Humanistische Rundschau 1/2015
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Humanistische Rundschau 1/2015
Foto: Thomas Riese HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Herausgeber: Die Humanisten Baden-Württemberg, Körperschaft des öffentlichen Rechts EDITORIAL ShineonHu – Im Lichte des Humanismus Liebe Mitglieder und Freunde, mit dieser stimmungsvollen und zur dunklen Jahres- und gleichzeitig lichterfrohen Weihnachtszeit passend gestalteten Titelgeschichte beschließen wir in diesem Jahr den Reigen der Ausgaben unserer Verbandszeitschrift. Hierin finden Sie wieder viele Berichte über vergangene Aktivitäten und wie immer auch Ankündigungen darüber, was in den nächsten drei Monaten in unserem lebendigen Verband ansteht. Ich wünsche Ihnen einige interessante Lesestunden, frohe, erholsame Fest- und Feiertage sowie alles Gute für 2015! In der Dunkelheit ein warmes Licht – Schlieren aus gelb, orange und rot – es erinnert an den Blick in lodernde Flammen, fließende Lava oder heiße Glut. Inmitten der leuchtenden Flammen reckt ein roter Mensch seine Arme in die Höhe. Der Happy Human, das internationale Symbol der humanistischen Verbände, steht hier auf einer Bühne, die ästhetischer kaum sein könnte. Durch die mehrschichtige Anordnung bemalter Gläser entsteht eine dreidimensionale Kulisse, deren räumliche Wirkung in Bildern nicht einzufangen ist. In der originalen Begegnung verliert man sich in der Tiefe des Lichtes, das durch Friedens- und Menschenrechts-Symbole hindurch scheint. ShineonHu ist ein Kunstprojekt, das den praktischen, säkularen Humanismus in den Fokus stellt. Erdacht und umgesetzt wurde ShineonHu von dem Designer und bildenden Künstler Pete Stary. Schon seit über drei Jahren stellt der Humanist in seinem Atelier leuchtende Kunstobjekte her. Im Laufe der Zeit kam ihm der Gedanke, statt Ornamenten auch Symbole mit Bedeutung in den Stahl und zwischen den Gläsern zu platzieren. „Meine Art der Arbeit bietet die Möglichkeit, sie mit einer weltanschaulichen Botschaft zu verbinden, die mir persönlich wichtig ist.“ In einigen der Lichter schweben die feinen Umrisse einer Brille. Darunter liest man den Schriftzug OneDollarGlasses. Die EinDollarBrille ist eine Erfindung des Franken Martin Aufmuth, die es vielen Menschen auf der Herzlichst AUS DEM INHALT 4 Gedenken 100 Jahre 1. Weltkrieg – Besuch bei Frankreichs Freidenkern 11 Ziemlich beLammert Bundestagspräsident sorgt für Eklat beim Konstanzer Konzil 12 JANUAR/FEBRUAR/MÄRZ 2015 Beeindruckend Unsere Verbandsreise nach Portugal ganzen Welt ermöglichen soll, sich trotz Armut eine Brille leisten und so arbeiten und für ihre Familien sorgen zu können. Denn all jene Projekte, die durch praktische Hilfe von und für Menschen die Welt zu einem besseren Ort machen, gehören auf die Bühne, die Stary mit seinen Lichtobjekten erschafft: „So wie eindollarbrille.de, theoceancleanup. com oder aliteroflight.org gibt es noch hunderte solcher unabdingbar wichtigen Projekte und sie basieren alle auf denselben Gleichungen: Auf guten Menschen mit großem Charakter, die mit Intelligenz, Kreativität und Mut auf Missstände hinweisen, die sie beseitigt sehen wollen. Menschen, die Lösungen anbieten – unkonventionell, idealistisch, ideenreich. Diese will ich versammeln. Ich will auf sie hinweisen. Solche Projekte sollten keine Projekte sein. Sie sollten den Standard eines aufgeklärten Menschen darstellen. Ich kann nichts dergleichen wie diese Menschen, die diese drei unendlich wertvollen Projekte angestoßen haben. Aber ich kann eventuell Gegenstände herstellen, die auf solches verweisen, damit zu einem Umdenken angeregt wird.“ Jedes Lichtobjekt des Kunstprojekts ShineonHu ist ein Unikat mit handbemalten Gläsern. Sie alle werden mit einem integrierten USB-Stick geliefert, der sich auf der Rückseite in einer Einlassung im Stahl befindet. Inhalt ist eine Sammlung von Texten, Bildern, Videos und genau jenen weltweiten Projekten, die alle in die „richtige Richtung“ weisen und sich auch auf der Website shineonhu.de wieder- HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 1 finden. Nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit Menschen, die auf passende Inhalte hinweisen, soll die Zusammenstellung stetig wachsen. „Ich will mehr erwarten dürfen von dieser Menschheit.“ Diese Lichtobjekte sind ein Appell, emotional wie intellektuell – ein Appell, auf die Stimme der Menschlichkeit und der Vernunft zu hören: „Ich bin zornig mit dieser Spezies Mensch. Wir wären zu so unendlich viel mehr imstande, würden wir nur endlich zueinander finden. Wenn wir das Leben an sich in all seinen Aspekten endlich mehr achten würden. Das Leben, uns selbst, diesen Planeten.“ Die Kritik an religiösen oder politischen Systemen und Strukturen ist wichtig, jedoch befähigt sie allein noch nicht zum Handeln. Praktischer Humanismus benötigt das Bewusstwerden der menschlichen Situation in jedem Einzelnen und somit die Erkenntnis, dass etwas prinzipiell schief läuft. Es geht dabei nicht darum, Utopien oder Handlungs- INFOBOX Auf shineonhu.de finden sich die Inhalte des USB-Sticks. Außerdem können dort die Kunstobjekte betrachtet und bestellt werden. Die von Pete Stary in Handarbeit hergestellten Lichter können individuell zusammengestellt werden: Farben von Rahmen, Front, Gläsern sowie das Lieblingssymbol. 2 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 vorschriften zu erschaffen, sondern wahrzunehmen, dass es echte Alternativen bereits gibt und dass prinzipiell jeder an ihnen mitarbeiten kann. Diese Möglichkeiten der Mitarbeit aufzuzeigen, eine Anlaufstelle zu sein, um zukunftsträchtige Ideen und Ziele mit anderen zu teilen und in die Welt zu schicken, das ist der Wunsch des Künstlers. „Ich mag meinen Ur-Urenkel nicht lieben, da ich ihn nicht kenne. Aber ich weiß, dass ich mein Kind liebe. Und ich weiß, dass dieses Kind sein Kind lieben wird. Und jenes wird wieder sein Kind lieben. Und dies wieder das seine. Und in dieser Kette, die eine definitive Realität für uns alle darstellt, stehen wir hier und fahren alles an die Wand, weil wir zu blöd zum Kommunizieren sind und weil wir einfach nicht nachdenken wollen, bzw. wir jene Den- ker, die es definitiv könnten, nicht in die erste Reihe lassen, um ihnen zuzuhören. Hans Rosling zum Beispiel ist ein Mensch, der Lösungen aufzeigt und es ist beschämend, wie wenige ihn kennen.“ Mit ihrer Einzigartigkeit und Schönheit erzeugen die humanistischen Lichter Aufmerksamkeit. Sie bieten die Möglichkeit, Gespräche über sinnvolle Themen zu beginnen, die sonst nie geführt werden würden. Starys handgefertigte Lichtobjekte veranschaulichen zentrale Botschaften der Menschlichkeit in solcher Klarheit, Tiefe und Schönheit, dass sie Hoffnung auf Veränderungen wecken. Vielleicht kann ihre Wärme einige Menschen dazu veranlassen, aufzustehen und der oft so kalten Realität etwas entgegenzusetzen. Anna Beniermann LESERBRIEF „Ethik sollte gleichberechtigt sein!” Zum Titelbericht, „Kampf um Ethik für Konfessionsfreie geht weiter”, in der Humanistischen Rundschau 3/2014 Als pensionierte Ethiklehrerin (Gymnasium) halte ich, wie Prof. Kehrer, die neuerliche Koalition aus Christen und Muslimen an der Schule für äußerst bedenklich. Bereits Papst Benedikt ließ verlauten, dass ihm der Islam erheblich näher stünde als Nichtreligiöse. Motto: „Hauptsache Religion“ (und Machterhalt der Kirche). Nun sieht Papst Franziskus die Religionsfreiheit bedroht (wie Volker Kauder) – damit sind die Religionslosen zum „Feind“ abgestempelt. Daher halte ich es für kontraproduktiv, zum Kirchenaustritt aufzurufen. Das würde sofort als „Kirchenkampf“ interpretiert. Viele Menschen haben Sympathie für Christen und Nichtchristen – die sollten nicht in Loyalitätsschwierigkeiten geraten. Wir sollten aufzeigen, dass Christen (federführend wohl Katholiken) und Islam eine unheilige Allianz bilden: beide haben eine sehr lange Tradition von Demokratie- und Frauenunter- drückung und sehen in „Ungläubigen“ den gemeinsamen Gegner. Erschreckend! Da ist dann (gegen Kant) jedes Mittel recht: geschickt versteckt z.B. der juristisch unwürdige Ersatzfachstatus für Ethik in Kombination mit dem schul- und beamtenrechtlich (!) abgesicherten „Werbeverbot“ für Ethik („Schulfrieden“) und der berüchtigten Austrittsformel „aus Glaubens- und Gewissensgründen“. Erwachsenen Austrittswilligen wagen die Kirchen so nicht zu kommen – mit Kindern und Beamten kann man es ja machen! Zudem haben sich die Kirchen das Recht auf einklagbaren Religionsunterricht gesichert. Das sollten auch wir fordern – es sollte bei der Werteerziehung nicht Kinder 1. (religionsnahe) und 2. Klasse (religionsferne) geben. Und nun gehen die Christen mit einem unaufgeklärten Islam, von dem sie nicht einmal Anpassung an BRD-Werte verlangen, zusammen! Wo sie die Herzen der Menschen nicht mehr gewinnen können (Tebartz, Steuerflucht, Pädophilie), halten sie sich an juristisch äußerst zweifelhaft unterfütterte Machtpositionen. Schade, dass sich die Protestanten dem anschließen! Und unsere Demokratie stellt ihre eigenen Werte unter die der Religion(en)? Es sollte uns Humanisten also – positiv gewendet – um Gleichberechtigung der Weltanschauungen gehen, um gleichberechtigte Wertefächer, um Kampf gegen selbst niederschwellig versuchte Demokratie- und Frauenfeindlichkeit – und um Religionsfreiheit verstanden als grundgesetzlich garantierte Freiheit von Religion. Wenn schon Religionsunterricht nicht aus dem Grundgesetz zu bekommen ist, dann sollte säkulare Werteerziehung gleichberechtigt daneben stehen! Das sind wir unserer Demokratie schuldig – das ist sie uns schuldig! Karin Resnikschek Alle veröffentlichten Leserbriefe und Kommentare geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder und sind keine Stellungnahme oder Positionierung der Humanisten Baden-Württemberg. Die eventuell in Leserbriefen genannten Fakten oder Bezüge zu anderen Quellen werden von unserer Redaktion nicht geprüft. diesseits.de diesseits Das humanistische Magazin 28. Jahrgang, Nr. 109, 4/2014, A 59349, 4,75 € Humanismus Philippinische Atheisten wollen Vorurteile abbauen Wissenschaft Zukunftsforscher Rolf Kreibich im Interview Gesellschaft Marion Lili Wagner über Kinder, Liebe, Verantwortung Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe • Die Zeit ist reif für eine neue humanistische Mission • Humanismus: Philippinische Atheisten wollen Vorurteile abbauen • Wissenschaft: Zukunftsforscher Rolf Kreibich im Interview • Gesellschaft: Marion Lili Wagner über Kinder, Liebe, Verantwortung Menschen, Perspektiven, Nachrichten – humanistisch, säkular, vier Mal pro Jahr Willst Du ehen? mit mir g ma t, sind Hu Ziele geh entlich? eigenen ng für die Warum eig um Werbu d zurückhaltend. Wenn es fallen auf ten Humanis und nistinnen l ab Seite 8 Leitartike GLEICH ! LEN BESTEL Nur ro 4,7ro5AuEsgu abe p nland) -Abo (I Jahres ro u 16,- E Bestellen per E-Mail unter [email protected] oder telefonisch unter +49 30 613 904 61 oder als PDF auf www.diesseits.de/epaper HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 3 BERICHT GEDENKFEIER 100 Jahre 1. Weltkrieg „Mutter Straßburg“ – das beeindruckende Denkmal auf dem Place de la Republique in Straßbourg gibt zu denken. In den Armen der Mutter liegen ihre beiden Söhne. Einer den gebrochenen Blick nach Frankreich gerichtet und einer nach Deutschland. Beide Opfer eines Wahnsinns, dem nicht nur Deutsche und Franzosen immer wieder in ihrer Geschichte erlegen sind. Es ist auch ein Sinnbild für den Schrecken des Krieges an sich. Auf Einladung der Freidenker in Frankreich – Libre Pensee – fanden sich zur Gedenkfeier anläßlich des 100. Jahrestages des Beginns des 1. Weltkrieges auch Humanisten aus den angrenzenden Regionen in Deutschland ein. Prof. Robert Zwilling und Dirk Winkler vertraten den Humanistischen Verband BadenWürttemberg – Ortsgruppe Rhein-Neckar, den Humanistischen Verband Rheinland-Pfalz und die Säkularen Humanisten GBS Rhein-Neckar. Prof. Zwilling sprach vor dem Denkmal über den Krieg aus deutscher Sicht. Dies war auch eine persönliche Familiengeschichte, wie sie zu der damaligen Zeit wohl nicht so unüblich war und im Denkmal „Mutter Straßburg“ seinen Ausdruck fand. Im Anschluss an die Gedenkfeier am Denkmal fand eine Konferenz zur „Rehabilitierung der zur Abschreckung erschossenen Soldaten im 1. Weltkrieg“, mit Nicole Aurigny, statt. In Frankreich (aber auch in anderen europäischen Ländern) wurden im 1. Weltkrieg etwa nachweislich 650 Soldaten als abschreckendes Beispiel von ihrer eigenen Armee erschossen. Seit Jahrzehnten kämpfen Freidenker, Menschenrechtsliga, Friedensvereinigungen, Veteranen in Frankreich dafür, dass die Republik diese Soldaten rehabilitiert. Ein persönlicher Blick aus Deutschland auf den 1. Weltkrieg Als kleiner Junge stand ich öfters in meinem Geburtsort vor einem Kriegerdenkmal aus dem 1. Weltkrieg, auf welchem unter den Toten erschreckenderweise mein eigner Name verzeichnet war: Robert Zwilling. Das beeindruckte mich sehr. Man erzählte mir, dass der Gefallene ein Bruder meines Vaters war, dass ich nach ihm meinen Namen erhalten habe und dass er in Frankreich beerdigt wurde, lange vor meiner Geburt. Damit hatte es für Jahrzehnte sein Bewenden. Wahrscheinlich hat das Gedenken an den Beginn des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren mich Prof. Robert Zwilling bei seiner Ansprache vor dem Denkmal ÀNOS MORTES in Straßburg. 