Obdachlosenhilfe Sankt Bonifaz
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Obdachlosenhilfe Sankt Bonifaz
Obdachlosenhilfe St. Bonifaz München Jahresbericht 2015 Unser Team – Unser Projekt Unsere Badeabteilung erstrahlt in neuem Glanz Menschen „Es sind diese kleinen Dinge, die für die Menschen wichtig sind.“ – Interview mit Dr. Gertraud Burkert, Sozialbürgermeisterin von München a. D. Aktionen „München ist bunt“ – auch bei uns 2 | Liebe Freunde des Haneberghauses, wir haben uns bemüht, den Jahresbericht 2015 wieder abwechslungsreich und informativ zu gestalten. Wir hoffen, Sie gewinnen manche neuen Einblicke in unsere Arbeit und haben Freude beim Lesen. Ganz herzlichen Dank für Ihre großzügige Unterstützung unserer Arbeit – vor allem natürlich im Namen aller der von uns betreuten Gäste. Der Eingang des Haneberghauses mit der Bronzebüste des Ordensgründers der Benediktiner (Benedikt von Nursia, ca. 480-547) von Josef Henselmann Foto: Frater Matthias Leidenberger OSB Um Portokosten zu sparen, haben wir uns wie immer entschlossen, auch diesen Jahresbericht ohne Anschreiben zu versenden. Wir hoffen, Sie haben dafür Verständnis. Bereits seit einigen Jahren stellen wir den jeweils aktuellen Jahresbericht aber auch als pdf zum Download auf unserer Homepage bereit. Sie finden ihn unter: www. sankt-bonifaz.de/obdachlosenhilfe Sollten Sie Ressourcen sparen wollen und möchten daher ab dem kommenden Jahresbericht 2016 von uns lieber nur ein digitales Exemplar bekommen, so freuen wir uns über eine kurze Nachricht an unsere E-Mail-Adresse: obdachlosenhilfe@ sankt-bonifaz.de Haben Sie sehr herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Inhaltsverzeichnis | Inhaltsverzeichnis 4 Grußwort Abt Johannes 6 Vorwort Frater Emmanuel UNSER TEAM – UNSER PROJEKT 8 Das Team der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz 10 Das Haneberghaus auf Reisen 12 Unsere Badeabteilung erstrahlt in neuem Glanz 14 Erst baden, dann zum Arzt 18 Die Gesichter ändern sich, die Armut bleibt 21 Mord im Klosterhof 22 Dach überm Kopf 24 Ein großer Dank an Frau Dr. Irene Frey-Mann ... 25 ... und an Schwester Ogmunda Gabler 26 Wollen Sie unsere Arbeit dauerhaft unterstützen? 27 Ganz nah an der bayerischen Geschichte 28 In memoriam – wir gedenken 29 Erinnerung an einen guten Freund 30 Suppe & Begegnung – der MIttagstisch der MMK 32 Beste Grüße aus dem Vatikan 33 Ein herzlicher Dank gilt allen Sachspendern MENSCHEN 34 „Es sind diese kleinen Dinge, die für die Menschen wichtig sind.“ – Interview mit Dr. Gertraud Burkert 37 Mein Nachbar, der Obdachlose 38 Der lettische Patient 40 Von der Bühne ins Kloster und wieder zurück AKTIONEN 42 „München ist bunt“ – auch bei uns 43 Tauschaktion zu unseren Gunsten 44 Süße Spende fürs Haneberghaus 45 Presseecho STATISTIK 51 Die Arztpraxis weiterhin an der Kapazitätsgrenze 56 Immer vielfältigere Sozialberatungen 59 Impressum 3 4 | Grusswort Abt Johannes Liebe Förderer und Freunde des Haneberghauses, vor Kurzem habe ich das Buch „Die Empathie-Tests“ der USamerikanischen Autorin Leslie Jamison gelesen, das 2014 zum Bestseller wurde und 2015 auf Deutsch erschienen ist. In verschiedenen Essays nähert sich die junge Autorin dem Thema Empathie – verstanden als Einfühlung in das Leiden anderer Menschen. Dabei bringt Jamison immer wieder auch eigene Erfahrungen ein, berichtet also von ihren Empathie-Tests am eigenen Leib. Die Lektüre ist sehr berührend, ja weckt zum Teil auch schmerzlich Empathie bei einem selber, wenn die Autorin Krisensituationen ihres Lebens schildert, in denen sie sich Empathie wünschte. Empathie, wörtlich ins Deutsche übertragen, meint „Hinein-fühlen“. Für Jamison ist Empathie wie das Hineinbegeben in ein fremdes Land, wobei man Grenzkontrollen überschreiten muss. Um das Land besser kennenzulernen, gilt es, sich Fragen zu stellen, sich hineinzubegeben in den Schmerz eines anderen! Empathie ist noch stärker als Sympathie – als Mitleid! Das unterstreicht die Covergestaltung des Buches, auf der ein menschliches Herz abgebildet ist! Empathie geht eben zu Herzen dessen, der sie übt! Mich bewegen diese Gedanken, gerade im Blick auf unsere Arbeit im Haneberghaus. Erst vor Kurzem meinte ein Mitarbeiter, er müsse sich immer wieder neu in die Welt unserer Besucher hineinversetzen. Dann könne er ganz anders – auch mit der nötigen Gelassenheit – den Menschen begegnen. Eigentlich ist Empathie die Bewegung Gottes zu uns Menschen, wenn Gott selbst Mensch wird in seinem Sohn, wenn in Jesus von Nazareth sich Gott ganz und gar hineinbegibt in unsere Welt. Jeden Morgen, beim ersten Gebet der Mönchsgemeinschaft, bekennen wir uns dazu, wenn wir einen Vers aus dem Lukasevangelium sprechen: „Durch die barmherzige Liebe unsere Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes!“ Die „barmherzige Liebe“ – im griechischen Urtext ist hier von „splanchnon“ die Rede, was ursprünglich „Eingeweide“ bedeutete. Diese galten in der Antike als Sitz der Gefühle. Barmherzigkeit ist also liebevolle Zuwendung aus einem Bauchgefühl heraus. Die lateinische Übersetzung, die Vulgata unterstreicht dieses innere Angerührtsein Gottes, wenn dort von der „viscera misericordiae“ die Rede ist. „Viscera“ bedeutet neben Eingeweide auch „Mutterleib, das eigene Fleisch und Blut“. Dieses Wort nimmt Bezug auf das hebräische Wort für Barmherzigkeit „rachamim“, das Gebärmutter und Mutterschoß heißt und mit „cham“ – Wärme verwandt ist. Mit der Barmherzigkeit, mit Grusswort Abt Johannes | seinem hineinfühlenden Herzen begegnen wir der Mütterlichkeit Gottes: Er ist bergend und warmherzig, zärtlich sich hineinfühlend in unser Leben, wie eine Mutter, die ihr Kind im Schoß trägt und dieses ein Leben lang im Herzen trägt. „Kann denn eine Mutter ihr Kind vergessen? – Und wenn sie es täte, ich vergesse Dich nicht!“ heißt es im Propheten Jesaja (49,14-15). Sein hineinfühlendes Herz drängt ihn, Grenzen zu überschreiten, sich gleichsam in ein fremdes Land hineinzubegeben, in eine andere Wirklichkeit: Aus Empathie wurde Gott Mensch! Dr. Johannes Eckert OSB, Abt der Abtei St. Bonifaz in München und Andechs Selbst in die Dunkelheiten unseres Lebens begibt sich Gott hinein, selbst in die Schatten des Todes geht er – dafür steht das Kreuz, um diese Schatten des Todes mit seinem Licht zu erleuchten – das ist Ostern! Durch seine barmherzige Liebe – in seinem hineinfühlenden Herzen nimmt Gott uns Menschen ganz und gar an, so wie wir sind: Er nimmt mich an mit meinem Lebensglück, aber auch mit meinen Verwundungen, mit meinen Brüchen, mit meinen Schwächen, mit meinen Schattenseiten, mit meinen Grenzen. Wenn nun Gott barmherzig ist, dann dürfen wir es auch sein. Dann ist letztlich der Ansatz, den wir im Haneberghaus verfolgen, dass jeder Besucher, so wie er ist, willkommen ist. Freilich werden auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bisweilen an ihre Grenzen geführt. 5 Auch das ist menschlich. Und doch gilt es, immer wieder dem Armen sein Herz zu geben, was das lateinische Wort „misericordia“ zum Ausdruck bringt. Daher wollen wir an dieser Stelle allen recht herzlich danken, die unsere soziale Arbeit in St. Bonifaz auf irgendeine Weise unterstützen. Ohne Ihre Hilfe wäre es uns nicht möglich, diesen Dienst der Barmherzigkeit in unserer Stadt zu leisten. Leslie Jamison hat ihrem Buch den bekannten Satz von Terenz vorweggestellt: „Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches, denke ich, ist mir fremd.“ Das soll auch in unserem Haneberghaus erfahrbar sein und so hoffen wir, dass Sie auch zukünftig unserer Arbeit gewogen sind. Mit herzlichen Grüßen Ihr 6 | Vorwort Frater Emmanuel Liebe Freundinnen, liebe Freunde unserer Obdachlosenhilfe im Haneberghaus, Ihr habt allezeit Arme bei euch Denn die Armen habt ihr immer bei euch, und ihr könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt… Markus 14/7 Im Jahr 2016 können wir zwei Jubiläen begehen: Vor 25 Jahren begann ich gemeinsam mit einem Mitbruder die niedrigschwellige Arbeit mit obdachlosen Menschen in unserer Stadt und vor 15 Jahren konnten wir unser Haneberghaus eröffnen. Damit wurde unser Konzept verwirklicht, bedürftigen Menschen, die auf der Straße leben, alles was sie zum „Überleben“ benötigen oder gebrauchen unter einem Dach anbieten zu können. Wenn ich auf das Jahr 2015 in unserer Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz zurückblicke, musste ich wieder in viele Gesichter der Armut sehen, mit der wir uns wohl so, wie unsere Gesellschaft beschaffen ist, abfinden müssen, leider. Des Öfteren wurde ich gefragt, was ich mir wünschen würde für unser Haneberghaus. Meine stete Antwort ist, dass ich gerne arbeitslos wäre – das heißt, dass es keine Armen und keine Armut mehr geben würde. Dies bleibt wohl leider ein auf immer unerfüllbarer Wunsch, was uns auch der obige Vers aus dem Markusevangelium mitteilen will. Armut ist etwas sehr Vielschichtiges: Die Einsicht in unsere Arbeit zeigt mir Armut, die aus verschiedensten Ursachen herrührt: durch Alkoholsucht, Verlust des Arbeitsplatzes, Gefängnisaufenthalte, durch Scheidung, Trennung vom Partner, Flucht wegen Krieg, Terror und Verfolgung, eine erfolglose Arbeitsimmigration, den Verlust nahestehender Personen oder durch psychische Erkrankung. Armut aus vielerlei Gründen, entstanden durch materielle, existentielle und körperlich-gesundheitliche Notsituationen. Eine weitere Sichtweise der Armut zeigt mir das 53. Kapitel „Die Aufnahme von Gästen“ aus der Regel unseres Ordensgründers Benedikt. Im Vers 15 heißt es dort: Vor allem bei der Aufnahme von Armen und Fremden zeige man Eifer und Sorge, denn besonders in ihnen wird Christus aufgenommen. Indem wir Arme aufnehmen, nehmen wir auch Christus auf, der für uns Mensch wurde in allen Höhen und Tiefen menschlichen Lebens. Er wurde in Armut geboren, weil kein Platz in der Herberge war. Als Fremder, der arm kam und arm wurde, nackt und bloß in der Krippe. oder Solidaritätsverlust. Der reiche Arme, der Freundschaften kaufen muss. In der Verkündigungsbulle von Papst Franziskus zum Jahr der Barmherzigkeit heißt es: Entdecken wir erneut die leiblichen Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und die Toten begraben. Und vergessen wir nicht die geistigen Werke der Barmherzigkeit: den Zweifelnden recht raten, die Unwissenden lehren, die Sünder zurechtweisen, die Betrübten trösten, Beleidigungen verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen und für die Lebenden und Verstorbenen zu Gott beten. Es scheint für manchen schwer nachvollziehbar, warum wir uns im Haneberghaus auch und gerade um die Menschen kümmern, die Weiter heißt es im Vers 15: Das Auftreten der Reichen verschafft sich ja von selbst Beachtung. Hier nun eine weitere Definition von Armut, denn auch Reichtum kann Armut bedeuten – arm, weil man sich als überheblich erweist, arm, weil man ungerecht ist, arm, weil man immer mehr besitzen will, arm, weil man verlernt loszulassen – genügsam zu sein. Reichtum kann Armut schaffen – durch Isolierung Frater Emmanuel Rotter OSB, Gründer und Leiter der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz Vorwort Frater Emmanuel | als Fremde nach Deutschland kommen und in Not leben. Dies ist kein Selbstzweck, auch kein Betriebsunfall, sondern Ausdruck unserer tiefsten, christlichen und benediktinisch geprägten Überzeugung und unseres niederschwelligen Konzeptes. Darum möchte ich an dieser Stelle nochmals nachdrücklich und aus vollem Herzen betonen, dass wir, auch wenn sich die Struktur unserer Besucher im Haneberghaus verändert hat, weiterhin unser Augenmerk darauf richten werden, dass unsere einheimischen und ortsansässigen Obdachlosen nicht „unter den Tisch fallen“. Übrigens hat sich das in den 25 Jahren bzw. 15 Jahren unseres Wirkens noch nie geändert. Keiner, der zu uns kommt, wird bevorzugt behandelt, keiner bekommt mehr oder weniger, auch wenn sich manche unserer Besucher permanent benachteiligt fühlen. Wir müssen darauf achten, dass wir das, was wir geben können, möglichst gerecht verteilen – was leider dazu führt, dass nicht jeder jederzeit alles bekommt, was er will. Dank für Ihre Unterstützung Umso wichtiger ist für uns Ihre Unterstützung, für die ich mich hier nochmals bei Ihnen allen ganz herzlich bedanken will. Besonders möchte ich mich an dieser Stelle bei zwei Mitarbeiterinnen unserer Arztpraxis aufs Herzlichste bedanken, Frau Dr. Irene Frey-Mann und Sr. Ogmunda Maria Gabler, die nach fast 20-jähriger Tätigkeit und Pionierarbeit in der Arztpraxis zu unserem großen Bedauern in den verdienten Ruhestand gegangen sind. In diesem Jahresbericht 2015 werden Sie zwei Seiten finden, in der wir die Verdienste der beiden gesondert würdigen (S. 24/25). Bedanken möchte ich mich auch im Besonderen für die finanzielle Unterstützung zur Bewältigung des Erweiterungsumbaus unserer Bäderabteilung. Unser Dank gilt hierfür der Schenkung von Herrn und Frau Naton, der Landeshauptstadt München, der Daimler Benz AG und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Moshammer-Stiftung „Licht für Obdachlose“, dem Projekt „Hilf Mahl!