Rheumatoide Arthritis - Österreichische Gesellschaft für
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Rheumatoide Arthritis - Österreichische Gesellschaft für
Rheumatoide Arthritis Vom Schröpfkopf und Aderlaß zum monoklonalen Antikörper Rheumatoide Arthritis Vom Schröpfkopf und Aderlaß zum monoklonalen Antikörper Inhalt Einleitung 7 Knochen und andere Fundstücke 8 Gicht, Rheuma und die Humoralpathologie 10 Heroische und himmlische Behandlungsversuche 12 Begriffsklärungen und -verwirrungen 14 Diagnostik, Anatomie und Kunst 18 Anatomie, Pathologie und Kunst 19 Exkurs: Physiognomik 21 Exkurs: Päpste, Künstler und Entdecker 22 Therapie des chronischen Gelenkrheumatismus: State of the Art anno 1904 24 Der revolutionäre Blick 26 Ursache oder Begleiteffekt 28 Das medikamentöse Arsenal wächst 29 Vom Strecken und Dehnen 32 Von A wie Asepsis bis T wie TNF-∙ 32 DMARDs und andere Abkürzungen 34 HUMIRA® - vollständig human 35 Literaturverzeichnis/Bildverzeichnis und Impressum 38 EINLEITUNG Einleitung „Falls (das Gelenk) durch Schleim krank ist, gebe man dem Kranken nach einem Dampfbad knidische Seidelbastbeeren oder stachelige Wolfsmilch; nach der Reinigung aber muß man dieselben Krankensuppen, Getränke und Milchgetränke verordnen. Während der Zwischentage befolge er eine möglichst leichte Diät. Wenn ihm diese Mittel helfen, (so ist es gut), wenn nicht, so brenne man den Kranken, und zwar (brenne man) die knochenreichen Teile mit Hilfe von Dochten, an den fleischreichen Teilen hingegen brenne man mit Glüheisen an vielen und tiefen Stellen. Falls (das Gelenk) durch Blut krank ist, gebe man dem Kranken ein Dampfbad, lege den Schröpfkopf an und öffne die Adern in den Kniekehlen …“ Gemäldeportrait des Paracelsus Fotografie von Rudolf Virchow, dem Begründer der Zellularpathologie Medaille von J. M. Charcot, dem berühmten französischen Neurologen Knapp 2000 Jahre nach den Empfehlungen des Hippokrates bereichert Bombastus Theophrastus von Hohenheim, einer der berühmtesten und zugleich umstrittensten Ärzte des Mittelalters, das therapeutische Arsenal wie folgt: „Wenn du einen Menschen, der mit dieser Krankheit beladen ist, zur Ader läßt oder ihn schröpfst, so behalte sein Blut, doch sei es ihm unbekannt, wozu du es gebrauchen willst. Destilliere es zum dritten Male über einem gelinden Feuer oder Wasserbade zu Wasser. Nimm dann von diesem Wasser vierzehn Lot und gib hinzu Menschenschmalz, Roßöl, …, venedische Seife, auch Bärenschmalz, Hauswurzsaft, Rindermark. Tu all das in eine kupferne Pfanne, laß es gemächlich sieden, so lange bis ein dickes Müslein wird und rühre es stetig mit einem Spatel. Wenn es so dick wird, wie eine Salbe, ist´s genug. Dann picke den Patienten beim Zunehmen des Mondes alle acht Tage einmal mit einem Schröpfeisen in die Sohle, dort, wo er die Podagra empfindet, und schmiere ihm diese Stelle in der Wärme wohl mit dieser Salbe ein, dann schwindet ihm die Podagra in neun Wochen …“ Spätestens an dieser Stelle ist dann ein Hinweis auf den Pulmologen Walden-burg angebracht, der vor über hundert Jahren – zugegeben mit dem Blick auf die Therapie von Lungenkrankheiten – schrieb: „Bei jeder neuen Erscheinung … wurde die medicinische Welt aufmerksam, sie gerieth selbst für einen kurzen Moment in Wallung; aber die Aufmerksamkeit ging schnell vorüber und machte binnen kurzem der Vergessenheit Platz“! Nun hat HUMIRA® seit seiner Einführung im September 2003 Ärzte und Patienten tatsächlich in „Wallung“ gebracht. Die erste „Wallung“ hat dann – gestützt durch die Erfahrung – zur kontinuierlich breiteren Nutzung des ersten vollständig humanen monoklonalen TNF-∙-Antikörpers geführt. „Weil“, um ein letztes Mal mit Waldenburgs großen Worten des späten 19. Jahrhunderts zu sprechen, „sich alles Wahre und Große Eingang in eine wenig bewegliche Masse verschafft“! Die mittlerweile über 10-jährige klinische Geschichte von HUMIRA® zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis wollen wir nutzen, um einen Blick zurückzuwerfen in die Historie der rheumatischen Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung der rheumatoiden Arthritis: Wichtiges und Amüsantes, Offenkundiges und Geheimes, Meilensteine und Revolutionen finden Sie in einer lockeren Folge in Wort und Bild. Knochen und andere fundstücke Knochen und andere fundstücke Frühe Monografie über Versteinerungen Knochen und andere Fundstücke Bis ins 19. Jahrhundert sind in der medizinischen Literatur nur wenige Fälle dokumentiert, die man heute der rheumatoiden Arthritis zuordnen würde. Tatsächlich werden seit den Schriften Hippokrates´ rheumatische Erkrankungen mit den unterschiedlichsten Begriffen (siehe dazu auch „Begriffsklärungen und -verwirrungen“) belegt. Der vielleicht am weitesten verbreitete – und zumindest für die Karikaturisten wichtigste – ist dabei die „Podagra“, die Gicht. Auf der Suche nach der Frühgeschichte der rheumatoiden Arthritis kann auch die Paläopathologie nur bedingt weiterhelfen. Grabungen in Ägypten aus allen Perioden der ägyptischen Geschichte förderten zahlreiche Knochenreste mit eindeutigen Spuren einer Arthrose bzw. Spondylose zu Tage. Ebenso belegen Röntgenaufnahmen von Mumien entsprechend deformierende Veränderungen. Dass derartige Veränderungen auch in Amerika nicht selten waren, zeigen Untersuchungen an Indianerskeletten, bei denen in rund 13% der Fälle deformierende Arthrosen nachzuweisen waren. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Mitteleuropa, wo z.B. bei Grabungen auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Öm (1172 gegründet) in Nordjütland ebenfalls z.B. spondylotisch veränderte Wirbelsäulen entdeckt wurden. Und selbst aus der Jungsteinzeit und beim Cro-MagnonMenschen (rund zwanzigtausend Jahre v.Chr.) wurden arthrotisch veränderte Wirbel entdeckt. Das gleiche Bild zeigt sich in Mitteleuropa. „Die Arthrose wird damit zu der am weitesten zurückverfolgbaren Krankheit des Menschengeschlechts!“ (H. Grimm). Übrigens lässt sich diese zeitliche Reihe noch deutlich verlängern, wenn man in die Tierwelt weitergeht: Auch die Höhlenbären litten bereits an arthrotischen Veränderungen (Rudolf Virchow kreierte dafür den Begriff der „Höhlengicht“!) In den Knochenfunden beim Kloster Öm – dort wurden rund siebenhundert Skelette untersucht – sind auch entzündliche Veränderungen dokumentiert, z.B. an einem versteiften Kniegelenk, an Handwurzeln und sogar an Kiefergelenken. „Die Polyarthritis scheint danach etwa so häufig wie die Arthrose gewesen zu sein“ (H. Vogt). Geht man weiter in die Geschichte zurück, wird es anhand des vorliegenden Knochenmaterials immer schwieriger, die Spur der Arthritiden zu verfolgen. Allerdings ist diese Aussage, so Vogt, „nur mit einer gewissen Reserve möglich. Da ältere Publikationen die beiden Gruppen nicht unterscheiden, kann man sie nur bedingt heranziehen.“ Über direkte Zuschreibungen des Befundes „Rheumatoide Arthritis“ zu Skeletten, die über dreitausend Jahre alt sind, wird dagegen aus den USA berichtet. Beispielweise bei Skeletten von Indianern, die in Tennessee gefunden wurden und deren Alter auf 4500 v. Chr. datiert wurde. Versteinerungen Versteinerungen von arthrotischen Gelenken Versteinerungen von arthrotischen Gelenken 10 Gicht, rheuma und die humoralpathologie Gicht, rheuma und die humoralpathologie Karikatur aus dem 19. Jahrhundert mit der Darstellung der Ursachen eines Gichtanfalles Gicht, Rheuma und die Humoralpathologie Auch gut 2500 Jahre nach Hippokrates kommt niemand, der sich mit der Geschichte der rheumatischen Erkrankungen auseinander setzt, an seinen Lehrsätzen vorbei. Hippokrates hat dabei nicht nur die Podagra und die Arthritis abgegrenzt; er differenzierte auch bei den anderen Gelenkkrankheiten zwischen „eitriger Arthritis“, „einfacher Arthritis, die beim Abklingen gewisser Fieber auftritt“ und „Schmerzen, die dazu neigen, chronisch zu werden und zu Deformierungen führen“. Wie sehr sich Hippokrates dabei von einer guten Beobachtung der Patienten leiten ließ, wird deutlich, wenn er z.B. in Zusammenhang mit der Podagra schreibt, dass sie „vorzugsweise bei Erwachsenen … und am ganzen Körper auftritt“ (bei jungen Burschen vor Ausübung des Koitus und bei Frauen, bevor ihre Regel aufgehört hat, sei sie dagegen selten; bei Eunnuchen käme sie so gut wie nicht vor). Weiter schreibt er, dass sie häufig in denselben Familien und als Erbkrankheit erscheint; auch der Einfluss des Nichtstuns und der „Ausschreitungen“ bei Tisch ist ihm geläufig! Was Hippokrates weniger interessierte, ist die konkrete Pathogenese. Er konzentrierte sich darauf, die Humoralpathologie, das eher philosophische denn wissenschaftliche Krankheitskonzept seiner Zeit, anzuwenden. Während zum Beispiel im gesunden Körper die im Kopfschwamm gebildete Flüssigkeit durch die natürlichen Ausscheidungsorgane komplett sezerniert wird, führt ihre Ansammlung zur Erkrankung. Der Organismus versucht sich vom Strom der Flüssigkeit an der Stelle des geringsten Widerstands zu befreien; im Falle der Podagra ist das die große Zehe. Im Falle der Chiragra (Handgicht) ist es das Handgelenk. (In den Schriften des Hippokrates finden sich natürlich auch die Begriffe, mit denen wir zum Teil heute noch umgehen: aus „rheo“ = ich fließe entwickelte sich unser Begriff Rheuma, aus „arthron“ = Gelenk entstanden die Begriffe Arthritis und Arthrose und „podagra“ = Gicht wurde bis ins 19. Jahrhundert unverändert verwendet.) gewusst, aber sie nicht richtig verstanden.“ Mit seiner Verschlingung von Mikrokosmos und Makrokosmos hat er zudem die Therapie nicht eben erleichtert. Wenn Paracelsus an anderer Stelle sich jedoch über die Angemessenheit des Begriffs Podagra (er steht bei ihm synonym für Gelenkerkrankungen) mokiert, wird es dagegen hoch interessant: „(der Name Podagra) betrifft nur die kranken Stellen, weiter aber besagt er nichts. Der richtige Name aber ist Sinovia, dieser ist von der Ursache der Krankheit genommen.