4 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 dazu motiviert, sein wahres Schicksal mit Hilfe der Datenbank des Bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge aufzuklären: Seine letzte Ruhestätte befindet sich nicht in Frankreich, sondern auf dem großen deutschen Soldatenfriedhof in Menen in Belgien, mit 48 000 Toten, nahe der französischen Grenze. Nach fast 100 Jahren des Vergessenseins besuchten wir meinen Namensgeber im Mai dieses Jahres: Grab 1720 (eintausendsiebenhundertzwanzig) in Block A, auf einer schwarzen Steinplatte, 40 x 40 cm, sind 20 Namen verzeichnet. Aber Sie kennen ja alle diese Soldatenfriedhöfe mit den langen, geometrischen Reihen von Steinplatten und Kreuzen. Musketier Robert Zwilling starb am 11. März 1918 in der Frühe um 9:30 Uhr in Flandern durch einen Kopfschuss. Er war 19 Jahre alt, hatte das Schlosserhandwerk erlernt und er hatte sich ein anderes Leben gewünscht. Entschuldigen Sie diesen persönlichen Einstieg. Aber die abstrakte Zahl von 20 Millionen militärischen und zivilen Opfern, die der 1. Weltkrieg gekostet hat (nach Christopher Clark), übersteigt mein Vorstellungsvermögen und sie sprengt auch bei weitem die emotionale Aufnahmefähigkeit von uns allen. Erst wenn es uns gelingt, die Toten wieder zu Personen werden zu lassen, können wir uns ihnen mit unseren Gefühlen zuwenden, und wir werden begreifen, dass sich auf beiden Seiten der Fronten das Gleiche abgespielt hat. Denn die Fähigkeit, sich in die Lage und in die Gedankenwelt unseres Gegenübers hinein zu versetzen, ist die Grundvoraussetzung für gegenseitiges Verständnis, Vertrauen und Sympathie. Im Falle des Musketier Robert Zwilling kommt noch eine weitere Tragik hinzu: Seine Vorfahren Jean Daniel Besson und Marie Cezanne wurden aus religiösen Gründen von Louis XIV. aus Savoyen vertrieben und fanden in Deutschland eine Zuflucht. Und aus dem okzitanischen Familiennamen „Besson“ wurde „Zwilling“, was beides „jumeau“ bedeutet. Ohne diese Vertreibung durch Louis XIV. hätte ein Musketier namens Robert Besson wohl an der Seite dessen, der ihm den Kopfschuss zugefügt hat, gemeinsam auf die „boche“ geschossen. Dieser Zwiespalt wird gerade Ihnen im Elsass bekannt vorkommen. Diese jungen Menschen, die oft bedenkenlos geopfert wurden, waren jedoch Verführte und Betrogene, sie kämpften nicht für ihre eigenen Interessen. Zu einem europäischen Erinnern an den Ersten Weltkrieg muss aber auch diese Einsicht hinzukommen: die jungen deutschen Soldaten, die in Frankreich und Flandern kämpften und starben, fühlten sich während des ganzen Am Rande der Feierlichkeiten veranstaltete Libre Pensee eine Konferenz (im Bild: Nicole Aurigny und Esther Bauer). Auch die Presse war vor Ort. Krieges keineswegs als Aggressoren, sondern sie waren der festen Überzeugung, ihre Heimat schützen zu müssen gegen böse Feinde, die Deutschland eingekreist hatten. Ähnliches gilt wohl für beide Seiten. Die Verführer und Antreiber, aber auch die Versager in diesem Krieg waren alte Männer, die als Minister oder Generäle auf beiden Seiten an ihren Kabinettstischen oder Kartentischen in sicherer Entfernung hinter der Front saßen. Während in früheren Zeiten die Könige und Heerführer wenigstens noch an der Spitze ihrer Soldaten in die Schlacht zogen und oft als erste fielen, hat man von den Verantwortlichen für 20 Millionen Toten, welche die jungen Menschen in das Trommelfeuer trieben, nie einen in den vorderen Schützengräben gesehen. Aber die jungen Soldaten wurden wie Geschütze und Munition als einsetzbares Verbrauchsmaterial betrachtet. Junge Franzosen und junge Deutsche zogen scheinbar euphorisch in den Krieg und ein jeder hoffte, an Weihnachten siegreich wieder zu Hause zu sein. Aber abseits der offiziell zur Schau gestellten Begeisterung – und nur diese bekommen wir bis heute zu sehen – überwog eine beklommene Nachdenklichkeit und die Sorge vor dem Kommenden. Der amerikanische Historiker George F. Kennan nannte den Großen Krieg „die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, aus der sich alle weiteren Katastrophen und Gräuel ergeben haben. Die Autoren Afflerbach und Stevenson haben 2007 in ihrem bemerkenswerten Artikel „An Improbable War“, „Der Unwahrscheinliche Krieg“, die interessante These aufgestellt, dass diese „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ eigentlich „unwahrscheinlich“ und damit unnötig gewesen sei, da ihr keine langfristige Verschlechterung der politischen Beziehungen, sondern nur eine kurzfristige Erschütterung zugrunde gelegen habe. Also, alles nur ein Zufall, gespeist von Fehleinschätzungen und Überheblichkeit? Mir scheint jedoch, dass auf allen Seiten auch Expansionspläne und nationalistische Bestrebungen eine Rolle gespielt haben, sonst hätten nicht 36 Nationen plötzlich einen Grund gesehen, aufeinander loszuschlagen. Eine differenzierte Betrachtung der gesamten Problematik, die in diesem Rahmen nicht möglich ist, erlaubt das grundlegende Werk von Christopher Clark von der Univer- sität Cambridge: „The Sleepwalkers“ – „Die Schlafwandler“, ohne dessen Kenntnis die komplexen Entscheidungsprozesse, die zum 1. Weltkrieg führten, vollständig unverständlich bleiben müssen. Für eine apologetische Selbstbestätigung von welcher Seite auch immer lässt der Versuch einer objektiven Geschichtsbetrachtung jedenfalls keinen Platz. Lassen Sie mich abschließend folgendes Resümee ziehen: Dieses Europa hat im 19. Jahrhundert mit einzigartigen wissenschaftlichen und technischen Leistungen gemeinsam die Grundlagen für die gesamte moderne Welt geschaffen. Mit den mörderischen Bruderkriegen des 20. Jahrhunderts, gespeist aus nationalem Egoismus, haben wir uns gegenseitig geschwächt und Europa hat seine einzigartige Stellung eingebüßt. Wir haben alle verloren. Diese Einsicht könnte dazu führen, dass wir Europäer, ohne unsere nationalen Eigeninteressen erneut in den Vordergrund zu stellen, ehrlich an einer gemeinsamen Zukunft Europas arbeiten. Robert Zwilling Straßburg, Samstag, 15. November 2014 Denkmal, welches durch seine einfache und natürliche Sprache und durch sein reines Weiß besticht. Das deutsche Wort ‚Denkmal‘ lädt seinem Wortsinn ja nach zum Erinnern und zum Nachdenken ein. Ich wüsste nichts Berührenderes und was des Nachdenkens mehr wert wäre, als eine Mutter, die ihre toten Söhne beweint, französische und deutsche Söhne. So, wie dies hier gezeigt wird. Söhne, die eigentlich Brüder sind, weil sie von derselben Mutter beweint werden. Und die im Leben sich bekämpften und töteten, sich aber sterbend die Hand reichen, weil mit dem Tod alles, wofür sie starben, seine Bedeutung verloren hat. Es gibt keinen besseren Ort für solches Nachdenken von Franzosen und Deutschen als diesen zentralen Platz in Straßburg, einer Stadt, die, wie das gesamte Elsass, jahrhundertelang ein Spielball nationaler Egoismen war. Die einzige rationale Lösung kann nur darin bestehen, dass Deutsche in Frankreich genauso willkommen und zuhause sind, wie Franzosen in Deutschland. Dann gibt es keinen Grund mehr für den Streit unter Brüdern und für den Brudermord. Die große Tragik besteht darin, dass viele Millionen von jungen Menschen ihr Leben lassen mussten, ehe man zu dieser Erkenntnis gelangen konnte. Ein unvorstellbarer Preis, voller Ungerechtigkeit, Irrationalität und menschlicher Unzulänglichkeit und durch nichts zu rechtfertigen. Dies wird auch das Thema der nachfolgenden Konferenz sein, der ich schon jetzt einen guten Erfolg wünsche. Robert Zwilling Meine Damen, meine Herren, liebe französische Freunde, im Namen der Säkularen Humanisten Rhein-Neckar, die in Mannheim und Heidelberg beheimatet sind, darf ich Sie sehr herzlich begrüßen und den Veranstaltern für Ihre freundliche Einladung danken. Wir sind mit einer kleinen Delegation zu Ihnen gekommen, um an Ihren Gedanken und Diskussionen teilzunehmen. Gleichzeitig repräsentiert unsere Delegation auch den Humanistischen Landesverband Rheinland-Pfalz sowie den Humanistischen Landesverband Baden-Württemberg, Die Humanisten, und deren Ortsgruppe RheinNeckar. Wir stehen hier vor einem beeindruckenden HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 5 Suizidbeihilfe: Humanistischer Verband legt eigene Positionen vor Pressemitteilung des Humanistischen Verbandes Deutschland vom 8. Oktober 2014: „Am Ende des Weges“ – Neue Veröffentlichung plädiert für Schaffung einer qualifizierten und ergebnisoffenen Suizidkonfliktberatung und eine bessere Regelung des assistierten Suizids. Darf man Menschen dabei helfen, das eigene Leben zu beenden? Ja, sagen drei Autoren des Humanistischen Verbandes – allerdings unter Vorbehalt. Eine qualifizierte Suizidkonfliktberatung soll Alternativen klären und Selbsttötungen vorbeugen. Vor dem Hintergrund einer anstehenden Bundestagsdebatte über ein Verbot der Suizidbeihilfe haben Vertreter des Humanistischen Verbandes Deutschlands eigene Positionen zur Suizidbeihilfe formuliert. Während sich in den Fraktionen der Regierungsparteien CDU/ CSU und SPD eine Mehrheit für ein strenges Verbot jeglicher Beihilfe zum Suizid auszusprechen scheint, plädieren die profilierten Autoren der soeben erschienenen Broschüre „Am Ende des Weges“ für eine Enttabuisierung der Suizidbeihilfe. „Die Autonomie des Menschen ist ein hohes Gut“, sagt Michael Bauer, Vorstand des Humanistischen Verbandes Bayern, der zusammen mit der Psychologin Gita Neumann und Erwin Kress, Sprecher des Verbandes zum Thema Autonomie am Lebensende, die Broschüre verfasst hat. „Wenn ein Mensch den selbstgefassten, begründeten und gefestigten Wunsch nach Beihilfe zum Suizid äußert und man es mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann, sollte man diese Unterstützung nicht verweigern.