Die Alijot vor und nach der Staatsgründung von Israel
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Die Alijot vor und nach der Staatsgründung von Israel
Die Alijot vor und nach der Staatsgründung von Israel „Und er wird ein Zeichen aufrichten unter den Völkern und zusammenbringen die Verjagten Israels und die Zerstreuten Judas sammeln von den vier Enden der Erde.“ (Jischajahu 11,12) Alija ist ein hebräisches Wort. Es bedeutet „hinaufziehen“. Ursprünglich bezog es sich darauf, nach Jeruschalaim hinaufzuziehen, um die jüdischen Wallfahrtsfeste im Tempel zu feiern. Im heutigen Sprachgebrauch ist die Rückkehr der Juden ins Land Israel gemeint. Einfach gesagt bedeutet Alija, die im Exil lebenden Juden von den vier Enden der Erde zu sammeln – es ist die Einwanderung der Juden in das Land ihrer Vorfahren. Die Alija ist verwurzelt in der inbrünstigen Hoffnung des jüdischen Volkes, das Leben ihrer Nation in dem Land, aus dem sie vor fast 2.000 Jahren vertrieben wurden, wieder aufzubauen. Die Einwanderer kämpften mit den widrigsten Bedingungen. Das von den Bewohnern über die Jahre entwaldete Land musste urbar gemacht, Sümpfe mussten trockengelegt werden, es herrschte Wassermangel, es fehlte an Geld, Malaria war verbreitet und Überfälle seitens der arabischen Nachbarn waren an der Tagesordnung. Aber die Pioniere, beseelt vom Gedanken eines eigenen jüdischen Staates, kämpften sich durch alle Schwierigkeiten und brachten die Wüste zum Blühen. Die frühen Alijot Im späten 12. Jahrhundert treffen einige Juden aus Nordafrika aufgrund von Verfolgungen ein. Zwischen 1210 und 1211 wandern 300 französische und englische Rabbiner ein (Einwanderung der dreihundert Rabbiner). Auch nach der Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahr 1492 kommen Juden nach Palästina. Im 15. Jahrhundert trifft eine Gruppe italienischer Juden ein, die einen großen Einfluss auf die örtliche jüdische Gemeinde ausübt. Nach der türkischen Eroberung im Jahr 1516 folgt eine Einwanderungswelle aus dem Orient, Sizilien, Italien, Frankreich, Deutschland und Nordafrika. Gemeinsam mit ihnen kommen auch weitere Flüchtlinge der Vertreibungen aus Spanien und Portugal. Einige lassen sich in Jeruschalaim nieder, die meisten jedoch siedeln in Zfat. Während des gesamten 16. Jahrhunderts zieht die Hochblüte der Kabbala in Zfat viele Einwanderer aus Frankreich, Deutschland, Italien und anderen europäischen Ländern, aber auch aus Nordafrika und dem Orient an. Mitte des 17. Jahrhunderts gibt es eine wichtige Alija türkischer Juden. Im Jahr 1700 lässt sich eine Gruppe von 1500 europäischen Juden unter der Führung von Rabbi Judah Chassid in Jerusalem nieder. Ende des 18. Jahrhunderts beginnt bis ins frühe 19. Jahrhundert die Einwanderung der Chassidim. Die erste organisierte chassidische Einwanderung findet 1764 statt und wird von Schülern des Ba’al Schem Tow, des Begründers des Chassidismus, angeführt. Sie siedeln sich in Tweria, Zfat, Chewron und Jeruschalaim an und begründen die Tradition der vier Heiligen Städte des Judentums. 1808 organisieren auch die Pruschim, die Schüler des Gaon von Wilna, einem Gegner des Chassidismus, eine Alija und begründen eine Gemeinde in Jeruschalaim. 1830 beginnt eine Einwanderungswelle aus Deutschland, den Niederlanden und Ungarn. Während des 19. Jahrhunderts findet die Einwanderung tausender Juden aus orientalischen Ländern wie der Türkei, Nordafrika, Irak, Persien, Buchara, Kurdistan, Afghanistan, dem Kaukasus und dem Jemen statt, welche die Ankunft des Messias für das jüdische Jahr 5.600 (=1840) erwarten. 