Nachhaltig kochen! - Öko

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Nachhaltig kochen! - Öko
Nachhaltig kochen!
Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile
Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts
Nachhaltig kochen!
Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile
Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts
AutorInnen
Dr. Jenny Teufel
Yifaat Baron
Andrea Droste
Prof. Dr. Rainer Grießhammer
Karin Menge
Mandy Schoßig
4
Impressum
Über den eigenen Tellerrand hinaus
Herausgeber: Öko-Institut e.V.
Stand: Juli 2014
Ich kann es nicht bestreiten: Auch ich habe mich selbst schon dabei ertappt, stirnrunzelnd
einen Bioladen verlassen zu haben, beim stillen Vergleich, was ich im konventionellen Laden gezahlt hätte. Und das ist auch ein Stück weit verständlich, denn vielen Konsumenten
und Konsumentinnen fällt nachhaltiges Handeln leichter, wenn es nicht mehr kostet oder
im besten Fall auch noch Geld spart – wie zum Beispiel beim Stromsparen.
Öko-Institut, Büro Freiburg
Merzhauser Str. 173
79100 Freiburg
www.oeko.de
[email protected]
Gestaltung und Layout: Tobias Binnig (www.gestalter.de)
Gedruckt auf: RecyFair, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“
Druckauflage: 400 Stück
Die Rezepte wurden uns von Dagmar von Cramm, Vincent Klink, Cornelia Poletto
und Hans-Albert Stechl zur Verfügung gestellt – an dieser Stelle schon mal einen
expliziten Dank.
Bild- und Rezeptnachweise
Von Cramm: © „Das grüne nicht nur vegetarische Kochbuch“, Peter Schulte für GU.
Klink: © Vincent Klink
Poletto: Meine Lieblingsrezepte
S. 78: Spargelsuppe: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
S. 84: Minestrone: © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling
S. 224: Apfel-Mascarpone-Creme: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
Polettos Kochschule
S. 80: Steinpilzrisotto © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling
S. 44: Linsensuppe © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling
S. 78: Gnocchi mit Gorgonzola-Sauce © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling
Mein neuer Grundkurs für Einsteiger
S. 118: Kalbsklößchen mit Zitronensauce © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
S. 174: Crespelle mit Spinat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
S. 88: Forellenfilets mit Kartoffel-Rote-Beete-Salat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
Mein Grundkurs für Einsteiger
S. 48: Gratinierte Champignons © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
S. 32: Klare Kartoffel-Lauch-Suppe © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
S. 79: Gegrillter Lachs mit Salsa Verde © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann
Nun ist es im Bereich der Ernährung in der Regel so, dass Bio-Lebensmittel den Verbraucher im Schnitt mehr kosten als konventionell hergestellte. Aber das gilt nur für den
Ladenpreis. Dieses Kochbuch jedoch präsentiert Ergebnisse unserer Studie zu den wahren
Kosten unserer Ernährung. Wir haben uns für unser jährliches Spendenprojekt aus mehreren Gründen für das Thema Ernährung entschieden: Erstens verursachen wir Deutschen
mit unserer Ernährung ein Fünftel der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen.
Zweitens ist die deutsche Durchschnittsernährung auch in Punkto Gesundheit nicht
nachhaltig. Darüber hinaus gibt es politischen Handlungsbedarf: So könnten Landwirte
für aktiven Umwelt- und Tierschutz finanziell noch besser honoriert werden. Die Studie
zeigt klar, dass die externen Kosten unserer Lebensmittel zukünftig nicht mehr von der
Gesellschaft, und damit von jedem Einzelnen, sondern von den Verursachern getragen
werden müssen. Und dennoch: Essen müssen wir schlicht und einfach alle und so kann
jeder durch eigenes Handeln Nachhaltigkeit leben.
Ich möchte den Ergebnissen, die wir auf den nächsten Seiten zusammengefasst haben,
mit einem Bild vorausgreifen.
Stellen Sie sich zwei Einkaufskörbe vor. In dem einen befinden sich ausschließlich
Biolebensmittel in einer Zusammensetzung, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen wird. Das heißt: viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, wenig Fleisch und
Wurstwaren, dafür mehr Milchprodukte. Im zweiten Korb liegen Lebensmittel der deutschen Durchschnittsesser: viel Fleisch, wenig Gemüse, und das alles aus konventioneller
Landwirtschaft. Der Preis der beiden Körbe wäre nahezu gleich. Und jetzt setzen wir noch
eines drauf: Nehmen wir einmal an, der Käufer müsste für alle Folgekosten für die nichtnachhaltige Ernährung direkt bezahlen. Also für Schäden an Böden und Gewässern, aber
auch für die medizinische Behandlung von Krankheiten, die in Folge unausgewogener
Ernährung notwendig werden. Welcher Korb, glauben Sie, wäre dann der günstigere?
Vermutlich liegt die Antwort auf der Hand.
Nun hoffe ich, dass Sie mit unserem Kochbuch Ihr Wissen noch einfacher in die Tat umsetzen können und wünsche Ihnen viel Freude mit neuen Kochideen für jede Jahreszeit.
