Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel
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Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel
Masterthesis, schriftlicher Teil Hochschule Luzern Design & Kunst Major Product and Design Management 2012 / 2013 Erika Fankhauser Schürch Betreuung schriftlicher Teil: Dagmar Steffen, Dr. Axel Vogelsang Luzern, Januar 2013 Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel Von der Patina über Zerfall und Zerstörung zur Schönheit des Unregelmässigen Abstract Die vorliegende Arbeit thematisiert, wie Gestalter aus den Bereichen Design und Kunst auf die Thematik der Vergänglichkeit reagieren und wo die Vergänglichkeit bewusst als Gestaltungsmittel eingesetzt wird. Dazu wird die Vergänglichkeit mit Blick auf den Bereich Gestaltung kurz historisch beleuchtet. Anschliessend werden anhand von Beobachtungen Objekte und Projekte vor allem aus dem Design und einige Kunstprojekte beschrieben und miteinander in Beziehung gesetzt. In einem zweiten Schritt wird versucht, daraus einen Katalog der Ausdrucksformen herzuleiten. Dieser soll in der Folge der Entwicklung der eigenen praktisch gestalterischen Arbeit dienen. 2 Inhaltsverzeichnis Abstract Inhaltsverzeichnis Einführung Ausgangslage Motivation Fragestellung, Hypothese, Ziel 3 4 5 6 1 Verschiedene Positionen zu Vergänglichkeit in der Gesellschaft Verschiedene Formen alltäglicher, vergänglicher Objekte 7 Der Lauf der Dinge oder - moribund (lat.) - dem Tode geweiht 8 Gegenwartsform der Vergänglichkeit - Ruinen 9 Die Magie der Dinge – Vergänglichkeit im Stillleben 12 Die Obertöne des Unvollkommenen: Japan, Wabi-Sabi und Vergänglichkeit 14 Raum und Zeit im Zusammenhang mit Vergänglichkeit 16 Zwei Tendenzen in unserer Gesellschaft 17 2 Fünf Positionen von Designtheoretikern und Designern zum Thema Von den veredelnden Spuren des Nutzens oder Patina des Gebrauchs Spuren des Gebrauchs, 1995 Altes oder Neues, 1997 On Wearing. A Critical Framework for Valuing Design’s Already Made Rediscovering Value: The Second Lives of Secoandhand Goods, 2012 Zusammenfassung zu Kapitel 2 19 20 22 23 25 26 3 Vergänglichkeit in Design und Kunst: ein Katalog der Ausdrucksformen Über das Verhältnis von Kunst und Design 27 Ausdrucksformen der materiellen Vergänglichkeit 29 Vergänglichkeit und Zerfall als ..... Versuch einer Ordnung der Erkenntnisse 45 4 Transfer Beurteilung der Hypothese Schlüsse für meine weitere Arbeit Mögliche Übertragung relevanter Erkenntnisse auf die praktische Thesis Zusammenfassung Reflexion Schlusswort 46 47 49 52 53 55 Anhang Bibliografie Bildnachweis Eidesstattliche Erklärung 56 60 64 3 Einführung Ausgangslage In unserer Gesellschaft werden Vergänglichkeit, Zerfall und letztlich der Tod immer mehr ausgeblendet. Prozesse der Veränderung, der Auflösung und des Alterns werden verdrängt und geschehen doch ständig. In der Natur ist der Wechsel von Werden und Vergehen unabdingbar. Die Welt ist in stetiger Veränderung begriffen. In unserer Wahrnehmung verändert sich alles immer schneller. Der Jugend- und Schönheitswahn ist längst Alltag. Schönheitsoperationen sind rund um den Globus selbstverständlich. Hochglanzmagazine und Werbung suggerieren Bilder des perfekten Körpers, der perfekten Familie, der perfekten Wohnung. Entsprechend diesen Bildern ist der Wunsch nach makellosen Alltags- und Luxusgegenständen gross. Die Objekte des alltäglichen Gebrauchs werden meist weggeworfen statt repariert; digitale Hilfsmittel, wenn nicht mehr up to date, durch das neuste Modell ersetzt. Als Gegenbewegung dazu ist zu beobachten, wie viele Menschen bewusst alte, von Gebrauchsspuren beseelte Dinge, zusammensuchen und sich ihr Lebensumfeld damit einrichten. Dies geschieht oft mit nostalgischen Gefühlen. Auf Flohmärkten kosten unterdessen die Stücke mehr als bei IKEA, und neue, auf alt gemachte Möbel sind im Trend. Wohnräume werden im Shabby Chic eingerichtet, Kataloge voller alt gemachter Wohnaccessoires tauchen auf. Eine sehr oberflächliche Nostalgie greift um sich. Zudem gibt es eine Fülle an Recyclingprodukten. 4 Motivation Als Keramikerin arbeite ich mit einem Material, das normalerweise nicht zerfällt, sich nicht kompostieren lässt, nicht verrottet. Keramik gilt als archäologisches Leitfossil im Gegensatz zu Holz, Papier, Textilien, Metallen, welche sich alle mehr oder weniger rasch zersetzen. Der Gegensatz zwischen der Thematik der Vergänglichkeit und dem an sich nicht zerstörbaren Material ruft Reibung hervor. Je dünner ich das Material verarbeite, desto bewusster wird man seiner Fragilität. Und doch lässt es sich nicht mehr auflösen. Wenn eine Tasse nur noch aus Scherben besteht, lassen sich diese weder in ihre ursprüngliche Materialität noch in eine neue Materialität transformieren. Damit sich die Bestandteile von gebranntem Porzellan, Feldspat, Quarz und Kaolin wieder trennen, bräuchte es eine Kernschmelze wie bei einem Reaktorunfall in einem Atomkraftwerk, oder die Hitze des Erdinnern, die Magma. 1 In meiner Masterthesis beschäftige ich mich mit der Vergänglichkeit im Bereich von Produkt- und Objektdesign und im Bereich der Plastik und Skulptur. Mich interessiert, welchen Einfluss die Vergänglichkeit auf die Gestaltung von Objekten hat. Ich will herausfinden, welche Ausdrucksformen die Vergänglichkeit im Produkt- und Objektdesign aufweist. Ich denke da beispielsweise an Patina, an teilweisen oder ganzen Zerfall, an Nutzen erst durch teilweise oder ganze Zerstörung, an Lebenszyklen eines Produkts. Dabei interessieren mich besonders Objekte, bei denen die Vergänglichkeit Teil des Konzepts, der Aussage des Produkts ist, wo Gestalter damit spielen. Schlechte, billige Produkte, die rasch defekt sind, nur damit der Konsument erneut etwas kaufen muss, die sogenannte geplante Obsoleszenz, interessieren mich in dem Zusammenhang marginal. Vergänglichkeit hat verschiedenste Ausdrucksformen: Sie kann in Form von Patina oder Kratzern bei unterschiedlichsten Materialien nach längerem Gebrauch unwillkürlich auftreten, sie kann als langsames Zersetzen kaum merklich über Jahrzehnte geschehen, sie kann von einer Sekunde auf die andere ein Objekt zerstören. Durch Patina entsteht möglicherweise ein ästhetischer Mehrwert am alternden Objekt, quasi von selbst oder aber auch von den Designern/Künstlern im Voraus geplant. Mich interessiert die zweite Möglichkeit besonders, ich will herausfinden, wo Vergänglichkeit bewusst provoziert wird, um als gewollter Prozess die Funktion des Objekts zu bilden oder zu verstärken. 1 Anlässlich der Einstein-Ausstellung im Historischen Museum in Bern 2005/06 war ein Stapel Suppenteller aus Steinzeug ausgestellt, welcher nach dem Atombombenabwurf in Hiroshima zum Teil erst aufgebläht und dann zusammengeschmolzen ist. Dazu mussten Temperaturen von mehr als 1500°C erreicht werden. 5 Fragestellung Welche Aussagen zum Thema Vergänglichkeit finden sich bei Designtheoretikern? Welche Bedeutung hat die Vergänglichkeit mit Bezug auf die Gestaltung in der Gesellschaft? Welche Ausdrucksformen der Vergänglichkeit finden sich in Design und Kunst? Kann das Bewusstsein der Vergänglichkeit die emotionale Bindung zu einem Objekt stärken und entsteht durch dieses Bewusstsein eine Wertsteigerung des Objekts? Hat die emotionale Bindung und die dadurch gesteigerte Emotionalität Einfluss auf das Konsumverhalten insofern, dass dadurch weniger und nachhaltiger konsumiert wird? Hypothese Ein Objekt ohne Makel und Fehler scheint noch leblos. Wenn es hingegen Patina ansetzt, den Lebenslauf des Zerfalls beschreitet, im Alltag von grossem Nutzen ist, seine Ecken und Kanten es interessant machen, ... erfährt das Objekt durch den Umstand der Vergänglichkeit eine vorübergehende Wertsteigerung. Entsprechend intensiviert sich auch die emotionale Bindung an dieses Objekt. Ziel Mit meiner Untersuchung und später mit der praktisch-gestalterischen Arbeit will ich Menschen zum Nachdenken anregen über die Vergänglichkeit. Ich will sie nicht in Nostalgie alter Gegenstände und Erinnerungen schwelgen lassen, sondern sie mit ihrem Umgang mit Dingen und letztlich mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontieren. Dabei will ich nicht aufdringlich sein, sondern mit einem Augenzwinkern Dinge, Gedanken und Gewohnheiten auf den Kopf stellen. Vielleicht gelingt es dabei zu bewussterem und nachhaltigerem Konsum anzuregen. 6 1. Verschiedene Positionen zu Vergänglichkeit in der Gesellschaft Verschiedene Formen alltäglicher, vergänglicher Objekte Im Alltag gibt es unzählige vergängliche Dinge. Verbrauchsgüter, die wir erst verwenden können, wenn ein Teil von ihnen, zum Beispiel die Verpackung, unwiederbringlich zerstört ist wie ein hart gekochtes Ei, eine Konservendose, eine Bierflasche. Oder Dinge, welche wir benutzen und dabei zerstören, zum Beispiel Nahrungsmittel, Körperhygieneprodukte. Weiter gibt es Dinge, die wir einmal brauchen und dann froh sind, sie wegwerfen zu können: WC-Papier, Wegwerfwindeln, Post-it-Zettel. Weiter gibt es Gebrauchsgüter, die wir besitzen, aber gar nie brauchen wollen, wie den Airbag im Auto, die Löschdecke, den Feuerlöscher. Der Philosoph Roger-Pol Droit beschreibt, wie sich die Teekanne laufend verändert, wie sie ständig im Werden ist, dank den Spuren der Zeit: „Sie (die Teekanne) ist (auch) ein Ding mit Gebrauchsspuren, winzigen Ablagerungen, Patina. Darin verwandt mit der Pfeife, den Tonschüsseln, den unglasierten Fliesen, den Dingen, denen sich die Zeit als feine, bräunliche Schicht einschreibt. Tatsächlich gibt es diese Dinge nicht ein für alle Mal, sie sind ständig im Werden. Sie nutzen nicht ab. Im Gegenteil, sie legen zu, werden reichhaltiger. Im Laufe der Zeit runden sie sich und verändern ihre Färbung. Nie sind sie vollendet, sondern werden unaufhörlich zugleich glatter und dichter.“ (Droit 2005: 101) Bei Gebrauchsobjekten kann sich die Vergänglichkeit in verschiedenen Formen zeigen. Man spricht von additiven Gebrauchsspuren, wenn das Objekt durch Verschmutzung eine Patina erhält. Subtraktive Gebrauchsspuren sind der mechanische Abrieb, der Verschleiss, wenn das Objekt durch Abnutzung eine Patina erhält. Wenn ein Produkt veraltet, weil ein neues, besseres Produkt auf den Markt kommt oder weil die Zeiten und die Mode sich verändert, so ist dies soziokultureller Verschleiss. Dies sind Definitionen nach dem Text von Toshihito / Stotz (1995: 212ff) Weiter wird die Obsoleszenz genannt, womit die geplante Kurzlebigkeit eines Objekts gemeint ist. Die geplante Obsoleszenz (technologische, psychische oder ästhetische) trug und trägt wesentlich zum Wirtschaftswachstum bei und galt lange als Basis für eine positive Wirtschaftsentwicklung. Aus heutiger Sicht, in der Diskussion um Nachhaltigkeit und Ressourcenknappheit, ist dies zumindest fragwürdig, wenn nicht gar unhaltbar. Solange die Gesellschaft den Konsum zur Weltanschauung macht, Kauf und Gebrauch von Gütern zum Ritual erhebt und die Befriedigung des Ichs im Verbrauch sucht, wird sich daran auch nicht grundlegend etwas ändern. 7 Der Lauf der Dinge oder - moribund (lat.) - dem Tode geweiht Im Zusammenhang mit dem Begriff Vergänglichkeit kommen einem Stichworte wie Zeit, Abnutzung, Zerfall, Krankheit, Sterben, Tod, Verwesen, Lebensende, in den Sinn. Wir Menschen werden nicht gerne an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert. Trotzdem ist es Tatsache, dass wir alle endlich sind und den eigenen Tod immer in uns tragen. Laut Burkhard Spinnen ist gar der letzte Schambereich nicht mehr körperliche Nacktheit, sondern die Vorstellung von Sterblichkeit. Er schreibt: „Der zeitgenössische westliche Mensch schämt sich der eigenen Sterblichkeit. Ich sagte es bereits: Wer sich heute öffentlich nackt zeigt, tut es, weil er zeigen will, dass er mittut, dass er am Leben ist. Also folgt daraus, dass seine Scham jetzt dem Tod gelten muss, besser der eigenen Sterblichkeit. (...) die Gesellschaft tilgt seit Jahren mit Inbrunst alle Zeichen der Todespräsenz aus dem öffentlichen wie aus dem privaten Leben. Sie tut es, weil sie sich aller Zeichen der Sterblichkeit (so) schämt. (...) Wir meiden und schliessen die Kirchen. Religion, einmal die Lehre von der Sterblichkeit des Menschen, lassen wir nur noch zu, insoweit sie Eventkultur ist, also nicht Sterbenszeichen, sondern Lebensbeweise vermittelt. Die Diskussion um eine <Gesundheitsreform> zeigt schon im Begriff den Grad der Verdrängung. Denn tatsächlich geht es dabei ganz wesentlich um Krankheit und insbesondere um den Umgang mit der Krankheit zum Tode, an der jeder, so er nicht früh im Schlafe stirbt, einmal leiden wird. (...) Schämt sich der westliche Mensch seiner Sterblichkeit oder seines Unvermögens, sich zu ihr zu bekennen? Beides stimmt. Und zugleich keines. Vor allem schämt er sich nämlich seiner Hilflosigkeit vor dem Tod. (...) Dafür schämt sie (die Menschheit) sich zutiefst des Umstands, dass sie in einer Welt der universellen Machbarkeit ausgerechnet ihrer Sterblichkeit nicht entraten können. Kein Faltenmittel, kein Lifting, kein Work-out und kein Health-Food wird sie davor bewahren, alt und krank und moribund zu werden.