Nachhaltig kochen! - Öko
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Nachhaltig kochen! - Öko
Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts AutorInnen Dr. Jenny Teufel Yifaat Baron Andrea Droste Prof. Dr. Rainer Grießhammer Karin Menge Mandy Schoßig 4 Impressum Über den eigenen Tellerrand hinaus Herausgeber: Öko-Institut e.V. Stand: Juli 2014 Ich kann es nicht bestreiten: Auch ich habe mich selbst schon dabei ertappt, stirnrunzelnd einen Bioladen verlassen zu haben, beim stillen Vergleich, was ich im konventionellen Laden gezahlt hätte. Und das ist auch ein Stück weit verständlich, denn vielen Konsumenten und Konsumentinnen fällt nachhaltiges Handeln leichter, wenn es nicht mehr kostet oder im besten Fall auch noch Geld spart – wie zum Beispiel beim Stromsparen. Öko-Institut, Büro Freiburg Merzhauser Str. 173 79100 Freiburg www.oeko.de [email protected] Gestaltung und Layout: Tobias Binnig (www.gestalter.de) Gedruckt auf: RecyFair, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ Druckauflage: 400 Stück Die Rezepte wurden uns von Dagmar von Cramm, Vincent Klink, Cornelia Poletto und Hans-Albert Stechl zur Verfügung gestellt – an dieser Stelle schon mal einen expliziten Dank. Bild- und Rezeptnachweise Von Cramm: © „Das grüne nicht nur vegetarische Kochbuch“, Peter Schulte für GU. Klink: © Vincent Klink Poletto: Meine Lieblingsrezepte S. 78: Spargelsuppe: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann S. 84: Minestrone: © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling S. 224: Apfel-Mascarpone-Creme: © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann Polettos Kochschule S. 80: Steinpilzrisotto © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling S. 44: Linsensuppe © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling S. 78: Gnocchi mit Gorgonzola-Sauce © Verlag Zabert Sandmann / Andrea Kramp & Bernd Gölling Mein neuer Grundkurs für Einsteiger S. 118: Kalbsklößchen mit Zitronensauce © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann S. 174: Crespelle mit Spinat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann S. 88: Forellenfilets mit Kartoffel-Rote-Beete-Salat © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann Mein Grundkurs für Einsteiger S. 48: Gratinierte Champignons © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann S. 32: Klare Kartoffel-Lauch-Suppe © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann S. 79: Gegrillter Lachs mit Salsa Verde © Verlag Zabert Sandmann / Jan-Peter Westermann Nun ist es im Bereich der Ernährung in der Regel so, dass Bio-Lebensmittel den Verbraucher im Schnitt mehr kosten als konventionell hergestellte. Aber das gilt nur für den Ladenpreis. Dieses Kochbuch jedoch präsentiert Ergebnisse unserer Studie zu den wahren Kosten unserer Ernährung. Wir haben uns für unser jährliches Spendenprojekt aus mehreren Gründen für das Thema Ernährung entschieden: Erstens verursachen wir Deutschen mit unserer Ernährung ein Fünftel der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen. Zweitens ist die deutsche Durchschnittsernährung auch in Punkto Gesundheit nicht nachhaltig. Darüber hinaus gibt es politischen Handlungsbedarf: So könnten Landwirte für aktiven Umwelt- und Tierschutz finanziell noch besser honoriert werden. Die Studie zeigt klar, dass die externen Kosten unserer Lebensmittel zukünftig nicht mehr von der Gesellschaft, und damit von jedem Einzelnen, sondern von den Verursachern getragen werden müssen. Und dennoch: Essen müssen wir schlicht und einfach alle und so kann jeder durch eigenes Handeln Nachhaltigkeit leben. Ich möchte den Ergebnissen, die wir auf den