“ Karikatur aus dem 19. Jahrhundert, die einen Gichtanfall veranschaulicht Mit dem römischen Arzt Galen erhielt die Lehre von der Humoralpathologie den Status eines Dogmas. Vier Säfte – Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle – müssen nun in einem je nach Alter und Jahreszeit angemessenen Verhältnis vorhanden sein. Krankheiten werden durch ein fehlerhaftes Mischungsverhältnis, also durch eine Störung des Gleichgewichts, ausgelöst und unterhalten. „Nach Galen versuchte man noch Jahrhunderte lang herauszufinden, ob die Gichtanschwellung vom Blut, der gelben Galle, der schwarzen Galle oder vom Schleim herrühre, anstatt sich an die Beobachtung von Tatsachen zu halten“ (De Seze und Ryckewaert). Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass der schon erwähnte Bombastus Theophrastus von Hohenheim (Paracelsus) die „alten“ Kollegen heftig schilt: „Denn wer ist unter den alten Autoren gewesen, der Erkenntnis in der Astronomie oder Philosophie gehabt hat; er hat zwar etwas von der großen Krisis Portrait des berühmten Arztes Galen Gemälde aus dem 17. Jahrhundert 11 12 Heroische und himmlische behandlungsversuche Heroische und himmlische behandlungsversuche 13 Darstellung von asiatischen Heilpflanzen Heroische und himmlische Behandlungsversuche... in anderen Kulturkreisen Neben Magie und Heilritualen wurden bereits in der primitiven Volksmedizin „klassische“ Heilmethoden zur Behandlung rheumatischer Leiden eingesetzt: Blutentnahmen, Schwitzen, Purgieren, Erbrechen und z.B. die Kauterisation. In der chinesischen Medizin wurden schon früh innere und äußere Behandlungsformen unterschieden. Erstere bestanden primär aus der Verabreichung von Pflanzen zur Verbesserung der Stoffwechselfunktionen und zur Harn- und Schweißaustreibung. Letztere bezogen sich vor allem auf die Akupunktur und die Moxibustion. Dabei werden aus Pflanzenfasern, z.B. aus der Schafsgarbe, kleine mit Salpeterlösung vermischte Zäpfchen geformt, auf die schmerzhaften Areale aufgebracht und angezündet. Nach dem langsamen Verglimmen bleiben – in der Regel kirschkerngroße – Brandwunden zurück. Die Unterteilung in ein oberflächliches, mit Haut- und Muskelmanifestationen, und ein tief sitzendes, sich an Nerven und Gelenken zeigendes Rheumaleiden findet sich in der Sanskrit-Medizin. Ziel der Behandlung der rheumatischen Arthritis war das Austreiben der verantwortlichen Giftstoffe. Das Harz der Weinpalme, die Wurzeln der Convolvulus turpethum und die Vangueria spinosa galten als Mittel der Wahl zur Anregung des Stoffwechsels, zum Abführen und zum Herbeiführen des Erbrechens. … in der westlichen Medizin Entsprechend der Krankheitslehre der Humoralpathologie zielten die hippokratischen Therapeutika auf das Ableiten der „schlechten Säfte“. Aderlass und Kauterisation, schweiß- und harntreibende Drogen, Brech- und Abführmittel, Expektorantien waren die Hilfsmittel, begleitet durch gesunde Ernährung (Gerstenschleim!) und eine ausgeglichene Lebensweise. Das therapeutische Arsenal setzte sich aus pflanzlichen Mitteln, wie Galläpfeln und Nieswurz, tierischen Zutaten, wie Ochsengalle und Bisam, und mineralischen Teilen, wie Kupfer und Kalium carbonicum, zusammen. Medizinheilige In römischer Zeit gewinnen nicht nur physikalische Maßnahmen, wie Bäderkuren und Massagen, an Bedeutung, aus dieser Zeit ist auch der erste Versuch dokumentiert, mit Elektrizität Rheumascherzen zu bekämpfen. Nach Scribonius Largus wurde ein lebender Zitterrochen auf ein schmerzendes Areal bis zur Erreichung der Analgesie aufgelegt! In seinen „Compositiones medicamentorum“ finden sich auch neuartige Mischungen für Umschläge aus Fenchel- und Leinsamen, Gerste, Bohnenmehl, weichem Käse, Öl, Essig, Pech, Safran, Wein mit Wollfett, ungelöschtem Kalk und Schaumsalpeter. Rund 70 n. Chr. macht Dioskurides zum ersten Mal exakte Angaben zur Zubereitung und Dosierung der von ihm entwickelten Rheuma-Mixturen (u.a. mit Quecksilber und Zinnober). Auch für Galenus von Pergamon, dem letzten großen Arzt der griechisch-römischen Medizin, lag die Basis der Rheumatherapie in der Reinigung des Körpers, durch Ableitung und Ausleerung über Darm und Haut. Die Purgation kommt wieder als wichtigstes Heilmittel zu Ehren. Die Schmerzsymptomatik wird mit Lycopersium, einer aus Ägypten stammenden Pflanze, mit Opium und der Mandragora bekämpft. Als Externa empfiehlt Galen ebenfalls Umschläge, die die Haut reizen (z.B. mit Schierling, Harzen und Ätzmitteln) und wund machen, um so die Ausscheidung von Körperflüssigkeiten zu erreichen und Verhärtungen zu erweichen. Nicht mehr gehfähigen Patienten sollte alter scharfer Käse und eingesalzenes Schweinefleisch appliziert werden. in diesem Bereich eine Vielzahl direkt „symptom-orientierter“ Patronate ausweist: Arm- und Schulterschmerzen: Amalberga von Tamise Gliederschmerzen: Ermelindis von Meldert Ischias: Laurentius Lendenschmerzen: Burkhard von Würzburg Nervenschmerzen: Ubald Rheumatismus: Burkhard von Würzburg, Ethelburga Rückenschmerzen: Sixtus II., der Apostel Thomas. Mit dem Verfall des römischen Reiches fielen auch die Kenntnisse der griechisch-römischen Ärzte zunehmend in Vergessenheit. Immer stärker geriet die Medizin in den Bann der Kirche. Krankheiten waren eine Strafe Gottes. Nicht selten galten Hexen oder der Teufel höchstselbst als Auslöser von Krankheiten. Askese und Buße bis hin zu Teufelsaustreibungen galten als Mittel der Wahl. So war die Medizin bis ins 15. und 16. Jahrhundert hinein durch Stagnation – ja, eher sogar durch Rückschritt! – gekennzeichnet. Erst mit dem Humanismus und der Renaissance erfuhr auch die Medizin einen neuen Aufschwung. Doch sollte es letzten Endes noch bis ins 19. Jahrhundert dauern, bis sämtliche Nachwehen des „dunklen“ Mittelalters überwunden waren. Parallel zur Dämonisierung vieler Krankheiten stieg der Bedarf an religiöser Fürsprache. Die Berichte über Wundertaten der Heiligen zeigten den Kranken und Gebrechlichen, an wen sie sich wenden konnten. Kirchen und Klöster, in denen die „passenden“ Reliquien aufbewahrt wurden, entwickelten sich im späten Mittelalter zu beliebten Wallfahrtszielen. Dass dabei gerade auch das Thema „Rheuma-Schmerz“ eine wichtige Rolle spielte, bezeugt das Ökumenische Heiligenlexikon, das gerade Medizinheilige 14 Begriffserklärungen und -verwirrungen Begriffserklärungen und -verwirrungen Darstellung von Fingergelenksveränderungen bei Arthritis, als Wachsmoulage dargestellt Fotografie von J. M. Charcot, 19. Jahrhundert Frühe klinische Darstellung eines Gelenkergusses, 19. Jahrhundert Begriffsklärungen und -verwirrungen Wenn es stimmt, dass „die Definition der Begriffe der Beginn der Weisheit ist“ (Sokrates), dann hat es sich die Medizin im Allgemeinen und die „Rheumatologie“ im Speziellen mit dem Weg zur Weisheit nicht eben leicht gemacht! Zwar finden sich schon in den Schriften des Hippokrates erste Differenzierungen, z.B. zwischen Podagra und Arthritis. Bis zur heutigen Nosologie des rheumatischen Formenkreises – mit über 450 Krankheitsbildern – war es allerdings ein weiter beschwerlicher Weg. Nachdem Galen die Abgrenzungen des Hippokrates wieder verlassen hatte und „alles“ unter dem Begriff der Arthritis zusammenfasste, dauerte es rund fünfzehnhundert Jahre, bis in der Renaissance die – zumindest begriffliche – Entwicklung der rheumatischen Erkrankungen weiter geschrieben werden konnte. Es war der französische Arzt Guillaume de Baillou (1538-1616), der den Begriff des Rheumatismus in seinem 1642 posthum publizierten Werk „Liber de Rheumatismo et Pleuritide dorsali “ schuf. Unter Rheumatismus verstand Baillou „die herumziehenden Schmerzen der äußeren Körperteile, namentlich der Gelenke und Muskeln“; zudem verdanken wir ihm die ersten Beschreibungen des rheumatischen Fiebers und der chronischen Polyarthritis. In den beiden folgenden Jahrhunderten arbeiteten Rivière, Sydenham, Boerhave und andere insbesondere den Unterschied zwischen Rheumatismus und Gicht heraus. 1776 grenzt Cullen den Rheumatismus schließlich eindeutig von der Gicht ab. „Von da an schlagen die Geschichte des akuten Gelenkrheumatismus und die Geschichte des chronischen Gelenkrheumatismus verschiedene Wege ein“ (Sournia et al.). Mit den 1835 von Bouillaud aufgestellten Gesetzen der Koinzidenz und der Nicht-Koinzidenz zwischen akutem Gelenkrheumatismus und Herzläsionen wurde die Erforschung des akuten Gelenkrheumatismus in die richtigen Richtungen gelenkt. Knapp siebzig Jahre später bestätigt Aschoff die klinisch-anatomische Einheit der „Krankheit von Bouillaud“ (in englischsprachigen Ländern wurde sie „rheumatic fever“ genannt), und 1944 schließlich identifiziert Lancefield endgültig die Verursacher, ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A. Die „Streptokokkose“ gilt heute als Prototyp des infektiösen Rheumatismus. Die heute gängige Unterteilung des chronischen Gelenkrheumatismus in die Arthritiden mit ausgesprochen entzündlichem Charakter und die Arthrosen mit dystrophischem Charakter hat sich im 18. und 19. Jahrhundert nur mühsam etabliert. Beschreibungen der „trockenen Hüftarthritis“ von Hunter aus dem Jahr 1759 und über die „nicht-gichtartigen“ Knoten an den Fingern von Heberden (1804) stehen dabei für die Arthrosen, der Begriff der „primitiven asthenischen Gicht“ von LandréBeauvais markiert dagegen den Beginn des Kapitels der fortschreitenden chronischen Polyarthritis. Mitte des 19. Jahrhunderts war es der französische Neurologe Charcot, der sich an einer Synthese der Begrifflichkeiten versuchte. In seiner „Thèse pour le Doctorat en Médecine“ beschreibt er u.a. den „Rhumatisme Articulaire Chronique“ und führt dabei aus, dass sich die Beschwerden der chronischen Polyarthritis meist langsam einstellen, die