RN vom 21.07.2008 (Printausgabe)

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RN vom 21.07.2008 (Printausgabe)
Sport im Ries
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NUMMER 168
MONTAG, 21. JULI 2008
FC Bayern Ein Fußballfest der Superlative
Mit Hilfe der Reimlinger Firma Wörle-Arbeitsbühnen durfte unser Fotograf in luftiger Höhe dieses Dokument ablichten: ein mit
mehr als 10 000 Zuschauern prall gefülltes Gerd-Müller-Stadion. Das wird’s so schnell nicht wieder geben.
TSV-Keeper Christian Starz (links) hatte jede Menge Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielt anschließend Lob aus berufenem
Mund: Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann adelte ihn zum „Player of the Match“.
Fotos: Lechner, Benninger, Mack, Zuber
Elfmal die Nummer 9
Witziger Gag Beim 8:0 (3:0)-Sieg in Nördlingen spielen alle Bayern in „G. Müller“-Trikots
VON TONI KUTSCHERAUER
Was für ein Auftrieb rund um den
Rieser Sportpark in Nördlingen:
Stop and Go auf den Zufahrtsstraßen, Riesenandrang an den Stadiontoren und verstopfte Gänge im Innenraum. Verständlich, denn niemand Geringeres als der amtierende
deutsche Meister und Pokalsieger,
erfolgreichster deutscher Fußballverein aller Zeiten, der FC Bayern
München, war für ein Gastspiel in
die Riesmetropole gereist.
Schon Stunden vor Spielbeginn
finden sich die Fans im Stadion ein,
um sich Plätze mit guter Sicht aufs
Rasengeviert zu sichern. Auch das
Wetter spielt mit und Stadionsprecher Helmut Stiller und Moderator
Robert Milde heizen mit einem Mix
aus brandneuen Infos rund um die
beiden Teams und bekannten Fußball-Hymnen die Stimmung an.
Der erste Auftritt von
Trainer Jürgen Klinsmann
Das erste Highlight dann um 16.20
Uhr: Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann betritt das Stadionoval und
gibt vor der Haupttribüne ein erstes
Interview. Enttäuschtes Raunen im
Publikum, als er verkündet, dass
keiner der EM-Teilnehmer mit
nach Nördlingen gekommen ist
(womit im Prinzip zu rechnen war),
doch mit Keeper Michael Rensing
und den Abwehrstrategen Lucio,
Martin Demichelis, Willy Sagnol
und Marc van Bommel hat der FC
Bayern eine international hochkarätige Defensivabteilung an Bord. Jubel brandet auf, als wenig später die
Stars aus der Landeshauptstadt zum
Aufwärmen den Rasen betreten.
Nach der feierlichen Namensumwidmung der Sportstätte ist es um
16.55 Uhr soweit: Einmarsch der
Gladiatoren unter geballter musikalischer Power und frenetischem Beifall der 10 500 Fußballbegeisterten
im inzwischen voll besetzten Stadion. Viele reiben sich verwundert die
Augen, denn die Identifikation der
Die Spielstatistik
● TSV Nördlingen: Christian Starz,
Thomas Ranftl (60. Markus Dietterle), Benedikt Förster (79. Jürgen
Thum), Rafael Wende, Karl-Heinz
Brückel, Johannes Höhenberger, Stefan Raab, Christian Braun, Michael
Sebald (46. Timo Stach), Benjamin
Stimpfle (60. Simon Schmidbauer),
Michael Wende (82. Andreas Kaiser).
● FC Bayern München: Michael Rensing, Willy Sagnol, Lucio, Daniel van
Buyten, Martin Demichelis, Andreas
Ottl, Mark van Bommel (75. MehAkteure im Münchener Ensemble
fällt nicht leicht. Alle Bayern-Spieler, inklusive Torwart Rensing, tragen ein Trikot mit der Rückennummer 9 und dem Namen G. Müller –
witziger Gag und gleichzeitig Verneigung des FCB vor dem einstigen
Fußball-Idol aus Nördlingen.
