Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe
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Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe
Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe“ Diakonisches Werk Württemberg in Kooperation mit dem Ev. Fachverband Kinder, Jugend und Familie Oktober 2013 Diakonisches Werk der ev. Kirche in Württemberg e.V. Abteilung Kinder, Jugend und Familie Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart Siegfried Keppeler Tel. 0711 1656 317, E-Mail: [email protected] Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe“ 1. Ausgangslagen des Projekts Zum Projekt hat unter anderem geführt, dass die Weiterentwicklung stationärer Erziehungshilfen in den vergangenen Jahren eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Dominiert hat die Fachdiskussion vielmehr der Ausbau der ambulanten Hilfen und insbesondere im Kontext der Sozialraumorientierung die Ausgestaltung vor allem erzieherischer Hilfen in sozialräumlichen Steuerungskontexten. Gleichzeitig ist die Heimerziehung mit einer Vielzahl von sich zuspitzenden Problemlagen konfrontiert, die zu einer Veränderung der Heimerziehungslandschaft beigetragen haben. Noch nie war die Verweildauer von Kindern und Jugendlichen in der stationären Heimerziehung so kurzphasig wie heute. Die durchschnittliche Verweildauer liegt gegenwärtig bei 1,2 Jahren. Noch vor fünf Jahren waren es 1,8. Noch nie war die Heimerziehung mit einer so starken Kumulierung individueller Problemlagen von Kindern und Jugendlichen konfrontiert, wie dies heute in den Gruppen der Fall ist. Noch nie war Heimerziehung in so hohem Maße mit kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnosen konfrontiert, wie wir dies heute vorfinden. Für diakonische Einrichtungen bedeutet dies, sich diesen Herausforderungen zu stellen und zu fragen, wie eine wirkungsvolle Heimerziehung heute ausgestaltet werden muss, damit diesen veränderten Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird. Damit Erziehungshilfeeinrichtungen für viele Kinder, Jugendliche und Familien weiterhin adäquate Hilfe und Unterstützungsfunktionen leisten können, haben sich das Diakonische Werk Württemberg gemeinsam mit dem Ev. Fachverband Kinder, Jugend und Familie vor einigen Jahren aufgemacht, und die stationäre Heimerziehung 2 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe ins Zentrum eines Projektes gerückt, das den Titel trägt: „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe“. Ausgehend von zwei Innovations-Workshops in den Jahren 2008 und 2009 im Diakonischen Werk Württemberg und seinem Fachverband Kinder, Jugend und Familie, die mit externen Fachleuten und Wissenschaftlern durchgeführt wurden, entstanden erste thematische Schwerpunkte, die zur Umsetzung neuer und innovativer Ideen stationärer Erziehungshilfen beitragen können: - die Flexibilisierung von Gruppengrößen - differenzierte Betreuungs- und Versorgungsleistungen in interdisziplinären Teams - lösungenorientierte und „vom Kind“ aus gedachte pädagogische Alltagskonzepte - Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden, insbesondere im Hinblick auf Interkulturelles Arbeiten, Gender Mainstreaming, Partizipation, lösungenorientierte Pädagogik und interdisziplinäre Netzwerke. 2. Die Grundidee des Projekts Bei der Entwicklung des Projektes wurde darauf verzichtet, eine weitergehende Themenfokussierung auf eng begrenzte Handlungsausschnitte vorzunehmen. Vielmehr ging das Gesamtprojekt von einer thematischen Breite aktueller Themenstellungen in der Heimerziehung aus. Das Projekt setzte darauf, dass die aktuellen Einrichtungsbedarfe die Richtungen für die Entwicklung zukunftsfähiger Handlungsansätze weisen. Um dies in einen reflexiven Rahmen zu stellen, wurde eine externe Expertengruppe berufen, die im Rahmen fünf zweitägiger Workshops fachlichkritische Perspektiven einbrachte. Ihr gehörten Vertreter aus Wissenschaft und Lehre an: Professor Treptow, Universität Tübingen, Professor Moch, Duale Hochschule Stuttgart und als Vertreter der öffentlichen Träger, Holger Gläss, Sachgebietsleiter im Sozialen Dienst des Rems-Murr-Kreises. 