vs. WERNHER VON BRAUN - Historisch
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vs. WERNHER VON BRAUN - Historisch
JANKE vs. WERNHER VON BRAUN Die Ideen eines Weltraumphantasten JANKE vs. WERNHER VON BRAUN Die Ideen eines Weltraumphantasten ISBN 978-3-939468-11-0 HASENVERLAG JANKE vs. WERNHER VON BRAUN Die Ideen eines Weltraumphantasten KARL HANS JANKE vs. WERNHER VON BRAUN Die Ideen eines Weltraumphantasten Herausgegeben von Peter Lang und Moritz Götze Katalog zur Ausstellung im Historisch-Technischen Informationszentrum Peenemünde 23. Juni bis 4. November 2007 HASENVERLAG 4 Spiegelreflektor, Zeichnungsrückseite, 1954 Mirror Reflector, reverse side of a drawing, 1954 5 Peter Lang Start einer EMW C2 „Wasserfall“ Rakete in Peenemünde Launch of a EMW C2 “Waterfall” rocket in Peenemünde Karl Hans Janke vs. Wernher von Braun Der eine wird 1912 in Wirsitz, Provinz Posen, der andere 1909 in Kolberg, Provinz Pommern, geboren. Heute heißen die Orte Wyrzyks und Kolobrzeg, beide liegen in Polen. Zwei deutsche Erfinder, der eine weltbekannt, Chef eines Riesenunternehmens mit gewaltigen Budgets, der andere unbekannt und im Verborgenen arbeitend, ohne Geld und Materialien. Wernher von Braun, berühmt als Pionier der amerikanischen Weltraumfahrt und wenig umstritten, stirbt 1977 in Virginia, USA. Karl Hans Janke, dessen Wirken nie in die Öffentlichkeit gelangte, stirbt 1988 krank und unbeachtet in Wermsdorf, Sachsen. Der Nachlass des einen wandert heldisch verklärt in Museen, des anderen Werke auf den Dachboden, werden vergessen und teilweise entsorgt. Zwei deutsche Schicksale des 20. Jahrhunderts. Dort der dynamische, selbstbewusste Staringenieur und Manager der amerikanischen Mondfahrten, hier der verrückte Erfinder und technische Utopist, der vierzig Jahre lang in einer doppelten Isolation – der Psychiatrie und der DDR – begeistert vor sich hinarbeitet und tausende an technischen Zeichnungen hinterlässt. Von Braun ist führender Part in der Entwicklung deutscher Vernichtungswaffen und somit eng verstrickt mit SS und Wehrmacht. Er und sein Team aus Peenemünde entwickeln nach dem Krieg die Trägerwaffen des Kalten Krieges. Für beide Seiten. Dann auch die Weltraumprogramme. Dass man sich nennenswert der Aufrüstung verweigert und lieber Bügeleisen und Waschmaschinen entwickelt hätte, ist nicht bekannt. Janke kommt gerade noch aus der Wehrmacht davon, nachdem man ihm schon dort bei mehreren Lazarettaufenthalten psychische Macken bescheinigt. Er entwickelt gern technisches Gerät zum praktischen Gebrauch. So nebenbei sozusagen. Hier reißt der Graben der ethischen Verantwortung auf. Hier die im Erfinden von Waffensystemen wahnsinnigen deutschen Ingenieure, die bis 5 nach 12 noch an der Wunderwaffe schrauben und „Nach uns die Zukunft“ auf den Fahnen geschrieben haben, dort der vergessene, unverstandene Weltverbesserer, der an eine kollektive friedliche Zukunft aller glaubt und dafür die Werkzeuge liefern möchte. Darf man dieses disparate Werk zusammenbringen, dem einen das andere gegenüberstellen? Wo treffen beide zusammen? Peenemünde ist ein Ort dafür. Es gibt einen gemeinsamen Ausgangspunkt: Die Begeisterung für die Raketentechnologie und Raumfahrt in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Zentrum dieser Begeisterung liegt in Berlin. Dort gibt es einen Club der raketenbegeisterten Techniker, Utopisten und Erfinder, den 1927 in Breslau gegründeten Verein für Raumfahrt. Am Anfang als Spinnerei belächelt, wird die Rakete in der Nachfolge des Zeppelins zum gesellschaftlichen Symbol des nationalen Wiederaufstiegs. Eine der zentralen und heute nahezu vergessenen Figuren ist Hermann Oberth, der 1923 das Grundlagenwerk der modernen Raketenforschung, Die Rakete zu den Planetenräumen, herausbringt. Braun liest das sehr verbreitete Buch mit einiger Mühe, vielleicht auch Janke, zumindest lässt ein Vergleich der Zeichnungen des Buches mit denen Jankes dieses vermuten. Wernher von Braun ist schon als Jugendlicher von der Weltraumfahrt begeistert, Janke behauptet gleiches. Er datiert viele seiner Blätter zurück auf den Beginn seiner Forschung, 1928, das Premierenjahr von Fritz Langs Film Die Frau im Mond (Beratung: Hermann Oberth). Vielleicht sieht der damals 19-jährige Janke den Film, vielleicht ist es die Initialzündung. Braun schreibt seinerseits 1929 mit 17 Jahren Lunetta, eine Science-FictionGeschichte. Zur gleichen Zeit erfährt in Russland der Vater der russischen Raketenforschung, Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski (1857–1935), durch die Veröffentlichungen Oberths erste Würdigungen. Den Gipfelpunkt seiner Arbeit, die Raketengrundgleichung, hat er allerdings bereits 1903 veröffentlicht. Er hat in der Faszination Jules Vernes mit utopischen Erzählungen begonnen und entwickelt langsam, ganz auf sich selbst gestellt, als Dorfschullehrer und Autodidakt, immer mehr theoretische Gedanken. Zuerst als Spinner verlacht und abgetan, stellt sich im Nachhinein heraus, dass seine Untersuchungen zukunftsweisend waren. Ziolkowski, der seine Forschungen ganz einer friedlichen Entwicklung der Menschheit hin zu den Sternen widmete, wurde in der UdSSR äußerst populär, noch heute kennt ihn in Russland jedes Schulkind; das gilt allerdings auch für amerikanische Autoren, die ein Raumschiff in den Star Trek-Serien nach ihm benannten. Janke könnte Ziolkowsi in den 1930er Jahren oder später im „Mosaik“ (dem populären Comicheft in der DDR) der 1960er Jahre entdeckt haben. Es gibt von ihm eine Zeichnung, in der er seinen Namen direkt mit dem Ziolkowskis verbindet. Erstaunlicherweise findet sich eine sehr frühe Zeichnung von Brauns (ca. 1927), die ihrerseits sehr an Zeichnungen Ziolkowskis erinnert. Vielleicht erzeugt allein schon der Gegenstand, die Rakete als solche, eine gewisse allgemeine Ähnlichkeit der Prototypen auf den Zeichnungen. Start einer Flugbombe Fi 103 (V1) in Peenemünde Launch of an Fi 103 flying (V1) bomb in Peenemünde Hier treffen von Braun und Janke aufeinander und beide wiederum auf einen später geborenen Ingenieur und Künstler, den Belgier Panamarenko (siehe dazu das Interview mit Jan Hoet). Aufgewachsen ist Panamarenko mit dem Eindruck der jaulenden und explodierenden V-Waffen in Antwerpen. Er sieht sich trotz der umfassenden internationalen Würdigungen als Künstler unbedingt auch als ein Ingenieur der technischen Zukunft der Menschheit, wenn auch mit seinen Erfindungen befangen im unfreiwilligen Scheitern. So auch Janke. Was bleibt sind ihre Entwürfe, die über bloße Funktionalität und Anwendbarkeit hinausgehen. Ihre Komplexität ist eine andere, als die gut ineinander greifender Zahnräder. Sie beinhalten allerdings auch eine entscheidende Differenz zu dem Schaffen Wernher von Brauns: Sie sind unmilitärisch und visualisieren Träume vom Fliegen und den Glauben an ein besseres Modell der Zivilisation. Hierin überschreiten sie die technischen Leistungen von Brauns, des realen Ingenieurs der Raumfahrt, und sind vielleicht von größerer Dauer, da sie mehr erfragen als Raketen beantworten können. Es sind keine Ingenieure, die man an welche Front auch immer rufen kann. Es sind vielmehr künstlerisch befähigte und technisch begeisterte Visionäre einer wünschenswerten Entwicklung der Zivilisation. Janke ist in diesem Zusammenhang und in der Komplexität seines Werkes ein würdiger Gegenspieler der ethisch fragwürdigen ingenieurtechnischen Brillanz von Brauns. 7 Ich tat nur das, was mir Spaß machte, und das waren meistens Dinge, die nicht auf dem Lehrplan unserer Klasse standen. (W. v. Braun) Peter Lang Karl Hans Janke vs. Wernher Von Braun Konstruktionszeichnung A4 (V2) Technical drawing for the A4 (V2) The one was born in 1919 in Wirsitz, province of Posen, the other in 1909 in Kolberg, province of Pomerania. Today the two towns are respectively called Wyrzyks and Kolobrzeg and belong to Poland. Two German engineers, one of whom was the world-renowned director of a large and resourceful enterprise, while the other remained unknown throughout his lifetime, working in complete secrecy and without money or materials. Wernher von Braun died a famous and ever so slightly controversial pioneer of American space travel in 1977 in Virginia, USA. Karl Hans Janke, whose work went without recognition or impact, passed away sick and unremembered in 1988 in Wermsdorf, Saxony. The former’s heritage was celebrated by museums, while the latter’s legacy was stowed away in an attic, forgotten and partly destroyed. Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski (1857–1935) Two German destinies in the 20th century. On the one hand the energetic, self-imbued star engineer and brainchild of the US space programme, on the other the mad scientist and technological utopist who, for more than forty years, lived in double isolation – enforced by the psychiatric institution and the GDR –, pottering away enthusiastically in his corner and leaving behind thousands of drawings. As the mastermind of the German weapons of mass destruction project, Von Braun was in connivance with the SS and the Wehrmacht. After the war, he and his Peenemünde team developed the strategic missiles of the Cold War. For both sides. And went on to manage the space programmes. They were never put on record as having stood up against the armament race or preferring to design irons and washing machine. Janke barely escaped the Wehrmacht after his mental disorder had become obvious during his stays at the military hospital. He liked to design technological devices for everyday use. As a side occupation, so to say. As far as ethical responsibilities go, we are confronted with a crucial gap: on the one side of it lies the German engineers’ craze to develop the ultimate weapon, still screwing the nuts and bolts when it was already too late and whose banner read, “After Us the Future”; on the other side of the rift stands the overlooked and misunderstood world reformer who believed in a collective and peaceful future and intended to devise the tools it needed. Can such antagonistic positions be reconciliated? Can they be confronted at all? And if so, where could they meet? If any, Peenemünde is certainly the right place. There is a common starting point: the enthusiasm for rocket technology and space travel in the 1920s. The centre of this movement was Berlin with its rocket-mad technicians, utopists and inventors who founded the Verein für Raumfahrt [Association for Space Travel] in Breslau in 1927. In the wake of the zeppelin, rockets, initially subject to incredulity, were fast becoming a symbol of national resurgence. One of the central and today nearly forgotten protagonists was Hermann Oberth, who in 1923 published the bible of modern rocket 10 science, Die Rakete zu den Planetenräumen [The Rocket into Planetary Spaces]. Braun read the widely distributed book, though with some trouble, and maybe Janke did so as well, as a comparison of his drawings with illustrations in the book suggests. Wernher von Braun was into space travel since adolescence, and so Janke claims to have been. In a curious twist, Janke backdated numerous drawings to the beginning of his research, 1928, the year Fritz Lang’s Woman in the Moon (whose technical advisor was Hermann Oberth) hit the movie screens. Maybe the then 19-year-old Janke saw the film, which could well have sparked his life-long interest in rockets. As for Von Braun, in 1927, at the age of 17, he wrote a science-fiction story titled Lunetta. At about the same time, the father of Russian rocket science, Konstantin Eduardovitch Ziolkovski (1857–1935) was first recognized in his homeland thanks to Oberth’s publications. The summit of Ziolkovski’s work, however, the so-called rocket equation, dates back to 1903. Fascinated by Jules Vernes’s books, he had started by writing utopian stories and progressively developed an increasing number of theoretical concepts. A rural schoolteacher and autodidact, he worked all by himself, and though he was initially cast off as a nutcase, his research soon proved premonitory. Ziolkovski, who devoted his entire research to the peaceful evolution of mankind towards the stars, became highly popular in the USSR, and still today, is known to every student – as he is to American screenwriters, who named one of the spacecraft in the Star Trek series after him. Janke could have discovered Ziolkovski’s ideas in the 1930s or later in an issue of “Mosaik” (the popular GDR comics magazine). There is in fact a drawing by Janke in which he links his name to Ziolkovski’s. Interestingly enough there is also a very early drawing by Von Braun (ca. 1927), which in turn reminds one of Ziolkovski’s sketches. But maybe it’s in the nature of the object, the rocket, to spur similar prototype drawings. This is where Von Braun meets Janke, and where both link up with the Belgian engineer and artist Panamarenko (cf. the interview with Jan Hoet). Panamarenko grew up with the whirring sound and explosions of V-bombs raining down on Antwerp. Despite his global acknowledgement as an artist, he definitely considers himself an engineer of the technological future of mankind, though admittedly, his inventions are unintentionally bound to fail. The same is true for Janke. Yet their designs transcend sheer functionality or use value and their complexity is different from that of precisely working cogwheels. Their work furthermore presents a fundamental difference with Werner von Braun’s in that it is thoroughly unmilitary, visualizing dreams of flying and the faith in a better model of civilization. This is precisely where it outmatches Von Braun’s, the real space travel engineer’s technological achievements, and this might also be the reason why their accomplishments, asking more questions than rockets can answer, are bound to stay with us longer. They are not engineers to be called to the front line, but rather artistically skilled and technology-crazed visionaries of a desirable evolution of civilization. In this context, and in light of the complexity of his work, Janke is a dignified counterpart to Von Braun’s ethically questionable technological brilliance. links oben: Skizze einer bemannten Rakete, Wernher von Braun, um 1927 upper left: Sketch of a manned rocket, Wernher von Braun, around 1927 links unten: Ausstellung Karl Hans (Joachim) Janke – Ein Brevier, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2003 lower left: Exhibition Karl Hans (Joachim) Janke – Ein Brevier, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2003 rechts: Detail Triebwerk, A4 (V2) right: Detail of motor, A4 (V2) 11 oben: Atom-Magnetischer Anti-Elektronik-Strahler, 1953 · top: Atomic-magnetic anti-electronic beamer, 1953 unten: Janke Ziolkowski, 1939 · bottom: Janke Ziolkowski, 1939 rechts: Skizze von Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski · right: Sketch of Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski 12 13 16 Weltall-Fahrzeug D-001, 1928 – 1937 – 3.12.1952 – 20.10.1954 – 1957 [Space Vehicle D-001] Seite 14 und 15: Atom-Hochleistungs-Triebwerk, Okt. 1957 – 1959, Rückseite [High-Capacity Atomic Engine] 17 Peter Cross Karl Hans Jankes einsame Odyssee im Weltraum Karl Hans Jankes Leben fällt exakt in den Zeitraum der leidenschaftlichen Liebesaffäre der Moderne mit der Raumfahrt, die mit einer reizvollen Unmöglichkeit anfing und einer herben Enttäuschung endete. Als Beispiel für diese wechselvolle Beziehung ließen sich drei bekannte, teils prophetische Filme anführen, die Janke im Prinzip hätte sehen können: Georges Méliès’ Reise zum Mond (1901), mit dem Bild einer im Auge des Mondes steckenden Rakete als frühe Kinoikone, Ridley Scotts dystopische Vision Blade Runner (1982), die in einer nicht allzu weit entfernten, albtraumhaften Zukunftswelt spielt, und dazwischen die Krönung des Genres, Stanley Kubricks fantastische Fiktion 2001: Odyssee im Weltraum (1968), die ein Jahr vor der ersten Mondlandung in die Kinos kam. Modell einer Mondlandung von Janke, 1950er Jahre Model of a moon landing by Janke, 1950s Anfang des 20. Jahrhunderts erschien vielen Zeitgenossen die Idee der Weltraumfahrt als lachhaft und nicht wenige Wissenschaftler waren der Meinung, sie übersteige die menschlichen Fähigkeiten. Zu ihrem Höhepunkt aber, als die Raumfahrt sozusagen vor der Tür stand und man dachte, sie würde bald zur universellen Erfahrung werden, beflügelte sie die Fantasie tausender Drehbuchautoren und utopischer Träumer, war Thema von unzähligen Fernsehserien und Comicbüchern. Raumfahrt wurde ein bestimmendes Symbol in der populären Rezipierung der Moderne. Dieser Traum ist dahin: Die NASA-Weltraumstation wurde so gut wie aufgegeben, zahlreiche Weltraumprogramme wurden aufgrund mangelnder Finanzierung eingestellt und das Publikum interessiert sich kaum noch für die bestechenden Details der von Erforschungssatelliten auf die Erde gefunkten Bilder fremder Planeten. In einer Welt, die von Klimawechsel und Celebritykult gekennzeichnet ist, scheint all dies irgendwie redundant, fast so als sei Raumfahrt auf immer Teil des längst vergessenen Kalten Krieges. Tatsächlich, so wissen wir heute, wäre es ohne den Krieg nie zur Raumfahrt gekommen. Der Weltraum, das große Abenteuer, die „letzte Grenze“, steht für ein weiteres düsteres Kapitel menschlicher Fehlleistungen und heute deutet alles darauf hin, dass wir unseren Planeten nie verlassen werden. Wir wissen mit Sicherheit, dass Karl Hans Janke, der einen Großteil seines Erwachsenenlebens in einer sächsischen Anstalt verbrachte, keinen der eingangs erwähnten Filme gesehen hat. Dennoch erreichten die Ausläufer der damals weltweiten Aufmerksamkeit und Euphorie für die Fortschritte der Raumfahrt auch die Abgeschiedenheit seines Heims in der DDR. Es ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich, sich den Impakt dieser Botschaft heute vorzustellen. Dennoch sollten wir es zumindest versuchen. Vielleicht würde dann nämlich die schwere Last der nicht eingelösten Erwartungen oder gar der Zynismus, den wir „gescheiterten“ ModernismusProjekten mithin entgegenbringen, sich in