Engi - Das Prinzip des "Abhängigen Entstehens"

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Engi - Das Prinzip des "Abhängigen Entstehens"
Engi
Abhängiges Entstehen
縁
起
Ecke, Rand, Rahmen, Ursache
sich erheben, passieren, entstehen
Engi ! Das Prinzip des "abh#ngigen Entstehens$
%Skt. pratitya!samutpada&
In der Gosho, den Schriften Nichiren Daishonins, wird der Begri! !Engi" nicht erw"hnt, da er die
Sichtweise der Welt beschreibt, die auf der Erleuchtung Shakyamunis #des historischen Buddhas$
beruhte und in der fr%hen Zeit des Buddhismus gelehrt wurde.
Im Lotos#Sutra ist das Prinzip Engi als $Shoho jisso! #das wahre Wesen aller Ph"nomene$ erw"hnt.
Der chinesische Buddhist und Gelehrte T%ien#t%ai beschreibt dieses Prinzip in seiner Analyse des
Lotos#Sutras als !Ichinen sanzen! #Dreitausend Lebenszust"nde in einem einzigen Augenblick$.
Nichiren Daishonin hat die wesentliche Bedeutung und praktische Anwendung von &Ichinen Sanzen"
gelehrt. Damit jeder an jedem Ort und jederzeit dieses Prinzip in seinem Leben umsetzen kann,
schrieb Nichiren den Gohonzon ein und verk%ndete !Nam#Myoho#Renge#Kyo". So ist es den
Menschen m'glich, im t"glichen Leben das !gro&e, wahre Selbst" und somit das eigene Gl%ck und
das Gl%ck anderer hervorzubringen.
Shakyamuni #auch als Siddharta Gautama bekannt$, der historische Buddha, hatte sich mit 19
Jahren dem weltlichen Leben abgewandt und widmete sich den verschiedensten Techniken, wie
der Askese und Meditation, um dann mit 30 Jahren die Erleuchtung zu erlangen. In diesem
Zustand hat er die Gesetzm"(igkeit des Lebens, die man auch als !das Gesetz des Engi! bezeichnen
kann, erkannt.
Auf der Basis von $Engi! k'nnen die Probleme und Leiden der einzelnen Menschen und der
heutigen Gesellschaft gel'st und %berwunden werden. Dies erl"utert SGI#Pr'sident Daisaku Ikeda
sehr oft bei seinen Vortr"gen und Friedensvorschl"gen.
Was bedeutet nun dieser Begri! !Engi" genau? Die deutsche )bersetzung beinhaltet zwei
Aspekte, n"mlich: !abh'ngig(es)" und !Entstehen". Man k'nnte sagen, !abh'ngig" steht f%r den
r"umlichen, vertikalen Aspekt aller Ph"nomene und !Entstehen" f%r deren zeitlichen, horizontalen
Aspekt. !Entstehen" ist das, was geschieht, !abh'ngig" ist, wie es geschieht, deshalb wollen wir es
in dieser Reihenfolge betrachten.
Der erste Aspekt !Entstehen" besagt:
A*e Lebewesen und Ph'nomene 'ndern sich st'ndig.
Es gibt nichts was ewig so bleibt, wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt, zum Beispiel jetzt, in
diesem Moment, ist. Diese fortw"hrende Ver"nderung beinhaltet nat%rlich auch, dass die
Menschen sich selbst "ndern k'nnen * im positiven wie leider auch im negativen Sinne. Wir
w%nschen selbstverst"ndlich, eine positive +nderung herbeizuf%hren.
Der zweite Aspekt !abh'ngig" besagt :
A*e Lebewesen und Ph'nomene sind miteinander verbunden.
Somit existiert nichts und niemand ohne Beziehung mit dem oder den Anderen. Aus dieser
Verbundenheit folgt: ,Wenn man sich selbst "ndert, "ndert sich auch die eigene Umgebung.& Das
&Ichinen" #die starke Entschlossenheit eines Einzelnen$ erm'glicht eine tiefgreifende +nderung
der eigenen Person und bewirkt somit eine entsprechend starke Ver"nderung ihrer Umgebung.
