als PDF - Löstige Paulaner

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Chronik Löstige Paulaner
Von Skandalen und Skandälchen ist die KG Löstige Paulaner in ihrer 50jährigen Gesellschaftsgeschichte restlos verschont geblieben. Wie kaum eine andere KG haben die Paulaner aus einem kleinen Vorortverein eine große und stattliche Festkomitee-Gesellschaft
geformt, die heute nicht mehr aus dem kölschen Fasteleer wegzudenken ist. Schon die
Tatsache, daß in all den Jahren lediglich fünf Präsidenten das Zepter über die Mitglieder
schwangen, zeugt von Kontinuität und einem hohen Grad an Übereinstimmung. Allein der
derzeit amtierende Harald Linnartz hat über ein Vierteljahrhundert Dienstjahre auf dem
Buckel.
Dabei hat das Werden und Wirken der Gesellschaft in einer Zeit begonnen, die alles andere als rosig war. Mitten in Zeiten der Nachkriegswirren 1949 schlängelte sich wieder der
Rosenmontagszug – damals als „erweiterte Kappenfahrt“ – durch die Domstadt. „Mer sin
widder do un dun, wat mer künne“ lautete das Motto. Theo Röhrig setzte sich bezeichnenderweise „Friede und Freude“ als Prinzenmotto. Und auch in der kleinen SüdstadtGemeinde St. Paul gleich gegenüber der Ülepooz feierten die Pfarrmitglieder des Kölners
liebstes Kind – den Karneval.
Denn: Gleich nach dem Krieg hatte sich das „Katholische Männerwerk“ Dekanat Köln-Süd
um die Aufräumarbeiten und den Wiederaufbau der Pfarrkirche St. Paul gekümmert, die
von Spreng- und Brandbomben schwer beschädigt worden war. Die Männer waren sich
gleich sympathisch, und es war schnell klar: Wer zusammen arbeitet, muß auch gesellige
Stunden zusammen verleben. So gründeten Heinz Flick, Willi Gottschalk, Otto Heimerl, E.
Niederehe, Thomas Pütz, Jakob Wagner, Ernst Fuchs, Willi Hartmann, Gottfried Meister,
Ernst Oppenheim und Alois Rampe einen Kegelclub, der bei regelmäßigen Kegeltreffen
vergnügte und gesellige Stunden verlebte – übrigens haben Sie richtig gezählt: Es waren
haargenau elf Gründungsmitglieder. Der Grundstein für ein karnevalistisches Völkchen
war gelegt.
Der Kaufmann Jakob „Köbes“ Wagner übernahm die Leitung des lustigen Trüppchens. Die
Anregung zum Zusammenschluß war allerdings vom damaligen Pfarrobmann des katholischen Männerwerkes, Willi Hartmann, gekommen – so beschreibt es die Gründungsurkunde vom 4. Januar 1949, die bald darauf in einem Gäste-Buch mit schwarzem Einband
aufbewahrt wurde.
Doch wollte man nicht nur im Stillen seinen Spaß haben: Die ganze Pfarrei sollte an dem
fröhlichen Treiben des Kegelclubs teilhaben – sowohl die Jungen als auch die Alten.
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Schon bei der Gründung des Kegelclubs stand daher fest: „Wir machen eine Fastelovendssitzung.“ So schlug man außerdem gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben der
Freude für die Gemeindemitglieder wäre gleichzeitig vom Erlös eine Altenfahrt für die Senioren der Pfarre zu finanzieren. Daß die Karnevalssitzung nur deshalb zustande kam,
weil die Kegler bei einem tollen Wurf statt „Alle Neune“ schlicht „Alaaf“ riefen, entbehrt
wohl jeglicher Grundlage.
Bei der ersten Sitzung im „Pütze Kätt“ war der Vorstandstisch noch so klein, daß nur ein
Fünferrat statt eines Elferrats Platz fand. Ansonsten boten die Löstigen Paulaner – so
nannten sie sich schon damals – richtig echten und unverfälschten, typischen Pfarrkarneval: Die Auftretenden kamen aus den eigenen Reihen, gingen kostenlos und aus Spaß an
der Freud in die Bütt und sangen kölsche Leedcher. Die Nachbarn wurden kräftig auf die
Schippe genommen, Vorfälle aus dem Vorjahr und Dinge des Alltags waren Zielscheiben
spöttischen Humors. Als erster Präsident stand Thomas Pütz den Paulaner-Jecken voran.
Für den Entwurf eines Ordens zeichnete Köbes Wagner verantwortlich, der sich in seiner
recht knappen Freizeit schon immer künstlerisch betätigt hatte. Mehrere Jahre entwarf er
die Glanzstücke, für die Fastelovendsjecke heute teilweise über 100 Mark auf den Tisch
legen. Jedenfalls war schon nach der ersten Sitzung 1949 klar: Der Plan war aufgegangen. Denn der Reinerlös reichte aus, schon 1950 zur ersten Seniorenfahrt für die älteren
Pfarrangehörigen von St. Paul einzuladen.
Fünf Sitzungen lang – von 1949 bis 1953 – stand Thomas Pütz der jecken PaulanerTruppe voran, ehe er 1954 Otto Heimerl Platz machte. Der verlegte die Sitzungen zuerst
einmal ins Haus des Kölner Karnevals, ins „Hotel Funkenburg“. Das war auch bitter nötig,
denn der Saal platzte bei den Sitzungen schon aus allen Nähten. Überall hatte sich herumgesprochen, daß die Löstigen Paulaner herrlichen Fastelovend feierten und ihre
Freunde herzlich aufnahmen – und so kamen sie denn auch von überall her, um mit den
Paulanern zu feiern. Sicher und glücklich leitete Heimerl das Narrenschiff. Zur großen Familiensitzung am 1. Februar 1956 schwärmte Pastor Prior, damaliger Pfarrer von St. Paul,
im Festheft von der Paulaner-Tradition: „Wer in Köln lebt, kann am Karneval nicht vorübergehen. So gehört denn auch eine Karnevalssitzung zur Tradition von St. Paul.“ Schon
damals bestanden Präsente für die Auftretenden aus Werbeartikeln, Süßwaren und Lebensmitteln. Vor allem die Südstadt-Geschäftsleute ließen sich da nicht lumpen und spendeten Würste, kleine Schinken, Brötchen, Kuchen und kleine Schokoladentafeln für die
„hart arbeitenden“ Karnevalisten.