Luft auflösen und wir wären in der Lage, Jankes Werk so zu begutachten, wie der Ingenieur, Wissenschaftler und Künstler es intendierte. Das Wort „Projekt“ scheint besonders geeignet, die für Jankes Arbeit typische Motivation, Ambition und Vision zu beschreiben. Von seinem Schaffen verbleiben tausende Zeichnungen. Zeichnungen, besonders aber die Pläne und Blaupausen Jankes, besitzen einen operativen und vergänglichen Charakter: Sie illustrieren, gestalten, erklären und verdeutlichen. Jankes Zeichnungen von Triebwerken und Raumschiffen, in denen es von handschriftlichen Anmerkungen wimmelt, wirken wie Notizen zu einem Vortrag oder Designhandbücher (oder gar wie die von Beuys bei seinen Vorträgen benutzten Tafeln, die heute als Kunstwerke geführt werden). Sie deuten auf versteckte Aktivitäten hin: Recherche und die praktische Umsetzung von neuem Wissen. Und obwohl sie schnell ausgeführt wurden, strahlen sie die selbstsichere Ruhe aus, die sich aus dem Wissen um die eigene Expertise ableitet. Vielleicht ist das eigentliche Herzstück in Jankes Arbeit dieses Wissen. Es ist der Grundstock, der eigentliche Beweg- 18 grund der Zeichnungen und Motor seines Schaffens in den vielen Jahren der Isolation im Asyl. Es tritt ganz besonders auch in seinen Vorträgen in Erscheinung, die seinem Gesamtwerk eine weitere entscheidende Dimension hinzufügen. Genau genommen ist Kommunikation der Kern seines Handelns: Erst die Kombination von Vorträgen, Zeichnungen und Wissen gibt uns einen Einblick in die Komplexität seiner Vision und vermittelt ein Gefühl für die Dringlichkeit seiner Mission. Ausschnitte aus einem Diavortrag, den Janke 1970 im Alter von 61 Jahren hielt, offenbaren einen Präsentationsstil, der die Zuhörer hypnotisiert haben muss. Janke beschreibt darin eine völlig revolutionäre Energiequelle, die sich aus einer Ansammlung von Elementen aus den Energiefeldern des Sonnensystems ergibt, die zusammen eine Art fusionsgespeistes Magnetfeld bilden. Diese Idee war geradezu prophetisch, gründet sie doch auf einer Kreuzung aus Nuklearfusion und Sonnenenergie. Es handelt sich hier um nicht weniger als um das Zustandekommen eines der beständigsten Menschheitsträume seit der Aufklärung: Unbegrenzte, saubere, kostenfreie, erneuerbare Energie, die uns und unseren Maschinen direkt (also ohne das Zwischenmedium Benzin) zugetragen wird. Es ist dies eine grandiose und originelle Vision. Es ist überdies Jankes Geschenk an die Menschheit, mit der Auflage, es nicht zu Gewinnzwecken, für persönliche Bereicherung oder politische Ziele einzusetzen: Raum-Inselwolken – 420 Millionen km lang – 150 Millionen km Durchmesser! Milliarden – Milliarden – im finsteren Raum! Ich bezeichne diese als Muttergrund-Wolken, weil sie die Nährstoffe für die Sonnensysteme enthalten; in staubförmigem Zustand sämtliche Elemente, die wir aus der Chemie her kennen! Darauf strahlen die 3 – 5 – 9 – 11 Sonnensysteme auf jeder Nährbodengrundwolke. Wir Menschen werden zunächst von einem Sonnensystem zum nächsten fahren … 1 Start einer A4 (V2) Rakete, Peenemünde Launch of a A4 (V2) rocket, Peenemünde Alles im Namen von Fortschritt, Freundschaft und Frieden. Ein weiterer grundlegender Aspekt in Jankes Projekt ist dessen praktische Auslegung. Jankes Vision war für die sofortige Umsetzung und Nutzung gedacht. So schickte er seine Zeichnungen für das Raumschiff Venusland an die DDR-Fluggesellschaft Interflug, in der Hoffnung, man würde es patentieren lassen. Zeitweilig, so scheint es, interessierte man sich dort sogar dafür. Die Qualität der Zeichnungen, ihre ungebremste Detailfreudigkeit übertüncht gewissermaßen ihren Status als „verrückte Kunst“, obwohl die Einfachheit der Mittel – Bleistift auf ausgesprochen billigem Papier – ihre Herkunft verraten könnte. Jankes Zeichnungen sind keine Entwürfe, die den Wandlungskräften der Welt unterzogen werden können, sondern eine Form der Poesie. Die Poesie in Jankes Zeichnungen ist eine modernistische: Durchweg positiv, überspannt sie einen Zeitraum von 42 Jahren, bezeichnet 420 technische Neuerungen in allen Lebensbereichen und beinhaltet mehr als 1.000 neue Ideen! 2 Jankes Projekt, mit seiner metaphysischen Ausstrahlung und inhaltlichen Komplexität, ist an der hauchdünnen Grenze zwischen „gesundem Verstand“ und Verrücktheit angesiedelt und reflektiert demgemäß die wahre Geschichte der Raumfahrt mit ihrer fatalen Mischung aus Utopismus und Gewalt. Dieser Zwiespalt lässt sich wohl am besten an den entscheidenden Jahren in der Geschichte Peenemündes festmachen: Vom Verein für Raumschiffahrt, 1927 von über 500 Raumfahrtbegeisterten in Breslau gegründet, bis zur Atombombe. 1 Ausschnitte aus Karl Hans Jankes Diavortrag, 1970. 2 Alle Zahlen sind Karl Hans Jankes Notizen entnommen. Sonnen und -Systeme, die wachsen, wie die Blumen auf den Wiesen! 19 Raketenantrieb und die Idee des Weltraumfluges […] waren der eigentliche Grund gewesen, warum ich überhaupt beschlossen hatte, das Ingenieurstudium aufzunehmen. (W. v. Braun) Peter Cross Karl Hans Janke’s Lone Space Odyssey Karl Hans Janke’s life spanned the full course of modernity’s passionate love affair with outer space travel, from its early seductive impossibility to its bitter final disillusionment. Take three internationally famous and prophetic films, all of which Janke could, in principle, have seen: Georges Méliès’s A Trip to the Moon (1901) with its image of the rocket stuck in the eye of the moon as an early screen icon, Ridley Scott’s dystopian Blade Runner (1982), set in a nightmarish near-future world that has fallen apart and, at the fulcrum of the genre, Stanley Kubrick’s seminal fiction 2001: A Space Odyssey (1968), released the year before man actually landed on the moon. Sammelbilder aus dem Echten Wagner Album Nr. 3, 1920er Jahre Collector’s pictures from the “Genuine Wagner Album” Nr. 3, 1920s At the beginning of the 20th century, the idea of space travel was almost laughable, and was seen by most scientists as beyond human capacity. At its height, when space travel came to be seen as imminent, soon to be a universal experience, it fuelled the fantasies of thousands of screenwriters and utopian dreamers, and prompted countless television series and comic books. Space travel became a defining symbol in the popular experience of modernity. The dream is over. Today, NASA space station is largely abandoned, space exploration programmes are cancelled due to lack of funding and the public seems uninterested in amazingly detailed photographs of distant planets radioed back to earth. It all seems redundant somehow in a world of climate change and celebrity, as though it was forever part of the long forgotten Cold War. In fact it never would have happened, we now realise, without war. Space, the great adventure, the “final frontier”, has become another dark human failure and it looks as if we will never leave planet Earth. Janke, who was institutionalised in a rural psychiatric hospital in Saxony for most of his adult life, certainly never saw any of the aforementioned films. Yet ripples from the international storm of publicity and fascination for space travel reached even this secluded backwater in the GDR. It is hard, perhaps impossible for us to imagine the power of the message back then. But we should try. Maybe the heavy burden of disappointed expectations, or even the cynicism that we bring to any “failed” modernist project such as Janke’s, would drop away and we could see it the way Janke, an engineer, scientist and artist, intended. 22 The word “project” might not be an inaccurate way to describe the drive, ambition and vision that characterise this work. What remains of Janke’s project are thousands of drawings. All drawings, but particularly plans and blueprints such as his, have a working and transitional character beyond themselves: they illustrate, design, explain and clarify. Janke’s heavily annotated drawings – of propulsion engines, spacecraft – are like lecture notes or design manuals (or the blackboards Beuys used in his lectures, now archived as works of art). They point to latent activity: research, application of new knowledge. They are executed quickly, but with the calm assurance that comes from expertise and depth of knowledge. Perhaps this knowledge is the true focus of Janke’s work. It is the fundamental justification for the drawings and motor for his work over so many years of isolation in an asylum. It is clearly articulated in his talks, which give another vital dimension to his work. In fact, communication is central to everything Janke does. It is the combination of the talks, the drawings and the knowledge that informs them that gives us a sense of the full scope of his vision and the urgency of his task. Excerpts from a slide-show talk given by Janke in 1970, when he was 61, reveal a presentation style that must have asserted a hypnotic power over the listener. He describes a completely revolutionary energy source: gathering elements out of the solar system’s own energy fields to create a sort of fusion-using magnetic power. This idea was, again, prophetic, as it literally combined nuclear fusion with solar power. It is nothing less than the realisation of one of man’s most persistent dreams since the Enlightenment: endless, clean, free, renewable energy, carried directly to us and our machines, without even the medium of fuel. It is a grand and original vision. And it is Janke’s gift to mankind, not to be used for profit, personal benefit or the furthering of political power: “Galactic island-clouds – 420 million kilometres long and 150 million kilometres in diameter. Billions – billions – in the darkness of space! I call them mother-nutrient clouds because they contain all the nutrients needed by the solar system – all known chemical compounds, existing in a dust-like state. Shining suns and systems grow wild on it like meadow flowers! Three, five, nine, eleven solar systems on every soil-nutrient cloud! In the early stages, man will travel from rials used – pencil on very cheap paper – might betray their origins subtly. Janke’s drawings are not designs that could be subjected to the transformative powers of the world, but a form of poetry. It is a modernist poetry in that it is entirely positive, covering a time period of 42 years, featuring 420 technological innovations in all areas of life, and a total of more than 1,000 new ideas! 2 Fotografie eines Raketenmodells von Janke mit Rückseite, 1954 Photograph of a rocket model by Janke with reverse side of page, 1954 one solar system to another …” 1 All in the name of progress, friendship and peace. Another essential element of Janke’s project was its practicality. His was a vision for immediate use. Janke accordingly sent his designs for the spacecraft Venusland to be patented by the GDR airline Interflug, and there seems to have been a moment when they showed some interest. The quality of the drawings, the detailed richness of the content shrouds their status as “mad art”, although the modesty of the mate- Janke’s project, with its metaphysical power and sheer complexity, stands on the fine divide between sanity and madness, echoing the true story of space travel with its fatal blend of utopianism and violence. This ambiguousness is maybe best illustrated by the crucial years in Peenemünde’s history: from the founding of the Verein für Raumschiffahrt [Association for Space Travel] in 1927 by over 500 amateur enthusiasts in Breslau to the atomic bomb. 1 Excerpts from Karl Hans Janke’s slide show, 1970. 2 All figures quoted from Karl Hans Janke’s writings. 23 24 Atom-Hochleistungs-Triebwerk, Okt. 1957 – 1959 [High-Capacity Atomic Engine] 25 26 Großraum Trajekte/Längs-Profil-Schnitt des Raum-Trajekts: Venusland, 1928 – 1937 [Widebody Trajectors/Longitudinal Profile of Space Trajector Venusland] 27 Peter Grampp Zwischen Wahn und Wirklichkeit: Karl Hans Janke und sein Werk im Spiegel seiner Zeit Wer war Karl Hans Janke? Karl Hans Janke wurde am 21. August 1909 in Kolberg/ Pommern geboren. Seine Eltern bewohnten erst ein Stadthaus und übernahmen später ein Gut in Dryhn bei Kolberg, ein Hinweis auf ein gutbürgerliches Elternhaus. Entsprechend besuchte der Sohn nach Abschluss der Kolberger Volksschule das Domrealgymnasium in Stettin und schloss das Abitur an der Oberrealschule in Berlin-Lichterfelde ab. In Berlin belegte er an der Technischen Universität Abendkurse in verschiedenen Sprachen, um dann einige Semester Zahnmedizin in Greifswald zu studieren. Bis zum Zeitpunkt seiner Einberufung zum Kriegsdienst war Jankes Werdegang eher unauffällig. Das Ausscheiden aus dem Kriegsdienst, welches Janke selbst er auf einen Herzfehler zurückführte, dürfte anhand der Aktenlage eher auf einer psychischen Erkrankung beruht haben. Schon zu dieser Zeit wurde eine schizophrene Tendenz angenommen, doch Janke entging der damals geläufigen Behandlung, die für viele Patienten den Tod bedeutete – sei es durch die „therapeutischen“ Maßnahmen selbst (Medikamente, Gas) oder schlicht durch Verhungern im Asyl. Nach dem Tod des Vaters flüchtete Janke mit der Mutter aus Kolberg und kam 1947 in Großenhain an. Dort betrieb er eine kleine Erfinderfirma und versuchte mittels Kunstharz Häuser zu bauen. Mit der Anfertigung von Spielsachen und der Reparatur von Töpfen hielt er sich über Wasser. Nach dem Tod der Mutter am 6. August 1948 wurde Janke zunehmend durch Mangelernährung und Verwahrlosung auffällig und kam aufgrund einer als politische Hetze verstandenen Aktion in Polizeigewahrsam. Von dort erreichte er über das Bezirkskrankenhaus Arnsdorf die Hubertusburg. In seiner Krankenakte wird er mit folgenden Worten zitiert: 1 Zit. in Krankenakte Karl Hans Janke, Arnsdorf, 04.06.1949. 2 Ibid, 26.07.1949. 3 Zit. in Krankenakte Karl Hans Janke, Hubertusburg, 08.11.1950. „Mit dem heutigen Tage dürfen keine Spielsachen für die Kinder mehr angefertigt werden, da wir das ‘Material’ für Kanonen brauchen. A. Hitler. Drei Dinge sollen sie haben, 1.) eine große Schnauze zum tüchtigen Angeben. 2.) einen Fußball zum Austoben, 3.) ein Gewehr zum Kriegführen.“ 1 4 Zit. in Krankenakte Karl Hans Janke, Arnsdorf. Diese Beschreibung erinnert an Emil Kraepelins Darstellung der „Psychophrenia phantastica“. 28 Diese Äußerung begründete Janke damit, er habe erreichen wollen, dass seine Erfindungen geprüft würden, eine Intention, die ihn bis zu seinem Tod 1988 in der Hubertusburg begleitete. Janke fand sich nie mit seiner Unterbringung in der Psychiatrie und der Etikettierung als psychisch Kranker ab und fühlte sich zutiefst unverstanden, wie diese Aussage belegt: „Entschuldigen sie, das glaube ich nicht. Auf technischer Basis ist es vielleicht denkbar, weil sie nicht so informiert sind über technische Sachen. Wer technisch informiert ist findet sich da rein.“ 2 Janke erlebte sich zu Unrecht festgehalten, war der Überzeugung, man wolle seine Erfindungen unterschlagen oder ihn unschädlich machen. Immer wieder suchte er in der Folgezeit nach Kommissionen und bedeutsamen Menschen, um seine Erfindungen prüfen und sich rehabilitieren zu lassen. An welcher „Krankheit“ soll Janke gelitten haben? Janke litt nie an seiner Krankheit, sondern am Unverständnis der Welt, der er sich ausgesetzt fühlte. Es findet sich bei ihm weder ein Krankheitsgefühl noch eine entsprechende Einsicht. Die Ärzte konstatierten zu Janke: „Patient ist über seine Person, örtlich und zeitlich orientiert. Beantwortet die an ihn gerichteten Fragen sinngemäß. (...) Patient rückt dann bald mit seinen paranoiden Ideen heraus, gab an er habe 593 Erfindungen gemacht.“ 3 In der Folge ging man von einer paranoiden Schizophrenie aus, die von einem Erfinderwahn geprägt sei. Betrachtet man die bisweilen spärlichen Darstellungen während seines vierzigjährigen Klinikaufenthaltes und befragt man diejenigen, die sich noch leibhaft an Janke erinnern, so ergibt sich folgende Charakterisierung seiner Person: Die Vorstellung der Bedeutung des eigenen Seins und eigenen Erfindergeistes war tief in der Person Jankes verankert. Er schwelgte in seinen Zeichnungen, sein Handeln und Auftreten waren Teil seiner Überzeugung. Dabei waren die Vorstellungen nie so grotesk oder abnorm, dass man sie sofort verwerfen konnte. Dies zeigen auch Schreiben der Leipziger Messegesellschaft, wo man Janke vorsprechen lassen wollte. Dieser trat mit einem etwas „gezierten, hochtrabenden und salbungsvollen Wesen“ 4 in Erscheinung. Sinnestäuschungen waren möglicherweise zum Anfang noch vorhanden, traten jedoch bald in den Hintergrund. Die absolute Überzeugung seiner Selbst und seines Auftrages beherrschten das Bild durchgehend. 5 Janke hielt Distanz zu den anderen Patienten und suchte die Nähe zu Chefärzten und sonstigen „höher gestellten“ Persönlichkeiten der Klinik. Darüber hinaus trug er stets seine Anzugsjacke, war gepflegt – wie ein Ingenieur – gekleidet. Andererseits gewöhnte sich Janke daran, wie alle anderen Patienten behandelt zu werden, was ihn nicht davon abhielt, für sich immer wieder einen Sonderweg zu suchen. So war er einerseits in der „Kohlenkolonne“ eingesetzt, eine schwere Arbeit, bei der aus dem Kellerbunker die Kohleeimer zum Beheizen der Krankenräume zu holen waren. Darüber beklagte er sich jedoch nicht direkt, sondern konstruierte Maschinen, mit der die Arbeit erledigt werden sollte. Mithin reagierte er auf derartige „unziemliche“ Dinge aber mit einer affektiv getragenen Kränkung; in dieser Pose meldete er seine Ansprüche auf Respekt an. Janke verhielt sich auch dem Pflegepersonal und ethnischen Minderheiten gegenüber herablassend. Die Chefärzte, die sich anboten, seine Zeichnungen an Industriekonzerne zu überliefern, waren aus seiner Sicht nur Zuträger, denen er allenfalls eine Teileinsicht in seine Konstruktionswelt gewährte. Ihnen begegnete er insgesamt jovial und gleichrangig: „Ich bin kein Gesellschaftsmensch, ich habe jahrelang selbständig gearbeitet und mich trotzdem nicht von der Welt zurückgezogen, sämtliche Eigenarten meiner Mitmenschen sind mir auch bekannt geworden. Ich habe teilgenommen an den Freuden und Leiden meiner Mitmenschen, bin aber trotzdem kein Gesellschaftsmensch, kann meine Gefühle nicht so in Worte kleiden.