Stechl: © Hans-Albert Stechl
Titel: © Videovol - Fotolia.com; S.22: © thongsee - Fotolia.com
Rainer Grießhammer
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6
Inhaltsverzeichnis
Über den eigenen Tellerrand hinaus: Editorial
5
Was gutes Essen wirklich kostet: Studienergebnisse
8
„Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit gehören zusammen“:
Interview mit Dagmar von Cramm
Biologisch, regional, saisonal: Rezepte für jede Jahreszeit
Crespelle mit Ricotta-Spinat-Füllung
49
Panna Cotta mit karamelisierten Beeren
50
Erdbeer-Tiramisu mit Minze
51
Sommer
20
Minestrone mit Basilikum-Pesto
54
23
Kürbissuppe
55
Couscous-Salat
56
Wirsingsalat mit Orangen
57
Buschbohnen
58
Gefüllte Auberginenröllchen in Tomatensugo
59
Kaninchentopf mit Polenta
60
Forellenfilet mit Kartoffel-Rote-Bete-Salat und Schnittlauchrahm
61
Zucchini-Puffer mit Feta und Minze
62
Steinpilz-Risotto mit Kräutern
63
Beerengratin
64
Birne in Rotwein
65
Winter
Pariser Zwiebelsuppe mit gratinierten Brotscheiben
26
Feldsalatsuppe mit Ricotta-Kräuterklösschen
27
Chicorée-Orangen-Salat
28
Feldsalat mit Kartoffelvinaigrette
29
Herzhafte Dampfnudeln mit Rosenkohlblattsalat 30
Gratinierte Champignons mit Ziegenkäse und Pinienkernen
31
Geschmorte Beinscheiben
32
Fischfrikadellen mit schwäbischem Kartoffelsalat
33
Kartoffel-Rosenkohl-Auflauf
34
Nudel-Auflauf
35
Crème brûlée
36
Schwarzwälder Kirschtorte im Glas
37
Frühling
Spargelsuppe mit Brunnenkresse und pochiertem Ei 40
Radieschengrün-Suppe
41
Spinatsalat mit Croûtons
42
Fruchtiger Möhrensalat mit Erdbeeren
43
Ziegenkäse im Strudelteig
44
Spinatknödel mit Käsefüllung und Käsesauce
45
Zucchiniblech mit Hühnerbrust
46
Kalbsklößchen mit Zitronensauce und Spargelsalat
47
Spargel-Erbsen-Quiche
48
Herbst
Linsensuppe mit geräucherten Forellenfilets
68
Klare Kartoffel-Lauch-Suppe
69
Selleriesalat
70
Endiviensalat
71
Birnen-Gorgonzola-Törtchen
72
Rosenkohl mit Kürbis
73
Rehrouladen mit Kartoffelpüree
74
Fisch-Kartoffel-Gratin
75
Kohlroulade mit Sellerie-Kartoffel-Püree 76
Gnocchi mit Gorgonzolasauce und gehackten Pistazien
77
Maronencreme
78
Preiselbeerschichtspeise 79
Die Köchinnen und Köche im Porträt
80
7
8
Was gutes Essen wirklich kostet
Studienergebnisse
des Öko-Instituts zu den
Kosten einer nachhaltigen
und gesunden Ernährung
Über eine gesunde Ernährung
streiten Fachleute seit vielen Jahren.
Fleisch, Kohlenhydrate, chemische
Zusätze in Lebensmitteln und vieles
mehr gibt Anlass zu intensiven Debatten um die Frage: Wie ernähre ich
mich möglichst gesund? Dabei ist ein
Blick auf die Statistiken aufschlussreich. Der oder die durchschnittliche
Deutsche verzehrt laut Statistischem
Bundesamt jährlich rund 90 Kilogramm Fleisch, nimmt mehr als 100
Kilogramm Milcherzeugnisse zu sich
und isst 95 Kilogramm frisches Gemüse. Schaut man hingegen auf die
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – kurz DGE – so
wird deutlich, dass ein solches Essverhalten nicht als sonderlich gesund
gelten kann. Die DGE empfiehlt, weniger Fleisch und Molkereiprodukte
zu sich zu nehmen, mehr Obst und
Gemüse zu konsumieren, häufiger
zu Vollwertprodukten zu greifen und
Genussmittel wie Alkohol und Tabak
in Maßen zu genießen. Auch die
Frage, ob Bioprodukte grundsätzlich
gesünder sind bzw. welche Vorteile
biologisch erzeugte Produkte für die
Verbraucher, aber auch für Umwelt
und Klima insgesamt haben, beschäf-
tigt viele. Zahlreiche Studien der
vergangenen Jahre haben gezeigt,
dass Bio-Lebensmittel beim Anbau
zu deutlich weniger Belastungen
von Böden, Grundwasser, Wasser
in Flüssen und Seen, aber auch des
Klimas führen. Auch eine nachhaltig
ausgerichtete Viehzucht kann nach
wissenschaftlichen Erkenntnissen
dazu beitragen, alte Kultur- und
Weidelandschaften und die dort
vorhandene Pflanzen- und Tierwelt
zu erhalten.
In seinem Spendenprojekt „Ist
gutes Essen wirklich teuer?“ hat das
Öko-Institut versucht, die Kosten
unterschiedlicher Ernährungsstile
zu ermitteln, und zwar die direkten
Kosten bzw. Preise am Markt wie
auch die indirekten Kosten durch
Umwelt- und Gesundheitsschäden,
die bislang die Gesellschaft tragen
muss. Folgende Fragen sollten
geklärt werden: Ist eine gesunde
Ernährung mit Bio-Lebensmitteln
für Verbraucher mit Mehrkosten
gegenüber einer konventionellen Ernährung verbunden? Wie hoch sind
die gesellschaftlichen Kosten der
ungesunden und umweltbelastenden konventionellen Ernährung?