1956 hinterließ der plötzliche und unerwartete Unfalltod von Otto Heimerl eine große Lükke. Für 1957 und 1958 stieg Heinz Göddertz auf den Präsidententhron, ehe Fritz Kuhn
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1959 das Zepter übernahm. Schon immer stand für Kuhn fest: „Frohsinn und Humor ist
uns Kölnern in guten wie in schlechten Zeiten ein Lebensbedürfnis. Die Stunden des
Frohsinns sollen uns über die Sorgen des Alltags hinweghelfen.“ So sprach er zum
11jährigen Bestehen der Paulaner bei der Jubiläums-Familiensitzung am Dienstag, 26.
Januar 1960.
Bis 1970 sollte Fritz Kuhn die Geschicke der Löstigen Paulaner führen. Nur einmal wurde
er wegen einer schweren Krankheit von Friedel Weber vertreten – das war 1968. Vor allem begann Kuhn, die Sitzungen der Paulaner, die jetzt im renommierten Senats-Hotel
stattfanden, mehr und mehr an die Veranstaltungen des Festkomitees des Kölner Karnevals anzulehnen. Er ließ Komitee-Mützen anschaffen und war für die Einrichtung eines
Goldenen Buches sowie einer Präsidenten-Pritsche verantwortlich. Übrigens stammte der
Entwurf des Bucheinbandes wiederum von Freizeitkünstler „Köbes“ Wagner. Einband und
Pritsche selbst wurden von Kegelbruder und Alterspräsident Hein(rich) Hahn gestiftet –
der, wenn er auch auf dem Papier der älteste war, bei echt kölschem Flachs immer in der
ersten Reihe stand. Die Präsidentenpritsche befindet sich noch heute im Besitz der Paulaner. Leider ist das Goldene Buch verschollen.
Auch die Altenfahrten nahmen an Beliebtheit immer mehr zu. Knapp 100 Senioren über 70
Jahre waren regelmäßig mit von der Partie, um sich ein wenig Abwechslung vom Alltagstrott zu holen. Zwei Omnibusse und sämtliche verfügbaren Wagen der Kegelbrüder brachten die Gesellschaft zum Ziel – und vor Ort hatten dann die Frauen der Paulaner das Sagen. Die hatten sich nämlich zum Damen-Kegelclub „Tronsfunsele“ zusammengeschlossen und führten jedes Jahr ein kleines Theaterstück auf, so beispielsweise „Die Äzezupp“
(1964) oder der „Goldfesch“ (1965). Die Leitung über Stück und Damen-Kegler hatte viele
Jahre lang Christel Fuchs.
Festzuhalten ist jedenfalls: In den 60er Jahren machten sich die Paulaner allmählich einen
Namen, der über Köln hinaus zu wirken begann. Dafür sorgte unter anderem auch ein
Mann, der eigentlich als Gesellschaftsmitglied der Großen Kölner KG in die KarnevalsGeschichte einging: Alex Schaaf wurde im Jahr 1962 Prinz Karneval neben Bauer Raymund Becker und Jungfrau Winanda (Winand) Lukas. Und wenn die Paulaner bis heute
auch noch kein Dreigestirn gestellt haben, so stammte jedenfalls schon einmal ein Prinz
der Narrenschar aus den Paulaner-Reihen. Denn Schaaf war neben seiner Mitgliedschaft
bei der Großen Kölner gleichzeitig Klubmitglied bei den Paulanern. Unter dem Prinzenmotto „Kölsch et Woot un kölsch der Senn, dat litt in unsem Hätze dren“ machte Schaaf den
Jecken viel Freude.
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Einen umjubelten Auftritt hatte er – natürlich – bei seinen Paulanern während der Sitzung
am Dienstag, 20. Februar 1962, die mittlerweile den Namen „Große FamilienPrunksitzung“ trug. Gefeiert wurde im Festsaal der Bürgergesellschaft im Senats-Hotel.
Dort erhielt er einen silbernen Becher mit Widmung aus den Händen von Fritz Kuhn. Und
er konnte sich so gerade eben noch vor einer Saalrunde drücken. Denn nach der Klubregel mußte jedes Mitglied ständig einen kleinen Metallkegel mit sich führen oder fünf Groschen in die Kegelkasse berappen. Prinz Alex erwies sich als routinierter Paulaner: Er zog
lachend seinen Liliput-Kegel aus der Tasche seines prinzlichen Gewandes und zeigte ihn
öffentlich vor. Voller Stolz freuten sich die Paulaner mit „ihrem“ Prinzen, als der Rosenmontagszug durch die Straßen zog. Die „Kölnische Rundschau“ schrieb damals: „Jubel
um das Dreigestirn trotz Schneegestöbers – 600 000 bei Kölner Rosenmontagszug.“
Pastor Adolf Abs übernahm im Jahr 1963 die geistlichen Geschicke der Pfarre St. Paul.
Der Tradition der Pfarrsitzung schloß er sich gerne an, betrachtete es gar als eine Ehre,
mit dabei zu sein. Im Festheft dankte er den Paulanern für eine „14jährige Tradition zur
Ehre unserer Pfarrfamilie und unserer Vaterstadt“.
Zu den Feiern des 15jährigen Bestehens in der Familien-Prunksitzung am Mittwoch, 29.
Januar 1964 hatte Literat Willi Hallerbach ein üppiges „Jubiläums-Programm“ zusammengestellt. Und gerne erinnerte man sich der noch gar nicht so lange zurückliegenden
schweren Jahre: „15 Jahre sind zwar keine lange Zeit, aber doch sehr viel, wenn man bedenkt, daß eine kleine Schar katholischer Männer sich zusammenfand und zusammenhielt
– in guten wie in schlechten Tagen.“ Im Elferrat von 1964 saßen Gerhard Brück (Kassierer), Ernst Fuchs, Hein Hahn (Alterspräsident), Willi Hallerbach (Literat), Heinz Holzhäusser, Fritz Kuhn (Karnevals-Präsident), Helmut Lindzus, Joh. W. Matena (Schriftführer),
Josef Schneider (Ratsherr der Stadt), Köbes Wagner (Präsident des Kegelclubs) und Josef Schmitz.
Die kommenden Jahre waren von Kontinuität geprägt. Größere Ereignisse gab es nicht.