3 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Projekt Zukunft Heimerziehung 66Themenprojekte Themenprojekte der derEinrichtungen Einrichtungen Gesamtprojekt Gesamtprojekt Reflexionsgruppe Reflexionsgruppe 55Workshop Workshop Prozesse Prozesse Gesamtprojekt Gesamtprojekt Prozesse Prozessein inden den Einrichtungen Einrichtungen Reflexionsgruppe Reflexionsgruppe 55Workshop Workshop Ergebnisse Ergebnisse Konsequenzen Konsequenzen Ergebnisse Ergebnisse Konsequenzen Konsequenzen Abb.: Arbeits- und Reflexionsstruktur des Projektes Zukunft Heimerziehung Die Einrichtungen verfolgten über die zwei Jahre hin ihr spezifisches einrichtungsbezogenes Thema und stellten sich der Reflexionsgruppe, die sich aus 6 Einrichtungsleitungen, 6 Projektleitungen der Einzelprojekte, den 3 Experten, der Projektleitung und dem Leiter der Abteilung Kinder, Jugend und Familie des Diakonischen Werkes Württemberg zusammensetzte. Die Bewerbungen, die auf die verbandsweite Ausschreibung erfolgten, zeigten, dass sich die eingereichten Themenschwerpunkte in zwei Arten von Projekten differenzieren lassen.. Zum einen handelt es sich um Vorhaben, die auf Optimierungs- und Weiterentwicklungspotenziale setzen. Dies insbesondere in den Bereichen: - Diagnostik und Einstiegsgestaltung - Einbeziehung der Familien, Eltern und Herkunftsfamilien - Partizipation von Kindern und Jugendlichen 4 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Zum anderen verfolgten die Einrichtungen stärker strukturelle Neuansätze zu Themenbereichen wie: - gruppenbezogene Rollendifferenzierungen der Mitarbeiter/innen - gruppenübergreifende Kooperations- und Differenzierungsansätze - die Verknüpfung von individueller Förderung mit gruppenbezogenen bzw. gruppenübergreifenden Angeboten. Damit wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Einrichtungsvorhaben dem Gesamtprojektziel der Weiterentwicklung stationärer Heimerziehung dienten, sowohl im Hinblick auf Optimierungs- und Verbesserungsstrategien als auch durch strukturelle Neuansätze. Mit dem Projekt sollten - neue Praxisansätze in der stationären Heimerziehung systematisch verfolgt und gebündelt werden, - die Praxiserfahrungen reflektiert und evaluiert werden, - aus Einzelerfahrungen übertragbare Konzepte generiert werden und - es sollten Erkenntnisse auch im Hinblick auf Rahmenbedingungen gewonnen werden, die mit öffentlichen Leistungsträgern ausgetauscht und erörtert werden können. 3. Beteilige Einrichtungen und Themenprofile Die Projekte werden in den einrichtungsspezifischen Projektberichten ausführlich dargestellt (Anlage). Deshalb wird in diesem Kontext auf eine ausführliche Projektpräsentation verzichtet und nur eine knappe Profilskizze wiedergegeben. Projekt: „Startklar - Ein Projekt zur Qualifizierung der Aufnahmephase in einer (Regel-) Wohngruppe“, Hochdorf - Ev. Jugendhilfe im Landkreis Ludwigsburg - Das Projekt verfolgt das Anliegen, die ersten drei Monate der Einstiegsphase von Kindern und Jugendlichen in besonderer Art und Weise vorzubereiten und zu gestalten. Dass damit nicht nur das Kennenlernen zwischen Kindern und Erziehern erleichtert wird, sondern auch lebensweltliche Grundinformationen 5 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe für den pädagogischen Prozess fruchtbar gemacht werden können, zeigen die Ergebnisse. - Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass das Angebot gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus der Einrichtung entwickelt wurde. Die Betroffenen wurden sozusagen zu Mitgestaltern der sozialen Infrastruktur und der Ablaufprozesse im Heim. Damit etablierte die Einrichtung ein Partizipationselement mitgestaltender Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Projekt: „Klarheit der Hilfeperspektive und Akzeptanz der Hilfe durch individuelle Prozessbegleitung“, Jugendhilfe Friedenshort, Öhringen - Auch dieses Projekt nimmt die ersten Monate der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen im Heim besonders in den Blick unter der Fragestellung, welche Bedeutung es für Kinder und Jugendliche hat, dass die Zukunftsperspektive zu Beginn der Betreuung häufig offen ist. - Das Projekt verfolgt weiter die Frage, was getan werden kann, dass die Phase der Unsicherheit bei Kindern und Jugendlichen nicht zu Blockierungen führt, sondern produktiv erlebt werden kann. - Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei der Thematisierung der Produktion von Sicherheit auf dem Akzent der Beteiligung der Herkunftsfamilie. Wie kann es gelingen, so lautet eine der Fragestellungen, dass die Herkunftsfamilie produktiv in den Prozess der Zukunftsplanung eingebunden werden kann. Projekt: „Vernetzung und Flexibilisierung von zwei Wohngruppen mit integrierter Schulstation“, Karlshöhe Ludwigsburg. - Das von der Einrichtung ursprünglich angestrebte Vorhaben konnte während der Projektlaufzeit nicht so umgesetzt werden, wie es geplant war. Von besonderem Interesse wäre gewesen, wie eine integrierte Schulstation gemeinsam mit zwei Wohngruppen als flexibles neues Kooperationsmodell aufgebaut werden kann und wie sich dieses Angebot auf die Staatlichen Schulen beziehen lässt. Leider ist die Genehmigung der Schulstation erst Ende des Projektes erfolgt, so dass dieser Aspekte nicht ausgewertet werden konnte. 