Patienten über ein Gefühl der Steifigkeit in den Fingern klagen, vor allem frühmorgens, und erste Schmerzen in den kleinen Gelenken auftreten. Im weiteren Verlauf kommt es zu Schmerzen im Schulterbereich und in den Armen, schließlich auch in den unteren Extremitäten. Das Gehen wird beschwerlich. Die befallenen Gelenke sind überwärmt und druckempfindlich, ihre Beweglichkeit wird zunehmend eingeschränkt. Parallel zur Beschwerde-Symptomatik werden objektive Veränderungen sichtbar: Periartikuläre Schwellungen an den Mittel- und Grundgelenken der Zeige- und Mittelfinger; dabei erscheint die Verdickung der Gelenke polsterartig, die Finger sehen dagegen spindelförmig aus. Darstellung des Titelblattes von Bouillaud: Traité clinique du Rhumatisme articulaire Darstellung von J. M. Charcot von Schwanenhalsdeformitäten 15 16 Begriffserklärungen und -verwirrungen Begriffserklärungen und -verwirrungen Fotografie einer Interossealatrophie aus dem Buch Maladies des Vieillards von J. M. Charcot Darstellung von Wildberger, Hüftdeformitäten Charcot vergisst bei seiner Beschreibung auch nicht den Hinweis auf Allgemeinsymptome wie Gewichtsabnahme und die depressive Grundstimmung vieler Patienten. In seinem 1872 erschienenen Werk „Leçons sur les Maladies des Vieillards“ unterscheidet Charcot denn auch u.a. die beiden folgenden Entitäten, den progressiven chronischen Gelenkrheumatismus, der fortschreitend zur Ankylose führt, und den partiell chronischen Gelenkrheumatismus, der als wenig fortschreitend betrachtet wird, sich auf ein oder zwei Gelenke beschränkt und nicht zur Ankylose führt. Darstellung von Fingerveränderungen bei chronischer Polyarthritis von H. Curschman, 19. Jahrhundert In den englischsprachigen Ländern war es vor allem Alfred Baring Garrod, der die Differenzierung der beiden chronischen gelenkrheumatischen Erkrankungen vorantrieb und dabei auch den bis heute üblichen Begriff der rheumatoiden Arthritis kreierte. In seiner 1876 veröffentlichten Monographie „A Treatise on Gout and Rheumatic Gout“ findet sich der neue Begriff zunächst in der Titelzeile noch in Klammern. Zur terminologischen Problematik schreibt er: „The term rheumatic gout is applied to many different diseases, so that it is often exceedingly difficult to define what is intended to be understood by it. The compound name naturally implies that the disorder itself is complex, and depends on a union of the two separate diseases, gout and rheumatism. The name is often employed under this supposition, but in many works on medicine the same term is used to designate a disease which is considered by the writers to differ altogether from either of these affections, as far as its intimate pathology is concerned … But few authors recognise the combination of gout and rheumatism, and many are strongly opposed to the doctrine of such a union.“ In den USA differenzieren Nichols und Richardson den chronisch proliferativen vom chronisch degenerativen Rheumatismus. In Deutschland hatten sich insbesondere Hoffa und Wollenberg um die Abgrenzung verdient gemacht und dabei die Termini „chronisch progressive Polyarthritis“ und „Arthritis deformans“ verwendet. Die schwersten – entzündlichen – Läsionen der chronisch progressiven Polyarthritis orten Hoffa und Wollenberg dabei in der Synovia. Dennoch wird auch schon bald aus dem deutschen Sprachraum für den von Garrod geschaffenen Begriff Zustimmung signalisiert. So schreibt der Prager Arzt A. Pribram schon 1903: „Von diesen Bezeichnungen drückte unseres Erachtens der Ausdruck ‚rheumatoide Arthritis’, der in England allgemein angenommen zu sein scheint, am besten die Sonderstellung gegenüber dem acuten Gelenkrheumatismus aus.“ Titelblatt Maladies des Vieillards von J. M. Charcot Frühe anatomische Abbildung der Wirbelsäule, 19. Jahrhundert 17 18 Diagnostik, anatomie und kunst Diagnostik, Anatomie und Kunst Weil die Spurensuche zur historischen Differentialdiagnostik auf Basis der benutzten Begriffe – wie gesehen – nicht immer einfach ist, soll im Folgenden die Bildkunst zu Rate gezogen werden. Mit Blick auf die beiden Bettler schreibt H. Vogt dazu: „Von den umseitig abgebildeten Bettlern ist der rechte bereits durch das … Glöckchen als Aussätziger, d.h. Lepröser gekennzeichnet. Die Gegenüberstellung der beiden Jammergestalten macht die Symptomatik besonders eindrucksvoll. Armlähmungen erweisen die Beteiligung des Nervensystems. Bei van Orley ist es eine länger bestehende Radialislähmung mit beiderseits gleichar- tiger Fallhand und Fingerkontrakturen. Bei Dürer hebt sich linksseitig die Krallenhand der älteren Ulnarisparese distinkt gegen den dunklen Hintergrund ab … Rechts erkennt man trotz perspektivischer Überdeckung eine Sublaxation des kleinen Fingers und am distalen Unterarm drei Knoten … Betrachten wir die Gelenke. Auf dem Kupferstich erscheinen beide Ellbogen in Beugestellung versteift, auf dem Ölbild in Streckstellung. Auf Bildern der Zeit häufig anzutreffen ist die rektanguläre Kniegelenksankylose, die man analog an ausgegrabenen Skeletten von Leprösen gefunden hat. Zur Nervenlepra dürften artikuläre Infektionen hinzu gekommen sein, auch Osteomyelitiden …“ Da Anfang des 16. Jahrhunderts die Lepra in Mittel- Diagnostik, anatomie und kunst europa mit einer Morbiditätsquote von 5 % der Bevölkerung sehr häufig war, dürfte sie der Auslöser für die meisten Gelenkentzündungen gewesen sein. Die schnelle Interpretation der beiden – und vieler ähnlicher – Bilder der Zeit als Polyarthritis wird daher manchmal in die Irre führen! Viel zu oft diagnostiziert und vielleicht beliebtestes Thema in der Medizinal-Kunst ist die Gicht! Gerade im 17. und 18. Jahrhundert wird die Podagra, häufig mit spöttischem und sozialkritischem Unterton, auf Gemälden und Lithografien dargestellt, bis der Gichtkranke schließlich zu einem Lieblingsobjekt der Karikaturisten wird. Anatomie, Pathologie und Kunst In der gleichen Zeit begann das große Zeitalter der medizinischen Illustration. Natürlich hatte es – beginnend mit Leonardo da Vinci, Eustachius, Vesalius und anderen – bereits im 15. und 16. Jahrhundert zum Teil hervorragende medizinische Illustrationen gegeben. Mit Werken wie dem Anatomie-Atlas von G. Bidloo „Anatomia humani corporis, centum et quinque tabulis ...“ wurde allerdings ein neues Kapitel aufgeschlagen; und zwar sowohl, was die handwerkliche Genauigkeit anbelangt, als auch bezogen auf die künstlerische Gesamtdarstellung. Dabei sind bedeutende Künstler in einem Maße beteiligt, wie es sonst bei einem Gegenstand der Wissenschaft – und gerade in der Medizin – kaum vorkommt. Und zum Teil jedenfalls herrschen geradezu „paradiesische Zustände“: Fürsten, Könige, Päpste, Zaren und Kaiser gaben Geld für die Produktion von Modellen und den Druck wertvoller Atlanten! Und den Künstlern und Ärzten gereicht dieses Interesse natürlich auch nicht zum Nachteil! So wurde beispielsweise G. Bidloo zum Leibarzt Wilhelms von Oranien ernannt! Karikatur eines Gichtanfalles, 19. Jahrhundert Frühe Darstellung von arthritischen Händen auf einem Gemälde von Dürer Knöcherne Anatomie der Hände aus dem Buch von Bidloo: Anatomia humani corporis, 1695 19 20 Anatomie, pathologie und kunst Lithografie von Cruveilhier, dem Begründer der pathologischen Anatomie Die Bilder im prächtigsten Anatomie-Atlas des Barock wurden von dem Maler Gérard de Lairesse geschaffen und anschließend von dem Kupferstecher A. Bloteling weiterbearbeitet. So liegt denn der eigentliche Wert des „Bidloo“ nicht so sehr in der anatomischen Exaktheit oder der Neuheit bestimmter Darstellungen. Vielmehr ist es die gleichsam künstlerische „Meditation über Anatomie“, die den besonderen Reiz des Atlas ausmacht. Die kühle realistische Darstellung seiner Objekte kontrastierte Lairesse mit unterschiedlichen „Accessoires“: mit Personen in Nachtgewändern, mit Büchern, Krügen usw. So fügte er das klassische Stilleben in die anatomische Abbildung ein! Damit wird die Geschichte der anatomischen Abbildung zu einem Ausdruck der jeweiligen kulturellen Strömungen und Stilelemente! Wesentlich nüchterner, konzentriert allein auf den me- exkurs: physiognomik Portrait von G. de Lairesse, Rembrandt Zeichnung der Hände von A. Dürer dizinischen Inhalt, beschäftigt sich der Leidener Professor der Pathologie und Chirurgie, Eduard Sandifort, mit dem Thema! In seinen Ende des 18. Jahrhunderts erschienenen Kupferstichen „Museum anatomicum academiae Ludgunae Bataviae“ finden sich u.a. auch Knochenabbildungen, aus denen sich die Diagnose einer Arthrosis derformans ableiten lässt. Sandifort, auch als Vater der pathologisch-anatomischen Ikonographie gefeiert, ist damit auch ein Wegbereiter von Jean Cruveilhier, der in den Jahren 1828 bis 1842 mit seiner „Anatomie Pathologique du Corps Humain“ das wohl berühmteste Werk der medizinischen Illustration schuf. Auf Farblithografien werden dort auf 220 Tafeln pathologische Präparate vorgestellt. Cruveilhier „verfolgte an wahrnehmbaren Oberflächenveränderungen, welche morphologischen Tiefensubstrate ihnen zugrundelagen“. An der abgebildeten arthritisch deformierten Hand stellt er nicht nur die Veränderungen der einzelnen Knöchelchen dar. Er zeigt ebenso die Hand einmal im unveränderten und einmal im gehäuteten Zustand. Eingedenk seines Credos: „Eine getreue Zeichnung ist wie die Natur … Das Bild macht das Lesen langweiliger Ausführungen überflüssig und vermittelt dem Geist ebenso tiefe wie dauerhafte Eindrücke“. Einer der letzten großen „Illustratoren“ war vielleicht Jean Martin Charcot. Dabei verfolgte er mit den zahlreichen von ihm und seinen Schülern erstellten Zeichnungen wohl primär die Absicht, die von ihm vorgeschlagenen Systematisierungen der rheuma- Frühe Abbildung von arthritischen Gelenken aus dem 19. Jahrhundert tischen Erkrankungen zu „belegen“. Dass seine Klinik, die