Doch auch an den kleinen hatte die jecke Paulaner-Schar ihre helle Freude. Eine Überraschung traf Pastor Abs, als er bei der Sitzung am 5. Februar 1965 auf die Bühne geholt
wurde. „Wir kommen alle in den Himmel“, sang der ganze Saal, als Abs von Fritz Kuhn ein
kleines Eselchen als Maskottchen erhielt. Und über Austritte aus der Gruppe machte man,
anders als heute, keine Geheimnisse: „Schriftführer Joh. W. Matena ist in eine hühtere
Gehaltsklasse gekommen und hat uns daher leider verlassen“, heißt es im Festheft von
1965.
Im Jahr 1968 erhielt Fritz Kuhn den Verdienstorden des Festkomitees in Gold – und überlegte erstmals, sein Amt an einen jüngeren Karnevalisten weiterzugeben. Denn Friedel
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Weber mußte ihn aus gesundheitlichen Gründen als Sitzungspräsident vertreten. Bei der
Suche nach einem potentiellen Nachfolger wurde Literat Hans-Theo Lingen auf den jungen Harald Linnartz aufmerksam, der bereits auf eine beachtliche Fastelovendskarriere
zurückblicken konnte. Doch zunächst kam 1969 ein Doppeljubiläum dazwischen – der Kegelclub wurde 20 Jahre alt, und Fritz Kuhn leitete seit zehn Jahren die Sitzungen. Es
herrschte ausgelassene Freude. Im Laufe des Jahres traf die Paulaner ein schwerer
Schlag: Alterspräsident Hein Hahn verstarb nach kurzer Krankheit.
1971 – ein weiteres einschneidendes Jahr in der Paulaner-Geschichte. Harald Linnartz
leitete erstmals die große Prunksitzung – und das, obwohl er sich im Jahr vorher beim
„Trimm-Dich-Fußballspiel“ den rechten Arm gebrochen hatte. Heilende Wirkung hatten
sicherlich die Genesungswünsche von August Beilstein, dem Baas des Literatenstammtisches: „Wie gut, daß Du nicht auf den Mund gefallen bist.“ Schlagfertigkeit war nämlich
schon seit einigen Jahren Linnartz´ zweiter Vorname: 1959 hielt er erstmals eine Rede als
„Jeck Heinchen“ und stand später lange Jahre als „Gewitz Käälche“ in der Bütt. 1966 trat
er dem „Klub Kölner Karnevalisten“ bei, dem er heute als Vorsitzender voransteht. Seine
charmante Art machte ihn für die Sitzungen der Paulaner wie geschaffen. Da geraten auch
heute noch die Vorlesungen von Spenden nicht zum Langweiler. Seine angenehme Stimme geht gut ins Ohr, wenn er die kölschen Leedcher aus Leibeskräften mitsingt. Und sollte
er mal mit dem Liedrefrain eher fertig sein als die Kapelle, hat er einen netten Spruch auf
den Lippen: „Han ich üch üvverholt?“
Präsident der Paulaner wurde Harald Linnartz allerdings (noch) nicht. Der Vorstand wollte
sich in einem Probejahr ein Bild von dem „Neuen“ machen. Erst ein Jahr später – bei der
Prunksitzung am 15. Januar 1972 – wurde Linnartz als neuer Präsident der Paulaner feierlich mit Zepter, Kette und Präsidentenmütze in sein Amt erhoben. Die Ernennung übernahm Jakob Pütz, Präsident des Reiterkorps Jan von Werth. Gleichzeitig wurde Fritz Kuhn
für seine aufopferungsvollen Verdienste zum Ehrenpräsidenten ernannt.
Bereits die erste Amtshandlung des neuen Präsidenten war bezeichnend für dessen Vitalität: Aus dem Kegelclub (K.C.) Löstige Paulaner machte er die Karnevalsgesellschaft
(K.G.) Löstige Paulaner. Ein naheliegender Schritt, der aber die ganzen Jahre hindurch nie
in Erwägung gezogen worden war. Überhaupt: Schon in den Liederheften der 50er Jahre
war nie bzw. ganz selten vom Kegelclub die Rede. Immer sprach man nur von den „Löstigen Paulanern“. Zum Vizepräsidenten wurde Hans-Theo Lingen gewählt. Und auf ging´s
in eine neue Gesellschaftsphase.
Vor allem die Unterstützung der Pfarre St. Paul weitete sich mehr und mehr aus. Neben
den Altenfahrten gab´s hin und wieder bunte rheinische Abende – und sogar die Einklei5
dungen von Kommunionkindern und andere Hilfen gehörten zur Unterstützung von St.
Paul.
Harald Linnartz war Feuer und Flamme, trieb zahlreiche Neuerungen voran, bestach auf
den Sitzungen vor allem wegen seines überwältigenden Charmes. Er schenkte dem Prinzen Claus (Kegelberg) einen Spaten, damit „er auf Schatzsuche gehen kann“, und führte –
erstmals bei einer Sitzung im 150 Jahre alten Fastelovend – ein Quiz ein. Wenn auch mit
so machbaren Fragen wie „Wann geht der Rosenmontagszug?“. Darüber hinaus gab er
Anstoß zu einem festlichen Abend im November, der ein Jahr später den Namen „Mondscheinparty“ erhalten sollte – bestand doch die festliche Dekoration beim ersten Mal aus
Halbmonden. Als Schatzmeister übernahm der heutige Vizepräsident Karl-Heinz Richter
führende Aufgaben im Vorstand.
Eine große Session beging die Gesellschaft im Jahr 1974: Silbernes Jubiläum, 25 Jahre
Paulaner im Kölner Karneval. Beim von Literat Hans-Theo Lingen initiierten Festkommers
hielt Friedel Weber die Laudatio und freute sich über das Engagement der KG: „Der spärlichen Flamme des gesellschaftlichen Lebens in Köln wird fast nur durch die Karnevalsgesellschaften Leben eingehaucht.“ Prinz Heiner (Mühr) enthüllte zudem an diesem großen
Tag die Jubiläumsstandarte, indem er ein Glas Kölsch über das Fahnentuch schüttete.
Der Wert des von Ratsherr Hans Kante gestifteten guten Stücks betrug damals rund 2000
Mark – und den Jubiläumsorden zierten Tünnes und Schäl, die sich an die Pfarrkirche St.