Endlich der ersehnte Augenblick:
Schiedsrichter Lothar Ostheimer,
der an diesem Tag wenig Arbeit bekommen sollte, pfeift die Partie an,
der Ball rollt. Die von Trainer Norbert Brand gut eingestellten Nördlinger präsentieren sich hoch motiviert und konzentriert, so dass sich
die Bundesliga-Kicker von der Isar
zunächst schwer tun, ihr Spiel aufzuziehen. Als Joseph Ngwenya den
ersten ernst zu nehmenden Warnschuss abfeuert, sind bereits 14 Minuten gespielt. Doch nur zwei Minuten später ist es soweit - ein leicht
abgefälschter Scherenschlag von
Kapitän Mark van Bommel landet
unhaltbar für Nördlingens Keeper
Christian Starz zum 0:1 im Netz.
Die Gastgeber lassen sich nicht
entmutigen, weiter wird zäh verteidigt. Gegen die hochklassige Defensivkraft des übermächtigen Gegners
ist zwar wenig auszurichten, aber
man zeigt Kampfgeist und setzt Zeichen: Michael Wende fällt unerschrocken den Hünen Daniel van
Buyten, wenn auch regelwidrig.
met Ehici), Christian Lell, Toni Kroos,
Thomas Müller (24. Denis Yilmaz),
Joseph Ngwenya.
● Tore: 0:1 van Bommel (16.), 0:2
Ngwenya (29.), 0:3 Ottl (30.), 0:4
Yilmaz (56.), 0:5 Yilmaz (65.), 0:6 Demichelis (71.), 0:7 Ngwenya (78.),
0:8 Yilmaz (88.).
● Schiedsrichter: Lothar Ostheimer
(TSV Sulzberg), Andreas Hummel
(TSV Betzigau), Stefan Schneider (FC
Weisingen)
● Zuschauer: 10 500
Leider muss Bayern-Stürmer
Thomas Müller, der einzige „echte“
Müller unter den Spielern, frühzeitig verletzt vom Platz, doch der eingewechselte Denis Yilmaz führt sich
mit einem gefährlichen Kopfstoß
gut ein. Ein Doppelschlag rückt die
Verhältnisse nach einer halben
Stunde zurecht: Ngwenya läuft alleine auf Starz zu, der zunächst toll
pariert, aber gegen den Abpraller
zum 0:2 machtlos ist. Und nur eine
Zeigerumdrehung später schließt
Andreas Ottl überlegt aus 18 Metern
zum 0:3 ab. Weiterer Schaden lässt
sich bis zur Halbzeit abwenden,
denn nachdem Förster im Zweikampf Ngwenya niedergerungen
hat, kann Starz den Strafstoß von
Toni Kroos mit tollem Reflex entschärfen (37.). Und nach KlasseVorarbeit von Ngwenya lässt Yilmaz aus nur zwei Metern die Erinnerung an Mario Gomez im Österreich-Spiel wieder wach werden.
Als der bisher beschäftigungslose
Michael Rensing im blütenweißen
Torwart-Sweater zur zweiten Halbzeit aufläuft, glaubt kaum jemand,
dass das edle Textil einen Grasfleck
bekommen könnte. Doch Michael
Wendes scharfer Ball zwingt den
Bayern-Keeper zum harten Rasenkontakt (50.) und gegen Stefan
Raabs Schuss pariert er per Fußabwehr (53.). Dies bleiben vorerst die
letzten Chancen der Nördlinger, die
weiterhin geschickt auf Abseits spielen, während die Bayern-Stürmer
auf einer Linie lauern.
Doch gegen die Münchener
Übermacht werden auch kleine
Fehler bestraft, so als Denis Yilmaz
nach Pass in die Spitze abgeklärt
zum 0:4 einschießt (56.). Als nach
einem Klasse-Spielzug über van
Bommel und Lell erneut Yilmaz
zum 0:5 zur Stelle ist (65.) und
Ngwenya zwei Riesenchancen auslässt, drohen die TSV-Kicker einzubrechen. Aber Christian Starz
wächst an diesem Tag über sich hinaus. Innerhalb weniger Sekunden
rettet der Nördlinger Tormann
dreimal spektakulär (70.) und ist
auch mit einer gefährlichen Bogenlampe nicht zu überwinden. Zwar
erhöht Demichelis nach feiner Finte
von Lucio auf 0:6 (71.), doch nachdem Starz gegen Ngwenya und Yilmaz zwei weitere „Unhaltbare“ entschärft, avanciert der TSV-Keeper
unter tosendem Applaus zum Publikumsliebling und wird später auch
von Bayern-Coach Klinsmann zum
„Player of the Match“ gekürt.