“ 6 In seiner Sprache und in den Bezeichnungen seiner Konstruktionen benutzte Janke gespreizte und verzierte Wortschöpfungen, die ihm würdevoll vorkamen. Hierbei halfen ihm sicherlich seine Grundkenntnisse des Lateins, etwa wenn er von „Terra Venussa“ oder „Trajekt“ und Ähnlichem sprach. Dabei kam es vor, dass die Begriffe von der eigentlichen Bedeutung abwichen (Begriffsverschiebung) oder verdichtet wurden. Entsprechend hochtrabend und geschraubt waren auch die schriftlichen Darstellungen seiner Arbeiten, die immer das Bedeutsame herausstellten. Folglich bleiben die Bezeichnungen vieler Maschinenteile kryptisch und eigensprachlich, etwa wenn von der „Energienadel“ oder anderen Teilen die Rede ist. Daneben findet man in Jankes Darstellungen auch Bezüge zu seiner Person, zum Beispiel wenn er seine Biographie hie und dort aufwertet oder scheinbar sinnige Begründungen für die Beendigung seines Studiums oder der Armeezeit angibt. Obwohl er seine Unterbringung nie akzeptierte, ließen Jankes Bemühungen, die Klinik verlassen zu dürfen, im Laufe der Jahre nach. Dies ging einher mit einer progressiven Abnahme der Themenvielfalt seiner Konstruktionszeichnungen. Daneben findet man auch in den Schreiben des Patienten eine Vergröberungen des Denkens, etwa in der Häufung falsch verwendeter Begriffe. Zusammengefasst geht Jankes Krankheitsbild konform mit Karl Leonhards Beschreibung der „Expansiven Paraphrenie“ oder Emil Kraepelins „Paraphrenia expansiva“ 7, die beide zur Familie der Schizophrenien gehören. Medizinisches Personal in der Psychiatrischen Landesanstalt Schloss Hubertusburg, Wermsdorf, 1950er Jahre Medical personnel at the State Psychiatric Facility Hubertusburg Castle, Wermsdorf, 1950s 5 Gerade Halluzinationen sind für die phantastische und konfabulatorische Paraphrenie typisch. Bei der phantastischen Paraphrenie gibt es Größenideen, die zwar geäußert, meist jedoch nicht wirklich gelebt werden. 6 Zit. in Krankenakte Karl Hans Janke, Arnsdorf, 15.06.1949. 7 Siehe hierzu Karl Leonhard, Warum verblieb Janke nahezu 40 Jahre in der Psychiatrie? Man geht allgemein davon aus, dass das düstere Kapitel der Psychiatrie mit dem Niedergang des Dritten Reichs und der Abschaffung der Euthanasie abgeschlossen wurde. Dieses Denken greift jedoch zu kurz, da die Euthanasie nicht ohne die im Vorfeld in der Anstaltspsychiatrie gängigen Praktiken erklärt werden kann. Zudem lässt sich feststellen, dass auch im Nachgang die Asylierung psychisch kranker Menschen unter teils fragwürdigen Bedingungen fortgesetzt wurde. Aufteilung der endogenen Psychosen und ihre differenzierte Ätiologie [Hg. Helmut Beckmann], 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 1995, sowie Karl Leonhard, Aufteilung der endogenen Psychosen und ihre differenzierte Ätiologie, 6. Auflage, AkademieVerlag, Berlin (Ost), 1986, und Emil Kraepelin, Psychiatrie, 8. Auflage, Bd. III, Ambrosius Barth, Leipzig, 1913. 29 Im Vergleich zu den Tollhäusern, Irrenhäusern (beziehungsweise Narrenhäusern) des 18. Jahrhunderts stellten Asyle zweifellos eine humanitäre Verbesserung dar. Sie waren naturnahe und abseits gelegen, boten einigermaßen angemessene Unterbringung und Arbeitsmöglichkeiten. An diese Tradition knüpfte man nach dem Zweiten Weltkrieg wieder an. Dies kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass die Patienten nicht selten schweren Repressalien unterzogen waren: Sie wurden unter Zwangausübung der Hausordnung unterstellt, waren dem Pflegepersonal untergeordnet und dessen Willkür ausgeliefert, mussten Beschränkungen in der Freizügigkeit und die völlige Aufgabe ihrer Intimsphäre hinnehmen. Die Räumlichkeiten bestanden aus Bettensälen, Gemeinschaftswaschräumen und -duschen; Rückzugsmöglichkeiten fehlten gänzlich. Letztlich bleibt festzustellen, dass Asyle nicht aus Gründen der Unmenschlichkeit oder als Resultat der Rodewischer Thesen und der so genannten „Psychiatrie-Enquête“ (1975) geschlossen wurden, sondern vielmehr aus ökonomischen Motiven. 8 Seiner psychoaktiven Wirk- stoffe wegen galt der Fliegenpilz als dionysische Quelle des Glücks und der Heiterkeit. Sein Sekret wurde überdies als Fliegentöter benutzt. Der torkelnde Flug der Fliege wiederum galt als Modell der Verwirrtheit. 30 In den Grundrechten der deutschen Staaten waren die Würde der Person und der individuelle Anspruch auf Freiheit verbrieft. Nur in berechtigten Fällen, wenn die Rechte Dritter eingeschränkt oder gefährdet waren, konnte die persönliche Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Beabsichtigte man die lebenslange Isolation eines Menschen von der Umwelt entgegen dessen Willen, so bedurfte es eines Beweises der ausgesprochenen Gefährlichkeit für andere. Janke wurde die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft während nahezu vierzig Jahren verwehrt, obwohl er sich allenfalls etwas eigentümlich, unvernünftig verhielt. Die Unvernunft in Jankes Fall bestand aus seiner Idee, über die Luft Energie zu zapfen, um damit ein Perpetuum Mobile zu betreiben. (Angesichts der aktuellen Diskussion zur Energiefrage mag diese Einschätzung zumindest verwundern.) Die Asylierung Jankes muss demnach im Kontext eines Zeitgeistes betrachtet werden, in dem trotz der Aufklärung zahlreiche althergebrachte Vorstellungen vorherrschten. Zu jener Zeit wirkte noch beispielsweise das mittelalterliche Bild der „Fliegen“ als Gestalt der Geistesverwirrtheit nach; wer „Fliegen im Kopf hatte“ war verrückt. 8 Diese Metapher geistert auch heute noch im kollektiven Unterbewusstsein umher. Jankes Konstruktionen vor dem Hintergrund seiner Person, seiner Krankheit und seiner sozialen Umwelt Umso nachdenklicher stimmt es also, wenn man eines der zentralen Themen Jankes – die Konstruktion von Flugobjekten – betrachtet. Der mittelalterliche Mythos „der Fliegen“ scheint sich zu jenem „des Fliegens“ verschoben zu haben. Würde man Jankes Arbeit aber auf diesen Aspekt beschränken, würde man verkennen, dass er sich weniger für das Fliegen als vielmehr für den Einsatz seiner Motoren interessierte und dass viele seiner Konstruktionszeichnungen Alltagsdingen und einer eher philosophischen Betrachtung dessen galten, was die Welt im Innersten zusammenhält, also der Weltformel. In früheren Jahren hatte Janke Alltagsgegenstände wie Bohnermaschinen und Rasiergeräte mit seinen Motoren versehen, um Raketenbusse und mit Raketen betriebene Postautos entstehen zu lassen. Dies zeigt, wie sehr Alltagsärgernisse die Konstruktionen Jankes beeinflusst haben. In dieser Zeit fand Janke auch eine Bildersprache für seine Weltformel in Form von diaartigen Bildern, die seine anthropologischen Interpretationen zusammenfassen. Verwundern kann auch, dass Janke vor vierzig Jahren vom Gedanken getrieben war, mittels Energie aus der Luft abgasfreie Perpetuum Mobiles zu konstruieren – als ob er die heutigen Probleme wie Klimawandel und Energiemangel vorausgeahnt hätte. Jankes Passion galt dem Beständigen, der Zeitlosigkeit der freien Beweglichkeit. Dieses Thema, welches unterschwellig an die Begrenzung durch die Klinik anknüpft, begleitete Janke seine gesamte Zeit und drückt sich in seinen Flugfahrzeugen und Trajekten sowie der Terra Venussa aus. Dahingehend sind Jankes Konstruktionszeichnungen und Bilder als Kommunikation und Sprache seiner Innenwelt zu verstehen. Janke schuf aus seiner Sicht keine Kunst, sondern konstruierte eine Welt, die seinen Wünschen entsprach. Interessanterweise sind unter all diesen Erfindungen keine Waffen zu finden, sondern ausschließlich Maschinen zum Wohle der Menschheit (zu der auch jene gehörten, die ihm die Freiheit verweigerten). Wenn heute Fragen zur „Kunst von Janke“ aufkommen, so gelten diese den Gebilden eines Menschen, dessen Erkrankung ihm eine Konstruktion aufgab, die sich in betont symmetrischen Bildern äußert. Seine Zeichnungen führen den Blick zumeist von links nach rechts (mit einer Blickbeschleunigung links) und laden zum Ver- weilen in der Mitte ein, bevor sie ein Weitergleiten nach rechts begünstigen. Die Mittelachse, wo meist die Motoren angesiedelt sind, ist ein Fixpunkt, der dem Gesamtbild eine gewisse Ruhe verleiht. So gesehen geht Jankes Zeichnen über die reine Konstruktion von Motoren hinaus. Vieles an seinen Maschinen und Fluggeräten erinnert zudem mehr an biologische Körper als an klassische Maschinen, ein Prinzip, das insbesondere in seiner Bilderreihe auffällt, in der er den Brückenschlag zwischen Menschen und Motoren bewerkstelligt. Damit schafft Janke auch eine Art Perpetuum Mobile in der Verschmelzung von Mensch und Technik. Dies lässt sich überdies in den Zeichnungen erkennen, wo er Menschen zur Verdeutlichung der Größe der Maschinen einsetzt. Einerseits drohen diese Gestalten, sich im Bild zu verlieren, andererseits stellen sie das Bindeglied zwischen Mensch und Technik dar. Hier drückt Janke erneut seine eigene Situation aus, die eines der Übermacht des Systems ausgelieferten Menschen, der sich aber mithilfe der Konstruktion eine überdimensionierte Stellung verschafft. Auch Peenemünde steht gewissermaßen für den gemutmaßten Wahn, anhand der Technik unsere Begrenztheiten zu überkommen. Diese Wahnvorstellung wurde mit den Weltraumflügen Wirklichkeit, für die es expansiver und „verrückter“ Ideen bedurfte, die das nicht für möglich Gehaltene möglich werden ließen. Raketen können demnach als Chiffre für die evolutionäre Antwort auf die „Fliegen“ des Mittelalters verstanden werden. Karl Hans Janke war vieles: Ein Mensch, ein Visionär, ein Entrechteter und ein Sterblicher, der seiner Erkrankung und seiner Vision der Bewegung in der Zeitlosigkeit und Unsterblichkeit eine eigene Sprache verlieh. Leider fehlte es zu seinen Lebzeiten an Möglichkeiten, dieser Sprache eine Öffentlichkeit zu verleihen. Dies zumindest ansatzweise zu richten, ist Ziel dieser Ausstellung. Mitpatienten Jankes im Außenarbeitseinsatz, 1953 Janke’s fellow patients at work outside the facility, 1953 31 Es ist nicht ein Stückchen Wahrheit an all den Behauptungen, die A-4 oder V2 sei von Beginn an als eine Waffe konzipiert gewesen, mit der London verwüstet werden sollte. (W. v. Braun) Peter Grampp Between Madness and Reality: Karl Hans Janke and His Work In the Mirror of Time Who was Karl Hans Janke? “Excuse me but I don’t think so. Maybe it is technically possible, since you are not informed about certain things. Anyone with technical Karl Hans Janke was born on 21 August 1909 in Kolberg/ Pomerania, where his parents inhabited a town house before taking over an estate in Dryhn near Kolberg, a situation which points to a lower-bourgeois background. After completing primary school, Janke thus went to the Domrealgymnasium in Stettin and graduated at the Oberrealschule in BerlinLichterfelde. In Berlin he took night courses in various languages at the Technical University of Technology and went on to study several semesters of dental medicine in Greifswald. knowledge is able to find their way through it.” 2 Janke thought he was unjustly institutionalized, his conviction being that people wanted to steal his inventions or disable him. He was therefore constantly looking for commissions or important people who would be able to verify his inventions and rehabilitate him. What was Janke’s presumed “disease”? 1 Quoted from Karl Hans Janke’s medical file, Arnsdorf, 04.06.1949. 2 Ibid., 26.07.1949. 3 Quoted from Karl Hans Janke’s medical file Hubertusburg, 08.11.1950. 4 Quoted from Karl Hans Janke’s medical file, Arnsdorf. This description matches Emil Kraepelin’s “depiction of psychophrenia phantastica.” 5 Hallucinations are typical of fantastic and confabulatory paraphrenia. Fantastic paraphrenia is characterized by delusions of grandeur, which are expressed but not necessarily lived out. 34 Until he was drafted, Janke’s biography was rather unremarkable. From what we know today, his dismissal from military service, which he claimed to have been caused by an innate heart problem, is more likely to have resulted from psychological troubles. Though he was suspected to be suffering from schizophrenia he was able to avoid undergoing treatment which, back then, often resulted in the patient’s death – either caused by the “therapeutic” measures as such (medication, gas) or simply the living conditions in asylums (starvation). After his father’s death Janke and his mother fled from Kolberg and settled in Grossenhain in 1947, where Janke ran a small inventor company, trying to make housing from artificial resin. In the wake of his mother’s death on 6 August 1948, Janke’s behaviour became increasingly erratic, while he started showing signs of malnutrition and neglect. After a public address that was wrongly interpreted as political agitation, he was arrested by the police. He was then sent to the District Hospital in Arnsdorf, from where he was transferred to the Hubertusburg asylum. In his medical file he is quoted as having said: “From this day, we shall cease the production of toys for kids, as we need the ‘material’ for canons. A. Hitler. They should have three things: 1. a big mouth for boasting, 2. a football to romp about, and 3. a rifle to make war.” 1 Janke claimed to have made these statements for the sole purpose of attracting public attention to his inventions, an intention he pursued his entire life at the Hubertusburg up until his death in 1988. Janke never accepted his internment nor being considered mentally ill, and always felt deeply misunderstood, as can be inferred from one of his many comments: Janke never suffered from his disease as such but rather from a lack of understanding on behalf of his environment, to which he felt subjected. He was never found to feel ill nor accept that he actually was – as shows his doctors’ assessment: “Patient is aware of his own persona in time and place. Answers the questions he is asked with discernment. (...) Patient then proceeds to disclose his paranoid ideas, claiming he has made 593 inventions.” 3 It was established that Janke was suffering from paranoid schizophrenia and a “mad scientist” syndrome. Analyzing the rather scant descriptions of his forty-year-long internment and interviewing those who still recollect him, his character could be described as follows: Janke had a deeply rooted sense for his own importance and his genius as an inventor. He boasted with his drawings, and his public acts and appearance betrayed this conviction. His ideas were never so grotesque or abnormal that they could be dismissed without further ado, as becomes apparent in a letter to the Leipzig Trade Fair Society, which at one point thought of inviting him for an interview. Janke’s general social demeanour was “affected, grandiloquent and unctuous” 4, and while at the inception of his disease he might have suffered from illusions, these soon became less apparent. The unmitigated self-assurance in respect to his own persona and mission dominated his entire character. 5 He kept his distance from the other inmates, seeking contact with doctors and other “higher ranked” people in the hospital. He always wore a jacket; his way of dressing was impeccable, making him look like an engineer. Janke nevertheless got used to being treated in the same way than the other patients, though this never prevented him from trying to make out a different path for himself. He was for instance working in the “coal brigade”, whose strenuous task was to carry buckets with coal for heating from the cellar to the rooms; instead of complaining he proceeded to invent machines that would do the work. He was however likely to react to such “improper” situations as though he was personally offended – his particular way of commanding respect. Janke’s attitude towards the nursing auxiliaries and minorities was condescending, while in his eyes the doctors he asked to transmit his drawings to industrial companies were mere middlemen whom he reluctantly granted partial insight into his construction world. His general behaviour towards them was jovial, as he considered himself to be on par with them: “I’m not a socialite, I have worked independently for years yet I did terminologies. In short, Janke’s symptoms conform to Karl Leonhard’s description of “expansive paraphrenia” or Emil Kraepelin’s “paraphrenia expansiva” 7, both pertaining to the category of schizophrenic diseases. Janke vor der Psychiatrischen Landesanstalt Schloss Hubertusburg, 1950er Jahre Janke in front of the State Psychiatric Facility Hubertusburg Castle, 1950s Why did Janke remain 40 years in psychiatry? not seclude myself from the world and I have learned all my fellow humans’ particularities. I have taken part in their joys and pains yet I’m not a socialite, I cannot easily put my feelings into words.” 