Beide Aspekte wollen wir nun nacheinander einer n"heren Betrachtung unterziehen.
1. A!e Lebewesen und Ph"nomene "ndern sich st"ndig.
Obwohl sich in der realen Welt st"ndig alles "ndert #= Realit"t$, m'chten die Menschen alles,
Dinge und andere Menschen festhalten; sie k'nnen sie nicht loslassen und denken
irrt%mlicherweise, dass alles unver"ndert bleibt #= Illusion$. Denken wir nur an Verm'gen,
gesellschaftlichen Status, Ber%hmtheit, Gesundheit, Jugendlichkeit, Liebe und vieles mehr. Alles
soll so bleiben wie es ist und vor allem bei uns bleiben. Da wir Menschen #unbewusst$ ahnen,
dass dies nicht m'glich ist, haben wir st"ndig Angst, etwas zu verlieren.
Shakyamuni hatte erkannt, dass dieses &Anhaften& und diese &irrt%mliche Sichtweise der Unver"nderlichkeit& die Ursache f%r alles Leiden und Ungl%ck der Menschen ist. Daher sagte er:
,Schaut euch doch die Realit"t an: alle Lebewesen und Ph"nomene entshehen, altern und
vergehen oder sterben ohne Ausnahme.& Aber damit meinte er keinesfalls, dass man resignieren,
oder die Realit"t passiv akzeptieren soll.
Jedoch verzerrten einige buddhistische Richtungen schon bald nach seinem Tod seine wahre
Absicht.
Manche behaupteten, dass das Anhaften und die !irdischen Begierden" negative Eigenschaften des
Menschen darstellen, die, weil sie ausschliesslich Leiden verursachen, grunds"tzlich auszul'schen
seien.
So hatte zum Beispiel die bekannte &Nembutsu#Schule" in Japan jahrhundertelang einen sehr
negativen Ein.uss auf die Menschen, weil sie die Unver"nderlichkeit der Dinge, also auch der
herrschenden Lebensbedingungen, betonte. Sie lehrte, dass Bem%hungen, die harte und so
schwierige Realit"t des Lebens zu "ndern, meist vergeblich sind. Deshalb lohne es sich nicht, sich
hierf%r anzustrengen.
Au(erdem vertrat die &Nembutsu#Schule" die Ansicht, dass eine ,ideale& Welt nicht im jetzigen,
diesseitigen Leben zu realisieren sei. Erst nach dem Tod k'nne man in diese ideale Welt gelangen
#bei Buddha Amida im westlichen Teil des Universums$. So wurden die Menschen in eine Welt der
Fantasie gef%hrt, und Ihnen eine ausweichende Lebensbetrachtung eingepr"gt. +hnliche
Betrachtungsweisen des Lebens /nden wir auch in anderen Religionen, wie zum Beispiel im
Christentum oder im Islam.
Shakyamuni hatte dagegen gelehrt: ,Im realen Leben sind alle Dinge und Ph"nomene dazu
bestimmt sich zu ver"ndern, deshalb sollen die Menschen nicht an diesen anhaften.0 Gerade
wegen der permanenten Ver"nderung ist es daher ein Irrtum zu denken, die negative Realit"t sei
unvermeidlich und man m%sse sich ihr passiv ergeben, m%sse vor der Realit"t .iehen und die
Ho!nung im Diesseits gl%cklich zu werden, aufgeben.
Shakyamuni lehrte doch, dass sich in der realen Welt alles st"ndig "ndert, das gilt also auch f%r
unsere Umgebung. Jeder Mensch kann sich aktiv, das hei(t willentlich, "ndern. Deswegen fordern
wir uns mit unserer Aufgabe uns und andere zum Gl%ck zu f%hren #= !Kosen#rufu"$ jetzt und hier
heraus; wir "ndern durch unsere Anstrengungen unsere eigene Realit"t, das hei(t uns selbst und
dadurch auch die Menschen in unserer Umgebung.