nächsten Seiten zusammengefasst haben, mit einem Bild vorausgreifen. Stellen Sie sich zwei Einkaufskörbe vor. In dem einen befinden sich ausschließlich Biolebensmittel in einer Zusammensetzung, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen wird. Das heißt: viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, wenig Fleisch und Wurstwaren, dafür mehr Milchprodukte. Im zweiten Korb liegen Lebensmittel der deutschen Durchschnittsesser: viel Fleisch, wenig Gemüse, und das alles aus konventioneller Landwirtschaft. Der Preis der beiden Körbe wäre nahezu gleich. Und jetzt setzen wir noch eines drauf: Nehmen wir einmal an, der Käufer müsste für alle Folgekosten für die nichtnachhaltige Ernährung direkt bezahlen. Also für Schäden an Böden und Gewässern, aber auch für die medizinische Behandlung von Krankheiten, die in Folge unausgewogener Ernährung notwendig werden. Welcher Korb, glauben Sie, wäre dann der günstigere? Vermutlich liegt die Antwort auf der Hand. Nun hoffe ich, dass Sie mit unserem Kochbuch Ihr Wissen noch einfacher in die Tat umsetzen können und wünsche Ihnen viel Freude mit neuen Kochideen für jede Jahreszeit. Stechl: © Hans-Albert Stechl Titel: © Videovol - Fotolia.com; S.22: © thongsee - Fotolia.com Rainer Grießhammer 5 6 Inhaltsverzeichnis Über den eigenen Tellerrand hinaus: Editorial 5 Was gutes Essen wirklich kostet: Studienergebnisse 8 „Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit gehören zusammen“: Interview mit Dagmar von Cramm Biologisch, regional, saisonal: Rezepte für jede Jahreszeit Crespelle mit Ricotta-Spinat-Füllung 49 Panna Cotta mit karamelisierten Beeren 50 Erdbeer-Tiramisu mit Minze 51 Sommer 20 Minestrone mit Basilikum-Pesto 54 23 Kürbissuppe 55 Couscous-Salat 56 Wirsingsalat mit Orangen 57 Buschbohnen 58 Gefüllte Auberginenröllchen in Tomatensugo 59 Kaninchentopf mit Polenta 60 Forellenfilet mit Kartoffel-Rote-Bete-Salat und Schnittlauchrahm 61 Zucchini-Puffer mit Feta und Minze 62 Steinpilz-Risotto mit Kräutern 63 Beerengratin 64 Birne in Rotwein 65 Winter Pariser Zwiebelsuppe mit gratinierten Brotscheiben 26 Feldsalatsuppe mit Ricotta-Kräuterklösschen 27 Chicorée-Orangen-Salat 28 Feldsalat mit Kartoffelvinaigrette 29 Herzhafte Dampfnudeln mit Rosenkohlblattsalat 30 Gratinierte Champignons mit Ziegenkäse und Pinienkernen 31 Geschmorte Beinscheiben 32 Fischfrikadellen mit schwäbischem Kartoffelsalat 33 Kartoffel-Rosenkohl-Auflauf 34 Nudel-Auflauf 35 Crème brûlée 36 Schwarzwälder Kirschtorte im Glas 37 Frühling Spargelsuppe mit Brunnenkresse und pochiertem Ei 40 Radieschengrün-Suppe 41 Spinatsalat mit Croûtons 42 Fruchtiger Möhrensalat mit Erdbeeren 43 Ziegenkäse im Strudelteig 44 Spinatknödel mit Käsefüllung und Käsesauce 45 Zucchiniblech mit Hühnerbrust 46 Kalbsklößchen mit Zitronensauce und Spargelsalat 47 Spargel-Erbsen-Quiche 48 Herbst Linsensuppe mit geräucherten Forellenfilets 68 Klare Kartoffel-Lauch-Suppe 69 Selleriesalat 70 Endiviensalat 71 Birnen-Gorgonzola-Törtchen 72 Rosenkohl mit Kürbis 73 Rehrouladen mit Kartoffelpüree 74 Fisch-Kartoffel-Gratin 75 Kohlroulade mit Sellerie-Kartoffel-Püree 76 Gnocchi mit Gorgonzolasauce und gehackten Pistazien 77 Maronencreme 78 Preiselbeerschichtspeise 79 Die Köchinnen und Köche im Porträt 80 7 8 Was gutes Essen wirklich kostet Studienergebnisse des Öko-Instituts zu den Kosten einer nachhaltigen und gesunden Ernährung Über eine gesunde Ernährung streiten Fachleute seit vielen Jahren. Fleisch, Kohlenhydrate, chemische Zusätze in Lebensmitteln und vieles mehr gibt Anlass zu intensiven Debatten um die Frage: Wie ernähre ich mich möglichst gesund? Dabei ist ein Blick auf die Statistiken