterstützung bei der Durchführung meiner Wanderausstellung an
Frau Susanne Niebler und die Gemeinde Grossklein! Ohne deren menschliche und
tatkräftige Hilfe wäre diese Ausstellung nicht möglich gewesen.
Und recht herzlichen Dank auch an die Kulturabteilung der Stadtgemeinde Herzogenburg.
Diese hat es mir ermöglicht auch ein Monat lang im Kulturzentrum ‚Reitherhaus‘ gastieren
zu können!
Peter Vohryzka, Amateur
Im Sommer 2012