Und wäre eine gesunde Ernährung
mit Bio-Lebensmitteln vielleicht
sogar billiger als die konventionelle
Ernährung, wenn die indirekten Ko-
sten von den Verursachern und nicht
mehr von der Gesellschaft getragen
werden müssten?
Um es gleich vorweg zu sagen: Nicht
alle dieser Fragen konnten umfassend in dieser Studie beantwortet
werden. Die Wissenschaftlerinnen*
waren mit einer äußerst schlechten
Datenlage konfrontiert, was die sogenannten externen Kosten angeht.
Sie konnten beispielsweise nicht umfassend berechnen, welche Kosten
als Folgen von Umweltbelastungen
durch intensive Tierzucht entstehen.
Die Marktpreise sind dagegen deutlich besser zu ermitteln und weisen
geringere Spannbreiten auf als die
indirekten Kosten durch Umweltund Gesundheitsbelastungen. Bei
den indirekten Kosten gibt es nur
wenige Untersuchungen, eine große
Spannbreite und schon methodisch eine größere Unsicherheit bei
der Zuordnung von Schäden auf
verschiedene Verursacher. Dennoch
ergab eine umfassende Literatur­
recherche zahlreiche Anhaltspunkte,
die den Schluss nahelegen, dass
sowohl eine ungesunde Ernährung – unabhängig davon wie die
Lebensmittel erzeugt wurden – als
auch eine nicht nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln Kosten
erzeugen, für die unsere Gesellschaft
gerade stehen muss. Die Ergebnisse
unserer Berechnungen werden
nachfolgend vorgestellt.
Vier Ernährungsstile, Kosten­
erhebung im Supermarkt
Die Studie des Öko-Instituts analysiert die Kosten, die für folgende vier
Ernährungsstile entstehen:
eine durchschnittliche deutsche
Ernährung in Anlehnung an die
Daten des Statistischen Bundesamts (kurz genannt: ESS 1)
eine Ernährung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE (mit
rund 70 Prozent weniger Fleisch,
jedoch 30 Prozent mehr Milchprodukten als in der Durchschnittsernährung) (ESS 2)
eine durchschnittliche deutsche
Ernährung (wie ESS 1), aber zu 100
Prozent auf Bio-Lebensmitteln
und fair gehandelten Lebensmitteln basierend (ESS 3)
eine Ernährung nach den Empfehlungen der DGE (wie ESS 2),
aber zu 100 Prozent auf Bio-Lebensmitteln und fair gehandelten
Lebensmitteln basierend (ESS 4)
Für die ersten beiden Ernährungsstile (ESS 1 und ESS 2) sowie für
eine vegetarische und eine vegane
Ernährung (ESS 5 und 6) haben die
Wissenschaftlerinnen Klima- bzw.
Treibhausgas-Bilanzen berechnet:
für eine vegetarische Ernährung,
die neben pflanzlichen Nahrungsmitteln auch Eier- und Milchprodukte berücksichtigt (ESS 5)
9
10
für eine vegane Ernährung, bei
der gänzlich auf Fleisch und andere tierische Produkte wie auch
Fisch und Milchprodukte, verzichtet wird (ESS 6)
Die Wissenschaftlerinnen haben
schließlich für alle Ernährungsstile
Tagespläne zusammengestellt,
denen reale Mahlzeiten zugrun­de
liegen. Bei den Tagesplänen berücksichtigten sie sowohl eine abwechslungsreiche Mischung auf dem Teller
als auch die unterschiedlichen Jahreszeiten bei der Auswahl der Speisen. Das bedeutet, dass in der Untersuchung bewusst eine saisonale
Auswahl der Produkte – also Spargel
im Mai oder Bohnen im September –
angenommen wurde. Eine asaisonale Auswahl, wie beispielsweise
Erdbeeren im Dezember oder auch
der Kauf von „Luxusprodukten“ oder
Spezialitäten aus anderen Ländern,
wurden nicht berücksichtigt. Die Forscherinnen nahmen zudem an, dass
eine Person täglich drei Haupt- und
zwei Zwischenmahlzeiten mit insgesamt rund 2.000 Kilokalorien zu sich
nimmt. Die beispielhaften Tages­
pläne enthalten außer Kaffee und
Tee keine Genussmittel wie etwa
Alkohol, Softdrinks oder Snacks in
Form von Chips oder Schokoriegeln.
Süßspeisen waren aber in Form von
Keksen, Schokolade, Kuchen oder
Kompott als Zwischenmahlzeiten
enthalten. Convenience-Produkte
wurden aufgrund ihrer sehr unein-
heitlichen Preisstruktur nicht in den
Kostenvergleich aufgenommen. Wie
unsere Preisrecherchen zeigten, sind
Bio-Produkte meist 10-30% teurer.
Dagegen waren beispielsweise
Bio-Pizzen im Bio-Supermarkt sogar
billiger als Pizzen in konventionellen
Supermärkten.