“ (Spinnen 2012) Ebenfalls endlich und in dauerndem Zerfall ist die Erde, wenn auch in etwas grösseren Zeitbegriffen. Gewaltige Verschiebe- und Eruptionsvorgänge haben die Erdmassen und Gebirge aus dem Erdmantel wachsen lassen. Seit ihrer Erstarrung zu Fels zerfallen sie zu Steinbrocken, zu Kies und schliesslich zu Sand. Wind und Wetter arbeiten jede Minute an dieser Zersetzung. 8 Gegenwartsform der Vergangenheit – Ruinen Schaal spricht im Vorwort zu Ruine-Ruins von Zusammenbruch, Erdbeben, Krieg, Zerstörung, Scheitern, Bankrott und Krise. Im Wort Ruinen ist ruinös, Ruin, ruinieren, Ruinengrundstück enthalten. Wesentliche Zeugen der Kulturgeschichte sind ganz oder teilweise zerfallen: die Pyramiden von Gizeh, die Ruinen auf dem Machu Pichu, in Ankor Wath, in Pompeji, in Athen die Akropolis, in Rom das Kolosseum und viele andere (vgl. Schaal 2011: 6). In der Schweiz stehen einzig einige Burg-und Schlossruinen, und spärliche Industrieruinen. Von den grossen Kriegen des letzten Jahrhunderts verschont, will heissen nicht zerbombt, kennen wir das Thema der Ruinen als Mahnmal, wie die wiederaufgebaute Frauenkirche in Dresden oder die Gedächtniskirche in Berlin nur als Touristen und nicht als verinnerlichte Lebensrealität. Der Begriff der Ruinen wird beinahe ausschliesslich in der Architektur verwendet und meint die Überreste eines zerfallenen oder zerstörten Gebäudes. In diesem Zustand ist es für Menschen nicht mehr in der ursprünglichen Funktion nutzbar, es bietet weder Schutz noch Geborgenheit. Sind hingegen an einem Gebäude schwache oder stärkere Spuren der Vergänglichkeit in Form von abblätterndem Verputz, undichten Fenstern, knarrenden Böden sichtbar, so lässt sich bis zu einem gewissen Grad darin noch leben. Wenn der Zahn der Zeit an einem Objekt nagt, so ist dies der Prozess, welcher die Vergänglichkeit zeigt und irgendwann zu einer Ruine führt. Ab der Renaissance und der damit verbundenen Neuentdeckung des Antiken Rom gehört die Ruine zum normalen Requisit vieler Landschaftsgemälde und Gartengestaltungen. (vgl. Schaal 2011: 20). Etwa ab dem Jahr 1700, und besonders in der Romantik ab 1800, wurden in ganz Europa Ruinen als Dekorationsobjekte Abb. 1, Künstl. Ruine Désert de Retz, Frankreich, 1781 nachgebaut. (Abb. 1) Wer zur feinen, gehobenen Gesellschaft gehören wollte, musste zu Hause eine künstliche Ruine im Garten oder Park besitzen. (...) Entweder man errichtete sie aus nachgeahmten Säulen und Architraven, oder man entschied sich für die mittelalterlich-gotisierende Variante und baute eine fiktive, weitgehend zerstörte Ritterburg. (vgl. Schaal 2011: 52) 9 Laut Schaal (2011: 8) hat jede Zeit und jede Gesellschaft ihr eigenes, sehr spezifisches Verhältnis zum Phänomen <Ruine>. Romantische Zeiten interessieren sich mehr dafür als nüchtern – funktionale. Warum gerade in der Epoche der Romantik diese Liebe zu Ruinen und die Suche nach Vergangenheit so wichtig war, erklärt Safranski damit, dass die Romantik eine Gegenbewegung zur Industrialisierung darstellte (vgl. Sfranski, 2007, 370ff). Das hilft vielleicht zu erklären, warum heute wieder Altes und Antikes einen hohen Stellenwert hat, sind wir doch mitten im Umbruch von der Industrialisierung zur Digitalisierung. Die Faszination, welche Ruinen als Geschichtsträger und nunmehr stumme Zeitzeugen auf spätere Generationen ausüben, scheint auch heute gross. Die hinterlassenen Spuren lassen sich immer nur aus dem Blick der noch Lebenden, der existierenden Kulturen lesen und interpretieren. Dabei entstehen so viele Interpretationen wie es nachfolgende Kulturen gibt. Georg Simmel beurteilt in seinem Text Die Ruine 1907 „...das ästhetische Gefallen an der Ruine und damit am Prozeß des Zusammenstürzens der Form als Symptom der Dekadenz“ wie die Herausgeber schreiben (Rübel/Wagner/Wolff 2005: 246). Simmel beschreibt den Zerfallsprozess romantisch-verklärend, entsprechend dem Zeitgeist der Jahrhundertwende: „Diese einzigartige Balance zwischen der mechanischen, lastenden, dem Druck passiv widerstehenden Materie und der formenden, aufwärts drängenden Geistigkeit zerbricht aber in dem Augenblick, in dem das Gebäude verfällt. Denn dies bedeutet nichts anderes, als daß die bloß natürlichen Kräfte über das Menschenwerk Herr zu werden beginnen: die Gleichung zwischen Natur und Geist, die das Bauwerk darstellte, verschiebt sich zugunsten der Natur. Diese Verschiebung schlägt in eine kosmische Tragik aus, die für unser Empfinden jede Ruine in den Schatten der Wehmut rückt, denn jetzt erscheint der Verfall als die Rache der Natur für die Vergewaltigung, die der Geist ihr durch die Formung nach seinem Bilde angetan hat. (Simmel 1907: 248f) 10 Fast hundert Jahre später: Die Anschläge vom 11.9.2001 auf das World Trade Center in New York zeigen Vergänglichkeit und Verletzlichkeit von Gesellschaft und Kultur deutlich. Diese Ruinen wurden rasch abgetragen und im Herbst 2011 wird das 9/11 Memorial Museum World Trade Center New Abb. 2, GroundZero, New York, US York City eröffnet. Mindestens gleich beängstigende Ruinen sind die Ruinen von Tschernobyl und von Fukushima, der beiden grossen Reaktorunfällen in Atomkraftwerken. Diese werden im Vergleich zu dem Ground Zero nicht so schnell weggeräumt und ebenfalls nicht gleich zielstrebig wird nach Schuldigen gesucht. Abb. 3, Fukushima, Japan Renovationen und Umbauten bedeutender Museen, wie unter anderem der Alten Pinakothek in München, dem Neuen Museum in Berlin, der Neuen Staatsgalerie Stuttgart, haben in Deutschland eine rege Diskussion um den Umgang mit historischen Bauten und Ruinen ausgelöst. Es wird von einer neuen Ruinenromantik gesprochen. Zu Beginn der Neunzigerjahre erlebte die Ruine in Deutschland eine Renaissance. Vor allem im wilden Berlin stürzten sich junge Menschen auf die durch die Deindustrialisierung nutzlos gewordene Gebäude. (vgl. Schwarz 2009: Absatz 3) Abb. 4, Öffnung mit scheinbar aus der Garagenwand herausgefallenen Steinquadern Neue Staatsgalerie Stuttgart, 1984 11 Die Magie der Dinge - Vergänglichkeit in Stillleben Die Magie der Dinge so lautete der Titel der Ausstellung zur Stilllebenmalerei im Kunstmuseum Basel im Herbst 2008. Stillleben oder nature morte (fr.) meint die Darstellung von dekorativ ange-ordneten Dingen, wie sie sich schon in altrömischen Wandmalereien findet. Nebst formalen Gestaltungsmöglich-keiten und rein malerischen (wie der Problemen Darstellung der Stofflichkeit von Glas, Metall, Fell) sind die sinnbildlichen Aussagen von zentraler Bedeutung. Abb. 5, Adriaen Coorte, Gooseberries on a Table, Ölmalerei auf Holz, 1701 Die Themen der frühesten Stillleben in Öl aus dem Mittelalter bis zu den ganz aktuellen, digital bearbeiteten Fotografien oder Malereien sind immer wieder ähnlich. Es geht um Flora und Fauna, Jahreszeiten und Elemente, Esskultur, Alltag und Exotik, Reichtum, Luxus und Konsum, um Erotik und andere Sinnesfreuden, um Weltordnung - und Vergänglichkeit. Diese wird oft mit Symbolen wie Totenschädel, Skeletten, zerbrochenen Gläsern, Sanduhr, verlöschende Kerze, Insekten, teils verwelkten Blumen dargestellt. Abb. 6, Georg Flegel, Stillleben mit Kirschen, 1635, Öl auf Holz, 18,3x24,8 cm, Stuttgart, Staatsgalerie 12 Die eigentlichen Vanitas-Stillleben, die Mahnungen an die Vergänglichkeit vor allem Irdischen, an die Eitelkeit und Nichtigkeit der Dinge, werden in der mittelalterlichen Darstellungen Kunst wie in Frau figürlichen mit Spiegel, Lebensalter, Tod und Mädchen, Tod und Liebespaar oder Totentanz personifiziert. (vgl. Kwiatkowski 1983: 336, 457, 497) Abb. 7, Abigail O´Brien, Still-life V, Fotografie 1998 Auch das Thema Sillleben erfährt seit einigen Jahren KünstlerInnen eine Renaissance. aus verschiedensten Bereichen und Kulturkreisen beschäftigen sich damit. In der Malerei, in Film und Fotografie (Chantal Michel, Nadin Maria Rüfenacht) und in der Installation (Antje Scharfe siehe Abb. 45, S.40, Katharina Fritsch), um nur einige Vertreter zu nennen. Zudem ist oft das Foto-Styling Hochglanz-Magazinen in oder Möbelprospekten dem Thema Stillleben nachempfunden. Giorgio Morandi Die Malereien wurden als von Vorlage unzählige Male verwendet. Mitte: Abb. 8, Nadin Maria Rüfenacht, Nature Morte aus der Serie „Heros“, Fotografie 2005 Unten: Abb. 9, David LaChapelle, Early Fall, Flower, Fotografie 2008 13 Die Obertöne des Unvollkommenen: Japan, Wabi-Sabi und Vergänglichkeit Im Buddhismus ist die Unbeständigkeit von allem Seienden eine der wesentlichen Lehren. Gemäß dieser Lehre befindet sich ausnahmslos alles im Fluss der Vergänglichkeit. „Man kann nicht sagen, daß wir (die Chinesen oder Japaner oder Asiaten?) ganz allgemein glänzende Dinge ablehnen; doch einem seichten, hellen Glanz ziehen wir ein vertieftes, umwölktes Schimmern vor. Sei es ein natürlicher Stein oder ein künstliches geschaffenes Gerät, es geht uns um einen von Trübung gedämpften Glanz, der unfehlbar mit der Vorstellung einer Alterspatina zusammenhängt. Man hört den Ausdruck <Alterspatina> oder dergleichen oft, doch um die Wahrheit zu sagen, handelt es sich um den Glanz, der auf den Schweiss und Schmutz der Hände zurückzuführen ist. In China gibt es das Wort <Handglanz>, in Japan das Wort <nare> (Abgegriffensein; Anm. d. Übers.); beide meinen den Glanz, der entsteht, wenn eine Stelle von Menschenhänden während langer Zeit angefaßt, glattgescheuert wird und die Ausdünstungen allmählich ins Material eindringen. Es handelt sich also, anders gesagt, zweifelsohne um den Schweiß und Schmutz der Hände.“ (Tanizaki Jun’ichiro 1933: 22f) In Japan galt, und gilt bei wenigen Menschen vielleicht immer noch, die Schönheit des Unregelmässigen mehr als das Vollkommene. Wahrscheinlich ausgelöst durch die Buddhistische Kultur und das Klima der Insel, wurde diese Auffassung von Schönheit durch Theoretiker wie Tanizaki Jun’ichiro, Sõetsu Yanagi und später Jiro Yoshihara noch gefördert. Yanagi lebte von 1889 bis 1961, hat die japanische Handwerksbewegung begründet, ist vergleichbar mit John Ruskin und William Morris der Arts-and-Crafts-Bewegung in England. Er schreibt: „Warum aber sollte man das Vollkommene zugunsten des Unvollkommenen verwerfen? Die Antwort lautet: Das Exakte und Perfekte transportiert keine Obertöne, es lässt keinen Raum für Freiheit; das Perfekte ist unbeweglich und geregelt, kalt und hart. Wir mit unseren eigenen menschlichen Unvollkommenheiten werden vom Vollkommenen zurückgestossen, weil alles von Anfang an offen daliegt und nichts auf das Unendliche verweist. Schönheit braucht Raum um sich, sie muss mit Freiheit verknüpft sein. Ja man kann sagen; Freiheit ist Schönheit. Die Vorliebe für das Unregelmässige ist ein Zeichen für ein grundlegendes Bedürfnis nach Freiheit.“ (Yanagi 1972: 59) Jiro Yoshihara war Mitglied der Gutai-Gruppe, einer japanischen Künstlervereinigung. Ihnen war das Eigenleben des Materials sehr wichtig. Sie wollten nicht mehr nachahmen, sondern experimentell tätig sein und das Material befreien von falscher Bedeutsamkeit. Sie waren Vorläufer der späteren Performance- und Installationskunst im Westen und sie waren 14 fasziniert von der Ästhetik des Ruinösen: „...jene Schönheit, die es an den Kunstwerken und Architekturen der Vergangenheit zu entdecken gilt, wenn diese ein verändertes Aussehen im Lauf der Jahrhunderte durch Schäden der Zeit oder durch Zerstörung bei Katastrophen erhalten haben. Dies bezeichnet man als die Schönheit des Verfalls. Aber ist es nicht vielleicht jene Schönheit, welche das Material annimmt, wenn es von der künstlichen Schminke befreit ist und seine ursprüngliche Eigenschaft zu erkennen gibt?“ (Yoshihara 1956: 262) Künstler des Abstrakten Expressionismus, Musiker und viele sinnsuchende Amerikaner und Westeuropäer brachten die Faszination der japanischen Kultur und damit das nicht klar zu übersetzende Wabi-Sabi in den Westen. Leonard Koren bezieht sich in seinem Buch WabiSabi auf <Das Buch vom Tee> Kakuzo Okakura von 1906. Gleich zu Beginn schreibt er: „Wabi-Sabi bezeichnet unvollständiger Dinge, die die Schönheit Schönheit unvollkommener, schlichter vergänglicher Dinge, die und Schönheit unkonventioneller Dinge.