“ In der Regel handle es sich um Menschen mit schweren Erkrankungen und großen Schmerzen. Um Sterbewilligen Alternativen aufzuzeigen, sollte ihnen eine geregelte und qualifizierte Suizidkonfliktberatung angeboten werden. Die Autoren im Humanistischen Verband verstehen die Broschüre als Grundlage für eine hoffentlich möglichst breite gesellschaftliche Diskussion. Sie schlagen dabei vor, dass geschulte Fachkräfte aus Psychologie, Sozialarbeit, Seelsorge und anderen Bereichen künftig ergebnisoffen mit Menschen über ihre Suizidabsichten sprechen sollten. Denn: „Es ist davon auszugehen, dass bei guter ergebnisoffener Beratung Menschen mit Suizidgedanken oder -wünschen mehrheitlich von ihrem Vorhaben abrücken.“ Eine solche Beratung gilt es zu schaffen. Von einer solchen Enttabuisierung wird die dringend notwendige Ausweitung der palliativen und hospizlichen Versorgung im Übrigen 6 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 nicht berührt. „Sie steht nicht im Widerspruch zur Suizidassistenz und ist auch kein Ersatz für sie“, unterstreicht Gita Neumann. Die Broschüre lesen Sie können die Broschüre auf www.humanismus.de/node/2960 als PDF herunterladen oder in unserer Geschäftsstelle bestellen, (0711) 6493780 Über die Autoren Gita Neumann, Referentin Lebenshilfe und Leiterin der Bundeszentralstelle Patientenverfügung; Erwin Kress, Vizepräsident des Bundesverbandes und Sprecher zu Patientenautonomie am Lebensende; Michael Bauer,Vorstand des Humanistischen Verbandes Bayern und zertifizierter Berater für Ethik in der Medizin. Die Autoren stehen Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung. E-Mail: [email protected] oder (030) 613 904 34. Zum Thema ist auch erschienen • Gita Neumann (Hrsg.): Suizidhilfe als Herausforderung – Arztethos und Strafbarkeitsmythos. Der Sammelband enthält ärztliche, ethische und psychologische Positionen aus Sicht der Praxis sowie persönliche Aussagen Betroffener zum umstrittenen Thema der Suizidhilfe, verbunden mit juristischen Klarstellungen und humanistischen Lösungsansätzen. • Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Berlin, Band 5. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2012, 243 Seiten, Abbildungen, kartoniert, 20 Euro, ISBN 978-3-86569-084-5 LESUNG/DISKUSSION LETZTE HILFE – Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben Foto: © Thorsten Wulff Kein anderer Mediziner bekennt sich so offen zu seiner Tätigkeit als Sterbehelfer wie der Urologe Uwe-Christian Arnold. In den letzten 20 Jahren hat der Berliner Arzt Hunderte von Sterbewilligen betreut und ist durch sein Eintreten für den ärztlich begleiteten Suizid zu dem wohl bekanntesten Sterbehelfer in Deutschland geworden. Bislang ist der Gesetzgeber nicht eingeschritten, denn die «Beihilfe zur Selbsttötung», bei der volljährige, urteilsfähige Patienten das tödliche Medikament selbst einnehmen, steht im Unterschied zur „aktiven Sterbehilfe” nicht unter Strafe. Teile der Union wollen dies jedoch mit einer Gesetzesinitiative ändern, eine kontroverse gesellschaftliche Debatte hat eingesetzt. Anhand von Fallgeschichten macht Uwe-Christian Arnold seinen Standpunkt verständlich. Er zeigt auf, dass das «Recht auf Leben» keine «Pflicht zum Leben» einschließt. In Auseinandersetzung mit den Einwänden, die von religiöser, politischer, medizinischer und ethischer Seite erhoben werden, skizziert Arnold die Leitlinien für ein «Recht auf letzte Hilfe», das Schwerstleidenden die Möglichkeit gibt, würdevoll und selbstbestimmt zu sterben. Uwe-Christian Arnold wurde 1944 in Berlin geboren. Nach dem Medizinstudium machte er seinen Facharzt für Urologie und war von 1980 bis 2000 in eigener Praxis tätig. Zudem bildete er sich als Sportarzt und Betriebsmediziner weiter. Mit dem Thema «humane Sterbehilfe» setzt er sich seit Mitte der 90er Jahre auseinander. 2012 gewann er einen vielbeachteten, langjährigen Rechtsstreit mit der Berliner Ärztekammer, die ihm verbieten wollte, einer Patientin todbringende Substanzen für deren beabsichtigten Suizid zu überlassen. Mittwoch, 18. März 2015 19 Uhr, Humanistisches Zentrum Stuttgart, Mörikestraße 14 LESUNG/DISKUSSION mit Dr. Uwe-Christian Arnold Eintritt frei, um Spenden wird gebeten. » » » KURZMELDUNGEN Säkulare zu Besuch im Bundesverfassungsgericht zepräsident Ferdinand Kirchhof und weiteren Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts zu einem Fachgespräch empfangen. Zu den Themen des zweistündigen Fachgespräches gehörte unter anderem die Benachteiligung Konfessionsfreier bei der schulischen Wertebildung und durch das kirchliche Arbeitsrecht, der Einzug der Kirchensteuer durch die Finanzämter, die staatliche Finanzierung von konfessionellen Organisationen sowie von theologischen Fakultäten und der Militärseelsorge. Wikimedia Comons /© Evilboy Am 24. November 2014 hat es erstmalig ein Treffen zwischen einer Delegation säkularer Verbände und Vertretern des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Der Delegation gehörten u. a. Vertreter des Humanistischen Verbandes Deutschland, des Koordinierungsrates säkularer Organisationen, des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten, der Kampagne „Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz“ und der Giordano-Bruno-Stiftung an. Die Delegation wurde von Präsident Andreas Voßkuhle, Vi- SPD: Arbeitskreis HumanistInnen und Konfessionsfreie Eine innerparteiliche Initiative hat den SPDBundesvorstand im November dazu aufgerufen, die Gründung eines Arbeitskreises für Parteimitglieder mit humanistischem und ohne ein Bekenntnis zu unterstützen und diesen anzuerkennen. In dem Aufruf heißt es, die SPD habe dem weltanschaulichen Pluralismus mit der Anerkennung von religiös orientierten Arbeitskreisen Rechnung getragen. Daher sei es nun an der Zeit, ebenfalls ein Forum des Dialogs für diejenigen zu bilden, die sich besonders der Tradition von Humanismus und Aufklärung verpflichtet sehen. Weiter heißt es: „Ebenso wie eine Verengung der SPD auf eine atheistische Weltanschauungspartei den Grundwerten der Pluralität und Toleranz widerspricht, ist auch eine einseitige Ausrichtung auf religiös fundierte Anschauungen nicht statthaft.“ Unter den Unterzeichnenden befinden sich u.a. der Bundestagsabgeordnete Swen Schulz, die Landtagsabgeordneten Stefan Schuster (Bayern), Florian Ritter (Bayern), Michael Hans Höntsch (Niedersachsen), Rudolf Borchert (Mecklenburg-Vorpommern) und Björn Eggert (Berlin) sowie Ali Dogan (stellv. Vorsitzender der BAG Migration und Vielfalt der SPD) und der Historiker Thomas Stamm-Kuhlmann (Universität Greifswald). HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 7 V E R A N S T A L T U N G E N 2015 Januar Mittwoch, 7. Januar, 19 Uhr Sonntag, 25. Januar, 16 Uhr Sa., 7. – So., 8. März, 11 Uhr Chorprobe Avanti Comuna Kanti Leitung: Lena Spohn Humanistisches Zentrum Stuttgart Der Chor freut sich auch im neuen Jahr über jeden, der Lust zum Mitsingen hat. Kommen Sie doch einfach einmal vorbei und schauen sich unverbindlich eine Probe an. Weitere Chortermine in diesem Quartal erfragen Sie bei Caroline Herre, (0711) 6152098. NEUJAHRSEMPFANG „Lieder der Renaissance“ Humanistisches Zentrum Stuttgart Der Chor gestaltet unseren diesjährigen Neujahrsempfangs musikalisch mit italienischen, französischen, englischen, spanischen und deutschen Liedern aus dem 16. und 17. Jahrhundert. In der Pause laden wir herzlich im Ausstellungsbereich zu einem Glas Sekt ein, um auf das neue Jahr anzustoßen (s. S. 18). Samstag, 10. Januar, 19 Uhr Vorbereitungswochenende Jugendfeier Leitung Petra Häneke/Ingo Grießbach Sa., 7., 11 Uhr bis So., 8. März ca. 16 Uhr Humanistisches Zentrum Stuttgart Wochenende mit Übernachtung im Humanistischen Zentrum Stuttgart, zur weiteren Vorbereitung für die Jugendfeier am 28. Juni im Häussler-Bürgerforum in Stuttgart-Vaihingen. Nähere Informationen erhalten die Teilnehmer per E-Mail von Petra Häneke. Februar Nachtreffen Verbandsreise Portugal Humanistisches Zentrum Stuttgart Mit portugiesischem Essen und Wein begehen wir das Nachtreffen für unsere jüngste Verbandsreise. Danach sehen wir uns Bilder der Reise und den Film von Matthias Razum an. Alle Mitreisenden und Interessierte sind herzlich eingeladen. Für die Planung bitten wir um Anmeldung bis zum 7. Januar in der Geschäftsstelle (0711-6493780). Kosten für Essen und Getränke betragen 30 € p. Person. Dienstag, 13. Januar/Donnerstag, 15. Feldenkrais-Frühjahrskurs I + II Leitung: Knut Störmer Dienstag, 13.1., 19.30 – 21 Uhr(I) Donnerstag, 15.1., 18.30 – 19.30 Uhr (II) Humanistisches Zentrum Stuttgart An 10 Abenden führt Knut Störmer seinen Feldenkraiskurs fort. Anfänger sind herzlich willkommen. Kosten 160€ pro Teilnehmer. Für Verbandsmitglieder ermäßigt 150 €. Samstag, 17. Januar, 11 bis 16 Uhr Vorbereitungstreff Jugendfeier 2015 Leitung: Petra Häneke/Ingo Grießbach Humanistisches Zentrum Stuttgart Erstes inhaltliches Vorbereitungstreffen. Anmeldung noch bis 15. Januar möglich, (0711)6493780. Nähere Infos erhalten die Teilnehmer per E-Mail von Petra Häneke. Dienstag, 20. Januar, 17.30 Uhr Philosophischer Arbeitskreis Leitung: Ludwig Lauer Humanistisches Zentrum Stuttgart Volker Kirsch stellt das Buch von Uwe Lehnert vor „Warum ich kein Christ sein will“. Die weiteren Termine in diesem Quartal erfahren Sie gerne per Email von Ludwig Lauer: [email protected] 8 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 Mittwoch, 11. Februar, 15 Uhr SENIOREN- UND FREUNDESKREIS Christian Wagner – Stimme des Lebens Leitung: Heidi und Walter Tannert Humanistisches Zentrum Stuttgart Hans Peter Walter stellt heute den Dichter und Freigeist Christian Wagner vor, der von 1835 bis 1918 in Warmbronn lebte. Ein Kleinbauer, der Gedichte schrieb und nach einem anderen (humanistischen) Glaubensbekenntnis lebte als seine Umgebung. Er forderte Achtung vor allem Lebendigen, ob nun Pflanzen, Tiere oder Menschen. Von bekannten Zeitgenossen wurde er hoch geschätzt, von seiner pietistischen Umgebung allerdings verlacht und ausgegrenzt. Dienstag, 24. Februar, 18 Uhr HUKI-THEMENABEND HuKi, Mörikestraße 14 Leitung: Susanne Winkler. Erste Hilfe am Kind Zusammen mit den Erziehern und Erzieherinnen werden die Eltern der Kinder unserer Einrichtung sowie weitere Interessenten die Erste Hilfe am Kind erlernen und üben. Mittwoch, 11. März, 15 Uhr SENIOREN- UND FREUNDESKREIS Leitung: Heidi und Walter Tannert Humanistisches Zentrum Stuttgart Nach der Kaffeerunde zeigt Walter Tannert einen Film über die Römer in Deutschland, parallel zur Römer-Ausstellung im Landesmuseum. Freitag, 13. März, 15 Uhr JuFe-Vorbereitungsfahrt Nürnberg Leitung: Petra Häneke/Ingo Grießbach Fr, 13., 15 Uhr – So., 15. März, 19 Uhr Die Jugendlichen, die sich auf die Jugendfeier vorbereiten, fahren nach Nürnberg, um dort das Doku-Zentrum sowie den Turm der Sinne zu besuchen. Nähere Informationen erhalten die Teilnehmer per E-Mail von Petra Häneke. Dienstag, 17. März, 18 Uhr HUKI-THEMENABEND Medienerziehung/Internetnutzung HuKi, Mörikestraße 14 Leitung: Susanne Winkler Mittwoch, 18. März, 19 Uhr März Sonntag, 1. März, 16 Uhr BUCHVORSTELLUNG/DISKUSSION: Letzte Hilfe – Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben Humanistisches Zentrum Stuttgart Mit dem Berliner Arzt und Sterbehelfer Uwe-Christian Arnold (siehe Seite 7). Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Theater/Kabarett: „Elisabeth – Mutterherz aus Erz“ mit Saskia Kästner und Dirk Rave (Akkordeon) Humanistisches Zentrum Stuttgart Nachdem der Fasching in unserem Haus aus terminlichen Gründen ausfallen musste, erleben wir heute eine die Lachmuskeln (über)anstrengende Aufführung (s. S. 18). Der Eintritt ist frei ist frei, um Spenden wird gebeten. FRÜHLINGSFEIER Lateinamerikanische Klänge und Finisage „Tanz der Farben“ Humanistisches Zentrum Stuttgart Ein außergewöhnliches Konzert mit dem Trio Corazon Latino und Finisage der Ausstellung mit Werken von Elisabeth Röder. Eintritt frei, um Spenden wird gebeten (siehe Seite 20). Sonntag, 22. März, 16 Uhr Mitteilungen Wir gedenken unserer Verstorbenen Helmut Buck · Reutlingen Bodo Hermann · Altbach Hella Meh · Stuttgart-Weilimdorf Eugen Müller · Stuttgart-Möhringen Herbert Schöllhammer · Bad Urach Eckart Hohl · Stuttgart-Hedelfingen Wir gratulieren nachträglich zu runden Geburtstagen (ab 60 Jahre aufwärts) sowie allen unseren über 90-Jährigen Ruth Härdter · Spraitbach · 80 Hempel Rolf · Korntal-Münchingen · 80 Günther Geissendörfer · Stuttgart · 85 Rudolf Kocher · Stuttgart · 80 Roland Bayer · Aichtal · 80 Heidi Strähle · Böblingen · 75 Berta Schaal · Ludwigsburg · 94 Rosemarie Schreyak · Stuttgart · 80 Hedwig Staiger · Stuttgart · 92 Martha Häbe · Stuttgart · 85 Ilse Göllner · Weinstadt · 85 Ursula Hohlfeld · Stuttgart · 80 Ruth Fink · Vaihingen an der Enz · 70 Monika Stollhoff · Stuttgart · 70 Lutz Kühne · Esslingen · 75 Paula Herbst · Sindelfingen · 102 Wolfgang Jäschke · Villingen-Schwenn. · 75 Maria Ziegler · Heidenheim · 91 Gerda Wohnhaas · Stuttgart · 80 Gustav Hillengass · VillingenSchwenn. · 94 Rose Rost · Ludwigsburg · 75 IMPRESSUM Die Humanistische Rundschau erscheint vierteljährlich als Organ der Humanisten Baden-Württemberg, K. d. ö. R. Redaktion: Andreas Henschel Lektorat: Walter Tannert Layout: Monika Lehmann Druck: frechdruck, Stuttgart Die veröffentlichten Beiträge stellen nicht in jedem Fall die Meinung des Verbandes dar. DIE HUMANISTEN BADEN-WÜRTTEMBERG Körperschaft des öffentlichen Rechts Mörikestraße 14 · 70178 Stuttgart Geschäftsführung: Andreas Henschel, M. A. (0711) 6493780 · Fax (0711) 6493886 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.dhubw.de Baden-Württembergische Bank IBAN: DE49 60050101 000 2493529 BIC: SOLADEST 600 Vorstandssprecher: Dr. Gabriele Will, (07152) 948093 Dr. Norbert Röhrl, [email protected] Hans Jürgen Michl · Leinfelden-Echterd. · 65 Thea Knödel · Stuttgart · 94 Werner Knödler · Fellbach · 75 Lore Miedaner · Esslingen am Neckar · 70 Helmut Ulrich · Waldenbuch · 65 Ewald Ruf · Balingen · 92 Annalise Lobing · Stuttgart · 91 Luise Stiltz · Stuttgart · 85 Herta Ott · Kirchheim/Teck · 80 Marta Kurzenberger · Bietigheim-Bissingen · 85 Roland Duppel · Stuttgart · 80 Werner Frank · Stuttgart · 90 Horst Speidel · Reutlingen · 70 Lore Kubbinger · Aidlingen 2 · 90 Eugen Bletzinger · Lichtenstein · 93 Edgar Eckers · Stuttgart · 9 Ellinor Blezinger · Leinfelden-Echterd. · 90 Konrad Awe · Ditzingen · 80 Magdalene Feinauer · Stuttgart · 95 Hildegard Schleehauf · Stuttgart · 95 Johanna Heidrich · Schrozberg · 80 Leonore Kempa · Lonsee · 91 Günther Neumeister · Stuttgart · 75 Erhard Schindler · Magstadt · 90 Helga Mühleis · Göppingen · 85 Gerda Maria Thumm · Fellbach · 75 Ursula Marx · Stuttgart · 70 Else Rötzscher · Stuttgart · 91 Frida Felger · Stuttgart · 92 Berta Andritzky · Filderstadt/Bernhausen · 96 Helene Müller · Stuttgart · 94 Werner Koch · Aidlingen · 65 Nelly Rapp · Leonberg · 75 Doris Janouschek · Stuttgart · 91 Brigitte Ruckaberle · Stuttgart · 65 Waltraud Groß · Stuttgart · 75 Volker Keck · Stuttgart · 60 Hans Walter · Ludwigsburg · 91 Hadwig Scholl · Bietigheim-Bissingen · 75 Gisela Hermann · Stuttgart · 90 Karin Resnikschek · Entringen · 70 Herbert Wiedmann · Grafenberg · 85 Rudolf Holz · Pforzheim · 75 Idaluise Munk · Waiblingen · 80 Hermine Breitling · Filderstadt · 90 Hugo Knapek · Ulm · 85 Frank Krohmer · Stuttgart · 80 Gerda Gasser · St. Georgen · 65 Christel Kocher · Stuttgart · 80 Elsa Heinz · Esslingen · 85 Infos Ortsgruppe RN Leider lagen die Termine unserer Ortsgruppe Rhein-Neckar zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht vor. Informationen und Hinweise finden Sie auf der runderneuerten Homepage des Humanistischen Verbandes RLP/Ortsgruppe Rhein-Neckar: http://hvd-rlp.de/ Außerdem verschickt die Ortsgruppe einen elektronischen Newsletter, den Sie per Mail bei [email protected] bestellen können. EINLADUNG 43. Ordentliche Landesversammlung 2015 Am Samstag, den 25. April 2015, 15 Uhr, wird hiermit gemäß Artikel 7 der Verfassung unseres Verbandes die 43. ordentliche Landesversammlung einberufen. Dazu sind alle Mitglieder des Verbandes Die Humanisten Baden-Württemberg, K. d. ö. R. herzlich eingeladen. Die Landesversammlung ist das höchste Organ unseres Verbandes. Sie kommt in der Regel alle zwei Jahre im ersten Kalenderhalbjahr zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. Die Beschlüsse der Landesversammlung sind für den Verband und seine Organe bzw. Mitarbeiter (Landesvorstand, Vorstandssprecher, Geschäftsführer, Kassiererin, etc.) bindend. Vorläufige Tagesordnung 1. Begrüßung a Feststellung der Beschlussfähigkeit b Wahl der Wahlprüfungskommission c Wahl des Schriftführers der Landesversammlung d Wahl des Versammlungsleiters 2. Beschluss über die Tagesordnung 3. Berichte a der Vorstandssprecher b des Geschäftsführers c der Kassiererin d Bericht der Jugendreferentin e Sonstige Berichte f Bericht der Revisorinnen g Aussprache über die Berichte 4. Entlastung des Vorstandes und der Kassiererin 5. Diskussion und Abstimmung über Beitragsanpassungen 2016. 6. Wahlen a zum Landesvorstand b der Revisoren/Revisorinnen und zur Schlichtungskommission 7. Sonstiges/Verschiedenes Anträge Anträge, die von der Landesversammlung behandelt werden sollen, müssen spätestens zwei Wochen vor der Sitzung beim Landesvorstand schriftlich eingegangen sein. Der Landesvorstand HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 9 Beitragsrechnung 2015 Der von der Landesversammlung festgelegte Jahresbeitrag beträgt pro Mitglied 50 €. Die Bestattungsumlage beträgt für die hieran Beteiligten 5 €. Unsere Verfassung sieht außerdem auf Antrag die Möglichkeit einer Familienmitgliedschaft mit verringertem Mitgliedsbeitrag für die Ehegatten/innen bzw. Lebenspartner/innen vor. Nach der gültigen Beitragsordnung beträgt der Beitrag für die Familienmitgliedschaft 75 € (Ein voller Beitragssatz für das 1. Mitglied, ein halber Beitragssatz für das 2. Familienmitglied). Sollte Ihr Ehegatte/Ehegattin, Partner/Partnerin noch nicht bei uns Mitglied sein, dies aber wünschen, nutzen Sie die preiswerte Möglichkeit und melden eine Familienmitgliedschaft bei uns an. Beitragspflichtige Mitglieder in sozialen Notlagen können auf Antrag über die Geschäftsstelle eine Beitragsreduzierung bzw. -befreiung erhalten. Bitte um Spenden Wir bitten Sie herzlich, Ihrer Überweisung eine großzügige Spende für unsere Arbeit bzw. unser Humanistisches Zentrum (Karl-Becker-Haus) beizufügen. Insbesondere unsere Projekte, wie die Kindertagesstätte HuKi, der im Aufbau befindliche Garten für Demenzbetroffene sowie die mit der Arbeiterwohlfahrt zusammen betriebene humanistische Hospitzarbeit sind finanzielle Herausforderungen, die wir nur mit Ihrer Hilfe zu stemmen in der Lage sind. Darüber hinaus bereitet die erfolgreiche und Freude machende Jugendarbeit zunehmend Kosten, die durch den Familienbeitrag nicht gedeckt werden können. Eine weitere stetige Belastung bedeuten die Erhaltungsaufwendungen für unser Haus. Bitte seien Sie daher großzügig und helfen mit Ihrer Spende, neben den vielfältigen Aufgaben im Sinne des weltlichen Humanismus und der freigeistig-freidenkerischen Weltanschauung, auch unser attraktives Veranstaltungsprogramm zu erhalten und so insgesamt die Aufgaben unseres Verbandes besser zu erfüllen. Das beiliegende Formular können Sie zur Überweisung oder Einzahlung bei Ihrer Bank verwenden. Alle Beiträge und Spenden an „Die Humanisten BadenWürttemberg, K.d.ö.R,“ können bei Lohn- oder Einkommenssteuer steuermindernd geltend gemacht werden. Der Einzahlungsbeleg gilt als Quittung. Wenn nötig, stellen wir Ihnen auch gerne eine Zuwendungsbescheinigung aus. Ich mache mit – und werde 2015 Mitglied der Humanisten Baden-Württemberg! In einer Zeit, in der im öffentlichen Raum die Religionen wieder zunehmend die Wahrnehmung bestimmen, ist es besonders wichtig, dass sich auch konfessionsfreie Menschen organisieren, damit ihre Stimme gehört wird. Wir sind viele, aber bisher nicht genug organisiert! Die Wirksamkeit unserer gesellschaftlichen Arbeit hängt aber an unseren Mitgliedern. Sicher kennen auch Sie Menschen in Ihrer Familie, im Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz, die wie Sie für Selbstbestimmung und gegen religiösen Dogmatismus und Bevormundung sind und keiner Konfessionsgemeinschaft angehören. Ermutigen Sie Ihre Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder, Die Humanisten Baden-Württemberg zu unterstützen. Mitglieder erhalten vierteljährlich diese Zeitschrift und haben Anspruch auf eine ganze Palette unserer Dienstleistungen, wie sie in unserer kleinen Broschüre „Informationen für Interessierte“ beschrieben sind, die wir Ihnen gerne auf Anforderung zusenden. Ich möchte als Konfessionsfreier eine Stimme in der Gesellschaft bekommen und werde Mitglied im Verband Die Humanisten Baden-Württemberg, K. d. ö. R. Name, Vorname Straße PLZ, Ort Telefon E-Mail Geb.-Datum Partner Ich zahle folgenden Jahresbeitrag: Einzelmitgliedschaft (mind. 50 €): € Familienmitgliedschaft (mind. 75 €): € Ermäßigter Beitrag: € (Für Menschen in sozialen Notlagen ist auf formlosen Antrag auch eine vollständige Befreiung vom Mitgliedsbeitrag möglich.) Weil es einfacher ist und Verwaltungskosten spart, erteile ich ein SEPA-Lastschriftmandat. Meine Bankverbindung lautet: Bank BIC Der Einzug erfolgt jährlich, in der Regel Mitte Juni. Ich zahle per Überweisung. Datum, Unterschrift Bitte faxen (0711) 649 38 86 oder senden an: Die Humanisten Baden-Württemberg, K. d. ö. R. Mörikestraße 14 70178 Stuttgart 10 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 IBAN Bericht Ziemlich beLammert – Eklat beim Festakt zum Konstanzer Konzil Konzil kein kirchliches Ereignis mit politischer Zielrichtung gewesen sei, sondern eher schon ein Gerangel um weltliche Macht und Einfluss. Da vereisten die Burchardtschen Gesichtszüge und Jubiläumsorganisatorin Ruth Bader erstarrte schier zur Salzsäule. Als Lammert dann auch noch bezweifelte, dass das Konzil das Weltereignis des Mittelalters gewesen sei und sinngemäß dafür plädierte, doch bitte auf dem Teppich zu bleiben, war die Stimmung vor allem bei den städtischen Geschichtsbeschöni- Wiesner seine SchreiberInnen nicht im Griff? Das ist doch die Höhe, da steht ein Nachspiel an. Die Schallwellen der präsidialen Einschätzung und des Artikels im Ortsblatt beschäftigten auch den Haupt- und Finanzausschuss, der am 6. November tagte. In öffentlicher Sitzung beklagten vor allem konservative Mandatsträger, dass Lammert wohl die historische Wichtigkeit des Konzils “nicht richtig verstanden” habe. Merke: Es gibt eben Einladungen, die Schon vor Jahren träumte man in Konstanz davon, dass sich Prominente aus nah und fern gerne die Klinke in die Hand geben, wenn man an das Konstanzer Konzil erinnert. Diverse Namen kursierten in den zuständigen Gremien: Expapst Josef Ratzinger stand auf der Wunschliste ganz oben, knapp dahinter folgte der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff, dann sein Nachfolger Joachim Gauck, der die Stadtverwaltung im Frühjahr 2012 immerhin wissen ließ, dass er sich über die „freundliche Einladung zu den Jubiläumsfeiern 600 Jahre Konstanzer Konzil (….) sehr gefreut” habe. Mehr aber auch nicht. Konzilsitzung im Konstanzer Münster (aus der „Chronik des Konzils von Konstanz“ des Ulrich Rickental) Fortan glühten die Drähte zwischen Konstanz und Berlin. Irgendeine bekannte Politnase muss gern nachhaltig im Eimer. beim Gastgeber zu hektischer Schnappatmung her für die offizielle Eröffnung des Jubiläums Deren historische Einordnung des Konzils führen. Das war so