Salpêtrière in Paris, ab 1876 mit der Erstellung der „Iconographie photographique de la Salpêtrière“ begann, belegt dann schließlich den „Einbruch“ eines neuen Mediums in die medizinische Diagnostik und Dokumentation. Physiognomische Darstellung von Gesichtsveränderungen Exkurs: Physiognomik Einen ganz anderen Zugang zur Diagnostik propagierte die „Lehre von der Physiognomik“! Die pseudo-aristotelische Schrift „Physiognomonica“ ist dabei seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. eine Leitschnur für den physiognomischen Diskurs. Mit den so genannten „Grotesken Köpfen“ Leonardo da Vincis und den Profilstudien Dürers zieht die Physiognomik in die darstellende Kunst ein. Und unter so hübschen Titeln wie z.B. „Handorakel der Weltklugheit“ (B. Gracian) macht die Physiognomik dann im Zeichen der Psychologisierung im höfischen Frankreich des 17. Jahrhunderts Karriere. Der Schweizer Pfarrer Johann Caspar Lavater schließlich verhalf ihr nicht zuletzt mit seinen „Physiognomischen Fragmenten zur Beförderung der Menschenkenntnis und der Men- schenliebe“ (u.a. mit berühmten Mitarbeitern wie Goethe) Ende des 18. Jahrhunderts zu großer Popularität in Deutschland. Lavater versteht die Physiognomik dabei expressis verbis als „Wissenschaft, den Charakter (nicht die zufälligen Schicksale) des Menschen im weitläufigsten Verstande aus seinem Äußerlichen zu erkennen“. In die praktische Medizin eingeführt wurde die Idee u.a. durch K. H. Baumgärtner. In seiner „Kranken-Physiognomik“ aus dem Jahr 1842 erstellt er in Form von kommentierten Lithographien die erste medizinische Physiognomik im engeren Sinne. 21 22 Exkurs: päpste, künstler und entdecker exkurs: päpste, künstler und entdecker Gemälde von Dufy mit dem Titel „La Cortisone“ Exkurs: Päpste, Künstler und Entdecker Ein Papst, dem es infolge seiner „Arthritis“ nicht gelingt, das 1453 von den Türken eroberte Konstantinopel zurückzugewinnen, ein Seefahrer, der trotz seiner Krankheit eine neue Welt entdeckt, eine Königin, die – vielleicht auch infolge der Bedingungen ihrer langen Gefangenschaft – an rheumatoider Arthritis erkrankt und hingerichtet wird. Natürlich ist die Rede von Pius II., von Christoph Kolumbus und von Maria Stuart, der schottischen Königin! In der französischen Übersichtsarbeit „Histoire illustrée de la Rhumatologie“ von Ange-Pierre Leca findet sich jedenfalls eine Krankenliste, die sich wie ein historisches „Who’s who“ liest! Ob die rheumatoide Arthritis oder, um vorsichtiger zu sein, die rheumatischen Erkrankungen nun den Lauf der Welt verändert haben oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass die Krankheit die Arbeit einige der größten Künstler beeinflusst hat. So wissen wir beispielsweise von Paul Rubens, dass er sein ganzes Leben lang unter „Rheumatismus“ litt. Ebenso Auguste Renoir, einer der Wegbereiter der Moderne. In seinem Fall wird vermutet, dass seine Polyarthritis als Folge einer jahrelangen schleichenden Vergiftung mit den von ihm verwendeten Pigmenten verursacht wurde. Da die von ihm so geliebten hellen Farben einen hohen Anteil an Blei aufwiesen, zahlte er möglicherweise mit seiner Gesundheit für seine künstlerische Überzeugung. Übrigens wird von Renoir berichtet, dass er sich angewöhnt hatte, frühmorgens einige Minuten mit drei Kugeln zu jonglieren, um die Beweglichkeit seiner Finger zu trainieren, denn „on peint avec ses mains“. Damit ist Renoir sicherlich einer der frühesten Verfechter der Ergotherapie! Während auch aus den späten Werken von Renoir seine Polyarthritis nicht ablesbar ist, wird bei Raoul Dufy ein deutlicher Bruch spürbar. Nach rund 15-jähriger Krankheitsdauer war Dufy bereits als 37-Jähriger massiv von den Folgen der rheumatoiden Arthritis gezeichnet. Seine Malerei wirkte mühsam, der Pinselstrich steif und starr. Und dann geschah ein Wunder! Dufy gehörte zu den ersten Patienten, die mit 100 mg ACTH/die behandelt wurden – mit durchschlagendem Erfolg: schon nach wenigen Tagen erlangte Dufy seine körperliche Mobilität zurück, die Beweglichkeit der Gelenke besserte sich, zum ersten Mal seit Jahren konnte er seine Farbtuben wieder selbst ausdrücken: „Everything continues to go well for me. Whether because of cortisone or hormones I don’t know, but I am now painting themes that I studied when I was young and which naturally did not satisfy me at that time.“ Trotz massiver Nebenwirkungen, von denen auch Dufy nicht verschont blieb, nannte er voller Begeisterung eines seiner großartigen Blumenbilder „La Cortisone“! Gemälde von A. Renoir, Nymphe an der Quelle, 1882 Abbildung einer rheumatischen Hand, von Botticelli 23 24 Therapie des chronischen gelenkrheumatismus: state of the art anno 1904 Therapie des chronischen gelenkrheumatismus: state of the art anno 1904 Abbildung des Körpers in einem Anatomieatlas des 19. Jahrhunderts Therapie des chronischen Gelenkrheumatismus: State of the Art anno 1904 Vor genau hundert Jahren erschien die 15. Auflage des Klassikers von Adolf Strümpell, „Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten“. Natürlich differenziert auch Strümpell die beiden „Affectionen“, den chronischen Gelenkrheumatismus und die Arthritis deformans. Dabei beschreibt er die „einfache chronische Arthritis“ als eine Erkrankung, die sich im Wesentlichen auf die Synovialkapsel des Gelenks und das periartikuläre Bindegewebe beschränkt; er beschreibt bindegewebeartige Verwachsungen zwischen den einzelnen Teilen der Synovialis und stellt dann fest, „ohne scharfe Grenze geht die chronische Synovitis in die Arthritis deformans über“. Wie sieht nun die vor genau hundert Jahren empfohlene Standard-Therapie aus? Bei den Allgemeinmaßnahmen empfiehlt Strümpell zunächst eine trockene warme Wohnung („soweit es die Verhältnisse des Kranken erlauben“), im Einzelfall auch einen Klimawechsel, zudem sollte die Nahrung gut kräftig sein. Von den inneren Mitteln werden Jod und Arsenik angeraten, Ersteres primär als Jodtinktur oder Jodkalium, Letzteres in Form von Pillen zu je 0,002-0,004 Acidum arsenicorum. Von Salicylsäure, salicylsaurem Natron und von Cholchicum-Präparaten dagegen ist Strümpell weniger überzeugt. Nur bei akuten Verschlimmerungen des Krankheitszustandes greift er zu diesen Mitteln. Größte Vorsicht sollte man gegen- über Narcoticis walten lassen, denn „gerade unter den chronischen Arthritiskranken gibt es leider nicht wenige Morphinisten.“ Bei stärkeren Schmerzen empfiehlt Strümpell daher, so lange wie möglich mit Antipyrin und Phenacetin auszukommen. Im Vordergrund der Therapie stehen die örtlichen Behandlungsmethoden. Hier wird der Massage der erste Rang eingeräumt. Da ihre Erfolge allerdings „selten von Dauer sind“, schreibt Strümpell: „Von großer Wichtigkeit sind in allen Fällen frühzeitig zu beginnende und methodisch fortzusetzende heilgymnastische Übungen, durch welche die Beweglichkeit der Gelenke für lange Zeit nach Möglichkeit erhalten werden kann“. Ganz im Stil der Zeit teilt der Autor auch die Begeisterung für die Anwendung des elektrischen Stroms; sei es als galvanische Behandlung der Gelenke oder als Faradisation der athrophischen Muskeln. Bezüglich der schon seit Jahrhunderten geschätzten Anwendung der Bäder äußert sich Strümpell dagegen eher vorsichtig: „Wenn die Wirkung derselben auch nicht überschätzt werden darf, so ist ihr wohlthätiger Einfluss in manchen Fällen doch nicht zu leugnen“. Trotz dieser eher skeptischen Grundhaltung werden dann die unterschiedlichen Badekuren – mit der Nennung von besonders geeigneten Badeorten – vorgestellt: Kochsalzbäder (wie Wiesbaden), so genannte Kochsalzsäuerlinge, Moorbäder, Schlammbäder, Sandbäder, Dampfbäder (nur in frühen Stadien der Krankheit!), Heißluftbäder (in speziell konstruierten geschlossenen Kupferkammern werden dabei die betroffenen Gelenke für rund eine Stunde einer Hitze von 65-100 °C ausgesetzt). Die Anwendung von örtlichen Einreibungen mit reizenden oder narkotischen Mitteln (z.B. Chloroformöl) werden im Zusammenhang mit Massagen befürwortet. Insgesamt jedoch ist Strümpell von dem zur Verfügung stehenden therapeutischen Arsenal wenig überzeugt, wenn er schreibt: „Alles in Allem kommt es demnach darauf an, durch den Gebrauch der angeführten Mittel, mit denen man in verschiedener Weise abwechseln muss, das Fortschreiten der Krankheit nach Möglichkeit zu verzögern. Eine ausdauernde Behandlung wird dann in vielen Fällen wenigstens durch zeitweilige, nicht unerhebliche Erfolge belohnt werden“. Seite 24: Darstellung von Gelenkergüssen aus einem Lehrbuch des 19. Jahrhunderts Anatomische Abbildung der Füße, von Salvage 25 26 Der revolutionäre blick der revolutionäre blick Frühes Röntgengerät aus dem 19. Jahrhundert Der revolutionäre Blick „Er hatte sein Labor abgedunkelt und die Röhre in schwarzen Karton gehüllt, um das emittierte Licht abzuschirmen. Überraschenderweise begann ein mit Bariumplatincyanür überzogener Leuchtschirm nach dem Einschalten blaßgrün zu schimmern. Offenbar gab die Röhre noch etwas anderes ab als die bekannten Kathodenstrahlen; unsichtbare Strahlen drangen durch die Kartonabdeckung nach draußen und trafen auf den Schirm.