“ und einer privaten Spende von Herrn Reichlmeier. Auch auf die Erweiterung unserer Bäderabteilung werden wir in diesem Jahresbericht gesondert eingehen (S. 12/13). Alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Spenderinnen und Spender möchte ich bitten, sich nicht zurückgesetzt zu fühlen. Die Aufzählung aller, die unsere Arbeit unterstützen, sei es durch ihre Arbeitskraft im Haupt- oder Ehrenamt, sei es durch Geld- oder Sachspenden, würden nicht nur den Rahmen dieses Vorwortes, sondern wohl auch des gesamten Jahresberichts sprengen. Ihnen allen nochmals herzlichen Dank! Wir brauchen SIE! Ich möchte Ihnen zum Schluss aber einige Erkenntnisse aus unserer Arbeit mit und für obdachlose Frauen und Männer schildern: Wer arm ist, ist nicht automatisch unglücklich oder glücklich oder sogar faul und nutzlos. Auch der Reiche ist nicht automatisch glücklicher oder unglücklicher oder geizig und selbstsüchtig. Alle Menschen haben immer Anteil an dem, was SIE aus ihrer Situation machen. So gibt 7 es arme und reiche Menschen, die sich ehrenamtlich in unser Haneberghaus einbringen. Und es gibt arme und reiche Menschen, die unsere Obdachlosenhilfe finanziell unterstützen. Was schließlich alle Spender vereint, ist die Erkenntnis, etwas tun zu wollen, damit unsere Gesellschaft – wenn auch nur einen Hauch – gerechter und menschlicher wird. Wird es uns gelingen, eine Gesellschaft zu werden, in der Menschen mit ganz verschiedenen Überzeugungen, Weltanschauungen und Religionen auf dieser unserer Erde, die ja schließlich für uns ALLE, egal ob reich oder arm, geschaffen wurde, friedlich zusammenleben? So verbleibe ich wie immer mit den besten Wünschen und schließe mit einem Zitat des römischen Dichters Terenz aus dem Vorwort von Abt Johannes: „Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches, denke ich, ist mir fremd“ Gottes reichen Segen für Ihr Leben in dieser unserer Welt, und ein erfülltes Jubiläumsjahr, das wir 2016 begehen, wünscht Ihnen Ihr 8 | Unser Team – Unser Projekt Das Team der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz im Haneberghaus Träger Benediktinerabtei St. Bonifaz München / Andechs Hausleitung Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB (Stand Juni 2016) Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz beim Betriebsausflug in Albaching im Juli 2015 Unser Team – Unser Projekt | Infothek Essensausgabe Kleiderausgabe Herbert Becke Peter Döbbeler Vinicio Violatto Frauke Vineta Bülow Gaudensia Degenhardt Robert Grünewald Angela Heckenbücker Hans Heidelck Mina Kaiser Andreas Knüpffer Heinrich Kohler Mike Mende Elke-Anna Müller Sepp Rauch Marcus Rumpf Maria Rumpf Thomas Staneker Esther Wissel Günther Wissel Monika Wissel Roman Krivsky Dr. Hubert Bauer Tanja Becker Daniel Erdmann Sr. Dolore Fischbacher Manfred Karch Kasim Mehmedovic Sozialdienst Robert Greiner (Stellvertretende Hausleitung) Sr. Monika Plank CS Arztpraxis Sr. Antonia Hippeli (Ärztin) Irmgard Hüttinger Rosa Keuter Dr. Werner Karl Korb Kirstin Lucia Bernadette Riederer Wolfgang Rother Prof. Dr. Roswitha Thurmayr Dr. Gabriele Zöllner 9 Bäderabteilung Eduard Bielesch Georg Neudecker Foto: Andreas Knüpffer 10 | Unser Team – Unser Projekt Das Haneberghaus auf Reisen Der Betriebsausflug führte die Mitarbeiter des Haneberghauses nach Wasserburg am Inn und in Frater Emmanuels Heimat, nach Albaching Fast vier Jahre waren vergangen seit dem Jubiläumsausflug des Haneberghauses nach Kelheim, Kloster Weltenburg und Kloster Mallersdorf. Also war es höchste Zeit, mal wieder ein wenig zu reisen. Am Donnerstag, den 16. Juli 2015, machten sich mittags nach getaner Arbeit – der Speisesaal schließt um 12:30 h – vor der Basilika 38 Personen mit dem Bus auf zu einem vergnüglichen Betriebsausflug. Hauptund ehrenamtliche Mitarbeiter und gute Freunde des Haneberghauses waren froh gestimmt, denn das Programm bot für jeden etwas und die Sonne lachte sommerlich-warm vom blauen Himmel. Zunächst ging es nach Wasserburg am Inn, wo eine kundige Führerin bei einer 90-minütigen Führung einen Überblick über die reiche Geschichte und die eindrucksvollen Kulturdenkmäler ihrer Heimatstadt gab. Besonders die Lage der Altstadt auf einer vom Inn fast vollständig umflossenen Halbinsel und ihre bis ins Mittelalter zurückreichende, reiche Bausubstanz machen das oberbayerische Städtchen mit 12.500 Einwohnern zu einem lohnenden Ausflugsziel. Nach einer kleinen Pause zur freien Verfügung ging es mit dem Bus 12 km weiter nach Nordwesten bis nach Albaching, einer Gemeinde ganz im Norden des Landreises Rosenheim mit 35 Ortsteilen und gut 1.700 Einwohnern. Das berühmteste Bauwerk von Albaching ist die eindrucksvolle Pfarrkirche St. Nikolaus im Ortszentrum, der die Gruppe aus Blick auf die Altstadt von Wasserburg von der „Schönen Aussicht“ am Kellerbergweg Foto: www.wasserburg.de Am langen Tisch im Biergarten in Kalteneck Foto: Andreas Knüpffer Unser Team – Unser Projekt | 11 Ortskern der Gemeinde Albaching mit der Pfarrkirche St. Nikolaus Foto: www.mapio.net Innenansicht der reich ausgeschmückten Kirche St. Nikolaus in Albaching Foto: www.chiemsee-alpenland.de dem Haneberghaus ebenfalls einen geführten Besuch abstattete. St. Nikolaus entstand ursprünglich als gotisches Altarhaus, im Spätbarock wurde um 1790 ein Langhaus mit Turm und Welscher Haube angebaut und die Kirche reich ausgeschmückt. Bekannt ist Albaching den Mitarbeitern des Haneberghauses aber vor allem als Heimatdorf von Fr. Emmanuel, zu dem er weiterhin viel und engen Kontakt hält. Hier leben seine Mutter und seine ältere Schwester, hier verbringt er manchen Urlaub, auch um sich von Stress und Verantwortung im Haneberghaus zu erholen. Gegen 18 h ging es an diesem schönen Tag dann mit dem Bus in den Albachinger Ortsteil Kalteneck zum gleichnamigen Wirtshaus der Familie Steinacker, wo der Ausflug mit einem guten Essen im gemütlichen Biergarten ausklang. Neben dem schönen Programm war auch viel Zeit für einen regen Austausch untereinander und viele gute Gespräche. Erst gegen 22 h waren alle Teilnehmer wieder glücklich und wohlbehalten zurück in München, um am nächsten Morgen pünktlich um 7 h das Haneberghaus wieder für seine vielen Gäste aufzusperren. Vera Schäfer Mit der Stadtführerin in der Frauenkirche in Wasserburg am Inn Foto: Andreas Knüpffer 12 | Unser Team – Unser Projekt Unsere Bäderabteilung erstrahlt in neuem Glanz Bedürfnisse und Nachfrage haben sich verändert: Die komplett sanierte Bäderabteilung bewältigt heute mit neun Duschen jeden Tag 80 Duschgäste. Vieles hat sich geändert seit der Planung des Haneberghauses, das im Herbst 2001, vor fast 15 Jahren eingeweiht wurde. Auch im privaten Bereich werden heute weniger Badewannen gebaut, weil wir alle andere Bedürfnisse haben und meist duschen: Das geht schneller, verbraucht weniger Wasser und kostet auch nicht so viel. Das gilt natürlich auch im Haneberghaus, aber bei uns kommt hinzu, dass heute viel mehr Gäste unsere Badeabteilung nutzen wollen als noch vor einigen Jahren. Zu den Obdachlosen deutscher Herkunft sind viele Gäste gerade aus Südosteuropa hinzugekommen, die als Arbeitsmigranten auf einen schlecht bezahlten Job bei uns und trotzdem auf ein besseres Leben hoffen. Viele von ihnen sind praktisch obdachlos oder leben angesichts des völlig überhitzten Münchner Mietmarktes unter erbärmlichen Bedingungen, eingepfercht in heruntergekommenen Zimmern oder gleich in Lagern im Wald. Viele unserer Gäste wollen sich bei uns sauber und frisch machen, deswegen war unsere Bäderabteilung schon seit einiger Zeit ein Engpass und gelegentlich sogar Ausgangspunkt für Ärger. Angesichts begrenzter Kapazitäten und langer Wartezeiten also höchste Zeit, für Besserung zu sorgen. Aber eine Renovierung der sanitären Anlagen braucht einige Zeit und vor allem viel Geld. Zuvor gab es in der von Eduard Bielesch gemeinsam mit Georg Neudecker verantworteten Bäderabteilung zwei Wannenbäder, eine Behindertendusche und eine zusätzliche Dusche für Frauen, die sich bei uns seltener frisch machen wollen, zumal wir ja auch nur eine Kleiderkammer für Männer haben. Vor einer grundlegenden Verbesserung der Situation musste aber nicht nur die mehrmonatige Umbauzeit mit sehr viel Lärm und Dreck überstanden werden. Es galt auch, ein großes Projekt von fast 200.000 Euro Gesamtkosten finanziell zu stemmen. Dabei bedanken wir uns von Herzen bei der Landeshauptstadt München, die uns über die Stiftung „Soziales München“ großzügig unterstützte, sowie bei der Edith-HaberlandWagner-Stiftung (Augustiner-Bräu), Verantwortlich für die Bäderabteilung im Haneberghaus: Georg Neudecker (links) und Eduard Bielesch Foto: Andreas Knüpffer Unser Team – Unser Projekt | 13 die ebenfalls einen Teil übernahm. Auch ein privater Spender, der nicht genannt werden will, ein Betrag aus dem Vermächtnis des 2013/14 verstorbenen Ehepaars Dr. Eckhard und Paula Dagmar Naton, treuer Freunde des Haneberghauses, eine Förderung des Projekts „Hilf Mahl!“ sowie eine Spende der „Initiative Daimler ProCent“ (angeregt durch den Ehemann unserer Mitarbeiterin in der Personalabteilung in Andechs, Claudia Bernhard) trugen dazu bei, dass der Konvent den Rest der Bauplan für die Sanierung der Badeabteilung im Haneberghaus Foto: Fa. Hafenrichter GmbH Vorher: Zwei Badewannen (links). Nachher: Acht Duschen Fotos: Christoph Schreglmann Baukosten bewältigen konnte. Nach der aufwändigen Sanierung verfügen wir nun über acht separate Duschabteile und eine Damendusche, zwei Toiletten mit Waschtisch und einen Arbeitsraum mit Waschmaschinen und Trocknern für die enormen Wäscheberge. Beste Voraussetzungen also, den großen Ansturm auf die persönliche Sauberkeit im Haneberghaus in Zukunft zu bewältigen. Im Juni 2016 begrüßen wir an jedem Öffnungstag etwa 80 Duschgäste. Vera Schäfer 14 | Unser Team – Unser Projekt Erst baden, dann zum Arzt Das Haneberghaus im Kloster St. Bonifaz ist eine wichtige Anlaufstelle für wohnungslose Menschen in München. Hier können sie essen, duschen und sich aufwärmen, sie bekommen Kleidung und werden bei Bedarf ärztlich versorgt. „im blickpunkt“ hat die Einrichtung besucht und traf Sr. M. Ogmunda Gabler, die fast 20 Jahre lang im Haneberghaus als Krankenschwester gearbeitet hat. Eine Wohnung ist mehr als ein Dach über dem Kopf. Mehr als ein Ort zum Schlafen, Kochen, Essen und Duschen. Eine Wohnung zu haben, heißt einen privaten Raum zu besitzen, den man gestalten kann, in dem man mit Familie und Freunden zusammen ist. Einen Rückzugsort, einen Ankerpunkt. Ein Zuhause. Wer heute eine Wohnung hat, setzt alles daran, es sich dort gemütlich zu machen. „Wohnst du noch oder lebst du schon?“, fragt der bekannte schwedische Möbelkonzern. Zeitschriften und Bücher bieten laufend neue Anregungen, die helfen wollen, die eigenen vier Wände möglichst individuell auszustatten. Dass, wer eine Wohnung hat, wann immer er will den Kühlschrank, den Herd oder die Toilette benutzen kann, ist für ihn selbstverständlich. Wer keinen festen Wohnsitz hat, dem fehlt es an der Möglichkeit, seine einfachsten menschlichen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Und es fehlt ihm an einem Zuhause. Wer obdachlos ist, auf der Straße lebt, bei dem geht es um die Existenz, um ein menschenwürdiges Dasein, oft ums nackte Überleben. Jeder kann kommen Eine der Einrichtungen, die sich in München um die Obdachlosen kümmert, ist das Haneberghaus des Benediktinerklosters Sankt Bonifaz. Im zentralen Stadtteil Maxvorstadt, direkt neben einem Luxusquartier mit Wohnungen, Restaurants und Fünf-Sterne-Hotel, erhalten Männer und Frauen ohne festen Wohnsitz Rat und Unterstützung. „Jeder kann kommen“, erklärt der Leiter des Hauses Prior Frater Emmanuel Rotter, der die Obdachlosenarbeit von Sankt Bonifaz vor 25 Jahren aufgebaut hat und seitdem für diese Aufgabe verantwortlich ist. „Bei uns muss sich keiner ausweisen. Es wird nicht gefragt, ob einer selbst schuld ist oder Fremdschulden vorliegt. Es ist Fakt, es ist so. Wer kommt, der kommt.“ Zum Beispiel die zierliche, grauhaarige Frau in einem zu großen Wollmantel, die gerade etwas unschlüssig im Speiseraum vor der Theke steht. „Guten Morgen“, lacht Frater Emmanuel im Vorbeigehen und gibt ihr schwungvoll die Hand. „Guten Morgen“, antwortet die Frau und lächelt zurück. Der Speisesaal ist an diesem sonnigen Vormittag Anfang Februar gut gefüllt. Etwa 70 Besucher, hauptsächlich Männer, sitzen in dem mit hellen Holztischen und -stühlen ausgestatteten Raum. Wenige reden. Die meisten haben den Kopf auf die Tischplatte gelegt und schlafen. Trotz normaler Zimmertemperatur haben viele der Gäste ihre Wintermäntel angelassen. Auf dem Boden stehen teils überquellende Plastiktüten und Taschen. Es riecht nach Alkohol, Schweiß und Urin. Foto: Margret Paal Arztpraxis im Haneberghaus Unser Team – Unser Projekt | 15 Der Speiseraum ist täglich von 7 bis 12.30 Uhr geöffnet. Zwischen 8 und 10 Uhr wird Essen ausgegeben, eine vegetarische Suppe und eine Fleischsuppe, beides frisch aus der Klosterküche. Außerdem werden Brot, Kuchen, Tee und Kaffee angeboten. Ein eigenständiges Leben Einer der Mitarbeiter ist Georg Neudecker. Der große, korpulente Mann, der eine dunkelblaue Küchenschürze um den Bauch und eine schwarze Strickmütze auf dem Kopf trägt, präsentiert stolz sein Reich: Warmhaltebehälter, Großküchen-K affeemaschine, Lebensmittelvorräte. Neudecker war selbst lange Jahre obdachlos und ursprünglich als Hilfesuchender ins Haneberghaus gekommen. Heute hat er eine Festanstellung in Vollzeit, eine Wohnung und ein eigenständiges Leben. Wie er sind vier weitere ehemalige Besucher in der Einrichtung angestellt. Insgesamt hat das Haneberghaus acht hauptamtliche Mitarbeiter, Frater Emmanuel und mehr als 30 weitere Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass der Betrieb funktioniert. Etwa 200 bis 250 Essen werden täglich im Haneberghaus ausgegeben. Etwa 80 bis 90 Menschen pro Tag nutzen Am Empfang der Arztpraxis den Sanitärbereich, 130 erhalten Kleidung. Die zur Einrichtung gehörende Arztpraxis führt pro Jahr rund 5.000 Behandlungen an mehr als 1.700 Patienten durch. Fast 750 Personen nutzen Sankt Bonifaz als Postadresse, und etwa 110 haben ein Konto, das über die Abtei läuft und im Haneberghaus verwaltet wird. Zwei Sozialarbeiter stehen für Fragen, Beratungen und konkrete Hilfen, zum Beispiel beim Ausfüllen von Formularen, zur Verfügung. Es ist 11 Uhr, und die meisten Besucher drängen sich jetzt im Untergeschoss. Hier sind die Duschen, die Kleiderkammer und die Arztpraxis untergebracht. In der Praxis treffen wir Sr. M. Ogmunda Gabler und Dr. Irene Frey-Mann. Die Krankenschwester und die Ärztin haben fast zwanzig Jahre lang im Haneberghaus zusammen gearbeitet und sind für das Gespräch mit der Reporterin noch einmal an ihre ehemalige Wirkungsstätte zurückgekehrt. Zum Ende des vergangenen Jahres haben sie aus Altersgründen – Irene Frey-Mann ist 69, Sr. M. Ogmunda 77 Jahre alt – ihren Dienst beendet. Während wir im hinteren Teil des Büros miteinander sprechen, begrüßt vorne am Empfangsfenster eine Mitarbeiterin freundlich die Patienten. Im Wartebereich sitzen Foto: Margret Paal 16 | Unser Team – Unser Projekt Dr. Irene Frey-Mann bei einer Untersuchung Foto: Michael Westermann zwei Männer, einer liegt schlafend auf einer Bank. In einem der beiden modernen, liebevoll dekorierten Behandlungszimmer bekommt ein Mann einen Verband angelegt. „Es ist eine Allgemeinarztpraxis mit allen Fällen, die es sonst auch gibt“, erklärt Irene Frey-Mann, „aber mit mehr Suchtkrankheiten, mehr Gefäßkrankheiten und infizierten Wunden.“ Etwa die Hälfte der Patienten hat keine Krankenversicherung. Ebenfalls fast 50 Prozent sind nichtdeutscher Herkunft, was oft zu Verständigungsproblemen führt. Einige der Menschen, die am Fenster ihre Beschwerden schildern, sind so verwahrlost, dass sie erst einmal gesäubert werden müssen, bevor ein Arzt eine Diagnose stellen und sie behandeln kann. Sr. M. Ogmunda hat in den vergangenen 20 Jahren Tausende dieser Menschen versorgt, hat sie gebadet, hat ihre Füße gepflegt, ihre Wunden verbunden und ihnen frische Kleidung gebracht. Hat ihnen, wenn nötig, auch mal den Marsch geblasen. „Ich bin dankbar, dass ich hier arbeiten durfte“, erklärt die Ordensfrau, „dass ich Menschen in oft aussichtslosen Situationen wieder einen Wert geben konnte, ihnen zeigen konnte, dass sie zu uns gehören, dass wir sie ernst nehmen.