eine. am 5. November, um der gehypten Veranstal- liest sich in der Regel nämlich so: “Das KonAber es stehen ja noch viele Konzilsfeiern tung überregionalen Glanz zu verleihen. Also stanzer Konzil 1414 bis 1418 zählt heute als auf dem Jubiläumsprogramm. Möglichkeiten Lammert, Norbert, CDU-Mann, Bundestags- wichtigstes Ereignis des ausgehenden Mit- zur Genüge also, um nicht dauerhaft beLampräsident. Da wähnte sich Burchardt, Ulrich, telalters (…) Für Baden-Württemberg zählt mert zu bleiben. Das Jahr 2015 schmückt sich ebenfalls CDU-Mann, Konstanzer Oberbürger- es zu den prägnantesten Geschehnissen der mit dem Motto “Das Jahr der Gerechtigkeit” meister, auf der sicheren Seite. Was sollte da letzten 2000 Jahre (…) es dient daher als und soll auch an den Reformator Jan Hus erinnoch schiefgehen? Dazu geistliche “Würden- Symbol für die Lösung von Konflikten im Di- nern, der damals nach Konstanz gelockt wurträger” zuhauf, wobei man bei diesem Berufs- alog”. Da mochte Herr Lammert partout nicht de, um seine Thesen vorzutragen. Man hatte stand schon lange rätselt, was deren Dasein zustimmen. Der Mann hat offensichtlich eine Hus freies Geleit versprochen, entschied sich noch mit Würde zu tun hat. eigene Meinung und wollte sich nicht an die dann aber kurzfristig anders und verbrannte Norbert Lammert indes tat nicht so, wie von gewünschte Marschrichtung halten. Als an- ihn auf dem Scheiterhaufen. Grund genug ihm erhofft. In seiner Rede im vollbesetzten derntags der Südkurier titelte: “Bundestags- also, frühzeitig einen Festredner zu bestelSaal des Inselhotels wies er unter anderem präsident Norbert Lammert entzaubert das len, der schon lange als Wunschkandidat von darauf hin, dass das Konzil mitnichten als Er- Konstanzer Konzil”, rappelte es gar mächtig Oberbürgermeister Burchardt gilt - der Dalai folg bezeichnet werden könne. Seiner Ansicht hinter den Kulissen. Wofür hat man denn Lama. Die buddhistische Grins- und Quasselnach scheiterte man vor 600 Jahren beim Be- Südkurier-Geschäftsführer Rainer Wiesner auf- strippe wäre wirklich ein echter Brüller und mühen, anstehende Glaubensfragen zu klä- genommen in das Kuratorium, das zukünftig geradezu prädestiniert, den Ruhm der Stadt ren. Erstaunlich nüchtern konstatierte er auch, über die Vergabe des gerade ins Leben geru- über den Erdball zu streuen. dass entgegen der landläufigen Meinung das fenen Konzilspreises zu entscheiden hat? Hat Holger Reile HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 Foto: Gemeinfrei KONSTANZ. (hpd) Das hatten sich die Honoratioren der Stadt ganz anders vorgestellt. Zum Festakt der Konzilsfeierlichkeiten am 5. November war Bundestagspräsident Norbert Lammert geladen. Der hielt eine Rede, die sich kritisch mit dem Konstanzer Konzil (1414–1418) befasste. Die örtlicheTageszeitung Südkurier transportierte Lammerts erstaunliche Botschaft und das wiederum lasen die Konzilsbesoffenen gar nicht gern. 11 BERICHT Verbandsreise Portugal „Lissabon und Porto sind neben der Algarve und Madeira Portugals Besuchermagneten. Das kleine Land im äußersten Westen Europas hat viel zu bieten: faszinierende, höchst unterschiedliche Landschaften, eine spannende Geschichte, beeindruckende Bauwerke, eine großartige Küche und hervorragende Weine. Wir werden davon reichlich genießen. Diese einwöchige Verbandsreise mit zeitlich ideal gelegenen Lufthansaflügen von und nach Frankfurt und Transfer mit dem Zug von und nach Stuttgart wird geführt vom Geschäftsführer unseres Verbandes, Andreas Henschel, zusammen mit örtlich deutschsprachigen Reiseleitungen.“ Mit diesem Ankündigungstext unserer diesjährigen Verbandsreise – nur nicht im Futur formuliert – wäre es für Schnellleser eigentlich schon getan. Aber da war doch noch viel mehr! Nicht nur, was die „ideal gelegenen Lufthansaflüge…. und Transfers mit dem Zug von und nach Stuttgart“ angeht. Es tauchten nämlich viel mehr Städtenamen auf, die im ursprünglichen Reiseprogramm gar nicht gelistet waren. Das zu erklären, würde aber in der Schilderung der Abläufe einen zeitlichen Vorgriff erfordern; hier sei nur einer gemacht: In Guimarães, der Wiege Portugals, wo das einstmalige diktatorische Salazar-Regime eine grandiose Geschichtsklitterung betrieb, indem es wider alle Tatsachen den Geburtsort des ersten portugiesischen Königs Alfonso Henriques in die Burg dieser Stadt verlegt hatte – am Fuße jener Burg bestimmte Andreas Henschel in ebenso diktatorischer Manier, dass der Chronist diesen Reisebericht zu schreiben hätte, Gegenwehr zwecklos. Aber jetzt der Reihe nach… Schon der Start der Reise drohte, aufgrund des kurzfristig angesetzten Streiks der Lokführer-Gewerkschaft verstolpert zu werden. Und hier zeigte sich einmal mehr das organisatorische Talent unseres Verbandsgeschäftsführers – im Folgenden nur noch „Chef“ genannt –, der in seinem Berufsleben verlegenheitshalber auch schon mal als Reisekaufmann tätig gewesen war: In einer dem Abreisetag vorausgegangenen Nacht-Telefonaktion waren ja nicht nur die von anderen Städten zum Frankfurter Flughafen zustoßenden Reiseteilnehmer herbei zu koordinieren, sondern auch der Antransport der Hauptreisegruppe vom Stuttgarter Hbf von Bahn auf Bus umzustellen. Wobei jede/r nunmehr auf den Bus Gesetzte wusste, dass diese Alternative länger dauern würde als die ursprünglich geplante Bahnfahrt. So kreisten die insgeheimen Gedanken um die Furcht, wehe ein Stau auf der Autobahn lässt uns den pünktlichen Check-in verpassen. Aber der vom Chef von vornherein eingeplante zeitliche 12 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 Puffer reichte schließlich, alle 29 Reiseteilnehmer für den Gruppen-Checkin zusammenzuführen. Aufgrund seiner gemachten Beobachtungen im Bus wagt der Chronist die Frage, wie haben Reiseführer so etwas früher eigentlich ohne Handy fertig gebracht? Porto (15. – 18.10., erster Halbtag) Nach einem vielfach unruhigen Flug landeten wir in Porto bei Starkregen, der – um es vorweg zu nehmen – uns mehr oder weniger bis zur Abreise erhalten blieb. Der Regenschirm war also ein notwendiger, ständiger Begleiter in dieser Stadt. Das schräg gegenüber unserem Hotel in der schönsten Einkaufs- und Bummelzone Portos gelegene Café Majestic war deshalb gern und häufig aufgesuchter Flucht- und Trocknungspunkt, soweit man in Stoßzeiten dort überhaupt Platz bekam. Dieses seit 1921 bestehende luxuriöse Café im Jugendstil ist ein Besuchermagnet, meist immer voll. Und wenn voll, hat man am Eingang (auch im Regen vor der Tür stehend) auf Platzierung durch den Oberkellner zu warten. Sehr auffällig und Ergebnis einer verheerenden Immobilienblase sind die allenthalben verrotteten Fassaden in den Straßenzügen, besonders denen der Altstadt sowie sehr viele Leerstände von Ladengeschäften. Dass Portos Altstadt, wie uns von unserer Führerin Maria erläutert wurde, trotzdem zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde, erscheint dem im Kehrwochenbewusstsein erzogenen Schwaben einigermaßen unbegreiflich. – Apropos Schwaben: Maria berichtete uns, dass u.a. auch die Sueben Portugal besiedelt und christianisiert hätten. So haben – wenn diese These nicht zu gewagt erscheint – wir Schwaben und Portugal eine Gemeinsamkeit in denselben ururväterlichen „Entwicklungshelfern“. Weniger gewagt dürfte die Feststellung einer zweiten Gemeinsamkeit sein: zeitlich ziemlich exakt fallen Bau- und Fertigstellungszeit des Stuttgarter Hbf (Bonatzbau, 1914 - 1928) und des ersten Bahnhofs in Porto, Estação São Bento zusammen. Die Wände der Bahnhofshalle des Letzteren schmücken verschiedene und ausnehmend schöne – aber erst 1934 vollendete – Kachelbilder „Azolejos“. Sie stellen in diversen Szenen die Werdung Portugals und seine Kulturgeschichte dar. Mittlerweile an den morbiden Charme des Verfalls gewöhnt und andererseits durch die dazu im Kontrast stehenden meisterlich erhaltenen Azolejos-Fassaden auch wieder versöhnt war dieser Bahnhofsbesuch ein idealer Auftakt für Marias ausführliche und sachkundige Stadtführung durch Porto. Es regnete immer mal wieder, so dass der wie von magischer Geisterhand stets herbei beorderte Bus selbst den Fußlahmsten die Teilnahme am Besichtigungsprogramm in einigermaßen trockenem Zustand erlaubte. Ein Highlight war dabei die Führung durch den Palácio Bolsa (Börsenpalast) aus dem 19. Jahrhundert und dem darin befindlichen Maurischen Saal, dessen Fertigstellung allein 18 Jahre gedauert hatte. – Im Rahmen der Führung fuhr uns der Bus dann auf das gegenüberliegende Douro-Ufer in eine Weinkellerei, angeblich der größten in Porto, zur Verkostung von rotem und weißem Portwein. Am nächsten Tag – der Himmel war uns an diesem Vormittag ausnahmsweise gnädig – spazierte die Reisegruppe durch die Stadt hinunter zu den Landungsstegen. Das schreibt sich hier leichter als es den Tatsachen entspricht: unwiderstehliche Motive ließen dann den einen oder anderen rasch mal für Erinnerungsfotos aus der Gruppe ausscheren. Oder man erinnerte sich beim Passieren einer öffentlichen Toilette plötzlich eines menschlichen Rührens. Jedenfalls war es für den Chef nicht ganz einfach, die zwei Dutzend starke Menschenansammlung durch die quirlige Stadt mit teils auch engen unübersichtlichen Gassen zu führen und vor allem als Gruppe zusammenzuhalten. Nach erfolgtem Zählappell bestiegen wir – immerhin noch pünktlich – das Schiff. Die 6-Brücken-Kreuzfahrt auf dem Douro (eine der Brücken ist die inzwischen außer Betrieb gesetzte Stahlbogenbrücke von Gustav Eiffel) bewies einmal mehr, dass es schon einen Unterschied macht, eine beidseitig am Fluss gelegene Stadt zu durchwandern gegenüber dem zu gewinnenden Gesamteindruck, den beide Uferpanoramen vom Wasser aus bieten. – Diese kurze Tour führte fast bis zur DouroMündung, wo man in der Ferne die Gischt der vom Atlantik aufschlagenden Wellen sehen konnte. Als wir wieder landeten, setzte erneut Regen ein… Bei Weltuntergangswetter saßen wir nachmittags dann im Bus, der uns übers Land nach Guimarães brachte, wo wir die Königsburg und die Altstadt mit ihren eindrucksvollen und hervorragend hergerichteten Granithäusern (2012 war Guimarães Kulturhauptstadt Europas) im Dauerregen besichtigten. Von dort ging es weiter nach Braga, dem portugiesischen Rom. Schon diese Bezeichnung verrät die einstige Bedeutung dieser Universitätsstadt. In der dortigen Kathedrale Sé – eines der ältesten Bauwerke Portugals und älteste Kathedrale des Landes überhaupt – beeindruckte zunächst die überreichliche Barockpracht und noch mehr die überdimensionale Orgel. Der während unseres Besuchs gerade gebetete Rosenkranz ließ uns Zeuge lebendiger Religiosität werden. An sich ist es ja nichts Ungewöhnliches, einen – in diesem Fall abendlichen – Stau zu umfahren. Aber es nötigte uns doch allen gehörigen Respekt ab, wie talentiert und dabei in welchem Tempo unser Busfahrer auf der Rückfahrt nach Porto selbst die schmalsten Gässchen teils durch Wegklappen der Rückspiegel geparkter PKW passierte – bravo! Wieder heil zurückgekehrt feierten wir dann in einem fußläufig zu unserem Hotel gelegenen Lokal bei ausgezeichnetem Essen und vorzüglich schmeckenden Weinen Abschied vom regnerischen Porto, das wir am nächsten Morgen per Bahn in Richtung Lissabon verließen. hier T-Shirt-Wetter. – Über das erste, einen Tag vorher bestellte im Hotel gemeinsam eingenommene Abendessen sei – was Qualität und Service angeht – hier besser der Mantel des Schweigens gebreitet. Der unschätzbare Vorteil von geführten Reisen: Der/die Führer/in weiß, was an Sehenswürdigkeiten, in welcher Reihenfolge und wie lange diese angeschaut/ besucht werden sollten. Rute ließ den Bus zunächst an der Kathedrale Sé anhalten, nicht zu verwechseln mit der in Braga: alle Kathedralen heißen Sé! Gegenüber der in Braga wirkt die Lissaboner Sé geradezu spartanisch. Per kurzem Fußmarsch weiter bergauf gelangten wir zum Castelo de São Jorge. In exponierter Lage zieht sich der Mauerverbund des Kastells über den höchsten Hügel der Stadt. 