“ So beschreibt R. Porter den Beginn einer der größten Revolutionen in der Diagnostik am 8. November 1895. Versuche mit Spielkarten, einem Buch, Holz, Hartgummi und diversen Metallteilen ergaben, dass lediglich Blei für die neuen Strahlen vollständig undurchlässig war. Als er ein Stück Blei zwischen Röhre und Schirm hielt, wurden ebenfalls die Umrisse seiner Handknochen auf dem Schirm abgebildet. Da er wusste, dass die Kathodenstrahlung die fotografischen Platten schwärzt, bat er seine Frau, eine solche Platte in der Hand zu halten, während er die neuen Strahlen darauf richtete. Knochen – samt Fingerring – wurden darauf gegen das umgebende Gewebe deutlich hervorgehoben! Natürlich wissen Sie längst, dass es sich bei dem experimentierfreudigen Ehepaar um Wilhelm Conrad Röntgen und seine Ehefrau handelte. Röntgen veröffentlichte seine Entdeckung noch im gleichen Jahr in der Schrift „Über eine neue Art von Strahlen“. Die Entdeckung der von Röntgen „X-Strahlen“ genannten neuen Strahlen verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Nur sechs Jahre später, im Jahr 1901, erhielt Röntgen denn auch den ersten Nobelpreis für Physik. Natürlich machten die Röntgen-Strahlen rasch auch in der breiten Öffentlichkeit Karriere. Und – kaum anders als heute – folgten der ersten medizinisch-wissenschaftlichen Begeisterung bald erste Besorgnisse. Dabei ging es weniger um medizinische Gefahren der Röntgenstrahlung (bereits 1902 wurde über einen Zusammenhang mit den neuen Strahlen und Hautkrebs berichtet), die Besorgnis galt eher dem röntgenologischen Voyeurismus. Aus der Furcht vor Voyeuren mit „Röntgen-Augen“ wurden bald röntgendichte Unterhosen auf den Markt gebracht! Bei bestimmten Aufnahmen, z.B. des Brustkorbes, gab es zunächst sowohl wegen der Belichtungsdauer von mindestens 20 Minuten als auch wegen der geringen Kontraste erhebliche Probleme. So wurden denn auch Reihenuntersuchungen – trotz der Furcht vor der Tuberkulose – erst nach weiteren technischen Fortschritten Ende der 20-er Jahre des letzten Jahrhunderts vorgenommen. Dennoch gilt, „was das Stethoskop für das 19. Jahrhundert war, wurden die Röntgenstrahlen für das 20. Jahrhundert: ein eindrucksvolles Diagnostikum und Symbol der Macht der Medizin“ (Roy Porter). Neben der klassischen Diagnostik eignet sich die Radiologie natürlich bei Krankheitsbildern wie der chronischen Polyarthritis auch für eine langfristige Verlaufskontrolle. Wichtig dabei ist die Konfrontation des symptomatischen Verlaufs einer Therapie mit ihrem gleichsam objektiven Substrat im Bereich der Gelenke. Hier zeigt sich dann, dass es z.B. unter einer Behandlung mit MTX parallel zu einer Verbesserung der klinischen Zeichen und Befunde durchaus zu einer radiologischen Progression kommen kann. Frühe Bestrahlungseinheit Radiologische Abbildung eines arthritisch veränderten Handgelenks Karikatur auf Röntgen Frühe radiologische Abbildung 27 28 ursache oder begleiteffekt das medikamentöse arsenal wächst Darstellung der Thymusdrüse Ursache oder Begleiteffekt 1940 entdeckte Waaler eher zufällig die agglutinierende Wirkung des Serums bei Polyarthritis auf die roten Blutkörperchen von Hammeln, acht Jahre später misst Rose diese Wirkung (Waaler-Rose-Test). Daraus entstehen die so genannten Rheumafaktoren, die dann dank der Arbeiten von Heller, Svartz, Singer und Plotz als Immunglobulin mit Autoantikörpereigenschaften identifiziert werden. Natürlich wären diese Entdeckungen nicht möglich gewesen ohne die großen Fortschritte im Bereich der Histologie, der Histo- und Cytochemie, der Genetik, der Virologie und insbesondere der Immunologie. Fortschritte, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen und zu einer kontinuierlichen Revolution in den Naturwissenschaften und der Medizin führten. Darstellung von Lymphozyten Und wie fast immer bei großen medizinischen Entdeckungen glaubte man kurzfristig, mit den Rheumafaktoren „den Stein der Weisen“ für die Ätiopathogenese der rheumatoiden Arthritis gefunden zu haben: Rheumafaktoren wirken gegen Gelenkstrukturen; in Verbindung mit ihren Antigenen und durch Komplementfixierung können sie lösliche Immunkomplexe bilden. Deren intrasynoviale Phagozytose inkl. des Niederschlags an den Gefäßwänden wurde für die Fortdauer und Progredienz der Erkrankung verantwortlich gemacht. Bald allerdings wurde klar, dass die Rheumafaktoren nur Beweise für die Krankheit selbst sind: sie tauchen oft erst lange nach den ersten Schäden auf. Ihr Nachweis ist überhaupt nur bei rund der Hälfte der Patienten mit rheumatoider Arthritis möglich (aber u.a. auch bei SLE, Mischkollagenosen, Sklerodermie und SiccaSyndrom). Ein falsch-positiver Nachweis findet sich bei nichtrheumatischen chronisch-entzündlichen Erkrankungen, vor allem bei subakuter bakterieller Endokarditis, Tuberkulose, Salmonellose, Syphilis, bei akuten Virusinfektionen und Neoplasien nach Bestrahlung. Insgesamt sind 5% der gesunden Bevölkerung unter 50 Jahren positiv; mit zunehmendem Lebensalter steigt die Nachweisrate: bei 70-jährigen Männern auf ca. 10%, bei Frauen auf ca. 15% (Pschyrembel, 1990). Damit war klar, dass der Ursprung der „immunologischen Unordnung“ (Sournia et al.) vor der Bildung der Rheumafaktoren liegen muss, und zwar in der Ausbildung des ersten synovialen Pannus, wo es zu Wucherungen der immunkompetenten Lymphozyten und Plasmazellen kommt. Das medikamentöse Arsenal wächst Bei der strümpellschen Bewertung der zur Verfügung stehenden therapeutischen Möglichkeiten bei der Behandlung des chronischen Rheumatismus verwundert u.a. die zurückhaltende Bewertung der Acetylsalicylsäure. Man muss ja nicht gerade die Meinung des spanischen Philosophen Ortega y Gasset teilen, wenn er schreibt: „Der gewöhnliche Mensch lebt heute leichter, bequemer und sicherer als früher der Mächtigste. Was schert es ihn, dass er nicht reicher ist als andere, wenn die Welt es ist und ihm Straßen, Eisenbahnen, Hotels, Telegraphen, körperliche Sicherheit und Aspirin zur Verfügung stellt“. Tatsächlich jedoch handelt es sich bei der Acetylsalicylsäure um eines der ältesten bei rheumatischen Beschwerden eingesetzten Arzneimittel. So findet sich bereits in den Rezepturen des Papyrus Elbers vor 3500 Jahren ein Hinweis auf einen Aufguss aus trockenen Myrteblättern zur Behandlung von Rheuma- und Rückenschmerzen. Gut tausend Jahre später empfahl Hippokrates gegen Fieber und Schmerzen einen Saft, der aus der Rinde des Weidenbaums gewonnen wurde. Sehr viel später wurde als Wirkstoff in diesem Saft die Salicylsäure identifiziert (sie ist auch in den Myrteblättern der ägyptischen Rezepte enthalten!). 1874 startete die großtechnische Produktion, und 1897 gelang es Felix Hoffmann, durch Anlagerung einer Acetylgruppe den schlechten Geschmack zu beseitigen und die Verträglichkeit des Wirkstoffs entscheidend zu verbessern. Zwei Jahre später wurde Asiprin zum Patent angemeldet. Seit dieser Zeit hat sich das zur Verfügung stehende Spektrum der nichtsteroidealen Antirheumatika (NSARs, engl. NSAIDs) beträchtlich erweitert: Butylpyrazolidine (z.B. Phenylbutazon), Essigsäurederivate (z.B. Indometacin und Diclofenac), Oxicame (z.B. Piroxicam), Propionsäurederivate (z.B. Ibupofen) und die Coxibe – um nur die wichtigsten zu nennen – sind hinzugekommen. Damit konnte zwar die symptomatische Behandlung der rheumatoiden Arthritis im Einzelfall optimiert werden, sei es durch eine höhere Wirksamkeit, sei es durch eine bessere Verträglichkeit der Substan-zen. Den Durchbruch zu einer eher ursächlichen Therapie der chronischen Polyarthritis konnten die NSAIDs freilich nicht erreichen. Auf der Suche nach verbesserten Behandlungsmöglichkeiten erinnerte man sich zu Anfang des letzten Jahrhunderts u.a. wieder an die Erfahrungen, die Paracelsus über die Anwendung von komplexen Goldverbindungen bei Arthritis berichtet hatte. Zudem hatte Robert Koch gezeigt, dass Goldcyanid noch in extremen Verdünnungen das Wachstum der Tuberkulosebazillen hemmt. Darauf wurden Versuche mit Goldsalzen bei Tuberkulosekranken durchgeführt. Die eigentliche Goldtherapie begann allerdings erst mit einer Entdeckung von A. Feldt im Jahr 1917: Feldt hatte festgestellt, dass Goldverbindungen erst dann therapeutisch sinnvoll eingesetzt werden können, wenn sie nach einem bestimmten chemischen Prinzip (Bindung des Goldes über ein Schwefelatom an ein organisches Radikal) konstruiert sind. Anfang der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte sich die Goldtherapie – zunächst in Frankreich – etabliert. Ihre Verfechter sahen in ihr eine Revolution Anzeige aus dem frühen 20. Jahrhundert für Aspirin 29 30 das medikamentöse arsenal wächst das medikamentöse arsenal wächst Fotografie von den Entdeckern des Kortisons für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis, nicht zuletzt, weil man nach ersten Erfahrungen hoffte, mit ihrer Hilfe die Progredienz zum Stillstand zu bringen. Diese Erfahrungen sind mit den multizentrischen Untersuchungen des Empire Rheumatism Council (1956-1961) und der American Rheumatism Association (1973) bestätigt worden. Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde eine Gruppe von Therapeutika für die Behandlung der chronischen Polyarthritis wieder entdeckt, die schon seit dem 16. Jahrhundert Karriere in der Malaria-Behandlung gemacht hatte: die gelbe Rinde eines Baumes (Cinchona sp.). Linné benannte den 1638 nach Europa eingeführten Baum nach dem Namen der ersten prominenten Patientin, der spanischen Gräfin von Chinchon (er vergaß dabei das „h“ im Namen); den indianischen Namen des Baumes bezeichnete er – fälschlicherweise – als „quinquina“ (daraus entwickelte sich später der Begriff Quinine bzw. Chinin). 1820 isolierten Pelletier und Caventou reines Chinin und identifizierten es als Hauptwirkstoff. Ab dem 19. Jahrhundert wurden Cinchona-Bäume auf Plantagen angebaut. Vor dem 2. Weltkrieg kamen rund 80% der Weltproduktion aus den holländischen Kolonien im heutigen Indonesien (Cinchona ledgeriana, Cinchona succirubra). Mit der japanischen Besetzung begann in Deutschland und den USA die Suche nach synthetischen Ersatzstoffen. Resochin, Sontochin und Chloroquin wurden entwickelt und rasch breit eingesetzt. Mit Page, Friedman und Bach begann schließlich in den Jahren 1951 und 1952 der verstärkte Einsatz der synthetischen Malariamittel bei rheumatoider Arthritis. Kurz vorher hatte eine weitere Entdeckung große Hoffnungen der Therapeuten geweckt. Ausgehend von der Überlegung, dass Schwangerschaft und Gelbsucht die Progression der chronischen Polyarthritis unterbrechen – und dabei den Organismus mit Steroiden überschwemmen –, hatte Hench die Idee, Kortison einzusetzen. Erst wenige Jahre vorher hatte Kendall das Glukokortikoid aus der Nebennierenrinde isoliert (Kendall, Hench und Reichstein wurden 1950 für ihre Forschungen auf diesem Gebiet mit dem Nobelpreis ausgezeichnet). Unter dem Titel „The effect of a hormone of the adrenal cortex (17-hydroxy-11-dehydrocorticosterone: compound E) and of pituitary adrenocortotropic hormone on rheumatoid arthritis“ publizierte er 1949 seine Ergebnisse. Farblithographie eines Chininbaumes Mit der Veröffentlichung von Jimenez-Diaz über die Ergebnisse mit N-Lost im Jahr 1951 wird ein neues Kapitel in der Therapie der rheumatoiden Arthritis aufgeschlagen: die Immunsuppressiva kommen ins Spiel. 