Paul lehnen. Und es gab noch etwas zum Feiern: Pfarrer Adolf Abs war am Tage des
Festkommers haargenau elf Jahre und elf Monate Pastor von St. Paul.
In diesem Jahr gewann Harald Linnartz zudem einen glanzvollen ersten Preis im Wunschkonzert des Südwestfunks in der Sendereihe „Vom Telephon zum Mikrophon“. Er mußte
die Hörer eineinhalb Minuten zum Lachen bringen. Der Erfolg ließ ihn schon während der
Session die neuen Pläne der Löstigen Paulaner ankündigen: In Zukunft sollte es zwei Sitzungen geben und dazu noch einen Maskenball. Außerdem wollte Linnartz beim Festkomitee die Teilnahme am Rosenmontagszug erreichen.
Bereits 1975 wurde die erste der angekündigten Erneuerungen wahr: Neben der „Großen
Prunksitzung“ – jetzt im Hotel Interconti – riefen die Paulaner zu einer Familiensitzung in
die Flora – zwei Spitzenprogramme zu vernünftigen Eintrittspreisen. Harald Linnartz übernahm nach dem Rücktritt von Literat Lingen gleichzeitig auch die Programmgestaltungen.
Doch daß es den Paulanern zuvorderst immer noch um ihre Pfarre ging, machten sie an
ihrem gewählten Ordensmotiv klar: Der ´75er Sessionsorden zeigte den Bus, mit dem es
Jahr für Jahr auf die Altenfahrt ging. Übrigens: Den letzten Orden der Session überreichte
der Präsident an den berühmten Volkssänger und Schauspieler Peter Alexander.
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In relativ ruhigem Fahrwasser verliefen die nächsten Sessionen. Klar, nach einem großen
Jubiläum ist man zunächst einmal bemüht, den bestehenden Standard zu halten. So auch
die Paulaner, die immer wieder mit kleinen Anekdoten am Rande von sich hören und ansonsten ihre Sitzungsprogramme für sich sprechen ließen. 1976 hatte Harald Linnartz die
Tanzgruppe „Höppemötzjer“ haargenau 25mal in seiner Eigenschaft als Programmgestalter engagiert: „25mol wore se pünktlich, adrett anzosinn, un 25mol wore se jot“, freute sich
der Paulaner-Baas. Die Programme zogen sich meist in die Länge – ein Beweis dafür, daß
die „Familie“ zu feiern wußte. Da traten auch mal der „Ärme Deuvel“ Heri Blum und der
„Mann met däm Hötche“ Peter Raddatz zusammen auf die Bühne, weil die Zeit für die einzelnen Darbietungen nicht mehr ausreichte.
Auch fand sich hin und wieder der komplette Vorstand mit Elferrat auf der Bühne wieder.
So 1977, als die Paulaner mit den Roten Funken wibbeln mußten. „Die rote Übermacht
hatte die Fräcke schnell im Griff“, schrieben damals die Kölner Tageszeitungen. 1978 stiftete Ehrenpräsident Fritz Kuhn ein rundes Emblem mit dem Paulaner-Symbol „LP“ – sogar
mit Beleuchtung. Und die „pfiffigen Elferrats-Jecken notierten auf den Blumensträußchen,
die sie verteilten, ihre Telefonnummern“ – so glaubte es jedenfalls, die „Kölnische Rundschau“ erkannt zu haben.
Zum 30jährigen Bestehen 1979 machte sich der Elferrat selbst ein Geschenk: ein neues
Ratsgestühl. Bei der Gründung des Stammtisches, dessen erster Baas Hans Lingen wurde, freuten sich alle, daß Harald Linnartz seine hoch gesteckten Ziele erreicht hatte: Die
Paulaner feierten zwei Sitzungen, sie waren hospitierendes Mitglied im Festkomitee und
darüber hinaus zum ersten Mal im Rosenmontagszug (Motto: „Kölsche in aller Welt“). Wer
heute allerdings glaubt, die Löstigen Paulaner seien schon immer als Hänneschen und
Bärbelchen im Rosenmontagszug dabei gewesen, der sollte sich hier eines Besseren belehren lassen: Damals war die KG nämlich auf den Spuren der Stadtgeschichte als Heinzelmännchen unterwegs und im Jahr darauf als Schusterjungen. Die Hänneschen- und
Bärbelchen-Kostüme folgten erst ein paar Jahre später – dann aber in regelmäßiger Folge
bis heute.
Nicht auf den Boom der Herrensitzungen wollten die Paulaner 1980 aufspringen. Statt
dessen hoben sie eine Party aus der Taufe, wo auch mal die Frauen unter sich feiern
konnten: die erste Paulinchensitzung. Daneben liefen die große Sitzung mit Damen und
die Non-Stop-Kostümballsitzung. Dabei zeigte Präsident Linnartz einmal mehr seine
Schlagfertigkeiten. „Wer pfeift, kann sich nach der Sitzung Vogelfutter bei mir abholen“,
kündigte er bei einer Sitzung an. Doch als tatsächlich drei Jungs nach dem närrischen
Treiben bei ihm auftauchten, konnte Linnartz nur mit fünf Kilo Bananen dienen. Wie ver7
lautet, trennte man sich im gegenseitigen Einvernehmen. Ehrenpräsident Fritz Kuhn wurde
darüber hinaus mit dem goldenen Verdienstorden des Bundes Deutscher Karneval ausgezeichnet.
Sein elfjähriges Präsidentenjubiläum vor Augen hatte Harald Linnartz gleich eine zündende Idee: Warum soll nicht einmal das Publikum über das Programm entscheiden? So
gab´s bei der Prunksitzung eine Hitparade der Redner und Tanzgruppen. Alle Jecken füllten Wunschzettel aus, mit denen sie das Programm für die nächstjährige Sitzung mitbestimmten. Die Paulinchensitzung gehörte da im erst zweiten Jahr schon zum festen Bestandteil im Jahreskalender. Bereits in der Pause kamen „Paulinchen“ und wollten Karten
für nächste Session bestellen – selbst Düsseldorfer Paulinchen waren mit von der Partie.