“ Und leise fügt sie hinzu: „Wenn man ihre Wunden verbindet, dann darf man nach einiger Zeit auch ihre inneren Wunden anrühren. Man kriegt einen Kontakt und kann sie besser begleiten.“ Die Arbeit mit den Obdachlosen habe sie verändert, sagt die 77-Jährige, habe ihr Leben und ihre Spiritualität umgekrempelt: „Wenn ich Menschen in dieser Form begleite, dann merke ich haarscharf, was Barmherzigkeit ist. Ich habe erlebt und gefühlt, dass Gott auch in diesen Menschen ist.“ Im Warteraum und in dem schmalen Gang vor der Kleiderkammer ist jetzt kaum noch ein Durchkommen. Sr. M. Dolore Fischbacher, die ehrenamtlich in der Kleiderausgabe mitarbeitet, Die inneren Wunden anrühren Sr. M. Ogmunda hat Fotos mitgebracht, die sehr drastisch zeigen, in welchem Zustand die Obdachlosen oft in der Praxis erscheinen. Die Aufnahmen von blutverkrusteten, eitrigen Beinen, von denen sich die Haut in Fetzen schält oder von Menschen, die in zerrissener und vor Schmutz und Kot starrender Kleidung auf einer Behandlungsliege sitzen, sind nur schwer zu ertragen. Unser Team – Unser Projekt | 17 Sr. Ogmunda im Einsatz in der Arztpraxis versucht zu verstehen, was ein russischsprachiges Paar ihr sagen will, und bei den Duschen gibt es Ärger, weil ein Mann schon wieder die erlaubte Duschzeit von 20 Minuten überschritten hat. „Der darf jetzt mal eine Woche Pause machen“, raunzt der zuständige Mitarbeiter. Sr. M. Ogmunda macht derweil noch eine Runde durchs Haus. Wo auch immer sie auftaucht, wird sie erfreut und mit dankbaren Blicken empfangen. „Meine Freunde“ nennt die Ordensfrau ihre ehemaligen Schützlinge und wechselt hier und da ein paar Worte mit einem der Besucher. „Ja schau, die Ogmunda!“, ruft ein kleiner, glatzköpfiger Mann mit einem kindlichen Gesicht. Sein zahnloses Lächeln versteckt er hinter seiner Hand. „Wie geht’s dir?“, antwortet die Schwester und hört zu, was der Mann ihr erzählt. Das ist Barmherzigkeit „Es ist ein harter Job“, sagt Frater Emmanuel über die Arbeit in der Einrichtung. „Die Mitarbeiter müssen schon einiges aushalten. Wenn einer sagt, du Arschloch oder du Nazi-Sau, dann ist das für die Mitarbeiter heftig. Das auszuhalten, da drüber zu stehen, das ist Barmherzigkeit.“ Foto: Fabian Mohr Im Speisesaal hängen noch ein paar Männer auf ihren Stühlen und schlafen. Um 12.30 Uhr schließt das Haus, dann müssen sie raus. Auf die Straße. Vielleicht in eine der anderen Einrichtungen, die dann öffnet. Im Haneberghaus haben sie einen Vormittag lang ein Dach über dem Kopf gefunden. Etwas zu essen, Duschen, ein paar freundliche Worte. Ein Zuhause ist das nicht. Aber ein wenig Entlastung, ein Stück Würde, zumindest für ein paar Stunden. Christina Tagerding zuerst erschienen in „im Blickpunkt“ der Mallerdorfer Schwestern, Ausgabe 1/2016 18 | Unser Team – Unser Projekt Die Gesichter ändern sich, die Armut bleibt Sozialpädagoge Robert Greiner berichtet, wie sehr sich die Arbeit im Haneberghaus in den letzten Jahren verändert hat Wenn man auf die nun fast 15 Jahre im Haneberghaus zurückblickt, bleibt wohl als einzig wirklich konstantes Merkmal unserer Arbeit die Unbeständigkeit. Nicht etwa die unserer Mitarbeiter oder etwa des Konvents, unseres Geldgebers, sondern die stete Veränderung von gesellschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die wir nicht beeinflussen können, aber die eine unmittelbare Auswirkung auf unsere tägliche Arbeit haben. Dies gilt umso mehr, als unsere Arbeit rein privat, ohne staatliche Zuschüsse finanziert wird. So beschränken wir uns nicht auf eine strikt definierte Zielgruppe, was dazu führt, dass wir uns auch mit Menschen beschäftigen, die im staatlichen Wohlfahrtssystem (noch) nicht sichtbar sind. Die Herausforderungen haben sich stetig verändert, wobei Veränderung nicht immer (oder auch nur selten) eine Verbesserung bedeutet hat. So hatten wir in den ersten Jahren eine relativ homogene Besucherstruktur, überwiegend deutsche oder zumindest lang hier ansässige Personen, die meist von Sozialhilfe lebten oder die Gelegenheit gehabt hätten, staatliche Leistungen zu erhalten. Ein Hauptproblem bestand zu dieser Zeit darin, bei einem schon damals schlechten Wohnungsmarkt geeignete Unterbringungs- bzw. Wohnmöglichkeiten zu finden. Ein anderes darin, Menschen mit Suchtbzw. psychischen Erkrankungen dazu zu motivieren, zielführende therapeutische Hilfen in Anspruch zu nehmen. Es ging also damals vor allem darum, eine Verfestigung von Obdachlosigkeit mit all ihren negativen Begleiterscheinungen zu vermeiden. Erster Einschnitt in die „Idylle“ Ein erster echter Einschnitt in die damalige „Idylle“ war die Reform der Sozialgesetzgebung vor ca. zehn Jahren mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II. Nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“ wurden die Anforderungen an Bezieher von Sozialleistungen erhöht, wobei das Fördern leider vor lauter Begeisterung über ein vermeintliches Jobwunder ein wenig zu kurz kam. Gerade für viele unserer Besucher, bei denen eine Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt auch mit viel Phantasie und gutem Willen nur schwerlich vorstellbar ist, führt dies zu einer Überforderung durch bürokratisierte Abläufe. Als Folge hiervon kommt es nun zu einer vermehrten Anzahl von Sanktionen gegenüber den Personen, die ihren Pflichten nicht nachkommen, etwa Kürzung oder Einstellung der von vornherein nicht wirklich (gerade in einer teuren Stadt wie München) ausreichend bemessenen Leistungen. Für uns bedeutete dies eine Erhöhung unsere Besucherzahlen und eine Veränderung der Anforderungen, die an uns gestellt wurden. In dieser Phase lag der Fokus unserer Arbeit vor allem darauf, unseren Besucher die Tragweite dieser Veränderungen klar zu machen und sie in die Lage „Wer einem Armen ins Gesicht sieht, erblickt das Antlitz Jesu.“ (Religionspädagoge bei einer Führung durch das Haneberghaus) Foto: Margret Paal Vor der Kleiderkammer Unser Team – Unser Projekt | 19 zu versetzen, ihnen gerecht werden zu können, bzw., soweit dies nicht möglich war, die für sie negativen Folgen in einer geeigneten Art und Weise aufzufangen. Die nächste Veränderung „Wer einem Armen ins Gesicht sieht, der erblickt, wie Armut deformiert.“ (Mitarbeiter der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz) Die nächste grundsätzliche Veränderung der Ausgangssituation unserer Arbeit stellte die Einführung der uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Bürger der Staaten Süd- und Südosteuropas zum 1. Januar 2014 dar. Seither hat sich unsere Besucherstruktur nachhaltig verändert, der Anteil unserer ausländischen Besucher hat sich stark erhöht, wobei viele von ihnen aufgrund mangelnder Sprach-kenntnisse und nicht ausreichender beruflicher Qualifikation auch langfristig nur geringe Chancen haben dürften, eine Arbeit zu finden, die ihnen ein auskömmliches Leben hier in Deutschland ermöglichen würde. Anzumerken ist hierbei, dass diejenigen EU- Bürger, bei denen eine Integration in den Arbeitsmarkt gelingt, normalerweise nicht bei uns landen. Bei den Menschen, die uns aufsuchen, handelt sich es im Normalfall eher um eine ArmutsAn der Essensausgabe denn um eine Arbeitsimmigration. Diese Menschen, die die pure wirtschaftliche Not aus ihren Heimatländern getrieben hat, befinden sich in einem Teufelskreis, denn ohne Arbeit bieten sich ihnen sie nur geringe Möglichkeiten zur Integration. Gleichzeitig haben sie eben nur geringe Möglichkeiten, eine solche reguläre Arbeit zu finden. So bleiben sie oft in einer Grauzone von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, schlechten Unterbringungsmöglichkeiten mit fließendem Übergang in Obdachlosigkeit und schlechter bzw. nicht vorhandener sozialer Absicherung gefangen. Das eigentlich Tragische daran ist, dass sich die Fehlentwicklungen aus den 60er bis 80er Jahren wiederholen, als man davon ausging, dass die Gastarbeiter schon irgendwann wieder zurückkehren werden und man nach Jahren feststellen musste, dass sich der Aufwand für eine sinnvolle Integration exorbitant erhöht hatte. Auch die Menschen aus Südosteuropa werden wohl zum Großteil bleiben. Heute an ihrer Aus- bzw. Fortbildung zu sparen und davon auszugehen, dass sie ihre Integration schon Foto: Margret Paal 20 | Unser Team – Unser Projekt ohne Hilfestellungen selbst bewerkstelligen werden, ist eine Milchmädchenrechnung. Für uns bedeutete diese neue Entwicklung einen erneuten Zwang zur Umorientierung: Da den Zuwanderern in der Regel der Zugang sowohl zu auskömmlicher Arbeit als auch zu unserem Sozialleistungssystem nicht oder erst nach einem längerem Zeitraum möglich ist, rückt der Versorgungsaspekt in den Vordergrund. So haben wir durch einen Umbau unseres Sanitärbereichs unsere Duschkapazitäten verdoppelt und durch – für uns teilweise schmerzhafte – Umstrukturierungen wie die Aufgabe unseres kleinen Übernachtungsbereichs unsere Personalkapazitäten umgeschichtet, um den sich stetig verstärkenden Zustrom in unsere Einrichtung bewältigen und kanalisieren zu können. Heute haben wir durchschnittliche tägliche Besucherzahlen von 200220 Personen, in der Startphase des Haneberghauses waren dies Spitzenwerte. Sprachschwierigkeiten und ein klar erhöhtes Aggressionspotenzial aufgrund von oft drangvoller Enge, aber auch Perspektivlosigkeit und Frustration, ein höherer Aufwand zur Deeskalation von Konflikten, eine Unkenntnis über Eigenheiten hier in Deutschland, kulturelle Missverständnisse sowie eine oft schwer nachvollziehbare Erwartungshaltung prägen unsere alltägliche Arbeit und fordern allen unseren Mitarbeitern einen Abschied von liebgewonnenen Gewohnheiten und eine ständige Umorientierung ab. Kein Ruhmesblatt Dies alles ereignet sich vor dem Hintergrund einer seit Jahren katastrophalen und sich immer weiter verschärfenden Wohnungsnot in München und einer sich immer vertiefenden Spaltung der Bevölkerung in arm und reich. Es suchen uns auch immer öfter Menschen auf, deren Gehalt trotz Vollzeitarbeit nicht reicht, um bis zum Monatsende über die Runden zu kommen. Die tatsächlichen Verbesserungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat (z.B. die Einrichtung vieler neuer Wohnheime und Beratungsstellen durch die Landeshauptstadt München) werden durch die Zunahme der Zahl armer Menschen aufgewogen. So führte zum Beispiel in unserer Arztpraxis die Einführung einer Pflichtkrankenversicherung im Jahr 2007 zu einer signifikanten Absenkung der Zahl nicht versicherter Personen. Heute sind wir aufgrund der Zuwanderung wieder auf einem Niveau, das höher ist als vor 2007. Ein Grundproblem unsere Arbeit besteht also darin, eine begrenzte Menge an Ressourcen, seien es materielle oder immaterielle, auf immer mehr bedürftige Menschen verteilen zu müssen. Letztendlich ist es kein Ruhmesblatt für einen reichen Staat wie Deutschland, dass es so etwas wie das Haneberghaus geben muss. Der Konvent kann stolz darauf sein, was er in den letzten fast 15 Jahren durch seine eigenen Anstrengungen unter Mithilfe von vielen Spendern geschaffen hat. Für uns andere bleibt doch manchmal eine Erinnerung an das irgendwie unbehagliche Gefühl, dass in diesem Land etwas grundsätzlich schief läuft. Robert Greiner Sozialpädagoge, stllv. Hausleitung Haneberghaus Robert Greiner bei einer Sozialberatung im Haneberghaus Unser Team – Unser Projekt | 21 Mord im Klosterhof „Verderben – Die Macht der Mörder“, das dritte Buch von Kommissar Josef Wilfling. Die tz hat die Originalfälle vorgestellt, darunter den Klostermord. Im kriminalistischen Sinne ist er der klassische Wiederholungstäter – sehr zur Freude seiner Fans: Am Montag veröffentlicht der Heyne-Verlag das dritte Buch des Bestsellerautors Josef Wilfling (68), ehemals Chef der Münchner Mordkommission und Kenner der menschlichen Abgründe. Die tz wird ab Montag vier authentische Fälle aus dem neuen Bestseller „Verderben – Die Macht der Mörder“ vorstellen. Alle Fälle stammen aus der aktiven Zeit des Mordermittlers, der seine Leser nicht verschont mit zuweilen verstörenden Details und Einblicken in die Täter-Psyche. Das tz-Interview: Was ist die Botschaft Ihres dritten Buches? Josef Wilfling: Mein erstes Buch beschäftigte sich mit den Mordmotiven. Das zweite mit der Thematik, wie ein Mensch zum Mörder werden kann. Und jetzt geht es um die Zeit danach. Was geschieht, wenn der Mord passiert ist. Da stehen die Opfer im Mittelpunkt und natürlich die Aufklärung. Die ist für die Angehörigen von Opfern und Tätern sehr wichtig. Weil sie wissen wollen, was passiert ist. ... Ist dieses hier das letzte Buch? Oder dürfen wir auf ein viertes hoffen? J.W.: Man soll ja nie nie sagen. Aber ein viertes Sachbuch wird es wohl nicht geben, weil ja irgendwann auch die interessanten Fälle mal erschöpft sind. Und erfinden will ich nichts. Ende August 1999 wurde auf dem Gelände von St. Bonifaz tatsächlich ein Obdachloser ermordet. Ein Verdächtiger, ebenfalls wohnungslos, wurde vor Gericht angeklagt, aber mangels Beweisen freigesprochen. Erst später fand man seine Tatwaffe mit den verräterischen Spuren. Der„Klostermord“ war einer der authentischen Mordfälle, die der ehemalige Leiter der Münchner Mordkommission und erfolgreiche Autor Josef Wilfling vorstellt. Josef Wilfling, Jahrgang 1947, war 42 Jahre lang im Polizeidienst tätig, 22 davon bei der Münchner Mordkommission. Der Ver nehmungsspezialist klärte spektakuläre Fälle wie den Sedlmayr- und den Moshammer-Mord auf, schnappte Serientäter wie den Frauenmörder Horst David und verhörte Hunderte Kriminelle. Josef Wilfling ist verheiratet und lebt in München. Nach dem Mord im Klosterhof Ende August 1999 Foto: Münchner Merkur 22 | Unser Team – Unser Projekt Dach überm Kopf Im Technologiepark östlich der Messe ist eine neue Wohnanlage für Obdachlose entstanden. Um die Bewohner kümmern sich der Katholische Männerfürsorgeverein und ein engagierter Helferkreis Nicht nur ankommende Flüchtlinge muss die Stadt unterbringen, auch Münchner Wohnungslose und die anerkannten Asylbewerber, die möglichst zügig aus den überfüllten Gemeinschaftsunterkünften ausziehen sollen, brauchen ein Dach über dem Kopf. Daher ist im Technologiepark östlich der Messe eine Wohnanlage für Obdachlose entstanden. Die ersten Bewohner sind schon eingezogen, Birte Röhrig und ihr Team vom Katholischen Männerfürsorgeverein kümmern sich um sie. Unterstützt werden sie vom engagierten Helferkreis der Messestadt, zu dem mit dem ehemalige Sozialreferenten Frieder Graffe auch ein stadtweit prominentes Gesicht gehört. Graffe macht ganz neue Erfahrungen. Was für ein Kontrast Kiesbrache, gegenüber das edle Schuhbeck-Dinnershow-Zelt. Was für ein Kontrast. „Fair Price“ steht über dem Eingang der Unterkunft. Es ist der Name der Firma, die die Anlage laut Geschäftsführer Oliver Ehrhardt für fünf Jahre hier im Auftrag der Stadt baut und betreibt. Es klingt ein wenig zynisch, weist es doch darauf hin, was der Münchner Wohnungsmarkt eben gar nicht bietet – faire Preise. 