1147 eroberte Portugals erster König, der schon erwähnte Alfonso Henriques, das einstmals maurische Bauwerk, das fortan ausgebaut wurde und mit seinen Panoramapunkten Traumblicke über die Stadt bietet. Und auch hier passierte es wieder, dass sich ein Teil der Gruppe per Toilettengang bzw. Fotos machen vom Chef getrennt hatte, ein anderer Teil Rute lemminghaft gefolgt war, eine Teilnehmerin sich in der weitläufigen Anlage gar verlaufen hatte. Irgendwie war die Befehlsausgabe „sammeln an diesem Punkt“ nicht an jedermanns Ohr gelangt. Kleine Suchtrupps schwärmten aus. Bis zur erfolgreichen Wiedervereinigung aller (Zählappell!) war der Zeit-/ Besichtigungsplan jedenfalls ganz schön ins Rutschen gekommen, die Laune bei Rute auch; der Chef nahm’s gelassener – nun ja, er kennt uns… Wesentlich disziplinierter und nun im Gänsemarsch durchquerten wir abwärts die hügligen Gässchen und engen Treppen der Lissaboner Altstadt Alfama, dabei von Rute viel über die dort lebenden Leute, den Zustand ihrer Häuschen und Wohnungen sowie deren Mieten erfahrend, um am Fuß des Berges fast in der Nähe des Stadtbahnhofs Apolónia wieder in den Bus zu steigen. Der fuhr uns nach Belém, einem ehemals selbständigen Fischerdorf, heute Lissabons vornehmeres Viertel, das fast komplett zur Ehrung der ruhmreichen Jahre der portugiesischen Geschichte erbaut wurde. Von Belém aus war einst Vasco da Gama aufgebrochen, um den Seeweg nach Indien zu entdecken, was Portugal durch den Gewürzhandel unermesslichen Reichtum und Wohlstand beschert hatte. Und nach der Entdeckung Brasiliens Lissabon (18., zweiter Halbtag – 21.10.) Während der Zugfahrt und je weiter südlich wir kamen, besserte sich das Wetter zusehends. Am Stadtbahnhof Apolónia nahm uns unsere Führerin Rute in Empfang mit einem Stakkato aus Hinweisen und Ratschlägen zur Benutzung von U-Bahn/Bus/ Straßen- und Standseilbahn, den Tarifen und je nach gewähltem Fahrkartentyp möglichen Fahrpreisermäßigungen sowie Verrechnungsmöglichkeiten. In der Tat, diese Ratschläge „erschlugen“, keiner hatte das alles in der Schnelle so richtig begriffen, weshalb die meisten nach dem Einchecken im Hotel zu Fuß ins Zentrum liefen, um in die Stadt „einzutauchen“. Das Erlaufen Lissabons über den Pombal Platz, die Avenida da Liberdade (teuerste Einkaufsmeile Europas) hinunter zur Innenstadt Baixa über den Rossio und durch die Rua Augusta zum Praça do Comércio fiel der/demjenigen relativ leicht, die/der Hin- und Rückweg von insgesamt ca. 6 km nicht scheute. Und es machte sogar Spaß, denn im Gegensatz zu Porto herrschte HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 13 kamen von dort jedes Jahr 25 Tonnen Gold ins Land. Portugiesen leben trotz der andauernden Krise – so die Erklärung von Rute – in dieser (goldenen) Vergangenheit. Deshalb hätten sie den Fado --> Sehnsucht beschreibt diese Mentalität. Bei 31º C, die auch für Lissabon um diese Jahreszeit ungewöhnlich sind, ließen wir uns zurück zur Stadt bzw. zum Hotel chauffieren. Nachmittags war Zeit zur freien Verfügung angesagt. Das Angenehme an Lissabon ist, dass diese Stadt durch ihre überschaubare Größe den Touristen nicht „erschlägt“ wie viele andere Metropolen Europas. Trotzdem ist die Frage, was sieht man sich (ohne sachkundige Führung) an? – Der Chronist kann schwerlich beschreiben, was andere aus diesem Nachmittag gemacht haben, aber erzählen, dass sich sein Besuch des Cafés A Brasileira in der Rua Garrett gelohnt hat. Mit Genuss hat er dort bei einer guten Tasse Kaffee schließlich die Pastetchen gekostet, deren ursprünglich beabsichtigter Verzehr in Belém deshalb unterblieben war, weil vor der von Rute speziell bezeichneten Konditorei eine Häuserblock-lange Warteschlange gestanden hatte. Nach dieser Entspannungspause waren es nur wenige Schritte, um in die legendäre Straßenbahnlinie 28 E zu steigen, die zwischen Martim Moniz und Compo Ourique verkehrt und für die Strecke ca. 40 Minuten braucht. Man sieht dabei so ungemein vieles, wenn sich die Bahn ruckelnd um engste Kurven durch schmalste Gassen zwängt, dann wieder wie nix steilste Straßenanstiege überwindet – eine Stadtführung auf Rädern. Wer diese Dinosauriere der Straßenbahntechnik nicht wenigstens einmal ausprobiert hat, dem fehlt ein Stück LissabonErfahrung! Den Abend verbrachten wir gemeinsam in einem Fado-Restaurant bei sehr guter musikalischer Darbietung, kontrastiert von höchstpreisigem Essen und einer für uns gewöhnungsbedürftigen Abrechnungstechnik: Man durfte nicht für sich allein, sondern nur im Verbund einer mehrköpfigen, vorher vom Kellner festgelegten Gruppe zahlen... Und – es hatte 14 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 ja im zusammen mit den Reiseunterlagen erhaltenen Portugal-Führer gestanden, nur die Wenigsten hatten es gelesen – wer von den auf den Tischen verführerisch angebotenen Schälchen mit Brot, Butter, Schinken, Käse und Oliven auch nur ein bisschen nascht, der zahlt (den vollen Preis des Couverts)! Bei der vorher erwähnten Abrechnungstechnik ein zusätzlicher Überraschungseffekt. Und nicht genug damit. Überraschung und eine gewisse Nervosität verbreitete an diesem Abend die Nachricht eines geplanten Lufthansa-Pilotenstreiks, genau unseren Rückreisetag betreffend; unsere Gruppe war auf LH-Flüge gebucht! Natürlich beherrschte dieses Thema auch die Frühstücksgespräche am nächsten Morgen. Aber noch ließen wir uns bei schönstem Wetter von einem vor uns liegenden, abwechslungsreichen Ausflugstag entlang der gesamten Estoril-Küste ablenken. Im Palácio Queluz, dem portugiesischen Versailles (10 km westlich der Hauptstadt), hatten wir dank früher Ankunft Glück, eine der ersten Besuchergruppen zu sein. Rute erzählte uns, dass man normalerweise Wartezeit einzuplanen hätte für eine Führung durch die in den Jahren 1747 – 1760 von Pedro III. erbaute königliche Residenz mit ihren das Gesamtbild abrundenden Gartenanlagen. So ging es von dort per Bus zügig weiter zum nächsten Highlight des Tages, dem UNESCO-Weltkulturerbe Sintra, malerisch in einer „Hier-sollten-Siewohnen-Gegend“ gelegen. Der Besuch des Palácio Nacional de Sintra ist ein Muss für jeden Besucher! Der Bau dieses einstigen Königsschlosses dauerte mit vielen Veränderungen und Erweiterungen bis ins 16. Jahrhundert, als es seine heutige Form annahm. In Sintra erhielt der damalige König Manuel I. 1499 die Nachricht über die Entdeckung des Seeweges nach Indien; 1501 wurde er daselbst über die Entdeckung Brasiliens informiert. – Eigentlich mehr Sommerpalast und im Gegensatz zu Queluz einfacher eingerichtet zieren doch prunkvolle Dekors die Decken im Schwanen-, Elstern- und Wappensaal. Auffällig und Wahrzeichen dieses Palastes sind die beiden kegel- förmigen Küchenschornsteine, unter denen offene Feuer auf dem Küchenboden brennen konnten. Ein kurzer anschließender Aufenthalt in Sintras malerischem historischen Zentrum rundete den Eindruck ab. Dieser Tagesausflug stand unter dem Motto „Kultur und Landschaft“. So fuhren wir weiter durch Wald- und Makkienlandschaften, in denen verstreut einzeln stehende Villen auftauchten, eine typische (teure) Ferienlandschaft eben, die wenig von der in Rutes Beschreibungen gelegentlich erwähnten Krise Portugals erahnen lässt. Wir kamen zum Cabo da Roca, dem südwestlichsten Punkt Kontinentaleuropas, ca. 40 km westlich von Lissabon. In 144 m Höhe führen dort Pfade zu den Vorsprüngen über der Steilküste mit anbrandenden OzeanWellen: ein großartiger Ausblick anlässlich der eingelegten Fahrtpause. Weiter ging’s im Bus nach Cascais, einem noblen Badeort, dessen Stadtstrand bei weiterhin 31º C sonnenhungrige Badegäste noch reichlich bevölkerten. Das Städtchen ist die Wiege des portugiesischen Tourismus und liegt an einer eingezogenen Bucht, weswegen die Meeresbrandung hier wesentlich schwächer und damit für Schwimmer ungefährlich ist. Wir bekamen vom Chef gute zwei Stunden zugestanden, um uns umzuschauen. Sogleich steckte der Chronist seine Füße am Strand ins Wasser, um behaupten zu können, er hätte während dieser Verbandsreise auch einmal im Atlantik „gebadet“. Was an sich nicht so richtig ist, denn das Städtedoppel Cascais-Estoril als Zentrum der „portugiesischen Riviera“ liegt eigentlich am nördlichen Tejo-Ufer. Entlang dieses Ufers reihen sich viele Badestrände, die wir auf der Rückfahrt passierten in Richtung Estoril mit seinen mondänen Villen, nobeln Hotels und dem Kasino. Spätestens ab dem so gar nicht in die Landschaft passen wollenden NATO-Stützpunktgebäude wird die Bebauung Estorils zusehends städtischer, und man spürt, die Hauptstadt Lissabon kommt wieder in Sicht. Wenn vor unserer Abreise der Streik ja noch beherrschbar gewesen war, in Lissabon fühl- te man sich gegenüber diesem Thema hilflos ausgesetzt. Dankenswerterweise hatte tagsüber das Pforzheimer Reisebüro für unsere Gruppe alle möglichen Ersatz-Rückflüge nach Deutschland und Transfers nach Stuttgart organisiert, was wir bei Rückkunft im Hotel erfuhren. Allerdings um den Preis, dass wir uns in kleinere Gruppen aufzuteilen hätten, und zwar entsprechend der über den ganzen Dienstag verteilten Abflugzeiten. Somit war für die Gruppen, die das Hotel Richtung Flughafen schon früher am Morgen zu verlassen hätten, der ursprünglich am Abreisetag geplante Vormittag zur freien Verfügung gestrichen. Trotzdem machte sich ein gewisses Gefühl der Entspannung breit, und wir gingen erst einmal gemeinsam in einer ehemaligen Klosterschänke zum Abendessen. Solchermaßen gestärkt wurde es ernst: Mittlerweile lagen alle per Mail geschickten Ersatzreiseunterlagen ausgedruckt vor mit den abenteuerlichsten Routen- und Transportmittelkombinationen: Das „Glückslos“ zog unsere Berlinerin mit dem Direktflug Lissabon – Berlin. Fast ebenso vorteilhaft klang die Flugverbindung der Gruppe, für die Lissabon – Zürich / Anschlussflug – Stuttgart gebucht war. Zwei weitere Gruppen hatten es da schon komplizierter: die eine mit Flug Lissabon – Wien / Anschlussflug – Frankfurt / Bahnfahrt nach Stuttgart; die andere mit Flug Lissabon – Köln / Bahnfahrt nach Mannheim, dort Umsteigen nach Stuttgart. Die als letzte aufbre- chende Gruppe hatte zwar eine Flugverbindung Lissabon – Frankfurt, die aber tageszeitlich so spät lag, dass die eigentlich gebuchte Bahnfahrt Frankfurt – Stuttgart erst gegen 03:00 Uhr morgens geendet hätte. Kurzentschlossen mietete der Chef (wie gesagt: ein Organisationstalent) für diese Gruppe alternativ einen Mietwagen und chauffierte seine Mitreisenden höchstselbst bis an deren Haustüren. Danke! – Da keine Vermisstenmeldungen bekannt geworden sind, geht der Chronist davon aus, dass alle 29 Reiseteilnehmer/innen wieder wohlbehalten nach Hause gekommen sind. Soweit dieser Bericht über eine streikbehinderte Verbandsreise. Dennoch alles nur Worte. Mehr als die sprichwörtlich 1000 Worte können Bilder erzählen. Und so dürfen wir alle gespannt sein auf Matthias Razums Film, der laut Ankündigung anlässlich eines Erinnerungsabends am Samstag, 10. Januar 2015 „bei leckerem portugiesischem Essen“ (O-Ton Chef Andreas Henschel) gezeigt werden soll. Wilfried von Tresckow Zum Hintergrund: Weil der Stadt ist eine Gemeinde mit knapp 20.000 Einwohnern – verteilt auf fünf Teilgemeinden. Weit über 100 Vereine bereichern das kulturelle, soziale und sportliche Leben und bieten eine Vielzahl von Veranstaltungen – natürlich auch sonntags. Seit Jahrzehnten konnten Veranstaltungen, Versammlungen, Matinees, Märkte