6 In the titles and descriptions of his constructions Janke liked to use affected and convoluted neologisms he deemed dignified. He presumably relied on his basic knowledge of Latin, for instance, when he spoke of “Terra Venussa”, “trajector” and similar objects. It often happened that these terms were deviated from their original meaning (sense shifting) or condensed. Janke’s written instructions were accordingly pompous and artificial, always emphasizing their own importance. Many names for machine parts therefore remain cryptic and linguistically hermetic, for instance, when he designates an “Energienadel” (Energy Needle) and the like. In Janke’s notes we also find references to himself, as when he embroiders his biography or provides seemingly plausible explanations on his dropping out of university or military service. Although Janke never acknowledged the legitimacy of his internment, his attempts to leave the clinic gradually subsided over the years. This went hand in hand with a progressive decrease in complexity of the issues addressed in his drawings. His writing also betrays a simplification of thought, most notably in his increasingly frequent use of wrong It is widely assumed that the darkest chapter of psychiatry ended with the fall of the Third Reich and the abolition of euthanasia. Yet this appreciation falls short of the truth since euthanasia itself cannot be explained without taking into account the common practices that preceded the establishment of psychiatric institutions. It is another undisputed fact that in many instances the internment of mental patients, even after the war, took place under questionable premises. In comparison with 18 th-century madhouses and loony bins, asylums were no doubt a humanitarian advancement. They were established in remote places, often in the proximity of nature, and offered relatively decent accommodation and working opportunities. The fact that this tradition was again picked up after the Second World War should not conceal that patients were frequently subjected to severe treatment: they were forced to abide by the house regulations, were entirely dependent on the whims of the nursing personnel and had to comply with heavy restrictions in terms of freedom and intimacy, as in those days, most facilities featured communal bedrooms and showers. In this context it is worthwhile noting that asylums were closed down not in reaction to the so-called “Rodewischer Thesen” [a series of progressive approaches developed throughout the 1960s in an institution in the eponymous former Eastern German 6 Quoted from Karl Hans Janke’s medical file, Arnsdorf, 15.06.1949. 7 On this matter, see Karl Le- onhard, Aufteilung der endogenen Psychosen und ihre differenzierte Ätiologie [Ed. Helmut Beckmann], 6th edition, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 1995, as well as Karl Leonhard, Aufteilung der endogenen Psychosen und ihre differenzierte Ätiologie, 6th edition, Akademie-Verlag, Berlin (East), 1986, and Emil Kraepelin, Psychiatrie, 8th edition, Vol. III, Ambrosius Barth, Leipzig, 1913. 35 town] or the 1975 “Psychiatrie-Enquête” [a nationwide inquiry into the state of psychiatric institutions] but for merely economical reasons. Inszenierung Jankes eigener Modelle, 1950er Jahre Staging of Janke’s own models, 1950s Without exception the constitutions of the different German states comprised amendments proclaiming the inviolability of human dignity and the individual right to freedom. Individual mobility could only be restricted if duly argued, for instance, when the rights of third parties were infringed or threatened. If a person was to be kept in lifelong isolation against their will, substantial evidence on the danger they represented had to be given. In actual fact Janke was denied the right to live in society for more than forty years, although he merely acted a bit strange and unreasonable. Janke’s irresponsibility was derived from his apparently outlandish idea to extract energy from the air and use it to fuel a perpetuum mobile. (In light of the current debate on renewable energies, this assessment may seem somewhat curious, to say the least.) Janke’s internment therefore has to be seen in the context of a time which, despite the Enlightenment, was still haunted by countless folk beliefs. Among others, the medieval image of “flies” as a symbol of mental disarray was still firmly rooted in people’s minds; “having flies in one’s head” circumscribed madness. 8 This metaphor is actually still buried in the collective subconscious. Janke’s constructions in the context of his persona, his illness and his social environment 8 Because of its psychoactive substances fly agaric, or fly mushroom, was considered a Dyonisian source of happiness and joy. Its secretions were also used to attract and kill flies. The drowsed fly’s movements were an image of mental disarray. 36 It is therefore all the more interesting that one of Janke’s central themes should have been the construction of aircraft. The medieval myth of “flies” here seems to have shifted to the motif of “flying” as such. Yet reducing Janke’s work to this aspect would not account for the fact that his interest lay not so much in the flying than in the practical use of his engines, and that many of his construction drawings concern everyday objects as well as philosophical ponderings on what makes the world go round – or the universal formula, as it were. In his early years, Janke planned to fit common household objects such as floor-polishing machines and shavers with his engines, and conceived rocket-propelled busses and postal trucks. This goes to show how much everyday nuisances affected Janke’s thinking and planning. Around the same time Janke also devised an iconography for his universal formula in the shape of slide-like images summing up his anthropological interpretations. It is quite astonishing to see that, forty years ago, Janke should have been driven by the idea to devise non-polluting perpetuum mobiles operating on energy gained from the air – as though he had anticipated today’s climate change and energy shortage. Janke’s passion applied to persistence – the timelessness of unrestrained mobility. This topic, which tacitly points to the restrictions his internment enforced on him, was addressed by Janke throughout his life, influencing his aircraft and trajects as well as Terra Venussa. Janke’s construction drawings and imagery are therefore to be seen as a means of communication, a language he used to express his inner feelings. Seen under this light, Janke was not making art but intended to construct a world that lived up to his expectations. Interestingly enough there are no weapons among his inventions, but only machines devised for the good of humanity (including the individuals who destituted him). When asking the question of “Janke’s art”, we should not lose sight of the fact that we are dealing with the structures of an individual whose illness literally compelled him to conceive pointedly symmetrical constructions. In most drawings, the observer’s attention is thus drawn from left to right (with a slight acceleration on the left-hand side) and shortly rests in the middle before drifting off to the right. The central axis mostly features the engine, becoming a fixed point that stabilizes the entire structure. When considered under these premises, Janke’s drawings are not just about the construction of engines. Many features of his machines and aircraft are furthermore reminiscent of organic bodies rather than traditional engines, a principle that is best observed in a series of images where he links the worlds of man and technology. ideas to make possible what had hitherto been considered impossible, this delusion became real. Rockets may therefore be seen as symbols for the evolutionary equivalent of the medieval representation of “flies”. Schloss Hubertusburg in Wermsdorf, 1926 Hubertusburg Castle in Wermsdorf, 1926 Karl Hans Janke was many things: a man, a visionary, a dispossessed and a mortal individual who expressed his illness and his vision of unrestrained mobility in time and space by means of a distinctly personal language. Unfortunately his contemporaries were lacking the tools to render his speech public. This exhibition is a posthumous attempt to make amends. In these representations, Janke creates a sort of perpetuum mobile by uniting man and technology. This recurring feature in his drawings is primarily used to give viewers a sense of the scale of the machines. But while the figures almost threaten to vanish in the image, they also represent the link between man and technology. Janke thus once again expresses his own situation as an individual who, though entrapped in an overwhelmingly powerful system, is able to gain a greater dimension by way of his constructions. Peenemünde equally stands for the supposed madness that pushes human beings to surpass their limits with the help of technology. With space travel, which demanded far-reaching and “crazy” 40 37 Deutsches Atom-Triebwerk, 1928 – 2.12.1952 – 20.10.1957 [German Atomic Engine] 38 39 Weltall-Fahrzeug D-001/Deutsches Raum-Trajekt: Venusland, 1928 – 1937 – 3.12.1952 – 20.10.1954 – 1957 [Space Vehicle D-001/German Space Trajector Venusland] 41 42 Weltall-Fahrzeug D-001/Deutsches Raum-Trajekt: Venusland, 1928 – 1937 – 3.12.1952 – 20.10.1954 – 1957 [Space Vehicle D-001/German Space Trajector Venusland] Seiten 44 und 45: Ultraschall-Triebwerk 1954–57 [Ultrasound Engine] 43 46 Schnellste Maschine der Welt! 1928/68 [Fastest Machine on Earth!] 47 48 49 50 Atom-Magnetischer, reaktiver Strahl-Kessel-Antrieb, 1928 – 3.12.1952 – Juli 1953 – Aug. 1955 [Atomic-Magnetic Reactive Steam-Ray-Boiler Propulsion] Seiten 48 und 49: Düsen-Kupole, o. J. [Jet Cupola] 51 52 Raumflug-Triebwerk/atommagnetische Stoßdampf-Düse, 1928 – 37 – 1952 – 1959 [Spaceflight Engine/Atomic-Magnetic Steam Valve] 53 54 MSKA, Magnetisches Saug-Kompressor-Aggregat, 1926 – 3.12.1952 – 1959/60 [Magnetic Suction Compressor Aggregate] 55 56 Trommelanker-Turbine als Stabmotor für selbsttragende Luft- und Raum-Fahrzeuge, 1928 – 3.12.1952 – März 1956 [Barrel Anchor Turbine as Rod Engine for Self-Supported Air and Space Vehicles] 57 Atom-Magnetischer Strahl-Hitze-Kolben, 1928 – 3.12.1952 – 29.7.1953 – 1954 [Atomic-Magnetic Heat-Ray Piston] 58 59 Lok mit Raumelektrizitäts-Antrieb, 1977 [Locomotive with space-electricity drive] Seite 60: Tiefsee-Tauch-Kugel, 1963 [Deep sea diving bell] 61 oben: Kippflächen-Segelflugzeug, 1958 [Tilt-wing glider] unten: Kabine des Trajekts, 1955 [Cabin of the trajector] 62 oben: Tragfläche für Leichtflugzeuge, 1956 [Wing for light airplane] unten: Weltraum-Luftschiff mit Kreiselhubschrauber, 1955 [Space blimp with gyroscopic helicopter] 63 Sputnik-Rakete mit abwerfbarem Behälter, 1957 [Sputnik rocket with disposable container] 64 Das Deutsche Raum-Elektronen-Atom, 1978 [The German space-electron atom] 65 66 Stator und Rotor der Saugpumpe für Raumelektrizität, 3.12.1952 und Atom-Nadel Antenne, 1963 – 2.9.78 [Stator and Rotor Blade of Suction Pump for Ambient Electricity; Atomic-Needle Antenna] 67 68 Weltall-Kugel-Trajekt, 1937 – 3.12.1952 – 1960 – 1978 [Space Globe Trajector] 72 69 Vakuolen-Register, 1963 – Okt. 1978 und Weltall-Kugel-Trajekt, 1937 – 3.12.1952 – 15.3.1978 [Vacuole Register; Space Globe Trajector] 70 71 Impuls-Strahl-Triebwerk – Positive Elektrode, 1928 – 3.12. – 12.12.1952/54 [Impulse-Ray Engine – Positive Electrode] 73 Jan Hoet Universelle Obsession und „totale Wahrhaftigkeit“ Jan Hoet, der ehemalige Direktor des Stedelijk Museum voor Actuele Kunst (SMAK) in Gent, zeigte im Sommer 2001 im belgischen Geel die Ausstellung „Yellow“. In dieser Schau konfrontierte er Arbeiten von professionellen Künstlern und psychiatrischen Patienten. Der 1936 geborene Kunsthistoriker – der 1992 auch künstlerischer Leiter der „Documenta IX“ war – präsentierte die Werke indessen an einem besonderem Ort: seinem Elternhaus. Hoets Vater, ein renommierter Psychiater, hatte dort ein ungemein fortschrittliches Modell für den Umgang mit psychisch Kranken in die Tat umgesetzt und lebte mit Frau und Kindern in einer Art Wohngemeinschaft mit den Patienten. Die Ausstellung in Geel versammelte unter anderem Arbeiten von Bruce Nauman, Hans Krüsi und Jason Rhoades. Sie enthielt aber auch einige Zeichnungen von Karl Hans (Joachim) Janke, die Hoet dem „Archeopterix Nr. 2“ von Panamarenko – einer filigranen Skulptur eines Urvogels – gegenüberstellte. Andreas Höll, Redakteur für bildende Kunst bei MDR-Kultur, dem Hörfunkprogramm des Mitteldeutschen Rundfunks, interviewte Jan Hoet am 21. Mai 2001 im SMAK. Andreas Höll: Gestern wurde die Ausstellung „Yellow“ eröffnet. Warum haben Sie sich entschieden, Arbeiten von Karl Hans Janke in Ihrer Ausstellung zu zeigen? dass ich mich auch mit diesem Thema beschäftige. Ich wollte eine Ausstellung mit Arbeiten von Patienten und Werken von Panamarenko zusammenstellen. Die Ausstellung sollte in Geel sein, wo ich mit psychiatrischen Patienten aufgewachsen bin. Ich wollte einen Dialog zwischen psychiatrischer Patienten-Kunst und autonomer Kunst machen. Peter Lang erzählte mir, dass er die Werke eines Künstlers aus Ostdeutschland kennen gelernt habe und es fantastisch wäre, das miteinander zu verbinden. Ich sagte, ich müsse es sofort sehen. Dieser Künstler, Janke, zeichnet Raumschiffe, Flugzeuge, Raketen usw., aber mit einer gewissen utopischen Qualität, als wolle er eine Rakete konstruieren, ohne Treibstoff zu benutzen. Ich fand es fantastisch, diese Arbeit in der Ausstellung in Geel mit Panamarenko in einen Dialog zu bringen. Dann haben wir einen Deal gemacht. Ich gab eine Arbeit von Panamarenko und erhielt welche von Janke. So einfach entstand es. Das war zufällig, aber solche Dinge entstehen eben zufälligerweise. Es gibt bestimmte Leute auf der ganzen Welt, die entflammbar, die neugierig sind. Neugierig – was bedeutet das? Man ist nur neugierig auf das, was man nicht kennt und das ist das Entscheidende. Andreas Höll: Was fasziniert Sie an den Bildern von Janke? Jankes Modell „Solcamara“, 1950er Jahre Janke’s model “Solcamara”, 1950s Jan Hoet: Das war total zufällig. Eines Tages kam der ostdeutsche Kurator Peter Lang zu mir. Er bat mich um eine Arbeit von Panamarenko, die er den Werken eines psychisch kranken Künstlers gegenüberstellen wollte. Ich erzählte ihm, Jan Hoet: Mich fasziniert zunächst die Verbindung zu Panamarenko, die ich hergestellt habe, weil er auch utopische Flugzeuge konstruiert. In seinen Ideen, die er auf Videos und in Metamorphosen verwirklicht, steht er Ikarus und Daidalos nahe, viel näher als Leonardo da Vinci. Dann habe ich gesehen, dass Janke viel mehr mit Leonardo da Vinci zu tun hat, dass er versucht, aus seiner Obsession heraus eine Art Funktionalität zu kreieren. Das war interessant für mich, diese beiden Elemente miteinander zu verbinden. Man sieht das auch. Panamarenko suggeriert Funktionalität, hört aber einen Moment vorher damit auf, wenn der Traum noch da ist, während Janke sich konsequent mit einer neuen Funktionalität auseinandersetzt. Das fand ich so interessant, dass ich dachte, das muss man miteinander verbinden. Ich habe kein Flugzeug von Panamarenko in dieser Ausstellung gezeigt, weil es zu literarisch wäre. Man hätte es nicht verstanden. Ich habe Panamarenko nur als Begriff zeigen wollen und dem wollte ich die Arbeiten 74 von Janke gegenüberstellen. Was mich auch bei Janke interessiert, ist, dass seine Obsession immer mit einer formalen Gestaltung verknüpft ist, etwa so: Das Blatt ist von links nach rechts, von oben nach unten vollkommen. Es ist perfekt. Man kann nichts hinzufügen – nichts. Man kann auch nichts wegnehmen. Bei Kandinsky, beispielsweise, kann man viel wegnehmen. Es gibt viele Linien bei ihm, die überhaupt nicht nötig sind. Bei Panamarenko dagegen kann man auch nichts hinzufügen. Bei ihm sind die Blätter ebenfalls vollendet. Man kann nichts wegnehmen und man kann auch nichts hinzufügen. Andreas Höll: Sie haben gerade die Verbindungslinie zu Leonardo da Vinci gezogen. Welche anderen Traditionslinien sehen Sie bei Janke, welche anderen Geistesverwandten gibt es noch? Jan Hoet: In den Arbeiten von Adolf Wölfli und Jean Dubuffet aus Frankreich gibt es ähnliche Ideen, aber das ist richtige Art Brut. Dass Janke das Blatt Papier, so wie es ist, vollständig benutzt und ausfüllt, das finde ich bei ihm so fantastisch. Andreas Höll: Sie haben vorhin als Gemeinsamkeit von Janke und Panamarenko die formale Vollkommenheit ihrer Zeichnungen genannt. Wo sehen Sie die wichtigsten Unterschiede? Jan Hoet: Panamarenko hat aus meiner Sicht mit einer kulturellen Zeit zu tun. Er kommt aus einer Zeit, von der er sich befreien musste. Er musste sich von der Autorität der Kunst, das heißt: der Akademie, befreien, und er tat es. Das waren die Spielregeln der Avantgarde. Panamarenkos Arbeiten haben mit Zeit zu tun und man kann sie perfekt innerhalb einer Zeit oder Mode einordnen. Das interessiert mich nicht besonders, denn jeder große Künstler hat mit Zeit zu tun, vom 14. Jahrhundert bis heute. Janke hat weder mit der Zeit noch mit der Akademie – und das heißt auch mit der handwerklichen Ausbildung, die dort vermittelt wird – etwas zu tun. Er zeigt Schwächen, aber die Schwächen und Obsessionen sind zugleich auch die Qualität. Man kann seine Werke auch in eine andere Zeit projizieren, als in der er sie gemacht hat. Jan Hoet: Janke war vielleicht Ingenieur und Panamarenko ist kein Ingenieur. Er möchte gern Ingenieur sein, besser als ein Ingenieur sein. Das ist sein Problem. Das ist der Unterschied. Andreas Höll: Sie haben sich ja intensiv mit Panamarenko befasst. Wie würden Sie den künstlerischen Rang des Ingenieurs Janke beurteilen? Jan Hoet: Als eine universelle Welt. Als universelle Obsession, universeller Wert, als ein Impuls, den jeder für sich nutzen kann. Wie Beuys gesagt hat, jeder Mensch ist ein Künstler. Dafür ist Janke ein typisches Beispiel. Andreas Höll: Ist Janke eine singuläre Erscheinung? Jan Hoet: Janke ist in jedem Fall eine singuläre Erscheinung. Er hat richtig verstanden, was er ist. Alles kommt aus ihm selbst und er macht es für sich selbst. Es ist totale Wahrhaftigkeit. Das hat eigentlich nichts mit Kunst zu tun, das ist viel mehr als Kunst. Andreas Höll: War Janke auch für Sie – als Kenner der Kunst von psychisch Kranken – eine richtige Entdeckung? Jan Hoet: Ja, das ist eine richtige Entdeckung für mich. Ich bin eifersüchtig, dass ich keine Arbeiten von diesem Mann habe. Es wäre fantastisch, in diesem Museum in Gent Jankes Ideen mit Panamarenko zu konfrontieren. Für die Arbeiten von Panamarenko wäre das eine Verstärkung. Panamarenko braucht das vielleicht, aber Janke nicht. Er ist eine Einzelfigur, ein totaler Einzelgänger. Panamarenko ist Einzelgänger im kulturellem Sinne. Er ist Einzelgänger innerhalb einer menschlichen Diskussion, innerhalb eines menschlichen Diskurses. Andreas Höll: Janke hatte optimistische Fantasien, wie der technische Fortschritt der Menschheit ein besseres und gerechteres Leben ermöglichen kann. Jetzt schreiben wir das Jahr 2001 und viele technologische Utopien des vergangenen Jahrhunderts haben sich nicht erfüllt. Wo sehen Sie in diesem Kontext die Aktualität Jankes? Andreas Höll: Janke hat sich ja wahrscheinlich gar nicht so sehr als Künstler, sondern vielmehr als Ingenieur verstanden. 