Die Kosten der Lebensmittel er­ho­
ben die Wissenschaftlerinnen bei
Ladenbegehungen von Mai bis
September 2013. Sie besuchten verschiedene Supermarktketten, einen
Discounter, einen Biosupermarkt
sowie einen Genossenschaftsladen
in Freiburg im Breisgau. Preise können von Region zu Region innerhalb Deutschlands stark variieren
und sind in Freiburg höher als im
Bundesdurchschnitt. Dennoch ist anzunehmen, dass das Verhältnis zwischen den Lebensmitteln andernorts ähnlich ist. Die Preise für die
Lebensmittel wurden so erhoben,
dass sie für einen Produkttyp wie
beispielsweise Tomaten vergleichbar
sind. Das heißt, dass beispielsweise
nicht der Durchschnittspreis für alle
im Laden erhältlichen Tomaten, sondern in allen Läden der Preis für eine
bestimmte Tomatensorte ermittelt
wurde (zum Beispiel normale runde
Tomaten für Tomatensalat oder
Fleischtomaten für Tomatensoße).
Klimabilanz der unterschiedlichen Ernährungsweisen
Etwa ein Fünftel der gesamten
jährlichen Treibhausgasemissionen
in Deutschland – fast 190 Millionen
Tonnen CO2-Äquivalente – wird
durch die Ernährung verursacht. Die
Produktion von Fleisch hat daran
einen hohen Anteil. Über die Hälfte
dieser Emissionen entsteht bereits in
der landwirtschaftlichen Erzeugung
der Lebensmittel; die andere Hälfte
wird durch Einkauf, Transport und
Zubereitung der Nahrung verursacht. Die nachstehende Auswertung
zeigt die jährlichen Treibhausgas­
emissionen sowie die Einsparungen
der alternativen Ernährungsweisen
im Vergleich zur konventionellen
Ernährung.
Jährliche Treibhausgasemissionen der unterschiedlichen Ernährungsstile
(in Kilogramm) und Einsparpotenziale (in Prozent)
1400
1.314
1.153 12%
1200
26%
37%
978
1000
825
800
600
400
200
0
Durchschnittliche
Ernährung
DGE-Empfehlung
Die Ergebnisse zeigen: Wer seinen
Fleischkonsum reduziert, kann
aktiv zum Klimaschutz beitragen.
Zugleich ist ein Weniger an Fleisch
Vegetarische
Ernährung
Vegane Ernährung
gesünder, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung deutlich macht.
Ein kompletter Verzicht auf Fleisch
kann zwar noch mehr Treibhausgase
11
12
einsparen, es braucht dann aber eine
stärkere Beachtung einer „ausgewogenen Ernährung“, damit sämtliche
wertvollen Inhaltsstoffe des Fleischs
ersetzt werden.
Thema „Fleischkonsum“
Es ist ethisch umstritten, ob man Fleisch essen sollte oder nicht. Aus Naturschutzgründen ist ein maßvoller Fleischkonsum aber durchaus empfehlenswert. Extensive Viehzucht trägt zur Offenhaltung der Landschaft und damit zu
strukturreichen Vegetations- und Landschaftsformen bei, die Lebensräume für
eine artenreiche Tierwelt bieten. Aus globaler Sicht leistet eine eher extensiv
ausgerichtete Viehzucht einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrung. Laut Angaben der Welternährungsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) werden 69 Prozent der weltweit für die Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Flächen als extensives Weideland genutzt
und können auch in Zukunft aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht nicht
sinnvoll in Ackerland überführt werden.
Fleisch aus extensiver Weidehaltung ist sowohl von konventionell wirtschaftenden Landwirten als auch von Landwirten, die nach den Richtlinien des
kontrolliert biologischen Anbaus wirtschaften, erhältlich. Ersteres steht jedoch
nur in verschwindend geringen Mengen zu Verfügung und wird in der Regel
überwiegend lokal vermarktet, da der Mehrwert nicht über eine geschützte
Kennzeichnung sichtbar gemacht werden kann.
rungsstile – konventionell mit einem
hohen Fleischkonsum im Vergleich
zur DGE-Empfehlung mit deutlich
weniger Fleisch in der jeweiligen
Bio-Variante – zeigen: Wer viel
Fleisch konsumiert und generell nur
Bio-­Lebensmittel (ESS 3) kauft, zahlt
rund ein Drittel mehr als derjenige,
der viel Fleisch konsumiert und konventionell erzeugte Produkte kauft
(ESS 1). Wer sich jedoch gesünder
nach den Vorgaben der DGE ernährt
und dabei nur Bio-Lebensmittel
kauft (ESS 4), liegt fast gleichauf
mit den Kosten für konventionelle
Ernährung und Lebensmittel (ESS1).
Die Mehrkosten liegen dann nur
bei rund 80 Euro pro Jahr oder rund
Auch interessant: wer sich keine BioLebensmittel leisten kann oder will,
aber sich gesund nach DGE-Empfehlung ernährt (ESS 3), spart gegen­
über der konventionellen Ernährung
mit konventionellen Lebensmittel
rund 360 Euro pro Jahr!
Was kosten die unterschiedlichen Ernährungsstile? (Euro pro Jahr und Person)
4000
3.625 €
3500
2.839 €
2.758 €
87%
103%
100%
131%
DGE Konventionell
DGE Bio
Fleischbetont
Konventionell
Fleischbetont Bio
3000
Wer sich grundsätzlich für das Essen von Fleisch und Wurst in vertretbaren
Mengen entscheidet, sollte Fleisch von hoher Qualität und Bio-Fleisch einkaufen. Das Biosiegel fordert eine bessere Tierhaltung als in der konventionellen
Landwirtschaft üblich und bei Wiederkäuern einen hohen Raufutteranteil
(Heu und Gras), der nur im Rahmen einer Grünlandwirtschaft gewährleistet
werden kann.
drei Prozent. Die drei Prozent liegen
allerdings im Rahmen der Fehlergrenze bei der gewählten Untersuchungsmethode. In der Praxis kann
man je nach Wahl der spezifischen
Lebensmittel (zum Beispiel der Art
des Brotes, des Obst oder Gemüses,
etwa der Tomaten wie oben erläutert) auch günstiger oder teurer
liegen.