“ (Koren 1995: 7) und weiter, Wabi-Sabi sei tiefgründig, mehrdimensional, schwer fassbar – scheinbar das perfekte Mittel gegen den überall vorherrschenden glatten, zuckersüssen, kollektiven Schönheitsstil. Er ist der Ansicht, dass Wabi-Sabi mit vielen betont anti-ästhetischen Strömungen in Verbindung steht. (vgl. Koren 1995: 9). Wabi-Sabi kann als umfassendes ästhetisches System bezeichnet werden. Es basiert auf metaphysicher Basis (Dinge gehen entweder ins Nichts über oder entwickeln sich aus dem Nichts), auf geistigen Werten (beispielsweise der Vorstellung, dass <Grösse> sich in unscheinbaren Details finden lässt) und moralischen Vorschriften (beispielsweise: befreie dich von allem Unnötigen). Die Dinge der Wabi-Sabi-Welt werden als einfach, unregelmässig, bescheiden, erdverbunden, dunstig-trübe, vertraut und mit Hinweis-auf-den-natürlichen Prozess beschrieben. (vgl. Koren 1995: 40f). Gerade der letzte Punkt, der natürliche Prozess ist im Hinblick auf die Vergänglichkeit von Bedeutung. So schreibt Koren: „ Wabi-Sabi-Dinge sind Ausdruck erstarrter Zeit. Sie sind aus Materialien hergestellt, denen die Einwirkung der Witterung und menschlichen Behandlung deutlich anzumerken ist. Sie registrieren Sonne, Wind, Regen, Hitze und Kälte, indem sie sich verfärben, rosten, anlaufen, Flecken bekommen, sich verziehen, einlaufen, schrumpfen und rissig werden. Ihre Kerben, Kratzer, Druckstellen, Schrammen, Dellen, Abblätterungen und anderen Formen der Abnutzung sind Zeugnis der Geschichte ihrer Behandlung und Misshandlung. Auch wenn Wabi-Sabi- Gegenstände kurz vor ihrer Entmaterialisierung (oder Materialisierung) stehen mögen und im Lauf der Zeit äusserst schwach, brüchig oder trocken geworden sind, besitzen sie immer noch unvermindertes Gewicht und Charakterstärke.“ (Koren 1995: 61) Das ist eine wunderschöne Beschreibung des Vergänglichkeitsprozesses, aus dem ein tiefer Respekt gegenüber den Dingen und der Materialität spricht. 15 Raum und Zeit im Zusammenhang mit Vergänglichkeit Zeit hinterlässt Spuren und Erfahrungen auf und in Objekten, auf und in menschlichen Körpern. Marietta Schwarz zitiert in ihrem Artikel Spur der Steine den Architekten David Chipperfield. Er glaube nicht daran, dass eine Reproduktion des Alten uns Geschichte zurückgibt. Nur ein Gebäude mit seinem Original-Material trägt Geschichte in sich. Steine transportierten Zeit. Diese physische Qualität zu schätzen wurde zum zentralen Ansatz bei Chipperfield’s Renovationsarbeiten beim Neuen Museums Berlin. (vgl. Schwarz 2009: Absatz 1) Ein Gefühl von Zeitlosigkeit entsteht bei der Betrachtung von Dingen, die Gebrauchspuren als dazugehörend, in die Oberfläche integriert tragen. Ob die Teekanne nun zehn oder zwanzig Tage oder Jahre in Gebrauch ist, ist ihr nicht anzusehen, vielleicht scheint das Metall etwas matter, das Sieb weist leichte Dellen auf. Dass das Glas in Brüche geht, ist nicht weiter schlimm, lässt es sich doch problemlos ersetzen. Ähnlich langlebig und zeitlos scheinen die Blumentöpfe zu sein, schon Jahre in Gebrauch, mit Ablagerungen von Erde und Moos. An den Zeitpunkt, als ich die dicke, bereits zweimal geflickte und unendlich geliebte irische Strickjacke geschenkt erhielt, erinnere ich mich nur, weil damit ein einschneidendes Erlebnis verbunden ist. Der Jacke selbst sieht man die Jahre nicht an, da Material und Verarbeitung nicht modisch, sondern traditionell irisch sind. Hingegen sind makellose Dinge sehr an die Zeit gebunden. Wahrscheinlich sind sie nur in dem Augenblick perfekt, wo sie die Produktion verlassen. Die kleinste Kratzspur im Lack des Autos erzählt, dass seine Zeit des Verfalls angebrochen ist, das Fahrzeug dadurch eine Wertverminderung erfahren hat und baldmöglichst durch etwas Neues, Makelloses ersetzt werden muss. Nicht nur im Bezug auf Objekte, sondern auch auf den menschlichen Körper gibt es eine regelrechte Industrie, die dazu dient, die Spuren der Zeit zu verwischen. Es wird Zeit investiert, um Zeit anzuhalten. Schönheit, Vergänglichkeit und Zeit verknüpft Urosevic in folgendem Zitat: „Wenn Schönheit vergänglich ist, muß man sich unweigerlich fragen: ab wann? Es wird uns aber kaum möglich sein, einen Moment auszumachen, in dem die Schönheit aufhört und die Vergänglichkeit beginnt. Der Übergang scheint fliessend zu sein und lässt weitgehend offen, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt Schönheit noch verlängert oder Vergänglichkeit bereits verschönert wird. Doch was geschieht, wenn am Beginn nichts Ansprechendes oder gar etwas völlig Unansehnliches steht? Mit anderen Worten, muss man schön gewesen sein, um schön vergehen zu können?“(Urosevic 2011: 256) 16 Zwei Tendenzen in unserer Gesellschaft: In unserer westlichen Gesellschaft beobachten wir zwei Tendenzen im Umgang mit Vergänglichkeit von Dingen. Einerseits hat in den letzten Jahren eine Ästhetisierung aller Lebensbereiche um sich gegriffen. Zu allen möglichen Themen gibt es Lifestyle-Guides und Beratungen, worin Schönheitskult, Jugendwahn, modisches Styling und damit verbunden uneingeschränkter Konsum angepriesen werden. Hochglanzmagazine zeigen perfekte Wohnwelten und makellose Oberflächen. Die neuesten Tools und Gadgets aus den Bereichen Technik und Verkehr werden besprochen und als absolute Must Haves angepriesen. Perfektion und der Wunsch, das Neueste sofort zu besitzen, sind Selbstverständlichkeiten in dieser Luxuswelt. Was veraltet, leicht abgenutzt, defekt oder démodé ist, wird sofort ersetzt. Um Fragen der Nachhaltigkeit und der sozialen Auswirkungen dieses Verhaltens schert sich kaum jemand. Die Wegwerfmentalität scheint weit verbreitet und akzeptiert zu sein. Für viele Menschen im Westen scheint es selbstverständlich, Materialien des täglichen Gebrauchs, wie auch Kleider, Schuhe, Sportgeräte, Geschirr, Wohnaccessoires, Möbel, rasch zu kaufen und ebenso schnell wieder zu entsorgen, wegzuwerfen. Materialien haben einen geringen Wert und werden ersetzt, wenn sie defekt oder aus der Mode sind. Bei Produkten aus dem IT-Bereich ist das auch gar nicht anders möglich, da immer noch keine Handys und Computer bestehen, bei denen nur eine kleine Komponente ersetzt werden könnte, damit das Ding wieder auf dem neuesten Stand ist. Sobald der erste Kratzer auf dem fabrikneuen Auto oder dem Lackledersofa sichtbar ist, sinkt der Wert des Objekts massiv. Makellosigkeit beschränkt sich auf sehr kurze Zeit. Andererseits gibt es eine stetig wachsende Gruppe von Menschen, welche alte Dinge mit Lebens- und Gebrauchsspuren schätzen und dem Charme des Nicht-Perfekten erliegen. Es kann eine Erleichterung sein, wenn der erste Kratzer auf dem Tisch ist. Ab da lebt der Tisch, ist authentisch und gehört in den lebendigen Haushalt. Vielleicht ist der erste Kratzer am neuen Ding so etwas wie der Initationsritus zur Aufnahme in ein bestimmtes Umfeld. Nach Marietta Schwarz wird das Alte, die Spur, der Riss, und damit verbunden auch die Vielschichtigkeit der Geschichte als architektonisches und ästhetisches Erlebnis zelebriert. Dies im Zusammenhang mit der neuen Ökobewegungen oder einfach, weil alte Unikate als hip gelten. „ Rapper drehen Musikvideos in verlassenen Fabriken. Models posieren für grosse Mode-Labels vor ruinösen Gebäuden. Restaurantbesitzer schlagen den Putz von 17 den Wänden, gegessen wird unter rostigen Stahlträgern und Kappendecken. Und auch in den Wohnräumen ist die Patina längst angekommen. Wer es sich leisten kann, lebt im italienischen Palazzo mit abgeblätterten Putzschichten oder im Fabrik-Loft.“ (Schwarz 2009: Absatz 4) In Kombination mit dem Kult um Hochglanz gibt es auch den Kult um Vintage und um Antiquitäten. Im Bewusstsein der Ressourcenknappheit oder einfach nur wegen der hippen Ästhetik, wird repariert, recyclet, neu genutzt und umgenutzt. Die Objekte erhalten mehrere Lebenszyklen, ihre Patina und ihre Geschichte wird geschätzt. Die Abkehr von der Perfektion, gepaart mit Neugierde und Offenheit alle mögliche Style und Zeiten miteinander zu kombinieren und gekoppelt mit einer grossen Sorgfalt im Umgang mit Materialien führen zu sehr individuellen Wohn- und Lebenswelten. Marietta Schwarz zitiert Thomas Will (Architekt, Denkmalpfleger Dresden): Das Nebeneinander von Alt und Neu sei auch ein Zeichen fortgeschrittener Moderne. Das Ruinöse habe es zu Beginn des 21. Jahrhunderts über die Entdeckung durch die Künstler und die Absorption durch die Popkultur zur Lifestyle-Ästhetik geschafft. Die Patina sei zum gesellschaftlichen Code, zum Status-Symbol geworden. Ab heute könne man sich auf dem Bunker ein Penthouse bauen und habe sozusagen die geschichtlichen Reste als Insignien einer kultivierten Lebensform, so wie man sich früher ein historische Gebäude mit Giebelchen und Säulen gebaut habe. (vgl. Schwarz 2009: Absatz 4) 18 2. Fünf Positionen von Designtheoretikern / Designern zum Thema In diesem Kapitel zeige ich fünf Positionen von Designtheoretikern aus den letzten 40 Jahren, welche sich mit Formen der Vergänglichkeit im weiteren Sinn und ihren Auswirkungen beschäftigt haben. Von den veredelnden Spuren des Nutzens oder Patina des Gebrauchs, 1973: Dietels These lautet, dass das gut Gestaltete die Spuren des Nutzens und Brauchens durch den Menschen und die Spuren der Zeit zu tragen vermag. Das Aussehen des Objekts, das Gestaltbild, werde dadurch gesteigert und nicht gemindert. (vgl. Dietel 1973:52f). Zudem fordert er, dass die Gesellschaft ihre Haltung verändert und die Spuren des Nutzens und Brauchens als legitimen ästhetischen und damit gestalterischen Reiz anerkennt. In der Diskussion um Zerstörung von Natur und Umwelt als Folge der Massenproduktion und des Massenkonsums, und damit verbunden dem Einfluss des Designs auf zunehmendes Wegwerfverhalten in der Gesellschaft, sieht der Designer Clauss Dietel folgende Entwicklung: „Die früheren Handwerker hatten mit der Gebrauchspatina als ausdrucksteigerndes Element gerechnet. Bauen und Gestalten war nicht nur die Absicht, Neues zu schaffen, sondern das Streben nach dauerhaften Leistungen, die nach einem Altern in Würde auch für nächste Generationen erlebbar sein sollten. Erst als Bedürfnisse nicht mehr befriedigt, sondern um des Geldes willen Bedürfnisse geschaffen wurden, wandelte sich dies. Vom Brauchen kam es zum Verbrauchen, im doppelten Sinn des Wortes: die früher veredelnden Spuren des Nutzens wurden in ihr Gegenteil verkehrt. Benutzt und gebraucht wurden Synonyme für Dinge die möglichst bald abzusetzen, durch Neues auszutauschen seien. Die Moral der um des Profits willen Produzierenden war geschaffen. Früher sei es selbstverständlich gewesen, die Patina des Nutzens und Brauchens nicht als Tadel, sondern als Adel zu sehen.“ (Dietel 1973: 52). In den vergangenen Jahrhunderten schätzten und sammelten adelige und bürgerliche Kunstund Kulturbewusste kaum normale, alltägliche Geräte und Gebrauchsgüter, sondern höfische oder großbürgerliche, repräsentative Stücke. Diese waren oftmals Statussymbole und in ihrer repräsentativen Bedeutung meist nicht funktionell gedacht. Verständlich, daß 19 Spuren des Brauchens an diesen Dingen nicht beabsichtigt, geschweige denn geduldet wurden. So begründet Dietel die veränderte Wertschätzung von Dingen mit Gebrauchsspuren. (vgl. Dietel 1973: 52f). Objekte mit Gebrauchsspuren waren und sind oft immer noch deutlich weniger wert. Wahrscheinlich hängt das auch damit zusammen, dass die Tätigkeit des Brauchens an sich, das sich-die-Hände-schmutzig-machen, das Handwerk, geringer geschätzt wird als rein intellektuelle Kopfarbeit. Bei Richard Sennett findet sich ein interessanter Gedanke im Zusammenhang mit der Vergänglichkeit und der Bedeutung von Handwerk, welcher vielleicht zum Teil die nach wie vor gültige geringe Einschätzung von handwerklicher Arbeit erklärt. Der Wunsch nach etwas Dauerhafterem als den in ständigem Zerfall begriffenen materiellen Dingen, führe in der westlichen Zivilisation zur Vorstellung der angeblichen Überlegenheit des Kopfes über die Hand. Daraus resultiert die Vorstellung, wonach der Theoretiker besser sei als der Handwerker, weil Ideen dauerhafteren Bestand hätten. (vgl. Sennett 2008: 169). Diese Idee der Teilung innerhalb des Wissens geht laut Sennet zurück auf Platon (ebenda 169) Die Spuren des Gebrauchs, 1995: Toshihito / Stotz beschreiben in Verbindung mit dem Begriff der Produktarchäologie der Gegenwart, wie Spuren des Gebrauchs als Hilfsmittel zur Entwicklung neuer, dem Menschen ergonomisch angemessener Dinge dienen können. Die Spuren des Gebrauchs oder Verbrauchs geben möglicherweise, je nach Standpunkt des Betrachters, Aufschlüsse über das Alter des Produkts, die mögliche Häufigkeit und die Art und Weise der Anwendung oder Verwendung. Die Erforschung und Auswertung von Gebrauchsspuren könne zu qualitativ optimierten Produkten führen. (vgl.Toshihito / Stotz 1995: 212ff) Wie bereits weiter oben ausgeführt gibt es materiellen und soziokulturellen Verschleiss. Materiell additiver Verschleiss zeigt sich durch Ansetzen von Schmutzpartikeln. Materialabrieb ist eine