1840 sind Juden die größte Bevölkerungsgruppe in Jerusalem. 1857: Der in London lebende italienische Jude Sir Moses Montefiore lässt eine achtzehn Meter hohe Windmühle mit einer kleinen Siedlung aus zwanzig Häuser außerhalb der Stadtmauer Jeruschalaims errichten (heute noch zu besichtigen) und schafft damit eine wichtige Lebensgrundlage für die jüdische Bevölkerung. Die 1. Alija 1882-1903 Die 2. Alija 1904-1914 1860 leben etwa 12.000 Juden in Erez Israel. Die erste Alija zwischen 1882 und 1903 umfasst etwa 25.000, hauptsächlich russische und rumänische Juden, und ist nicht zuletzt eine Reaktion auf eine Reihe antisemitischer Pogrome in Südrussland. Sie führt zu ersten größeren Ortschaften und landwirtschaftlichen Betrieben in einem Gebiet, das bis dato relativ dünn besiedelt und wirtschaftlich schwach entwickelt ist. Die erste Alija wird vor allem von den Bewegungen „Chibbat Zion“ und „Bilu“ beeinflusst. Bilu ist eine Abkürzung für "Beit Ja'akov Lekhu Ve-nelkha", "Haus Jakob, geht, lasst uns aufbrechen!" Jischajahu 2, 5. Baron Edmond de Rothschild (siehe Biographien), der von der zionistischen Idee überzeugt ist, kauft Land von arabischen Grundbesitzern. Die ersten Moschawot werden gegründet. (Sichron Ja’akov, Rischon Lezion, Petach Tikwa). Der bekannteste Teilnehmer der 1. Alija ist Elieser Ben Jehuda, der Begründer des modernen Hebräisch (siehe Biographien). Zwischen 1904 und 1914 kommen weitere 40.000 Juden nach Palästina, die der Zweiten Alija zugerechnet werden. Bei dieser Gruppe handelt es sich überwiegend um Angehörige der "zionistischen Arbeiterschaft" in Russland, die unzufrieden mit dem Verlauf der sozialen Reformbewegungen sind. Die Teilnehmer sind meist junge Männer und Frauen mit sozialistischen Ideen und dem Wunsch nach einer klassenlosen Gesellschaft und einer Religion der Arbeit (Awoda Iwrit). Die Teilnehmer der zweiten Alija arbeiten als Arbeiter in den Moschawot oder in den Städten. Sie gründen 1909 den ersten Kibbuz Deganja, die erste jüdische Stadt der Neuzeit Tel Aviv und ebenfalls 1909 die Die 3. Alija 1919-1923 Die 4. Alija 1924-1931 Die 5. Alija 1932-1939 Die Jugendalija 1933 bis heute militärische Organisation HaSchomer. Auch schaffen sie die Basis für eine neue hebräische Presse und Literatur, was die Verbreitung der Sprache erheblich fördert, und für die Gewerkschaft Histadrut. Bekannte Teilnehmer der zweiten Alija sind: David Ben-Gurion, Jitzhak Ben Zwi , Berl Katznelson , Israel Schochat, Jitzchak Tabenkin und Joseph Trumpeldor. (siehe Biographien) Weitere rund 35.000 Einwanderer, überwiegend aus Polen und Russland, aber auch aus Rumänien, bilden zwischen 1919 und 1923 die Dritte Alija. Darunter sind die ersten Mitglieder von Hashomer Hatzair („der junge Wächter“), der ältesten jüdischen Jugendbewegung. Sie gründen Kibbuzim und rufen 1927 die Kibbuzbewegung ins Leben. Die Balfour-Erklärung sichert den Juden britische Unterstützung zur Errichtung einer „Nationalen Jüdischen Heimstätte“ in Palästina zu. Sie löst bei den Juden unbeschreibliche Begeisterung aus. Einwanderer melden sich. Jüdisches Geld fließt nach Palästina. Junge Pioniere werden landwirtschaftlich ausgebildet. Durch die Investitionen von Betriebskapital in landwirtschaftliche, industrielle und Handelsunternehmen kann der Lebensraum im Land wesentlich erweitert werden. Der Bedarf an