etc. ab 11.00 Uhr durchgeführt werden, da zu diesem Zeitpunkt die „Hauptgottesdienstzeit“ endete. Die ev. und kath. Kirchengemeinden haben nun in einem gemeinsamen Schreiben an die Ortspolizeibehörde gefordert, öffentliche Veranstaltungen an Sonn- und Feiertagen erst von 11.30 Uhr an zu genehmigen, und den Gemeinderat gleichzeitig gebeten, die Hauptgottesdienstzeiten im Ort bis 11.30 Uhr neu festzulegen. Doch würde diese Ausweitung der Hauptgottesdienstzeiten eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der „Nichtkirchgänger/innen“ mit sich bringen. Der Sonntagvormittag wäre damit praktisch für Feste, Veranstaltungen etc. der anderen Vereine blockiert. Die Gründe für die Verschiebungswünsche liegen in kircheninternen Problemen. Zum einen verlieren die beiden christlichen Hauptkirchen seit Jahren an Bedeutung und damit auch an Kapazitäten. Ein stetiger Schwund an Mitgliedern, finanziellen Mitteln, Priestern, Pfarrern und Gottesdienstbesuchern führte unter anderem beispielsweise dazu, dass organisatorische Probleme auftreten und nun viele Pfarrer und Priester Doppeldienste in verschiedenen Gemeinden tun müssen. Doch dürfen die organisatorischen Probleme Ein in Weil der Stadt ansässiger Bürger hatte sich mit einer Petition an den Landtag gewandt, in der er darum bittet, das Gesetz über die Sonntage und Feiertage (Feiertagsgesetz – FTG) auf dessen Verfassungs- und Grundgesetzmäßigkeit zu überprüfen und zu modifizieren. Nach Überzeugung des Petitenten haben die Kirchen unverhältnismäßig große Gestaltungs- und Einflußmöglichkeiten und schränken dadurch einen Großteil der Bevölkerung in der Wahrnehmung der verschiedenen Formen des sozialen Lebens ein. Die Petition wurde wie nicht anders zu erwarten war, abschlägig beschieden, da es sich angeblich um einen Einzelfall handele, es gleichartige Probleme in anderen Kommunen in Baden-Württemberg nicht gäbe und zur Abhilfe es eine Änderung des Feiertagsgesetzes bedürfe, die allein dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Da wir der Meinung sind, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall, sondern um den immer deutlicher werdenden Versuch der Kirchen handelt, mit den Mitteln überholter Gesetzgebung ihre verlorene Akzeptanz zumindest mit der Einflussnahme auf das gesellschaftliche und öffentliche Leben aufzuwiegen, dokumentieren wir im Folgenden in gekürzter und paraphrasierter Form die Petition. Wikimedia Comons /© Dada629 Kulturkampf im Heckengäu HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 15 sondere auch im Freundeskreis, einem aktiven Vereinsleben und in der Familie stattfindet, ist insoweit nur dann planbar und möglich, wenn ein zeitlicher Gleichklang und Rhythmus, also eine Synchronität, sichergestellt ist. Auch insoweit kommt gerade dem Sonntag im Sieben-Tage-Rhythmus und auch dem jedenfalls regelhaft landesweiten Feiertagsgleichklang besondere Bedeutung zu. Diese gründet darin, dass die Bürger sich an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie individuell für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen. Die von Art. 139 WRV ebenfalls erfasste Möglichkeit seelischer Erhebung soll allen Menschen unbeschadet einer religiösen Bindung zuteil werden“ (vgl. BVerfGE 111, 10 <51>). Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg unterscheidet sich im Wortlaut von der grundgesetzlichen Formulierung, als sie nur von „Erhebung“ spricht und das Attribut „seelisch“ weglässt. Dies kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass es weitere Formen der Erhebung gibt, die im geistigen oder kulturellen Bereich liegen. Es verwundert, dass im baden-württembergischen Feiertagsgesetz weder ein Zeitfenster noch die Dauer des Hauptgottesdienstes auch nur erwähnt werden. Die führt faktisch dazu, dass die Geistlichkeit (nicht demokratisch gewählt) willkürlich eine Blockadezeit für sonstige „Erhebungen“ der Mehrheit der Bevölkerung (Statistik: siehe Wikimedia Comons /© Memorino der Kirche zu Lasten der Allgemeinheit gehen, indem fast der halbe Sonntag für sonstige soziale Aktivitäten blockiert wird? Das Bundesverfassungsgerichts stellt jedenfalls in Bezug auf das Berliner Ladenschlussgesetz fest: „Der Sonn- und Feietagsschutz dient lt. Begründung des Bundesverfassungsgerichtes (verkaufsoffene Sonntagsruhe BVerfG, 1 BvR 2857/07 vom 1.12.2009) insbesondere dem Schutz der verschiedenen Formen des sozialen Lebens.“… Der Schutz des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV ist nicht auf einen religiösen oder weltanschaulichen Sinngehalt der Sonn- und Feiertage beschränkt. Umfasst ist zwar die Möglichkeit der Religionsausübung an Sonn- und Feiertagen. Die Regelung zielt in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung. An den Sonn- und Feiertagen soll grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann. Geschützt ist damit der allgemein wahrnehmbare Charakter des Tages, dass es sich grundsätzlich um einen für alle verbindlichen Tag der Arbeitsruhe handelt. Die gemeinsame Gestaltung der Zeit der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung, die in der sozialen Wirklichkeit seit jeher insbe- Keplerdenkmal und Rathaus in Weil der Stadt, im Hintergrund die Stadtkirche St. Peter und Paul 16 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 unten) überstülpen kann. Laut Ordnungsamt Weil der Stadt müsse die Behörde dem Wunsch der Kirchen entsprechen und hat selbst keine Einwirkungsmöglichkeit. Auch der Gemeinderat hat hier keinerlei Kompetenz. Das Baden-Württembergische „Gesetz über die Sonntage und Feiertage (Feiertagsgesetz – FTG)“ ist leider nicht so eindeutig wie das entsprechende Gesetz in Nordrhein-Westfalen, denn dort heißt es: „ § 5 (Fn 3) Als Hauptzeit des Gottesdienstes gilt die Zeit von 6 bis 11 Uhr. Die örtliche Ordnungsbehörde kann im Einvernehmen mit den Kirchen festlegen, dass diese Zeit bereits vor 11 Uhr endet. (2) Soweit Märkte an Sonn- und Feiertagen zugelassen sind, dürfen sie erst nach der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes beginnen. Die ortsübliche Zeit des Hauptgottesdienstes wird von der örtlichen Ordnungsbehörde im Einvernehmen mit der Kirche festgelegt; sie darf zwei Stunden nicht überschreiten und muss in der Hauptzeit des Gottesdienstes liegen.“ Hier ist sowohl der Zeitraum als auch die Dauer der ortsüblichen Zeit definiert. Sinn und Zweck von Gesetzen und Verträgen ist doch, Streit zu vermeiden – der NRW-Gesetzgeber hatte sicher Grund, präziser zu formulieren. Bei den Überlegungen zur Definition der „Hauptgottesdienstzeiten“ und der Feststellung damit verbundener Einschränkungen von Grundrechten für alle Bürger sollte auch berücksichtigt werden, dass mittlerweile ca. 33,1 % der Bevölkerung konfessionsfrei ist und höchstens 5 % der Bevölkerung überhaupt einen Sonntagsgottesdienst besucht. Was aber soll diese davon abhalten, einen Sonntagsgottesdienst schon um 9.00, 8.30 oder 8.00 Uhr zu besuchen oder gar am Vorabend? Für die Katholiken gilt nach wie vor das Gebot, den sonntäglichen Gottesdienstbesuch einzuhalten. Aber seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist es auch möglich, die Sonntagsmesse auf den Vorabend, also auf den Samstagabend vorzuziehen. Den ev. Christen ist der Gottesdienst nicht zwingend vogeschrieben, sondern „nur“ empfohlen. Sollten 3-fach Dienste von Pfarrer/innen oder Priestern notwendig werden, soll dann die Hauptgottesdienstzeit auf den kompletten Sonntag ausgedehnt werden dürfen? Ulrich Thumm, Weil der Stadt HUKI Die Kindertagesstätte feiert nachträglich Einweihung und leuchtet weithin STUTTGART Ein lang ersehntes Fest wurde endlich wahr. Pünktlich zum Herbstanfang fand die Einweihungsfeier der ersten Humanistischen Kindertagesstätte von Baden-Württemberg statt. Viele Gäste aus Politik und Verwaltung feierten mit. Am 23. September 2014 konnte das immer wieder aufgeschobene Einweihungsfest der ersten Humanistischen Kindertagestätte von Baden-Württemberg mit den Kindern, dem pädagogischen Personal und dem Vorstand und der Geschäftsführung des Verbandes bei strahlendem Sonnenschein gefeiert werden. Beginnend mit den Grußworten von Vorstand Frau Dr. Gabriele Will und Geschäftsführer Andreas Henschel wurde deutlich, mit wie viel Herzblut das Projekt Kindertagesstätte über lange Jahre hinweg vorangetrieben wurde, um den Kindern hier in Stuttgart ein weltoffenes, tolerantes sowie bildungsfreundliches Haus zu bieten. Die stellvertretende Landtagsvizepräsidentin, Frau Brigitte Lösch, untermauerte diese Aussagen und führte an, dass für sie als Sozialpädagogin die Bildung einen hohen Wert darstelle, den es zu schützen gelte und dessen Inhalte zu fördern. Gewiss, so Lösch weiter, gebe es noch viel zu tun auf dem bestehenden Bildungsweg, doch ein erster Schritt sei zum Beispiel mit der dualen Ausbildung getan, um dem aktuell bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Leiterin der Kita, Susanne Winkler, dankte nochmals allen Beteiligten – insbesondere Vorstand und Geschäftsführung – und auch der Elternschaft, die über all die Monate unterstützend zur Seite standen und mitarbeiteten. Dazu appellierte sie an die Politik, „Qualität“ versus „Schnellbleiche“ könne nicht funktionieren und wirkte contraproduktiv. Die Gefahr, dass bei der aktuell politischen Lage „intoleranten Strömungen“ Tür und Tor geöffnet werden, liege dabei auf der Hand. Die Qualität einer „Ruckzuck-Ausbil- dung“ im 25-Tage-Schnellkurs könne niemals mit einer vierjährigen Studienzeit verglichen oder gar gleichgesetzt werden. Diese geforderte Qualität stellte das pädagogische Personal mit den Kindern der Kita dann auch unter Beweis. Mit einem Gedicht von Schiller, fröhlichen Liedern zum Herbst, begleitet mit selbst hergestellten Instrumenten und lustigen Tänzen, verzauberten sie das Publikum. Das anschließende Büfett ließ für Groß und Klein keine Wünsche offen. Für die musikalische Umrahmung sorgte das Trio „Three Times A Lady“. Ein gelungenes Fest ging zu Ende und das Laternenfest stand schon vor der Tür. Die Vorfreude der Kinder war, wie immer, groß. „Wie oft muss ich noch schlafen, bis wir Laterne laufen?“ so die Fragen Tag für Tag. Am 13. November war es dann endlich so weit. Auch bei diesem Fest arbeiteten alle Hand in Hand; das Theaterspiel vom Kartoffelkönig bei den Großen, Tänze und Lieder bei den „Kleinen“, ein buntes Büfett sowie ein Trompeter gaben dem Laternenfest einen wunderschönen Rahmen. Laternen und Kerzen leuchteten hell und brachten ein warmes Licht in die Dunkelheit, ganz im Sinne des chinesischen Sprichwortes: „Es ist besser ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu schimpfen.