2500
2.396 €
2000
1500
1000
Was kosten die unterschiedlichen Ernährungsstile?
Im zweiten Schritt haben die Wissenschaftlerinnen des Öko-Instituts
untersucht, um wieviel teurer die
Versorgung mit biologisch erzeugten und fair gehandelten
Lebensmitteln für Verbraucher ist.
Die Analysen der beiden Ernäh-
500
0
13
14
Eine gesunde Ernährung auf Basis
der DGE-Empfehlungen, verbunden
mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln, ist also aus nachhaltiger Sicht
klar empfehlenswert. Sie ist gesünder und umweltschonender und
dabei kaum teurer als eine konventionelle Ernährung.
Zu den direkten Kosten für die
Verbraucherinnen und Verbraucher kommen jedoch noch die
indirekten Kosten, die die Gesellschaft für höhere Aufwendungen
im Gesundheitssystem und für die
Auswirkungen der konventionellen
Landwirtschaft tragen muss. Der
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, mineralischen Düngern, die
intensive Tierhaltung, die zu einer
deutlichen Stickstoffbelastung
beispielsweise von Gewässern führt,
der massive Einsatz von Antibiotika,
der Resistenzen und neue Krankheiten nach sich zieht – das sind nur
einige Beispiele für die indirekten,
besser gesagt externen Kosten, die
bislang die Gesellschaft bzw. wir
alle tragen müssen. Auch führt eine
ungesunde Ernährungsweise zu
Mehrkosten für die Gesellschaft, im
Besonderen durch Mehrausgaben
für das Gesundheitssystem. Nachfolgend werden beispielhaft einige
der recherchierten externen Kosten
einer ungesunden bzw. nicht nachhaltigen Ernährung aufgeführt.
Kosten für das Gesundheitssystem durch die Behandlung
von Übergewicht und Diabetes
Der durchschnittliche konventionelle Ernährungsstil der Deutschen
(ESS 1) ist vielfach ungesund. Der
hohe Fleisch- und Zuckerkonsum
kann zu Übergewicht und ernährungsbedingten Krankheiten des
Herz-Kreislauf-Systems oder Diabetes mellitus führen.
67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen haben Übergewicht.
Dabei sind 23 Prozent der Männer
und 24 Prozent der Frauen – also fast
ein Viertel der Bevölkerung – sogar
adipös, also stark übergewichtig.
Während die Übergewichtshäufigkeit in den letzten Jahren stagniert,
ist die Anzahl der Adipositas-Erkrankungen weiter gestiegen. Insgesamt
entstanden nach Angaben des
Statistischen Bundesamtes im Jahr
2008 durch Adipositas und sonstige
Überernährung in Deutschland
Gesundheitskosten von 863 Millionen Euro.
Auch Herz-Kreislauf-Krankheiten
begründen sich unter anderem
(aber keineswegs ausschließlich)
in starkem Übergewicht. Da auch
andere Faktoren – etwa Rauchen, zu
wenig Bewegung oder ein erhöhter
Cholesterinspiegel – das Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern, können die Kosten, die allein
auf die Ernährung zurückzuführen
sind, nicht klar abgegrenzt werden.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes gaben die Krankenkassen
insgesamt allein im Jahr 2008 knapp
37 Milliarden Euro für die Behandlung des Kreislaufsystems aus.
Nicht zuletzt für Diabetes mellitus –
unter der mehr als sieben Millionen
Deutsche leiden – gilt Übergewicht
als eine der Hauptursachen. Die
Dunkelziffer, davon gehen Ärzte und
Gesundheitsexperten aus, ist insbesondere unter Kindern und Jugendlichen erheblich höher, so dass rund
zehn Prozent der deutschen Bevölkerung unter dieser Krankheit leiden
dürften. Das Statistische Bundesamt
beziffert die Ausgaben zur Behandlung der Krankheit für das Jahr 2008
mit rund 6,3 Milliarden Euro.
Die oben aufgeführten Kosten für
das Gesundheitssystem haben – wie
ausgeführt – mehrere Ursachen; eine
Aufschlüsselung auf einzelne Ursachen ist nicht möglich. Wenn man
aber vorsichtig davon ausgeht, dass
50 Prozent der Kosten von Adipositas und Diabetes sowie 20 Prozent
der Herz-Kreislauf-Krankheiten auf
falsche Ernährung zurückzuführen
wären, wären dies immer noch rund
11 Milliarden Euro bzw. rund 140
Euro pro Bundesbürger. Dass dies
nicht überschätzt ist, zeigen auch
andere Zahlen. So beziffert Prof.
Dr. Günter Neubauer, Direktor des
Instituts für Gesundheitsökonomie
in München, die Behandlungskosten für die Folgeerkrankungen
von Adipositas in Deutschland auf
insgesamt 17 Milliarden Euro. Das
Schweizerische Bundesamt für Gesundheit schätzt die Kosten für das
Gesundheitswesen, die durch Adipositas und Übergewicht in 2006 in
der Schweiz entstanden sind, auf 5,8
Milliarden Schweizer Franken. Das
entspricht bei dem Umrechnungskurs von 2006 einer Summe von 3,7
Milliarden Euro oder 493 Euro pro
Einwohner.