1960 zeigen Dresner und Trombly, dass sich mit d-Penicillamin die Konzentration der Rheumafaktoren in vitro und in vivo senken lässt. Seit 1962 wird diese Substanz dann auch therapeutisch eingesetzt. Die Entwicklung des Folsäure-Analogons Methotrexat schließlich erweitert die medikamentöse Palette erheblich. Und mit den Untersuchungen von Schuermann zur Rolle der T-Lymphozyten bei rheumatoider Arthritis wird das Tor für eine neue Generation von Immunmodulatoren aufgestoßen. Die zum Teil dramatischen Verbesserungen der Lebenssituation der betroffenen Patienten (siehe dazu auch die Erfahrungen von R. Dufy, Seite 22) lösten verständlicherweise große Begeisterung aus. Rasch jedoch wurden auch die Probleme der neuen therapeutischen Option offenkundig: Wie im Fall der Hormonüberflutung bei Schwangerschaft und der Gelbsucht bleibt es bei einer rein aufschiebenden Wirkung mit der Notwendigkeit einer langfristigen Medikation, die mit dem Risiko erheblicher Nebenwirkungen behaftet ist. Die pharmazeutische Forschung stellte auch in diesem Fall relativ rasch synthetische Derivate bereit (z.B. Prednison und Prednisolon oder ACTH), die bei gleich bleibender therapeutischer Wirkung ein verringertes Nebenwirkungspotential aufweisen. Das grundsätzliche Problem der Kortikosteroid-Therapie bei rheumatoider Arthritis war damit allerdings nicht gelöst. Fotografien von den Entdeckern des Kortisons 31 32 vom strecken und dehnen von a wie asepsis bis t wie tnf- ∙ Gymnastisches Gerät aus dem 19. Jahrhundert Vom Strecken und Dehnen In einer historischen Betrachtung der Behandlung rheumatischer Krankheitsbilder darf natürlich ein geziemender Hinweis auf physikalische Therapien, Krankengymnastik und Ergotherapie nicht fehlen! Wir wollen dabei weniger abheben auf das Badewesen, das gerade im 18. und 19. Jahrhundert eine große Blüte erlebte. Übrigens war dabei – ebenso wie heute – die Krankheit per se keineswegs eine conditio sine qua non fürs „Kuren“! Das klassische Kurbad des 19. Jahrhunderts entsprach in Stil und Angebot sicherlich eher dem „Wellness-Bad“ heutigen Zuschnitts als einem „Rehabilitation-Kurbad“ für BfA-Versicherte aus dem Jahr 1970! Ein gutes Beispiel für den „klassischen Kurgast“ ist übrigens Johann Wolfgang von Goethe! Zwischen den Jahren 1785 und 1823 unternahm er weit mehr als zwanzig „Bäderreisen“. Zum Erfolg der Aufenthalte heißt es: „Durch das neue Ambiente (die Änderung der Ernährung, Ausflüge in die Umgebung, gesellschaftliche Ereignisse – vor allem die Anwesenheit anmutiger Damen) belebt, ließen vielfach auch die körperlichen Beeinträchtigungen nach“. Na also! Im 18. und 19. Jahrhundert sind eine Vielzahl von Maschinen erfunden worden, um Gesunden und Kranken zu einer besseren „Haltung“ zu verhelfen. Neben einer Vielzahl von Geräten, in denen man mit einigem Goodwill noch Vorläufer heutiger Apparaturen für die Krankengymnastik oder gar der Fitnessstudios erkennen kann, wurden gerade im Zusammenhang mit Verkrümmungen der Wirbelsäule zur Behandlung der so genannten Spina luxata wahre Folterinstrumente konstruiert. Basis für die Prozeduren waren die überlieferten Empfehlungen des Hippokrates, nach denen die Patienten auf einer speziell gebauten Bank (Scamnum Hippocratis) durch massiven Zug und Gegenzug erst extendiert werden sollten und dann die Spina luxata zusätzlich mit dem Körpergewicht des „Therapeuten“ oder mit Hilfe eines Hebels redressiert werden sollte. Diese Lehrmeinung wurde dann in den medizinischen Schriften des 16. und 17. Jahrhunderts wieder aufgegriffen, z.B. im „Armamentarium chirurgicum“ des Ulmer Chirurgen Johannes Scultetus. Selbst Ende des 19. Jahrhunderts waren die Patienten von der Prozedur noch nicht erlöst: Auch der große französische Arzt Jean François Callot führte 1897 noch die manuelle Redression durch, um „jeden Buckel, ob floride oder chronisch, in einem brüsken Akt zu beseitigen“. Immerhin bediente sich Callot dabei der modernen pharmazeutischen Errungenschaften: er betäubte seine Patienten vor dem Eingriff! oder Asepsis), die von Paul Ehrlich vorangetriebene Entwicklung von pharmazeutischen „Zauberkugeln“ (er hatte das Salvarsan gegen die Syphilis erforscht und auf den Markt gebracht) oder das von Emil von Behring zur Erzeugung von Immunität entwickelte Antikörperserum gegen Diphterie. Zusätzlich waren z.B. Impfungen gegen Cholera, Pest und Typhus eingeführt worden. In der Folgezeit geriet zunehmend die Vielfalt immunologischer Prozesse ins Visier der Forschung. Der Erfolg des Diphterieserums weckte das Interesse für AntigenAntikörper-Reaktionen und das Wesen der Spezifität. Karl Landsteiner entwickelte ein physikalisch-chemisches Modell der Antigen-Antiköper-Reaktionen. Der Amerikaner Robert Good wies nach, dass die bisher als Einzelvorgänge verstandenen unterschiedlichen Immunreaktionen über die Lymphozyten miteinander verbunden sind. Für das zunehmende Verständnis der Einzelreaktionen als Immunsystem spielten nicht zuletzt auch Landsteiners Forschungen über das Blut (Blutgruppen, Rhesusfaktor) eine große Rolle. In den 40-er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckte Owen das Phänomen der Immuntoleranz. Wenige Jahre später postulierte Burnet, dass der Körper über einen Mechanismus verfügt, um „köperfremd“ von „körpereigen“ zu unterscheiden. Der dänische Forscher Niels Jerne postulierte eine Theorie der natürlichen Selektion, nach der gleichsam ständig neue Antikörper gebildet werden, noch bevor eine konkrete Bedrohung durch Antigene vorhanden ist. Ein bestimmtes Antigen sucht danach unter den diversen Antikörpern sein Gegenstück und bildet einen AntigenAntikörper- Komplex. Dieser wird von Phagozyten angegriffen mit der Folge der Bildung weiterer Antikör- Drastische Einrenkung des Schultergelenkes, aus einem Lehrbuch des 16. Jahrhunderts Von A wie Asepsis bis T wie TNF-∙ In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit großen Paukenschlägen gestartet, hatte man Mitte des letzten Jahrhunderts fast schon geglaubt, das Thema „Immunologie“ sei ausgereizt! Die großen Pioniere, Louis Pasteur, Paul Ehrlich und Emil von Behring, hatten längst die bahnbrechenden Entdeckungen gemacht; wichtige Errungenschaften waren in der Praxis etabliert, wie Pasteurs Tollwutimpfung (und die wesentlich von ihm kreierten Begriffe Vakzination, Desinfektionslehre Rechts: Paul-Ehrlich-Medaille Daneben: Frühes immunologisches Buch von Calmette per mit der gleichen Spezifität. Der bereits erwähnte Australier Burnet entwickelte die jernesche Theorie weiter zur Theorie der klonalen Selektion: Der natürliche Antikörper zirkuliert danach nicht frei im Serum, sondern ist als Rezeptor an der Zelloberfläche gebunden; bindet ein passender Antikörper an den Rezeptor, erhält die Zelle das Signal zur Vermehrung. In der Folgezeit wurde die Theorie durch Arbeiten von Nossal und Lederberg untermauert. Noch war allerdings das Rätsel „Thymus“ nicht gelöst! Eine 1961 durchgeführte Thymektomie bei neugeborenen Mäusen brachte Licht ins Dunkel: Die operierten Mäuse wurden krank, Antikörper wurden kaum ausgebildet. Parallel dazu stellte der amerikanische Kinderarzt Robert Good fest, dass Kindern mit Immunschwäche oft von Geburt an der Thymus fehlte; sie litten unter zahlreichen Infektionen und waren nicht in der Lage, Antikörper zu bilden. Damit verdichteten sich die Hinweise, dass außer den Antikörper produzierenden B-Zellen im Knochenmark auch Thymusoder T-Zellen mitwirken mussten. „In den 70er Jahren nahm das Phänomen der Immunität in der Biochemie eine zentrale Stellung ein und brachte so Zellbiologen und Immunochemiker (mit ihren Kultivierungstechniken) sowie Genetiker und Molekularbiologen (mit ihren Sequenzuntersuchungen) zusammen. Die immunologische Forschung nahm einen rasanten Aufstieg: „Zwischen 1970 und 1988 wurden nicht weniger als 47 neue immunologische Fachzeitschriften gegründet!