246 Bettplätze hat die Unterkunft. Draußen sitzen ein paar Bewohner, die zahlreichen Kippen zeugen davon, dass das für viele schon zum Lieblingsplatz geworden ist. Drinnen sind Zigaretten verboten, ebenso Drogen und Alkohol. Ein Kind fährt Dreirad, in einem Zimmer macht eine Familie Brotzeit, ein Fernseher läuft. Aushänge weisen auf Sprechzeiten hin, auf Veranstaltungen und Angebote. Noch ist die Anlage nicht voll, aber erste Gebrauchsspuren an den Wänden weist sie schon auf. Birte Röhrigs Büro ist noch nicht fertig eingerichtet, doch den Kontakt mit den ersten Schützlingen hat sie sofort aufgenommen. Sie erklärt die Bedingungen: Ausschlusskriterium „Fair Price“ steht über der Unterkunft. 246 Betten hat die Anlage. Foto: Catherina Hess Unser Team – Unser Projekt | 23 Birthe Röhrig vom Männerfürsorgeverein, Frieder Graffe vom Helferkreis und Fair-Price-Geschäftsführer Oliver Ehrhardt kümmern sich um die Anlage Foto: Catherina Hess hier wäre nur eine Pflegestufe oder Behinderung, der Schotter rundum ist nicht Rolli-tauglich. Früher hätten sich die Mitarbeiter der Bezirkssozialarbeit auch um die Wohnungslosen gekümmert, mit einem Betreuerschlüssel von 1:200, dann 1:100. Sie könne mehr tun, denn hier gelte ein Schlüssel von 1:25. Vielfältige Probleme Die Probleme der Menschen, die nur eine Tasche oder einen Koffer dabeihaben, wenn sie ihr Bett in den Zweibettzimmern beziehen und ihren abschließbaren Spind belegen, seien aber auch vielfältig. Traumata bringen einige mit, daher kommt einmal die Woche in Psychiater zur Sprechstunde in die Anlage. Andere haben einen Berg von Schulden. Viele gehen aber auch arbeiten und finden einfach nur keine Wohnung. Birte Röhrig hat aber auch ein großes Netzwerk, kann manchmal Ausbildungen etwa beim Kolpingswerk vermitteln. Viele Sprachen werden hier gesprochen: „Ich darf aber auf die Dolmetscher der Stadt zurückgreifen“, freut sie sich. Sie kann Integrationskurse anbieten, für die Familien die Sprechstunde einer Kinderkrankenschwester. Im Vergleich zu Pensionen mit Vierbettzimmern sei diese neue Anlage „ein Quantensprung“, sagt sie. Die Bewohner dürfen kostenlos die Waschmaschine und den Trockner nutzen, die Hausmeister und Security-Mitarbeiter seien zugewandt, verbänden etwa die nötigen Kontrollen taktvoll mit dem Austeilen der Post. Man könne gut zusammenarbeiten. Das, so sagt sie, gelte auch für den Helferkreis der Messestadt. Sie habe für eine alte Frau, die sie schon an einen dauerhaften Wohnplatz vermitteln konnte, schon gezielt Kleidung bekommen. Ein Neugeborenes werde von den Helfern mit Windeln versorgt, für einen älteren Herrn aus Syrien habe jemand, der Arabisch kann, eine Patenschaft übernommen. Ein junger Mann gebe Nachhilfe in Mathe. Eine Frau beaufsichtige die Kinder während des Deutschkurses. Graffe sagt, seine Frau habe beim Helferkreis die gemeinsame Nummer hinterlassen. Er halte sich gerne im Hintergrund, habe aber schon ein paar Einsätze drüben in der Flüchtlingsunterkunft hinter sich, die der Kreis auch betreut. Dort habe er geholfen, das Kinderzimmer auszustatten. Er habe mit ein paar Frauen aus dem Balkan gestritten, weil die viel zu viel Waschmittel benutzten, bis er gelernt habe: „Die haben keine Vollwaschmittel.“ Dann habe er gespendete Kleidung sortiert, doch es gab keine Regale. Gar nicht so einfach, das Helfersein. An Birte Röhrig schätzt Graffe, „dass sie den Bedarf gezielt formuliert“. Ein Helfer komme „hereingestolpert mit großen Herz und will zupacken, weiß aber nicht, wie“, da sei der Profi wichtig. „Es sind auch spannende Fantasien da über die Menschen hier“, erklärt Röhrig. Doch die Vorsicht weiche schnell der Offenheit. Auf die Frage, was bei der Arbeit hier ein Erfolg sei, antworten Röhrig und Graffe verschieden. „Ein Mietvertrag in einer eigenen Wohnung“, sagt Graffe. Für Röhrig ist es schon schön, wenn sie echten Kontakt bekommt zu den Bewohnern, Lebensgeschichten kennt, den Bedarf genau erkennen kann, kleine Fortschritte erzielt wie etwa ein Einzelzimmer für jemanden in einer betreuten WG oder einem Arbeiterwohnheim. Eine richtige, erschwingliche Wohnung, die finde sie selbst für ihre neuen Mitarbeiter oft nur mit Mühe. Renate Winkler-Schlang, zuerst erschienen in www.sueddeutsche.de am 18. August 2015 24 | Unser Team – Unser Projekt Ein großer Dank an Frau Dr. Irene Frey-Mann ... Nach fast 20 Jahren als Leiterin der Arztpraxis im Haneberghaus hat uns Frau Dr. Irene Frey-Mann in den wohlverdienten Ruhestand verlassen. Eine Ära ging zu Ende mit der vergang’nen Jahreswende. Wohl schweren Herzens hat Frau Dr. Frey-Mann sich abgewendet und die Leitung der Praxis bei uns beendet. Sie hat ein Werk hier aufgebaut, auf das ganz München mit Bewund‘rung schaut. In fast zwei Jahrzehnten hat sie mit Vorausschau und Bedacht aus uns’rer Praxis ein Vorzeigemodell gemacht. Sie hat wohl Tausende von Wunden diagnostiziert, und noch viel mehr Patienten therapiert, hat sie von ihrem Leiden dann kuriert, damit keiner mehr die Schmerzen spürt. Für sie war es egal, ob versichert oder nicht, nur zu helfen und zu heilen, das war ihre Pflicht. An Medikamenten hat es nie gefehlt, da diese rechtzeitig stets bestellt. Auch hat sie die nöt’gen Geräte organisiert, so dass unsre Praxis bestens ausstaffiert. Dadurch und durch noch viel mehr, das wir bewundern alle sehr, hat sie uns eine optimale Praxis übergeben, die von uns verlangt ein stetes Streben, dass sie in ihrem Sinn wird weitergeführt, als unser kleinster Dank, der ihr gebührt. Den größten Dank kann nur der Herr ihr geben: Er beschütze und lenke sie auf ihren weit‘ren Wegen, damit sie den Ruhestand genießen kann, unsre liebe Frau Dr. Frey-Mann, vor der wir uns dankbar tief verneigen. Sie wird uns stets in bester Erinnrung bleiben. Beide Gecihte: Roman Krivsky Frau Dr. Irene Frey-Mann Irene Frey-Mann wurde in Heidelberg geboren und setzte sich schon während ihres Studiums der Medizin für notleidende Menschen in Tansania ein. Lange arbeitete sie als Allgemeinärztin in verschiedenen Städten, bevor sie die berufliche Veränderung ihres Mannes nach München verschlug. Seit fast 20 Jahren hat sie unsere Arztpraxis aufgebaut und geleitet. Foto: Margret Paal Altabt Odilo Lechner OSB, Sr. Ogmunda Gabler, Dr. Iren Unser Team – Unser Projekt | 25 ... und an Schwester Ogmunda Gabler Sr. Ogmunda Gabler war seit 18 Jahren die Seele unserer Arztpraxis. Als Krankenschwester hat sie unzählige unserer Gäste gepflegt und verbunden. Auch Schwester Ogmunda hat uns verlassen, wir können es noch gar nicht fassen! Seit dem Jahreswechsel war sie im Schwesternzimmer nicht zu sehn, wie soll’s denn ohne sie nur weitergeh‘n? Wer macht der noch so kleinsten Laus mit Akribie den sicheren Garaus? Wer wird sich um das Lager sorgen, in dem so reiche Schätze sind verborgen? Wo bleibt ihr Lächeln stets am Morgen? Wer hat ein Ohr für alle Sorgen? Wer wird die Wunden reinigen, verbinden? Wer wird das passende G’wand für spezielle Kunden finden? Wer leiht den Kunden ein geduldig‘ Ohr, auch wenn sie betrunken, das kommt manchmal vor? Wer schickt mit Strenge den Schmutzfink in die Wanne, Und wer, ja wer hat so ein gutes Herz leert dazu die Seife, Shampoo, am besten eine volle Kanne, gepaart mit Verständnis und so manchem Scherz? damit ein „neuer“ Mensch das Bad verlässt, der nun sagt: „Das war für mich das Best!“ Sicherlich hat man jemanden gefunden, nachdem Schwester Ogmunda ist verschwunden, der versuchen wird, all das zu tun, Sr. Ogmunda Gabler kommt während sie nun beginnt, sich auszuruh‘n. aus einem kleinen Dorf in der Oberpfalz und ging mit 18 Jahren zu den Mallersdorfer Schwestern ins Kloster. Sie ist gelernte Krankenschwester und Altenpflegerin, war Leiterin einer Sozialstation und hat lange in der Sterbebegleitung gearbeitet. Mit 60 kam sie zu uns, jetzt geht sie mit 77 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand. ne Frey-Mann, Fr. Emmanuel Rotter OSB (v.l.n.r.) Nach fast zwei Jahrzehnten Aufopferung wohl verdient, da es sich uns nun wohl geziemt, ihr zu sagen, wir vermissen dich ganz schmerzlich und danken dir für alles so sehr herzlich! Der liebe Gott soll dich für dein Tun reichlich beschenken und dich durch den Ruhestand schützend lenken. Das wünschen wir unsrer lieben Schwester Ogmunda, die uns stets vorkam wie „a Wunda“. Sr. Ogmunda Gabler in unserer Arztpraxis 26 | Unser Team – Unser Projekt Wollen Sie unsere Arbeit dauerhaft unterstützen? Stärken Sie die Bonifatius-Haneberg-Stiftung mit Ihrer Spende oder Zustiftung – oder bedenken Sie unsere Obdachlosenarbeit in Ihrem Testament Mit Ihrer Zuwendung können Sie dazu beitragen, unsere Arbeit mit obdachlosen und armen Menschen auf eine wirtschaftlich dauerhaft verlässliche Grundlage zu stellen – mit einer Zustiftung, einer Spende oder indem Sie unsere Obdachlosenarbeit in Ihrem Testament bedenken. Sollten Sie in Erwägung ziehen, sich durch eine Zuwendung an der Bonifatius-Haneberg-Stiftung zu beteiligen, so wenden Sie sich bitte an die beiden Vorstände Peter Haslacher Tel.: 089 – 300 1819 [email protected] oder Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB Tel.: 089 – 55 17 10 [email protected] die Ihnen jederzeit für ein völlig unverbindliches, ganz persönliches Informationsgespräch zur Verfügung stehen. Ziel der Bonifatius-Haneberg-Stiftung ist eine langfristige Absicherung der Obdachlosenarbeit im Haneberghaus. Die Bonifatius-HanebergStiftung ist als gemeinnützig anerkannt, so dass alle Zuwendungen steuerlich absetzbar sind. Wir freuen uns über jede Zuwendung, jede Summe ist uns willkommen. Bitte vergessen Sie für eine Zuwendungsbestätigung nicht Ihren Absender (Name + Adresse) im Textteil. Bonifatius-Haneberg-Stiftung Konto 99 525 99 bei der Kreissparkasse München Starnberg BLZ 702 501 50 IBAN BIC Haben Sie von Herzen Dank für Ihre großzügige Unterstützung! Als ehrenamtliche Vorstände der BonifatiusHaneberg-Stiftung fungieren: Peter Haslacher Vorstand Fr. Prior Emmanuel Rotter OSB Stellvertretender Vorstand Dem natürlich ebenfalls ehrenamtlichen Stiftungsrat gehören an: Abt Dr. Johannes Eckert OSB Dr. Jürgen Hanreich Gerhard Johann Huber Jürgen Langer Fr. Marcus Riemer OSB DE56 7025 0150 0009 9525 99 BYLADEM1KMS Abt Dr. Daniel Bonifazius Haneberg OSB (1816 - 1876), Gemälde in der Klausur des Konventes von St. Bonifaz Unser Team – Unser Projekt | 27 Ganz nah an der bayerischen Geschichte Die Sommerakademie 2015 widmete sich dem Thema „Das barocke Bayern“. Im Sommer 2016 geht es thematisch um Abt Bonifaz von Haneberg. Seit 2011 ist ein Höhepunkt der Bildungsarbeit von St. Bonifaz die „Sommerakademie“, die vom Kuratorium der Freunde von St. Bonifaz unter der Leitung und Organisation von Herrn Prof. em. Dr. Hans-Michael Körner, LudwigMaximilians-Universität, ins Leben gerufen wurde. Rahmenthema ist jeweils eine im Hinblick auf das Verhältnis von Staat und Kirche in Bayern speziell interessante Phase. Der Säkularisation von 1803 und ihren Folgen (2011), dem Verhältnis der Katholischen Kirche zum Nationalsozialismus (2012), dem Kulturkampf des ausgehenden 19. Jahrhunderts (2013) und dem Konfessionellen Zeitalter (2014) waren die ersten Sommerakademien gewidmet. Das barocke Bayern Vom 23. Juni - 28. Juli 2015 fanden sich unter dem Rahmenthema „Das barocke Bayern“ nun schon zum fünften Mal dienstags um 20 h die historisch interessierten Freunde von St. Bonifaz ein, um den Vorträgen von renommierten Fachleuten zu lauschen. Die ersten drei Vorträge konzentrierten sich auf Grundlagen und Voraussetzungen des barocken Bayern. Prof. Dr. HansMichael Körner selbst wandte sich der Begriffsgeschichte und den epochenspezifischen Charakteristika zu. Dr. Johann Kirchinger von der Uni Regensburg lenkte die Aufmerksamkeit auf die wirtschaftlichen Grundlagen des kulturellen Engagements vornehmlich der landständischen Bistums Passau), die „Die Bavaria Sancta: Heimstätte von Bildung und Gelehrsamkeit“ zum Thema hatte. Den Abschlussvortrag hielt Prof. Dr. Manfred Eder, Lehrstuhlinhaber für Kirchengeschichte, Uni Osnabrück. Er sprach zu „Volksfrömmigkeit und Frömmigkeitsformen im barocken Bayern“. Flyer für die 6. Sommerakademie zum 200. Geburtstag von Bonifaz von Haneberg Klöster in Nieder- und Oberbayern. Dr. Katherina Weigand von der LMU konnte deutlich machen, dass uns in der Abfolge der bayerischen Herrscher von Kurfürst Maximilian I. bis zu Kurfürst Karl Theodor ganz unterschiedliche Charaktere begegnen, sowohl ihr individuelles Profil als auch ihre politischen Rolle. Dr. Johannes Erichsen, vormals Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, sprach über „Religion und Frömmigkeit in der höfisch-adeligen Welt des 17. und 18. Jahrhunderts“. Daran schloss sich der Vortrag von Frau PD Dr. Hannelore Putz an (Archiv des Bitte um Spenden Auch 2015 hat Fr. Emmanuel im Rahmen der Sommerakademie die Gelegenheit genutzt, unsere Obdachlosenarbeit vorzustellen und bei den zahlreichen Zuhörern um Spenden zu bitten, denn nur so kann im Haneberghaus jeden Tag des Jahres unseren ärmsten Mitmenschen geholfen werden. So wird deutlich, dass in St. Bonifaz nicht nur der Dreiklang von Kirche, Wissenschaft und Kunst gelebt wird, welchen sein Gründer, Ludwig I., für das Bauensemble rund um den Königsplatz im Sinn hatte. Vielmehr nimmt die tätige Nächstenliebe im Haneberghaus längst einen zentralen Platz im Wirken unserer Abtei ein. Näheres zum Programm des Colloquium Benedictinum und speziell zur Sommerakademie 2016 finden Sie wie gewohnt unter www. sankt-bonifaz.de. Diesmal wird es auch für uns thematisch besonders interessant: Im Zentrum der Sommerakademie 2016 (21. Juni 26. Juli) werden Leben und Wirken unseres Namensgebers Abt Bonifaz von Haneberg stehen, dessen Geburtstag sich im Jahr 2016 zum 200. Mal jährt. Vera Schäfer 28 | Unser Team – Unser Projekt In memoriam – wir gedenken Verstorbene Gäste des Haneberghauses in 2015 Edward Wojtkunat Manfred Mitschke Pantelija Nedeljkovic Werner Günther Cyrus Morteza Holger Moselewski Idris Ahmadu KarlHeinz Ellenschneider Erna Hagemann Henia Walchshauser Michael Schulze Anto Kostie Max Käufl Klaus Dieter Kram 57 Jahre 