aufschlussreich. Der oder die durchschnittliche Deutsche verzehrt laut Statistischem Bundesamt jährlich rund 90 Kilogramm Fleisch, nimmt mehr als 100 Kilogramm Milcherzeugnisse zu sich und isst 95 Kilogramm frisches Gemüse. Schaut man hingegen auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – kurz DGE – so wird deutlich, dass ein solches Essverhalten nicht als sonderlich gesund gelten kann. Die DGE empfiehlt, weniger Fleisch und Molkereiprodukte zu sich zu nehmen, mehr Obst und Gemüse zu konsumieren, häufiger zu Vollwertprodukten zu greifen und Genussmittel wie Alkohol und Tabak in Maßen zu genießen. Auch die Frage, ob Bioprodukte grundsätzlich gesünder sind bzw. welche Vorteile biologisch erzeugte Produkte für die Verbraucher, aber auch für Umwelt und Klima insgesamt haben, beschäf- tigt viele. Zahlreiche Studien der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Bio-Lebensmittel beim Anbau zu deutlich weniger Belastungen von Böden, Grundwasser, Wasser in Flüssen und Seen, aber auch des Klimas führen. Auch eine nachhaltig ausgerichtete Viehzucht kann nach wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu beitragen, alte Kultur- und Weidelandschaften und die dort vorhandene Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten. In seinem Spendenprojekt „Ist gutes Essen wirklich teuer?“ hat das Öko-Institut versucht, die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile zu ermitteln, und zwar die direkten Kosten bzw. Preise am Markt wie auch die indirekten Kosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden, die bislang die Gesellschaft tragen muss. Folgende Fragen sollten geklärt werden: Ist eine gesunde Ernährung mit Bio-Lebensmitteln für Verbraucher mit Mehrkosten gegenüber einer konventionellen Ernährung verbunden? Wie hoch sind die gesellschaftlichen Kosten der ungesunden und umweltbelastenden konventionellen Ernährung? Und wäre eine gesunde Ernährung mit Bio-Lebensmitteln vielleicht sogar billiger als die konventionelle Ernährung, wenn die indirekten Ko- sten von den Verursachern und nicht mehr von der Gesellschaft getragen werden müssten? Um es gleich vorweg zu sagen: Nicht alle dieser Fragen konnten umfassend in dieser Studie beantwortet werden. Die Wissenschaftlerinnen* waren mit einer äußerst schlechten Datenlage konfrontiert, was die sogenannten externen Kosten angeht. Sie konnten beispielsweise nicht umfassend berechnen, welche Kosten als Folgen von Umweltbelastungen durch intensive Tierzucht entstehen. Die Marktpreise sind dagegen deutlich besser zu ermitteln und weisen geringere Spannbreiten auf als die indirekten Kosten durch Umweltund Gesundheitsbelastungen. Bei den indirekten Kosten gibt es nur wenige Untersuchungen, eine große Spannbreite und schon methodisch eine größere Unsicherheit bei der Zuordnung von Schäden auf verschiedene Verursacher. Dennoch ergab eine umfassende Literatur recherche zahlreiche Anhaltspunkte, die den Schluss nahelegen, dass sowohl eine ungesunde Ernährung – unabhängig davon wie die Lebensmittel erzeugt wurden – als auch eine nicht nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln Kosten erzeugen, für die unsere Gesellschaft gerade stehen muss. Die Ergebnisse unserer Berechnungen werden nachfolgend vorgestellt. Vier Ernährungsstile, Kosten erhebung im Supermarkt Die Studie des Öko-Instituts analysiert die Kosten, die für folgende vier Ernährungsstile entstehen: eine durchschnittliche deutsche Ernährung in Anlehnung an die Daten des Statistischen Bundesamts (kurz genannt: ESS 1) eine Ernährung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE (mit rund 70 Prozent weniger Fleisch, jedoch 30 Prozent mehr