Arbeitskräften steigt. Aus diesem Grund setzt auch ein stetiger Zustrom von Arabern aus den umliegenden Ländern ein. Ein weiterer Grund für die Zunahme der arabischen Bevölkerung liegt darin, dass die jüdischen Siedler die Hygienebedingungen und die medizinische Versorgung in Palästina deutlich verbessert haben. Zwischen 1924 und 1931 kommen weitere 80.000 Juden, wiederum primär aus Russland und aus Polen, die sogenannte Vierte Alija. Besonders die polnischen Juden leiden unter dem Antisemitismus in der polnischen Regierungspolitik, die sie aus wichtigen Segmenten der Wirtschaft ausschließt. Im Gegensatz dazu sind die Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Entfaltung für Juden in Palästina zu dieser Zeit bereits deutlich verbessert, und eine jüdische Infrastruktur hat sich herausgebildet. Die größte vorstaatliche Einwanderungswelle, die Fünfte Alija, zwischen 1932 und 1939, umfasst rund 200.000 Juden. (überwiegend aus Deutschland). Sie haben nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 die Zeichen der Zeit erkannt und sich entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Unter den Immigranten der 30er Jahre sind auch bereits mehrere Tausend Juden aus orientalischen Ländern mit großen jüdischen Gemeinden, wie etwa Jemen und Irak. Zwischen 1939 und 1945 gelingt weiteren rund 70.000 europäischen Juden aus Polen, Deutschland, Rumänien, Ungarn und der Tschechoslowakei die Flucht vor dem Nazi-Terror. Bisweilen werden sie ebenfalls der fünften Alija zugerechnet. Diese Einwanderer haben nicht nur die Schwierigkeit der Ausreise aus Mittel- und Osteuropa zu bewältigen, sondern sehen sich auch vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Teilung Palästinas mit restriktiven Einwanderungsbestimmungen der britischen Mandatsmacht konfrontiert. Am Vorabend der israelischen Staatsgründung umfasst die jüdische Bevölkerung Palästinas über 600.000 Personen. Die Jugendalija bzw. Kinderalija wird 1933 von Recha Freier aus Berlin gegründet, um jüdische Kinder und Jugendliche aus Nazideutschland zu retten. In Palästina wird die Organisation von Henrietta Szold und später von Hans Beyth geleitet. Vor dem Zweiten Weltkrieg werden ungefähr 5.000 Jugendliche ins Land gebracht und erzogen. „Alija Bet“ – die illegale Einwanderung 1934 - 1948 Nach dem Krieg kommen noch 15.000 Holocaustüberlebende dazu. Heute ist die Jugend-Alijah das größte jüdische Kinderhilfswerk und die zentrale Organisation für jede Form von Heimerziehung in Israel. „Alija Bet“ ist der Codename für die illegale Einwanderung der Juden aus Europa in das Britische Mandatsgebiet Palästina von 1934 bis zur Staatsgründung Israels 1948. Die Bezeichnung Alija Bet ergibt sich daraus, dass es sich um die zweite, inoffizielle große Einwanderungswelle (Alija) nach Palästina, neben der offiziellen Einwanderung im Rahmen der Quoten handelte, und Bet der zweite Buchstabe des hebräischen Alphabets ist. Hierfür wurde der Mossad le Alija Bet geschaffen, der die entsprechenden Aufgaben koordinierte, und der ein Zweig der Hagana war. Viele Holocaust-Überlebende (auf Hebräisch Sche’erit haPleta genannt) versuchen, aus den Ländern, in denen sie der Verfolgung ausgesetzt gewesen waren, zu entkommen und nach Palästina zu gelangen. Rund 250.000 Juden, häufig im Zustand extremer Unterernährung und Auszehrung, sind nach ihrer Befreiung aus Konzentrationslagern oder Verstecken zunächst so genannte Displaced Persons, die sich einige Zeit in