subtraktive Form des Verschleißes. Soziokultureller Verschleiss entsteht durch wechselnde Mode- und Zeitgeistströmungen. Toshihito / Stotz bemerken, dass sich durch Verschleissmerkmale eine Identifikation mit dem Gegenstand ergeben kann. Wenn die Spuren von der Benutzung durch eine Person herrühren, ermöglichen sie die Wiedererkennbarkeit und stellen somit eine Individualisierung des Produkts dar. Wenn die Gebrauchsspuren einen direkten biografischen Bezug zum Gegenstand eröffnen, wird nicht mehr ausschliesslich der Gebrauchswert des Produkts gesehen, sondern auch die symbolisch mit ihm verbrachte Zeit. Damit bekommt der Gegenstand für den Benutzer eine Einzigartigkeit und Unersetzbarkeit, 20 die bis zum Fetischismus reichen kann. Da erinnern sich wohl viele Menschen an bestimmte Objekte, zum Beispiel an das Lieblingsplüschtier aus der Kindheit. Unbewusst entstandene Verschleissspuren lassen sich an vielen Produkten und besonders auch im öffentlichen Raum finden. So ist die abgegriffene Stelle an der Ampel, wo sich die Velofahrer bei rot festhalten genauso unbewusst entstanden wie die abgeschabte Stelle auf dem Stadtplan oder der Abkürzungstrampelpfad quer über die Wiese. Das sind Beispiele von Toshihito / Stotz. Ein Beispiel, das nicht durch Menschenhand entstand, sondern durch die Witterung und ungeeignete Materialwahl, entdeckte ich in Villa di Chiavenna, im Bergell. Abb. 10, alter Ortsplan, Zerfall durch die Witterung, Villa di Chiavenna, Italien. Die Rissstrukturen in der Folie ergeben die optische Täuschung einer neuen, geologischen Karte, mit Tälern, Flüssen, Wasserscheiden und Seen. Toshihito / Stotz kommen zu folgenden Schlüssen: Die geplante Obsoleszenz ist ein Fehler im kapitalistischen System. Für Gestalter gilt es, den realen und symbolischen Gebrauchswert und den Warenwert in einen Ausgleich zu bringen, indem versucht wird ein Produkt einem bestimmten Verwendungszweck optimal anzupassen, beispielsweise psychische Lebensdauer und Verwendungsdauer. 21 Zudem brauche es kritische Verbraucher, welche zwar nur schwer Transparenz in den Produktedschungel bekommen. Toshihito / Stotz zitieren Bodenstein / Leuer von 1977: „Zweifellos hat sich ein Wandel in den Einstellung der Konsumenten vollzogen; weg von dem durch Sparsamkeit und lange Nutzungsdauer geprägten Umgang mit Konsumgütern, hin zur Wertschätzung des Neuen, modisch Aktuellen. Selbstverständlich wird dieser Umwertungsprozeß, insbesondere durch die Werbung, handfest stimuliert, indem der Abbau asketischer Wertvorstellungen propagiert, die Schwelle der moralischen Hemmungen gegenüber dem Wegwerfen herabgesetzt und die Geringschätzung gegenüber alten und gebrauchten Dingen zur Schau getragen wird. Es fragt sich eben, wie ein dergestalt beschleunigter Güterverzehr gesamtwirtschaftlich und einzelbetrieblich zu sehen ist.“ (Toshihito / Stotz 1995: 223, Anmerkung 34). Nach der Ölkrise, Mitte der 70er-Jahre, erschien das Buch von Bodenstein / Leuer. Aus heutiger Sicht war da der Wandel hin zur Konsumwut in der Gesellschaft erst am Anfang. Umso mehr braucht es jetzt eine neue Grundsatzdiskussion zu Ökologie, Ökonomie und Konsumverhalten, um nicht durch unzählige, rasch verbrauchte Objekte den Müllberg noch weiter wachsen zu lassen. Die Geringschätzung des Alten, Gebrauchten können wir uns nicht mehr leisten. Altes oder Neues, 1997 Gerd Selle schreibt in seinem Text über die Gesellschaft und ihren Umgang mit den alternden Dingen. Er versucht Fragen zu beantworten wie: Was wird mit uns, wenn die Dinge in unserer Hand sich ändern? Ist das, was kommt besser, als das was gewesen ist?. Seine Antwort dazu: Um das Leben zu bestehen, müsse man sich irgendwie in der Gegenwart einrichten. Ununterbrochen entstehe Neues und entwerte Altes. Doch das Erscheinen des scheinbar oder tatsächlich Neuen heiße nicht, daß es brauchbarer sein müße als das Alte. Auch die Geschichte der Dingwelt bestehe aus Lösungen und Ablösungen, wobei die Probleme praktischen Funktionierens durch das Neue sowenig gelöst zu sein brauchen wie die Tradition des Alten gewährleistet sein müsse. Zunächst hat das Neue den Vorteil, daß es neu ist – ein Wert an sich, auch wenn er sich rasch verbraucht; denn manchmal sieht das Neue ganz schnell alt aus. Früher sei es selbstverständlich gewesen, den Dingen die Substanz langer Brauchbarkeit zu bescheinigen. Ein Anzug, ein Paar Schuhe sei jahrelang getragen worden, Stuhl, Tisch und Bett mußten ein Leben lang halten und wurden von Generation zu Generation vererbt. Neues hatte Seltenheitswert. Heute gilt das Gegenteil. Aber es habe sich eine untergründige 22 Unsicherheit eingeschlichen. Weiter beschreibt Selle, dass aus aus Altem Neues entstehen kann, wie bei einer Renaissance. Es sei dann ein verändertes, aktualisiertes Altes, das als Neues erscheine. Was neu ist, bestimme sich in der Regel aus dem Prinzip der gesellschaftlich definierten Innovation, aber es könne eben auch eine Innovation der Wiederkehr aus dem Alten sein – durch Umdefinition der alten Formen zu neuen Werten. (vgl. Selle, 1997: 237f) Nach meiner Beobachtung ist im Moment ein Prozess der Umdefinition der alten Formen zu neuen Werten im Gang und zwar bei jungen Erwachsenen, welche Vintage-Dinge sehr schätzen, zum Beispiel ein altes Damen-Dreigangvelo und dafür ihr schnelles Bike gerne aufgeben. Es gibt, wie Selle schreibt, einen Werte-Katalog zwischen dem Alten und dem Neuen. Über die Vergänglichkeit schreibt Selle: „Der Alltag beweist es: Das Neue beginnt im Augenblick seines Erscheinens zu altern und taucht, eh man sich versieht, im Meer des Gewöhnlichen unter. Das ist eine Erfahrung, auf die man bauen kann. Radikale Neuerungen wie die Einführung des PC sind eher selten, und auch die nutzen sich in der Gewöhnung ab.“ (Selle, 1997: 242) On Wearing. A Critical Framework for Valuing Design’s Already Made, 2011 Gill / Lopes beschreiben, wie die Zukunft einer nachhaltigen Materialverwendung im Design aussehen könnte. Ihre These: „A sustainable material culture is perhaps more about making new relationships than making new things.“ (Gill / Lopes 2011: 307) Im Zusammenhang damit zeigen sie verschiedene Formen der Abnutzung, vor allem bei Textilien. Dabei wird Abnutzung als wechselwirkende Bindung zwischen Menschen und von Menschen hergestellten Dingen verstanden. Zeit ist sichtbar anhand von der Veränderung von Dingen. Gill / Lopes suchen bei Objekten Querverbindungen zwischen Zeit, den verwendeten Materialien, der verwendeten Technik und der ästhetischen Erscheinung. Dabei setzen sie den normalen Alterungsprozess der Tyrannei des Makellosen gegenüber. Sie beobachten, dass Werkstoffe im Designprozess teils zu wenig materialgerecht eingesetzt und deren Verfügbarkeit zu wenig berücksichtigt werden. Sie fordern, dass nicht mehr benutzte Dinge als Material und nicht primär als Abfall gesehen werden. Diese sollten durch Recyclieren, Reparieren, Abändern, Anpassen oder Umnutzen einer neuen Verwendung zugeführt werden. Das verlangt, zu Beginn des Designs solide Materialien einzusetzen, welche mehrere Produktlebenszyklen erlauben. Als Beispiel: An 23 der alten, massiven Tischplatte aus Eiche neue Beine zu befestigen lohnt sich. Für eine beschichtete Spanplatte lohnt sich dasselbe Vorgehen nicht. Dabei sollen die alten Techniken, das Wissen und Können, welches für unsere Grosseltern in ihrer Handlungspraxis selbstverständlich war, wieder geschätzt, neu belebt und vermittelt werden. Als Beispiel wird genannt, aus alten Kleidern von Erwachsenen Kinderkleider zu machen. Designer sollen alte, teils aussterbende Handwerkspraktiken wieder aufgreifen und weiterentwickeln, dies als konkreter Beitrag zur Nachhaltigkeit. Zudem soll die Werbung die Langlebigkeit und allenfalls die vielfältige Nutzung der Produkte kommunizieren. Dadurch könnte ein wesentlicher Beitrag geleistet werden zur Entwicklung neuer, intensiverer Beziehungen zu den Dingen und damit verbunden hoffentlich bewussterem Konsum und längerfristig einem geringeren Materialverbrauch. Bestehende Dinge neu sehen und wertschätzen, gegebenenfalls reparieren und allenfalls ideenreich erweitern, das ist die zukünftige, sorgfältige Kultur der Nachhaltigkeit. Als ein Beispiel von Umnutzung, sorgfältigem Umgang mit Kleidung und Nachhaltigkeit wird als Beispiel: 1 Jahr 1 Kleid angeführt. Designerin Andrea Zittel hat in den 90er Jahren das Thema der Kleider für eine Saison aufgegriffen. Malerin Alex Martin trug ihren little brown dress ein Jahr lang (2005) und Grafikerin Sheena Matheiken ein schwarzes Kleid 2010 während einem Jahr, um damit Geld zu sammeln für eine Schule in Indien und um auf den Irrsinn des raschen Wechsels von Mode aufmerksam zu machen. Abb 11, Sheena Matheiken, 2010 Abb. 12, Andrea Zittel, Uniform Spring-Summer 1993 24 Rediscovering Value: The Second Lives of Secoandhand Goods, 2012 Brockenstuben, Garagenverkäufe, Flohmärkte, Kleider- und Velobörsen, Bücher- und Kleidertausch sind aus unserer Kultur längst nicht mehr wegzudenken. Da wird gekauft oder getauscht, Sammler, Schnäppchenjäger und Konsumenten mit kleinem oder grossem Budget sind die Kunden. Prasad Boradkar beschreibt in seinem Text, wie er durch einen KuratorAuftrag zum Sammler und Jäger von allerlei Musikgeräten wurde. Dabei hat er die verschiedenen Lebenszyklen von Produkten genauer beobachtet und beschrieben. Brockenstuben und ähnliche helfen, den Wert von Dingen wieder zu entdecken und zu regenerieren. Die These von Boradkar lautet, dass Secondhand-Güter, je nach Kontext und Wertschätzung, einen Gebrauchs- und Tauschwert erhalten, der grösser ist, als der Wert derselben Güter, als diese fabrikneu im ersten Lebenszyklus waren. Designen heisst, Werte zu generieren, doch oft sind sich die Designer laut Boradkar gar nicht bewusst, dass das geplante Objekt mehrere Lebenszyklen vor sich hat. Boradkar nennt dies ungeplante Dauerhaftigkeit: „Unplanned durability (...) defies all these forms of obsolescence, and redirects products towards garage sales and thrift stores, into additional cycles of consumption and back into people’s lives.“ (Boradkar 2012: 224) Die Vergänglichkeit der Dinge kann also mit zusätzlichen Lebenszyklen herausgezögert werden. Daraus resultiert die Forderung von Boradkar: „If designing longer life spans into things is a principle of sustainable design, perhaps this form of unplanned durability needs to be closely examined, as it might yield insights into new form of managing waste.“ (Boradkar 2012: 225) 25 Zusammenfassung zu Kapitel 2 Die zitierten Autoren nehmen immer wieder kritisch Bezug auf die Obsoleszenz von Produkten. Damit kritisieren sie zu Recht Designer, Produzenten und Konsumenten. Design galt und gilt immer noch als Motor, der die Wohlstandsgesellschaft und damit eben auch die Wegwerfgesellschaft am Laufen hält, so schreibt Kries (vgl. Kries, 2010: 38). Die Konsumwut durchdringt den westlichen Menschen, wir leben in einer, zumindest materiellen, Überflussgesellschaft. Design greift in alle Lebensbereiche ein und wird als Instrument zur Überästhetisierung des Alltags subtil genutzt. Der Mensch ist zum homo aestheticus geworden. (vgl. Kries, 2010: 101) Nun ist es an der Zeit, dass Design Stellung bezieht in der Diskussion um neue Werte, um Ethik im Umgang mit Materialien und Dingen. Design muss sich den ökologischen und soziologischen Herausforderungen stellen. Design muss nachhaltige und lebenswerte Alternativen zum Überkonsum bieten. Design darf sich nicht mehr darin genügen, Statussymbole, stylische Benimmregeln und Kaufanreize zu verbreiten. Das Objekt ist nebst dem, was es physisch verkörpert immer auch das, was der Betrachter darin sieht. An den Gestaltern und an den Benutzern liegt es, den realen und den symbolischen Wert von Objekten ins Gleichgewicht zu bringen und angesichts der ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen Verantwortung zu übernehmen. Die Wertschätzung von Dingen, die Gebrauchsspuren aufweisen, die ihre Vergänglichkeit sichtbar tragen, unterstützt die Diskussion der Umcodierung von Werten. Die moralische Hemmung gegenüber dem Wegwerfen muss wieder grösser werden. Denn das Neue ist ja vielleicht gar nicht brauchbarer als das Alte. Dies bedingt, dass die verwendeten Materialien qualitativ hochwertig und adäquat sind, damit sich die Produkte lange verwenden oder umnutzen lassen. So kann das Ende der Dinge hinausgezögert werden. Vor allem die letzten beiden Positionen, Gill / Lopes und Boradkar sehen in zusätzlichen Lebenszyklen von Produkten eine vielversprechende Möglichkeit zu nachhaltiger Entwicklung, indem die Spuren der Vergänglichkeit als Selbstverständlichkeit akzeptiert und einbezogen werden. 