Milchprodukten als in der Durchschnittsernährung) (ESS 2) eine durchschnittliche deutsche Ernährung (wie ESS 1), aber zu 100 Prozent auf Bio-Lebensmitteln und fair gehandelten Lebensmitteln basierend (ESS 3) eine Ernährung nach den Empfehlungen der DGE (wie ESS 2), aber zu 100 Prozent auf Bio-Lebensmitteln und fair gehandelten Lebensmitteln basierend (ESS 4) Für die ersten beiden Ernährungsstile (ESS 1 und ESS 2) sowie für eine vegetarische und eine vegane Ernährung (ESS 5 und 6) haben die Wissenschaftlerinnen Klima- bzw. Treibhausgas-Bilanzen berechnet: für eine vegetarische Ernährung, die neben pflanzlichen Nahrungsmitteln auch Eier- und Milchprodukte berücksichtigt (ESS 5) 9 10 für eine vegane Ernährung, bei der gänzlich auf Fleisch und andere tierische Produkte wie auch Fisch und Milchprodukte, verzichtet wird (ESS 6) Die Wissenschaftlerinnen haben schließlich für alle Ernährungsstile Tagespläne zusammengestellt, denen reale Mahlzeiten zugrunde liegen. Bei den Tagesplänen berücksichtigten sie sowohl eine abwechslungsreiche Mischung auf dem Teller als auch die unterschiedlichen Jahreszeiten bei der Auswahl der Speisen. Das bedeutet, dass in der Untersuchung bewusst eine saisonale Auswahl der Produkte – also Spargel im Mai oder Bohnen im September – angenommen wurde. Eine asaisonale Auswahl, wie beispielsweise Erdbeeren im Dezember oder auch der Kauf von „Luxusprodukten“ oder Spezialitäten aus anderen Ländern, wurden nicht berücksichtigt. Die Forscherinnen nahmen zudem an, dass eine Person täglich drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten mit insgesamt rund 2.000 Kilokalorien zu sich nimmt. Die beispielhaften Tages pläne enthalten außer Kaffee und Tee keine Genussmittel wie etwa Alkohol, Softdrinks oder Snacks in Form von Chips oder Schokoriegeln. Süßspeisen waren aber in Form von Keksen, Schokolade, Kuchen oder Kompott als Zwischenmahlzeiten enthalten. Convenience-Produkte wurden aufgrund ihrer sehr unein- heitlichen Preisstruktur nicht in den Kostenvergleich aufgenommen. Wie unsere Preisrecherchen zeigten, sind Bio-Produkte meist 10-30% teurer. Dagegen waren beispielsweise Bio-Pizzen im Bio-Supermarkt sogar billiger als Pizzen in konventionellen Supermärkten. Die Kosten der Lebensmittel erho ben die Wissenschaftlerinnen bei Ladenbegehungen von Mai bis September 2013. Sie besuchten verschiedene Supermarktketten, einen Discounter, einen Biosupermarkt sowie einen Genossenschaftsladen in Freiburg im Breisgau. Preise können von Region zu Region innerhalb Deutschlands stark variieren und sind in Freiburg höher als im Bundesdurchschnitt. Dennoch ist anzunehmen, dass das Verhältnis zwischen den Lebensmitteln andernorts ähnlich ist. Die Preise für die Lebensmittel wurden so erhoben, dass sie für einen Produkttyp wie beispielsweise Tomaten vergleichbar sind. Das heißt, dass beispielsweise nicht der Durchschnittspreis für alle im Laden erhältlichen Tomaten, sondern in allen Läden der Preis für eine bestimmte Tomatensorte ermittelt wurde (zum Beispiel normale runde Tomaten für Tomatensalat oder Fleischtomaten für Tomatensoße). Klimabilanz der unterschiedlichen Ernährungsweisen Etwa ein Fünftel der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen in Deutschland – fast 190 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – wird durch die Ernährung verursacht. Die Produktion von Fleisch hat daran einen hohen Anteil. Über die Hälfte dieser Emissionen entsteht bereits in der landwirtschaftlichen Erzeugung der Lebensmittel; die andere Hälfte wird durch Einkauf, Transport und Zubereitung der Nahrung verursacht. Die nachstehende Auswertung zeigt die jährlichen Treibhausgas