70 Jahre 78 Jahre 69 Jahre 45 Jahre 65 Jahre 54 Jahre 70 Jahre 90 Jahre 60 Jahre 61 Jahre 82 Jahre 61 Jahre 57 Jahre Foto: Dr. Reiner Fackler Noch im September konnte Frater Ansgar Mößmer, jahrzehntelang Gärtner und Senior der klösterlichen Gemeinschaft, seinen 95. Geburtstag feiern. Nun ist er am 5. Dezember 2015 im Kreis der Mitbrüder gestorben. Für viele Freunde von Sankt Bonifaz war Frater Ansgar, der im 65. Jahr seiner Profess stand, eine „Institution“ im besten Sinne des Wortes, auch wenn es in der letzten Zeit ruhiger um ihn geworden war. Bis wenige Tage vor seinem Tod hat Frater Ansgar noch Adventskränze gebunden und sie für den Versand – auch nach Rom – hergerichtet. Bei einem auf seinen Wunsch hin schlichten Requiem in der Andechser Wallfahrtskirche nahmen Mitbrüder, Freunde und Weggefährten Abschied. Abschied von Fr. Ansgar Mößmer in Andechs Unser Team – Unser Projekt | 29 Erinnerung an einen guten Freund Am 14. Januar 2015 jährte sich zum zehnten Mal der Todestag von Rudolph Moshammer, der vielen Obdachlosen in München ein treuer Freund war Zehn Jahre sind schon vergangen, seit das Münchner Original Rudolph Moshammer in einer kalten Januarnacht 2005 in seiner Grünwalder Villa von einem Liebhaber ermordet wurde, den er sich in der Bahnhofsgegend gesucht hatte. Mosi, 1940 in München geboren, war Promi-Schneider, Boulevardfigur und Paradiesvogel, aber er war auch ein treuer Freund der besonders Bedürftigen in unserer Stadt. Moshammers Vater hatte finanziell Schiffbruch erlitten und war vom Versicherungsdirektor zum wohnungslosen Alkoholiker abgerutscht. Aufgrund dieser Kindheitserfahrungen fühlte sein Sohn Rudolph sich den obdachlosen Gedenkfeier zum 10-jährigen Todestag von Rudolph Moshammer in der Abtei St. Bonifaz Übergabe der Spendenschecks an die Obdachlosenhilfe, die Teestube „komm“ und an BISS (v.l.n.r.) Menschen stets verbunden, er lud sie zum Weihnachtsessen ein, beschenkte und besuchte sie unter den Isarbrücken, durchaus mit medialer Begleitung. Moshammer unterstützte die Straßenzeitung BISS und die Obdachlosenhilfe St. Bonifaz und gründete im Sommer 2000 die Stiftung „Licht für Obdachlose“, die nach seinem Tod in „Rudolph Moshammer Verein Licht für Obdachlose e.V.“ umbenannt wurde. Ihm sitzt der Rechtsanwalt Florian Besold vor und er ist es, der alles daran setzt, die Erinnerung und damit den Wert der Marke Rudolph Moshammer zu erhalten, um beides zugunsten der Obdachlosen in München zu nutzen. So lud der Verein auch zum 10-jährigen Todestag von Mosi ein und legte zunächst einen Kranz an seinem Mausoleum auf dem Ostfriedhof nieder. Bei der anschließenden Gedenkfeier in der Abtei St. Bonifaz würdigten Schriftsteller Gerd Holzheimer und Schauspieler Peter Weiß den Modezaren mit einer Lesung. Der Verein „Licht für Obdachlose” spendete zu diesem Anlass insgesamt 23.000 Euro an die Straßenzeitung BISS, die Obdachlosenarbeit der Abtei St. Bonifaz sowie an die Teestube „komm” des Evangelischen Hilfswerks. Im Anschluss spendierte man im Pfarrsaal von St. Bonifaz ein Weißwurstessen für Obdachlose. Vera Schäfer 30 | Unser Team – Unser Projekt Suppe & Begegnung – der Mittagstisch der MMK Die Marianische Männerkongregation hat am 4. Mai 2015 ihren neuen „Mittagstisch am Bürgersaal“ in der Kapellenstraße eröffnet Der neu eröffnete Mittagstisch in der Bürgersaalkirche hat einen ganz besonderen Lieferanten: Das Hofbräuhaus (aktuell: „Zum Augustiner“ in der Neuhauser Str.; die Red.). Doch es geht nicht nur darum, den Hunger zu stillen. Heutzutage gibt es viele Menschen, die einsam sind. Daher soll es auch genügend Zeit für Gespräche geben. Mitten in der Münchner Innenstadt hat in dieser Woche der neue Mittagstisch der Marianischen Männerkongregation (MMK) eröffnet. Im Sinne des Seligen Pater Rupert Mayer gehe es darum, niemanden auszuschließen, so MMK-Präfekt Matthias Hoffmann. Der Mittagstisch solle aber nicht allein den leiblichen Bedürfnissen dienen. Heutzutage gäbe es ganz andere Nöte: Viele Menschen seien einsam und hätten niemanden, der ihnen zuhört. Beim Mittagstisch seien alle Menschen willkommen. Es gehe darum, die Möglichkeit zur MMK-Präfekt Matthias Hoffmann und Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg haben den ersten Teller ausgeteilt Foto: Kiderle zwischenmenschlichen Begegnung und zum Gespräch zu bieten. Außerdem sollen die Menschen die Marianische Männerkongregation besser kennenlernen, so Hoffmann. Die offizielle Eröffnung fand am Donnerstag mit einem Gottesdienst in der Bürgersaalkirche statt. Zelebrant war Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg, der im Anschluss die neuen, hellen Räume segnete. Sie befinden sich im komplett neu erbauten Anwesen der Kapellenstraße 1, hinter der Bürgersaalkirche. Für München sei das ein sehr wichtiger Ort, sagte Stolberg den Münchner Kirchennachrichten. In einer Stadt, die zu den teuersten in Deutschland gehört, sei es wichtig, andere Akzente zu setzen und auf die zu schauen, die nicht Schritt halten können. Eine ältere Dame sitzt an einem der gemütlichen Holztische und isst die angebotene Gulaschsuppe. Sie ist von dem Angebot begeistert: „Ich bin alleinstehend. Wenn ich mittags in die Kirche gehe und bis ich dann heimkomme und mir eine Kleinigkeit zu essen mache, ist es vier Uhr und ich bin wieder alleine. Und so komme ich in ein Gespräch“. Das Essen liefert täglich das Münchner Hofbräuhaus. Sie stellen es für die gute Sache kostenlos zur Verfügung. Geöffnet ist der Mittagstisch von Montag bis Freitag von 13 Uhr bis 14.15 Uhr (letzte Essensausgabe). Die Räume befinden sich in der Kapellenstraße 1 in der Münchner Innenstadt. Das Jahr 2015 steht bei der Marianischen Männerkongregation am Bürgersaal zu München ganz im Zeichen des Gedenkens an den 70. Todestag des seligen Pater Rupert Mayer SJ am 1. November. Denn Pater Mayer war von 1921 bis 1945 ihr Präses. Münchner Kirchennachrichten, 8. Mai 2015, (kas/flo) Unser Team – Unser Projekt | 31 Stimmen zum neuen Mittagstisch am Bürgersaal – Beim BR und in der „Sodalen-Brücke“ der MMK wird berichtet (...) Ja, ich möchte sagen, es ist ein Lichtblick im geschäftlichen Treiben der Münchener Innenstadt, wenn wir heute die Räumlichkeiten für den „Mittagstisch am Bürgersaal“ offiziell eröffnen und den Segen Gottes dafür erbitten. (...) Und dies umso mehr, als dieser Mittagstisch ja nicht nur eine reine Abspeisung sein, sondern zu einer Begegnungsstätte werden soll, (...), zu einem Ort der Menschlichkeit und zu einem wichtigen Ort kirchlicher Präsenz in der Innenstadt. (...) Dieser Farbtupfer wird am heutigen Tag durch die Eröffnung des Mittagstisches am Bürgersaal verstärkt und gibt so vielleicht ein ausgewogeneres buntes Bild von Kirch hier in München ab. (...) Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg bei der Eröffnung (...) Ein kostenloses Mittagessen – immer mehr Menschen sind auf Die Münchner Bürgersaalkirche der Marianischen Männerkongregation in der Neuhauser Straße Foto: flickr.com diese Hilfe angewiesen. Mitten in der Münchner Fußgängerzone gibt es daher Suppe und Brot für Bedürftige. Willkommen ist jeder. (...) Mehr als 20 Essensausgaben für bedürftige Münchner gibt es derzeit in der Landeshauptstadt. Sie werden dringend benötigt und dankbar angenommen. Dabei geht es um weit mehr als ein wenig kostenlose Suppe und Brot. Platz nehmen an einem gedeckten Tisch mit anderen Gästen, erzählen und zuhören können – angenommen werden, einfach als Mensch. (...) BR, stationen, 27.Oktober 2015 (...) Mit Beginn des für jedermann kostenlosen Mittagstisches startete eine sehr spannende und für uns völlig neue Herausforderung im kurz zuvor fertiggestellten Neubau hinter der Bürgersaalkirche.. (...) Dabei stellte sich rasch heraus, dass unser Angebot von einfachem Essen in Form von Suppe und Brot, vor allem aber die Möglichkeit zum Verweilen für einen gegenseitigen Gedankenaustausch und ein Gespräch sehr gut ankommt. (...) Matthias Hoffmann, Präfekt (...) Bezüglich der Arbeit unseres Mittagstisches sind Ähnlichkieten beim Handeln von Klöstern an ihren Gästen auszumachen. So können Klöster, die seit Jahrhunderten nach den Regeln des Heiligen Benedikt geleitet werden und ihren Gästen gegenüber eine GastgeberKultur entwickelt haben, auch uns Leitlinien bieten. (...) Dr. Ingulf Planeth in der Sodalen-Brücke 2/2015 32 | Unser Team – Unser Projekt Beste Grüße aus dem Vatikan Ende Oktober 2015 hatte Fr. Emmanuel an den Papst geschrieben und von der Arbeit im Haneberghaus berichtet – Anfang Dezember kam die Antwort Jorge Mario Bergoglio SJ ist seit dem 13. März 2013 als Papst Franziskus der 266. Bischof von Rom und damit Oberhaupt der katholischen Kirche. Der 1936 geborene Argentinier italienischer Herkunft ist der erste Amerikaner und erste Jesuit auf dem Heiligen Stuhl, auf den zuletzt 167 Jahre zuvor ein Ordensangehöriger gewählt wurde. Er war Chemietechniker, bevor er 1958 in den Jesuitenorden eintrat und später ein Studium der Geisteswissenschaften (1960) und Theologie (1970) abschloss. 1969 wurde Bergoglio Priester, 1998 Erzbischof von Buenos Aires und 2001 Kardinal. Seinen Namen „Franziskus“ nach dem heiligen Franz von Assisi wählte der neue Papst mit Bedacht. Franz von Assisi ist für ihn ein Vorbild als Mann der Armut und des Friedens, der die Schöpfung liebte und bewahrte. Ganz in seinem Sinne gibt sich Bergoglio als Papst demütig und bescheiden, er steht der Seite der Armen und hat ein Herz für Obdachlose. Für sie ließ er rund um den Petersplatz Duschen bauen und Schlafsäcke verteilen. Am zweiten Jahrestag seiner Papstwahl kündigte Franziskus ein außerordentliches Heiliges Jahr der Barmherzigkeit an, das am 8. Dezember 2015, dem Fest der Unbefleckten Empfängnis, mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom eröffnet wurde. Pünktlich zu dessen Beginn antwortete das Staatssekretariat, zentrales Amt der Kurie, im Auftrag von Papst Franziskus auf den Brief von Fr. Emmanuel, in dem er mit Film und Jahresbericht vom Haneberghaus berichtet hatte, und dankte allen Beteiligten für die dort geleistete Arbeit. Vera Schäfer Antwortschreiben aus dem Staatssekretariat im Vatikan Unser Team – Unser Projekt | 33 Ein herzlicher Dank gilt allen Sachspendern Unsere Obdachlosenhilfe erhält von zahlreichen Sachspendern vielfältige Unterstützung – ihnen wollen wir von Herzen danken! Damit es keine Missverständnisse gibt, wollen wir auch diesmal wieder, genau wie im Jahresbericht 2014 im vergangenen Jahr, keine einzelnen Namen nennen, sondern nur allen Sachspendern von Herzen danken. Auch Ihr Beitrag ist entscheidend für das Gelingen der Obdachlosenarbeit im Haneberghaus. Darum ein herzliches „Vergelt‘s Gott“! Wir freuen uns immer über saubere gebrauchte Herrenbekleidung, vor allem über Jeans in kleinen Herren-Größen sowie über neue Unterwäsche und Socken, aber auch über Körperpflegeartikel und (bitte nur nach Absprache) über Lebensmittelund Medikamentenspenden. Fr. Emmanuel Rotter OSB Wir danken insbesondere ... • den zahlreichen Stiftungen, Vereinen und kommunalen Organen • einer ganzen Reihe von Unternehmen für ihre Sachspenden • befreundeten Klöstern v.a. für ihre Kleiderspenden • den Spendern von Kleiderspenden im großen Stil und den vielen kleinen Spendern • unseren Freunden und Förderern für Brot, Gebäck, Kuchen und Gemüse • und allen unseren sonstigen Sachspendern Kloster und Benediktus-Brunnen Foto: www.wikipedia.de 34 | Menschen „Es sind diese kleinen Dinge, die für die Menschen wichtig sind.“ Dr. Gertraud Burkert, im Kuratorium des Fördervereins „Freunde der Benediktinerabtei St. Bonifaz e.V.“ verantwortlich für Soziales, über das Haneberghaus Über viele Jahre hinweg galt sie als das soziale Gewissen der wohlhabenden Stadt München: Gertraud Burkert. Von 1993 bis 2005 hatte die gebürtige Münchnerin als 2. Bürgermeisterin die Verantwortung für alles Soziale, für Schule, Sport und Bürgerangelegenheiten. Ihre gesundheitlicher Zustand zwang sie damals vorzeitig den – wie sie Was empfinden Sie, wenn Sie ans Haneberghaus kommen, wenn Sie die Menschen dort sehen? Gertraud Burkert: Meine Gefühle sind gespalten: Einerseits freue ich mich über die Arbeit, die dort geleistet wird, andererseits verfolge ich die Entwicklung der Wohnungslosigkeit mit Sorge. Denn seit längerem sehe ich zunehmend mehr Menschen, die keine Wohnung, die kein Obdach haben in München und sehe auch, wie ihre Zahl stetig steigt, wie sie immer jünger werden und wie immer mehr dabei sind, von denen ich überzeugt bin, dass sie sich nichts sehnlicher wünschen als Dach über dem Kopf. Rührt Sie die Not der Menschen auch noch nach so vielen Jahren des professionellen Umgangs mit derselben? GB: Man kann damit nur professionell umgehen, wenn man sich die Dinge vor Ort anschaut, vor allem den notleidenden Menschen direkt begegnet, dann hat man auch andere Prioritäten in der Politik. Grundsätzlich sind viele dieser Begegnungen aber nicht sagt – „schönsten Job der Welt“ aufzugeben. Doch ruhig ist es seitdem nicht wirklich geworden für die Ruheständlerin. Die Familie und vor allem ihre vielen Enkel halten sie auf Trapp, wie sie sagt; und natürlich das Ehrenamt, z.B. ihr Engagement für Sankt Bonifaz und das Haneberghaus. Clemens Finzer hat Dr. Gertraud Burkert getroffen. einfach. Zwar fällt es mir als Frau leichter auf Frauen zuzugehen, z.B. in der Einrichtung Karla 51 in der Karlstraße, vor allem, wenn noch Kinder da sind, dann ist es ziemlich unkompliziert, man redet dann von Mutter zu Mutter oder Oma zu Mutter. Bei Männern ist das ein wenig schwieriger, obwohl es leichter wird, wenn man älter ist. Ich stelle auch fest, dass gerade Männer aus anderen Ländern ältere Frauen relativ respektvoll behandeln, respektvoller bisweilen als viele es bei uns tun. Das geht mit dem Sitzplatzangebot in der U-Bahn los, beim Türe-Aufhalten, beim Kontakt, es ist grundsätzlich einfach mehr Achtung vor dem Alter da. Was bedeutet die Obdachlosenhilfe in Sankt Bonifaz für die Stadt München? GB: Ich denke, dass gerade das Haneberghaus eine ganz wichtige Einrichtung ist innerhalb der Wohnungslosenfürsorge. München hat eine ganze Reihe von Institutionen, die sich um Wohnungslose kümmern, aber das Dr. Getraud Burkert, Sozial-Bürgermeisterin von München a.D., Freundin des Haneberghauses Menschen | 35 Besondere am Haneberghaus ist, dass man eben nicht seinen Ausweis vorzeigen muss, denn es gibt eben Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – dieses nicht können, nicht wollen. Ein Zweites ist, dass hier – ich will dabei den anderen Einrichtungen nichts absprechen – durch die vielen Ehrenamtlichen doch eine ganz starke Zuwendung spürbar ist. Es genügt oft ein Lächeln, oder dass jemand sagt, Schwester Monika z.B. „Ach, sind Sie wieder da? Freut mich, wie geht’s?