DP-Lagern aufhalten. Da die britische Regierung für die Einwanderung strikte Quoten festgelegt bzw. zeitweise jede Einwanderung vollständig untersagt hat, ist diese Einwanderungswelle nach britischem Recht illegal. Sie wird auch als Ha'apala und die Einwanderer als Ma’apilim bezeichnet. Die Flüchtlingsschiffe sind hoffnungslos überladen, die Reisebedingungen unmenschlich und viele der ohnehin schon geschwächten Menschen sterben noch auf der Überfahrt. Das wohl bekannteste Ha’apala-Schiff ist die „Exodus“. Die Staatsgründung 14. Mai 1948 Alijot nach der Staatsgründung Ende 1945 unterstützt der gesamte Jischuw sowie weite Kreise der internationalen Öffentlichkeit die illegale Einwanderung. 1946 nimmt die Einwanderung ständig zu, insgesamt kommen 22 Schiffe nach Palästina. Anfangs internieren die Engländer alle illegalen Einwanderer, die sie zu fassen bekommen, in Atlit und lassen sie erst frei, wenn die im Abstand von mehreren Monaten neu festgelegte Einwanderungsquote die Vergabe weiterer Visa ermöglicht. Vom August an verbannen sie die Verhafteten jedoch nach Zypern. (Siehe auch: „Die Geschichte des Flüchtlingsschiffes „Chana Szenes“ in dieser Materialsammlung“) Ben-Gurion ruft den israelischen Staat aus. Demzufolge hat jetzt jeder Jude eine Heimat im Land seiner Vorväter, Erez Israel. Am 5. Juli 1950 wird als erstes Gesetz nach der Staatsgründung das Rückkehrgesetz angenommen, das allen Juden weltweit ermöglicht, nach Israel einzuwandern und die israelische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Zur Zeit der Staatsgründung leben im Staate Israel 650.000 jüdische Einwohner. Schnell kommen diesen, weitere 688.000 Einwanderer hinzu und die Bevölkerung in Israel verdoppelt sich. Für die überlebenden jüdischen Gemeinschaften im Nachkriegseuropa hat der gewonnene Unabhängigkeitskrieg Signalwirkung. Mehrere Zehntausend 1948 – 1955 Masseneinwanderung aus den arabischen Ländern Ma’abarot und Zena Juden machen sich auf den Weg nach Israel. Bereits kurz nach der Staatsgründung findet auch eine Masseneinwanderung orientalischer Juden aus dem Iran, dem Irak, Marokko, Algerien, Tunesien und Jemen statt, die teilweise einem Exodus gleichkommt. Viele der Einwanderer sind religiös und zionistisch motiviert. Viele andere fliehen aufgrund von gewalttätigem Antisemitismus, der nach der Proklamation des Staates in den arabischen Ländern Überhand nimmt. Die große Anzahl der Einwanderer, die in den ersten Jahren des Staates Israel ins Land kommen, erzwingt vorübergehende Notlösungen der Unterkunft. Um den Einwanderungsstrom unterzubringen, werden Übergangssiedlungen (Ma’abarot) in leer stehenden ehemaligen Kasernen der britischen Armee errichtet, es werden Holzhütten und Blechhütten erbaut, sowie Zelte aufgestellt. Im Oktober 1952 entscheidet die Regierung des Staates Israel, die Zelte in den Siedlungen abzubauen und die Einwanderer in kleine Wohnungen umzusiedeln. Aus sicherheitlichen und wirtschaftlichen Gründen entscheidet man sich auch, die Bevölkerung mehr zu zerstreuen. Zu diesem Zweck erbaut man die neuen Entwicklungsstädte (Ajarot Pitu’ach) in der Peripherie, in denen hauptsächlich die Olim aus den arabischen Ländern angesiedelt werden: So entstehen 1955 Ofakim, Dimona und Kiryat Gat. Im Verlauf der fünfziger Jahre entstehen 18 neue Städte im Norden und im Süden Israels. Einige Städte entwickeln sich zu israelischen Kleinstädten, viele aber sind bis heute von