Und wieder ging´s in ein Jubiläumsjahr: drei mal elf jecke Jahre KG – wir schreiben das
Jahr 1982. Dazu gönnten sich die Paulaner neue Komitee-Mützen: „Mit der Mode gehen“
schreibt der Kölner Stadt-Anzeiger. Denn die neuen Mützen waren nicht nur modischer in
Form und Farbe, sondern (angeblich) auch bequemer. Die neue Gesellschaftsbekleidung
trugen die Paulaner übrigens nicht nur auf dem Kopf, sondern auch als Orden an der Brust
– der stellte nämlich eine Nachbildung der neuen Mütze dar.
Daß die Paulaner aber nicht nur an sich denken, machten sie mit einer sozialen Geste
deutlich: Prinz Günter (Deibert) nahm auf der Prunksitzung eine Geldspende für geistig
und mehrfach behinderte Kinder in einem Kindergarten in Frechen entgegen. Im „Karneval
der Schlagzeilen“ (so lautete 1982 das Rosenmontagszug-Motto) warfen die Paulaner
gleich mehrere Highlights ins Rennen: drei Sitzungen, das Casino (damals noch im Haus
Hassel, dem „Haus der Zünfte“), Seniorenfahrt, Mondscheinparty, Ratsgestühl, Standarte,
Paulaner-Stammtisch und die Teilnahme am Rosenmontagszug.
Unter Festkomitee-Präsident Bernd Assenmacher gelang es der KG, als ordentliches Mitglied dem Festkomitee des Kölner Karnevals anzugehören. Assenmacher war den Paulanern durchaus wohlgesonnen, zählte er doch zu den guten Freunden der Gesellschaft.
Anfang der 70er Jahre hatte er schon das Vergnügen, bei einer Paulaner-Sitzung im Elferrat Platz zu nehmen. Das war übrigens kein Sonderfall: Denn schon früher hatte der Paulaner-Kegelclub nicht immer zu allen Sitzungen einen eigenen Elferrat – weil eben auch
nicht immer elf Mann dem Kegelclub angehörten. So wurden Freunde – echte Freunde –
gebeten, den Rat mit Freude und Humor aufzufüllen. „Absagen haben wir nie bekommen.
Und daß Bernd Assenmacher einmal in unserer Mitte saß, darauf sind wir ganz besonders
stolz“, hatte Ehrenpräsident Fritz Kuhn einmal festgestellt.
1983 rutschte die KG gleich ins nächste Jubiläum hinein: Elf Jahre stand Harald Linnartz
jetzt als Präsident voran – „ein heiliges Zeitalter“, wie die „Kölnische Rundschau“ titelte.
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Zur Feier der Session gab´s bei der Prunksitzung eine neue Präsidentenkette. Die überreichte derselbe Jakob Pütz vom Reiterkorps Jan von Werth, der Linnartz vor elf Jahren
ins Präsidentenamt erhoben hatte. Die neue Amtskette zeigte die letzten elf PaulanerOrden in Kleinformat.
Bei der Prunksitzung 1985 erinnerte sich Harald Linnartz wohl an seine aktive Bütten-Zeit
als „gewitz Käälche“ zurück. Na ja, in jedem Falle tauschten Präsident und Büttenredner
die Plätze: Linnartz stellte sich in die Bütt und Weltenbummler Gerd Rück auf den Präsidententhron („da wollte ich schon immer mal hin“). So hielt Rück seine Rede vom Elferratstisch aus, während Linnartz ihn pantomimisch begleitete. Nach der Session wurde eine
bis heute noch bestehende Tradition eingeführt: Der erste Ratsherrenabend fand statt –
als Dankeschön für eine gelungene Session. Harald Linnartz dazu: „Sinn des Abends ist
die Zusammenführung der Ehrenratsherren, Ehrenmitglieder und Förderer der Gesellschaft. Und der Vorstand möchte sich auf diesem Wege bei den Mitgliedern für ihre Aktivitäten bedanken.“
Erstmalig rief die KG 1986 zum Paulaner-Weiberfastnachtsball. Und auch diese neue Veranstaltung, die die Kostümball-Sitzung ersetzte, bestach durch ihre familiär-heitere Stimmung. Die Paulaner vermitteln halt immer wieder das Gefühl, daß ein Sitzungsteilnehmer
nicht einfach nur zahlender Gast ist – er gehört sozusagen mit zur Familie. Einen Bombenerfolg hatte der 89jährige Karl Schmitz-Grön, der eigentlich nur als Gast kommen wollte. Ein plötzliches Loch füllte er spontan mit einem witzigen Vortrag über die „Schwarzwaldklinik“. Eine Panne ließ die Paulaner beim Rosenmontagszug zusammenschrecken,
als in der Mitte des Zuges der Bagagewagen einen Platten hatte – doch aus der Stimmung
ließ sich keiner bringen.
Bei der Mondscheinparty als Auftakt zur ´87er Session besuchte Fred Rai mit seinem
Pferd „Spitzbub“ das Interconti-Hotel. Daß Harald Linnartz es sich nicht nehmen ließ, auf
dem Gaul eine Saalrunde zu drehen, verstand sich von selbst. Singend wurde er von Rai
kreuz und quer durch die Stuhlreihen geführt. Für seine jetzt schon 25 Jahre währende
aktive Fastelovendszick erhielt Linnartz den Festkomitee-Verdienstorden in Gold aus den
Händen von FK-Präsident Bernd Assenmacher.
Enge Verbundenheit honorieren die Paulaner immer wieder mit freundlichen Gesten. Das
bekam Interconti-Direktor Han C.A. Brouwers zu spüren, als er in seinem eigenen Hotelsaal in den Elferrat der Paulaner berufen wurde. Überrascht wurde auch Ratsherr Rolf
Brück, der neben einer Torte noch ein Geburtstagsständchen von den Bläck Fööss erhielt.
1989 stand wieder einmal ein runder Geburtstag im Paulaner-Leben an. Zum 40jährigen
Bestehen ging den Paulanern ein Licht auf – allerdings nur bildlich gesprochen: Ehrenprä9
sident Fritz Kuhn stiftete nämlich zwei wertvolle Leuchter für den Elferratstisch. Sonst
standen dort immer echte Kerzen. „Und da kam es auch mal vor, daß sich ein jecker Karnevalist am Feuer die Finger verbrannte“, begründete Kuhn seine Idee. Dazu richtete sich
die KG zum Sessionsende ein neues Elferratsgestühl mit den übergroßen Initialen „LP“
ein.