emissionen sowie die Einsparungen der alternativen Ernährungsweisen im Vergleich zur konventionellen Ernährung. Jährliche Treibhausgasemissionen der unterschiedlichen Ernährungsstile (in Kilogramm) und Einsparpotenziale (in Prozent) 1400 1.314 1.153 12% 1200 26% 37% 978 1000 825 800 600 400 200 0 Durchschnittliche Ernährung DGE-Empfehlung Die Ergebnisse zeigen: Wer seinen Fleischkonsum reduziert, kann aktiv zum Klimaschutz beitragen. Zugleich ist ein Weniger an Fleisch Vegetarische Ernährung Vegane Ernährung gesünder, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung deutlich macht. Ein kompletter Verzicht auf Fleisch kann zwar noch mehr Treibhausgase 11 12 einsparen, es braucht dann aber eine stärkere Beachtung einer „ausgewogenen Ernährung“, damit sämtliche wertvollen Inhaltsstoffe des Fleischs ersetzt werden. Thema „Fleischkonsum“ Es ist ethisch umstritten, ob man Fleisch essen sollte oder nicht. Aus Naturschutzgründen ist ein maßvoller Fleischkonsum aber durchaus empfehlenswert. Extensive Viehzucht trägt zur Offenhaltung der Landschaft und damit zu strukturreichen Vegetations- und Landschaftsformen bei, die Lebensräume für eine artenreiche Tierwelt bieten. Aus globaler Sicht leistet eine eher extensiv ausgerichtete Viehzucht einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrung. Laut Angaben der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden 69 Prozent der weltweit für die Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Flächen als extensives Weideland genutzt und können auch in Zukunft aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht nicht sinnvoll in Ackerland überführt werden. Fleisch aus extensiver Weidehaltung ist sowohl von konventionell wirtschaftenden Landwirten als auch von Landwirten, die nach den Richtlinien des kontrolliert biologischen Anbaus wirtschaften, erhältlich. Ersteres steht jedoch nur in verschwindend geringen Mengen zu Verfügung und wird in der Regel überwiegend lokal vermarktet, da der Mehrwert nicht über eine geschützte Kennzeichnung sichtbar gemacht werden kann. rungsstile – konventionell mit einem hohen Fleischkonsum im Vergleich zur DGE-Empfehlung mit deutlich weniger Fleisch in der jeweiligen Bio-Variante – zeigen: Wer viel Fleisch konsumiert und generell nur Bio-Lebensmittel (ESS 3) kauft, zahlt rund ein Drittel mehr als derjenige, der viel Fleisch konsumiert und konventionell erzeugte Produkte kauft (ESS 1). Wer sich jedoch gesünder nach den Vorgaben der DGE ernährt und dabei nur Bio-Lebensmittel kauft (ESS 4), liegt fast gleichauf mit den Kosten für konventionelle Ernährung und Lebensmittel (ESS1). Die Mehrkosten liegen dann nur bei rund 80 Euro pro Jahr oder rund Auch interessant: wer sich keine BioLebensmittel leisten kann oder will, aber sich gesund nach DGE-Empfehlung ernährt (ESS 3), spart gegen über der konventionellen Ernährung mit konventionellen Lebensmittel rund 360 Euro pro Jahr! Was kosten die unterschiedlichen Ernährungsstile? (Euro pro Jahr und Person) 4000 3.625 € 3500 2.839 € 2.758 € 87% 103% 100% 131% DGE Konventionell DGE Bio Fleischbetont Konventionell Fleischbetont Bio 3000 Wer sich grundsätzlich für das Essen von Fleisch und Wurst in vertretbaren Mengen entscheidet, sollte Fleisch von hoher Qualität und Bio-Fleisch einkaufen. Das Biosiegel fordert eine bessere Tierhaltung als in der konventionellen Landwirtschaft üblich und bei Wiederkäuern einen hohen Raufutteranteil (Heu und Gras), der nur im Rahmen einer Grünlandwirtschaft gewährleistet werden kann. drei Prozent. Die drei Prozent liegen allerdings im Rahmen der Fehlergrenze bei der gewählten Untersuchungsmethode. In der Praxis kann man je nach Wahl der spezifischen Lebensmittel (zum Beispiel der Art des Brotes, des Obst oder Gemüses, etwa der Tomaten wie oben erläutert) auch günstiger oder teurer liegen. 