„Gerd komm zu uns“, sagte Jürgen Klinsmann nach den vielen Ehrungen zum früheren
„Bomber der Nation“ und so saßen die beiden erfolgreichsten deutschen Nationalstürmer während des gesamten Spiels auf der Bayern-Bank. Rechts Klinsmanns CoTrainer Martin Vasquez.
Bis zum Schlusspfiff
aufopferungsvoll gekämpft
Aufopferungsvoll kämpfen die
Platzherren bis zum Ende, werden
aber immer wieder ausmanövriert:
Pass in die Tiefe, Yilmaz legt quer,
0:7 durch Ngwenya (78.). Nach einer weiteren Glanztat ist Starz gegen
Yilmaz Kopfball-Aufsetzer zum
0:8-Endstand machtlos (88.). Doch
das ist schon lange nicht mehr wichtig, Nördlingen feiert im „Jahrhundertspiel“ ein Fußballfest vor einer
traumhaften Kulisse, die man sich
gut einprägen sollte, denn so bald
wird das frisch getaufte „Gerd-Müller-Stadion“ keine 10 000 Besucher
mehr erleben.
Am Ende blickt man in durchwegs zufriedene Gesichter. Der
hoch dekorierte Renommierclub hat
einen standesgemäßen 8:0-Sieg errungen, präsentierte mit dem Fili-
TSV-Abwehrmann Rafael Wende (links) kommt zu spät, und Andreas Ottls Schuss
schlägt zum 3:0 im Nördlinger Kasten ein.
grantechniker Toni Kroos und den
Nachwuchskräften Ngwenga und
Yilmaz auch ohne die EM-Größen
Perspektiven in der Offensive, während in der Abwehr gegen Energiepakete vom Schlage eines Lucio,
Demichelis oder van Bommel einfach kein Kraut gewachsen war. Die
Spieler des TSV Nördlingen aber
konnten erhobenen Hauptes das
Spielfeld verlassen. Gegen einen
übermächtigen Gegner hat man sich
mehr als tapfer geschlagen und trotz
spielerischer Unterlegenheit, vor allem kämpferisch voll überzeugt.
Für die Allermeisten im Kader von
Trainer Norbert Brand dürfte es das
„Spiel des Lebens“ gewesen sein –
gegen den FC Bayern München
werden sie wohl nie wieder kicken.
Die holländische Allianz und Klinsis fehlendes Autogramm
» Die Nördlinger Firma Eisen-Fischer
nutzte das Spiel zu einem eigenen
Event und hatte Eintrittskarten unter ihren Kunden verteilt und verlost. Dazu
wurde ein Tippspiel um schöne Preise
organisiert, die Lieferanten spendiert
hatten. Profitiert hat davon auch die
Kartei der Not, das Hilfswerk unserer Zeitung für unverschuldet in Not geratene Menschen: RN-Lokalchef Carl
Völkl durfte den Erlös des Tippspiels,
von Eisen-Fischer großzügig auf
1250 Euro aufgestockt, entgegen nehmen. Zur Spendenübergabe kam
auch Mark van Bommel, der holländische Nationalspieler in Diensten des
FC Bayern München, kurz vorbei, was
bestens gewählt war: Schließlich
stammt auch Eisen-Fischer-Geschäftsführer Leo van Bree aus dem Land
der Windmühlen.
Spendenübergabe (von links): Eisen-Fischer-Geschäftsführer Leo van Bree, RN-Lokalchef Carl Völkl, Eisen-Fischer-Models rund um FC Bayern-Star Mark van Bommel
und Event-Organisator Siegbert Mielich.