Kosten für die Landwirtschaft
durch negative Umweltauswirkungen
Landwirtschaft auf riesigen Flächen
fördert Erosion, die fruchtbare
Böden zerstört; Phosphor- und
Stickstoffverbindungen aus der nicht
bedarfsgerechten Anwendung von
Düngemitteln in der konventionellen Landwirtschaft belasten das
Grundwasser, Flüsse, Seen und die
Meere; ungestörte Lebensräume für
viele Tier- und Pflanzenarten sind
durch intensive und großflächige
Landwirtschaft bedroht; das Umbrechen von Böden, aber auch das
Bewirtschaften von Mooren erhöht
den Ausstoß an Treibhausgasen
zusätzlich. Leider haben umfassende
Recherchen gezeigt, dass es für
Deutschland derzeit keine verlässlichen Daten für externe Kosten aus
15
16
nicht-nachhaltiger Landwirtschaft
gibt. Konservative Schätzungen für
Großbritannien (die beispielsweise
keine Folgekosten durch den Anbau
von importierten Futtermitteln
einbeziehen) beziffern die jährlichen
Kosten für den Zeitraum von 1990
bis 1996 auf minimal 2,5 Milliarden
Euro und maximal 8,6 Milliarden
Euro (in Euro umgerechnet und für
2012 inflationsbereinigt). Würde
man diese Kosten auf die landwirtschaftliche Fläche Deutschlands
umrechnen, entstünden rund 2,4 bis
8,3 Milliarden Euro externe Kosten,
bzw. rund 30 bis 100 Euro pro Einwohner und Jahr. Allerdings muss
dabei berücksichtigt werden, dass
die Zahlen doppelt unsicher sind –
einmal aus methodischen Gründen
und beschränkter Datenlage für
Großbritannien, und dann wegen
der pauschalen Übertragung auf
Deutschland. Die Größenordnung
jedoch dürfte stimmen.
Ursachen externer Kosten am Beispiel „Tomaten“
Tomaten sind das Gemüse, das in Deutschland gern und am häufigsten konsumiert wird. Rund 20 Kilogramm der roten Früchte werden in Deutschland im
Durchschnitt verzehrt, davon 6,7 Kilo als frische Tomaten, der Rest in verarbeiteter Form. Nachfolgend werden die typischen Anbauverhältnisse in Deutschland, den Niederlanden und Spanien im Vergleich dargestellt**.
In der Regel werden Tomaten – ob in konventioneller oder biologischer
Landwirtschaft – in Gewächshäusern oder in großen Folientunneln angebaut.
Diese Form des Anbaus bietet ökonomische Vorteile, so kann früher mit der
Ernte begonnen und Ernteverluste können reduziert werden.
In den Niederlanden findet der Anbau sowohl im konventionellen Bereich als
auch im Bio-Anbau auf höchstem technologischem Niveau in Glasgewächshäusern statt. Für deren Bau und Modernisierung gab es nach Auskunft der
Gemüsebaubetriebe in den Niederlanden zwischen den Jahren 2000 und
2009 umfangreiche Subventionen des niederländischen Staates. Mit Ausnahme des Bio-Anbaus wird hier als Substrat Mineralwolle eingesetzt. Die
verbrauchte Mineralwolle wird im Rahmen der Herstellung von Baumaterial
für den Straßenbau recycelt oder über die Verarbeitung zu Steinklinker wieder
in den Steinwollherstellungsprozess eingespeist. Feuchtigkeit und Nährstoffe werden computergesteuert zugeführt. Der Transport der Tomaten, das
Waschen und Verpacken erfolgen hochautomatisiert an großen maschinellen
Anlagen. Die meisten niederländischen Gewächshäuser sind an gasbetriebene
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen angeschlossen, die den Strombedarf der Betriebe sowie 90 Prozent des Wärmebedarfs der Gewächshäuser bereitstellen.
Der übrige Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist.
In Spanien hingegen werden Tomaten, die als Frischware auf den Markt
kommen, in verschiedenen Gewächshauskonstruktionen aus Plastikfolien (mit
Flach- oder Schrägdach) angebaut. Zum Teil werden auf diese Weise riesige
Landflächen mit Plastikfolie überdacht und sind auch unter dem Begriff „mar
de plastico“ bekannt. Der Einsatz von Dünger erfolgt meist auf der Basis von
Erfahrungswerten, ohne den Einsatz von umfassenden Kontroll- und Messtechniken zur Optimierung. Rund ein Fünftel der Tomaten wachsen auch hier
auf künstlichem Substrat.
Laut Informationen von deutschen Gemüseproduzenten ist in Deutschland
der Gemüseanbau in modernen hocheffizienten Gewächshäusern, wie er in
den Niederlanden verbreitet ist, die Ausnahme. Vergleichbare Subventionen
hat es in Deutschland nicht gegeben. So kommt es, dass in Deutschland
Tomaten meist nicht ganzjährig produziert werden. Der Anbau findet hier –
in der Regel – in Folien- oder Glasgewächshäusern statt, die nur zur Anzucht
und/oder bei Kälteeinbrüchen beheizt werden. Auch hier sind – ebenso wie
in Spanien – umfangreiche Kontroll- und Messtechniken zur Optimierung des
Düngers- und Pestizideinsatzes nicht Standard, der Einsatz von Dünger basiert
auf Erfahrungswerten.