“ Das sind diese kleinen Dinge, aber für diese Menschen sind sie ganz wichtig. Knappes Gut Wohnraum München ist eine reiche Stadt – tut sich die Stadt gegenüber den Armen besonders schwer? GB: Besonders schwer ist es natürlich dadurch, dass München einen enormen Zuzug hat. Wir hatten Anfang der 90er Jahre 1,3 Million Einwohner, heute haben wir 1,5 und die Menschen wollen untergebracht werden. München hat zum Glück noch städtische Wo h nu n g s b a u g e s e l l s ch a f t e n , andere Städte haben die ja verkauft und für einen Investor ist es natürlich sehr lohnend, Wohnungen zu kaufen und hohe Mieten zu verlangen. Ich habe immer ein Problem, dass der Boden ein Gut ist, das jeder braucht, nämlich mit einer Wohngelegenheit darauf, und das dieser Boden nicht beliebig vermehrbar ist. Bei manchen Dingen, die nicht für jeden notwendig sind, da kann man verlangen, was man will und wenn genügend vorhanden ist, sinkt der Preis ohnehin. Aber begrenzter Boden und freie Marktwirtschaft ist für mich ein Problem. Welche Herausforderung bringen Asylsuchende für die Wohnungslosenarbeit? GB: Wenn wir über den Wohnungsmarkt reden, dann stimmt es, dass die Asylsuchenden, die anerkannt und geduldet sind, ein Recht auf Wohnung haben; und es gibt zweifellos Wohnungslose, die das als Konkurrenz sehen. Die Stadt könnte ungeachtet der Vorschriften einfachere Wohnungen zur Verfügung stellen, z.B. für wohnungslose Männer. Diese sind oft schon glücklich mit einfacheren Begebenheiten, einem kleineren Zuhause z.B. wie im Ledigenheim, wo die Bewohner ein Zimmer haben, eine Gemeinschaftsküche, sie wollen da gar nicht raus. D.h. wir sollten uns vielleicht auch im Wohnungsbau auf Einfacheres einstellen ohne zu sagen, „für die tut es das schon“; eher aus dem pragmatischen Gedanken heraus, manche brauchen und wollen gar nicht mehr. Wenn ich denke, viele Studentinnen und Studenten organisieren sich ihre Möbel und Einrichtungsgegenstände auf dem Flohmarkt, so auch unsere Tochter – und ihre Küche ist sehr gemütlich. Was hat sich Ihrer Meinung in den letzten Jahren für das Haneberghaus geändert? GB: Das Haneberghaus hatte zum Beispiel einige Bäder, die für die Obdachlosen früherer Zeiten ausreichten. Jetzt wurden es aber viel zu wenige, wenn junge Männer – vor allem aus Osteuropa - in der Frühe kommen, die duschen wollen und Arbeit suchen. Sie sind gut angezogen, gepflegt, nicht das, was man traditionell unter Gertraud Burkert wurde am 21. März 1940 in München geboren, sie studierte Germanistik, Altphilologie und Geschichte in München und Wien und promovierte zum Dr. phil. an der LMU. Über 20 Jahre engagierte sie sich im Bezirksausschuss 16 Ramersdorf - Perlach, bevor sie 1990 ehrenamtliche Stadträtin der SPD wurde. Von 1993 bis 2005 war sie unter Christian Ude 2. Bürgermeisterin der Stadt München und damit zuständig für die Sozialausschüsse, die Ausschüsse f. Schule und Sport, den Kommunalausschuss, für Bürgerangelegenheiten und die Bezirksausschüsse. Zugleich war Gertraud Burkert Aufsichtsratsvorsitzende des Münchner Tierparks und des Münchenstifts. Wegen einer Herzerkrankung musste sie 2006 vorzeitig aus dem Amt ausscheiden, aber sie engagiert sich weiterhin in vielfältiger Hinsicht ehrenamtlich, u.a. in der Lebenshilfe, im Diözesanrat der Katholiken, in der bischöflichen Frauenkommission, aber auch im Kuratorium der „Freunde der Benediktinerabtei St. Bonifaz e.V., unserem Förderverein, wo sie dem Arbeitskreis „Soziales“ vorsteht. Neben all den Ehrenämtern ist Gertraud Burkert eine sehr engagierte Großmutter, die zusammen mit ihrem Mann zwei ihrer sechs Enkel täglich betreut. Anfang 2014 wurde Dr. Gertraud Burkert vom Münchner Stadtrat für ihren langjährigen Einsatz für ein soziales München die Ehrenbürgerwürde verliehen. Dazu und zu ihrem 75. Geburtstag im März 2015 gratulieren wir von Herzen! V.S. 36 | Menschen den „Männer unter der Brücke“ versteht, sondern, die gehen dann und suchen oft verzweifelt Arbeit und werden teilweise brutal ausgenutzt mit einem Stundenlohn von 5 Euro. Das ist ein Problem; aber sie versuchen hier auf die Beine zu kommen und dabei noch Geld zu sparen, um es nach Hause zu schicken. Sozialpolitik gefordert Wen sehen Sie da vor allem gefordert? GB: In München ist natürlich weiterhin die Sozialpolitik der Stadt gefordert. Sehr dankbar bin ich dafür, dass die Landeshauptstadt das Haneberghaus mit ins Programm aufgenommen hat, und beispielsweise den Ausbau der Duschen mit einem größeren Betrag förderte und auch bei einer Renovierung das Kloster unterstützt. Lange Zeit wurde das Haneberghaus von der Landeshauptstadt nicht gesehen. Jetzt sieht man aber, dass dort entsprechend der christlichen Werte gehandelt wird, indem keine Fragen gestellt werden, wer kommt oder ob derjenige schuld ist an seiner Wohnungslosigkeit, ob er sich bemüht um eine Wohnung oder nicht, sondern, dass den Menschen geholfen wird, jetzt, hier und in diesem Augenblick und da gibt es wenige Einrichtungen, die so vorgehen. Welche Rolle spielen die Ehrenamtlichen bei all dem? GB: Ohne die Ehrenamtlichen geht nichts und ich bin auch überzeugt, München hat – auch zum Teil durch die kirchlichen Traditionen – eine besondere Kultur der Ehrenamtlichen. Dass auch die Flüchtlingssituation so gut bewältigt wurde, hängt sicher auch damit zusammen, dass es hier schon seit langem eine Ehrenamtskultur gibt, die auch von der Stadt unterstützt wurde; denn die Stadt weiß auch: Ohne Ehrenamt geht nichts! Aber Ehrenamt braucht auch Hauptamt, sonst wird es schwierig. Sind Sie als Münchnerin auch etwas stolz darauf? GB: Wir Münchner können alle ein wenig stolz darauf sein, dass die Stadt in ihrer Hilfsbereitschaft im letzten Sommer und Herbst weltweit bewundert wurde. Es gibt diese Traditionen, eben solche, wie sie auch am Haneberghaus schon seit langem gepflegt werden: Wo Hilfe benötigt werden, fragen wir nicht lange, sondern packen zu! Was wünschen Sie dem Haneberghaus und seinem Team? GB: Einerseits, dass es in absehbarer Zeit überflüssig wird, dass man hier nur noch feiert mit Ehemaligen, das wäre ein toller Wunsch. Gleichzeitig wünsche ich Frater Emmanuel und seinem Team noch mehr Freundinnen und Freunde, Menschen, die bereits sind, für das Haneberghaus Zeit und/oder finanzielle Unterstützung einzubringen. Und dass die Stadt natürlich weiterhin die Notwendigkeit dieser Einrichtung erkennt und sich auch entsprechend engagiert. Interview: Clemens Finzer, Bayerischer Rundfunk Vorsitzender des Pfarrgemeinderats St. Bonifaz Dr. Gertraud Burkert Foto: www.muenchenstift.de Menschen | 37 Mein Nachbar, der Obdachlose In Martinsried ist ein Obdachloser an einer Bushaltestelle verstorben. Einige Anwohner vermissen ihn und schrieben einen Leserbrief an den Wochenanzeiger Am 10. Oktober 2015 verstarb Reinhard Altreuter an einer Bushaltestelle. Er war ein Obdachloser, der in Martinsried von vielen Menschen geschätzt wurde. Die Umstände seines Todes veranlassten die Nachbarn dazu, die Leser der Münchner Wochenanzeiger darauf aufmerksam zu machen, gerade zur kalten Jahreszeit Menschen ohne Dach über dem Kopf die Hand zu reichen und ihnen zu helfen – auch wenn das oft nicht einfach ist. Katharina Sebestyen schrieb folgenden Abschiedsbrief im Namen der betroffenen Nachbarn: Die Nachbarn kannten ihn, wie er mit seinem langen Haar und seinem langen Bart, bepackt mit unzähligen Taschen, durch Martinsried und Planegg spazierte. Sprach man ihn an, war er zurückhaltend, doch stets höflich. Er kam mir fast ein wenig überfordert vor, als ich ihn eines Tages fragte, ob er etwas bräuchte. Nie hat er gebettelt oder gar um Geld gebeten. Da gebe es ein paar Leute, die ihn mit Essen und Trinken versorgten (wie ich später erfuhrt, waren es sogar die Nachbarskinder, die mit ihm ihre Schokolade teilten). Das Wohnheim in der Pilgersheimer Straße kenne er wohl, doch er beschwerte sich über die dortigen Verhältnisse. Einen Fernseher im Zimmer, das wolle er nicht, das sei er nicht mehr gewohnt, da bleibe er lieber hier draußen! Die letzten Tage hatte er unser Bushäuschen als sein Schlafquartier gewählt. Als Münchner Bushaltestelle Foto: www.tz.de die Tage kürzer und die Nächte kälter wurden, machte ich mir doch langsam Sorgen um ihn, doch nicht nur ich. Die Gemeinde Planegg wurde immer öfter von besorgten Bürgern angerufen, aber es war schwierig, ihm zu helfen. Um in einer Unterkunft für Obdachlose übernachten zu können, hätte Reinhard sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen müssen, doch hat er dies verweigert. Anfang Oktober hat er dann doch Passanten um Hilfe gebeten, da es ihm nicht gut ging. Er beklagte sich über andauernde Übelkeit. Doch die gerufene Polizei und Sanitäter konnten keinen akuten Notfall erkennen, weder war er betrunken noch kurz vor einem Zusammenbruch. Alkohol sah und roch man tatsächlich nie bei ihm. Da Reinhard auch nicht mehr gesetzlich krankenversichert war, wäre ärztliche Betreuung auch im Krankenhaus nicht garantiert gewesen. Als ich ihn die letzten Abende in seiner Bushaltestelle besucht habe, hat er sich sehr über eine deftige Gemüsesuppe und einen heißen Früchtetee gefreut. Reinhard wollte Hilfe, doch nicht unter jeder Bedingung. Er war ein Mann mit Stolz, der sich unserem System nicht mehr anpassen konnte. Es war ein Samstag, als Reinhard seine Bushaltestelle nicht mehr verlassen hat. Ich vermutete, er habe einen „faulen Tag“. Am Abend wollten mein Mann und ich nochmal nach ihm schauen, es kam uns seltsam vor, dass er den ganzen Tag dort gelegen hatte. Doch als er nicht auf uns reagierte, da wurde uns langsam klar, welch hohen Preis Reinhard gezahlt hatte ... Am Samstag, den 10. Oktober 2015, ist Reinhard in einer Bushaltestelle in Martinsried gestorben, er ist nur 58 Jahre alt geworden. Die Nachbarn nehmen nun Abschied und haben ein paar Kerzen und Blumen in seine Bushaltestelle gelegt. Nachdem Obdachlose anonym bestattet werden, wird hier die letzte Gedenkstätte an Reinhard Altreuter für die Martinsrieder Nachbarn sein. Die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft in unserer Nachbarschaft hat alle Anwohner gerührt. Im Namen von Reinhard können wir nur bitten: Verschließen auch Sie nicht die Augen vor der Not, die direkt vor Ihrer Haustüre herrscht! Vertrauen Sie nicht darauf, dass irgendwer schon helfen wird oder die Person das so wolle. Seien Sie selbst derjenige, der hilft! Es bedarf keiner großen Taten, oft ist schon ein Wort der erste Schritt. Katharina Sebestyien mit Sylvia und Ernst Hornig 38 | Menschen Der lettische Patient Manche unserer Gäste sind nicht nur obdach- und mittellos. Sie sind auch schwer krank und ohne irgendwelche Angehörigen. Hier eine Geschichte von der Bahnhofsmission, die so auch im Haneberghaus passiert sein könnte. An einem Freitagabend Anfang April um 18 h wurde ein Klient von der Polizei zu uns in die Bahnhofsmission gebracht. Er hatte ein Schreiben in Form eines vorläufigen Arztbriefes – gerichtet an den weiterbehandelnden Arzt – bei sich, als Meldeadresse bzw. Wohnort wurde die Bahnhofsmission genannt. Die Polizei teilte uns mit, das Krankenhaus, eine Klinik in privater Trägerschaft in München, hätte um den Transport zur Bahnhofsmission gebeten, da der Patient – es wurde bei ihm ein fortgeschrittenes und metastasierendes Lungenkarzinom diagnostiziert – bei ihnen nicht mehr länger stationär behandelt werden könne. Grund: Die ungeklärte Kostenübernahme. Die Klinik bitte des Weiteren um Unterbringung in einer Obdachloseneinrichtung. Der Krankenhaus-Sozialdienst habe bereits das lettische Konsulat kontaktiert – dieses verweigere jedoch jegliche Zuständigkeit. Unserer Datenbank konnte ich folgendes entnehmen: Herr V. ist lettischer Staatsbürger, er hielt sich seit Januar 2013 zum Zwecke der Arbeitssuche in München auf. Von der Bahnhofsmission war er mehrmals über die Kälteschutzanweisung der Stadt München in der Bayernkaserne untergebracht worden. Zwei Plastiktüten und Morphium Am Freitagabend befand sich Herr V. in einem äußerst schlechten gesundheitlichen Zustand. Er war stark abgemagert und hatte Atemprobleme. Geduldig und ergeben wartete er ab, was weiter passieren würde. Seine persönliche Habe bestand aus zwei Plastiktüten, obenauf lag eine Blisterpackung mit Morphiumtabletten. Wir kontaktierten sofort eine Russisch sprechende Mitarbeiterin, da eine Verständigung mit Herrn V. in keiner anderen Sprache möglich war. Als lettischer Staasbürger, Foto: Fabian Mohr Erschöpfte Gäste im Aufenthaltsraum des Haneberghauses Menschen | 39 erst seit kurzer Zeit in München arbeitssuchend, ergaben sich für Herrn V. in Deutschland keinerlei Ansprüche auf Unterbringung oder sonstige Leistungen. Vor allem war für uns aber sofort klar, dass Herr V. dringend weiter medizinische Versorgung brauchte. Wir kontaktierten sofort ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft. Dieses sagte uns nach längerer Rücksprache mit der ärztlichen Leitung die stationäre Aufnahme zu. Bedingung hierfür war jedoch ein klärendes Gespräch mit der Klinik, die den Patienten in die Bahnhofsmission geschickt hatte. Von Dienstarzt zu Dienstarzt wurde daraufhin die Wiederaufnahme von Herrn V. zugesagt und wir schickten den Klienten um 21:30 h mit dem Taxi (finanziert aus Spendenmitteln der Bahnhofsmission) zurück zur entlassenden Klinik. Zwei Stunden später rief die diensthabende Aufnahmeärztin von dort wieder in der Bahnhofsmission an und teilte mit, sie könne den Patienten aus den bereits bekannten Gründen nicht aufnehmen und würde erneut die Polizei holen. Nach mühseligen Recherchen am nächsten Tag erfuhren wir, dass Herr V. von der Polizei in das städtische Unterkunftsheim in der Pilgersheimer Straße gebracht worden war. Er verbrachte die restliche Nacht im Zimmer neben der Pforte, weil es dem Pförtner zu unsicher war, ihm in seinem schlechten Zustand ein weiter entferntes Zimmer zuzuweisen. Am Samstagnachmittag nahm ich Kontakt mit der diensthabenden Sozialarbeiterin in der Pilgersheimer Straße auf und bemühte mich daraufhin nochmals um eine Einweisung in das kirchliche Krankenhaus. Dies klappte dann recht schnell, wir organisierten den Transport von Herrn V. in die Klinik und gaben ihm einen Brief für die behandelnden Ärzte und den Sozialdienst mit Informationen und unseren Kontaktdaten inklusive der Telefonnummer unserer Dolmetscherin mit. Palliativ statt „Coming Home“ Am Montag kontaktierte uns der Krankenhaus-Sozialdienst und wir vermittelten den Kontakt zu „Coming Home“, dem Büro für Rückkehrhilfen im Sozialreferat der Landeshauptstadt. Bei ärztlich bescheinigter Reisefähigkeit hätte Coming Home die Rückreise nach Lettland organisiert, Herr V. hatte uns gegenüber bereits den Wunsch geäußert, in sein Heimatland zurückkehren zu wollen. Am Dienstag bekamen wir die Nachricht, dass Herr V. auf die Palliativstation verlegt wurde und im Sterben liege. Am darauffolgenden Donnerstag ist Herr V. dann auf der Palliativstation verstorben. Die Recherchen des Städtischen Bestattungsdienstes ergaben dann, dass Herr V. in Lettland keine Angehörigen hat. Daraufhin wurde Herr V. drei Wochen nach seinem Tod in einem Sammelurnengrab in München beerdigt. Bettina Spahn, Krankenschwester Hauptamtliche Leiterin der Katholischen Bahnhofsmission am Hauptbahnhof München Vor der Arztpraxis im Haneberghaus Foto: Fabian Mohr 40 | Menschen Von der Bühne ins Kloster und wieder zurück Michael Patrick Kelly war charismatischer Bandleader der Kelly Family und Teenagerschwarm. Dann ging er für sechs Jahre ins Kloster. Seit 2010 ist er als Solokünstler unterwegs. Ende 2015 kam er mit einem Filmteam des ORF zu St. Bonifaz, sprach mit Abt Johannes und besuchte das Haneberghaus. Mit 15 Jahren komponierte „Paddy Kelly“, wie sich Michael Patrick Kelly damals nannte, den Hit „An Angel“, der sich ein Jahr lang in den deutschen Charts hielt. Das war am Höhepunkt der Karriere der Kelly Family. Sie gehörten in den 1990er „Der rote Faden meines Lebens ist die Suche“, sagt Michael Patrick. 