Der neue Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann war auch im Rahmenprogramm gefragt
und machte alles mit: Hier signiert er das WM-Auto von Lutz Hastädt (rechts), der
aus dem Ostalbkreis angereist war und sich wie ein Schneekönig freute.
» Riesenüberraschung für Lutz Hastädt
aus Obergröningen im benachbarten
Ostalbkreis, der die letzte VIP-Karte für
das Spiel im Internet ersteigerte. Der
fußballbegeisterte Schwabe hatte vor
zwei Jahren bei einer Aktion des
Deutschen Fußball-Bundes anlässlich
der WM im eigenen Lande ein Auto
erworben, das von allen Nationalspielern und vom damaligen Co-Trainer
Jogi Löw signiert worden war. Lediglich
eine Unterschrift fehlte, nämlich die
des seinerzeit terminlich verhinderten
Jürgen Klinsmann. Der neue BayernCoach erklärte sich spontan bereit, Versäumtes nachzuholen und Lutz Hastädt hatte auf der Kunststoffbahn einen
unvergesslichen Auftritt, der das
Fahrzeug mit dem bedeutungsschwangeren Kennzeichen AA-WM 2006
noch wertvoller machte ... (rom)
MONTAG, 21. JULI 2008
Sogar „TV Aztek“ dabei
» Neben Nördlinger Polizei, Feuerwehr und Sicherheitsdienst Scherlin
waren auch die Nördlinger Fußballvereine mit vielen Helfern und
Ordnern aktiv, wobei ein ordnender
Einsatz eigentlich nur nötig war,
als sich Gerd Müller und Jürgen Klinsmann „unters Volk“ wagten. Ordner von TSV Nördlingen, SC Athletik,
SpVgg Löpsingen, SV Grosselfingen, SC Nähermemmingen/Baldingen, FC Pfäfflingen/Dürrenzimmern und SV Kleinerdlingen hatten jedoch alles bestens im Griff.
» Am besten waren noch einige ausgewählte Jugendspieler aus den
beteiligten Vereinen dran, die an der
Hand der Stars einlaufen durften.
Zum „Trikottausch“ kam es allerdings
auch nach dem Spiel nicht, denn
die besonderen „Nr. 9-Gerd-MüllerTrikots“ wollen wohl auch die Bayernspieler gerne in ihrem Schrank haben.
» Enttäuscht waren viele, vor allem
junge Fans, dass die Bayern-Spieler keine Ehrenrunde mehr drehten,
obwohl sich die Fans – wie gefordert – vorbildlich verhielten. Die Asse
waren nur bei Bus-Ankunft und
Abfahrt hinter der Hermann-KeßlerHalle bereit zu Autogrammen und
Fotos. Viel Zeit nahm sich allerdings
Trainer Klinsmann für die Fans
und auch Müller, der sich bei seiner
Ehrenrunde besonders intensiv um
etliche Rollstuhlfahrer kümmerte.
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Sport im Ries
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Gerd Müller Der Jahrhundertstürmer wird in seiner Heimatstadt gefeiert
Ein eigenes
Stadion für
„unseren Hadde“
Namensgebung Stadt Nördlingen ehrt ihren
besten Botschafter. Umjubelte Ehrenrunde
Da war der Bomber der Nation
platt: „Dass gleich 10 000 Leute
heute kommen, das macht mich
sprachlos“, sagte Gerd Müller. „Ich
bedanke mich ganz herzlich.“ Feierlich wurde vor dem Spiel die neue
Stadion-Tafel enthüllt: Gerd-Müller-Stadion im Rieser Sportpark.
„Dann macht es Bumm, da gibt’s
ein Tor“ - mit dem Gerd-MüllerSong begann RN-Redakteur Robert
Milde sein Interview mit dem gebürtigen Nördlinger Erfolgsfußballer. Der 62-Jährige hat noch bis
2010 einen Vertrag beim FC Bayern
und trainiert dort die RegionalligaMannschaft. „Wenn ich noch einmal eine Verlängerung kriege, dann
bleibe ich auch weitere fünf Jahre“,
sagte Gerd Müller und verriet sein
Fitness-Geheimnis: „Ich spiele jeden Tag Tennis“, sagte Müller, mit
dem Fußball habe er jedoch aufgehört.