Die finanzielle Unterstützung, die es in den Niederlanden für die Modernisierung des Gemüseanbaus gegeben hat, sind Subventionen, die nicht der Verbraucher bezahlt, sondern von denjenigen getragen werden, die in den Topf
eingezahlt haben, aus dem die Unterstützungsmaßnahmen finanziert werden.
Als Entwicklungsmaßnahme vor allem für die spanische Landwirtschaft inves­
tierte die spanische Regierung in den vergangenen Jahren große Summen für
den Wassertransport über weite Entfernungen, für die Stauung von Flüssen und
den Bau von Kanälen, für die Entsalzung von Meerwasser sowie die Aufbereitung von Abwässern. Schon heute beansprucht die spanische Landwirtschaft
rund 70 Prozent des nationalen Wasserbedarfs. Weitere Kosten entstehen durch
die Behebung von Folgeschäden für die überzogene Grundwassernutzung
sowie die Versalzung großer Anteile an vormals fruchtbaren Böden.
17
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Generell führte der Einsatz von Pestiziden im konventionellen Anbau vor
allem in der Vergangenheit in allen drei Ländern dazu, dass ehemals unbelastete Trink­wasserquellen nicht mehr genutzt werden können. Es entstanden
Kosten für die Erschließung neuer Quellen sowie für die Behandlung von
Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser entstehen. Heute ist in allen drei
Ländern der Pestizideinsatz sichtbar zurückgegangen – nicht zuletzt auch wegen strengerer Grenzwerte und dem Verbot besonders umwelt- und gesundheitsschädlicher Pestizide in der Europäischen Union.
Gesellschaftliche
und politische Aspekte
Auch wenn das Öko-Institut nicht
ermitteln konnten, wie sich die
Endverbraucherpreise konkret
verändern würden, würde man
die externen Kosten einbeziehen,
so wird doch deutlich, dass für die
Gesellschaft mehr Kosten entstehen,
als uns an der Ladentheke bewusst
ist. Sowohl ein ungesundes Zuviel
an Fleisch auf dem Teller als auch
der nicht-nachhaltige Anbau von
Lebensmitteln führen zu erheblichen
Kosten. Aus gesundheitlichen Gründen und unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet ist eindeutig zu
empfehlen, sich nach den Richtlinien
der DGE zu ernähren und auf fair
gehandelte und/oder Produkte aus
biologischem Anbau zurückzugreifen.
Aus agrarpolitischer Sicht unterstützen die Ergebnisse dieser Studie die
Forderung vom Sachverständigenrat
für Umweltfragen (SRU), von Um-
weltverbänden und der Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft e.V.: In den nächsten Jahren
soll eine deutlich höhere Umschichtung für Leistungen im Umwelt- und
Tierschutz von Bauern von den
allgemeinen Direktzahlungen der
EU erfolgen, wie bislang im kürzlich
verabschiedeten Gesetzentwurf
zur Umsetzung der EU-Agrarreform
vorgesehen. Auch der erlaubte
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
beim Anbau von Hülsenfrüchten
wie Futtererbsen, Soja etc. auf
ökologischen Vorrangflächen kann
nicht befürwortet werden. Wichtig
ist es weiterhin, die Regelungen
zum Erhalt von Dauergrünland zu
verbessern.
Aus klimapolitischer Sicht ist es
essentiell, den Fleischkonsum und
vor allem den Anbau von Futtermitteln auf Ackerflächen zu vermindern.
Empfehlungen zum Fleischkonsum
sind jedoch gesellschaftlich stark
umstritten und brisant, möglicherweise weil viele damit die Forderung
nach einem kompletten Verzicht auf
Fleisch verbinden. Es gibt jedoch
eine Reihe von genannten Gründen,
die keineswegs für einen generellen
Verzicht auf Fleisch sprechen. Eine
Reduktion des Fleischkonsums,
verbunden mit einem Umstieg auf
hochwertiges Fleisch aus nachhaltiger, tier- und naturverträglicher Erzeugung sollte erklärtes politisches
Ziel im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sein.
Nicht zuletzt muss es Ziel sein, die
umweltverträgliche Landbewirtschaftung und die Vermarktung
nachhaltig produzierter Lebensmittel zu fördern. Dieses Kochbuch, für
das uns hervorragende Köchinnen
und Köche Rezepte zur Verfügung
gestellt haben, zeigt: bio, saisonal,
mit oder ohne Fleisch, abwechslungsreich und nicht unbedingt
teuer – alles ist möglich und auch
von Ihnen leicht nachzukochen.
Und nun wünschen wir Ihnen
sehr herzlich: Guten Appetit!
* Am Projekt haben vorrangig Frauen gearbeitet. Wir verwenden deshalb die weibliche Form
„Wissenschaftlerin“ und beziehen gleichzeitig alle männlichen Kollegen ein, die einen Anteil an
der Studie haben.