6 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe - Dennoch zeigt das Projekt bezogen auf die Frage, wie Kinder und Jugendliche durch Pädagoginnen und Pädagogen aufmerksam und subjektbezogen begleitet werden können, interessante Aspekte auch im Hinblick auf die vom Projekt so genannte „doppelte Bezugsbetreuung“. Projekt: „Leitplanken“ in der Region Esslingen der Stiftung Jugendhilfe aktiv - Dieses Projekt bezieht sich auf eine Intensiv-Außenwohngruppe in Esslingen. Es verfolgt die Fragestellung, wie sich individuelle Unterstützung und Hilfeleistungen und gruppenbezogene Aktivitäten im Rahmen von Heimerziehung gestalten lassen. - Dazu gehört zum einen, dass die individuelle Hilfeplanung innerhalb des Teams und Fachdienstes neu gestaltet wird (IHT). - Zum anderen verfolgt das Projekt die Frage, wie teambezogene Aufgabendifferenzierungen umgesetzt werden können. Es unterscheidet dabei die zwei Aufgabenstellungen Personal-Coach zum einen und Gruppen-Coach zum andern. - Als weiteren Aspekt wird die Beteiligung einzelner Kinder und Jugendlicher aufgegriffen und neu belebt durch Beteiligungsformen wie Gruppenrat etc. Projekt "HzE neu gestalten – eva im Rems-Murr-Kreis", Weraheim Hebsack - Das Weraheim verfolgt mit diesem Themenbaustein das Anliegen, die stationären Hilfen mit den ambulanten und den teilstationären in der Region besser miteinander zu verzahnen. Dies nicht aus arbeitsökonomischen Gründen, sondern aus der Überlegung heraus, Kindern und Jugendlichen bessere Möglichkeiten zur Angebotsnutzung und interessengeleiteten Freizeitgestaltung zu geben. Damit wird die Frage verfolgt, wie Angebote stationärer Heimerziehung zu Optionen im Bildungsgeschehen von Kindern und Jugendlichen werden können. - Die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen im Hinblick auf die Auswahl und Gestaltung der Angebote ist konstitutives Element des Partizipationshandelns in der Einrichtung. - Ein weiteres Anliegen des Projektes ist, stationäre Heimerziehung partiell für das Gemeinwesen zu öffnen und den Lebensort von Kindern und Jugendli- 7 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe chen in den stationären Hilfen auch zu einem Erlebnisort der Kinder und Jugendlichen im Gemeinwesen werden zu lassen. Projekt „Heimerziehung neu gestalten“, DJHN, Eppingen - Die DJHN verfolgt in einem zeitlich umfassender angelegten Projekt die Umgestaltung stationärer Heimerziehung auf dem Gelände in Kleingartach/Eppingen in enger Kooperation mit den Angeboten der Tagesgruppen, den ambulanten Hilfen und der Schule für Erziehungshilfe. Im Rahmen gemeinsam gestalteter gruppenübergreifender und gruppendifferenzierender Angebote wird Kindern und Jugendlichen eine neue Struktur individueller Förderung und gruppenbezogener Bildung eröffnet. - Eine besondere Bedeutung hat dabei das enge Zusammenspiel zwischen Schule-E (Sonderpädagogik) und dem sozialpädagogischen Bereich. - Dass Formen systematischer Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu einer Qualitätsverbesserung beitragen und die Identifikation der Kinder und Jugendlichen mit der Einrichtung erhöht wird, zeigen Beteiligungsansätze im Bereich der Angebotsentwicklung und Ausgestaltung. 4. Themenbereiche des Gesamtprojektes Die sich aus diesen Teilprojekten ableitenden Fragen an das Gesamtprojekt wurden von der Reflexionsgruppe zusammengeführt und in sechs Themenfeldern gefasst. Zu den jeweiligen Themen wurden Fragestellungen formuliert, die im Rahmen der Projektumsetzung von den Einrichtungen berücksichtigt wurden. Auch die Evaluationsfragen richteten sich an den forcierten Themen aus. Im Projektverlauf stellte sich heraus, dass einige Themen von mehreren Einrichtungen verfolgt wurden. Fragen nach Übereinstimmung und Differenz waren in der Reflexion besonders fruchtbar. Auch stellte sich heraus, dass in einigen Fällen die gemeinsamen Themen in unterschiedlicher Perspektive von den Einrichtungen bearbeitet wurden: Gestaltung der Einstiegsphase und gelingender Übergänge Binnendifferenzierung von Teams und individueller Förderung Rollen- und Aufgabendifferenzierungen innerhalb des Teams 8 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Diagnostik, Hilfeplanung und Fallsteuerung Partizipation von Jugendlichen und Elternbeteiligung Bildungsoptionen von Heimerziehung Angebotsübergreifende Infrastruktur für das Gemeinwesen Themenbereiche Projekt Zukunft Heimerziehung Gestaltung Gestaltungder der Einstiegsphase Einstiegsphase Hochdorf Hochdorf + Öhringen Öhringen Rollen-/AufgabenRollen-/AufgabenDifferenzierung