240 Tore hat Müller in seiner
letzten Nördlinger Jugendsaison geschossen, berichtete Milde. Gegen
die Vereine der umliegenden Dörfer
habe man eigentlich immer gewonnen, so Müller. Gerne erinnere er
sich an seine Zeit in Nördlingen, obwohl das Training nicht immer nach
seinem Geschmack war: „Beim Seilspringen wurde ich immer sauer,
weil ich das nicht konnte“, erzählte
Gerd Müller.
Oberbürgermeister
Hermann
Faul dankte Gerd Müller für seine
„ungewöhnlichen Erfolge“. Auf allen Kontinenten habe Müller den
Namen Nördlingens bekannt gemacht, lobte er den gebürtigen
Nördlinger: „Sie sind ein toller Botschafter unserer Stadt.“ Dabei denke er nicht uneigennützig, fügte
Faul schmunzelnd hinzu. „Wir
freuen uns, das Stadion unserem
Hadde zu widmen.“
E- und F-Junioren-Spieler aus allen Nördlinger Fußballvereinen bildeten ein Spalier zur Anzeigetafel.
Hinter der Knabenkapelle zogen
Gerd Müller und Hermann Faul
dorthin und unter dem Beifall der
10 000 Fans wurde die Tafel enthüllt. Mit einer Ehrenurkunde in
der Hand und Oberbürgermeister
Hermann Faul im Schlepptau ging
Gerd Müller auf eine Ehrenrunde in
„seinem“ Stadion. (zub)
Gerd Müller mit Nördlingens Oberbürgermeister Hermann Faul kurz nach der Enthüllung der Anzeigetafel.
Dem ehemaligen „Bomber der Nation“ zu Ehren spielten alle Bayern-Akteure mit der
Nummer 9 und der Bezeichnung „G. Müller“. Hier Lucio (links) und Willy Sagnol, der
dienstälteste Münchner (seit 2000 bei den Bayern).
„Limes-Power“ vereint Rieser und Franken
Gerd Müller mit seinem letzten Nördlinger Trainer Konrad Krafft.
Fanclubs Gute Stimmung, obwohl viele Bayern-Stars in Nördlingen fehlen
» Ein „Ehemaligentreffen“ vor dem
VON CHRISTINA ZUBER
Spiel hatte Müllers früherer Mitspieler und langjähriger TSV-Funktionär Martin Jeromin in der Hermann-Keßler-Halle organisiert und
so umarmte der Ausnahmestürmer
unter anderem seine früheren Nördlinger Trainer Georg Münzinger
und Konrad Krafft.
Echte Fans verpassen kein Spiel ihrer Mannschaft. Schon gar nicht,
wenn der FC Bayern München in
Nördlingen spielt und die Anreise
deutlich kürzer ist als der Weg in die
Allianz-Arena.
Mit Bayern-Trikots, Schals, Fahnen und Mützen ist der Fanclub
„Limes-Power“ aus Weiltingen an-
» Selbst ein mexikanisches Fernsehteam war eigens für das Spiel eingeflogen. Die drei Mitarbeiter von
„TV Aztek“ waren vor allem wegen ihres Landsmannes Martin Vasquez (Bild) nach Nördlingen gekommen. Der 44-jährige Ex-Nationalspieler ist Jürgen Klinsmanns
neuer Co-Trainer. Aber auch der frühere „Bomber der Nation“, Gerd
Müller, dürfte im Land der Azteken
noch von der Weltmeisterschaft
1970 als damaliger Torschützenkönig gut bekannt sein.
