Die Zeit der Teilung wird wieder wach

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Die Zeit der Teilung wird wieder wach
Die Zeit der Teilung wird wieder wach
Meldung vom Samstag, den 23.05.2015
Der Dokumentarfilm, der 1955 zu großen Teilen in Ludwigsstadt gedreht wurde, ist für
viele der Zuschauer eine Wiederbegegnung mit der ehemaligen Zonengrenze.Manche
konnten sich selbst in dem Film als Statisten wieder erkennen. Für viele der jüngeren
Gäste im Schiefermuseum war es die erste Begegnung mit der traurigen Geschichte.
Foto: Martin ModesBei der Museumsnacht im Schiefermuseum wird der Filmklassiker
'Himmelohne Sterne' zum wahren Zuschauermagneten. Mehr als 100 Gäste finden sich
im Vorführraum ein.Ludwigsstadt - Noch bevor der Klassiker der Filmgeschichte
begann, stellte sich heraus, dass der Raum im Ludwigsstadter Schiefermuseum nicht
ausreichen würde: Mehr als 100 Gäste aus Ludwigsstadt und Umgebung, auch aus der
thüringischen Nachbarschaft, hatten sich kürzlich zur langen Museumsnacht in das
Museum
aufgemacht,
um
sich
anlässlich
des
60-jährigen
Jubiläums
das
deutsch-deutsche Melodram 'Himmel ohne Sterne' anzusehen. Während es für viele der
Zuschauer eine Wiederbegegnung war und manche sich selbst in dem Film als Statisten
wieder erkennen konnten, war es für etliche der jüngeren Zuschauer die erste
Begegnung mit dem Film, der 1955 zu großen Teilen in Ludwigsstadt gedreht worden
war.Die Dreharbeiten fanden außer in Ludwigsstadt - im Film als kleiner thüringischer
Ort in der Ostzone - am Grenzübergang in Töpen/Juchhöh bei Hof und dort an der Saale,
an einem verlassenen Bahnhof und in einer Buntweberei in Wolfratshausensowie in Naila
- als dem kleinen Ort auf der oberfränkischen Seite - statt. Das Geschehen ist trotz
derhunderte Kilometer entfernten Drehorte im Film auf wenige Kilometer Entfernung
'eingedampft' - etwa wie bei der Entfernung von Ludwigsstadt und Probstzella.Im
Eingangsbereich des Museums erwarteten die Zuschauer alte Filmplakate und Illustrierte
zum Film, wie das Film-Echo und die Film-Illustrierte. Besonders interessant war ein
Foto, wie die Hauptdarstellerin Eva Kotthaus am Ludwigsstädter Marktplatz Autogramme
gab und das Kreisheimatpfleger Siegfried Scheidig vor 15 Jahren zufällig auf einem
Flohmarkt entdeckt hatte. Siegfried Scheidig führte dann auch kompetent in den Film ein
und stand hinterher noch für Fachgespräche zur Verfügung.Als Helmut Käutner, einer
der großen deutschen Filmregisseure, der die Große Freiheit Nummer 7 mit Hans Albers
gedreht hatte, sich vor 60 Jahren des Themas der deutschdeutschen Grenze annahm,
war das in der jungen Bundesrepublik ein ziemlich unbeliebtes Thema. 'Der Film erhielt
zwar mehrere Filmpreise - wie den Bundesfilmpreis, den Bambi und das Prädikat
besonders wertvoll - aber kommerziell war er für den Verleih nicht sehr erfolgreich',
erläutert Scheidig. Schließlich lief der Film auch in Cannes, wurde dort aber wegen des
Themas beinahe nicht zugelassen. Nachvollziehen konnten das die Zuschauer sehr
schnell, denn die Geschichte der Fabrikarbeiterin Anna (Eva Kotthaus) aus Thüringen,
die ihr etwa sechsjähriges Kind von den Großeltern im benachbarten oberfränkischen
Örtchen in ihr Heimatdorf in der DDR holen will - und es dazu entführen muss, endet in
einer Katastrophe. Im 'Himmel ohne Sterne' bleibt für Anna und den bayerischen
Grenzpolizisten Karl (Erik Schumann) nur ein kurzer verzweifelter Sommer der Liebe, ehe
die beiden Hauptdarsteller und der sympathische russische Soldat Mischa (Horst
Buchholz) bei der Flucht erschossen werden. Nach den Dreharbeiten vom 13. Juli bis
zum 12. September 1955 hatte der Film bereits am 14. Oktober des Jahres seine
Premiere in Nürnberg.'In dem Film spielten viele mit, die damals Rang und Namen
hatten - und für Eva Kotthaus und Horst Buchholz war der Film der Durchbruch', so
Scheidig. So spielt Erich Ponto den Großvater Annas, der im Film im eigenen Häuschen
lebt - unter der Ludwigsstädter Eisenbahnbrücke.Gustav Knuth ist der auf seine
materiellen Vorteile bedachte und durchaus nicht sympathische Großvater im Westen,
Georg Thomalla spielt den selbstständigen Fuhrunternehmer mit der schnoddrigen
Schnauze, der als Fluchthelfer für Anna und ihre Familie das Herz auf dem rechten Fleck
hat. Und Siegfried Lowitz gibt den undurchschaubaren Fabrikchef in der thüringischen
Buntweberei. Regisseur Helmut Käutner hat auch das Drehbuch verfasst und spricht die
Kommentare aus dem Off. 'Die Geschichte ist zwar erfunden, aber die damaligen
Verhältnisse sind realistisch abgebildet', erläuterte Scheidig. Mit 60 Jahren Abstand wirkt
der Film gerade bei den deutsch-deutschen Dialogen eigenartig - scheint doch die
zunehmende Entfremdung zwischen den Oberfranken im Wirtschaftswunderland und den
Thüringern in der Mangelwirtschaft immer wieder durch. Symptomatisch ist die Aussage
der Hauptdarstellerin Anna, die jegliche Hoffnung über das Verschwinden der Grenze
aufgegeben hat: 'Die wird nie mehr verschwinden, dafür habt Ihr Euch doch im Westen
viel zu gut damit eingerichtet.
Meldung verfasst von Martin Modes (Neue Presse, 23.05.2015)