2003 zog er sich in ein Kloster nach Burgund zurück. Als Bruder John Paul Mary lebte er dort als Mönch in der Johannes-Gemeinschaft mit, studierte Theologie und Philosophie. „Ich habe in meinem Leben immer nach Glück und Sinn gesucht. Erst später wurde mir bewusst, dass ich eigentlich immer Gott gesucht habe“, erzählt der heute 37-jährige Michael Patrick Kelly. „Ich bin ins Kloster eingetreten, ohne Jahren mit mehr als 20 Millionen verkauften Alben zu den erfolgreichsten Bands Europas. Seit damals hat sich jedoch viel verändert. Heute sagt er: „Der Höhepunkt in meiner Karriere war auch der Tiefpunkt in meiner Seele.“ zu wissen, wie lange ich bleiben werde – drei Monate, drei Jahre, ein ganzes Leben? Ich wusste nur, ich muss diesen Schritt machen, um gewisse Dinge für mich persönlich zu klären, auch um zu mir selbst zu finden. Vor allem aber wollte ich einen Lebensstil führen, wo ich mich wirklich mit der Gottesfrage beschäftigen konnte.“ Sechs Jahre lang blieb Michael Patrick Kelly im Kloster. Doch letztlich habe er sich nicht zum Leben als Mönch berufen gefühlt. „Wenn eine Gitarre nicht in der Michael Patrick Kelly bei seinem Besuch in Santkt Bonifaz Foto: ORF richtigen Stimmung ist, dann muss man sie nachstimmen. Und diese Zeit im Kloster war für mich auch eine Art Nachstimmung und Einstimmung auf die Frequenz, wo ich am besten klinge. Und jetzt kommt die Frucht sozusagen aus dieser Einstimmung in den Liedern, die ich heute mache.“ Heute steht Michael Patrick Kelly wieder auf der Bühne. Nun jedoch als Solo-Sänger. Mit seinem neuen Album „Human“ versucht er „einige Facetten der Menschlichkeit“ zu ergründen: „Mein Album ‚Human‘ Menschen | 41 ist nicht nur ein Albumtitel, sondern Programm. Für mich ist eine der größten Faszinationen des Lebens der Mensch. In dem Album geht es um den Menschen und um Menschlichkeit. Es ist nicht in erster Linie ein religiöses Album, aber natürlich hat mich die Zeit im Kloster sehr geprägt und in den Texten sind auch viele meiner Fragen und Antworten über das Menschsein und den Sinn des Lebens zu finden.“ Ein FeierAbend-Team begleitet Michael Patrick Kelly bei einem Besuch in der Münchner Abtei St. Bonifaz/Andechs und der angeschlossenen Obdachlosen-Einrichtung. Dort trifft der Musiker auf den Abt des Klosters und auf einen befreundeten Obdachlosen. Schon zu Zeiten der „Kelly Family“ hat Michael Patrick Kelly gemeinsam mit seinen Geschwistern für Obdachlose gesungen – eine Tradition, die der Künstler bis heute pflegt. „Als ich früher mit meinen Geschwistern auf der Straße gesungen habe, waren oft Obdachlose unsere größten Fans. Oft haben uns Obdachlose vor der Polizei in Schutz genommen, wenn wir ohne Genehmigung auf der Straße gespielt haben. Sie haben die Polizei abgelenkt, damit die sich nicht weiter um uns kümmern konnte“, erzählt Michael Patrick Kelly. ORF 2, http://religion.orf.at/ tv/stories/2749399/ Michael Patrick Kelly bei seinem Besuch in St. Bonifaz und im Haneberghaus Fotos: ORF 42 | Aktionen München ist bunt – auch bei uns Die benachbarten Schulen für Farbe und Gestaltung haben einen Projekttag „München ist bunt“ auf die Beine gestellt – das Haneberghaus war dabei St. Bonifaz und das Haneberghaus liegen mitten im Zentrum von München, gleich um die Ecke von Hauptbahnhof, Stachus und Altem Botanischen Garten. Gleich in unserer Nachbarschaft an der Luisenstraße 9-11 ist auch das Berufliche Schulzentrum Thomas Wimmer. Dort befinden sich die Städtischen Fach-, Meister- und Berufsschulen für Farbe und Gestaltung, an denen zukünftige Maler, Lackierer und Gestalter für visuelles Marketing, aber auch Vergolder und Kirchenmaler ausgebildet werden. Die von den Schülern kreativ und professionell gestalteten Schaufenster sind immer ein besonderes Vergnügen auf dem kurzen Fußweg vom Bahnhof zum Kloster. Seit 2011 sind die Schulen für Farbe und Gestaltung Mitglied bei „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, einem Projekt von und für Schüler*innen und mit über 2.000 teilnehmenden Schulen das größten Schulnetzwerk in Deutschland. Es bietet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv mitzugestalten, indem sie sich bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt wenden. Jede Schule kann Mitglied werden, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt: Mindestens 70 Prozent aller Menschen, die in einer Schule lernen und arbeiten, verpflichten sich mit ihrer Unterschrift, sich künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv einzusetzen, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema durchzuführen. Der diesjährige Projekttag der Schulen für Farbe und Gestaltung fand am 22. Juli 2015 unter dem Motto „München ist bunt“ statt und bot von 8 - 16 h ein vielseitiges Programm. Der Tag begann mit zwölf vielfältigen Workshops, darunter: Zeitzeugengespräch, Flüchtlinge in Europa, Flüchtlinge in Deutschland, medienkritischer Workshop zum web 2.0, Muslime in München, jüdisches Leben in München und Fußballturnier mit „Bunt kickt gut“, der interkulturellen Fußball-Straßen-Liga. Ein Workshop des Projekttages war einem Besuch in St. Bonifaz und speziell im Haneberghaus gewidmet. Ein Lehrer, Herr Kainz, kam mit 20 jungen Erwachsenen, die sich über Leben und Arbeiten in einem christlichen Kloster im Zentrum der Stadt informieren wollten. Es ging auch um die Seelsorge in der Gemeinde und die Jugendarbeit, vor allem aber wollten die Berufsschüler von Frater Emmanuel viel erfahren über die Begegnung mit obdachlosen Menschen aus aller Herren Länder, wie sie im Haneberghaus tagtäglich stattfindet. Denn schon im Programmangebot der Workshops für die Schüler wurde Frater Emmanuel so zitiert: „Anteilnahme, Mitgefühl, Wertschätzung sind für uns die Grundlage unserer Arbeit.“ Höhepunkt des Projekttages war eine Demonstration entlang der Luisenstraße zum Königsplatz, auf dem rund 900 Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte von vier beteiligten Schulen den Schriftzug „München ist bunt“ mit farbigen Regenschirmen stellten. Danach besuchten die Schüler der Schulen Abschluss-Aktion „München ist bunt“ auf dem Königsplatz Foto: www.sor-smc-bayern.de Aktionen | 43 Tauschaktion zu unseren Gunsten Fachhändler auf der ISPO tauschten 300 gebrauchte Winterjacken gegen neue von PrimaLoft für Farbe und Gestaltung noch das NS-Dokumentationszentrum, wo auch die Schlussveranstaltung des Projekttages stattfand. Im Nachgang zum Aktionstag „München ist bunt“ fand eine Gesprächsrunde von Schüler*innen mit den beiden Zeitzeugen Charlotte Knobloch, Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München, und Ernst Grube zum Thema „Vorurteile und Rassismus“ statt. Anlass für diesen intensiven Meinungsaustausch waren provokante Slogans zu „Vorurteile“ und „Rassismus beginnt im Kopf“, mit denen Schüler die 14 Schaufenster des Beruflichen Schulzentrums entlang der der Luisen-/Karlstraße gestaltet hatten. Frau Dr. Knobloch bedankte sich bei der Schulfamilie für das gesellschaftspolitische Engagement und sprach eine Einladung in das jüdische Zentrum am Jakobsplatz aus. Vera Schäfer mit Material der BS Farbe Demo „München ist bunt“ Foto: www.br.de Übergabe der Jacken durch Irina Mock und Kathrin Pildner von Primaloft an Fr. Emmanuel Foto: PrimaLoft Dank der großzügigen Kleiderspenden von vielen Privatleuten und befreundeten Klöstern können wir in unserer Kleiderkammer meistens ein komplettes Angebot von gut erhaltener Herrenbekleidung bereithalten. Nur bei neuer Unterwäsche und Socken gibt es aktuell Engpässe. Aber auch warme Jacken und Schlafsäcke sind in der kalten Jahreszeit sehr begehrt. Dieses Jahr hat eine besondere Aktion der Firma PrimaLoft unser Angebot spürbar verbessert. PrimaLoft nennt sich „Isolationsspezialist“ und stellt Funktionstextilien mit synthetischen Mikrofasern her, welche wie Daunen isolieren, aber unempfindlich gegenüber Nässe sind. Diese „synthetischen Daunen“ werden bei Outdoorbekleidung/-ausrüstung verwendet, deswegen ist PrimaLoft bei der ISPO vertreten, der Intern. Fachmesse für Sportartikel und Sportmode. Nach dem Vorbild einer 2014 erfolgreich abgelaufenen Aktion in den USA („Retailer Coat Swap“) hatte sich PrimaLoft für die ISPO Munich im Februar 2015 eine Charity-Tauschaktion für Einzelhändler ausgedacht. Die waren zum Messestand geladen, um ihre gebrauchten – aber sauberen und in gutem Zustand erhaltenen – Winterjacken und -mäntel gegen eine Jacke aus „PrimaLoft Gold Insulation Down Blend“ einzutauschen und sich von deren Trageeigenschaften zu überzeugen. Zahlreiche Händler kamen dieser Einladung gerne nach und so kamen 300 warme Jacken zusammen, die gleich im Anschluss an die Messe für die Kleiderkammer im Haneberghaus an Frater Emmanuel übergeben wurden, denn Messe und europäisches Hauptquartier von PrimaLoft sind beide in München. Vera Schäfer 44 | Aktionen Süße Spende fürs Haneberghaus Besuch vom AsamGymnasium München Jedes Jahr zu Weihnachten spendet die BäckerInnung München/Landsberg 100 Kindl-Stollen an eine Einrichtung – diesmal an das Haneberghaus Hier können Obdachlose duschen, etwas essen und sich Kleidung holen. Das Haneberghaus von St. Bonifaz in München, Karlstraße, ist das Lebenswerk von Frater Emmanuel Rotter. Er lebt seit 25 Jahren in München und kommt ursprünglich aus der Nähe von Wasserburg am Inn. Anfang der Neunziger hat er mit einem anderen Benediktiner die Gegend rund um den Königsplatz, den Botanischen Garten und die Innenstadt abgesucht und Obdachlose nach ihren Grundbedürfnissen befragt. Die meisten von ihnen klagten darüber, dass sie keinen Ort finden, an dem sie »tagsüber für ein paar Stunden sein können«, berichtet Frater Emmanuel. Mit diesen Erkenntnissen ausgestattet begann er die Obdachlosenarbeit. 2001 wurde das Haneberghaus eröffnet. Seitdem können Obdachlose hier von sieben bis zwölf Uhr dreißig kostenlos eine warme Mahlzeit zu sich nehmen, duschen und bei Bedarf kostenlos eine Arztpraxis aufsuchen. Mehr als 200 Obdachlose nehmen pro Tag das Angebot in St. Bonifaz an. Mit der Weihnachts-Spende wollen wir »das Engagement von Frater Emmanuel Rotter würdigen und den Obdachlosen ein süßes Frühstück zukommen lassen«, Innungs-Obermeister Heinz Hoffmann. Im reichen München gebe es auch viel Armut, so Heinz Hoffmann: »Daher wollen die Münchner Bäcker einmal jährlich einen kleinen Beitrag zur Hilfe leisten.« Münchner Wochenanzeiger, Samstagsblatt, 51/2015, 19.12.2015, S. 11 Heinrich Traublinger jr., Fr. Emmanuel Rotter und Heinz Hoffman mit einem Teil der Spende Foto: Bäcker-Innung Im Rahmen ihres Religionsunterrichts hat eine Gruppe des Asam-Gymnasiums in München -Giesing das Haneberghaus besucht und sich informiert. Die Schüler brachten gesammelte Kleider und selbst gebackenen Kuchen. Vierte Schlafsack-Aktion Die Firma Globetrotter hat sich heuer schon zum vierten Mal mit einer Schlafsack-Aktion engagiert. Wieder kamen etwa 150 gebrauchte, aber noch einwandfreie Schlafsäcke zusammen, die Kunden beim Kauf eines neuen eingetauscht hatten. Ergänzt um zahlreiche warme Winterjacken kamen sie kurz vor Weihnachten unserer Kleiderkammer zugute und haben bei vielen Gäste Freude bereitet. Presseecho | 45 Heimat im Kloster Der BR berichtete im Format „Geld und Leben“ auführlich von früheren Gästen, die heute im Haneberghaus fest angestellt sind – zum Beispiel Herbert Am 8. Oktober 2015 berichtete das BR Fernsehen in seinem wöchentlichen Ratgeber „Geld und Leben“ (Donnerstag, 19 h) ausführlich über die Obdachlosenhilfe im Haneberghaus. Im Fokus waren diesmal unsere Mitarbeiter, die früher selbst Gäste waren. Seit 13 Jahren ist er hier bei St. Bonifaz, erzählt mir Herbert. Er ist einer von vier ehemaligen Obdachlosen, die im Haneberghaus eine feste Anstellung gefunden haben. Das Geld reicht ihm für ein eigenständiges Leben. Der Weg dorthin war oftmals langwierig. In den ersten Jahren hat Herbert hier als Nachtwächter gearbeitet. Heute faltet er Pullis und Hosen, sortiert Unterhosen und hängt Mäntel und Jacken für die Bedürftigen bereit. 1100 € netto verdient er im Monat. Rund 600 € gehen für seine Wohnung weg. Sozialpädagoge Robert Greiner erzählt mir, dass die „Ehemaligen“ sich schwer tun mit den geordneten, regulierten Abläufen und lange brauchen, bis sie die Straße wirklich hinter sich lassen. Die Arbeitsroutine fällt Herbert nicht schwer. Von 7.00 – 15.00 Uhr arbeitet er täglich. Meist ist er sogar schon vor sechs Uhr in der Früh da. Die festen Strukturen geben ihm Halt. Und hier hat er soziale Ansprache. Als ich frage, was er nach Feierabend macht antwortet er: „Lesen, Fernsehen und Kochen. Ich bin berühmt-berüchtigt für mein Gulasch.“ Nur probiert hat das Gulasch eigentlich noch niemand. Das bekomme ich im Laufe des Gesprächs aus Herbert heraus. Denn weder Nachbarn noch seine Kollegen waren bisher zu Besuch bei ihm. Knapp sind seine Antworten auf die „Warum“-Frage. „Weil ich meine Ruhe haben mag.