26 3. Vergänglichkeit in Design und Kunst: ein Katalog der Ausdrucksformen Über das Verhältnis von Kunst und Design Laut Foraita spricht Kunst Menschen vorwiegend auf der geistig-ideellen Ebene an, während Design die Nutzer auf dieser ebenso wie auf der physisch-realen Ebene anspricht. An dieser Schnittstelle geschehe die Annäherung: Wenn das Design nicht mehr nur auf der rationalen, funktionalen Ebene arbeite, sondern ebenfalls Anspruch auf die Bedienung der geistigideellen Ebene erhebe und die Kunst ebenso die physisch-reale Ebene anspreche, dann entstehe im Denken, Herstellen und Rezipieren Überschneidung von Kunst und Design. (vgl. Foraita 2011:54). „ Soweit heute nachweisbar, existiert eine Verbindung zwischen Gebrauchsgegenstand und sinnbildlicher Form seit dem Mittelpaläolithikum (etwa vor 300.000 bis 200.000 Jahren). Der künstlich hergestellte Gegenstand, das Artefakt, bildet die Grundlage sowohl für die Kunst als auch das Design. Beide Professionen haben sich aus dem handwerklichen Gestalten entwickelt, sowohl ideell als auch materiell. Die veränderten Herstellungsprozesse seit der Industrialisierung führten nach und nach zu einer Trennung beider Bereiche. Seit der 1980er Jahre entwickelten sich Kunst und Design zunehmend wieder aufeinander zu, und heute können wir ein merklich entspannteres Verhältnis beider Disziplinen feststellen, das deutlich über eine friedliche Koexistenz hinausgeht. Man gewinnt den Eindruck, als hätten zwei Bereiche, die ohnehin originär zusammengehören, endlich Frieden miteinander geschlossen.“ (Foraita 2011:47) Das Verhältnis von Kunst und Design ist fliessend, sagt Foraita. Beide Bereiche arbeiten an der Bedeutungsebene und an der Wirkung der Erscheinungsformen. Die Bedeutung eines Designgegenstandes erschliesst sich in der Regel in Zusammenhang mit einer Handlung, die Bedeutung eines Kunstwerks meistens in seinen ideellen Werten. Doch auch da sind die Grenzen verwischt, vielen Designobjekten sind ideelle Inhalte eigen, die weit über die funktionale Bedeutung hinausgehen. Ein weiterer Einfluss, der die Annäherung von Kunst und Design beschleunigt, ist laut Kries der boomende Kunstmarkt, welcher nach neuen Trends und Stilen sucht und diese im Design findet. (vgl. Kries 2010: 89f). Zweckfreiheit und die Aura des Unikats machen Kunstwerke aus, doch auch im Design gibt es Unikate und zunehmend zweckfreie, kritische Positionen. Designobjekte sind meist Gegenstände, die zwischen den Polen der reinen technischfunktional determinierten Gebrauchsgegenstände (zum Bsp. Kugeln eines Kugellagers) auf 27 der einen Seite, und Kunstwerken auf der anderen Seite anzusiedeln sind. Gutes Design besteht nicht nur in gelungener Funktionalität, sondern ist darüber hinaus Ausdruck einer künstlerischen Auffassung als funktional-ästhetisch-zeichenhafter Gebrauchsgegenstand. Grosses Design bestehe daher in grosser Funktionalität gepaart mit grossem künstlerischem Ausdruck. (vgl. Steinbrenner 2010: 18+20). „Der Unterschied zwischen Kunstwerken und Designobjekten besteht (...) darin, dass wir bei Designobjekten ihre praktische Funktion – und nicht alleine ihr Äusseres – unter ästhetischen Gesichtspunkten bemessen, während wir bei Kunstwerken nur ihren künstlerischen Ausdruck werten.“ (Steinbrenner 2010: 19). Kunst kann aber sehr wohl auch Funktionen haben, beispielsweise moralische, politische, weltanschauliche, kultische, kommunikative oder unterhaltende. (vgl. Döring 2010: 53). Laut Döring haben Design und Kunst miteinander gemeinsam, dass beide Gegenstand ästhetischer Erfahrung sein können. Ja gar, dass ästhetische Erfahrung keinen Unterschied macht zwischen Design und Kunst. (vgl. Döring 2010: 54). „Denn ästhetische Erfahrung ist emotionale Erfahrung, und Emotionen bewerten genau nicht funktionalistisch, sondern schreiben Gegenständen intrinsische Werte zu, die diese Gegenstände nicht als Mittel zu einem von ihnen selbst verschriebenen Zweck, sondern in sich selbst haben:“ (Döring 2010: 55). Mit >Emotion< meint Döring dabei Gefühle wie Furcht, Ärger, Empörung, Ekel, Entsetzen, Neid, Trauer, Bewunderung, Scham, Stolz und Mitgefühl. (vgl. Döring 2010: 61). Ich füge hier auch Freude, Zufriedenheit, Begeisterung als positiv belegte Worte hinzu. „Anders als ein nicht-emotionales Gefühl erschöpft sich eine Emotion nicht in einer bestimmten Erlebnisqualität und Erlebnisintensität – dem >Wie-es-ist<, sie zu empfinden,- sondern repräsentiert ihren jeweiligen Gegenstand als in bestimmter Weise seiend: beispielsweise die Schlange als gefährlich. (Döring 2010: 62). Emotionen sind also auf etwas in der Welt gerichtet, stellen die Welt in bestimmter Weise seiend dar und bewerten sie. Zusammenfassend lässt sich sagen: Wesentlicher Unterschied zwischen Design und Kunst ist die Art der Funktionalität. Wesentliche Gemeinsamkeit von Design und Kunst ist die ästhetische Erfahrung. Nach der These von Döring ist ästhetische Erfahrung emotionale Erfahrung. Somit löst die Wahrnehmung der Vergänglichkeit eines Objekts bestimmte Gefühle aus, welche auf das Objekt und die Situation der ästhetischen Erfahrung bezogen sind. Die Art der Gefühle wird durch verschiedenste Faktoren beeinflusst, durch die momentane Situation, durch Erfahrungen und Wissen und durch unbewusste Prägungen. 28 Ausdrucksformen der materiellen Vergänglichkeit Materialveränderungen • auflösen, zerbröseln, langsam oder schnell vollständig zerfallen • ausdehnen, aufquellen, aufreissen • ablösen, abschälen, häuten • verschmelzen, verformen Formveränderungen • Verschleiss, Abschaben, Abnutzung, Abrieb der Oberfläche • auseinanderfallen, aus dem Leim gehen, Bruch, Deformation • organische Schäden durch Pilze oder Tiere (Wurmfrass im Holz, Schneckenfrass) • Herauslösen von Teilen • Ergänzen, reparieren defekter Teile Oberflächenveränderungen • Patina durch Verschmutzung (additiv) oder Abnutzung (subtraktiv) • Gebrauchsspuren, Kratzer und Abrieb • Oxidieren, Korrosion (Rost) • organische Prozesse (Schimmel, Moosbewuchs, Pilzwachstum) • ablösen, abschälen, abblättern, häuten • absprengen Farbveränderungen • verblassen, vergilben, abdunkeln, vergrauen (bei unbehandeltem Holz) • verfaulen, verschimmeln, vermodern Funktionsveränderungen • Löcher, durch Abrieb • weglassen, abfallen einer Hülle, einer Aussenschicht • altes Material neu verwenden • zerfallen und daraus etwas neues entstehen lassen (zBsp. Samenbomben) • nicht die zu erwartende Funktion erfüllen Funktionsverlust • auflösen der Form durch Bruch, Deformation, Feuchtigkeit • auflösen durch vollständiges Verblassen oder durch Wissensverlust (bspw. Daten, Schriften, Zeichen die nicht mehr lesbar sind) • auflösen in Luft durch verdampfen, verbrennen, schmelzen (Rauch, Feuer, Feuerwerk, Eis) • auflösen in Flüssigkeit 29 Zu den sechs verschiedenen Ausdrucksformen der materiellen Vergänglichkeit folgen je einige Bildbeispiele, eingeteilt nach der ästhetischen Erscheinung. In welcher Absicht die jeweiligen Gestalter ihre Objekte entwickelt haben, ist nicht bekannt. Viele Bilder liessen sich mehreren Vergänglichkeitsformen zuordnen. Die Bildlegenden enthalten je einen kurzen Satz zur Art und zum Ausdruck der Vergänglichkeit. Diese Arbeit befasst sich nicht mit der soziokulturellen oder ideellen Vergänglichkeit. Folgende Arbeit passt in keine der Kategorien. Sie ist mir aber sehr wichtig und steht darum gleich zu Beginn der Sammlung: Abb. 13, Wolfgang Laib ab 1977, Blütenstaubbilder, Farbfelder aus Löwenzahn- oder Haselnusspollen Die Pollen werden in der Natur ganz schnell vom Wind verweht. Durch Laib werden sie in unendlicher Fülle gesammelt und erinnern in der Masse an die Vergänglichkeit. Es entstehen aus dem immer gleichen Material wechselnde Kunstwerke: die Blütenpollen werden auf Flächen ausgesiebt, zu Kegeln aufgeschichtet oder in Gläsern aufbewahrt. Dadurch ist die Arbeit in stetiger Transformation. 30 Materialveränderungen: auflösen, zerbröseln, langsam oder schnell vollständig zerfallen, ausdehnen, aufquellen, aufreissen, ablösen, abschälen, häuten, verschmelzen, verformen Abb. 14, loris-et-livia, tipsy , Glas Bestehende Trinkgläser wurden nochmal hoch erhitzt. Daraus resultiert eine gewollte Verformung. Abb. 15, Judith Seng, Hocker Holz und Hochglanzlack Das massive Holz zerreisst je nach Luftfeuchtigkeit langsam oder schnell und verletzt die makellose Lackoberfläche. Das Holz zeigt seine Kraft und sein Eigenleben. Abb. 16, Tamsin van Essen, Gefässskulpturen, Keramik Verschiedene keramische Materialien erweichen beim Brand und dehnen sich unterschiedlich aus, reissen auf. Abb. 17, Gareth Mason, Gefäss-Skulptur, Keramik Tone, Glasuren und Engoben werden in mehreren Schichten auf ein Gefäss aufgetragen, mehrmals gebrannt. Die Veränderungen des formbaren Materials sind im Ofen rissig, schrundig erstarrt. 31 Formveränderungen: Verschleiss, Abnutzung, Abschaben, Abrieb der Oberfläche bis zur Formveränderung auseinanderfallen, aus dem Leim gehen, Bruch, Deformation, organische Schäden durch Pilze oder Tiere (Wurmfrass im Holz, Schneckenfrass, Mottenfrass) Herauslösen von Teilen, ergänzen, reparieren defekter Teile Abb. 18, Tjep, Vasen, Keramik, Silikon Bestehende Vase mit Silikon ausgegossen. der die Form zusammenhält und ermöglich, dass sie einerseits nicht ganz auseinanderfällt und immer wieder in ihre ursprünglich Form zurückkehrt. Abb. 19, &made Ceramic Putty, bestehende Keramik, Keramikkitt Ein defektes Objekt wird mit Keramikkitt repariert. Die Spuren bleiben sichtbar, erzählen einen Teil der Geschichte und sind zugleich Dekoration. Abb. 20, Pieke Bergman, massivinvection, Glas, Holztisch Das heisse, noch weiche Glas wird auf den Tisch gestellt und durch dessen Widerstand und das Eigengewicht des Glases geformt. Dabei hinterlässt das Glas dekorative, an die Vergänglichkeit erinnernde Brandspuren auf dem Holz. 32 Abb. 21, Lukas Wegwerth, Keramik, künstliche Kristalle Die bestehende, defekte Vase wird mit Hilfe künstlicher Kristalle repariert. Die Linie der Zerbrechlichkeit wird zu einer Linie des Schmucks. Abb. 22, Andrea Zittel, Tisch Der alte Tisch zeigt deutliche Spuren der Abnutzung. Das Holz weist Kratzer auf und ist teilweise verbogen. Die Farbe teilweise abgeschabt, die darunterliegende alte Farbe wird sichtbar. Dank der Reparatur mit neuen Beinen und Verstrebung ist er wieder funktionsfähig, die ursprüngliche Form der Tischbeine wurde für die neuen Elemente nicht übernommen. Der Tisch wirkt formal wie ein Puzzle aus verschiedenen Epochen. Abb. 23, Pieke Bergman, light blubs, Glas, Metall Die Lampe ist eine überdimensionierte Glühbirne aus milchigem Glas. Es scheint, als sei die Glühbirne aus der Halterung auf den Tisch hinausgeflossen. 33 Abb. 24, Gabrièle Gisi, Porzellan Das Loch in der Form irritiert, selbst wenn es von Anfang an Absicht der Gestalterin war. Abb. 25, 5.5 Designers, Keramik, Kunststoff Mit Hilfe von Kunststoffen werden die defekten Tee- und Kaffeekannen und Vasen repariert. Fehlende Teile werden ergänzt. Abb. 26, Hybrid selection, Keramik Alte Geschirrteile sind neu kombiniert und zusammengeklebt. Ob die verwendeten Schalen zuvor bereits defekt waren oder ob die Gestalterin bestehendes einfach neu kombinierte, erschliesst sich aus den Bildern nicht. Abb. 27, Mianne de Vries Porzellan Falls der Nutzer der alten Vasenform überdrüssig wird, findet er nach, gezieltem Schlag, in der alten die neue Form. 34 Abb. 28, Dieter Roth 1972, Rabbit-shit-rabbit, 21x10x19cm, Auflage von 250 Stück, Stroh und Kaninchenmist Durch die organischen Prozesse wird die Form sicher verändert, je nach Luftfeuchtigkeit wohl ziemlich schnell aufgelöst. Leider existiert davon kein Bild. Abb. 29, Atelier oï, Vogelhaus, Vogelfutter Je nach dem wie die Vögel ihr Haus aufpicken, bleibt ihnen länger ein Dach oder eine Sitzgelegenheit. Abb. 30, Anish Kapoor, Wachs, Metall, Motor Langsam verändert sich die monumentale Form, in Zeitlupentempo abgeschabt durch das Metallprofil. Zeit, Veränderung und damit Vergänglichkeit werden im Museum erlebbar. 35 Oberflächenveränderungen: Patina durch Verschmutzung (additiv) oder Abnutzung (subtraktiv), Gebrauchsspuren, Kratzer und Abrieb, Oxidieren, Korrosion (Rost), organische Prozesse (Schimmel, Moosbewuchs, Pilzwachstum), ablösen, abschälen, abblättern, häuten, absprengen Abb. 31, Arnold Annen, Gefäss-Skulptur, Porzellan Das rohe Gefäss wird mit der Gasflamme erhitzt. Dadurch sprengt partiell Material weg, Löcher werden bewusst gesetzt. Im Brand wird das fragile Porzellan durchscheinend. Abb. 32, Tamsin van Essen, Gefässskulpturen, Keramik Haut-Krankheiten wie Schuppenflechten sind die Inspiration für diese Objekte. Keramische Mischungen, vor dem Brand aufgetragen, blättern im Brand ab Abb. 33, Maxim Velkovsky, Keramik Die an Ausgrabungen oder Ablagerungen erinnernde Oberfläche verbirgt die darunterliegende Form, diese ist trotzdem klar ersichtlich. Abb. 34, Siri Betts-Sonstegaard, Keramik Wurde ein altes Objekt überarbeitet oder etwas Neues durch die Art der Oberfläche auf alt gemacht? 