75 Seine Arbeiten sind nicht rein logisch. Sie sind nicht extrovertiert-logisch, vielmehr introvertiert-logisch – das ist das Interessante. Das Individuelle ist wichtig in einer Welt, die immer mehr versucht, zu generalisieren. Andreas Höll: Janke wurde in der Isolation eines abgelegenen psychiatrischen Krankenhauses zum Künstler. Panamarenko dagegen ist den klassischen Weg eines Künstlers gegangen, der von der Akademie kommt und im internationalen KunstDiskurs zu großer Berühmtheit gelangt. Ist das Label „psychisch krank“ bei Janke und „psychisch gesund“ bei Panamarenko überflüssig? Jankes Modell Weltraumschiff „Sonnenland“, 1950er Jahre Janke’s model space ship “Sonnenland”, 1950s Jan Hoet: Meiner Meinung nach sollte jeder versuchen, seinen Ideen Form zu geben. Das ist immer gültig, für jede Zeit. Es gibt viele Leute, die Angst haben, sich auszudrücken oder ihren Ideen und Gedanken Form zu geben. Janke macht es – ohne Auftrag, ohne die opportunistische Absicht, mit seinem Werk in ein Museum zu kommen oder einem wissenschaftlichen Denken zu genügen. Er ist einfach überzeugt von seiner isolierten Position. Er ist der Andere, weil er der Andere sein will. Er fühlt sich dabei nicht frustriert. Ich finde, dass Janke ein Modell für jeden Menschen ist. Andreas Höll: Janke war psychiatrischer Patient, er galt als krank. Sehen Sie darin eine besondere Qualität? Jan Hoet: Seine Krankheit ist unbedingt eine Qualität. Das Problem ist, dass wir Menschen immer bezüglich ihrer Logik aufnehmen und nicht bezüglich ihrer körperlichen Erfahrungen. Die Logik dient dazu, körperliche Erfahrungen zu verfeinern. Janke hat das Körperliche an sich in sich selber aufgenommen und ausgedrückt. Deswegen ist das so wichtig. Heute entdeckt die männliche Gesellschaft viel mehr die Wichtigkeit des Körpers als zum Beispiel vor zehn Jahren. Janke ist sensibel für das Körperliche. Die Art und Weise, wie er die Form auf einem Blatt Papier gestaltet, ist körperlich. Es ist eine körperliche Erfahrung, die kein Konzept hat. 76 Jan Hoet: Eine Welt, in der das alles durcheinander geht, wäre doch viel schöner. Jetzt haben wir in Wirklichkeit aber alles in Kategorien bestimmt: Das ist Kunst, das ist Wissenschaft. Aber wo ist der Mensch? In vielen Fällen geht es nur um die Kunst und nicht um den Künstler, nicht um die Persönlichkeit des Künstlers, nur um die Kunst. In vielen Fällen geht es nicht einmal um die Kunst, es geht nur um den Besitz der Kunst. Das ist das Schwierigste. Andreas Höll: Sie haben sich spontan für die Arbeiten Jankes begeistert. Was hat Sie in Ihrer Kindheit geprägt, dass Sie für solche Künstler besonders sensibel sind? Jan Hoet: Mein Vater war Psychiater. Wir waren sieben Kinder: fünf Söhne und zwei Töchter. Neben den Kindern hatte mein Vater noch fünf psychiatrische Patienten in die Familie aufgenommen. Sie schliefen bei uns, aßen bei uns, spielten mit uns, machten etwas, scheinbar ohne Ziel. Es gab zum Beispiel eine mikrozephalische Frau [Anmerkung AH: Mikrozephalie bedeutet laut medizinischer Definition „eine abnorme Kleinheit des Kopfes infolge primärer Fehlentwicklung des Gehirns“] – doch trotzdem war sie immer so glücklich. Sie strahlte ein unglaubliches Glück aus, durch ihren Blick, ihren Mund – und lachte immer. Sie kannte noch alle Namen, als ich sie 20 Jahre später wieder traf. Sie konnte sich an alles erinnern. Sie hatte ein unglaubliches Gedächtnis. Dabei hat das Mädchen jeden Tag nur Pullover gestrickt. Sie strickte, jeden Tag von sechs Uhr morgens bis zehn Uhr abends, aber ohne Ziel. Sie unterbrach ihre Arbeit nur zum Essen und Schlafen. Das war alles. Da war diese Ausstrahlung, die wir als Kinder brauchten. Wenn wir zur Schule gingen, gab sie uns ihr strahlendes Lächeln mit und Inszenierung Jankes eigener Modelle, 1950er Jahre Staging of Janke’s own models, 1950s das war fantastisch. Das waren Dinge, die wir nicht verstanden, weil es nicht in uns ist. Diese Welt faszinierte uns so stark, eine Welt, die nicht die unsrige ist. Wir nannten die Patientin immer die „Krise“, und mein Vater war sehr böse, wenn wir das sagten. Mein Vater nannte sie dagegen immer die gesunden Anderen. Ich finde, das ist ein fantastisches Modell, besonders in einer Zeit, in welcher der andere oft als Fremder angesehen wird. Andreas Höll: Das ist ein unglaublich fortschrittliches Modell, vor allem zu der Zeit in den 40er und 50er Jahren, als Sie aufgewachsen sind. Jan Hoet: Es liegt 55 Jahre zurück. Bis ich 20 Jahre alt war, habe ich immer mit psychiatrischen Patienten in einem Haus gelebt. Es gab eine Zeit, da wusste ich nicht, sind sie meine Brüder oder nicht? Was ein Bruder ist, das weiß man nicht einfach, denn das hat eine kulturelle Bedeutung. Wenn man mit ihnen lebt und die Eltern nicht sagen, das ist deine Schwester, das ist dein Bruder, dann hätten wir es wahrscheinlich nicht gewusst. Man lernt es. Das war ein Gefühl, alles hatte einen großen affektiven Wert. Wir haben nicht gedacht, diese Menschen sind krank oder anders als wir und wir haben nichts damit zu tun – sie waren ein Teil der Familie. Andreas Höll: Was ich sehr faszinierend finde, ist das Bild von der Frau, die ziellos jeden Tag gestrickt hat, also im Prinzip etwas Zweckloses, Absichtsloses getan hat. Jan Hoet: Kunst ist auch absurd. Man kann nichts mit Kunst machen. Kunst kann man nur anschauen. „Just look at it!” Das ist alles, was man machen kann. Man kann nichts damit tun. Man kann Kunst verkaufen, aber das ist relativ. Das ist eine ökonomische Annäherung der Kunst, aber das hat nicht direkt mit Kunst zu tun. Kunst ist absurd – sie ist eine absurde Tätigkeit. Andreas Höll: Sie hatten sich schon früh mit den Grenzbereichen von Kunst und Psychiatrie beschäftigt. Wie hat sich Ihr Blick auf die Kunst von den „gesunden Anderen“ – wie Ihr Vater sagte – in den letzten Jahrzehnten verändert? Jan Hoet: Es ist vielleicht die Neugier auf Dinge, die außerhalb einer Persönlichkeit entstehen, die man selber nicht hat. Wir haben immer in unserer Gesellschaft gelernt: Was man tut, muss eine direkte Rentabilität, eine Funktionalität haben. Es muss ein Interesse zwischen mir selbst und dem Anderen vorhanden sein. In der Kunst hingegen gibt es das nicht. Man kann etwas geben, was der andere nicht braucht oder nicht mag. Kunst ist anders. Sie hat keine direkte Auswirkung, keinen direkten Effekt. Andreas Höll: Janke wollte dagegen tatsächlich Flugzeuge bauen, wie zum Beispiel das Trajekt Hiddensee, mit dem er Leute in den Urlaub fliegen wollte. Er wollte etwas Nützliches schaffen. Doch das Nützliche wurde nicht realisiert. Jan Hoet: Weil die Gesellschaft gesagt hat, wir hören dort auf. Weil es keine Antwort ist auf die Dinge, die wir konzipieren und konstruieren. Es ist als absurd, individuell, schizophren und nutzlos bezeichnet worden. Aber es wäre fantastisch, wenn man so etwas bauen würde. Das wäre unglaublich. Andreas Höll: Janke wollte die Welt verbessern, aber – was wir vorhin schon angesprochen haben – er wollte höchstwahrscheinlich keine Kunst machen. Jan Hoet: Janke wollte nur etwas ausdrücken, eine Botschaft übermitteln, wie er die Welt beobachtet. Er sah, dass es fantastisch wäre, wenn wir alle diese Instrumente, die man jetzt benutzt, nicht nötig hätten, wenn man etwas total unabhängig vom Bestehenden machen könnte. Das ist doch unglaublich schön, das ist doch etwas Menschliches. Andreas Höll: Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie gerne einmal Jankes Arbeiten in einer größeren Schau zeigen würden – und zwar gemeinsam mit Werken von Panamarenko … Jan Hoet: Das wäre die schönste Ausstellung: Panamarenko– Janke. Man könnte besser sehen und vielleicht beide Künstler besser verstehen. Beide machen Vorschläge, wie Individualität in einer Welt aussehen kann, die mehr und mehr kollektiv denkt. Erstveröffentlichung in Karl Hans (Joachim) Janke – Ein Brevier, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2003 77 Meine einzige Rolle bestand darin zu überprüfen, daß exakt nach unseren Zeichnungen und Konstruktionen gearbeitet wurde und die Raketen, die das Werk lieferte, auch wirklich funktionieren konnten. (W. v. Braun) Jan Hoet Universal Obsession and “Absolute Truth” In the summer of 2001, Jan Hoet, Director of the Stedelijk Museum voor Actuele Kunst (SMAK) in Ghent, presented the exhibition “Yellow” in Geel, Belgium, where he confronted the art made by mental patients with that of professional artists. The art historian – born in 1936, who served as artistic director of “Documenta IX” in 1992 – showed these works in an usual setting: his parents’ home. Hoet’s father, a respected psychiatrist, developed an extremely progressive approach to treating the mentally ill: the doctor – together with his wife and children – lived with the patients under the same roof, in a kind of collective. The Geel exhibition brought together works by the likes of Bruce Naumann, Hans Krüsi, and Jason Rhoades. A few drawings by Karl Hans (Joachim) Janke were displayed here as well, shown alongside Panamarenko’s Archeopterix Nr. 2 – the filigree sculpture of a primeval bird. Andreas Höll, editor for visual arts at MDR-Kultur, the cultural program of the Central German radio broadcasting network, interviewed Jan Hoet at the SMAK, on 21 May 2001. All over the world you find passionate people, curious people. But what does “curious” mean? Only what we don’t know makes us curious – and that’s what counts. Andreas Höll: Yesterday was the opening of the exhibition entitled “Yellow”. What made you decide to include works by Karl Hans Janke in your show? I found these diverse approaches so interesting that I thought one should connect them. I didn’t show a single one of Panamarenko’s airplanes in the exhibition. That would have been too literal a reference. In the end, it would have confused people. Instead, I tried to present Panamarenko as a “term”, or concept, to study the works of Janke. What amazed me about Janke was that his obsession always linked with fundamental principles of designing, more or less in this way: from left to right, and from top to bottom, the sheet is complete. It’s perfect. You can’t add a thing. Nor can anything be removed. With Kandinsky, for example, a lot can be removed. Many lines are superfluous. With Panamarenko, too, nothing can be removed. His drawings are perfect. They resist the removal or addition of an element. Jan Hoet: That happened by coincidence. One day the East German curator Peter Lang approached me, and he asked for a work by Panamarenko to display alongside works by mentally ill artists. I told him that this was my field of study, too, and that I wanted to organize an exhibition with works by patients and Panamarenko. The exhibition would take place in Geel, where I grew up with psychiatric patients. The idea was to create a dialogue between the art of psychiatric patients and autonomous art. When Peter Lang told me he knew of the works of a unique, East German artist, and thought it would be wonderful to combine our interests, I told him that I wanted to see these works immediately. This artist, Janke, draws space ships, airplanes, and rockets, but he gives them a certain utopian quality, as though he wants to construct a rocket without considering the use of fuel. It seemed a great idea, for the Geel exhibition, to engage these work in a discourse with Panamarenko. So we made a deal. I gave up a Panamarenko, and received, in exchange, a few artworks by Janke. It was as simple as that. It all happened by chance, the way things like this usually do. 80 Andreas Höll: What is it that fascinates you about Janke’s pictures? Jan Hoet: First of all, I’m fascinated by the connection that I established with Panamarenko, because he also constructs utopian airplanes. But the concepts behind Panamarenko’s videos and metamorphic ideas are easier to link to the myth of Icarus and his father, Deadalos, than to Leonardo da Vinci. It was then that I realized how Janke has more to do with Leonardo da Vinci. He tries to create a functionality from his obsession. The attempt to connect these two approaches was interesting for me. You can see that. Panamarenko suggests functionality, but stops at the threshold of the dream, while Janke goes much deeper into this aspect of functionality. Andreas Höll: You’ve already alluded to Leonardo da Vinci. What other traditions or spiritual affinities would you associate with Janke? Jan Hoet: Similar approaches exist in the works of Adolf Wölfli and the French artist Jean Dubuffet. But that’s authentic Art Brut. What’s so remarkable about Janke is that he uses and fills every inch of the page, so to speak. Andreas Höll: You pointed out similarities of Janke’s and Panamarenko’s formal perfection with regard to their drawings. Where do you see significant differences? engineer, though. In fact, he wanted to be much more than an engineer. That’s his problem – and that’s the difference between these two artists. Jan Hoet: From my point of view, Panamarenko deals with a cultural time-period. He comes from a period when liberation was a necessity. He had to free himself from the authority of art, meaning here from the Academy. That’s exactly what he did. Those were, after all, the rules of the avant-garde. Because Panamarenko’s works are conscious of the time in which they were made, it’s possible to see them in connection with specific periods and fashions, which doesn’t interest me very much. Every great artist – from the 14th century up to the present – has had to come to terms with his or her own time period. Janke, however, has no connection with a time period or Academy, which also means he has nothing to do with acquired, academic skills. His works have their weaknesses, but the weaknesses and obsessions are also what create the quality of his work. Theoretically speaking, you could even shift his work to a period other than the one that they were made in. Andreas Höll: You’ve dealt intensively with Panamarenko. How would you rate the engineer Janke in the art world? Andreas Höll: Janke probably thought of himself more as an engineer than an artist. Jan Hoet: Janke was, perhaps, an engineer, and Panamarenko is by no means an engineer. Panamarenko wanted to be an Janke vor dem Modell Weltraumschiff „Sonnenland“ in seiner Ausstellung im Schloss Hubertusburg, 1950er Jahre Janke in front of the model spaceship “Sonnenland” at his exhibition in Hubertusburg Castle, 1950s Jan Hoet: For me, he embodies a universal world, a universal obsession, a universal value and an impulse that everyone has access to. Joseph Beuys once said, “Everybody is an artist”. Janke is the perfect example of this. Andreas Höll: Is Janke a unique phenomenon? Jan Hoet: Janke is a unique phenomenon in any case. He understood in full what he was. He pulled everything from himself, and made this everything for himself. He’s the absolute truth, which has nothing to do with art. It’s more than art, actually. Andreas Höll: For someone like yourself, an expert in mental illnesses, was Janke a genuine discovery? Jan Hoet: He was, by all means, a discovery. I’m even upset now that I don’t own any of his works. It would be great to arrange a confrontation in this museum in Ghent between Janke’s and Panamarenko’s ideas. It would certainly enrich 81 Panamarenko’s works. Although Panamarenko might need this, Janke certainly doesn’t – he’s such a singular figure, and total outsider. Instead Panamarenko is an outsider in the cultural sense, within a human discussion, within a human discourse. Andreas Höll: Janke’s fantasies – regarding technological innovations that would ensure mankind a better and just existence – were optimistic fantasies. Now, in the year 2001, we see how many of the last century’s technological utopias remained fantasies themselves. Where do you see Janke’s relevance in this context? Jan Hoet: I’m of the opinion that everyone should try to give form to his or her ideas. This always applies. Many people are afraid of giving form to their ideas and thoughts. But Janke does precisely that – without a commission, without opportunistic intentions, and without relying on any scientific standards. That’s how convinced of his own isolated position he is. He’s the “other” because he wants to be the other, which doesn’t frustrate him in the least. I think that Janke is potentially a model for us all. Jan Hoet: In an ideal world, all of this labeling would mix together and cease to matter. In reality, however, everything is assigned to a category: this is art, this is science. But what about the human being? In many cases, only art matters, and never the artist or the artist’s personality. In many cases, instead of art, all that matters is owning art. That’s the most complicated part. Andreas Höll: You were immediately enthusiastic about Janke’s works. What kinds of formative, childhood experiences explain your sensitivity towards such artists? Jan Hoet: His illness is, by all means, a quality. The problem is that people try to grasp illness using logic alone, instead of with physical experiences. Yet logic is what sensitizes us to physical experiences. Janke was acutely aware of his physicality, and he expressed it. This is an important aspect. In today’s society, males realize the importance of being aware of their bodies more than they did ten years ago. Janke is very sensitive to the physical. The way in which he designs his forms on a sheet of paper is physical. It’s a purely physical experience without a concept. His works are not products of pure logic. They’re never logical in the extroverted sense, but more so in the introverted sense. That’s what’s so interesting. In a world plagued with generalizations, the existence of the individual is extremely important. Jan Hoet: My father was a psychiatrist. We were seven children: five boys and two girls. My father brought five of his psychiatric patients into our family. They slept in the house with us. They ate with us. They played with us. They kept themselves busy – if aimlessly. There was, for example, the microcephalic girl [microcephalia is medically defined as “an abnormal smallness of the head caused by a primary malformation of the brain”; A. H.]