** Eine ausführliche Zusammenfassung der Studienergebnisse mit einer umfassenden Darstellung der Untersuchungsmethodik finden Sie in unserem Working Paper „Ist gutes Essen wirklich
teuer? Ein politisches Kochbuch zum Thema „versteckte Kosten“ unserer Ernährung in Deutschland mit Handlungsempfehlungen und Rezeptvorschlägen für eine genussvolle und nachhaltige
Ernährung“ auf unserer Website unter www.oeko.de/workingpaper/spendenprojekt2012
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„Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit
gehören zusammen“
Dagmar von Cramm ist Ernährungswissenschaftlerin und eine der bekanntesten
Kochbuchautorinnen in Deutschland. Im politischen Kochbuch des Öko-Instituts
finden Sie eine Vielzahl ihrer leckeren Rezepte. In ihrer Sammlung „Das grüne – nicht
nur vegetarische – Kochbuch“ geht sie der Frage nach, wie man gesund und zugleich
ökologisch kochen kann. Sie erzählt im Interview, warum ihr das Thema Nachhaltigkeit so wichtig ist und wie einfach es sein kann, seine Ernährungs- und Kochgewohnheiten umzustellen.
Frau von Cramm, seit wann beschäftigen Sie sich als Ernährungsexpertin mit dem Thema ökologisches und nachhaltiges Kochen?
Eigentlich seit meiner Studienzeit
Ende der 70er Jahre. Damals brachte
Prof. Claus Leitzmann den Aspekt
Welternährung in sein Konzept der
Vollwerternährung ein. Das hat eine
ganze Generation Ökotrophologen
begeistert. Später trennten sich die
Fundis von den Liberalen – und die
Idee verlor an Schwung. Für mich als
Food-Journalistin stand dann Genuss
im Vordergrund und Gesundheit.
Seit der Jahrtausendwende habe ich
zunehmend den Zusammenhang
Genuss-Gesundheit-Nachhaltigkeit
erkannt und mich dafür stark gemacht.
Warum ist Ihnen das Thema so
wichtig?
Weil es viele Fliegen mit einer Klappe
schlägt. Und weil wir in der westlichen Welt Vorbildfunktion haben.
Wenn alle so essen wie wir, reicht die
Erde nicht aus! Außerdem kämpft
unsere Gesellschaft mit den gesundheitlichen Folgen von Übergewicht
– auch das kann so nicht weitergehen. Gleichzeitig bietet gerade
die Wiederentdeckung der Saison
und alter Obst- und Gemüsesorten
einen großen geschmacklichen Reiz.
Übrigens auch die Gewürze und
Zubereitungen vegetarisch lebender
Völker der Welt.
Was hat Sie am meisten überrascht,
als Sie anfingen sich mit bio, öko
und Co. zu beschäftigen?
Na ja – eigentlich habe ich mich
schon immer auch mit diesen
Aspekten beschäftigt. Der überraschendste und positivste Trend für
mich ist, dass die Deutschen bereit
sind, diese Art der Produktion auch
an der Kasse zu honorieren. Dass der
Trend in der Mitte der Gesellschaft
ankommt. Und dass die Ansprüche
an die Geschmacksqualität steigen.
Das war den Fundis nicht so wichtig.
Entsprechend steigt auch die Qualität der Lebensmittel. Das freut mich
als Genussmenschen!
In unserem Spendenprojekt bestätigen wir, dass eine Kost mit weniger Fleisch und Milchprodukten
und eine saisonale Küche Treib­
hausgasemissionen reduziert und
weitere positive Umweltwirkungen
hat. Was ist Ihr Lieblingsrezept
ohne Fleisch?
Das kann ich so unabhängig von
der Saison gar nicht sagen. Denn
für mich ist der Schlüssel einer
kulinarisch spannenden, gesunden
und ökologisch sinnvollen Kost
das Gemüse. Deshalb erschien im
Februar ein neues Kochbuch von
mir – „Meine grüne Diät“ – wo jede
Jahreszeit unterschiedliche Gemüse fokussiert. Im Winter fand ich
Schwarzwurzel-Aspik mit Räucherforelle und Forellenkaviar köstlich.
Und dann natürlich aus dem Grünen
Kochbuch Gefüllter Käsekürbis aus
dem Ofen. Mit Hokkaido natürlich.
Im Frühjahr oder Sommer habe ich
andere Lieblingsrezepte.
neuen Vielfalt erhältlich. Denken Sie
an die Palette der Hülsenfrüchte!
Resteverwertung ist auch ein Thema.
Und Maß halten – das dient auch der
Gesundheit.
Wenn man über den sprichwörtlichen Tellerrand hinausschaut
– was wünschen Sie sich noch für
eine nachhaltige Zukunft?
Dass wir wieder lernen, mit Grundnahrungsmitteln umzugehen.
Zusätzlich wünsche ich mir, dass
auch die nächste Generation kochen
kann! Ohne Fertigprodukte, einfach
mit natürlichen Zutaten. Dafür wäre
es schön, wenn ein Fach Verbraucherbildung inklusive Kochen an den
Schulen eingeführt wird.
Ihr Buch präsentiert viele weitere
leckere Rezepte einer ausgewogenen, saisonalen und biologischen Küche. Worauf können
Köchinnen und Köche achten, die
nachhaltiger kochen wollen?
Auf die Saison, natürlich! Und regionalen Produkten den Vorzug geben.
Alles soweit wie möglich verwerten:
Blätter von Radieschen, Roter Bete,
Kohlrabi und Blumenkohl schmecken köstlich! Auf eine gute Balance
von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln achten – auch Getreide,
Nüsse und Saaten sind in einer ganz
„Das grüne – nicht nur vegetarische –
Kochbuch: Rezepte für ein gutes Leben:
regional, nachhaltig und für jede Jahreszeit“, Dagmar von Cramm, GU Themenkochbuch, GRÄFE UND UNZER Verlag
GmbH, ISBN: 978-3833825262
www.dagmarvoncramm.de
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