Es gibt kein Schicksal, dass der Mensch nicht "ndern kann. Die Energie f%r diese +nderung oder
Transformation existiert in den Herzen der Menschen. Das ist die erste Kernaussage von $Engi!.
2. A!e Lebewesen und Ph"nomene sind miteinander verbunden.
Dies bezeichnet man auch als den r"umlichen Aspekt von &Engi0. Kein Lebewesen oder
Ph"nomen existiert unabh"ngig und isoliert von anderen. Alle stehen in gegenseitiger st"ndiger
Beziehung zueinander.
+usserlich betrachtet sind die Menschen voneinander getrennt: man sieht verschiedene K'rper,
registriert das individuelle Verhalten. Aber aus buddhistischer Sicht ist der Mensch mit allen
anderen in der Tiefe des Lebens, in der Schicht des Unbewussten, der &8. Bewusstseinsebene" oder
dem &gemeinsamen Menschheitskarma ", verbunden. Dort beein.ussen sich die Menschen
gegenseitig, im Negativen wie im Positiven. Sie k'nnen sich dadurch gegenseitig aktiv
unterst%tzen. Dieses gilt sowohl f%r die Menschen untereinander, als auch ihre Umgebung
#Mensch und Natur$.
Das Prinzip der $Neun Bewusstseinsschichten! ist eine Darstellung, das Herz des Menschen vertikal
zu betrachten oder das Leben des Menschen von der Ober."che bis zur tiefsten Ebene
anzuschauen.
Von den &neun Ebenen des Bewusstseins" entsprechen die ersten f%nf den f%nf Sinnen: Sehen, H'ren,
Riechen, Schmecken und F%hlen #Tasten$. Es sind die Funktionen von Wahrnehmung und
Bewusstwerdung.
Das &sechste Bewusstsein" integriert diese f%nf zu zusammenh"ngenden Bildern, beurteilt damit die
Au(enwelt und initiiert die entsprechenden Handlungen. Unsere t"glichen Aktivit"ten verrichten
wir vor allem mit diesem sechsten Bewusstsein.
Wenn wir weitergehen, kommen wir zum &siebten" und &achten Bewusstsein", die dem Bereich des
sogenannten Unbewussten entsprechen.
Im Buddhismus wird erl"utert, dass die ersten !sieben Bewusstseinsebenen" individuell funktionieren,
dass aber das !achte Bewusstsein" in Wechselwirkung mit der !karmischen Energie" der eigenen
Familie, der eigenen ethnischen Gruppe ja der gesamten Menschheit, ebenso wie mit
derjenenigen von Tieren und P.anzen interagiert.
Die !neunte Bewusstseinsschicht" ist das !universale Leben" in seiner Tiefe, das sogenannte !reine
Bewusstsein", !Buddhascha+" oder !Nam#Myoho#Renge#Kyo".
Nicht nur die Menschen, auch die Tiere und P.anzen, ja sogar alle nichtf%hlenden Wesen und
Gegenst"nde haben Teil an dieser innersten Dimension des Lebens, was meistens allen
Beteiligten v'llig unbewusst ist. Nach der buddhistischen Anschauung %ber die Menschen und
das Leben, ist das Einzelne dem Universum in seiner Gesamtheit gleichzustellen: Jedes
Individuum beinhaltet das gesamte Universum in sich.
Daraus folgt, dass sich Individuen #passiv und aktiv$ gegenseitig beein.ussen, sich unterst%tzen
und sich gemeinsam entwickeln und somit auch "ndern.
Die Ansicht des Getrenntseins verursacht Leiden
So betrachtet existiert der einzelne Mensch nicht getrennt von anderen. Wenn der Einzelne diese
Verbindung mit anderen nicht sp%rt, verursacht dies bei ihm Leiden #Einsamkeit, Verletzlichkeit$.