“ Susanne Winkler Allen Förderern und Spendern, die sich für die HuKi im vergangenen Jahr so großartig eingesetzt haben, ein herzliches Dankeschön! Bleiben Sie uns auch im neuen Jahr „treu“, wir freuen uns über jede Geste und Hilfe. Unser Dank gilt ebenso dem Vorstand und der Geschäftsführung, die stets ein offenes Ohr haben und uns zuverlässig unterstützen. Ein gesundes, fröhliches und glückliches neues Jahr 2015 wünscht Ihnen von Herzen, Ihre Kindertagesstätte HuKi ACHTUNG: Die HuKi ist in der Winterzeit und während der Feiertage von 22. Dezember 2014 bis 6. Januar 2015 geschlossen! HuKi-Leiterin Susanne Winkler mit Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch beim HuKi-Einweihungsfest. HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 17 NEUJAHRSEMPFANG 2015 Chor Avanti Comuna Kanti Der Chor Avanti Comuna Kanti wird zum Neujahrsempfang am Sonntag, 25. Januar 2015 um 16 Uhr „Lieder aus der Zeit der Renaissance“ singen. Es sind italienische, französische, englische, spanische und auch deutsche Lieder aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Meist geht es um Liebe, um erhörte, mehr noch um nicht erhörte. Es geht um Eifersucht und Betrogen werden Sonntag, 25. Januar 2015 16 Uhr, Humanistisches Zentrum Stuttgart, Mörikestraße 14 NEUJAHRSEMPFANG Avanti Comuna Kanti Eintritt frei, um Spenden wird gebeten. und den darauf folgenden Spott. Im Minnelied aus Siebenbürgen will sich „ein Vögelein“ nicht Gold und Seide um seine „Federchen winden“ lassen: „Ich bin ein klein wild Vögelein und niemand kann mich zwingen“. Nicht nur mit der Liebe beschäftigen sich die Menschen des 16./17. Jahrhunderts. Es ist die Zeit der großen Entdeckungen, der rasanten Entwicklung der Wissenschaften, des Frühkapitalismus. Eine neue Weltanschauung entsteht: der Humanismus. Erasmus von Rotterdam schreibt seine „Querela pa- cis – Klage des Friedens“ und Thomas Morus „Utopia – Eine Konstruktion des humanen Staates“. Die Bauern wollen ihre immer unerträglicher werdende Lage nicht länger erdulden: „Man muss mit Herren, ihr werdet seh‘n, die Sprache reden, die sie versteh‘n. Der Bauer zeigt jetzt, dass er‘s kann: Fünfzehnfünfundzwanzig, dran, dran, dran!“ Auch davon wird im Programm des Chores gesungen werden. THEATER/KABARETT „Elisabeth – Mutterherz aus Erz“ „Wirst du heute früher nach Hause kommen als sonst, Mami?“ Heile Welt aus Muttiromanen wollten sie verabreichen, getupfte Küchenschürzen und Apfelkuchen (selbstgebacken!) als literarische Trostpflaster contra Alltagswahnsinn Familie – aber weit gefehlt. Auch der Muttiroman ist in der Realität angekommen. „Wo sind all die Mamis hin?“ singen und fragen sich also bang Saskia Kästner und Dirk Rave alias Familienhelferin Schwester Cordula und ihr Langzeitreferendar am Akkordeon und begeben sich auf eine mark- und zwerchfellerschütternde Suche, unterstützt von Muttiromanen, Jakob und Wilhelm Grimm, viel Musik und anerkannten Familienexperten wie Christa Meves, Oliver Kahn und Boris Becker... Und schnell wird klar: Aufmerksamkeitsdefizit kann durchaus ein Segen sein. Schwester Cordula liebt Groschenromane Nachdem sich Saskia Kästner mit ihrem Alter Ego „Schwester Cordula“ schon vor zwei Jahren bei uns im Humanistischen Zentrum unter großem Gelächter des Publikums die heile Welt der Arztromane vorgeknöpft hatte, gilt ihr neuester Streich, mit dem Sie bei uns gastiert den Kitschromanen, in denen Mutti im Vordergrund steht. Sonntag, 1. März 2015 16 Uhr, Humanistisches Zentrum Stuttgart, Mörikestraße 14 „Elisabeth – Mutterherz aus Erz“ mit Saskia Kästner und Dirk Rave Eintritt frei, um Spenden wird gebeten. 18 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 Exemplarisch führt sie den Zuschauern die eiskalte Managerin Elisabeth vor, die unter den fatalen Folgen eines One-Night-Stands namens Anke (7) leiden muss. Als das undankbare, vorlaute, gefühlsduselige Kind auch noch kurz vor einer wichtigen Geschäftsreise nach China mit ihrer Schulklasse in die Hände eines Geiselnehmers gerät, schaltet die Rabenmutter in ihrer Not den Erzeuger des Kindes ein, der von alledem nichts gewusst.... Wer spröde Lesungen kennt und sich dann blumigeren Vortrag wünschte, der gerät hier in eine geradezu überbordende Fleurop-Welt, die allen Dünger des Universums erhalten hat: Saskia Kästner gurrt, schnurrt, kiekst, singt, weint und tanzt den Text, schlüpft blitzschnell wechselnd in die verschiedenen Figuren und macht die Texte mit dem ganzen Körper und vollstem Ausdruck quicklebendig, sodass die Zuschauer vor Lachen kaum zum Atmen kommen. Und weil es so schön ist, hat sie den Akkordeonisten Dirk Rave als ruhigen Gegenpol dabei, der – wenn er nicht gerade inhaltlich passende Gassenhauer im Shantysound anstimmt oder die Fahrten mit dem Cabriolet mit KRAFTWERK-Grooves begleitet – gerne mal den Erziehungsratgeber des Fachmannes Boris Becker zückt und das Publikum mit Understatement zum Kochen bringt. Zwei Stühle und ein Groschenheft, mehr braucht Schwester Cordula nicht, um den Saal zum Toben zu bringen! JUHU-BERICHT Juleica-Ausbildung Teil 2 JUEICA-Ausbildung Teil 2 mit 16 JuHus in Stuttgart! Ein Déjà-vu? Nein zum Glück nicht, denn die Jugendlichen, die sich am Wochenende vom 7. bis 9. November 2014 in Stuttgart zur JULEICA-Ausbildung trafen, hatten das Programm noch nicht erlebt! Aber wie vor zwei Jahren war es ein tolles und spannendes Erlebnis für 16 Junge Humanistinnen und Humanisten aus Baden-Württemberg und Nürnberg/Bayern in Stuttgart im Humanistischen Zentrum. Die gemeinsame Teamschulung fand unter Leitung der Stuttgarter Jugendreferentin Petra Häneke und der Nürnberger Jugendreferentin Anita Häfner statt. Für die fachliche Ausbildung war Jörg Gusek vom Stadtjugendring Stuttgart und Bettina Scheu vom Deutschen Roten Kreuz StuttgartOst eingeladen. Die Inhalte des Wochenendes waren neben Planung und Inhalten für die JuHus in 2015 die JULEICA-Ausbildungsinhalte: „Rechtliche Grundlagen in der verbandlichen Jugendarbeit“ (Aufsichtspflicht/Haftung, Kindeswohlgefährdung) sowie der Erste-Hilfe-Kurs für Jugendleiter/innen. Neben vielen Spielen und intensiven Diskussionen genossen die Jugendlichen einen kleinen Stadtbummel in die beleuchtete In- nenstadt sowie die wie immer sehr leckere Stuttgarter Küche – von unsere, Geschäftsführer Andreas Henschel, unserem Bufti Emanuel sowie der Köchin Eva Walas. Im Mai 2015 findet das nächste Treffen zum Thema „Erlebnispädagogik“ statt, zu dem auch - wie jetzt im Herbst - schon neue interessierte Jugendliche kommen können, um die Ausbildung mit diesem Teil zu beginnen. Ansprechpartnerin: Petra Häneke (Anmeldung bitte über die Geschäftsstelle). Text und Fotos: Petra Häneke EINLADUNG BuJuHu Camp 2015 Habt Ihr (Jugendliche von 13 – ? Jahren) Lust auf ein tolles Ferienabenteuer? Wollt Ihr JuHus aus ganz Deutschland treffen und den Alltag gegen ein Abenteuer eintauschen? Dann seid Ihr genau richtig auf unserer Bundes-JuHu Ferienreise. Diese wird in den Osterferien in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden. Wir werden verschiedene Workshops zu inhaltlichen, kreativen und sportlichen Themen machen, erlebnispädagogische Spiele und Gruppenaktionen planen sowie schöne Wanderungen in der Umgebung unternehmen. Wohnen werden wir in einem Selbstversorgerhaus in Klein Dammerow, wo wir gemeinsam schlafen, kochen und eine schöne und entspannte Zeit zusammen verbringen. „Gemeinsam“ ist das Motto dieser Woche: Gemeinsam kochen, gemeinsam Abenteuer bestehen und gemeinsam Spaß haben! Die Anreise von Baden-Württemberg findet ab dem 5. April 2015 statt. Wir fahren über Nürnberg (voraussichtlich mit Übernachtung im dortigen JuHu-Turm) nach Berlin, wo wir ebenfalls im JuHu-Zentrum am Prenzlauer Berg übernachten. Von dort geht es am 7. April weiter nach Klein Dammerow. Je nach Größe unserer Gruppe fahren wir mit PKW, Bus und/ oder Zug. Die Kosten für die Unterbringung, Verpflegung und Programm betragen 105 €. Die Fahrt- und sonstigen Kosten der Anreise können erst kalkuliert werden, wenn wir die ungefähre Anzahl der Teilnehmer wissen, werden sich aber auf maximal 100 € belaufen (eventuelle Mehrkosten übernimmt der Landesverband). Anmeldefrist ist der 15. Januar 2015. Anmeldungen bitte per Post (bei nicht Volljährigen mit Unterschrift des Erziehungsberechtigten) auf beiliegendem Flyer. Solltet Ihr noch Flyer benötigen, dann bestellt Euch einen per E-Mail in der Geschäftsstelle: [email protected] JuHu-Termine +++ Vorbereitungstreff Jugendfeier Samstag, 17. Januar, 11 bis 16 Uhr Humanistisches Zentrum Stuttgart +++ Vorbereitungs-WE Jugendfeier Samstag, 7. – Sonntag, 8. März Leitung Petra Häneke/Ingo Grießbach Humanistisches Zentrum Stuttgart +++ Vorbereitungsfahrt Jugendfeier Freitag, 13. März, 15 Uhr – Sonntag, 15. März, 19 Uhr > Nürnberg Leitung: Petra Häneke/Ingo Grießbach HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015 19 FRÜHLINGSFEST 2015 Von Mozart bis Mexiko! Einladung zu Konzert mit Corazon Latino und Finissage „Tanz der Farben“ – der Werke von Elisabeth Röder Nur Klassik – das scheint den drei jungen Musikern, die sich unter dem Namen „Corazon Latino“ zusammen getan haben, nicht zu genügen. Mit immenser Spielfreude und Lust an der Musik singen sie Lieder, Duette und Arien von Mozart, Schubert, Brahms mit Bravour und Virtuosität – um in der zweiten Hälfte des Programms mit der selben Kunstfähigkeit und Begeisterung die schönsten Boleros aus Mexiko, Zarzuela aus Spanien, Tangos und vieles mehr zu präsentieren. Dieses Jahr legt „Corazon Latino“ den Fokus des klassischen Teils auf Arien aus der Zauberflöte und Balladen, während im zweiten Teil... lassen Sie sich überraschen! Die mexikanische Sopranistin Claraliz Mora studierte in New York und Stuttgart Harfe und Gesang, sang bereits in diversen Opern- und Zarzuela-Produktionen in Mexiko, Deutschland und den USA. Oliver Pürckhauer, Bass-Bariton, studierte Schulmusik mit dem Hauptfach Saxophon in Stuttgart, bevor er sich dazu entschloss, Gesang in Mannheim zu studieren. Neben ersten Engagements am Nationaltheater Mannheim ist er auch oft als Solist in Oratorien zu hören. Marco Cruz Otero, Pianist, kommt aus Puerto Rico, wo er auch sein Klavierstudium absolvierte. Danach arbeitete er vier Jahre als Pianist in der US-Army-Band in Heidelberg. Zur Zeit beendet er sein Korrepetitionsstudium in Mannheim und arbeitet als Konzertbegleiter, Korrepetitor und Organist. Genießen Sie dazu ein letztes Mal die großformatigen, abstrakten Werke Elisabeth Röders, die seit Oktober 2014 das Huma- Wir suchen ab Januar 2015 Pädagogische Fachkräfte nistische Zentrum Stuttgart schmücken und von denen wir uns mit der heutigen Veranstaltung verabschieden. Außerdem laden wir Sie wie immer zu Kaffee und Hefezopf, Saft, Sekt oder Selters zum leiblichen Gedeihen ein. Sonntag, 22. März 2015 16 Uhr, Humanistisches Zentrum Stuttgart, Mörikestraße 14 FRÜHLINGSFEST 2015 mit Corazon Latino Eintritt frei, um Spenden wird gebeten. Wir suchen ab Frühjahr 2015 Erlebnispädagoge/in … für unsere Humanistische Kita mit musik- k n· ra n t und bewegungspädagogischem Schwerpunkt offe tole we l t we g t · · v i e b reat Im Zentrum Stuttgarts bieten wir in unserer neuen, herausragend eingerichteten zweigruppigen Ganztageseinrichtung für Kinder von 0 bis 6 Jahren vielseitige Vollzeitstellen. Sie arbeiten in einem engagierten Verband, haben feste Vorbereitungszeiten und regelmäßige Fortbildungs- und Austauschmöglichkeiten. Arbeitsrechtliche Regelungen und Vergütung angelehnt an TVöD und im öffentlichen Dienst übliche Leistungen. Wir freuen uns auf die aussagekräftige Bewerbung kreativer, kommunikativer und engagierter Menschen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Wohnungssuche! Wir suchen zur Verstärkung unseres Teams für die Durchführung von (erlebnispädagogischen) Gruppenprogrammen und zur Durchführung unserer Vorbereitungstreffen zur Humanistischen Jugendfeier eine/n kreative/n und engagierte/n PädagogIn oder ErlebnispädagogIn. Wir erwarten ein freundliches und offenes Auftreten, Freude an der pädagogischen Arbeit mit jungen Menschen, Teamfähigkeit, Spaß an Outdooraktivitäten sowie selbstständiges Arbeiten. Sie sind Sozial-/Pädagoge/in oder Erlebnispädagoge/in oder haben einschlägige Berufserfahrung in diesem Bereich und Erfahrungen in der ehrenamtlichen Jugendarbeit. Wir bieten abwechslungsreiche Arbeit mit einem engagierten, ehrenamtlichen Team, Bezahlung im Rahmen der Übungsleiterpauschale für eine (bis zwei) Wochenenden im Monat. Bitte bewerben Sie sich bei: DIE HUMANISTEN BADEN-WÜRTTEMBERG Mörikestraße 14 · 70178 Stuttgart · Geschäftsführer: Andreas Henschel (0711) 649 37 80 · [email protected] 20 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU Januar/Februar/März 2015