“ (R. Porter) 33 34 HUMIRA® – vollständig human von a wie asepsis bis t wie tnf- ∙ Diese Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten hat auch zu einem besseren Verständnis der immunologischen Prozesse geführt, die der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis zugrunde liegen. Dabei hat sich gezeigt, dass der Tumornekrosefaktor-∙ (TNF-∙) bei der Entstehung der rheumatoiden Arthritis eine Schlüsselfunktion besitzt, denn TNF-∙ fördert u.a. die Expression von Mediatoren, die ihrerseits die Gelenkentzündung und den Abbau von Knorpel- und Knochensubstanz vermitteln. Dabei wirkt TNF-∙ auf Granulozyten, Endothelzellen, Fett- und Muskelzellen, Monozyten und Makrophaten. Smith und Kavanaugh haben übereinstimmend zeigen können, dass die rheumatoide Arthritis mit einer chronischen Überexpression von TNF-∙ in der Synovialflüssigkeit und im Synovialgewebe assoziiert ist; genau dieser Befund korreliert mit der Entwicklung der Synovitis und der erosiven Gelenkveränderungen. Diese neuen pathogenetischen Erkenntnisse waren die Basis für die Entwicklung moderner zielgerichteter Therapieformen, die direkt in den Krankheitsverlauf der rheumatoiden Arthritis eingreifen, die so genannten TNF-∙-Antikörper. Mit der Hemmung von TNF-∙ wird in der Folge u.a. auch die Produktion von IL-1, IL-6 und IL-8 gehemmt. Die Inhibierung der zentralen Schaltstelle „TNF-∙“ verspricht damit eine umfassendere Wirkung als die Blockade einzelner, in der Kaskade nachgeordneter Zytokine, wie z. B. IL-1. Die an die Inhibierung von TNF-∙ geknüpften großen therapeutischen Erwartungen haben sich mittlerweile erfüllt: Klinische Studien zeigen, dass Patienten, die mit TNF-∙Antagonisten behandelt wurden, über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren nicht nur eine signifikant stärkere Symptombefreiung und bessere körperliche Funktionsfähigkeit erleben (im Vergleich zu MTX-Patienten), sondern dass auch die radiologische Progression gehemmt ist. DMARDs und andere Abkürzungen TNF-∙, IL1-8, RA, p55, ACR20/50/70, DAS-28, SF36, NYHA, HAQ, HRQoL, TJC, SJC, MCS. NSAIDs, NSARs, MTX, ACTH, … und jetzt auch noch DMARDs. Es gibt sicherlich einige Dinge, die moderne Forscher und ihre „frühen“ Kollegen verbinden: Bestimmt die Neugier, bestimmt der Wunsch zu helfen – und ganz sicher auch die Freude am Erfinden neuer Begriffe! Und weil die heutigen Termini aufgrund der komplexen Thematik, die sie beschreiben, oft recht lang sind, behelfen wir uns mit Abkürzungen; so entsteht aus der Health-Related Quality of Life, die mit Hilfe des Patientenfragebogens Short-Form Health Survey erfasst wird, einfach die HrQoL/SF-36! HUMIRA® – vollständig human Viel interessanter sind allerdings diejenigen Begriffe – und Abkürzungen – die uns helfen, Sachverhalte zu katalogisieren und zu klassifizieren. Bei Arzneistoffen kann man dabei vor allem zwei Wege beschreiben: Die Klassifikation nach den Inhaltsstoffen und/oder Wirkprinzipien – also zum Beispiel „nicht- steroidale Antirheumatika oder TNF-∙-Antagonisten – und, zum Zweiten, eine Klassifikation nach den zu erwartenden Therapieergebnissen. In der Behandlung der rheumatoiden Arthritis hat man mit der Schaffung des Begriffs der DMARDs (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) genau diesen Versuch gemacht. Unter diese Rubrik fallen Medikamente, die nicht allein symptomatisch wirken, sondern die rheumatische Entzündung bekämpfen, indem sie grundsätzlich ins Krankheitsgeschehen eingreifen – zum Beispiel durch die Verhinderung der Ausschüttung von Entzündungsmediatoren und durch die Hemmung des unkontrollierten Zellwachstums. Auch wenn man sich dem Erhalt der deutschen Sprache, insbesondere auch in der Medizin, verpflichtet fühlt, muss man doch zugestehen, dass der angloamerikanische Begriff DMARDs das grundsätzlich Andere dieser Arzneimittelkategorie allein durch den Terminus „modifying“ deutlich macht! Zu den frühen DMARDs müssen sicherlich die Goldtherapeutika gezählt werden. Heute wird diese Gruppe allerdings primär von den TNF-∙-Inhibitoren und anderen modernen Biologika dominiert. Blutausstrich mit Lymphozyten HUMIRA® ist ein rekombinanter, vollständig humaner monoklonaler IgG1-Antikörper, der spezifisch und mit hoher Affinität an Tumor-Nekrose-Faktor-∙ (TNF-∙) bindet. HUMIRA® hemmt die biologische Wirkung von löslichem und membrangebundenem TNF-∙. Es neutralisiert lösliches TNF-∙ und verhindert, dass der Botenstoff an die beiden zellständigen Rezeptoren p55 und p75 bindet. Es hat auch einen antagonistischen Effekt auf die ins Zellinnere gerichtete Signalkette des membranständigen TNF-∙, also auf das so genannte „reverse signaling“. In Europa wurde HUMIRA® 2003 zur Behandlung der moderaten bis schweren rheumatoiden Arthritis, 2005 zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis und 2006 zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis zugelassen. 2007 erhielt HUMIRA® die Zulassung zur Behandlung des schwergradigen, aktiven Morbus Crohn sowie zur Behandlung der Psoriasis bei Patienten, mit mittelschwerer bis schwerer chronischer Plaque-Psoriasis. HUMIRA® bietet zudem mehr als 10 Jahre klinische Erfahrung. Ein Autograph aus dem Nachlass von P. Ehrlich, der eine Phagozytose darstellt HUMIRA® – TNF-∙-Antagonist für das 21. Jahrhundert Mit der Einführung der ersten so genannten Biologika (engl. Biologics), den TNF-∙-Antagonisten, ist in der Therapie der rheumatoiden Arthritis ein grundsätzlich neues Kapitel aufgeschlagen worden. Ein Kapitel, in dem mit HUMIRA® ein neuer Abschnitt beginnt – ganz nach dem vor bald zweitausend Jahren von Ovid überlieferten Prinzip: „Das Bessere ist des Guten Feind.“ So hatte es sich Abbott zur Aufgabe gemacht, einen anti-TNF-∙-Antikörper mit folgenden Eigenschaften zu entwickeln: • • • • • Spezifische Bindung von TNF-∙ Keine Unterscheidung von humanen IgG1-Molekülen Natürliche Halbwertszeit Anwendung in Kombination mit Methotrexat oder als Monotherapie Gute Verträglichkeit. Entstanden ist HUMIRA®, der erste vollständig humane monoklonale TNF-∙-Antikörper! Ein TNF-∙-Antikörper, der die biologische Wirkung von TNF-∙ verhindert, indem er – wie molekulare Analysen zeigen – sowohl lösliches als auch membrangebundenes TNF-∙ mit hoher Affinität und Spezifität bindet. HUMIRA® bildet mit TNF-∙ relativ große, stabile TrimerKomplexe, die schnell und effizient aus dem Körper ausgeschieden werden. Schnitt durch das Metkarpalgelenk aus dem Atlas von Henle 35 36 HUMIRA® – vollständig human HUMIRA® – vollständig human Antikörper HUMIRA® – Remission plus Hemmung der Gelenkzerstörung HUMIRA® wurde bei Patienten, die nicht ausreichend auf herkömmliche Standardtherapien angesprochen hatten, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit MTX und anderen DMARDs untersucht. In diesen placebo-kontrollierten Studien führte HUMIRA® – gemessen anhand der Kriterien des American College of Rheumatology (ACR20-, ACR50-, ACR70-Kriterien) – zu einer signifikanten Verbesserung der klinischen Zeichen und Symptome. HUMIRA® zeigte einen schnellen Wirkungseintritt, der sich bei vielen Patienten in einer mindestens 20-prozentigen Verbesserung der klinischen Zeichen und Symptome (ACR-20-Ansprechen) innerhalb von 1-2 Wochen widerspiegelte. Die langfristige, über Jahre anhaltende Wirksamkeit der biologischen Therapie ist eine der Erwartungen, die an diese modernen DMARDs gerichtet werden müssen: in offenen Fortsetzungsstudien konnte die anhaltende Wirksamkeit von HUMIRA® – gemessen anhand des Index zur Erfassung der Krankheitsaktivität (DiseaseActivity Score, DAS/EULAR-Response) – bislang über einen Zeitraum von sieben Jahren belegt werden. So wurde u.a. in der randomisierten, doppelblinden, aktiv kontrollierten PREMIER-Studie (F. Breedveld) die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombinationstherapie von HUMIRA® und Methotrexat und der jeweiligen Monotherapien bei 799 Patienten über eine Zeitdauer von zwei Jahren verglichen. Unter der Kombinationstherapie erreichte rund die Hälfte der Patienten (49 %) nach 104 Wochen eine klinische Remission (DAS28 < 2,6) und ebenfalls 49 % ein bedeutendes klinisches Ansprechen, definiert als kontinuierliche ACR70-Ansprechrate über mindestens 6 Monate. Die Unterschiede waren sowohl gegenüber einer HUMIRA®- als auch einer MTX-Monotherapie signifikant (p < 0,001). Die Hemmung der Gelenkzerstörung wurde u.a. in einer 3-Jahresstudie von E. Keystone verglichen. Nach einer randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten 1-Jahresstudie mit HUMIRA® und Methotrexat waren 457 Patienten in einer offenen Fortsetzungsstudie („open-label-extension“) mit der Kombination weiter behandelt worden. Nach insgesamt 3-jähriger Therapie mit HUMIRA® konnte bei 3 von 4 Patienten ein Stillstand der Gelenkzerstörung gezeigt werden: Nach dem modifizierten Sharp Score wiesen 71 % bzw. 73 % der Patienten keine radiologische Progression in den Dimensionen „Gelenkerosion“ und „Gelenkspaltver- engung“ auf. Diese positiven Ergebnisse konnten auch nach insgesamt 5 Jahren Adalimumab-Therapie aufrecht erhalten werden. Keiner der Patienten zeigte ein Fortschreiten der Gelenkerosionen. HUMIRA® – signifikante Verbesserung und Erhalt der körperlichen Funktionsfähigkeit Neben Schmerzen, Gelenkschädigungen und Funktionsbeeinträchtigungen leiden Patienten mit rheumatoider Arthritis vor allem unter den infolge der Erkrankung auftretenden psychosozialen Problemen: Tägliche Routinearbeiten können kaum noch ohne fremde Hilfe geleistet werden, die Arbeitsfähigkeit der Patienten wird zunehmend eingeschränkt und die familiären Beziehungen werden rasch einer immensen Belastungsprobe ausgesetzt. Für die Patienten ist daher die Verbesserung ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch die Therapie mit modernen Medikamenten wie den TNF-∙-Inhibitoren von entscheidender Bedeutung. In den zulassungsrelevanten placebo-kontrollierten Studien wurde der Einfluss von HUMIRA® auf die körperliche Funktionsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität untersucht. In allen Studien wurde eine signifikante Verbesserung der mit Hilfe der Patientenfragebögen Health Assessment Questionnaire (HAQ) und Short-Form Health Survey (SF-36) erfassten Lebensqualität dokumentiert. Rasterelektronische Aufnahme des Blutes mit Lymphozyten HUMIRA® – gute Verträglichkeit Die Sicherheitsdaten zu HUMIRA® basieren auf einem Expositionszeitraum von über 20.555 Patienten-Jahren. Die Therapie mit HUMIRA® ist über alle Indikationen im Allgemeinen sicher und wird von der Mehrzahl der Patienten gut vertragen. Zu den im Rahmen des klinischen Entwicklungsprogramms am häufigsten berichteten unerwünschten Ereignissen zählten: Reaktionen an der Injektionsstelle, Infektionen der oberen Atemwege und Schmerzen an der Injektionsstelle. Die Reaktionen an der Injektionsstelle waren in den meisten Fällen mild ausgeprägt und führten nur selten zu einem Abbruch der Therapie. Nur wenige Patienten, 5,1 % unter HUMIRA® verglichen