DifferenzierungTeam Team Esslingen Esslingen + LudwigsLudwigsburg burg Eppingen Eppingen + Diagnostik, Diagnostik,Hilfeplanung Hilfeplanung und Fallsteuerung und Fallsteuerung Partizipation Partizipationvon vonKindern Kindern und Jugendlichen und Jugendlichen Hochdorf Hochdorf++ + Öhringen Öhringen Bildungsoptionen Bildungsoptionenvon von Heimerziehung Heimerziehung Hebsack Hebsack HE HEals alsInfrastruktur Infrastrukturfür für das Gemeinwesen das Gemeinwesen Hebsack Hebsack + Esslingen Esslingen Esslingen Esslingen + Hebsack+ Hebsack+ Eppingen Eppingen + LudwigsLudwigsburg burg + Eppingen Eppingen Eppingen Eppingen Abb. Zuordnung der Themenfelder zu den Einrichtungsprojekten 5. Ergebnisse der Themenprojekte der am Projekt beteiligten Einrichtungen Von allen sechs am Projekt beteiligen Einrichtungen liegt jeweils ein ausführlicher Abschlussbericht vor. Deshalb wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die Einzelergebnisse zu referieren. Im Folgenden werden Ergebnisse referiert, die für das Gesamtprojekt von Relevanz sind. 9 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe 6. Ergebnisse des Gesamtprojektes 6.1 Gestaltung der Eingangsphase und gelingender Übergänge Gestaltete Einstiegsphase befördert den Vertrauensaufbau, die Identifikation mit der Gruppe, die Bereitschaft zur Mitwirkung der Kinder und Jugendlichen „Auf den Anfang kommt es an!" Das belegt eine Reihe von empirischen Arbeiten, die nach den Gründen für das Scheitern der Heimerziehung fragen. Als wichtiger Faktor lässt sich identifizieren, wie das Ankommen von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung vorbereitet und gestaltet wird. Dieser Aspekt wurde besonders in Öhringen und in Hochdorf herausgearbeitet. Von Seiten der Kinder in Hochdorf wurde besonders hervorgehoben, dass es für sie eine wichtige Erfahrung war, allein mit einer Erzieherin/einem Erzieher außerhalb der Einrichtung unterwegs zu sein, etwas Exklusives zu „haben“ und Erfahrungen zu machen, die auf dem Gelände so nicht möglich sind. Einbeziehung der Herkunftsfamilie in die Gestaltung der Anfangsphase befördert die Herausbildung einer unterstützenden Haltung der Herkunftsfamilie und die Perspektivenklärung Interessant an dem Projekt in Öhringen war, dass zur Klärung der Perspektive die ersten drei Monate doch nicht die Rolle spielten, wie ursprünglich angenommen. Perspektivenklärung wird für Kinder und Jugendliche demnach erst nach einer Phase des Ankommens relevant. Erst nach ein paar Monaten wird die Frage virulent: „Wie geht es weiter?“ Die Antwort auf diese Frage ist in erheblichem Maße davon abhängig, wie die Eltern zur Heimunterbringung stehen und welche Perspektive sie haben. Diesen Aspekt hat das Projekt in Öhringen aufgegriffen und deutlich gemacht, dass als Entwicklungslinie weiter verfolgt werden sollte, dass parallel zur Unterbringung der Kinder und Jugendlichen, ein Prozess mit der Herkunftsfamilie laufen muss, der auf die Klärung der Perspektiven hinarbeitet und dann die entsprechenden Schritte dazu einleitet. 10 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Zusammenarbeit von stationären, teilstationären und ambulanten Hilfen fördert gelingende Übergänge zwischen den Hilfen Wie können die Übergänge zwischen den einzelnen Betreuungsformen reibungsloser gestaltet werden? Das ist ein Thema, das die Erzieherischen Hilfen schon seit vielen Jahren beschäftigt. Noch allzu häufig sind die einzelnen Betreuungsformen in den Einrichtungen voneinander abgegrenzte Teilsysteme. Ihre Überwindung wird sowohl von Mitarbeitenden als auch von Kindern und Jugendlichen als sehr schwierig wahrgenommen. Das Weraheim hat gezeigt, wie die oft voneinander getrennten Welten miteinander verbunden werden können: über gemeinsame Aktivitäten von Mitarbeiter/innen stationärer, teilstationärer und ambulanter Hilfen und durch die Gestaltung gruppenübergreifender Angebotssettings. Sie bieten die ideale Voraussetzung dafür, diese Übergänge produktiv zu gestalten und zu nutzen. Damit werden Kindern, ihren Eltern und den betreuenden Jugendämtern Chancen eröffnet, die jeweiligen Stärken und Potenziale der Betreuungssettings bedarfsgerecht, flexibel und zeitnah zu nutzen. 