» Zum Rahmenprogramm des Großevents gehörte die Vorstellung des
Songs „Feel the Power”, den Michael
Stahl geschrieben hat. Der Bopfinger Personenschützer engagiert
sich für die Aktion „Wahre Helden
– Stars gegen Gewalt“. Déborah Rosenkranz sang das Lied live direkt
vor dem Hauptspiel. Die 24-Jährige
vom Bodensee war von Stefan
Raab als „singende Stewardess“ entdeckt worden.
gereist, die jüngsten Fans, die selbst
in Oettingen, Herblingen und Weiltingen in Jugendmannschaften Fußball spielen, stehen in der ersten
Reihe. „Unsere Mitglieder kommen
aus dem Nordries und aus dem
Fränkischen“, erzählt Thomas
Wetsch, ehemaliger Jugendtrainer
aus Weiltingen. „Klar kommen wir
zum Spiel nach Nördlingen, das ist
doch Ehrensache“, sagt er gegen-
über unserer Zeitung. Im neuen
Gerd-Müller-Stadion konnten dann
auch die jugendlichen Fans ihren
Stars ganz nahe sein, „näher als in
der Allianz-Arena“.
Jugendspieler Sebastian zeigt
stolz seine Bayern-Schildmütze mit
der Unterschrift von Zé Roberto.
„Der war bei unserer letzten Weihnachtsfeier als Gast dabei, und er ist
sehr sympathisch“, erzählt der Junge. Gerne hätten die Limes-PowerFans ihren Liebling auch in Nördlingen getroffen. Aber als echte Fans
haben sie sich vorab im Internet informiert: Zé Roberto ist in seine
Heimat geflogen, weil sein Vater gestorben ist - so meldete es der FC
Bayern im Internet. „Da sind unsere
Gedanken natürlich auch bei ihm“,
sagt Thomas Wetsch.
Der Lieblingsspieler fehlt
Aus dem Nordries und dem angrenzenden Franken stammt der Fanclub „LimesPower“, der mit einer stattlichen Abordnung nach Nördlingen gekommen ist.
Lukas Wunderle, Jugendspieler
beim TSV Oettingen, will auf seinem Trikot ein Autogramm ergattern. „Schade, dass Ribery nicht dabei ist, das ist mein Lieblingsspieler“, erzählt der blonde Bub. Lukas
hat mit seinen Eltern zwei Jahre in
Spanien gewohnt, in La Coruna.
„Das ist der Verein von Roy Maakay gewesen, bevor er zum FC Bayern kam“, erzählt Lukas. Schon als
Kindergartenkind hat er das internationale Fußballgeschehen quasi
hautnah verfolgt.
Steffen ist ein Fan von Lukas Podolski. „Den hätte ich gerne in
Nördlingen gesehen“, sagt der Junge. „Ja, die Stürmer fehlen heute“,
konstatiert auch Thomas Wetsch.
„Da fehlt das Salz in der Suppe.“ Er
muss es wissen, denn er ist ein treuer
Fan. „Wir fahren fast zu allen
Heimspielen nach München“, berichtet auch sein Kollege Jochen Endres, oft gehe es auch zu den Auswärtsspielen. Mit der Defensive ihres Vereins sind die Limes-PowerFans jedoch zufrieden. „Die sind
heute top, aber den Yilmaz nehmen
wir mit in die Kreisliga“, so das harte Urteil der Fans. Und der verschossene Elfmeter von Toni
Kroos? „Ja, das war natürlich
schlecht, aber sonst war er gut“,
sind sich auch die jungen Fans einig.
In der ersten Reihe stehen auch
Marius (14 Jahre) und Nico (fast 9)
mit ihrem Papa Kurt Sandl. „Die
Stars fehlen zwar, aber man muss
das auch verstehen“, so die Fans aus
Wemding. „Ribery ist einfach der
Beste“ sagt Marius. Sein Bruder
Nico hat auf Bastian Schweinsteiger
gehofft. Trotzdem habe sich der
Ausflug nach Nördlingen gelohnt.
Der Jahrhundertstürmer mit der Ehrenurkunde bei der umjubelten Ehrenrunde
im Stadion.
Kommentar
VON ROBERT MILDE
zum FC Bayern-Spektakel
» [email protected]
Ein Fußballfest
F
ußballfans haben mitunter den
Ruf, exorbitant Alkohol zu
konsumieren, grölend durch die
Stadien zu ziehen und mehr oder
weniger Chaos zu hinterlassen.