36 Abb. 35, Maarten Baas, Kommode Mit dem Flammenwerfer wird die Oberfläche des antiken Möbelstückes bearbeitet, bis nur noch die Form an die alte Herkunft erinnert. Die alte Oberfläche hat sich aufgelöst zugunsten einer neuen. Abb. 36, Maxim Velkovsky, Porzellan und Kerze Heruntertropfender Wachs lässt das Babyface rasch schrundig und runzelig aussehen. Die Kerze ist klassischer Bestandteil von Vanitas-Darstellungen. Abb. 37, Karen Ryan, Keramik Die Oberflächen von Keramikobjekten aus der Brockenstube werden durch gezieltes Sandstrahlen und wiederholtes Glasieren neu gestaltet. Die Veränderung und die Vergänglichkeit werden in der Oberfläche lesbar. 37 Farbveränderungen: verblassen, vergilben, abdunkeln, vergrauen (bei unbehandeltem, verwittertem Holz), verfaulen, verschimmeln, vermodern Abb. 38, Daniel Spoerri, , eat art-Bilder ab 1967, Installationen Erinnerungen an gesellige Runden, fröhliche Abende, an gelebte Zeit, festgehalten in Form der Reste der Tafel. Wie sich die Zeit und eventuelle Mikroben auf die Farben auswirken, ist aus der Fotografie nicht ersichtlich. Abb. 39, Sarah Cihat, bestehende Keramikteller mit Blumendekor Überdrucken mit zeitgenössischen Motiven in frischen Farben führt zu neuer Aussage. Abb. 40, Tilman Latz, Banksystem flow2 Die Bänke in unbehandeltem Holz werden nach einigen Jahren in Wind und Wetter silbergrau. 38 Funktionsveränderungen: Löcher, durch Abrieb, weglassen, abfallen einer Hülle, einer Aussenschicht, altes Material neu verwenden, zerfallen und daraus etwas neues entstehen lassen (zBsp. Samenbomben), nicht die zu erwartende Funktion erfüllen Abb. 41, John Chamberlain, Curvatureromance, 2009 172,1 x 134 x 98cm, Skulptur aus Autokarosserien, Pinakothek der Moderne München Welches Formteil erinnert noch an die Stossstange, an das Heck ? Abb. 42, Massimiliano Adami, Softcrack Keramischen Scherben mit frischer Keramikmasse, mit Beton oder mit Kunststoffen zu einer Schüssel verbundn Abb. 43, Paul Cocksedge, Styrene, Lampe aus Styropor-Kaffeebechern Die thermoverformten Styroporbecher ergeben in der neuen Kombination eine Lampe. 39 Abb. 44, Tomas Gabzdil, Wachsvasen Das Material wird nicht in dieser Form erwartet. Produziert durch Bienen. Abb. 45, Antje Scharfe, Still-leben, 2010, Porzellan, Papier, Folie, Lichtkasten, 64 × 90 × 8 cm Die Gefässformen erfüllen eine ideelle Funktion. Licht und Schatten im Wechsel und die Fragilität der einzelnen Elemente unterstützen die Wahrnehmung dieser Installation. Abb. 46, Eva Hesse, Latex Die Objekte erinnern zwar an ihre ursprüngliche Funktion als Behälter für Flüssigkeiten, doch sind sie hier Bedeutungsträger für das Fassen von ideellen Inhalten. Abb. 47, Hilda Hellström, Vorratsgefässe aus verseuchter Erde von Fukushima Die Funktion dieses Gefässes ist das Erinnern an die Katastrophe in Fukushima. 40 Funktionsverlust: auflösen der Form durch Bruch, Deformation, Feuchtigkeit, auflösen durch vollständiges Verblassen oder durch Wissensverlust (bspw. Daten, Schriften, Zeichen die nicht mehr lesbar sind), auflösen in Luft durch verdampfen, verbrennen, schmelzen (Rauch, Feuer, Feuerwerk, Eis), auflösen in Flüssigkeit Abb. 48, Shinichi Maruyama, water sculptures, 2009 Die Bewegung von geworfenem Wasser, festgehalten mittels Fotografie. Ein Sekundenbruchteil Zeit zeigt die Schönheit der Vergänglichkeit. Abb. 49, Stefan Gritsch, Milchkrughaut, Acrylfarbe, Gaze, 2009, 90 x 20 x 15cm Die aufgeschnittene, schlaffe Hülle eines Milchkrugs ist nicht nur ein Schicht von Farbe auf Gaze, aufgeschnitten und aufgehängt, sondern auch ein Verweis auf das Gemälde Milchmädchen von Vermeer. Die Funktion der schützenden Hülle für den Krug ist aufgegeben. 41 Abb. 50, 5.5 Designers, Sugar handle, Der Zucker in Griff-Form löst sich auf, sobald er in den Kaffee getaucht wird Abb. 51, Urs Fischer, The human layer, Gips, Ton, Acrylfarbe, Plastik, Früchte Die Plastikhaut beginnt zu schrumpeln, wenn innen sich die Früchte entsprechend den organischen Prozessen verändern. Abb. 52, Andy Goldsworthy, Eis Die Land-Art-Objekte lösen sich schnell oder langsam ganz auf, je nach dem, aus welchen Materialien sie bestehen. Es existieren danach Fotos, welche die Erinnerung an das Objekt wach halten. Die Materialien an sich integrieren sich wieder in den Kreislauf der Natur. Abb. 53, Urs Fischer, Wachsskulpturen Solange die Kerze brennt, verändert sich die Skulptur laufend, bildet durch sich selbst eine neue Skulptur. Das Feuer wird mit der Zeit die ganze Skulptur aufzehren. 42 Abb. 54, Urs Fischer, 946-baked-masters-basket Ist das jetzt absichtlich so gebaut oder zufällig zusammen gestürzt? Es ist Absicht. Abb. 55, Bernhard Luginbühl, Verbrennung Installation „Signal“, 2002, Mont Vully, Schweiz Abb. 56, Zachary Bloom Durch die bewusst gewählte Form der Dekoration verliert der Tisch teilweise seine Funktion. Abb. 57, Jürg Schneider, Gefäss-Skulptur, Mitte der 80er Jahre 43 Bei folgenden Arbeiten, welche zweifellos in der bildenden Kunst wichtige Positionen zum Thema Vergänglichkeit vertreten, versagt die Kategorisierung. Offenbar sind die Themen des Menschlichen, der Verletzlichkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Körpers viel zu sensibel. Abb. 58, Berlinde De Bruyckere: Into OneAnother to P.P.P., III, Abb. 59, Marc Quinn, Alison Lapper and Parys, 2000 44 Vergänglichkeit und Zerfall als Humus ... Versuch einer Ordnung der Erkenntnisse Der Anblick der beinahe durchscheinenden Gefässe von Arnold Annen (Abb. 31, S.36) ist einfach ergreifend schön. Die Verletzlichkeit der schlaffen Milchkrughaut von Stefan Gritsch (Abb. 49, S. 41) erinnert an den Tod, an das Hinterlassen der eigenen Hülle. Bei einer Verbrennung einer Skulptur von Bernhard Luginbühl (Abb. 55, S.43) dabei zu sein, hinterlässt einen staunend und schier atemlos. Die Fragilität der funktionslosen Gefässe von Antje Scharfe (Abb. 45, S. 40) oder von Eva Hesse (Abb. 46, S. 40) berühren, lassen staunen. Die weichen Verformungen der Gläser von Pieke Bergman (Abb. 20, S. 32) lösen den Wunsch aus, diese zu berühren, ihre Sinnlichkeit zu ertasten. Die Körper von Berlinde de Buyckere (Abb. 58, S. 44) stossen ab, unangenehm berührt wendet der Betrachter den Blick ab. Beim Betrachten der Eat-Art Bilder von Daniel Spoerri (Abb. 38, S. 38) kommt sofort die Frage nach der Menge und der Art der Pilze, die darauf bereits gewachsen sind und ihrem begleitenden Geruch. Fasziniert beobachten wir die zerbrochene Vase von tjep (Abb. 18, S. 32), welche trotz unzähliger Scherben immer noch zusammenhält. Beängstigt hinterlässt der Anblick der Vorratsgefässe von Hilde Hillstöm (Abb. 47, S. 40) den Betrachter zurück. Die ästhetische Erfahrung von sichtbar gemachter Vergänglichkeit berührt, wühlt auf, löst unterschiedlichste Emotionen aus. Kunst und Design wollen Erkenntnisgewinn erzielen. Dazu bedienen sie sich vielfältigster Erfahrungen und stellen Zusammenhänge und Berührungspunkte her. Vergänglichkeit wird in Bezug gesetzt zu anderen Themen. Die Themen werden transformiert, Neues entsteht. Ja vielleicht bilden Vergänglichkeit und Zerfall den Humus, auf dem Kunst und Design entstehen. Oft wird in Zweifel gezogen, dass Kunst und Vergänglichkeit zusammengehören. Laut Hoffer scheint das Kunstwerk ja gerade dafür gemacht, der Vergänglichkeit „ein Schnippchen zu schlagen“. Es soll für die Ewigkeit geschaffen sein, je nach dem, was man sich darunter vorstellt, oder zumindest die Lebensdauer des Künstlers überdauern und seiner Reputation dienen. (vgl. Hoffer 2011: 15) Ähnliches gilt für den Bereich Design. Hier liegt das Interesse meist darin, funktionierende Objekte zu entwickeln und zu realisieren. Destruktion und Auflösung sind bedingt dadurch nicht zentrale Anliegen. Im Gegenteil, oft wird versucht, diese möglichst lange hinauszuzögern. Wenn es gelingt, die Vergänglichkeit im Gestaltungsprozess mit einzubeziehen, wenn sie als Selbstverständlichkeit integriert wird, entstehen Objekte mit starker emotionaler Kraft. 45 4. Transfer Beurteilung der Hypothese Die Hypothese, dass Objekte durch die Ausdrucksformen der Vergänglichkeit ihren Wert steigern können, hat sich durch zahlreiche Beispiele in dieser Arbeit bestätigt. Der „Wert“ bezieht sich hier nicht auf rein finanzielle Mittel, sondern ist umfassend zu lesen. Vielschichtig sind die Publikationen und Stellungnahmen von Sachverständigen und die Beispiele aus Kunst und Design. Die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel im Rahmen der praktischen Thesis verspricht eine spannende Sache zu werden. Schwieriger erweist sich die Frage nach der entsprechenden Intensivierung der emotionalen Bindung an das Objekt. Über die Vergänglichkeit der Objekte Emotionen auszulösen, ist durchaus möglich, wie sich im Kapitel 3 feststellen lässt. Welcher Art und welcher Intensität diese Emotionen sind, lässt sich aber nicht zielgerichtet provozieren, zu viele Faktoren spielen mit. Meine Hypothese, dass das Bewusstsein der Vergänglichkeit eines Objekts die Bedeutung dessen und vor allem die emotionale Bindung zwischen Objektnutzer und dem Objekt selbst fördert und allenfalls verstärkt, finde ich so weder klar bestätigt noch dementiert. Das hat nicht mit den Objekten an und für sich zu tun, sondern mit den Nutzern. Emotionale Beziehungen und Bindungen sind etwas sehr Individuelles und Persönliches. Auf das gleiche Objekt reagieren 10 verschiedene Personen 10 mal anders. Um Genaueres zu erfahren, müssten Umfragen vor allem bei Nutzern durchgeführt werden. Dies würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Emotionale Bindung kann aus unglaublich vielfältigen Gründen entstehen, sie lässt sich aber kaum oder nur sehr schwer voraussagen. Das ist Thema für Psychologen und Soziologen im Bereich der Konsumforschung. Der Fokus meiner Untersuchung lag aber nicht ausschliesslich auf der emotionalen Bindung, sondern dass diese provoziert werden kann durch die Vergänglichkeit. Gerd Selle bezieht sich in einem Text über das Verschwinden, im Der Stand der Dinge auf Virilio: „Die Dinge existieren durch ihre Eigenschaft des Verschwindens.“ Das heißt, wenn sie nicht mehr da sind oder sich zu Pixeln auf dem Bildschirm atomisiert haben oder ihr Bild in Dateien verschwunden ist, dann sind sie erst da, werden sie als Abwesende vermisst: “In der Ästhetik des Verschwindens sind die Dinge desto präsenter, je mehr sie uns entgleiten. (...) Die Lebenserfahrung lehrt, dass Landschaften (Heimat) oder nahestehende Personen, die längst tot sind, erst durch die Nicht-Anwesenheit jene 46 Bedeutung erlangen, die ihnen durch die Konstruktionsfähigkeit unseres Gedächtnisses verliehen wird. Das Verschwundene erscheint als Bild in verdichteter Gestalt – als eine Imagination oder als Tagtraum. Vielleicht sehen wir die Dinge erst, seitdem sie zu verschwinden drohen (...).“ (Selle 1997: 279) Selle spricht da von jener Bedeutung, ohne genauere Definition. Ich nehme an, dass er sich auf Erinnerungen und Emotionen bezieht und lese dies als kleinen Hinweis für die Bestätigung meiner These. Dinge, die über ihren praktischen Nutzen hinaus zugleich schlicht, auffällig und anrührend sind, haben gute Voraussetzungen für emotionale Haltbarkeit. Das ist Nachhaltigkeit, die sie nicht der Abfallverwertung (Recycling), sondern der Bindung an das Objekt verdanken, schreibt Schönhammer in einem Aufsatz zum Thema Design=Kitsch?, wobei er sich auf das Buch Emotionaly Durable Design (2005) von Jonathan Chapman bezieht (vgl. Schönhammer 2010: 114). Ob nun eine emotionale Haltbarkeit auch entsteht, wenn das Objekt eben an die Vergänglichkeit erinnert oder selbst mehr oder weniger vergänglich ist, lässt sich nicht abschliessend sagen. Schlüsse für meine weitere Arbeit Die Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Vergänglichkeit bekommt für mich eine grosse Bedeutung. Das ist mir erst bei der Arbeit mit den Texten in Kapitel 2 bewusst geworden. Das Unperfekte, das Unvollkommene, wie im Kapitel 1 unter Die Obertöne des Unvollkommenen ausgeführt, ist mir wichtig und soll in meine zukünftige Arbeit einfliessen. Aus der Erkenntnis von Kapitel 3, dass sichtbar gemachte Vergänglichkeit berührt und unterschiedlichste Emotionen auslöst, ergeben sich nun folgende Kernpunkte zur Entwicklung von gestalterischen Projekten: • Die Vergänglichkeit muss von Anfang an in den Gestaltungsprozess einbezogen werden. • Spannend sind Produkte, bei welchen nicht eine vollständige Zerstörung geschieht, sondern wo Vergänglichkeit als schneller oder langsamer Prozess, ja vielleicht gar als Transformation erfahrbar wird. • Ebenso ansprechend sind Produkte, die durch das Altern schöner werden. Die Beschäftigung mit der Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel, mit der japanischen Idee des Wabi-Sabi und besonders mit den fünf Texten aus Kapitel 2, mit Reparatur, Recycling und Umnutzung, mit der Wertigkeit von Dingen und Materialien hat mich angespornt, meine Arbeit als Keramikerin zu überdenken. 