Als Kandidat für einen Tag stand Präsident Harald Linnartz in diesem Jahr für die Wahl
des neuen Festkomitee-Präsidenten als Nachfolger von Rudi Herrmann zur Verfügung.
Der spontanen Reaktion, das Amt aufzunehmen, folgte jedoch gleich wieder der schnelle
Rücktritt. Die Paulaner-Familie – allen voran die Säulen der Gesellschaft: Schatzmeister
Karl-Heinz Richter und Geschäftsführer Paul Richter – rief schon frühmorgens an und
fragte, ob Linnartz sie denn wirklich verlassen wolle. Er wollte nicht – und so verbrachten
die Paulaner eine 40. Session met vill Musik un vill Harmonie (angelehnt an das Rosenmontagszugmotto).
Neuer Festkomitee-Präsident wurde übrigens Gisbert Brovot. Und eben dieser bat in seinem Festheft-Vorwort ein Jahr später um die Förderung des Nachwuchses in der Bütt. Die
Paulaner folgten dem Ruf. Bei der Prunksitzung nahm Harald Linnartz die „Zwei kleine
Ströpp“ alias Michael (8) und Jutta (10) Bierther ins Programm. Pläne für eine Lachparade
flackerten auf, verblieben allerdings noch in der Schublade.
Im Mai 1990 starb Monsignore Adolf Abs im Alter von 78 Jahren. 27 Jahre lang hatte er
die Pfarre St. Paul geführt und war gleichzeitig geistlicher Beirat der Löstigen Paulaner.
Bei keiner Sitzung oder Altenfahrt fehlte der rührige Pastor. Noch drei Tage vor seinem
plötzlichen Tod hatte er die Paulaner beim Ratsherrenabend besucht und dabei nette Verzällchen aus seinem Leben zum besten gegeben, das so sehr mit der Kirche, Köln und
den Paulanern verbunden war.
Ihr neues Casino im Keller des Brauhauses „Alt-Köln“ weihten die Paulaner zum Sessionsbeginn 1991 ein: Dazu gab´s deftiges Essen (Mettwurst, Speck und Grünkohl) sowie
die neuen Sessionsorden – gleich mit einem Abbild des neuen Casinos. Darüber hinaus
gab´s erstmals in der Geschichte der Gesellschaft spezielle Damen-Orden, weil die holde
Weiblichkeit bei den Paulanern immer mehr vorpreschte. Überhaupt sollte der Ordensabend danach zum traditionellen Jahresauftakt der Paulaner werden. Mit einem Püngel
glanzvoller Prunkstücke bewaffnet, postiert sich Präsident Harald Linnartz seitdem jährlich
am Treppeneingang und hängt jedem Mitglied höchstpersönlich den Gesellschaftsorden
um.
Der Golfkrieg brachte 1991 allgemeine Verwirrung. Vom karnevalistischen Trubel ließen
sich die Paulaner allerdings nicht abhalten. Bei der Mondscheinparty blickte Harald Lin10
nartz auf 20 Jahre Präsident, 33 Jahre aktiv im Karneval und seinen 50. Geburtstag zurück. Sein Schatzmeister und Freund Karl-Heinz Richter hatte dazu eine Paulaner-Post
entworfen mit Fotos und Berichten aus dem Knabenalter des Präsidenten. In den folgenden Jahren machte das kleine Blättchen den großen Zeitungen ein wenig Konkurrenz: In
unregelmäßigen Abständen informierte es immer wieder über Geschichten, Ereignisse
und Verzällcher aus dem Leben der KG. Oberbürgermeister Norbert Burger hatte zur Jubelfeier des Präsidenten nur acht Worte parat: „Esu ne Jung muß mer einfach jän han.“
Und er verlieh Harald Linnartz den Dauerorden der Freunde und Förderer des Kölnischen
Brauchtums.
Der Handschuh eines Karnevalsprinzen bekam 1992 einen Ehrenplatz im Casino. Arnold
Dircks hatte versehentlich einen seiner Handschuhe zusammen mit der Prinzenspange an
Haralds Anzug geheftet. Mit weißem Handschuh an der Brust leitete Linnartz die Sitzung
zu Ende – und brachte ihn danach gleich ins Casino.
Mit Weitblick in die Zukunft gründete sich der Paulaner-Förderkreis am 10. Juli 1992. Damit die KG regelmäßig ihre Ideen umsetzen konnte, sollte der Förderkreis finanzielle Spritzen geben. Förderkreis-Sprecher Manfred Vitt sagte langjährige Treue zu.
Erstmals fand 1992 keine Mondscheinparty statt. Statt dessen hieß sie „Lachparade“ und
war ausschließlich als Veranstaltung zur Nachwuchsförderung gedacht. Der vom Publikum
in geheimer Wahl auserkorene Sieger des Abends gewann einen Förderpreis in Höhe von
500 Mark und einen Auftritt bei einer der beiden Paulaner-Sitzungen. Acht Nachwuchsdarbietungen (Bonte Pitter, Meisterboxer, Tanzgruppen Kölsche Domputzer und Rote Husaren, Schlabberlätz, Paraplüs, Isebähner, singender Markthändler) buhlten um die Gunst
der Besucher. Den Thron der ersten Lachparade sicherte sich die Tanzgruppe Kölsche
Domputzer.