. This girl was perpetually happy. An unbelievable happiness flashed from her eyes, and from the corners of her mouth. She always laughed. When I met her twenty years later, she still remembered everyone’s names. Her memory was phenomenal. This was the girl who knitted sweaters, day after day, from six in the morning to ten at night, for no apparent reason. She only paused to eat and sleep. That was all she did. As children, we came to depend on her personality and her company. When we left for school in the morning, she gave us a huge smile that we found fantastic. We never quite understood these things because they never existed inside us. On the other hand, this world fascinated us because it wasn’t our world. Whenever we called this patient of his “The Crisis”, my father flew into a rage. He always referred to them as the “sane others”. I think, this was a remarkable approch of treating them, especially at a time when the so-called “other” was often seen as a stranger. Andreas Höll: Janke became an artist in the isolation of a psychiatric ward. By comparison, Panamarenko enjoyed a classic artistic upbringing, attended the Academy, and found Andreas Höll: That was really an unbelievably, progressive form of treatment, especially in the 1940s and 50s, during the time when you were growing up. Andreas Höll: Janke was the inmate of a psychiatric ward, and was diagnosed insane. Do you see some special quality in that status? 82 fame on the intellectual platforms of the art world. Does attaching the label “mentally ill” to Janke and “sane” to Panamarenko have no deeper meaning anymore? Inszenierung Jankes eigener Modelle, 1950er Jahre Staging of Janke’s own models, 1950s Jan Hoet: That was 55 years ago. Up until the age of twenty, I always lived in a house with psychiatric patients. There were times when I didn’t know whether or not they were my brothers. Because of the cultural implication, you can’t always say what a brother really is. But when you live with others, and your parents never tell you who is and isn’t your brother or sister, you probably wouldn’t know anyway. It’s something you learn. In my case, it was a feeling. Everything had a heightened, affective value to it. We never thought of these people as being ill, different from us, or not our problem. They were simply part of the family. Andreas Höll: What fascinates me most is the girl who knitted day after day, doing, in effect, something useless without any real intention in mind. Jan Hoet: Art is absurd, too. You can’t do anything with art. Art can only be stared at, looked at. What else can you do with it? Nothing. Art can, of course, be sold, but that’s relative. That’s merely the economic angle, which also has nothing to do with art. Art is absurd – it’s an absurd activity. Andreas Höll: At an early stage, your studies brought you to the borderline between art and psychiatry. Over the last years, what made you change your focus on art of what your father called the “sane others”? Jan Hoet: It was, perhaps, being curious about things that emerge from a personality that’s separated from one’s own. In society, we learn that everything we do is meant to be justifiable and functional, and that a sympathy has to exist between oneself and the others. This isn’t the case with art. In art, you can offer what the other neither likes nor needs. Art is different. There’s no direct result, no direct effect. Andreas Höll: In contrast to that, Janke wanted to construct real airplanes, didn’t he? There was his “trajector” entitled Hiddensee, conceived as a holiday-transportation device. He wanted to create something useful. But that was never put into effect. Jan Hoet: Because society said, “That’s as far as we can go”, because there’s no real explanation for the things that we imagine and construct. They simply fall under the category of absurd, individual, schizophrenic, and meaningless behaviour. But wouldn’t it be great to actually build something like that? It would be incredible. Andreas Höll: Janke was interested in building a better world probably more than he was in making art. We talked about that earlier. Jan Hoet: Janke wanted to convey a message that expressed how he saw the world. He realized how amazing it would be if all of today’s instruments were rendered useless, and if something new and totally independent of them was created instead. I find this a beautiful and very humane idea. Andreas Höll: You mentioned earlier that you wanted to present Janke’s works in a larger show, together with Panamarenko’s works … Jan Hoet: That would be the ideal exhibition: Panamarenko – Janke. Viewers would learn to see, and to perhaps understand both artists better. Both artists propose ways of depicting individuality in a world that thinks, more and more, in collective terms. First publishing in Karl Hans (Joachim) Janke – Ein Brevier, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2003 83 Kleintrajekt, 1954 [Small trajector] 84 Turbinen-Trajekt, 1954 [Turbine trajector] 85 Kreisel-Hubschrauber, 1939 [Gyroscopic helicopter] 86 Stratosphären-Pfeil: Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit, 1954 [Stratosphere arrow: supersonic plane] 87 Clemens Füsers Raumbasis Hubertusburg oder Die Geschichte des sächsischen Ikarus Leicht angewinkelt der Arm, die Faust geballt bereit zum Schlag, die schmutzige Kleidung wie nach einer von Geistesblitzen erhellten Nacht in der Werkstatt, der kantige Bauernschädel fest auf den stämmigen Schultern und der Blick voll trotziger Entschlossenheit. Der Mann mit dem verrutschten Oberlippenbart wirkt wie eine Mischung aus einem verarmten Kaiser Wilhelm und einem nicht ganz so braven Schweijk und dennoch: Auf dem Foto von 1958 blickt ein Mann mit Visionen in die Kamera, beziehungsweise in die Zukunft. Neben ihm ein stromlinienförmiges, glänzendes Raumschiffmodell, so wie es Flash Gordon bestieg, um die Welt zu retten, und obwohl wir nicht wissen, ob Karl Hans Janke je einen der alten Comics gelesen hat, kann diese nahezu identische Kopie kaum Zufall sein. Im Gegensatz zum Superhelden Flash trägt Janke kein körperbetontes Trikot, das hat er nicht nötig, er kann die Welt allein mit seinen Gedankengängen retten, der Mann aus Kolberg in Pommern sieht die Zukunft vor sich auf einem weißen Blatt Papier, in seinem Gehirn bündeln sich die Fantasien der schönen, neuen Welt, und diese Welt hat nie erfahren, dass er, Janke seiner Zeit weit voraus war. Aber wusste Janke das selbst? Er, der große Einzelkämpfer, schien gewusst zu haben, was die Welt im Innersten zusammenhält, nur zu dumm, dass kein Mephisto je einen Pakt mit ihm schließen wollte. Auf kaum einen Visionär passt der Mythos von Genie und Wahnsinn so perfekt wie auf Karl Hans Janke, doch die Frage, welches dieser beiden Attribute bei ihm letztendlich die Oberhand gewann, wird wohl auf ewig unbeantwortet bleiben. Seine akribischen Entwürfe sind kunstvoll bis ins Detail, doch keine Kunst. Den Großteil seiner Erfindungen meldet Janke zum Patent an, die er aus Angst vor Ideenklau stets signiert mit: „Beeidige: eigene technische Idee“. In der Beschreibung zur Patentanmeldung eines weiteren Raumfahrzeuges namens Venusland beschreibt er das Antriebsverfahren seines „Raum-Trajekts“: „Das nach dem Prinzip der frühen Luftfahrtschiffe konstruierte Raumfahrzeug ‘Venusland’ ist gekennzeichnet durch eine pfeilförmige Rumpfbauform mit Balanceflächen und einer Ganzmetall- oder Kunststoff-Plankenschale, ferner durch bandagierte, kältegeschützte elektrisch erwärmbare Traggaskessel, in denen unbrennbar gemachtes Edelgas den Auftrieb erzeugt, wobei atom-elektrisch betriebene, peristaltisch arbeitende magnetische Hitze- oder Blitz-Impulsstrahltriebwerke mit vorheizbaren, hochtourigen, atom-elektrischen Stabturbinen oder Vorflutgebern die Raumluft, bzw. die raum-elektronische Füllung in Fluß, bzw. in Anstoß versetzen, wobei die Steuerung der Fahrzeuge im Raum durch eine magnetische Strahlablenkung erfolgt.“ Das Modell des „Weltraumschiffs“ auf dem Foto von 1958 trägt den naturverbundenen Namen Sonnenland, entsprungen der Phantasie eines Comiczeichners ähnelt es verblüffend den hochmodernen Raumgleitern, die zurzeit von der NASA getestet werden und in einigen Jahren die anfälligen Space Shuttles ersetzen sollen. Die Sonnenland ist nur einer von fast 4.500 Zeichnungen und rund 400 technischen Erfindungen, die Janke in seinem Leben anfertigte, doch statt an der Seite von Wernher von Braun in die Geschichte der frühen Raumfahrt einzugehen, betrieb er seine Forschungen in der geborgenen Atmosphäre des psychiatrischen Klinikums Schloss Hubertusburg in Wermsdorf, Sachsen. Von Braun entwarf für den Endsiegs Hitlers, Janke für den Sieg der Menschheit über die Schwerkraft; Von Braun erschien den Amerikanern nach Kriegsende unverzichtbar, auf Janke verzichtete die Gesellschaft und nannte ihn „chronisch paranoid schizophren“. Für Hitler hat Janke nicht einen Strich gezeichnet. 88 Klingen diese Beschreibungen schizophrener als der von Gene Roddenberry erdachte Warp-Antrieb, der längst zum allgemeinen Sprachgebrauch geworden ist? Der Unterschied scheint nur darin zu bestehen, dass Jankes Venusland auf einen öligen, profilsüchtigen Käpten Kirk verzichten konnte. Wer Jankes Technikbeschreibungen in ihrem einwandfreien Physik-Deutsch liest und seine präzisen Konstruktionszeichnungen mit den 3D-Modellen eines Großraumfliegers für bis zu 800 Personen vergleicht, kommt rasch zu der Erkenntnis: „Die spinnen, die von Airbus!“ Als das Einzelkind Janke im pommerschen Kolberg in ländlicher Umgebung aufwächst, schweben außer den Wolken als einzige Flugkörper die Zeppeline über die Köpfe der staunenden Menschen hinweg. Die aerodynamische Zigarrenform bleibt für ihn zeitlebends die Ikone des technischen Fortschritts, das Symbol des Aufbruchs, das ihn in die große Welt und die Menschheit ins Universum erheben sollte. Die majestätischen, lautlosen Luftgleiter mögen den verträumten Jungen verzaubert haben und gaben den Anstoß zur Bildung einer Kosmologie, in der Janke wie ein Moses in Cordhosen die Menschen aus dem Dunkel der Unwissenheit zum Licht der Erkenntnis führt. 1928 entwarf Fritz Lang in seinem Film Die Frau im Mond das Reisen der Zukunft. 1928 ist auch das Jahr, in dem Janke beginnt, sich als Erfinder zu begreifen, während er an der TU Berlin Abendkurse belegt und Zahnmedizin studiert. So werden später alle seine Aufzeichnungen doppelt datiert, einmal mit der aktuellen Jahreszahl der Erfindung, ein weiteres Mal mit 1928, dem geistigen Geburtsjahr des verkannten Genies, ein unübersehbarer Hinweis auf seine langjährige Erfahrung und seine kontinuierliche Arbeitsweise. Im Zweiten Weltkrieg ist Janke für den Dienst an der Waffe untauglich, die Raketen der Zukunft hat er schon im Kopf, dennoch träumt er von einem dauerhaften Weltfrieden, in dem Kinder aller Nationen die Aufteilung der neuen außerirdischen Territorien durch das Los bestimmen sollten. Ein Krieg der Sterne hätte Janke zutiefst abgestoßen, doch eine Föderation der vereinten Planeten wie in Star Trek wäre ganz in seinem Sinne gewesen. Während die Bomber der Alliierten den Himmel über Deutschland verdunkeln, basteln die Ingenieure im Auftrag ihres Führers in Peenemünde an der ultimativen Vernichtungswaffe V2; die zahllosen Fehlschläge verheimlicht man der Bevölkerung, doch in den propagandistischen Wochenschaufilmen wird den kriegsmüden Zuschauern die deutsche Wunderwaffe präsentiert, deren Besitz automatisch zur Weltherrschaft führen muss. Viele glaubten, Janke wäre dabei gewesen, doch hätte er sich das gewünscht? Wohl kaum; seine Begeisterung beschränkt sich auf einen fortschrittsgläubigen Technikwahn, denn sein Leben lang schafft Janke zum Wohle der ganzen Menschheit. In seinem Vermächtnis heißt es: „Ich bitte, die Bilder und Alben aufzubewahren, mit den vielen Zeichnungen und Modellen, die ich für Euch Menschen geschaffen habe.“ Janke in der Psychiatrischen Landesanstalt Schloss Hubertusburg, 1950er Jahre Janke in the State Psychiatric Facility Hubertusburg Castle, 1950s 89 Janke mit eigenem Weltraumbild in der Psychiatrischen Landesanstalt Schloss Hubertusburg, 1950er Jahre Janke with his own space picture in the State Psychiatric Facility Hubertusburg Castle, 1950s Wenn Janke sich von diesem nationalen Größenwahn nicht hat mitreißen lassen, dann verheißt der Vorstoß ins All vielleicht die Erfüllung erotischer Phantasien, denn in Anlehnung an Fritz Langs frühe Visionen räkelt sich auf der Spitze der V2-Rakete eine leicht bekleidete Frau auf einer Mondsichel. Mit der V2 zum Planeten der Frauen? Mit der Venusland durch das Wurmloch in den Garten der Lüste? Dieser Traum bleibt einer und Janke unbeweibt. Als der Krieg zu Ende ist, gibt es auch die Familie Janke nicht mehr. Nach dem Tod seines Vaters schlägt Janke sich als Kesselflicker und Spielwarenbauer durch, möglicherweise der Grundstein für seine Flugkörper- und Raumgleitermodelle. Eine aus Blechdosen oder Zigarrenkisten gefertigte Mondrakete hätte zu Janke gepasst wie die auf einer Serviette skizzierte Filmidee zu Hitchcock. Als kurz darauf auch noch die Mutter stirbt, wird Janke zusehends sozial auffälliger und verwahrlost. So wenig er sich der Gesellschaft und seinen Mitmenschen gewillt scheint anzupassen, desto konkreter und detailversessener widmet er sich seinen technischen Entwürfen und physikalischen Theorien. Er wirkt so abgemagert, dass er sich augenscheinlich nur von seinen Ideen ernährt. Schließlich kommt er 1950 in die Psychiatrische Landesanstalt Hubertusburg, die er bis zu seinem Tod 1988 nicht mehr verlassen wird. 90 Trotz der unfreiwilligen Isolation hinter den beiden Mauern – der von Hubertusburg und der des eisernen Vorhangs – bleibt Janke kein weltabgewandter Tüftler im Elfenbeinturm; er folgt 1966 dem Ruf nach Innovationen und schickt dem Büro für Neuerer der Fluglinie Interflug seine Konstruktionspläne für das Raum-Trajekt Venusland. Zunächst verspricht man ihm Hilfe bei der offiziellen Einreichung zur Patentanmeldung, doch nach genauerem Hinsehen verweist man ihn an die Kunst. Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akadmie für Dichtkunst bemüht sich um einen Kontakt zum Verein bildender Künstler, prompt beschwert sich Janke bei der Berliner Akademie; schließlich ist er kein Picasso oder Giacometti, der einer spontanen Inspiration folgt, sondern ein Pionier der Technik, der streng wissenschaftlich und nach den Gesetzen der Logik arbeitet; zumindest ist er sein Leben lang davon überzeugt. Hätte Janke den Ruf von Joseph Beuys erhört, wonach „jeder Mensch ein Künstler ist“, hätte er womöglich sein Metier einfach umbenannt und hinge längst im Museum of Modern Art. Vielleicht war sein ganzes Leben nur ein Irrtum, ein dummes Missverständnis, in dem die Liebe zwischen Kunst und Wissenschaft einen Riss bekommen hat. Auf eine Zeichnung seines Klinikbettes schreibt er: „Ich bin kein Idiot, ich bin ein normalschaffender Mann mit höherer Schule!“ Der Fantast und Flugvisionär Janke, der ein solch imposantes Oeuvre hinterließ, kann kein Idiot gewesen sein, nur ein unglücklicher Ikarus, der etwas anderes schuf, als er dachte. Karl Hans Janke war und blieb immer ein bescheidener Mensch. Er kannte nur ein Ziel, nämlich die Menschheit aus ihrem Gefängnis zu befreien und sie in eine bessere Welt zu führen. Genau das ist ihm auch gelungen, nicht mit Raketen oder Raumfähren, sondern mit seiner Kunst. Jankes Entwurf eines Abzeichens, 1954 Janke’s design for a badge, 1954 91 Hat der einzelne Bürger ein Recht wegzulaufen, oder ist es seine Pflicht, bei seiner Arbeit zu bleiben, sei es zum Guten oder zum Bösen? […] Ich entschied mich dafür, bei meinen Raketen zu bleiben. (W. v. Braun) Clemens Füsers Space Base Hubertusburg Or, The Story of the Saxon Icarus With his arm slightly bent, his clenched fist ready to strike and his stained clothing – as though he had spent the night brainstorming at the workshop –, the square-faced and broad-shouldered man with the slightly tilted moustache and a wildly resolute stare looks like a cross between an impoverished Emperor William and a not-so-good soldier Schweijk. Yet on this photograph from 1958 it is a man with visions that we see gazing into the camera lens, or the future as it were. Next to him stands a streamlined, gleaming model of a spaceship, similar to the one Flash Gordon boarded when he set out to save the world. And though we have no idea whether Karl Hans Janke read any of those old comic books, it is hard to believe this obvious likeness is a mere coincidence. But unlike the superhero Flash, Janke isn’t wearing a tight suit; he requires no such gadget, for he can save the world with the sheer power of his thoughts. The man from Kolberg in Pomerania sees the future lying out before him on a sheet of paper; his brain summons up fantasies of a brave new world – though this world never acknowledged that he was far ahead of his time. But was he aware of it himself? Janke, the great solitary fighter, seemed to know what kept the world running; too bad there was no Mephisto around to make a pact with him. Kugeltank zur Druckluftversorgung einer A4 (V2) Rakete Spherical compressed-air tank for a A4 (V2) rocket The “spaceship” model on the 1958 photograph carries the nature-minded name Sonnenland [Sun Land]. Born from the imagination of a comic-book designer, it bears an eerie resemblance to the space gliders currently tested by NASA, which are scheduled to replace the problem-ridden Space Shuttle in a few years’ time. Sonnenland is but one of the nearly 4,500 drawigns and 400 technological inventions Janke fathered in his lifetime. But instead of going down in history with Wernher von Braun as one of the great minds of early space