47 Daraus resultiert mein Manifest für zukünftige Projekte: • Als Gestalterin mache ich die Einheit von Material, Prozess und Funktion durch von Hand hergestellte Produkte sichtbar und lasse dadurch vielleicht ein emotional nachhaltiges Ding entstehen. • Als Gestalterin nehme ich mir den Freiraum, die Schönheit des Unregelmässigen zu entwickeln. • Als Gestalterin denke ich bei der Suche nach dem Neuen an dessen Altwerden. • Als Gestalterin beziehe ich die Vergänglichkeit in den Gestaltungsprozess mit ein. Dabei suche ich eben gerade nicht die Perfektion, welche nach dem ersten Kratzer zerstört und langweilig ist, sondern die Obertöne des Unvollkommenen. • Als Gestalterin will ich Objekte mit Materialien und Techniken entwickeln, welche die natürlichen Prozesse der Vergänglichkeit – die Gebrauchsspuren, die Patina – als Schmuck tragen, als integralen Bestandteil hinnehmen, und nicht mit dem ersten Kratzer wertlos, unansehnlich und unbrauchbar werden. • Als Gestalterin versuche ich eine hohe Lebensdauer durch adäquate Qualität der Materialien und der sorgfältigen Verarbeitung zu erreichen. • Als Gestalterin will ich Freiraum lassen für die Interpretation des Objekts durch den Benutzer. • Als Gestalterin stelle ich langlebige Produkte her. Mit der Botschaft der Langlebigkeit mache ich Werbung. Beispielsweise Teeschale xy seit fünf Jahren täglich bei Benjamin in Gebrauch, und immer noch geliebt, schön und voll funktionsfähig. • Als Gestalterin kommuniziere ich nicht nur über die Hände, sondern zumindest gleich wichtig, über Worte. Keramik ist an und für sich schon ziemlich nachhaltig, wird aber viel zu wenig klar als das kommuniziert. • Als Gestalterin ist es selbstverständlich zu reparieren, zu ergänzen und fehlende Teile zu ersetzen – das zumindest bei den eigenen Produkten und vielleicht auch bei fremden Objekten. Ich versuche, altes Material neu zu nutzen statt wegzuwerfen, indem ich neue Verwendungen erarbeite oder das Material abändere. • Als Gestalterin beginnt Verantwortungsbewusstsein nicht erst im Atelier (Materialrecycling Herstellungsabläufe, Materialwahl) und hört da auch nicht auf (Verpackung, Transporte, Lieferanten). • Als Gestalterin berücksichtige ich die ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen meines Handelns und meiner Produkte. • Als Gestalterin mit keramischen Materialien bin ich mir des Paradoxon bewusst, dass die meisten meiner keramischen Objekte mich überdauern werden. 48 Mögliche Übertragung relevanter Erkenntnisse auf den gestalterisch-praktischen Teil meiner Thesis Ein Ausblick zum Thema Vergänglichkeit, Recycling, Upcycling und Nachhaltigkeit. Recycling: Angeregt durch diese schriftliche Arbeit, durch Gespräche und durch das Bedürfnis, nachhaltig mit Materialien umzugehen, suche ich nach Möglichkeiten, keramische Objekte zu recyclen. In der Recherche habe ich verschiedene Möglichkeiten gefunden: Einerseits zerschlagene Keramikobjekte, die als Scherben und als Scherbenmehl mit neuer Masse gemischt, geformt, gebrannt und teils geschliffen werden. So zum Beispiel bei der Skulptur von Felicity Aylieff (Abb. 60) welche mit diesem Vorgehen arbeitet. Abb. 60, Felicity Aylieff GB, Oval Rotation Ähnlich arbeitet Annelies De Leede (Abb. 61). Keramische Scherben in Stücken recyclet der italienische Designer Massimiliano Adami bei seinen Lampen und Vasen „Softcrack“ (Abb.42, Seite 39). Abb. 61, Annelies De Leede, Bowl mit Recycling-Keramik, Up-cycling: Andererseits werden bestehende Tassen, Teller, Schalen, Schüsseln etc. aus allen möglichen keramischen Materialien, mit vielfältigen Formen, aus verschiedensten Stilrichtungen, mit Hilfe identischer Oberflächen einander angeglichen und dadurch neu gesehen und genutzt. Dies sind Strategien des up-cyclings, welches auch im Bereich der Keramik an Bedeutung gewinnt. So überdruckt Esther Derkx Abb. 62 Esther Derkx, (Abb. 62) bestehende Tassen und Teller mit zusätzlichen, neuen Motiven und schafft damit eine zeitgenössische Aussage. 49 Die Keramikerin Jeanine Eek Keizer, die Partnerin vom holländischen Möbeldesigner Piet Hein Eek, sammelt Porzellan in Brockenstuben. Durch frisches Glasieren und erneutem Brennen verändert sie das Aussehen der Objekte. Die zarten Glasuren lassen teilweise die ursprünglichen Dekore durchscheinen. Durch die farbliche Einheit in rosa oder türkis werden die unterschiedlichen Gefässformen zu einer neuen Einheit verbunden. (Abb. 63) Eine ähnliche Idee zeigt das Plakat vom Recycling-Designpreis (Abb.64). Abb.64, Plakat vom Recycling-Designpreis Abb. 63, Jeanine Eek Keizer 50 Reparieren: Eine aktuelle keramische Reparaturwerkstatt, in die vor allem Sammler ihre Kostbarkeiten bringen, besteht in Winterthur (www.porzellan-klinik.ch). Da wird Keramik, Glas und anderes mit Materialien und Techniken der Zahntechnik repariert. Im Emmental, im Entlebuch und im Berner Oberland wurde lange die Technik des Heftens von Schüsseln, Röstiplatten, Chacheli und Krügen praktiziert. Diese waren bei den Bauern aus Töpferton oder Steingut, also weich genug zum Bohren. Der „Chacheliflicker (Emmental)“ oder „Beckibüetzer (Entlebuch)“ hat zum Flicken beide Hälften der Schüssel angebohrt, mit Draht verbleibenden zusammengeheftet Riss mit Glaserkitt und den ausgefüllt. Danach war das Gefäss wieder wie gewohnt nutzbar und hat dem Abwasch von Hand sicher standgehalten. Abb. 65, Beckibüetzer beim Heften Aus Japan ist die Technik des Reparierens von Keramik mit Gold bekannt. Die traditionelle japanische Kintsugi-Technik dient zur gebrauchsfähigen Wiederherstellung beschädigter Keramik- und Porzellangegenstände mit Urushi (Japanlack) und feinstem Pudergold von 22½ Karat. Abb. 66, Aschi Rüfenacht Teeschale 2007, repariert in Kintsugi-Technik durch Ursula Kohli 51 Zusammenfassung Mit der Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel habe ich mich beschäftigt, ausgelöst durch die Annahme, dass durch das Bewusstsein der Vergänglichkeit die emotionale Bindung gesteigert wird. Das lässt sich weder mit einem klaren „nein“ noch „ja“ beantworten. Zu viele Faktoren spielen mit. Gekoppelt mit der emotionalen Bindung hatte ich gehofft, dass weniger Produkte konsumiert und verbraucht werden, also ein Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet wird, da das einzelne Stück eine grössere Bedeutung erhält. Nach wie vor will ich mit meiner praktisch-gestalterischen Arbeit Menschen zum Nachdenken anregen über die Vergänglichkeit. Ich will sie mit ihrem Umgang mit Dingen und letztlich mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontieren. Gleichzeitig will ich auch zu nachhaltigem Konsum anregen. Der Widerspruch, dass der Mensch endlich und die Keramik unendlich ist, oder wenigstens im vergleich zu anderen Materialien sehr dauerhaft, ist für mich ein Anreiz, mich weiter mit diesem Material auseinander zu setzen. Durch die Beschäftigung mit der Vergänglichkeit habe ich drei Tendenzen für meine praktisch-gestalterischen Arbeit festgestellt: Im Rahmen der praktischen Master-Thesis will ich eine Serie Objekte realisieren, welche bereits beim Entstehungsprozess, also vor dem ersten Lebenszyklus, die Veränderung des Materials, der Oberfläche, der Form und damit im weitesten Sinne die Vergänglichkeit in sich haben. Zweitens den Wunsch und das Bedürfnis, mit meiner gestalterischen Arbeit funktionale Unikate mit hohem ästhetischem Anspruch, aber ohne den Zwang zur Perfektion, zu realisieren, die sich mit dem Alter entwickeln können, die durch Patina, Kratzer und Gebrauchsspuren zumindest nicht an Wert verlieren. Darin sehe ich mittlerweile nachhaltigere Auswirkungen als bei der ursprünglichen Annahme. Indem ich bereits im Atelier andere Prioritäten setzen werde, kommt es schon mal gar nicht zu so viel Ausschuss wie früher. Und drittens möchte ich die Themen des Recycling, Upcycling und der Keramikreparatur aufnehmen. 52 Reflexion Bezug zwischen schriftlicher und praktischer Thesis: Im Exposé vom Mai 2012 habe ich dargelegt, wie gross die Spannung ist zwischen dem keramischen Material und dem Thema der Vergänglichkeit. Dabei beschrieb ich die schriftliche Thesis als Recherchehilfsmittel für den praktischen Teil der Arbeit. Die Sammlung von beispielhaften Arbeiten zum Thema der Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel vorab im Bereich Design war anregend und führte zur Liste der Ausdrucksformen materieller Vergänglichkeit. Die Auseinandersetzung mit Texten zur Vergänglichkeit in der Gestaltung von Produkten hat mir neue Blickwinkel geöffnet im Hinblick auf meine gestalterische Arbeit und für zukünftige Projekte. Insgesamt gab die schriftliche Arbeit eine gute Basis für die Weiterentwicklung und Eingrenzung meines Themas. Zu Beginn des Studiums stand das Thema der emotionalen Bindung zwischen Objekt und Nutzer im Vordergrund meines Interesses. In der Annahme, dass der teilweise oder vollständige Zerfall eines Objekts, die emotionale Bindung stärkt, habe ich mich in der schriftlichen Thesis mit der Vergänglichkeit als Gestaltungsmittel beschäftigt. Dabei stellte ich fest, dass ich als Gestalterin auf die emotionale Bindung zwischen Objekt und Nutzer wenig oder gar keinen Einfluss habe. In dem Zeitraum entstanden die Wachsprojekte, welche mir Spass machen und die ich nach dem Studium weiterentwickeln will. Im Zusammenhang mit der praktischen Thesis merke ich, dass mich die Vergänglichkeit und der Ausdruck von keramischen Gebrauchsobjekten sehr interessiert und letztlich deren Entwicklung und Geschichte. Es geht um Kulturgeschichte, um das Werden und Vergehen keramischer Dinge im Lauf der Zeit. Und es geht um Gefässe und deren Vergänglichkeit, seien die nun aus Wachs, Porzellan, Schokolade oder Seife. Bei der schriftlichen Master-Thesis habe ich die soziokulturelle Vergänglichkeit bewusst ausgeklammert. Doch bei der praktischen Thesis holt mich ebendiese wieder ein. Dass Gebrauchsobjekte plötzlich nicht mehr verwendet werden, weil sie nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen oder durch gesellschaftliche Veränderungen überflüssig wurden, lässt sich anhand eines Besuch in der Geschirrabteilung eines Brockenhauses unschwer feststellen. Da stehen unzählige Teller und Tassen, Schüsseln und Krüge, nicht weil sie ihre primäre Funktion nicht mehr erfüllen würden, sondern weil die Menschen nicht mehr Gefallen finden an der dickwandigen Tasse oder dem geblümten Teeservice. Weiter sind keramische Objekte oft nicht mehr in ihrer ursprünglichen gedachten Funktion in Gebrauch. Der Milchkrug wird zur Wasserkaraffe, die alte Waschschüssel wird zur Obstschale. Der Porzellan-Kaffeefilter ist Paradebeispiel für ein Ding, das überflüssig wurde. Seine ursprüngliche Funktion wird nicht mehr gebraucht. Filterkaffee und das Utensil dazu sind aus 53 den meisten Haushalten verschwunden, verdrängt durch Espressokocher, Vollautomaten und Kapselmaschinen. Der Kaffeefilter ist nun Ausgangspunkt meiner praktischen Thesis. Er erzählt stellvertretend über das Woher und Wohin von Keramik. Die Installation zeigt eine Ansammlung von Objekten. Sie erinnern an ihre achtlos und unzählige Male verwendeten Vorfahren. Sie erinnern an ihre ehemalige Funktion und an frühere selbstverständliche Verhaltensweisen. Die nachgebildeten Kaffeefilter sind nicht mehr in Funktion, bedingt durch die von mir gewählte Materialität nicht mehr funktionsfähig und auch formal Zeugen vergangener Zeiten. Sie symbolisieren ein Stück Kulturgeschichte. Sie sollen Bewusstsein schaffen für Prozesse der Vergänglichkeit. Reflexion des Arbeitsprozesses: Oft knapp, zu spät, wenig Zeit, das war und ist wahrscheinlich ein Teil meiner Realität, während dem Master-Studium, aber auch sonst. Erschwerend wahrscheinlich auch das berufsbegleitende Studium, verlängert auf 5, statt 3 Semester. In meinem Kopf waren immer mehrere Geschichten gleichzeitig, für das Studium, für die Arbeit an der zhdk, für kleine Projekte von erifakeramik. Letztere hätte ich, rückblickend, alle streichen müssen um mehr Freiraum für das Studium zu haben. Genossen habe ich die Arbeit an der schriftlichen Thesis, da konnte ich mich einen Monat intensiv mit dem Thema beschäftigen. Gefehlt hat mir die Bündelung der Kräfte und damit verbunden die Intensität vor allem jetzt bei der Arbeit für die praktische Thesis. Zudem, mir auch seit langem bekannt und immer noch ungelöst: Ich mache grosse Recherchen, ausufernde Versuche, habe tausend Dinge im Kopf. Doch anschliessend gelingt es mir nur mit Mühe, die Materialfülle zusammenzufassen und auf einen zu Punkt bringen, um daraus etwas Neues zu entwickeln. Trotzdem, vom Studium habe ich profitiert, von der Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen in den Vorlesungen und vor allem von den Gesprächen innerhalb der Tracks, von den Präsentationen und Rückmeldungen. Die Motivation für das Studium war, meine Arbeit zu überdenken und erifakeramik weiter zu bringen. Dazu habe ich Anregungen und Hilfen erhalten. Mein Manifest, im Kapitel 4 Transfer S. 48, wird mich bei der Weiterentwicklung von erifakeramik unterstützen. Ich wollte im Studium den roten Faden meiner Arbeit finden. Mit dem Klären vom Thema der Vergänglichkeit ist mir das meines Erachtens gelungen. Bereits frühere Arbeiten von mir, die Lichtbecher, die grossen Lichter „entre les deux“, die Reiskörner, die Goldbarren „made for ever“, die Teller “Kostbare Welten“ stehen im Themenkreis der Vergänglichkeit. 