6.2 Binnendifferenzierung (Team und individuelle Förderung) / Rollen-und Aufgabendifferenzierungen in den Teams Binnendifferenzierung von Teams ist Voraussetzung für die Erreichung des Bildungs, - Erziehungs -, und Betreuungsauftrages „Nicht mehr alle machen alles“! So lautet eine der Botschaften des Projektes. Fast alle Einrichtungen haben mit Differenzierungsformen innerhalb der Teams gearbeitet: Indem unterschiedliche Aufgaben aufgeteilt wurden, sich einzelne Mitarbeiter/innen für Unterschiedliches verantwortlich fühlten und Formen geschaffen wurden, wie diese Erfahrungen miteinander kommuniziert und reflektiert wurden. Von Bedeutung ist, dass diese unterschiedlichen Aufgabenstellungen von den Mitarbeitenden in der Regel nicht in zeitlicher Abfolge im Schichtdienst erfolgen kann, sondern häufig durch die gleichzeitige Präsenz von zwei Mitarbeiter/innen: Gruppencoach und Ein- 11 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe zelförderung. Dies bringt enorme Anstrengungen im Bereich der Dienstplangestaltung mit sich, hat Auswirkungen auf die Arbeitszeitbewirtschaftung und mündet in der Frage: „Wie viele Fachkräfte müssen gleichzeitig auf der Gruppe sein?“ Prinzip: jedes Kind/jede/r Jugendliche/r findet einen persönlichen Ansprechpartner „An wen kann ich mich wenden - auf wen kann ich mich verlassen?“ - eine Frage, die Kinder nicht nur in der Heimerziehung stellen. Einrichtungen suchen dabei nach neuen Wegen. Gemeinsam ist diesen Vorhaben: „Wir wollen sicherstellen, dass jedes Kind und jede/r Jugendliche/r ihren persönlichen und verlässlichen Ansprechpartner findet!“ In Ludwigsburg wurde die Doppelte Bezugbetreuung eingesetzt, in Esslingen der Personal Coach. Die Aufgabenstellungen der Bezugsperson war nicht die Regulation organisatorischer Aufgabenstellungen, sondern die Begleitung von Entwicklungsprozessen, die Anregungen von Selbstreflexion bei den Kindern und Jugendlichen und die Arbeit an aktuellen Situationsdeutungen. In Öhringen ging es auch um Biografiearbeit oder um die Perspektivenentwicklung der Hilfe. Strukturelle Ausgestaltung von individuellem Förderbedarf und die Option auf Beziehungsgestaltung (Personal-Coach, doppelter Bezugsbetreuer, Neugestaltung von Förderung, Betreuung und Behandlung Binnendifferenzierungen und die Aufteilung von unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten innerhalb des Teams hat es in der Vergangenheit immer schon gegeben. Neu ist an unseren Ansätzen, dass dies systematisch geplant, reflektiert und strukturell verankert wird. In Eppingen wurden bspw. die Bereiche Förderung, Betreuung und Behandlung durch jeweils unterschiedliche Mitarbeiter/innen mit spezifischen Aufgabenstellungen zugeordnet. 12 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe (Wieder-) Entdeckung der Gruppe als positiv wirksames Element und die strukturelle Verankerung der Gestaltung von Gruppenprozessen (Gruppencoach, Angebotsgruppen etc.) Eine der größten Überraschungen war, dass die Gruppendynamik und die Gruppe als pädagogisches Medium wieder in den Blick kamen. Nachdem jahrelang nach individuellen Behandlungsformen und subjektivem Bezug gesucht wurde, kam die Gruppenpädagogik etwas aus der Mode. Im Projekt wurden dabei zwei Akzente gesetzt: In Esslingen wurde im Hinblick auf die bestehenden Wohngruppen die Notwendigkeit deutlich, dass der Gestaltung des Gruppenprozesses verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Dafür wurde eigens eine Mitarbeiterin mit der Aufgabe betraut, Impulse in Richtung Gruppendynamik einzubringen und das Gruppengeschehen nicht nur zu analysieren, sondern auch mit zu beeinflussen. In Eppingen und in Hebsack kam die Gruppe deshalb verstärkt in den Fokus, weil hier in Wohngruppen übergreifenden Settings gearbeitet wurde. An den Angeboten und Interessen von Kindern und Jugendlichen entlang wurden neue „Gruppen auf Zeit“ gebildet. Damit entstand für die Mitarbeiterinnen die Aufgabenstellung, diese neu zusammengesetzten Gruppen in ihrer Gruppendynamik wahrzunehmen und das Gruppengeschehen mit zu gestalten. Dies führte zu einer neuen Sensibilität bei den Mitarbeiter/innen für das Gruppengeschehen und das Interesse an der Gestaltbarkeit dieser Dynamiken. Ein Aspekt, der bisher weder in der Ausbildung, noch in der Teamberatung oder internen Qualifizierung gebührend beachtet wird. Entwicklung neuer Reflexionskulturen und Reflexionsebenen in Teams und themenübergreifender Kommunikationsstrukturen (Tandems und Fachdienst und Bereichsleiter) Ein Aspekt, der bei allen Einrichtungsvorhaben eine Rolle spielte, ist die Frage der Gestaltung der Reflexionspraxis bei den Mitarbeitenden. Dabei ist nicht nur der quantitative Bedarf gestiegen, sondern auch die qualitative Ausgestaltung. Die Notwendigkeit einer vermehrten Reflexion ist einerseits eine Folge ausdifferenzierter Rollen- und Aufgabenstellungen in den Teams, andererseits aber auch der Tatsache geschuldet, dass sowohl der 13 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Bedarf nach fallbezogener Reflexion gewachsen ist als auch der Abstimmungsbedarf im Hinblick auf die Gestaltung Wohngruppen übergreifender Angebote. 