technology, Janke carried out his confidential research in the sheltered atmosphere of the psychiatric hospital of Hubertusburg Castle in Wermsdorf, Saxony. Whereas Von Braun was planning for Hitler’s final victory, Janke struggled for mankind’s defeat of gravity. And while after the war Von Braun seemed indispensable to the Americans, society stubbornly ignored Janke, considering him “chronically paranoid schizophrenic”. Janke never drew a single line for Hitler. More than any other visionary, Karl Hans Janke lives up to the myth of the mad genius, but the question as to whether genius or madness eventually prevailed will probably never be answered. Although his meticulous and intricate drawings can be said to be artful, they can hardly be called art. Janke tried to patent most of his inventions, to which, for fear of plagiarism, he invariably added the handwritten mention “I swear: own technological idea”. In the description accompanying his patent registration of a spaceship called Venusland he explains the propulsion system of his “space trajector”: “The spaceship ‘Venusland’, which was constructed according to the principles of early aircraft, is characterized by an arrow-shaped fuselage with equilibrating surfaces and a metal or plastic plank shell as well as bandaged, cold-protected electrically heatable buoyantgas boilers in which uninflammable rendered inert gas causes buoyancy by which atomic-electrically-powered, peristaltically-working magnetic heat- or lightning-impulse-ray engines with preheatable, high-revving, atomic-electrical rod turbines or drain inducers set the space-air, respectively the space-electronic matter, in flow, respectively in motion, the steering of the vehicles in space being ensured by a magnetic-ray deviation.” Do these descriptions sound any more schizophrenic than Gene Roddenberry’s warp propulsion, which has long since become common knowledge? The only notable difference is that Janke’s Venusland dispenses with a slimy, self-important Captain Kirk. When looking at Janke’s technological descriptions and their impeccable physics jargon and comparing his precise construction drawings with the 3D models of a contemporary wide-body aircraft seating up to 800 passengers, one is tempted to think that the guys at Airbus must be crazy. At the time Janke was growing up as a single child in rural Pomerania, apart from clouds the only flying objects hovering above people’s heads where zeppelins. For Janke, their aerodynamic cigar-shaped bodies became an icon of technological progress, the symbol for the start of a new era, which would carry him out into the world and humanity into the universe. The majestic-looking, silent air gliders might have cast a spell on the dreamy little boy, becoming an incentive for a cosmology in which Janke, a Moses in corduroys, was leading mankind from the darkness of ignorance into the light of knowledge. In 1928 Fritz Lang, in his film Woman in the Moon, pictured his interpretation of future travel. This was the same year in which Janke started considering himself to be an inventor, while taking night courses at the Berlin University of Technology and studying dental medicine. Henceforth his notes were double-dated, featuring the actual year of the invention as well as the year 1928, the mental coming-of-age of a disregarded genius, thus explicitly referring to his longstanding experience and steady working method. During WWII Janke, deemed unfit for military service, was already devising the rockets of the future in his head. In his dreams of long-lasting world peace, children of all nations were to divide the newly conquered extraterrestrial territories by drawing lots. Janke would have been deeply appalled by the concept of Star Wars, and would have applauded the federation of planets in Star Trek instead. Postkarte, Hafen Peenemünde, 1902 Postcard, Peenemünde harbor, 1902 While allied bombers clouded the German skies, engineers in Peenemünde were devising the V2, the ultimate weapon of mass destruction, at the Führer’s behest. The numerous setbacks in the testing programme were carefully hushed up, while propaganda films praised the virtues of the presumed wonder weapon that was to enforce world domination – albeit to a war-tiring public. Many thought that Janke took part in this scheme, but could he really have wished for something like this? Hardly. Janke’s enthusiasm was no more than an obsession with technological progress, and throughout his life, he worked for the benefit of humanity. His testament states: “I ask you to keep the images and albums with the numerous drawings and models that I created for you humans.” While Janke was not infected by the national megalomania, space exploration might have carried the promise of a fulfilment of erotic fantasies; in reference to Fritz Lang’s early visions, the tip of the V2 rocket featured the image of a scantily clad woman riding on a crescent moon. On to the Planet of Women aboard the V2? Through the wormhole into the Garden of Pleasure with the Venusland? This vision remained a dream and Janke a bachelor. When the war was gone, so was the Janke family. After the death of his father, Karl Hans earned a living as a tinker and toy manufacturer, which was maybe the starting point to his aircraft and space glider models. A moon rocket made from tin cans or cigar 95 Arbeitszimmer, Heeresversuchsanstalt, Peenemünde, 1940er Jahre Working room, army experimental facility, Peenemünde, 1940s boxes would have been as typical of Janke as a movie script scribbled on a paper napkin was of Hitchcock. His mother having died shortly later, Janke’s behaviour became increasingly erratic as he started betraying signs of neglect. The less he seemed willing to adapt to society and his fellow humans, the more concrete and detailed became his obsession with technological designs and physics theory. He soon looked so emaciated that he appeared to be feeding off ideas only. In 1950 he was eventually interned in the Federal Psychiatric Institution Hubertusburg, where he would remain until his death in 1988. Despite his forceful isolation behind two walls – the institution and the Iron Curtain – Janke never indulged in the behaviour of an unworldly scientist in the ivory tower. In 1966 he answered the call for innovations by sending the State airline Interflug’s Büro für Neuerer [Office for Reformers] his construction plans for the space trajector Venusland. Though he was first promised assistance in submitting a patent, the committee in charge took a second look at his work and stamped it as “art”. The Visual Arts Section of the German Academy of Poetry tried to establish contact with the Artists Union, upon which Janke filed a complaint with the Berlin Academy. After all, he was no Picasso or Giacometti following a spontaneous inspiration but a pioneer of technology working in a strictly scientific way and according to the laws of logic – or so he thought throughout his life. If 96 Janke had picked up Joseph Beuys’s assertion that “every man is an artist”, he might have simply renamed his work, which would thus have been introduced into the Museum of Modern Art a long time ago. Maybe his entire life was one big mistake, a silly misunderstanding in which the loving relationship between art and science was shattered. On a drawing of his hospital bed he wrote: “I’m not an idiot, I’m a normally working man with higher education!” The dreamer and visionary Janke, leaving behind an impressive body of work, surely wasn’t an idiot – only a luckless Icarus who had created something else than what he thought. Karl Hans Janke was and always remained a modest man. He knew only one goal, which was to liberate humanity from its prison and lead it into a better world. And this is precisely what he managed to do; not with rockets or spacecraft but with his art. Veranstaltungsplakat, 1920er Jahre Poster for an event, 1920s 97 Atom-Strom-Generator, 1978 [Atomic electricity generator] 98 Kanal-Erhitzer u. Induktions-Strahl-Beschleuniger, 1955 [Channel heater and induction-beam accelerator] 99 Kopier-Apparat: Film auf Film, 1967 [Copying machine: film to film] 100 Kupol-Kocher, 1956 [Kupol cooker] 101 Auszug aus einem Lichtbildervortrag Jankes (1970) … Mein Atom dagegen, welches auch als RaumelektronenAtom angesprochen werden könnte, ist eine Stromsammlerund Komprimier-Maschine, wobei der Strom selbst aus dem magnetischen Kraftfeld der Erde, beziehungsweise aus dem ganzen Sonnensystem gezogen wird! Ich erinnere an die zentrale, magnetische Straße im Sonnenringsystem! Der Strom als solcher befindet sich bereits im Raum, unsere Lufthülle, unsere Erde ist erfüllt mit diesem Strom! Eine reichliche Nachfüllung erfolgt von der Sonne aus! Milliarden Raumelektronen, die Jahrtausende lang von der Sonne in's System gedrückt wurden, erzeugen diesen Strom, den ich dann mit geeigneten Akzeptoren, Antennen, Sensibilisatoren etc. aufnehme und vermittels präzise gebauter Kompressoren in die stationäre (oder transportable) Anlage pressen lasse! … Und da aus vielen Raumelektronen der Strom in meinem Kraftwerk wird, kann man dieses mit gutem Recht als Atomkraftwerk bezeichnen; in der Gegenüberstellung zum Sowjetischen Atom – als, „Deutsches-Atom“! Bevor ich Ihnen einige Darstellungen des Kraftwerkes vorführe, möchte ich kurz über die Möglichkeit seiner Verwendung als Stromerzeuger - ohne Zugrundelegung oder Verwendung anderer Treibstoffe für den Betrieb desselben – sprechen. (Bild: Hausdach-Anlage) Man kann derartige Kraftanlagen auf allen Hausdächern montieren; d. h. die Akzeptoren dafür; die Kraftanlagen selbstverständlich unter dem Hausdach, in den oberen Bodenräumen! Mit Hilfe des daraus gewonnenen Stromes, kann man sämtliche – Licht- und Kraftstromverbrauchende Apparate, Aggregate oder Motoren betreiben! Das ist natürlich ein kolossaler Fortschritt, weil erstens sämtliche Fernleitungen fortfallen, ferner die Ausgaben für Gas, Öl und Antriebsstoffe, drittens die Sperrzeiten und viertens das Frieren im Winter! … Land-, Luft-, Wasser- und Raumfahrzeuge fahren und fliegen eines Tages mit diesem Atom! Selbst ein dem Moped ähnliches Atomrad fährt damit ununterbrochen 1 bis 1,5 Monate lang. Dann setzt man einige Teile neu ein! Derartige Kraftfahranlagen sind – zu Anfang ihrer Einführung noch 30 bis 40 % teurer als die heute gebräuchlichen Antriebe; aber im Laufe der Zeit dürfte auch hier der Preis sinken! Schließlich muß man immer bedenken, daß unser Kraftwagen, von der alten Kutsche des Carl Benz bis zum heutigen Luxuswagen eine lange Zeit mühevoller Entwicklungsarbeit kostete; selbst das Fahrrad war seinerzeit nicht das, was es heute ist! Und 102 so wird sich auch dieses Raumelektronen-Atom und -Kraftwerk weiter entwickeln durch die Jahrtausende; aber jedenfalls wurde hier in Hubertusburg-Wernsdorf (Sachs.) erst einmal – der – heute schon brauchbare Anfang gemacht! Man wird dieses Atom auch verwenden, um riesige SendeAnlagen zu erbauen. Das Modell eines solchen Senders führte ich hier auf einer großen Ausstellung meiner Sachen im Jahre 1959/60 etwa 985 Besuchern vor. (Bild: Atomsender) Es war ein Turm mit kugelförmigem Aufsatz, abgeplankt mit einer gepreßten Wabenschalfläche aus wetterfestem Kunststoff (1935 bereits erstes Schutzrecht auf WabenwandVerschalungen!), der die Speicherkapazitäten, Stellkapazitäten – Drehkondensatoren, Röhren und dergl. aufnahm! Letztere befanden sich im oberen Kopfteil, welches – wie gesagt – kugelförmige Gestalt hatte. Die Fascetten einer solchen Kugelkuppel sind für mich seit 1937 durch ‘Deutsches Reichspatent’ (DRP) patentamtlich geschützt! Trotz dieser Tatsache – und zu meinem großen Befremden eignete man sich diese Idee in Berlin an und erbaute damit den 1. Funkturm mit Kugelkopf! Es ist eine eigenartige, bedauerliche Tatsache, daß sich bisher in den 20 Jahren, wo ich hier in der Hubertusburg bivakiere, noch niemand vom Staate um mich bekümmert hat und auch meinen Sachen bisher keine Beachtung schenkte, obwohl ortsansässige und benachbarte Fachleute sich bereits sehr anerkennend aussprachen über meine Arbeit, die wohl eine der schwierigsten und kompliziertesten der Technik ist! … Zusammenfassend – komme ich nun dazu, festzustellen, daß ein Spiralnebel, ein Stabmagnet, ein Baum oder Strauch, eine Schwalbe, Tiere und Menschen mit Kopf und motorischen Organen, ebenso wie Wolken, Steine, Atomsysteme, Sender – selbst Erscheinungsformen wie Krieg und Frieden etc. etc. alles alles, nach einer einzigen Form zu bemessen ist! Das ist das Bild der ‘Lebensfigur’! (Bild: Lebensfigur) Fische mit Flossen, Auto’s mit Rädern, seitlichen Antriebsorganen; Tiere und Menschen mit Bewegungsorganen, alle Gegebenheiten der Natur sind in dieser Lebensfigur enthalten! Selbst ein Sonnensystem mit „Kopf“, „Körper“ und Abstrahlern (Nebelschwaden – oben und unten!), „Armen“ und „Beinen“ ist hier zu finden! Ich habe einige Zusammenhänge entdeckt zwischen den Dingen und Erscheinungsformen der Natur und dem menschlichen, tierischen und pflanzlichen Leben! Eine ganz neue Wissenschaft, deren höchste Entfaltung gipfelt in riesigen Atomkraftwerken, Luft-, Land-, Wasser- und Raumfahrzeugen: eine neue radioatomelektrische Zukunft! … Und nun will ich Ihnen noch mein Kraftwerk vorführen, und darüber noch einige Worte zu Ihnen sprechen! (Bild: Atom-Erde) Dieses Bild zeigt einen Querschnitt unserer Erde mit ihren Metallmassen, radioaktiven, zentralen Feuern und ihrer Lufthülle, die, durch die Erdrotation bedingt, sich in Spiralen, wie eine Radiospule, um den Erdkörper aufrollt! Durch die Sonne als Sensibilisator – und die Polströmung aufgeladen, speichert unsere Erde die riesigen Mengen an Elektrizität, die wir nur abzuzapfen brauchen! Dazu wird – nach meiner Technik – nur ein ganz geringes Quantum an reaktiver Substanz benötigt, ca. 24 % dessen, was im Sowjetischen Reaktorkraftwerk verbraucht wird, weil ich diese Strahlmassen in geschlossenen Röhrenkolben zur Anwendung bringe! So sieht also nun unser Raumelektronen-AtomGroß-Kraftwerk aus! (Bild: Atomkraftwerk) Im Kugelkopf Röhren, Sensibilisatoren, Akzeptoren, Kapazitäten, Spulen, etc. Im Turm Speichereinheiten, reaktive Sonden, Stellkapazitäten, Neutral- und Ladestrecken. Im Gebäudeteil Translatoren, Großkessel-Verteiler, Abstrahl-Antennen-Aggregate, Gegengewichte, Blitzsicherungen und Ölschalter nebst Stromableitungen. Die gleiche Anlage, mit fast den gleichen Teilen, befindet sich in jedem Raum-Trajekt; in verkleinerter Form in jedem Fahrzeug; eines Tages in Atomuhren mit gesendetem Zeigertrio, Musikempfängern, Kofferradios oder dergl. zum nächsten fahren! Diese Raum-Insel-Wolke – meine eigene wissenschaftliche Hypothese – keines anderen Wissenschaftlers auf Erden – nähern und entfernen sich im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden. Sie ziehen durch den ewigen Raum ohne Grenzen, nach oben, nach unten, nach rechts und nach links – wie die Wolken über unserer Erde! Zu einem Zeitpunkt des Anlagerns – solcher Rauminselwolken, werden wir überwechseln mit unseren Fahrzeugen zur nächsten Rauminselwolke – und so fort – in Ewigkeit durch’s ewige All! Kinder in Wermsdorf mit einem Modell Jankes, 1960er Jahre Children in Wermsdorf with one of Janke’s models, 1960s Diese Arbeit umfaßt einen Arbeitszeitraum von 42 Jahren, mit über 420 technischen Neuerungen auf allen Gebieten des Lebens, insgesamt über 1000 neuen Gedanken! … Und nun, liebe Anwesende, beende ich meinen Vortrag mit einer herzlichen Bitte: „Wenn Sie jemals an Raumfahrt denken – dann bitte – behalten Sie mich und meine toten Eltern in guter Erinnerung! Ich war der erste unseres Volkes, der alles hierfür fertigstellte – und sagt dann – recht schön danke – das hast Du uns geschenkt, Karl Hs. Janke! Beeidige, eigene Arbeit: 1928/70 Karl Hans Joachim Janke Sie sehen in den beiden nächsten Bildern nun noch ein Modell des Atomkraftwerkes und ein Modell der gesendeten Uhr! (Bild: Modell Kraftwerk u. Uhr) Solch ein Kraftwerk kann (bis zu) 6 bis 8 Türme aufweisen. Eine ganze Stadt könnte dadurch Licht erhalten. … Zum Abschluß meines Vortrages will ich Ihnen noch eine „Aufnahme“ aus dem Weltall präsentieren! (Bild: Weltall) Raum-Inselwolken – 420 Millionen km lang – 150 Millionen km Durchmesser! Milliarden – Milliarden – im finsteren Raum! Ich bezeichne diese als Muttergrund-Wolken, weil sie die Nährstoffe für die Sonnensysteme enthalten; in staubförmigem Zustand sämtliche Elemente, die wir aus der Chemie her kennen! Darauf strahlen die Sonnen und -Systeme, die wachsen, wie die Blumen auf den Wiesen! 