54 Schlusswort „Das eigentlich Charakteristische dieser Welt ist ihre Vergänglichkeit.“ Franz Kafka Die Vergänglichkeit ist wesentlicher Teil von Gestaltungs- und Lebensprozessen. Wenn sie als Selbstverständlichkeit integriert wird, wenn die Objekte sich mit der Zeit bewegen und verändern können, so fällt der Zahn der Zeit nicht so sehr auf. Wenn hingegen Perfektion angestrebt wird, so rennt man dieser immer hinterher, und scheitert darin, den Zustand der Makellosigkeit zu erhalten. 55 Anhang Bibliografie Baudrillard, Jean, 2007, Das System der Dinge, über unser Verhältnis zu den alltäglichen Gegenständen, Campus Verlag Frankfurt/Main, 2007 Boradkar, Prasad, 2012: Rediscovering Value: The Second Lives of Secondhand Goods, Zeitschrift Design and Culture, Volume 4, Issue 2, July 2012, Article ???, Seiten 221 - 226, © Berg 2012 Dietel, Clauss, 1973: Von den veredelnden Spuren des Nutzens oder Patina des Gebrauchs, S. 51-55 in: Edelmann, Klaus Thomas / Terstiege, Gerrit (Hrsg.) 2010, Gestaltung denken, Grundlagentexte zu Design und Architektur, Birkhäuser, Basel 2010 Döring, Sabine A. 2010: Ästhetischer Wert und emotionale Erfahrung, S. 53-73 in: NidaRümelin, Julian / Steinbrenner, Jakob (Hrsg.) 2010: Kunst und Philiosophie, Ästhetische Werte und Design, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2010 Droit, Roger-Pol, 2005, Was Sachen mit uns machen, Philosophische Erfahrungen mit Alltagsdingen, Hoffmann und Campe, Hamburg, 2005 Foraita, Sabine, 2011: Grenzgänge. 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Im Text von Toshihito Chi / Stotz S. 223 verweist die Anmerkung 34 auf das Buch: Bodenstein G./ Leuer H.,: Geplanter Verschleiss in der Marktwirtschaft, Frankfurt a.M., Zürich 1977, S. 367 Urosevic, Alexander, 2011: Schönheit... und Vergänglichkeit, eine Reise mit Jannis Kounellis, S. 256-265 in: Kunstlesebuch 2011, Schönheit und Vergänglichkeit, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Museum Essl, Ausstellung November 2011, bis Januar 2012, Kunstmuseum Essl, Klosterneuburg bei Wien 58 Yanagi, Sõetsu, 1972: Die Schönheit der einfachen Dinge, Mingei – Japanische Einsichten in die verborgenen Kräfte der Harmonie, Gustav Lübbe, 1999 (Text stammt ursprünglich etwa aus den 1930er Jahren und wurde durch Bernhard Leach 1972 überarbeitet und herausgegeben) Yoshihara, Jiro, 1965: Das Gutai-Manifest (1965) S. 260-263 in: Rübel, Dietmar / Wagner, Monika / Wolff, Vera (Hrsg.) 2005, Materialästhetik, Quellentexte zur Kunst, Design und Architektur, Reimer Verlag 2005 59 Bildnachweis Abb. 1: Désert de Retz: http://www.voyagesvoyages.net/article-le-desert-de-retz106690524.html, 24.8.12 Abb. 2: Ground Zero: http://10cities10years.files.wordpress.com/2010/06/ground-zero-drill.jpg Abb. 3: Fukushima: http://www.news.ch/Kuehlaktionen+in+Fukushima+Wirkung+gezeigt/483600/detail.htm, 24.8.12 Abb. 4: Neue Staatsgalerie Stuttgart: James Stirling, http://flickrhivemind.net/Tags/neuestaatsgalerie/Interesting, 20. 8. 2012 http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/4504632, Viktor Nager, 24.8.12 Abb. 5: Adriaen Coorte, Gooseberries on a Table, 1701, Adriaen Coorte lebte 1683 bis 1707: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:'Gooseberries_on_a_Table'_by_Adriaen_Coorte,_1701 ,_Cleveland_Museum_of_Art.JPG, 23.8.12 Abb. 6: Georg Flegel, Stillleben mit Kirschen: http://hjg-sim.de/kdm0810/, 21. 8.2012 Abb. 7: Abigail O´Brien, Still-life V, 1998, Aus der Serie / from the series: The Seven Sacraments, Kitchen Pieces – Confession & Communion, Cibachrome auf Aluminium kaschiert, 51 x 66 cm, Courtesy Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf, Ausstellung Museum Marta Herford: Atelier + Küche = Labor de Sinne, Ausstellung 12.5. – 16.9.2012: http://www.artin.de/incmu2.php?id=3020, 26.8.12 Abb. 8: Nadin Maria Rüfenacht: http://www.kwstiftung.ch/it/category/artisti/nadin-mariaruefenacht-artisti/, 26.8.12 Abb. 9: David LaChapelle: Early Fall, 2011: http://www.artschoolvets.com/news/wp- content/uploads/2011/02/EarlyFall_Flower_front.jpg, 23.8.12 Abb. 10: Karte in Villa die Chiavenna, Italien, Foto Erika Fankhauser Schürch, Juli 2012 Abb. 11: Sheena Matheiken: www.theuniformproject.com, 26.8.12 Abb. 12: Andrea Zittel: http://www.zittel.org/work.php, 26.8.12 Abb. 13: Wolfgang Laib: http://www.blog.designsquish.com/index.php?/site/art_made_from_natural_materials_wolfgang _laib/, 27.8.12 Abb. 14: Loris&Livia: http://www.lorisetlivia.com/537, 25.8.12 Abb. 15: Judith Seng: http://scraphacker.com/judith-seng/ und 27.8.12 http://www.core77.com/blog/ny_design_week/ny_design_week_2011_trift_by_judith_seng_19 435.asp Abb. 16: Tamsin van Essen: http://www.vanessendesign.com/, 23.7.12 Abb. 17: Gareth Mason: http://www.garethmason.net/, 23.7.12 Abb. 18: Tjep: http://www.tjep.com/studio/works, 26.8.12 Abb.19: & made, Ceramic Putty: im Buch Thompson, Henrietta, 2011 und : 60 www.and-made.com, 26.8.12 Abb. 20: Pieke Bergman: http://www.designaddict.com/design_addict/blog/index.cfm/2009/2/25/The-Future-of-Lighting, und http://lauramongiovi.blogspot.ch/2011/01/pieke-bergman.html, 27.8.12 und http://www.piekebergmans.com/, 26.8.12 Abb. 21: Lukas Wegwerth, Kristallvase: http://www.ihm-handwerk-design.com/rueckblick2012/highlights/talente/, 27.8.12 Abb. 22: Andrea Zittel: http://www.zittel.org/work.php, 26.8.12 Abb. 23: Pieke Bergman: siehe Abb. 20 Abb. 24: Gabrièle Gisi: www.forca.ch, 23.8.12 Abb. 25: 5.5 Designers, Sugar Handle: http://vid.zhdk.ch/dozierende.html, 20.7.12 http://www.designsponge.com/2006/11/55-designers.html, 27.8.12 Teekannen: http://dailypoetics.posterous.com/?tag=broken, 27.8.12 http://www.55designers.com/en/project/2004-55designers-reanim Abb. 26: Hybrid selection (Geschirrteile neu zusammengeklebt) http://www.dezeen.com/2012/01/04/hybrid-collection-by-ctrlzak-studio-for-seletti/, 26.8.12 Abb. 27: Mianne de Vries Vase, im Buch Thompson, Henrietta, 2011 und: http://www.dezeen.com/2012/08/13/curious-vase-by-mianne-de-vries/#more-235280, 26.8.12 Abb. 28: Dieter Roth, Rabbit-shit-rabbit, 1972, 21x10x19cm, Auflage von 250 Stück, straw and rabbit dung: http://www.artnet.de/ag/fineartdetail.asp?wid=426218361&gid=425386264, 28.9.12 Abb. 29: Atelier oï, Vogelhaus: http://www.proudmag.com/2012/08/atelier-oi-erhalt-bernerdesign-preis-2012/, 2.10.12 http://inhabitat.com/edible-birdhouse/, 2.10.12 Abb. 30: Anish Kapoor: http://megaportail.com/megapartage/4833-anish-kapoor-plasticiencontemporain.html, und http://www.anishkapoor.com/, 20.8.12 Abb. 31: Arnold Annen: http://www.swissceramics.ch/de/mitglieder/galerie/annen-arnold.html, 20.8.12 Abb. 32: Tamsin van Essen: siehe Abb.16 Abb. 33: Maxim Velkovsky: http://www.dezeen.com/2007/08/31/catastrophe-by-maximvelcovsky/, 26.8.12 Abb. 34: Siri Betts-Sonstegaard: http://www.facebook.com/photo.php?fbid=110723638960372&set=a.150916234941112.303 54.110723315627071&type=1&theater und im Buch Quinn, Anthony 2008 Abb. 35: Maarten Baas: http://www.maricazottino.com/blog/?p=329 und ttp://www.maartenbaas.com/, 20.8.12 Abb. 36: Maxim Velkovsky: siehe Abb. 33 61 Abb. 37: Karen Ryan: im Buch Thompson, Henrietta, 2011 und: http://www.time.com/time/specials/2007/style_design/article/0,28804,1609195_1609098_160 8899,00.html, 26.8.12 und http://1800recycling.com/2010/05/restore-oomph-dinnersustainable-dishware-options/, 26.8.12 Abb. 38: Daniel Spoerri, eat art 1992: http://herrmanns.wordpress.com/tag/prof-daniel-spoerri/, 28.9.12 http://www.danielspoerri.org/web_daniel/deutsch_ds/home.htm, 28.9.12 Abb. 39: Sarah Cihat http://1800recycling.com/2010/05/restore-oomph-dinner-sustainable-dishware-options/, 26.8.12 Abb. 40: Tilman Latz, Banksystem Flow: http://www.baulinks.de/webplugin/2008/0214.php4, 30.9.12 Abb. 41: John Chamberlain: http://www.artnet.de/magazine/john-chamberlain-in-derpinakothek-der-moderne-munchen/images/3/, 22.8.12 Abb. 42: Massimiliano Adami, Softcrack: http://www.compassodilatta.org/en/gallery_vote.php?page=51#giu, 27.8.12 und http://www.couturelab.com/products/Soft_Crack_by_Massimiliano_Adami-7989-0.html Abb. 43: Paul Cocksedge, Styrene: im Buch Thompson, Henrietta, 2011 und: http://mocoloco.com/archives/001047.php, 27.8.12 Abb. 44: Tomas Gabzdil: http://www.tomaslibertiny.com/, 20.8.12 Abb. 45: Antje Scharfe: http://www.forum-fuer-zeitgenoessischekeramik.de/cms/front_content.php?idart=109&img=10, 28.8.12 Abb. 46: Eva Hesse: http://www.google.ch/imgres?q=eva+Hesse&hl=de&client=safari&sa=X&rls=en&biw=1259&bi h=634&tbm=isch&prmd=imvnsob&tbnid=Q8a5BFKJ9AZdTM:&imgrefurl=http://web.colby.edu /kksulliv/ar-138/favorite-works-and-artists/eva-hesse2/&docid=2FbJSl4gn6vRlM&imgurl=http://web.colby.edu/kksulliv/wpcontent/blogs.dir/984/files/eva/cone52410.jpg&w=431&h=374&ei=1fNrUKaZBIG2hAe2y4GQ CA&zoom=1&iact=hc&vpx=959&vpy=139&dur=232&hovh=209&hovw=241&tx=118&ty=89 &sig=115605845303172088027&page=1&tbnh=128&tbnw=150&start=0&ndsp=18&ved=1t:4 29,r:5,s:0,i:86, 28.9.12 Abb. 47: Hilda Hellström: Vorratsgefässe mit verseuchter Erde aus Fukushima http://www.dezeen.com/2012/06/20/the-materiality-of-a-natural-disaster-by-hildahellstrom/#more-219983, 26.8.12 Abb. 48: Shinichi Maruyama, water sculptures, 2009 und gardens, 2010: http://www.shinichimaruyama.com, 28.9.12 Abb. 49: Stefan Gritsch: Abbildung im Buch Gritsch, Stefan, 2010: Stillnow, ein Schnitt in die Farbhaut oder das aufgeschobene Bild, AkkuH und Phoebus Rotterdam 2010 62 Abb. 50: 5.5 Designers: siehe Abb. 25 Abb. 51: Urs Fischer: siehe Abb. 53 und 54 Abb. 52: Andy Goldsworthy: http://www.ebaumsworld.com/pictures/view/80974318/, 27.8.12 Abb. 53 und 54: Urs Fischer: http://www.ursfischer.com/images, 20.8.12 Abb. 55: Bernhard Luginbühl: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Luginbuehl_signal.jpg, 28.9.12 Abb. 56: Zachary Bloom: http://www.trendhunter.com/trends/digital-decay-by-zacharyeastwood-bloom, 20.8.12 Abb. 57: Jürg Schneider, Aufbruch: http://www.atelierkeramik.ch/index2.html, 21.8.2012 Abb. 58: Berlinde De Bruyckere: http://www.likeyou.com/en/node/28822, 27.8.12 Abb. 59: Marc Quinn: http://disabilityaesthetics.blogspot.ch/2009/02/complete-marbles-bymark-quinn.html, 27.8.12 http://www.marcquinn.com/work/view/tag/alison%20lapper/#/2769, 27.8.12 http://publicheart.wordpress.com/2008/11/01/alison-lapper-pregnant/, 27.8.12 Abb. 60: Felicity Aylieff, Oval Rotation: http://collections.vam.ac.uk/item/O49907/ovalrotation-form-aylieff-felicity/, 27.8.12 Abb. 61: Annelies De Leede: Bowl mit RecyclingKeramik, http://hellomaterialsblog.ddc.dk/2012/05/31/rematerialise-the-sustainable-materials-library/, 29.9.12 Abb. 62: Esther Derkx: http://www.estherx.nl/, 20.8.12 Abb. 63: Jeanine Eek Keizer: http://eatinsidelife.blogspot.ch/2011/08/jeanine-eek.html, 27. 9. 2012 und http://www.pietheineek.nl/nl/winkel/jeanine-eek-keizer/lipstick001 Abb. 64: RecyclingDesignPreis- Plakat des Wettbewerbs: http://www.stilwerk.de/stilwerknews/D_RDP.php, 27.8.12 Abb. 65: Beckibüetzer, Abbildung aus dem Buch Hugger, Paul / Marti, Hans, 1972: Ein „Beckibüetzer“ (Geschirrflicker) aus dem Napfgebiet, Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde, Abteilung film, Reihe: altes Handwerk, Heft 31, Krebs AG, Basel 1972 Abb. 66: Aschi Rüfenacht Teeschale 2007, repariert in Kintsugi-Technik durch Ursula Kohli Fotografiert durch Erika Fankhauser Schürch, Januar 2011 Link zur Kintsugi-Technik, Restaurator Stefan Drescher, Deutschland: http://www.kintsugistudio.com, http://www.kintsugi.de/kintsugigalerie.htm, 27.9.12 63 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich den Inhalt der vorliegenden schriftlichen MA-Thesis selbst erarbeitet habe und alle Quellen, sowohl für Bild und Text rechtmässig aufgeführt sind. Luzern, Januar 2013 Erika Fankhauser Schürch 64