6.3 Diagnostik, Hilfeplanung und Feinsteuerung Interdisziplinäre Diagnostik- und Aufnahmeverfahren: wünschenswert - aber nicht gefragt! Konsequent vom Kinde und seinen Bedürfnislagen her gedacht, bedeutet, dass sich die Pädagoginnen und Pädagogen auch um ein besseres „Fall-Verstehen“ bemühen müssen. In dem Maße, wie einzelne Leistungen in den Einrichtungen von unterschiedlichen Personen, in unterschiedlichen Gruppen, zu unterschiedlichen Zeiten erbracht werden, in dem Maße wächst auch die Notwendigkeit, über den subjektiven Bedarf der Kinder und Jugendlichen differenzierte Aussagen machen zu können. Damit erhöht sich der diagnostische Aufwand vor der Unterbringung der Kinder und Jugendlichen. Vor allem in Eppingen hat die Einrichtung insbesondere im Hinblick auf die anfragenden Jugendämter einschlägige Erfahrungen gesammelt. Der Erwartung, dass von Seiten der anfragenden Jugendämter vor der Unterbringung eine diagnostische Abklärung differenziert erfolgen soll, kamen diese nur widerwillig zum Teil auch überhaupt nicht nach. Ein Teil der Jugendämter hat den damit verbundenen Mehraufwand abgelehnt. Die große Hoffnung, dass parallel zu den komplexen Problemlagen von Kindern und Jugendlichen auch eine entsprechende Diagnostik ausdifferenziert wird, wurde enttäuscht. Das heißt: Diagnostik wird zwar gewünscht und fachlich gefordert. In der Realität aber kommen insbesondere die anfragenden Jugendämter den damit verbundenen Aufgaben nicht nach. 14 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Duale Steuerung als Voraussetzung einer konsequenten Hilfeplansteuerung bezogen auf individuellen Förderungs- und Betreuungsbedarf (Fallsteuerung + Teamsteuerung) Eine Gemeinsamkeit zwischen Esslingen, Eppingen und Ludwigsburg zeigt sich darin, die Fallsteuerung „dual“ anzulegen. Ähnlich wie in der ressourcenanalytischen Arbeit, bei der sich der „doppelte Blick“ fachlich durchgesetzt hat, scheint nun auch in der Fallsteuerung die Mehr-Perspektivität, sozusagen die „doppelte Aufmerksamkeit“, an Bedeutung zu gewinnen. Ob dies die doppelte Bezugsbetreuer sind oder die systematische Einbeziehung unterschiedlicher Leitungs- und Wahrnehmungsebenen in der Fallsteuerung, alle Konzepte sind darauf ausgerichtet, das Fallhandeln von Teams und den Einbezug anderer Ebenen (Bereichsleitungen, Fachdienst), dialogisch zu gestalten. Dies erscheint als eine neue Qualität. In Eppingen wurde deutlich, dass bei Teams angesichts der differenzierten und anspruchsvollen Aufgabenstellungen der Bedarf nach innerer Koordination und Leitung gewachsen ist. Deshalb wurde hier die Funktion der Teamleitung eingeführt, konzeptionell neu gefasst und die Teamleitungen qualifiziert. Dies zeigt, dass der organisatorische Rahmen gestaltet werden muss, damit arbeitsteilige Aufgaben innerhalb des Teams wahrgenommen werden können und die Fallsteuerung reflexiv und dialogisch werden kann. Intensivierung interner Hilfeplansteuerung durch Fachkräftetandems (zuständige Mitarbeiterin der Hilfesteuerung + Fachdienst + Bereichsleitung) und der Entwicklung neuer Verfahren (Interne Hilfeplanung, IHPS) Neben der Frage, wie die Strukturen der Teamsteuerung aussehen, rücken auch Verfahrensfragen wieder mehr in den Vordergrund. Dazu wurde von Esslingen ein Konzept der internen Hilfeplanung (IHPS) entwickelt, das zum Ziel hat, diese Verfahren der dualen Fallsteuerung auszugestalten und verbindlich zu regeln. 15 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe 6.4 Partizipation von Kindern und Jugendlichen (und Elternbeteiligung) Kinder und Jugendliche als Co-Produzenten der Angebots- und Infrastrukturentwicklung der Einrichtungen Ursprünglich wurde das Thema Partizipation sowohl bei der Projektentwicklung als auch bei den Bewerbungen der einzelnen Einrichtungen nicht in besonderer Weise thematisiert. Dass der Moment der Beteiligung in der Praxis aber eine große Bedeutung hat und bei einigen Einrichtungsvorhaben eine wichtige Rolle gespielt hat, macht deutlich, dass sich die Praxis auf die Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen einlassen kann. Gezielt eingeplant waren partizipative Elemente in Hochdorf. Hier wurden Kinder und Jugendliche nach ihren Erfahrungen gefragt, die ihnen das Ankommen in der Gruppe erleichtert hatte. Daraus wurden Standards und Eckpunkte für die Gestaltung dieser Situation in der Einrichtung festgelegt. Außerdem waren Kinder und Jugendliche auch in der Einrichtung im Rahmen einer internen Konzeptionsgruppe an diesem Prozess beteiligt. In diesem Sinne haben sie dazu beigetragen, dass ihre Erfahrungen in der Einrichtung zur Grundlage der Infrastruktur- und