Beim Fußballturnier der Luftflotte im Sommer hatten die Paulaner-Balltreter die KG Treuer
Husar mit 1:0 besiegt. Und dieser Turniersieg hatte ungeahnte Folgen. Der Sieger war
nämlich bestimmt, das nächste Turnier auszurichten. Und da schlugen die Paulaner 1993
erbarmungslos zu. Sie wählten sich nämlich einen Veranstaltungsort, den es kaum zu toppen gab: das Geißbockheim. FC-Stadionsprecher Hans-Gerd König gab dem Treiben den
letzten Pfiff. Nervenzerfetzendes Elfmeterschießen, als Jan von Werth und Blaue Funken
sich im Vergeben geradezu meisterlich zeigten. Und Schriftführer Peter Uedelhoven begeisterte mit „erotischen Hüftschwüngen“ in der Cheerleader-Gruppe. Turniersieger wurde
die KG Uhu vor der KG Treuer Husar, den Großen Braunsfeldern und der Luftflotte. Die
Paulaner wurden abgeschlagen nur Sechster, waren mit Sicherheit aber eine der lustigsten Truppen. Freuen konnte sich auch das Altenhilfswerk „Die gute Tat“ der Kölnischen
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Rundschau. Die erhielt den Reinerlös des Turniers in Höhe von 8888,88 Mark. Und jetzt
hatten die Paulaner sogar ein richtiges Dreigestirn – na ja, nicht ganz: Wolfgang Schänzler, Hans-Gerd König und Bernd Johannwerner vom FC wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Überhaupt war die ´93er Session ein weiterer Höhepunkt in der Paulaner-Geschichte. Da
feierte nicht nur Ehrenpräsident Fritz Kuhn seine 40jährige Zugehörigkeit. Der Fastelovends-Mathematiker erkennt sogleich das karnevalistische Jubiläum: vier mal elf jecke
Jahre. Zur Feier des Tages erhielt jeder Gast der Prunksitzung ein Kölsch-Glas, auf dem
die vier Jubiläumsorden zum 11-, 22-, 33- und 44jährigen Bestehen dargestellt waren. Eine kleine Anekdote am Rande: Kurioserweise lag auch das Durchschnittsalter bei der
Prunksitzung bei haargenau 44 Jahren.
Erstmalig leitete Harald Linnartz eine Fernsehsitzung – allerdings nicht mit seinen Paulanern. Vielmehr sprang er für Große-Mülheimer-Präsident Rolf-Dietmar Schuster ein, der
wegen eines Gehirnschlags die Mülheimer ZDF-Mädchensitzung nicht moderieren konnte.
Und warum gerade Harald Linnartz? Na, das ist wohl verständlich: Seine Art, Sitzungen zu
leiten, aus jeder Darbietung einen Höhepunkt zu moderieren, sind Eigenarten, die kaum
zu kopieren sind. Das ist wohl auch der Grund für seine Beliebtheit beim Publikum und bei
anderen Gesellschaften, die ihn gerne mal als Sitzungsleiter „ausleihen“. „Gäbe es keine
Sitzungen, dann müßten sie für Harald Linnartz erfunden werden – so sehr fühlt er sich in
seinem Element“, titelte der Kölner Express.
Übrigens: Vizepräsident Karl-Heinz Richter erhielt im Laufe der Session den FestkomiteeVerdienstorden und den Verdienstorden des Bundes Deutscher Karneval in Gold.
Großer Schrecken ereilte die Paulaner kurz nach der Session im März 1993. Unbekannte
Diebe stahlen die Präsidentenkette aus dem Casino. „Die Kette hat keinen großen materiellen Wert, ist für uns aber unersetzlich“, bat Harald Linnartz die Diebe über die Kölner
Presse, das Stück doch bitte wieder zurückzugeben. Mit Erfolg: Anonym schickte man das
Stück wieder an die Geschäftsstelle zurück.
Die Idee für eine Ordensserie hatte der Vorstand im Jahr 1994. Jedes Jahr sollten künftig
Figuren aus dem Hänneschen-Theater ihren Platz auf den Prunkstücken finden – unterbrochen nur in Jubiläumsjahren. Auf diese Weise konnten die Paulaner „ihrem“ Hänneschen einmal herzlichen Dank zollen, dessen Kostüm sie sich jährlich am Rosenmontag
„ausleihen“. Daß die Ordensserie mit Hänneschen und Bärbelchen starten mußte, war
selbstverständlich.
Mehr und mehr sorgten sich die Paulaner auch um den Nachwuchs in eigenen Reihen.
Ein Jugendtisch bei den Sitzungen sollte junge Menschen an den Fastelovend heranfüh12
ren. Jungen und Mädchen zwischen 13 und 16 Jahren erlebten das bunte Fastelovendstreiben bei freien Getränken – Cola oder Limo. Die einzige Maßgabe war: Auch die Eltern
mußten im Saal sitzen – also Jugendschutz inklusive. Leider fiel der PaulanerWeiberfastnachtsball in diesem Jahr wegen rückläufiger Besucherzahlen aus dem Terminkalender. Freude machte allerdings in diesem Zusammenhang die Lachparade, für
deren Ausrichtung die Paulaner den Nachwuchsförderpreis des Festkomitees erhielten.
Wolfgang Nagel übergab den Preis in seiner Eigenschaft als Leiter des Literarischen Komitees.
1995 erweiterte Harald Linnartz seinen Bekanntheitsgrad vor einem Millionenpublikum: Er
leitete die ARD-Fernseh-Sitzung des Festkomitees und wurde in den erweiterten FKVorstand kooptiert. Mächtig stolze Paulaner freuten sich mit ihrem Präsidenten, der für das
große Ereignis bei der Paulinchensitzung ausnahmsweise mal nicht in vorderster Front
stand. Karl-Heinz Richter sprang ein und meisterte seine Feuertaufe auf dem Präsidententhron wie ein alter Hase.
Doch nicht nur bei der ARD, auch bei den Paulanern saßen die Jecken in der ersten Reihe. Während der Prunksitzung betätigte Harald Linnartz sich einmal mehr als Quizmaster
für das Dreigestirn. Doch die Fragen, ob ein Halver Hahn gebraten oder gekocht besser
schmeckt und wie viele Leute im Elferrat sitzen, meisterten die Tollitäten, ohne die festgelegte Bedenkzeit von einer halben Stunde zu überschreiten. Ach ja: Ordensserie Teil zwei
war das Abbild des Speimanes.
Im Januar 1996 wurde das derzeit jüngste Mitglied der Löstigen Paulaner geboren: André
van Issem. Harald Linnartz ließ es sich nicht nehmen, dem kleinen Stropp den Orden –
Serie Teil drei: Tünnes un Schäl – an den Kinderwagen zu heften. Nach der Session organisierten die Paulaner wiederum das Fußballturnier, bei dem sie erst im Finale der Großen Braunsfelder KG unterlagen. Gleichzeitig blickte man nach England, wo ein paar völlig
uninteressante Spiele über den Fernseher rollten: Die deutsche FußballNationalmannschaft wurde gerade Europameister, was auf dem Paulaner-Spielfeld allerdings kaum jemanden interessierte. Zu begeistert jagten sie selbst dem runden Leder hinterher.