3 – 5 – 9 – 11 Sonnensysteme auf jeder Nährbodengrundwolke. Wir Menschen werden zunächst von einem Sonnensystem 103 Mein Land hat zwei Weltkriege verloren. Diesmal möchte ich auf der Seite der Sieger stehen. (W. v. Braun) Excerpts from a Slide Show by Karl Hans (Joachim) Janke, 1970 My atom, on the other hand, could also be called a spaceelectron atom. It’s an energy-collecting and condensation mechanism, in which case energy is absorbed respectively from the earth’s magnetic field and likewise the entire solar system. Let me remind you of the central, magnetic strait in the solar ring-system. The energy as such already exists in space, as well as in our atmosphere. Our earth teems with such energy and the sun provides a great supply of it. Billions of space-electrons, pressed into the system over thousands of years by the sun, generate the energy that I then retrieve using the suitable acceptors, antennas, sensibility gages etc., and, with the help of precisely constructed compressors, press into the stationary (or mobile) system. … Since countless space-electrons are turned into energy in my power plant, it would be correct to call this a nuclear power plant. In contrast to the Soviet atom, I refer to my atom as the “German atom”. Before acquainting you with my power plant, let me briefly mention the different ways of using it as a generator – without its operation calling for the use of any form of fuel. (picture: roof antenna). The power systems can be installed on all roofs, meaning here the acceptors for them. Power systems will be installed under the roof, of course, in the attic. The energy derived in this way is capable of powering all machines, units, and motors, which use light or electricity. This is, in fact, a tremendous innovation. Firstly, because power lines become unnecessary; secondly, because the expenses for gas, oil, and combustion material cease; thirdly, because of power cuts; and fourthly, for warmth in the winter. … One day, the operation of all land, air, sea and space-vehicles will rely on this atom. On the basis of this power source, an atomic bike, similar to a motorbike, can operate from 1 to 1.5 months, after which time only a few parts would need to be exchanged. In the initial stages, when first introduced on the market, these power-systems will be 30 % to 40 % more expensive than regular systems; but, in time, the overall costs will drop. Consider here the arduous period of development that led our motor vehicles from the antique coach by Carl Benz to today’s luxury car. Even bicycles were less developed than they are today. The same applies to further developments on the space-electron atom, and power plant, seen over thousands of years to come. But today, at least here, in Hubertusburg, Wermsdorf (Saxony), the constructive 106 first step has already been taken. The atom will also be used to erect huge transmitters. A model of this transmitter was shown to more than 985 visitors, in 1959/1960, at a large exhibition of my inventions. (picture: atomic transmitter). It was a tower with a spherical top, covered by a pressed honeycomb-like material made of weatherproof plastic (since 1935, honeycomb panels are protected by copyright), and outfitted with storage capacities, turning condensers, valves etc. These were located in the upper portion, with the aforementioned spherical shape. The facets of such a spherical cupola have been protected by the Deutsches Reichspatent – DRP patent office since 1937. Yet, to my astonishment, my idea was exploited in Berlin, where the first radio tower with a spherical top was erected. It’s both strange and unfortunate that, over the 20 years in which I’ve lived in Hubertusburg, no government official has ever noticed or even shown interest in my work, although, being among the most difficult and complicated work in the world of technology, it was praised by local and neighbouring specialists. In sum, I would like to state that a spiral nebula, bar magnet, tree or bush, a swallow, animals, and human beings with head and motor organs, as well as clouds, stones, atomic systems, transmitters – even manifestations such as war and peace – should all be measured using a single form! This is the image of the Figure of Life (picture: Figure of Life). Fish with fins, cars with wheels – propulsion organs on the side; animals and humans with motor organs, and all given facts of nature, exist within this figure of life! One can even find here a solar system with “head”, “body”, “arms”, and “legs” branching off (nebula patches, top and bottom). I discovered connections between facts and manifestations of nature, and the life of humans, animals and plants – an entirely new science whose development will culminate in enormous nuclear plants, as well as countless air, land, sea and space-vehicles: a new electrically-powered radio-nuclear future! … Now I would like to demonstrate how my power plant works, and share some information with you. (picture: atom-earth) This picture shows a cross-section of our earth with all the centrally-located metal masses and radioactive fires, and the atmosphere, caused by the earth’s rotation, winding itself around the globe of the earth as though on a radiospool. Charged by the sun’s sensitizing function, and the polar flow, our earth stores huge amounts of electricity, and we simply have to draw it off. Therefore – according to my technology – only a minute quantum of reactive substance will be needed. This is approximately 24 % of what’s used in Soviet-based nuclear plants, since I make use of radiating masses in sealed piping. This is what our large, space-electron nuclear power plant looks like (picture: nuclear power plant). In the spherical head, we find tubes, sensibility gauges, acceptors, capacities, valves etc. The tower’s body contains storage units, reactive probes, capacities, and neutral as well as charged sections. In the tower’s building, we have converters, boiler systems, radiating-antenna units, counterweights, lightning conductors, and oil switches with current conductors. The same system, with almost identical parts, is installed in every space traject; a smaller version will exist in every vehicle and, sooner or later, in atomic clocks with a trio of transmitted hands, music receivers, suitcase radios, and other items. In the following two pictures, you see models of the nuclear power plant and the transmitted clock. (picture: models of the power plant and clock). A power plant of this kind can have six to eight towers, and provide light for an entire city. … To conclude my lecture, I would like to present an “exposure” made in outer space (picture: outer space). Galactic islandclouds – 420-million-kilometers-long and 150-millionkilometers in diameter. Billions – billions – in the darkness of space! I call them mother-nutrient clouds because they contain all the nutrition needed by the solar system – all of the known chemical compounds, existing in a dust-like state. Shining suns and systems grow wild on it like meadow flowers! Three, five, nine, eleven solar systems on every soilnutrient cloud! In the early stages, humans will travel from one solar system to another. These space-island clouds – according to my own scientific hypothesis, and discovered by no other scientist on earth – will draw closer and move away again over a period of thousands and thousands of years. They roam through eternal space without borders, drift up and down, and to the right and left – like the clouds above our earth. When such space-island clouds meet and align, we’ll make transfers with our vehicles from one cloud to the next, and continuously drive through eternal space. This work covers a time period of 42 years, 420 technological innovations in all areas of life, and a total of more than 1,000 new ideas! Deutsches Raumelektrizitätskraftwerk, Modell Jankes, 1954 German space electricity power plant, Janke’s model 107 Schneller Höhenjäger mit Kreisel-Hubschraube, 1935 – 1955 [Fast high-altitude fighter with gyroscopic helicopter] 108 Vergleich Sonnensystem-Mensch u. a., 1950 – 1955 [Comparison between the solar system and human beings and other things] 109 oben: Übersiedlung der Menschen von Stern zu Stern, 1928 – 1968 [Human emigration from star to star] unten: Erde-Mond: Verkehrsregeln Abflug – Ankunft, 1969 [Earth-Moon traffic regulations departure-arrival] 110 oben: FDGB-Trajekt, 1928/57 [FDGB Trajector] unten: Interferenz-Wolken hinter dem atommagnetischen Raumschiff, o. J. [Interference clouds behind the atomic-magnetic rocket] 111 112 Beheizbare Kondens. Positrode des Impuls-Strahl-Triebwerks, 20.10.1957 [Heatable Condensation Positrode of Impulse-Ray Engine] 116 113 Super-Tornado Strahl-Düse, 1928 – 1935 – 1937 – 1952 – 1966 [Super Tornado Ray Jet] 114 115 Deutsches Raum-Trajekt: Venusland, 1928 – 1937 – 3.12.1952 – 20.10.1954 – 1957 [German Space Trajector Venusland] 117 118 Serienbauteile, 1952 [Serial components] 119 120 Dreistufiges Atom-Magnetisches Blitz-Düsen-Triebwerk, 1928 – 3.12.1952 – 20.10.1957 [Three-Level Atomic-Magnetic Lightning-Jet Engine] 121 Dampf-Düsen-Schiff Orionstadt, 1955 – 1957 [Steam-jet ship Orionstadt] 122 Weltall – Oscillationsringe des Sonnensystems, 1928 – 1968 [Space – oscillation rings of the solar system] 123 124 Weltall-Fahrzeug D-001/Deutsches Raum-Trajekt: Venusland, 3.12.1952/14h20 MEZ [CET] [Space Vehicle D-001/German Space Trajector Venusland] 125 oben: Landung zwischen Packeishalden am Nordpol des Mondes, 1969 [Landing between heaps of pack ice at the moon’s North Pole] unten: Planeten-Trajekt: Orion 359 d-2 der Internationalen Trajekt-Linien-Gesellschaft Terrafortune, 1928 – 1958 [Planet trajector: Orion 359 d-2 of the International Trajector Lines Company Terrafortune] 126 oben: Lunapolis – Stadt auf dem Mond? Raumbild-Reportage, o. J. [Lunapolis – City on the Moon? Space image report] unten: Transport austral. Tiere per Trajekt statt Schiff, 1969 [Transport of Australian animals by trajector instead of ship] 127 Übersiedlung der Menschen von Stern zu Stern, 1928 – 1954 [Human emigration from star to star] 128 Ankunft einer Raum-Kugel auf dem Standard-Flugplatz, 1928 – 1968 [A space sphere arrives at a standard airport] 129 Raum-Kugel-Trajekt, 1937 – 1969 [Space sphere trajector] 130 Raumkugel-Trajekt, 1956 – 1977 [Space sphere trajector] 131 Raum-Trajekt Terra Venussa, Plutonia, 1925 – 37 – 1952 – 54 – 59 – 72 [Space trajector Terra Venussa, Plutonia] 132 Magnetisches Turbinen-Düsen-Hitzestrahl-Triebwerk, 1953 – 1956/57 – 1972 [Magnetic turbine jet heat-beam engine] 136 Magnet. Raumelektron Plutonia, 1928 – 1957 – 1960 [Magnetic space electron] 133 Elektronen-Strom-Generator, 1969, Atom-Sonne, 1968/69 und Raum-Elektrizitäts-Akzeptor, 3.12.1952 [Electron Power Generator; Atomic Sun; Ambient Electricity Acceptor] 134 135 Atomelektrisches … Raketen-Triebwerk, 1953 – 57 [Atomic-electrical … rocket engine] 137 Karl Hans (Joachim) Janke Biografie Biography 21.8.1909 Geburt von Karl Hans Janke in Kolberg/Pommern (heute Kolobrzeg, Polen) Karl Hans Janke is born in Kolberg/Pomerania (today Kolobrzeg, Poland) 15.2.1988 Nach längerer Pflegebedürftigkeit Tod Jankes in Wermsdorf Janke dies in Wermsdorf after long nursing period Einzelkind, wächst in bürgerlichen Verhältnissen in Kolberg auf, die Eltern besitzen ein großes Mietshaus. Nach dem Verkauf des Hauses erwerben sie ein Gut in Dryhn und betreiben Landwirtschaft. Grows up as the single child of a lower-bourgeois family that owns a large apartment house in Kolberg. After selling the house, in Dryhn they run a farming estate. Besucht Volksschule Kolberg und Domrealgymnasium Stettin Studies at the Kolberg Public School and the Stettin Gymnasium Abitur an der Oberrealschule Berlin-Lichterfelde Graduates from the Berlin-Lichtenfelde High School Nach dem Abitur besucht er Abendkurse an der Technischen Universität Berlin und studiert wahrscheinlich bis 1932 Zahnmedizin an der Universität Greifswald. After graduation he takes night courses at the Berlin University of Technology and presumably until 1932 studies dental medicine at the Greifswald University. Ab 1940 Kriegsdienst, Aufenthalt in 5 Lazaretten, erster Verdacht einer psychischen Störung, 1943 Entlassung aus der Wehrmacht aus gesundheitlichen Gründen Drafted in 1940, 5 stays at military hospitals, first suspicions of psychological disorder, in 1943 he is dismissed from the army for health reasons 2000 Wiederentdeckung der Werke Jankes auf einem Dachboden durch Dr. Peter Grampp, zur Aufarbeitung erhält es der Rosengarten e. V. Janke’s body of work is rediscovered in an attic by Dr Peter Grampp and entrusted to the Rosengarten e. V. Association for archiving and research purposes Beginn der Recherche und der Vorbereitungen von Ausstellungen zum Werk Jankes im Kunstkontext durch den Kurator Peter Lang Curator Peter Lang starts research and preparation work for exhibitions on Janke’s work in the visual arts context 1945 Tod des Vaters, Flucht aus Pommern und Ankunft in Großenhain (Sachsen) Father dies, Flight from Pomerania and arrival in Grossenhain (Saxony) 1948 Tod der Mutter, Janke ist verwahrlost und unterernährt, führt „auffällige Lebensweise“ Mother dies, Janke shows signs of neglect and malnutrition, has “conspicuous life style” Kurze Haftstrafe Short prison sentence 4.6.1949 Einweisung in die Nervenklinik Arnsdorf (Sachsen) Internment in the Clinic for Nervous Diseases Arnsdorf (Saxony) 8.11.1950 Verlegung in die Psychiatrische Landesanstalt Hubertusburg in Wermsdorf (Sachsen), Diagnose: „chronisch paranoide Schizophrenie“, ein Symptom dafür sei „wahnhaftes Erfinden“ Transfer to the Federal Psychiatric Institution Hubertusburg in Wermsdorf (Saxony), a “chronically paranoid schizophrenia” is diagnosed, one of the symptoms being a “mad scientist” syndrom In den folgenden fast vier Jahrzehnten entstehen ca. 4.500 Zeichnungen, 400 Erfindungen und zahlreiche Modelle von Flugmobilen, Energiestationen und futuristischen Raumschiffen. Janke hält Lichtbildervorträge und veranstaltet in der Klinik eine Ausstellung zu seinen Theorien. In the following four decades, he produces nearly 4,500 drawings, 400 inventions and numerous models of aircraft, energy stations and futuristic spacecraft. Janke gives slide-show lectures and organises an exhibition on his theory in the clinic. 138 2001 In Zusammenarbeit mit Jan Hoet (ehemaliger Leiter der „Documenta IX“) erstmalige Ausstellung von Werken Jankes in der Kunstausstellung „Yellow“ im belgischen Geel In collaboration with Jan Hoet (former director, “Documenta IX”), Janke’s works are shown for the first time as part of the art exhibition “Yellow” in the Belgian town Geel 2003 Präsentation des Werkes im Berliner Künstlerhaus Bethanien, aus diesem Anlass erscheint der Katalog „Karl Hans (Joachim) Janke – ein Brevier“ Janke’s work is shown at the Künstlerhaus Bethanien in Berlin, the catalogue “Karl Hans (Joachim) Janke – ein Brevier” is published as part of the exhibition 2003/04 Das Festspielhaus Hellerau in Dresden (heute umbenannt in Europäisches Zentrum der Künste Hellerau) zeigt die Ausstellung „Stille des Fliegens“. The Festival Theatre Hellerau in Dresden (today renamed European Centre for the Arts Hellerau) stages the exhibition “Stille des Fliegens” [On the Quietness of Flying]. 2005 Präsentation der Arbeiten in Le Manège – Scène Nationale, Maubeuge, und Maison des Arts de Créteil, Frankreich The works are presented in Le Manège – Scène Nationale, Maubeuge, and at the Maison des Arts de Créteil, France Medienberichte erscheinen bei MDR-Kultur, in der Sächsischen Zeitung, in der Berliner Zeitung, in der Süddeutschen Zeitung, heise online, Scheinschlag (Berlin) u. a. Media reports on MDR-Kultur (Public radio cultural broadcast), in the Sächsische Zeitung (Saxony), Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung (Southern Germany), heise online, Scheinschlag (Berlin) a. o. Die Autoren The authors Peter Lang Autor und Ausstellungsmacher, Berlin Author and curator, Berlin Moritz Götze Künstler und Ausstellungsmacher, Halle Artist and curator, Halle Peter Cross Autor und Kurator, Berlin, London Author and curator, Berlin, London Dr. Peter Grampp Chefarzt der Psychiatrie, Fachkrankenhaus Hubertusburg, Wermsdorf Head Physician at the Psychiatric Hospital Hubertusburg, Wermsdorf Jan Hoet Künstlerischer Direktor MARTa Herford Artistic Director MARTa Herford Andreas Höll Redakteur und Kunstkritiker beim Kulturradio des MDR Writer/editor for culture and visual art at MDR KULTUR radio Clemens Füsers Autor und Schriftsteller, Berlin Author, Berlin Janke über Janke: – behauptet Abendkurse an der TU Berlin belegt, ein Dolmetscher-Examen abgelegt sowie in Greifswald drei Semester Zahnmedizin studiert zu haben; nachgewiesen ist die Immatrikulation in Greifswald für ein Semester Zahnmedizin – gibt an, er hätte in Großenhain sein Geld als Konstrukteur verdient und Töpfe genietet sowie eine kleine Werkstatt zur Spielsachenherstellung betrieben – sieht sich selbst als Erfinder, Ingenieur, Künstler und Original-Genie und formuliert seine eigenen Theorien zur Geschichte des Weltalls, der Evolution und zur friedlichen Nutzung einer regenerativen Energie, des „Jankeschen Atoms“ Janke on Janke: – claims to have taken night courses at the TU Berlin, to have passed an interpreter exam and to have studied three semesters of dental medicine in Greifswald; the only existing proof is a one-semester immatriculation in Greifswald – claims to have earned a living in Grossenhain as a constructor and tinker and by running a small toy workshop – considers himself an inventor, engineer, artist and original genius and formulates his own theories on the history of the universe, on evolution and the peaceful use of a renewable energy, the so-called “Janke Atom” 139 Impressum Katalog zur Ausstellung im Historisch-Technischen Informationszentrum Peenemünde vom 23. Juni bis 4. November 2007 Herausgeber, Ausstellungskonzeption und Redaktion Moritz Götze und Peter Lang Assistenz Verena Lehmbrock, Dirk Ockhardt und Roland Boden Übersetzungen Boris Kremer, Berlin Andreas Brunstermann, Berlin (Interview Hoet/Höll und Auszug aus einem Lichtbildervortrag Karl Hans Jankes) Mitch Cohen, Berlin (Titel Archivbilder) Zitate auf den Doppelseiten mit Landschaftsfotografien der ehemaligen Heeresversuchsanstalt Peenemünde Wernher von Braun, Als wir noch Lausbuben waren, München, 1966. Wernher von Braun, Erinnerungen an den Sommer 1930, Ms., 1973. Wernher von Braun, British Interplanetary Society Journal, 1951. Wernher von Braun, Mein Leben für die Raumfahrt, Offenburg, 1969. Wernher von Braun, The American Weekly, 1958. Gestaltung Jo Schaller, Halle (Saale) Fotografien Historisch-Technisches Informationszentrum Peenemünde Rosengarten e.V., Wermsdorf Deutsche Fotothek, Dresden (Luftbild Seite 37) Trotz sorgfältiger Nachforschungen konnten die Rechteinhaber nicht in allen Fällen ermittelt werden. Herstellung Scan Color Leipzig GmbH © Alle Rechte bei den Autoren, für die Fotografien und Arbeiten Karl Hans Jankes beim Rosengarten e.V. Wermsdorf Historisch-Technisches Informationszentrum Peenemünde www.peenemuende.de Peenemünde, Juni 2007 HASENVERLAG GmbH, Halle (Saale) www.hasenverlag.de ISBN 978-3-939468-11-0 Mit Unterstützung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Kulturförderung des Landes 2007 Besonderer Dank an Dr. Peter Grampp und den Rosengarten e.V. sowie Ralf Lenk und Karin Häberle (Scan Color Leipzig GmbH)