Doch das frisch getaufte GerdMüller-Stadion ist nach dem MegaEvent mit über 10 000 Besuchern
keineswegs renovierungsbedürftig,
sondern strahlt samt seinen neuen
Anzeige- und Infotafeln mit den Organisatoren um die Wette. Die
mehrmonatige Vorbereitung wurde
belohnt durch ein Fußballfest, bei
dem so gut wie alles passte. Das
Wetter spielte mit, ein gut aufgelegter Gerd Müller nahm bewegt
Ehrung und Ovationen entgegen,
der FC Bayern bemühte sich, einen
würdigen Rahmen zu liefern und
die Fans feierten von wenigen Ausnahmen abgesehen äußerst diszipliniert mit. Einziger Wermutstropfen: Den einen oder anderen deutschen EM-Helden oder auch Bundesliga-Torschützenkönig Luca
Toni hätte man sich schon gewünscht. Trainer Jürgen Klinsmann erklärte den Besuchern die
Gründe und sprang als geduldiger
Autogrammgeber in die Bresche.
Der Ex-Bundesligist zu stark
Vorspiel SC Athletik Nördlingen – 1. FC Nürnberg 0:8
VON JIM BENNINGER
Déborah Rosenkranz sang live „Feel
the Power“.
I Alles rund um das Bayern-Spiel
inklusive Video und Bildergalerie
gibt’s im Internet bei
www.rieser-nachrichten.de
Bereits im Vorspiel des großen Bayern-Events gab es für die Frauen des
SC Athletik Nördlingen ihr „Spiel
des Lebens“, denn auch sie durften
gegen eine bekannte Adresse des
deutschen
Fußballs
antreten.
Wenngleich das Team aus der Noris, wie „ihre“ Männer nur noch ExBundesligisten sind.
Vor gut acht Jahren hatten sie
ihre stärkste Saison, als sie noch in
der ersten Liga spielten. Dann ging
es jedoch bis in die Landesliga zurück, wo man jetzt ungeschlagen
Meister wurde. „Damals spielten
wir mit einigen osteuropäischen Nationalspielerinnen, die waren auf
Dauer aber nicht zu halten“, sagt
Andreas Bößl vor Ort, seit 2006
Vorsitzender des Frauen- und Mädchenfußballs e.V., der seit 1996 aus
dem Hauptverein ausgegliedert ist.
Aus der großen Zeit war dann auch
nur noch Libero Olena Mazurenko
dabei, doch die 100-fache ukrainische Nationalspielerin war selbst
mit 37 Jahren nur in der Anfangsphase etwas gefordert, als Benning,
Goos, Staudenecker und Bengesser
sogar ein paar Chancen hatten.
Zwei junge Teams
Mittlerweile setzen auch die Nürnberger wieder verstärkt auf die Jugend und haben neben zwei Frauenauch drei Mädchenteams im Einsatz. Trainer Abdi Cetin ließ denn
auch viele eigene, früher überregio-
nal erfolgreiche B-Juniorinnen und
einige Neuzugänge auflaufen: Sabrina Bauer (von Schweinfurt gekommen, 1:0, 7:0 sowie 8:0) und Kerstin
Hoffmann (vom FC Bayern, 6:0).
Auch Ex-Junioren-Nationalspielerin Katharina Grießemer (Crailsheim, HSV und Bayern) war dabei.
Das 2:0 steuerte Katharina
Schmalfuß bei (14.) und das 3:0 kurz
vor der Pause war ein Eigentor.
Nach einer Stunde hatte Marina
Mittermeier einen Doppelpack gelandet (4:0, 5:0). Weitere ClubChancen machte SCA-Neuzugang
Riedel zunichte, so dass auch Trainer Wenzel zufrieden sein konnte.
Für Clauspeter Heger und seine Assistenten Gerhard Schmidt und
Markus Bauer gab es wenig Arbeit.
Im Vorspiel hatte die Abwehr des SC Athletik (links Steffi Werner) alle Hände voll zu
tun und konnte trotzdem eine 0:8-Niederlage gegen den „Club“ nicht verhindern.