Prozessgestaltung wurden. Sowohl in Hebsack als auch in Eppingen wurden gute Erfahrungen damit gemacht, Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung gruppenübergreifender Angebote zu beteiligen. Medial aufbereitet wurde dies in Eppingen mit einem Beteiligungsfilm, der die Interessen der Kinder und Jugendlichen dokumentierte. Partizipation in der Wohngruppe als Mittel zur Erfahrung von Selbstwirksamkeit Innerhalb der Wohngruppe wurde das Thema Beteiligung eingesetzt, um einerseits einen Prozess der inneren Demokratisierung auszulösen und andererseits Jugendlichen die Erfahrung zu vermitteln, dass durch Beteiligung Einfluss entstehen kann. Damit wurden für Jugendliche Basiserfahrungen im Hinblick auf Selbstwirksamkeit vermittelt. Sie erlebten, dass sie als Gruppensprecher, als aktives Mitglied im Grup- 16 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe penrat Veränderungen herbeiführen können, die ohne demokratische Verfahren so nicht gestaltbar waren und bisher oft als unveränderlich wahrgenommen wurden. Gelingende Erfahrungen der Mitwirkung als Elemente zur Etablierung einer Beteiligungsstruktur in der Einrichtung (Gruppensprecher, Gruppenrat, Kinder- und Jugendgipfel) Die positiven Erfahrungen der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei der Ausgestaltung der Angebotslandschaft haben dazu geführt, dass in Einrichtungen auch eine neue Sensibilität für Beteiligungsprozess entstanden ist. In einem Fall (Hebsack) führte dies dazu, dass im Herbst 2012 ein Kindergipfel durchgeführt wurde, der im Zeichen von Partizipation stand und alle Kinder und Jugendlichen der Einrichtung mit einbezogen hat. Damit wurde ein Element von Beteiligungskultur innerhalb der Einrichtung geschaffen. 6.5 Bildungsoptionen von Heimerziehung Erweiterung der Angebots- und Bildungslandschaft durch Verknüpfung von stationären, teilstationären und ambulanten Hilfen Interessante strukturelle Neuentwicklungen finden sich an den Standorten, an denen neue Erfahrungen mit der Verknüpfung von stationären, teilstationären und ambulanten Hilfen gemacht wurden. Die dadurch entstandenen größeren Einheiten konnten sich themen- und interessenspezifisch ausrichten und damit Kindern und Jugendlichen neue Bildungsoptionen eröffnen. Ein ganzheitliches Bildungskonzept, das sowohl formale als auch non-formale Bildungselemente verknüpft und auch auf Aspekte der Selbstbildung, der Selbstentdeckung, -entfaltung und gegenseitiger Förderung setzt, steht hier im Vordergrund. Dazu gehören auch Bereiche der Naturpädagogik, des sozialen Lernens und Erfahrungen gemeinsamer Verantwortungsübernahme etc. 17 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Heimerziehung als Ort neuer Bildungs-Erfahrungen Das Projekt hat gezeigt, dass Heimerziehung stärker unter dem Aspekt von Bildung thematisiert werden muss. Bildung und Betreuung sind in Wirklichkeit keine Gegensatzpaare. Sie sind miteinander verknüpft ebenso wie die Bildung und Förderung. Heimerziehung ist ein Ort ganzheitlicher Bildung, wenn es gelingt, für Kinder und Jugendliche ein vielfältiges Anregungsmilieu zu schaffen, das sie zur Selbstentfaltung, zur Selbst-Entdeckung und zur „Selbst-Bildung“ führt. Ein Ergebnis ist, dass dies in gruppenübergreifenden Kontexten und in größeren Einheiten einfacher zu gestalten ist. Damit können Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Settings aufgrund eines gemeinsamen thematischen Bezuges zueinander gebracht werden und mit ihnen neue Gruppen gebildet werden. Erfahrungen von Zugehörigkeit werden möglich, neue Kinder und Erzieher/innen kann man kennenlernen. Damit wird eine Überschwindung der Fixierung auf eine Gruppen und nur ein Betreuerteam möglich. Gestaltung gelingender Übergänge zwischen den Hilfen durch gemeinsame Angebote stationärer und teilstationärer Hilfen Damit kann eine neue Durchlässigkeit innerhalb der Hilfen erreicht werden. Weil sich Kinder, Jugendliche und Pädagoginnen und Pädagogen bereits kennen, lassen sich die Übergänge von einer Gruppe in die andere oder von der stationären Heimerziehung in ein teilstationäres oder ambulantes Angebot passgenauer gestalten. Erhöhung der Motivation/Sinnstiftung der Mitarbeiter/innen durch die Möglichkeiten pädagogischen Arbeitens (Gruppenpädagogik, interessen- und kompetenzbasierte Angebotsentwicklung etc.) Was bedeutet dies für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Dies ist ein Ergebnis, das so nicht zu erwarten war. Sowohl von Eppingen als auch vom Weraheim wurde explizit darauf hingewiesen, dass sich mit der gruppenübergreifenden Angebotsentwicklung die Motivation der Mitarbeiter/innen deutlich erhöht hat. Da häufig Angebote entwickelt wurden, die an ihren Kompetenzen und Interessen anschlossen, wurden Erfahrungen von Selbstwirksamkeit gemacht. Dies trug nicht nur zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit bei sondern auch zur Aktualisierung der Sinnhaftigkeit beruflichen Handelns. 