hoher Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Benachteiligung betroffen. Um alle Bürger mit Essen zu versorgen, muss 1949 eine Lebensmittelrationierung (Zena) eingeführt werden, die nach 1953 gelockert, jedoch erst 1959 ganz aufgehoben wird. (siehe auch bei Geschichten) Die Integration der orientalischen Juden verläuft teilweise traumatisch für die Neuankömmlinge. Die erheblichen sprachlichen und kulturellen Unterschiede sind nicht von heute auf morgen zu überwinden. Vorurteile auf seiten der im Land lebenden aschkenasischen Juden gegenüber den Neuankömmlingen erschweren den Integrationsprozess. Die zionistischen Juden aus Osteuropa wollen ein westliches Land aufbauen, und von der mitgebrachten Kultur der Neueinwanderer nichts wissen. Zugunsten wirtschaftlichen Fortschritts, technologischer Entwicklung und eines funktionierenden Gemeinwesens sollen gesellschaftliche Sonderinteressen in einheitlichen zionistischen Zielvorstellungen aufgehen. Dieses Prinzip drückt der Begriff "Fusion der Exile" (Misug Galuyot) aus — die israelische Version des amerikanischen melting pot. Die einwandernden Gruppen haben ihre sozialen und kulturellen Eigenheiten dem Ziel einer "Fusion der Exile" unterzuordnen. Das bedeutet für sie konkret, sich den von aschkenasischer Seite vorgegebenen Idealen und Vorbildern weitgehend angleichen zu müssen. Die israelische Gesellschaft hat aus ihren Fehlern gelernt: Heute ist es gegenüber den Neueinwanderern erklärte Absicht der Integrationspolitik, die jeweils mitgebrachten Kulturen, Traditionen und Religionen zu achten und zu wahren. Die Diskriminierung der orientalischen Juden scheint inzwischen größtenteils überwunden - wenngleich Bildungsniveau und Einkommen immer noch nicht dem der europäisch-stämmigen Israelis entsprechen. Dennoch tut die zunehmende Durchmischung der Bevölkerung durch Heirat ihr Übriges dazu, um diese Gegensätze verwischen zu lassen. „Let my people go!“ 1971 Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion Seit 1989 Mitte der 50er und Anfang der 60er Jahre sinkt die jährliche Gesamtzahl der Neueinwanderer. Zwischen 1960 und 1989 kommen durchschnittlich 15.000 Olim pro Jahr, der größte Teil aus Europa sowie aus Nord- und Mittelamerika. Der Erfolg der israelischen Armee im Sechs-Tage-Krieg löst in der ehemaligen UDSSR eine große zionistische Bewegung aus. Am 10.11.69 hatten 8 georgische jüdische Familien an Israel appelliert und sich an die UNO gewandt, um Hilfe zur Alija nach Israel zu erhalten. 1971 waren es 1.000 Familien, die nach dem Recht der Auswanderung baten. Die Reaktion der sowjetischen Regierung ist sehr zweideutig: zum einen wird die Auswanderung verboten und mehrere Juden ins Gefängnis geschickt, zum anderen jedoch erlaubt man ca. einer viertel Millionen Juden, den Staat zu verlassen. Nur ein Teil dieser Auswanderer gelangt nach Israel. Juden aus der ganzen Welt üben daraufhin einen massiven Druck auf die sowjetische Regierung aus, die Grenzen für alle zu öffnen, die ausreisen wollten. Die Aktion läuft unter dem Motto: „Let my people go“. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs setzt die bis dato größte Einwanderungswelle ein. Sie ist zu fast 90 % von Zuwanderern aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion geprägt und hält auf niedrigem Niveau bis heute an. Hauptherkunftsländer sind Russland und die Ukraine. Seit 1989 sind insgesamt rund 1,3 Millionen Juden und nichtjüdische Familienangehörige als Immigranten nach Israel gekommen. Ein besonders hervorstechendes Merkmal der russischsprachigen Juden ist ihr extrem hoher Bildungsgrad – rund 60 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss. Die bisher größten Wirkungen erzielt die Einwanderung in der Ökonomie und in der Wissenschaft. So kommt es Mitte der 1990er Jahre zu einer ersten Konjunkturwelle mit jährlichem Wirtschaftswachstum um die 6 Prozent. Auch das israelische Kunst- und Kulturleben erfährt während der 1990er Jahre enorme Bereicherungen, hierbei vor allem die Klassische Musik, aber auch Theater, Ballett und Literatur. Auch im israelischen Alltagsleben setzen die Neuzuwanderer prägende Akzente, sei es durch Mode, Straßenmusik oder russische Küche. Es gibt zahlreiche Zeitungen, Radio- und TV-Sender in russischer Sprache. Von russischen Einwanderern wird auch die nationalistische Partei „Jisrael Beitenu“ gegründet. Gleichzeitig läuft die Integration der russischen Einwanderer nicht reibungslos ab. Die Alteingesessenen Israelis werfen den Olim bislang mangelnde Integrationsbereitschaft, kulturelle Arroganz und Separatismus vor, während die Neueinwanderer sich beschweren, nicht als Israelis akzeptiert zu werden. Auch fürchten die Alteingesessenen um ihren hart erarbeiteten Status in der israelischen Gesellschaft, der ihnen von den „Neuen“, die als fleißig und gebildet gelten, streitig gemacht werden könnte. Von religiöser Seite wird gelegentlich die jüdische Identität einiger Emigranten aus der Sowjetunion angezweifelt. Dies beruht auf Widersprüchen zwischen der Halacha, in der die jüdische Religionszugehörigkeit matrilinear (richtet sich Einwanderung aus Äthiopien 1980-1985 und 1991 Einwanderung aus Frankreich Integration – erfolgreich? nach der Mutter) übertragen wird, und dem israelischen Einwanderungsrecht, das wesentlich inklusiver ausgelegt ist. Das Einwanderungsrecht inkludiert seit 1970 auch Nicht-Juden, wenn sie über mindestens ein jüdisches Großelternteil verfügen. Auch Ehepartner erhalten einen Rechtsanspruch auf Einwanderung und Staatsbürgerschaft, egal ob sie selbst Juden sind oder nicht. Eine bedeutende Einwanderergruppe der letzten Jahrzehnte waren daneben die Juden aus Äthiopien. Trotz feindseliger Umgebung konnten die Juden in Äthiopien ihre jüdische Identität über Tausende von Jahren bewahren. In den Jahren 1980-1985 fand die Operation „Moshe“ statt, die dazu diente, den äthiopischen Juden bei der Ausreise nach Israel Hilfe zu leisten. Aus ihren Dörfern mussten sie in Flüchtlingslager ziehen und manche von ihnen starben bereits auf dem Wege in diese Lager. Von den Flüchtlingslagern aus wurden sie dann mit Flugzeugen nach Israel gebracht. Die zweite äthiopische Einwanderungswelle läuft unter dem Namen „Operation Schlomo“. Während in Äthiopien das Chaos des Bürgerkriegs noch herrscht, bringen die Israelis innerhalb von 35 Stunden und 25 Minuten im Mai 1991 14.324 äthiopische Juden (Falaschen) nach Israel. Die eingesetzten Flugzeuge landen in einem Takt von bis zu drei Maschinen in 30 Minuten. Die Flüchtlinge, die sich in Addis Abeba auf dem Gelände der israelischen Botschaft befinden, werden in die nur mit Matratzen ausgelegten Maschinen gebracht. Ohne aufzutanken, fliegen diese zurück nach Israel. Die eingesetzten 35 Militär-Maschinen unternehmen insgesamt 41 Flüge. Daneben werden zivile Flugzeuge eingesetzt, die dabei einen bislang ungebrochenen Weltrekord aufstellen: Eine Boeing 747-200 der El Al transportiert auf einem Flug 