Leider fand die nachahmenswerte Lachparade 1996 letztmals in der eingeführten Form
statt. „Eine Veranstaltung ausschließlich mit Nachwuchskräften zu besetzen, erfordert viel
Geduld beim Publikum. Diese Geduld ist heute scheinbar nicht mehr vorhanden“, bedauerte Harald Linnartz diesen Schritt. Statt dessen gab´s jetzt weniger Programmpunkte,
dafür hochkarätigere. Tanz und eine Tombola reicherten den Abend an, der jetzt den Namen „Sessionseröffnung“ trug.
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1997 folgte der „Mählwurms Pitter“ in der Ordensserie. Im Mittelpunkt der Session stand
aber nur einer: Der Präsident persönlich. Harald Linnartz feierte sein 25jähriges Präsidentenjubiläum. Bei einem Jubiläumsempfang im Belvedere-Saal des Dorint Kongress-Hotels
erzählte Marie-Luise Nikuta aus ihrer Jugendzeit. Mit Harald zusammen hat sie nämlich
früher die Schulbank gedrückt. Ihr Anekdötchen, Linnartz habe früher die blonden Zöpfe
der Mädchen heimlich ins Tintenfaß gesteckt, hat der Paulaner-Baas jedenfalls nicht dementiert. „Wer hat denn keine Schülerstreiche auf dem Buckel? Ich kann mich jedenfalls
nicht mehr daran erinnern“, zog sich Linnartz augenzwinkernd aus der Affäre. Auch an die
Zeit, als er mit 22 Jahren die ersten Pfarrsitzungen leitete, erinnerte sich der Präsidöres in
diesem Zusammenhang gerne. Franz Wolf, Präsident des Bundes Deutscher Karneval
(BDK) und Ehrenmitglied der Paulaner, zeichnete den Jubilar mit der höchsten Ehrung des
BDK, der Ehrenplakette, aus.
Im Oktober 1997 verstarb der langjährige Ehrenpräsident Fritz Kuhn und riß ein nicht zu
schließendes Loch in die Paulaner-Familie. Trotzdem drehten sich die Zeiger der Uhr weiter und führten die Paulaner gut beschirmt durch die Session 1998 und das 175jährige
Jubiläum des Kölner Karnevals. Mit dem Feiern hielten sich die Paulaner ein wenig zurück. Erwähnung sollte allerdings der Orden mit Bestemo und Besteva finden. Aber Harald
Linnartz kündigte schon an: „1999 feiern WIR.“ Und da können sich die Mitglieder, Freunde und Förderer der KG auf einiges gefaßt machen. Damit die Feiern auch auf einen guten finanziellen Grundstock gelegt werden können, gründete sich aus dem Förderkreis
heraus am 6. Oktober 1998 im Junkersdorfer Birkenhof der neue Senat der Löstigen Paulaner. „Unsere Muttergesellschaft möchten wir mit unserer Unterstütztung auf starke Füße
stellen“, so Senatspräsident Alex Meyer-Köring. Und wer weiß: Vielleicht gibt´s demnächst
ja auch mal einen Senatswagen im Rosenmontagszug?
Die Jubiläumssession der Paulaner hat schon ein paar Highlights hinter sich. Neben der
Jubiläums-Sessionseröffnung im November mit einem anspruchsvollen Programm luden
die Paulaner zu einer Kölsch-Messe in St. Paul ein, die Pfarrer Strauch zelebrierte. Im Januar und Februar 1999 stehen zunächst ein großer Jubiläumsempfang im Dorint Kongress-Hotel an, in den der Ordensabend eingebunden wird. Es folgen eine große Jubiläums-Gala-Sitzung in Kölns guter Stube, dem Gürzenich, an, ebenso die Kostümsitzung
mit Damen und – natürlich – die Paulinchensitzung. Beschlossen wird die Jubelsession mit
dem Ratsherrenabend im Mai 1999.
Vier Säulen tragen heutzutage das Paulaner-Leben. Die erste besteht aus dem „Kleinen
Rat“: Präsident Harald Linnartz, Vizepräsident Karl-Heinz Richter, Geschäftsführer Günther Wirtz, Schatzmeister Dieter Braun und Schriftführer Gilbert Müller. Als Säule Nummer
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zwei ergänzen Rolf Brück (Kartenorganisation), Peter Fischenich (stellv. Schatzmeister),
Manfred van Issem (Organisation), Manfred Lommler (Präsidentenassistent) und Ottmar
Nellesen (Rosenmontagszugwart) den „Kleinen Rat“ zum „Großen Rat“. Die dritte tragende Säule ist das Organisationsteam mit Eberhard Wolfram, Marie-Luise Deom, Patricia
van Issem, Hans Jürgen van Issem und Michael Rieper. Und frisch als Säule Nummer vier
ist der Senat dazugekommen mit Senatspräsident Alex Meyer-Köring, Senats-Vize Kalli
Effertz, Geschäftsführer Bert Müller und Schatzmeister Thomas Ernst.
Mitglieder, die es beruflich in andere Gefilde verschlagen hat, werden heute scherzhaft als
„Paulaner-Außenstellen“ bezeichnet. Die am weitesten entfernten sind Rainer Tenius in
Kairo, Christoph Hölzel in Amerika und Klaus Schmelter in Hongkong. Regelmäßig schikken sie Faxe, Telegramme oder Briefe mit den besten Wünschen für die jeweiligen Veranstaltungen.
Im Vergleich zu früher hat sich das Gesicht der Löstigen Paulaner stark gewandelt. Manch
schlanke Figur von damals hat heute gewichtige, solide Rundungen, manches Milchgesicht von damals ziert heute ein markanter Bart und zarte Maiden von 1949 sprechen heute ein gewichtiges Wort mit, auch wenn es um den Karneval geht. Vorbei sind auch die
Zeiten, an denen der Präsident ein Loch mit Witzen über den Herrn Pastor überbrückte.
Und wenn in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten das Auto das Pferd verdrängte,
das Internet den Postboten, das Playbackverfahren die Straßensänger, das Seniorenheim
die Großfamilie und die Medien die Bänkelsänger, so blieb doch trotzdem vieles erhalten.
Denn es ändern sich die Zeiten, aber nicht die Ziele der Paulaner, sich und anderen Freude zu machen. Geblieben ist aus der Anfangszeit die Gemütlichkeit und private Atmosphäre auf den Sitzungen. Auf daß es noch viele Jahre so bleibt.
Frank Tewes
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