18 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe 6.6 Angebotsübergreifende Infrastruktur für Gemeinwesen Partielle Öffnung der Wohngruppe ins Gemeinwesen durch Vernetzung mit teilstationären/ambulanten Hilfen Mit der Aufmerksamkeitsverlagerung von der einzelnen Gruppe hin zu gruppenübergreifenden Angeboten wurde auch eine Fixierung auf die Räumlichkeiten der einzelnen Gruppen aufgegeben. Stärker in den Blick kommen damit die Raumoptionen der gesamten Einrichtung oder des Gemeinwesens, in dem die Einrichtung agiert. Damit wurde eine partielle Überschreitung der örtlichen Fixierung möglich. Wohngruppe/ Einrichtung als Infrastrukturangebot für das Gemeinwesen (Außenanlagen, Barfußpark etc.) In einem Fall führte dies dazu, dass ein Infrastrukturangebot auf dem Gelände der Einrichtung für das Gemeinwesen geöffnet wurde. Der Barfußpark, der im Rahmen einer gruppenübergreifenden Aktion eingerichtet wurde, konnte den Nachbarn und Nachbarinnen, den Menschen im Gemeinwesen zugänglich gemacht werden. Heim als Ort attraktiver Infrastruktur und Aktivitäten bei Eltern und Öffentlichkeit sichtbar machen Mit der Öffnung erzieherischer Hilfen in Richtung Gemeinwesen hat sich die öffentliche Wahrnehmung der Einrichtung verändert. Die Attraktivität des Angebotes und/oder der Reiz des Geländes der Einrichtung wurden bspw. in Hebsack von Eltern betreuter Kinder positiv wahrgenommen und rückte das Heim in ein neues Licht. Die Öffentlichkeit nahm zur Kenntnis, dass das Heim nicht nur ein mehr oder weniger gut geduldeter Ort für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche ist, sondern dass sich damit auch positive Potenziale für das Gemeinwesen erschließen lassen. 6.7 Qualifizierung/Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Entwicklung von Maßnahmen der Qualifikation und Begleitung von Mitarbeiter/innen parallel zur Praxisentwicklung Ein klares und sehr eindeutiges Ergebnis ist das Faktum, dass sich alle Einrichtungen parallel zur Praxisentwicklung um die Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und 19 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe Mitarbeiter im jeweiligen Handlungsfeld bemühten. Alle Einrichtungen setzten spezifische Qualifizierungsbausteine ein, damit sich Mitarbeitende auf den jeweiligen thematischen Schwerpunkt konzeptionell-fachlich und handwerklich konzentrieren konnten. Dazu wurden Inhouse-Seminare und Qualifizierungstage durchgeführt, externe Fachreferenten hinzugezogen und interne Workshops organisiert. Dies verweist darauf, dass kontinuierliche interne Qualifizierungsprozesse innerhalb der Heimerziehung fachliche Weiterentwicklungs-Instrumente sind, die fast schon zum Standard gehören. Dies bedeutet auch, dass für die innovative und konzeptionelle Neuausrichtung in den Gruppen und in gruppenübergreifenden Settings die entsprechenden Impulse gegeben werden und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen hergestellt werden müssen. Schwerpunktthemen: (Bereichsübergreifende) Fallreflexion, Duale Steuerung (Fall+Team), Gruppenpädagogik Das Themenspektrum einrichtungsinterner Qualifizierung reicht von traumapädagogischen Themenstellungen über Fragen der Reflexion bis hin zur Frage dualer Steuerung und der neu an Bedeutung gewonnen Gruppenpädagogik. Interessant ist, dass die Qualifizierungsanstrengungen immer auf das gesamt handelnde Team oder auf die teamübergreifenden Arbeitskonstellationen zielen. Dies macht deutlich, dass Qualifizierungsanstrengungen auch immer darauf gerichtet sein müssen, mit den bestehenden Teams und den sie begleitenden Akteuren einrichtungsbezogene Qualifizierungs- und Reflexionsprozesse auszulösen. Dazu müssen die Mitarbeiterinnen bereit sein und von Seiten der Einrichtungen müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen dazu geschaffen werden. Qualifizierung von Team-Leitungen mit Schwerpunkt „Fallverstehen“ Neben den stark handwerklich ausgerichteten Workshops wurde der Fallreflexion ein hoher Stellenwert eingeräumt. Dies nicht nur im Hinblick auf ausreichende Zeitfenster, die dafür vorgesehen werden müssen, sondern auch im Hinblick auf die Frage: wie wollen wir reflektieren, wie sehen die entsprechenden Verfahrenspraxen dazu aus und wie können wir uns auf diesem Reflexionsniveau halten? 20 Abschlussbericht des Projektes „Gestaltung der Zukunftsfähigkeit stationärer Erziehungshilfe