1.135, nach zwei Geburten während des Fluges sogar 1.137 Passagiere; ausgelegt ist die Maschine für 480 Passagiere. Während des Zweiten Weltkrieges hat Frankreich bewiesen, dass in einem Großteil seiner Bevölkerung antisemitische Gefühle schlummern, die manchmal sehr stark ausgeprägt sind. Diese Situation hat sich bis heute nicht geändert, gelegentliche antisemitische Ausbrüche verursachen unter den französischen Juden verständliche Besorgnis. Die Präsenz einer starken Moslemgemeinde, die in den letzten Jahren tödliche Übergriffe auf Juden ausübt (Z.B. der Anschlag von Toulouse), verursachen in vielen Juden Gefühle der Fragilität und Unsicherheit, die in einen Impuls zur Alija übersetzt werden. Ein zusätzlicher Anstoß zur Alija kommt von einer verbreiteten religiösen Erneuerung (Ba´alej Teschuwa), die in den letzten Jahren viele religiöse Juden nach Israel bringt. Viele von ihnen sind Kinder nordafrikanischer Eltern. Integration orientalischer Juden: http://www.hagalil.com/israel/gesellschaft/orientalisch.htm Integration äthiopischer Juden: http://www.gfbv.de/inhaltsDok.php?id=1819&stayI Integration russischer Juden: http://www.bpb.de/internationales/asien/israel/45119/russische-juden http://www.jgmainz.de/akt-rus-isr-aliyah.htm http://www.focus.de/politik/ausland/israel-in-der-heimat-entzweit_aid_171906.html http://www.schwarzweiss-hd.de/index.php/identitaeten/86-schmelztiegel-israelSchmelztiegel Israel? identitaetssuche-und-konflikte-in-einem-jungen-staat Arbeitsimmigration in Israel Afrikanische Flüchtlinge in Israel http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration/57639/arbeitsmigration Vor allem aus Eritrea, dem Sudan und der Elfenbeinküste überqueren Flüchtlinge in großer Zahl die fast unbewachte Grenze zu Ägypten. Meist zu Fuß sind sie tagelang durch die Wüste unterwegs, um dann über den kaum bewachten Grenzübergang zwischen der ägyptischen Halbinsel Sinai und der israelischen Negev-Wüste nach Israel zu kommen. Nicht selten sind beduinische Schleuser an ihrer Flucht beteiligt. Ihre Zahl wächst stetig und damit wachsen auch die Probleme: Die Kriminalität, besonders in den südlichen Stadtteilen von Tel Aviv, wo die meisten Flüchtlinge wohnen, ist dramatisch angestiegen, inzwischen setzt sie den israelischen Bürgern schwer zu. Raub, Terror, Überfälle und Einbrüche, Gewalt, das sind die neuen Begleiter der Gesellschaft. Die Kommune von Tel Aviv hilft den Flüchtlingen und Asylsuchenden, indem sie deren Kindern Erziehung und Ausbildung bietet und Organisationen unterstützt, die sich für die Belange der Flüchtlinge einsetzen. In der Vergangenheit unterhielt die Stadt auch Unterkünfte für Flüchtlinge, die keine Wohnung hatten. Maßnahmen, die sich mit den Vorstellungen der israelischen Bürger allerdings größtenteils nicht mehr decken. Die Flüchtlinge verlangen ein Asylverfahren. Die Regierung ist dagegen überzeugt, dass es sich vorwiegend um Wirtschaftsmigranten handelt. Nur höchstens ein Zehntel sei politisch verfolgt. Mehr als 60.000 Einwanderer ohne gültige Papiere leben heute in Israel, die meisten in der Gegend des alten Busbahnhofs von Tel Aviv. Nachdem Netanjahus Regierung 2010 mit dem Bau eines Sperrzauns an der Grenze mit Ägypten beginnt, ist der Zustrom der Flüchtlinge heute eingedämmt. http://www.welt.de/politik/ausland/article106428062/Einwanderer-das-afrikanische-Problem-Israels.html http://www.guardian.co.uk/world/2012/dec/31/israeli-fence-cuts-migration-egypt