“ Bei den Dreharbeiten in seiner Wohnung sehen wir dann, dass Herbert auch gar nicht auf Besuch eingerichtet ist. Was Wohnzeitschriften und Möbelhausprospekte als „Zuhause“, als „Trautes Heim“ verkaufen, hat mit Herberts Welt nichts zu tun. Auf Besuch ist er auch nach Jahren nicht eingerichtet. Eine Matratze, ein Fernseher, Türme von Kleidern, aber keine Schränke, kein Tisch. Der Einzelkämpfer der Straße – hier ist er noch zu spüren. Dennoch fühlt sich Herbert „daheim“. Hier ist er sein eigener Herr, hier redet ihm keiner rein. Für Herbert ist seine neue Bleibe ein Rückzugsort. „Ich brauch nicht andauernd Leute um mich herum.“ Barbara Fuss , BR http://www.br.de/br-fernsehen/ sendungen/geld-und-leben/obdachlosenhilfe-heimat-100.html 46 | Presseecho Machen Sie als Mönch auch mal Urlaub? Frater Emmanuel Rotter leitet die Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz im Herzen Münchens. Im großen tz-Sommerinterview haben wir ihn gefragt, ob ein Mönch eigentlich auch mal Urlaub machen darf. Heute reden wir in unserem Sommerinterview mit Frater Prior Emmanuel Rotter (48). Der Benediktinermönch leitet die Obdachlosenhilfe von St. Bonifaz. Im Herzen der Stadt liegt das Kloster mit dem im Jahr 2001 gebauten Haneberghaus. Dort bekommen Obdachlose kostenloses Essen, ärztliche Hilfe und Kleidung. Frater Emmanuel ist mit 23 Jahren ins Kloster eingetreten, vorher hat er eine Lehre als Schreiner gemacht und Krankenpfleger gelernt. Wir haben ihn gefragt, ob er als Mönch auch mal Urlaub machen darf und wie es heute für ihn ist, wieder in sein Heimatdorf Albaching (Landkreis Rosenheim) zurückzukehren. Und warum ihm das Aufstehen im Kloster manchmal schwerfällt. Entspannend ist’s hier im Klostergarten, Frater Emmanuel. Trotzdem sind Sie im Kloster stark eingebunden. Gibt’s als Mönch auch so etwas wie Urlaub? Fr. E.: Klar, das haben wir auch. Manche Mitbrüder sagen Urlaub, manche Ferien. Drei Wochen bekommt jeder von uns im Jahr frei. Aber wenn es eine vierte braucht, dann können wir darüber mit unserem Abt reden. sind mit einer Zwillingsschwester und zwei weiteren Schwestern aufgewachsen. Mögen Sie Frauen nach dieser Zeit überhaupt noch? Fr. E.: Ich hatte eine schöne Kindheit. Und hab mich mit meinen Schwestern gut vertragen. Außer wenn ich im Sommer beim Spielen im Garten mal eine Spezi-Flasche ergattert habe. Die habe ich bis aufs Letzte verteidigt. Was treiben Sie dann? Fr. E.: Dann bin ich mal nicht eingebunden in den Gemeinschaftsbetrieb. Und fahre, wie gerade erst, zum Beispiel in meinen Heimatort Albaching. Dort habe ich meine Mutter und eine meiner Schwestern besucht. Wie ist es dann so, wieder in der Heimat zu sein? Fr. E.: Viele Leute kennen mich noch. Ich war ja damals in der Feuerwehr, beim Schützenverein und auch in der Blaskapelle. Daheim bin ich auch immer noch der Bernhard, mein weltlicher Name. Meine Freunde haben am Anfang gefragt, ob sie Emmanuel sagen sollen. Aber das passt schon so. Für meine Mutter bin ich ganz einfach der Bernd. Schwestern ist ein gutes Stichwort: Sie Fr. Emmanuel im Klostergarten von St. Bonifaz Foto: tz Auf alten Fotos aus Ihrer Kindheit ist immer eine ganze Meute von Spielkameraden zu sehen. Sieht aus, als hätten Sie Spaß gehabt. Fr. E.: Wir waren zu Hause vier Geschwister – da konnten sich unsere Eltern keinen großen Urlaub leisten. Wir haben die Ferien daheim auf dem Dorf verbracht. Immer draußen, immer beim Spielen. Für uns Kinder war das super. Komisch war’s nur manchmal: wenn die Schulkameraden etwa vom Urlaub im damaligen Jugoslawien erzählt haben. Presseecho | 47 Wann konnten Sie das erste Mal mit einer Reise angeben? Fr. E.: Meine zweitälteste Schwester und ihr Mann haben mich und meine Zwillingsschwester mit in den Urlaub nach Zagreb genommen. Dort bin ich das erste Mal Wasserski gefahren. Prompt ist meinem Schwager das Benzin fürs Motorboot ausgegangen. Ich lag mit meinen Skiern im Wasser. Blöd, dass ich vorher den Film „Der weiße Hai“ gesehen hatte. Danach hat es Sie immer wieder in die Ferne gezogen. Fr. E.: Während meiner Zeit im Kloster war ich etwa bei meiner Großtante in Südafrika, in den USA und für einen Englischkurs in London. Die erste Reise ohne Familie war während meiner Ausbildung als Krankenpfleger nach Griechenland. Da war ich mit sechs Krankenschwestern unterwegs. Der Hahn im Korb sein – super! Anscheinend habe ich aber keine gefunden, deswegen bin ich ins Kloster (lacht). Naja. Sie sollen in ihrer Jugendzeit ein kleiner Casanova gewesen sein … Fr. E.: Ein Bekannter hat mal gesagt, der Nasenbach in meinem Heimatort hatte Hochwasser, als ich ins Kloster eingetreten bin. Von den Tränen der Frauen. Das ist natürlich eine Unterstellung. Warum sind Sie ins Kloster eingetreten? Fr. E.: Ab dem 15. Lebensjahr war ich immer zwei Wochen in den Ferien im Kloster Andechs zu „Kloster auf Zeit“. Dort lernen junge Leute das Leben im Kloster kennen. Und da habe ich gemerkt, dass mir die Gemeinschaft und das gemeinsame Arbeiten gut gefällt. Und Ihre Freunde – mussten Sie sich viele dumme Kommentare anhören? Fr. E.: Die haben, als ich noch in der Blaskapelle war, miterlebt, dass ich feiern kann. Darum war das für die nicht komisch, dass ich ein paar Wochen im Kloster war. Auch später haben sie die Entscheidung akzeptiert. Heute leiten Sie die Obdachlosenarbeit von St. Bonifaz. Wie kam’s dazu? Fr. E.: Anfangs hatte ich Vorurteile gegen Obdachlose. Auf dem Dorf hatten wir nie Kontakt zu Menschen, die keine Bleibe haben. Am Stammtisch hieß es „I wor z‘ Minga oben, und da san s‘ wieder rumglegen – die kenntn doch arbeiten.“ Da habe ich immer eifrig mitgeredet. Als ich in München war, habe ich aber gemerkt, dass diese Leute ganz normal sind. Sie sind nur an einer Stelle in ihrem Leben gescheitert. Sie versorgen täglich bis zu 200 Obdachlose. Was ist am schwierigsten? Fr. E.: Wir müssen uns um immer mehr Leute kümmern. Wir brauchen dringend Unterwäsche, Socken und Schuhe für Männer! Wer helfen mag, kann gerne Sachen an der Klosterpforte oder im Haneberghaus abgeben. Auch immer mehr Menschen aus den Balkanstaaten kommen zu Ihnen. Wie stehen Sie dazu? Fr. E.: Diese Menschen würden nicht freiwillig aus ihren Ländern weggehen, wenn dort alles gut wäre. Es ist schlicht falsch, dass die nur kommen, um unsere Sozialkassen zu plündern. Zum Beispiel können sie erst nach fünf Jahren, die sie in München leben, eine Sozialwohnung beantragen. Aus dem Fotoalbum von Fr. Emmanuel Tipps für den Sommer von Fr. Emmanuel Bei so viel Arbeit braucht‘s auch Erholung. Wann steht der nächste Urlaub an? Fr. E.: In ein paar Wochen geht’s nach Israel. Da war ich schon mal – meine bisher schönste Reise. Das Beste: Im Urlaub kann ich ab und zu ausschlafen. Eigentlich bin ich nämlich Langschläfer. Vor 10 Uhr geht da nichts. Ramona Weise erschienen in der tz und bei www.tz.de, 18. August 2015 48 | Presseecho Rund um den Nasenbach, 11/2015 Rund um den Nasenbach, 01/2016 Presseecho | 49 Münchner Kirchenzeitung, Januar 2016 Münchner Merkur, 23. November 2015 Rund um den Nasenbach, 01/2016 50 | Presseecho Statistik | 51 Die Arztpraxis weiterhin an der Kapazitätsgrenze Erneut über 5.000 Behandlungen an fast 1.750 Patienten – 79% sind Männer, der überwiegende Anteil zwischen 40 und 60 Jahre alt , Anzahl der Patienten: Anzahl der Behandlungen: 1.748 5.126 Entwicklung Die Gesamtzahl der Patienten und Behandlungen liegt noch etwas höher als im Vorjahr und zeigt, dass wir an unserer Kapazitätsgrenze angelangt sind. Immer wieder müssen wir Patienten an andere Stellen der medizinischen Versorgung weiterverweisen. Fast 80% unserer Patienten sind Männer. Die Patienten kommen aus allen Altersgruppen, der Schwerpunkt liegt aber zwischen 40 und 60 Jahren. Geschlecht Geschlecht Männer 76% Frauen Frauen 21% 24% Männer 79% Altersverteilung Anzahl Patienten 550 485 473 450 350 282 250 224 142 150 118 50 1 0-10 23 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 >70 -50 Das Team unserer Arztpraxis bis Ende 2015 (v.l.n.r.): Maria Fichtinger Irmgard Hüttinger Sr. Antonia Hippeli Dr. Irene Frey-Mann Bernadette Riederer Waltraud Stettner Sr. Ogmunda Gabler Prof. Dr. Roswitha Thurmayr (verdeckt) Fr. Stettner sen. Prof. Dr. Hans Lauer 52 | Statistik Inzwischen leben 53% unserer Patienten auf der Straße, 46% sind ohne jede Versicherung, 62% kommen aus dem Ausland Unterkunftsstatus Haben Schlafgelegenheit 47% 53% Leben auf der Straße Versicherungsstatus Mit Krankenversicherung oder durch Sozialamt 46% 54% Nicht versichert Staatsangehörigkeit 38% 62% Deutschland Deutschland Andere Länder Andere Länder Foto: Margret Paal Statistik | 53 Die Struktur unserer Patienten verändert sich stark: Immer mehr ohne Obdach, unversichert und aus anderen Ländern Entwicklung Unterkunft 100% 80% 30% 25% 17% 22% 25% 29% 27% 41% 45% 53% 59% 55% 47% 2013 2014 2015 60% 40% 70% 75% 83% 78% 75% 71% 73% 20% 0% 2006 2007 2008 2009 2010 Bett 2011 2012 Straße Entwicklung Versicherungsstatus 100% 12% 13% 17% 80% 22% 24% 24% 28% 39% 40% 46% 60% 40% 88% 87% 83% Entwicklung 78% 76% 76% 72% 61% 60% 54% 2013 2014 2015 20% 0% 2006 2007 2008 2009 2010 Versichert 2011 2012 Nicht versichert Entwicklung Staatsangehörigkeit 100% 80% 25% 27% 27% 31% 33% 33% 40% 50% 55% 62% 50% 45% 38% 2013 2014 2015 60% 40% 75% 73% 73% 69% 67% 67% 60% 20% 0% 2006 2007 2008 2009 2010 Deutschland 2011 2012 Andere Länder Ein Blick auf die drei Merkmale Unterkunft, Versichertenstatus und Staatsangehörigkeit im Zeitverlauf zeigt, dass die Struktur unserer Gäste sich über die Jahre grundlegend verändert hat: Noch nie lebte ein so großer Anteil unserer Patienten auf der Straße, waren so viele von ihnen ohne Versicherung, noch nie so viele nicht-deutscher Herkunft. Diese tiefgehende Veränderung der letzten Jahre ist zum Großteil auf Zuwanderer aus (Süd-)Osteueropa zurückzuführen, viele von ihnen aus Ländern der letzten EU-Erweiterung, die in öffentlichen Statistiken nicht erscheinen, da sie nirgends registriert sind. Die Texte weiter vorne in diesem Jahresbericht, z.B. S. 14, 18 oder 38, erzählen ihre Geschichten. 54 | Statistik Wie immer großer Schwerpunkt bei inneren Krankheiten, aber auch Haut-, Sucht-, chirurgische und psychische Probleme Diagnosestatistik 2015 Anzahl Innere Krankheiten Herz-Kreislauf, Blut Diabetes, Fett, Gicht Lunge Magen, Darm Leber, Galle, Pankreas Adipositas Schilddrüse Infektionskrankh., Grippe Niere Onkologisch Rheumatisch 2.246 602 404 257 223 182 178 150 97 84 43 26 Hautkrankheiten 646 Sucht 520 Chirurgische Krankheiten 514 Psychisch 392 Neurologisch 256 Urologisch 128 Gynäkologisch 25 Impressionen aus der Arztpraxis im Haneberghaus Fotos: Margret Paal Statistik | 55 Aber auch ein breites Spektrum von Pflegemaßnahmen spielt in der Arztpraxis des Haneberghauses eine wichtige Rolle Pflegestatistik 2015 Fälle Pflegeversorgung Anzahl 697 Große Wundbehandlung Kleine Wundbehandlung 349 348 Einreibung Fußpilzbehandlung Kompressionsverband 383 166 289 Dusche Handbad Fußbad Fußpflege Vollbad selbstständig Vollbad mit Hilfe Hilfe beim An- und Ausziehen Entlausung Krätze-Behandlung Haare waschen Haare schneiden Bart schneiden Rasur Kleider richten, auch für KH Socken Schuhe Brille Medikamente richten Ohrspülung 82 102 394 185 40 18 7 24 4 33 15 9 5 273 442 224 48 480 15 Behandlungsort außer Haus Besuch im KH, Altenheim u.a. Besuch ‚zu Hause‘ Suchen auf der Straße Telefongespräch in KH u.a. Verbandmaterial mitgegeben 165 28 10 1 20 106 56 | Statistik Immer vielfältigere Sozialberatungen Die Zahlen des Sozialdienstes sagen: Die Gäste, die Beratung suchen, werden internationaler, älter und weiblicher. 2015AnteilVerände- absolut in % rung gegen- über 2014 Anzahl beratener Gäste 951 + 2,7% Zugänge + 226 Abgänge –201 Kontoliste 110 –19,1% Postadresse 743+17,6% Nationalität Deutsch 37139,0+ 8,5% EU, Mittel-/Osteuropa 368 38,7 – 6,8% davon Polen 84 Bulgarien 83 Rumänien 79 Ungarn 64 Sonstige 58 Sonstige EU 58 6,1 – 1,7% Außerhalb EU 154 16,2 +18,5% Unterbringungen 15 Unterkunftsstatus Mit Unterkunft32734,4 +12,8% Überwiegend obdachlos32133,8 + 6,6% Unterkunftsstatus unklar30331,8 – 9,6% Altersstrukur bis 25 48 5,0 + 2,1% 26 - 2516217,0+ 3,8% 26 - 5037739,7– 2,6% 51 - 6023224,4+ 4,0% ab 6113213,9+16,8% Geschlecht Männlich79283,3+ 0,5% Weiblich15916,7+ 15,2% Anmerkungen Postadresse Aufgrund der Vorgaben des Jobcenters München werden Privatadressen bei anderen Personen nicht als Postadressen akzeptiert. Dies führt dazu, dass auch Personen, die im eigentlichen Sinne nicht akut wohnungslos sind, in unserer Einrichtung eine Postadresse haben. Unterkunftsstatus Unter ‚unklar‘ sind alle Personen aufgeführt, über die aufgrund von Sprachproblemen, wechselnder Unterkunftssituation oder mangelndem Informationsstand keine eindeutigen aktuellen Aussagen getroffen werden können. Bemerkungen zur Statistik des Sozialdienstes • Nur ein kleiner Teil der Besucher des Haneberghauses (< 20%) will eine Sozialberatung. • In dieser Statistik ist nur enthalten, wessen Grunddaten erfasst wurden, weil er beim Sozialdienst zur Beratung war. • Im Servicebereich des Haneberghauses (Essen, Bäder, Kleiderkammer) liegt der Anteil von Gästen aus dem Ausland, v. a. Süd-/Osteuropa, erheblich höher, vermutlich bei etwa 80%. Notizen | 57 __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 58 | Werbung Impressum | 59 Impressum Das Haneberghaus ist eine Einrichtung der Benediktinerabtei St. Bonifaz Karlstr. 34, 80333 München Tel. 089/55 171 – 300 Fax 089/55 171 – 302 E-Mail: [email protected] Homepage: www.sankt-bonifaz.de Herausgeber Benediktinerabtei St. Bonifaz Vertreten durch Frater Prior Emmanuel Rotter OSB Redaktion und Layout Frater Prior Emmanuel Rotter OSB Dr. Vera Schäfer Fotos Margret Paal (auch Titelbild) Benediktinerabtei St. Bonifaz Frater Matthias Leidenberger OSB Unser besonderer Dank gilt Allen Autoren sowie für den Druck: Agentur Beckenbauer mit F & W Mediencenter Finanzielle Unterstützung, die natürlich steuerlich abzugsfähig ist, erbitten wir auf das Spendenkonto Liga-Bank eG München Konto Nr. 22 14 300 BLZ 750 903 00 IBAN BIC DE94 7509 0300 0002 2143 00 GENODEF1M05 Kennwort OFW (ohne festen Wohnsitz) + Kontoinhaber-/Adressinformationen für Zuwendungsbestätigung Öffnungszeiten des Haneberghauses Pforte des Haneberghauses Speisesaal Ausgabe warmes Essen Kleiderausgabe* Bäderabteilung* Arztpraxis* Sozialdienst/-beratung* * = außer an Feiertagen Täglich 7 – 15 h Täglich 7 – 12.30 h Täglich 8 – 10 h Mo/Di/Do/Fr 8.00 – 11.40 h Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.40 h Mo/Di/Do/Fr 8.30 – 11.30 h Mo – Fr 7 – 15 h Wir haben keine Vorschriften zu machen, sondern Türen aufzutun. Frater Prior Emmanuel Rotter OSB Kat h.-v on- Bor a-S tr. Obdachlosenhilfe im Haneberghaus Benediktinerabtei St. Bonifaz Karlstr. 34 80333 München Tel. 089 /55171 – 300 [email protected] www.sankt-bonifaz.de