Shakyamuni sagte auch: &Wenn man sein eigenes Ich getrennt von anderen emp/ndet, so verst"rkt
dies den Egoismus.& Bei allen Denk- und Handlungsweisen aus egoistischen Motiven, steht das
Ego im Mittelpunkt, es will seine Umgebung nicht ber%cksichtigen, es will sie ignorieren. Es sieht
sich dementsprechend von anderen getrennt.
Wenn etwas Unerw%nschtes oder Unangenehmes geschieht, sucht man die Ursache hierf%r
immer bei anderen und f%hlt sich als Opfer: ,Ich wurde von ihm/von ihr verletzt& oder ,Er/sie hat
sich gegen mich gestellt.& Dabei ruft man +rger und Hass gegen andere in sich hervor. Um mit
sich selbst zufrieden zu sein, versucht man andere zu beherrschen und zu kontrollieren.
Wenn man #in der Tiefe$ mit sich selbst nicht zufrieden ist, gibt man anderen die Schuld und
versucht sie zu erniedrigen. Man hebt Unterschiede hervor wie Rasse, Volk, Kultur, Religion,
Philosophie, gesellschaftliche Klasse, Geschlecht. Mit dieser Einstellung k'nnen wir andere nicht
verstehen, nicht respektieren und nicht friedlich mit Ihnen zusammenleben.
Solange wir uns dieser Zusammenh"nge nicht bewusst werden, k'nnen bisherige Leiden und
Streitigkeiten zwischen einzelnen Menschen, sowie L"ndern und V'lkern auch nicht ge"ndert
werden.
Deswegen lehrte Shakyamuni man solle nicht das Ego in den Mittelpunkt stellen und daran
festhalten. Das soll aber nicht bedeuten, das eigene Leben zu vernachl"ssigen, oder die eigene
Unabh"ngigkeit aufzugeben und keine Verantwortung zu %bernehmen.
Anstatt das !kleine Ego" in den Mittelpunkt zu stellen, soll man das !wahre" oder !gro&e Selbst"
wecken und hervorbringen. !Gro&es Selbst" steht f%r das unersch%tterliche, starke Selbst, das in der
Tiefe des Gesetzes des Universums gr%ndet. Es fu(t somit auf dem Fundament der !neunten
Bewusstseinsschicht (Amala)" oder !Buddhascha+0, auf !Nam#Myoho#Renge#Kyo".
Mit dem Begri! !Menschlichen Revolution" ist gemeint, das !kleine Ego" in das !gro&e Selbst" zu
verwandeln, oder zu transformieren. Wenn ein Mensch sein !gro&es Selbst" '!net, dann kann er/sie
alles "ndern, kann wirkliches Gl%ck emp/nden.
Die Ansicht der Verbundenheit verursacht Gl#ck
Ich bin mit allen und allem anderen verbunden. Wenn ich mich "ndere, "ndert sich auch meine
Umgebung, r"umliches !Engi0. Wenn ich mich in der Gegenwart, also jetzt, "ndere, "ndert das
meine Zukunft. Das ist die 2. Kernaussage, die zeitliche, von !Engi". Noch einmal: Das Prinzip
!Engi" ist das Prinzip der Verbundenheit und der Transformation und bedeutet:
Durch die eigene +nderung kann man alles "ndern.
Wenn man mit seinem ganzen !Ichinen" konzentriert zum !Gohonzon" !Nam#Myoho#Renge#Kyo"
chantet, kann man sein !Karma" "ndern und alle Probleme und Leiden %berwinden.
,Dein &Ichinen" bewegt das ganze Universum&, sagt Pr"sident Ikeda.
Die Lebenssicht eines Buddhisten ist also alles andere als ein Leben der "u(erlichen, einseitigen
Abh"ngigkeit, in der man sich von anderen, den M"chtigen oder von Lebensumst"nden abh"ngig
f%hlt. Der Buddhismus lehrt, dass alles einzig und allein von der eigenen Entschlossenheit
abh"ngt.
(Urspr,nglicher Vortrag von Sakae Takahashi, Bingen 2002, aufgezeichnet von Marianne Acker, ,berarbeitet
von Hartmut Hi*mann im August 2009)