mit 3,2 % unter Placebo, brachen die Therapie aufgrund unerwünschter Ereignisse ab. Weltweit werden bereits 270.000 Patienten mit HUMIRA® behandelt. HUMIRA® – patientenfreundliche Anwendung Der Erfolg eines Arzneimittels in der täglichen Praxis wird sowohl durch die Substanzeigenschaften als auch durch eine patientenfreundliche Handhabung des Präparats bestimmt. Damit HUMIRA® nicht nur in kontrollierten Studien hervorragende Ergebnisse liefert, sondern sich genauso gut unter Praxisbedingungen bewährt, wurde deshalb von Anfang an viel Wert auf die Entwicklung eines benutzerfreundlichen Anwen- dungssystems gelegt. Für die einfache Anwendung zu Hause steht den Patienten HUMIRA® zur subkutanen Selbstinjektion als PEN und als Fertigspritze bereit: Die Zu- und Aufbereitung der Injektionslösung entfällt. Der PEN verursacht weniger Schmerzen und ist besonders gut geeignet für Patienten mit Spritzenangst. Darüber hinaus bleiben die Patienten flexibel und unabhängig. Antikörperstruktur 37 Literatur- und bildverzeichnis/impressum 38 HUMIRA® – bietet immer ein PLUS Literatur- und Bildverzeichnis Impressum Idee und Konzept: medbrain – Die Ideenfabrik, www.medbrain.de Text: Dr. med. K. F. Gruber-Gerardy W. Merz Bildarchiv: Dr. med. K. F. Gruber-Gerardy Layout und Druckvorbereitung: UNIVERS GmbH, Mainz 2008 Abbott, HUMIRA® Produktmonographie, 2007 J. Benedum, Die Therapie rheumatischer Erkrankungen im Wandel der Zeit, 1994 F.C. Breedveld et al.,The PREMIER Study. In: Arthritis & Rheum 2006; 54: 26-37 W. Eckart, Geschichte der Medizin, 1994 A.-P. Leca, Histoire illustrée de la Rhumatologie, 1984 L. T. Morton, A Medical Bibliography, 1983 R. Porter, Die Kunst des Heilens, 2000 P. Sandblom, Creativity and disease, 1996 P. Schramm, Vom Zipperlein und Gliederreißen, 1988 J.-Ch. Sournia, M. Martiny, Illustrierte Geschichte der Medizin, 1982 A. Strümpell, Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten, 15. Auflage, 1904 H. Voigt, Zur Geschichte der rheumatischen Gelenkerkrankungen, 1973 E. Keystone et al., EULAR, Annual Scientific Meeting 2005 (Poster) L. Waldenburg, Die Inhalationen der zerstäubten Flüssigkeiten sowie der Dämpfe und Gase in ihrer Wirkung auf die Krankheiten der Athmungsorgane, 1864 www.arthritisinsight.com/medical/disease/ra/history.html www.aspirin.de www.gigers.com/matthias/malaria/history.htm www.rheumatoide-arthritis.de Wir danken allen beteiligten Museen und Bildarchiven für die freundliche Überlassung von Bildmaterial. Anticmed - Medizinisches Bildarchiv Medicina Preciosa - Antiquariat für Medizin Dr. med. K.F. Gruber-Gerardy Visual Language Library Art of Anatomy: 1513-1879 25000 Meisterwerke Gemälde Zeichnungen Grafiken, The Yorck Project 1. 2. 3. 4. Mit HUMRA® erreichen Sie REMISSIONPLUS: Klinische REMISSION PLUS Stopp der Gelenkzerstörung 1 Mit HUMRA® erreichen Sie WIRKSAMKEITPLUS – über die Wirbelsäule und die Gelenke hinaus 2 HUMIRA® – bewährtes Sicherheitsprofil basierend auf mehr als 10 Jahren Erfahrung 3 HUMIRA® – einfache Selbstinjektion mit dem PEN - die Unabhängigkeit für Ihre Biologika-Patienten 1. Breedveld FC et al. Arthritis Rheum 2006; 54 (1):26-37 2. Rudvaleit et al. Ann Rheum Dis 2008; 67 (Suppl II): 515 3. Kivitz A et al. Clin Ther 2006; 26: 1619-1629 Humira® 40 mg Injektionslösung in Fertigspritze / Humira® 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN) Wirkstoff: Adalimumab. Zusammensetzung: Jede Einzeldosis-Fertigspritze à 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab; jede Einzeldosis à 0,8 ml des vorgefüllten Pens enthält 40 mg Adalimumab (rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters exprimiert wird). Sonstige Bestandteile: Mannitol, Citronensäure-Monohydrat, Natriumcitrat, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, DinatriummonohydrogenphosphatDihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80, Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Rheumatoide Arthritis: Humira® ist in Kombination mit Methotrexat indiziert: - Zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen haben. - Zur Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht mit Methotrexat behandelt worden sind. Humira® kann im Falle einer Unverträglichkeit gegen Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Humira® verhindert in Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Psoriasis-Arthritis: Humira® ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica) bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben. Humira® reduziert das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke bei Patienten mit polyartikulären symmetrischen Subtypen der Erkrankung und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Ankylosierende Spondylitis: Humira® ist indiziert zur Behandlung der schweren und aktiven ankylosierenden Spondylitis bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben. Morbus Crohn: Humira® ist indiziert zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven Morbus Crohn bei Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Glukokortikoid und/oder einem Immunsuppressivum nicht ausreichend angesprochen haben und/oder die eine Unverträglichkeit gegen eine solche Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. Während der Induktionsbehandlung sollte Humira® in Kombination mit Glukokortikoiden verabreicht werden. Im Falle einer Unverträglichkeit gegen Glukokortikoide, oder wenn eine weitere Behandlung mit Glukokortikoiden nicht sinnvoll ist, kann Humira® auch als Monotherapie verabreicht werden. Psoriasis: Humira® ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, wie Cyclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation oder Unverträglichkeit einer solchen Therapie vorliegt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen wie Sepsis und opportunistische Infektionen. Mäßige bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV). Nebenwirkungen: Klinische Studien: Die Inzidenzen sind definiert als: sehr häufig > 1/10, häufig > 1/100 < 1/10, gelegentlich > 1/1.000 < 1/100, selten > 1/10.000 < 1/1.000. Sehr häufig: Reaktion an der Injektionsstelle (einschl. Schmerz, Schwellung, Rötung oder Pruritus). Häufig: Infektionen des unteren Respirationstraktes (einschl. Pneumonie, Bronchitis), Virusinfektionen (einschl. Influenza, Herpesinfektionen), Candidiasis, bakterielle Infektionen (einschl. Harnwegsinfektionen), Infektionen der oberen Atemwege, Benommenheit (einschl. Schwindel), Kopfschmerzen, neurologische Empfindungsstörungen (einschl. Parästhesien), Husten, nasopharyngealer Schmerz, Diarrhoe, Abdominalschmerzen, Stomatitis und Mundulzeration, Übelkeit, Erhöhung der Leberenzyme, Hautausschlag, Pruritus, muskuloskelettale Schmerzen, Fieber, Müdigkeit/Abgeschlagenheit (einschl. Asthenie und Unwohlsein). Gelegentlich: opportunistische Infektionen (einschl. Tuberkulose, Histoplasmose), Sepsis, Abszess, Gelenkinfektion, Hautinfektion (einschl. Weichteilinfektion und Impetigo), oberflächliche Pilzinfektionen (einschl. Haut, Nagel, Fuß), Hautpapillom, Neutropenie (einschl. Agranulozytose), Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Lymphadenopathie, Leukozytose, Lymphopenie, systemischer Lupus erythematodes, Angioödem, Arzneimittelüberempfindlichkeit, Hypokaliämie, erhöhte Blutfette, Appetitstörungen (einschl. Anorexie), Hyperurikämie, Stimmungsschwankungen, Ängstlichkeit (einschl. Nervosität und Agitation), Synkope, Migräne, Tremor, Schlafstörungen, Störungen des Sehvermögens, Empfindungsstörungen der Augen, Infektion, Reizung oder Entzündung des Auges, Ohrbeschwerden (einschl. Schmerz und Schwellung), Arrhythmie, Tachykardie, Blutdruckerhöhung, Flush, Hämatome, Asthma, Dyspnoe, Dysphonie, nasale Kongestion, rektale Blutung, Erbrechen, Dyspepsie, abdominale Blähungen, Verstopfung, Urtikaria, Psoriasis, Ekchymose und vermehrt Blutergüsse, Purpura, Dermatitis, Ekzem, Haarausfall, Hämaturie, eingeschränkte Nierenfunktion, Blasen- und Harnröhrenbeschwerden, Störungen des Menstruationszyklus und Blutungsstörungen, Brustschmerzen, Ödeme, Grippe-ähnliche Symptome, Erhöhung der Kreatinphosphokinase im Blut, Verlängerung der partiellen Thromboplastinzeit, Nachweis von Autoantikörpern, versehentliche Verletzung, beeinträchtigte Wundheilung. Selten: nekrotisierende Fasciitis, virale Meningitis, Divertikulitis, Wundinfektion, Lymphom, solide Organtumoren (einschl. Brust, Eierstock, Hoden), malignes Melanom, Plattenepithelkarzinome der Haut, Panzytopenie, idiopathische thrombozytopenische Purpura, Serumkrankheit, saisonale Allergie, Schildd rüsenfunktionsstörung (einschl. Struma), Hyperkalzämie, Hypokalzämie, multiple Sklerose, Gesichtslähmung, Panophtalmie, Iritis, Glaukom, Hörverlust, Tinnitus, Herzstillstand, Insuffizienz der Koronararterien, Angina pectoris, Perikarderguss, dekompensierte Herzinsuffizienz, Herzklopfen, Gefäßverschluss, Aortenstenose, Thrombophlebitis, Aortenaneurysma, Lungenödem, pharyngeales Ödem, Pleuraerguss, Pleuritis, Pankreatitis, intestinale Stenose, Kolitis, Enteritis, Oesophagitis, Gastritis, Lebernekrose, Hepatitis, Leberverfettung, Cholelithiasis, erhöhtes Bilirubin im Blut, Erythema multiforme, Pannikulitis, Rhabdomyolyse, Proteinurie, Nierenschmerzen. Unerwünschte Ereignisse nach Markteinführung und aus klinischen Studien der Phase IV: Darmwandperforation; Reaktivierung einer Hepatitis B; demyelinisierende Erkrankungen (z.B. Optikusneuritis, Guillain-Barré-Syndrom); interstitielle Lungenerkrankung, einschl. Lungenfibrose; kutane Vaskulitis; anaphylaktische Reaktion; hepatosplenales T-Zell-Lympom. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Abbott Laboratories Ltd. Queenborough, Kent ME11 5EL, Vereinigtes Königreich. Stand: August 2008 „Weil sich alles Wahre und Grosse Eingang in eine wenig bewegliche Masse verschafft ...“ (Zitat: L. Waldenburg)