2500 2.396 € 2000 1500 1000 Was kosten die unterschiedlichen Ernährungsstile? Im zweiten Schritt haben die Wissenschaftlerinnen des Öko-Instituts untersucht, um wieviel teurer die Versorgung mit biologisch erzeugten und fair gehandelten Lebensmitteln für Verbraucher ist. Die Analysen der beiden Ernäh- 500 0 13 14 Eine gesunde Ernährung auf Basis der DGE-Empfehlungen, verbunden mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln, ist also aus nachhaltiger Sicht klar empfehlenswert. Sie ist gesünder und umweltschonender und dabei kaum teurer als eine konventionelle Ernährung. Zu den direkten Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher kommen jedoch noch die indirekten Kosten, die die Gesellschaft für höhere Aufwendungen im Gesundheitssystem und für die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft tragen muss. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, mineralischen Düngern, die intensive Tierhaltung, die zu einer deutlichen Stickstoffbelastung beispielsweise von Gewässern führt, der massive Einsatz von Antibiotika, der Resistenzen und neue Krankheiten nach sich zieht – das sind nur einige Beispiele für die indirekten, besser gesagt externen Kosten, die bislang die Gesellschaft bzw. wir alle tragen müssen. Auch führt eine ungesunde Ernährungsweise zu Mehrkosten für die Gesellschaft, im Besonderen durch Mehrausgaben für das Gesundheitssystem. Nachfolgend werden beispielhaft einige der recherchierten externen Kosten einer ungesunden bzw. nicht nachhaltigen Ernährung aufgeführt. Kosten für das Gesundheitssystem durch die Behandlung von Übergewicht und Diabetes Der durchschnittliche konventionelle Ernährungsstil der Deutschen (ESS 1) ist vielfach ungesund. Der hohe Fleisch- und Zuckerkonsum kann zu Übergewicht und ernährungsbedingten Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems oder Diabetes mellitus führen. 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen haben Übergewicht. Dabei sind 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen – also fast ein Viertel der Bevölkerung – sogar adipös, also stark übergewichtig. Während die Übergewichtshäufigkeit in den letzten Jahren stagniert, ist die Anzahl der Adipositas-Erkrankungen weiter gestiegen. Insgesamt entstanden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2008 durch Adipositas und sonstige Überernährung in Deutschland Gesundheitskosten von 863 Millionen Euro. Auch Herz-Kreislauf-Krankheiten begründen sich unter anderem (aber keineswegs ausschließlich) in starkem Übergewicht. Da auch andere Faktoren – etwa Rauchen, zu wenig Bewegung oder ein erhöhter Cholesterinspiegel – das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern, können die Kosten, die allein auf die Ernährung zurückzuführen sind, nicht klar abgegrenzt werden. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes gaben die Krankenkassen insgesamt allein im Jahr 2008 knapp 37 Milliarden Euro für die Behandlung des Kreislaufsystems aus. Nicht zuletzt für Diabetes mellitus – unter der mehr als sieben Millionen Deutsche leiden – gilt Übergewicht als eine der Hauptursachen. Die Dunkelziffer, davon gehen Ärzte und Gesundheitsexperten aus, ist insbesondere unter Kindern und Jugendlichen erheblich höher, so dass rund zehn Prozent der deutschen Bevölkerung unter dieser Krankheit leiden dürften. Das Statistische Bundesamt beziffert die Ausgaben zur Behandlung der Krankheit für das Jahr 2008 mit rund 6,3 Milliarden Euro. Die oben aufgeführten Kosten für das Gesundheitssystem haben – wie ausgeführt – mehrere Ursachen; eine Aufschlüsselung auf einzelne Ursachen ist nicht möglich. Wenn man aber vorsichtig davon ausgeht, dass 50 Prozent der Kosten von Adipositas und Diabetes sowie 20 Prozent der Herz-Kreislauf-Krankheiten auf falsche Ernährung zurückzuführen wären, wären dies immer noch rund 11 Milliarden Euro bzw. rund 140 Euro pro Bundesbürger. Dass dies nicht überschätzt ist, zeigen auch andere Zahlen. So beziffert Prof. Dr. Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie in München, die Behandlungskosten für die Folgeerkrankungen von Adipositas in Deutschland auf insgesamt 17 Milliarden Euro. Das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit schätzt die Kosten für das Gesundheitswesen, die durch Adipositas und Übergewicht in 2006 in der Schweiz entstanden sind, auf 5,8 Milliarden Schweizer Franken. Das entspricht bei dem Umrechnungskurs von 2006 einer Summe von 3,7 Milliarden Euro oder 493 Euro pro Einwohner. Kosten für die Landwirtschaft durch negative Umweltauswirkungen Landwirtschaft auf riesigen Flächen fördert Erosion, die fruchtbare Böden zerstört; Phosphor- und Stickstoffverbindungen aus der nicht bedarfsgerechten Anwendung von Düngemitteln in der konventionellen Landwirtschaft belasten das Grundwasser, Flüsse, Seen und die Meere; ungestörte Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten sind durch intensive und großflächige Landwirtschaft bedroht; das Umbrechen von Böden, aber auch das Bewirtschaften von Mooren erhöht den Ausstoß an Treibhausgasen zusätzlich. Leider haben umfassende Recherchen gezeigt, dass es für Deutschland derzeit keine verlässlichen Daten für externe Kosten aus 15 16 nicht-nachhaltiger Landwirtschaft gibt. Konservative Schätzungen für Großbritannien (die beispielsweise keine Folgekosten durch den Anbau von importierten Futtermitteln einbeziehen) beziffern die jährlichen Kosten für den Zeitraum von 1990 bis 1996 auf minimal 2,5 Milliarden Euro und maximal 8,6 Milliarden Euro (in Euro umgerechnet und für 2012 inflationsbereinigt). Würde man diese Kosten auf die landwirtschaftliche Fläche Deutschlands umrechnen, entstünden rund 2,4 bis 8,3 Milliarden Euro externe Kosten, bzw. rund 30 bis 100 Euro pro Einwohner und Jahr. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass die Zahlen doppelt unsicher sind – einmal aus methodischen Gründen und beschränkter Datenlage für Großbritannien, und dann wegen der pauschalen Übertragung auf Deutschland. Die Größenordnung jedoch dürfte stimmen. Ursachen externer Kosten am Beispiel „Tomaten“ Tomaten sind das Gemüse, das in Deutschland gern und am häufigsten konsumiert wird. Rund 20 Kilogramm der roten Früchte werden in Deutschland im Durchschnitt verzehrt, davon 6,7 Kilo als frische Tomaten, der Rest in verarbeiteter Form. Nachfolgend werden die typischen Anbauverhältnisse in Deutschland, den Niederlanden und Spanien im Vergleich dargestellt**. In der Regel werden Tomaten – ob in konventioneller oder biologischer Landwirtschaft – in Gewächshäusern oder in großen Folientunneln angebaut. Diese Form des Anbaus bietet ökonomische Vorteile, so kann früher mit der Ernte begonnen und Ernteverluste können reduziert werden. In den Niederlanden findet der Anbau sowohl im konventionellen Bereich als auch im Bio-Anbau auf höchstem technologischem Niveau in Glasgewächshäusern statt. Für deren Bau und Modernisierung gab es nach Auskunft der Gemüsebaubetriebe in den Niederlanden zwischen den Jahren 2000 und 2009 umfangreiche Subventionen des niederländischen Staates. Mit Ausnahme des Bio-Anbaus wird hier als Substrat Mineralwolle eingesetzt. Die verbrauchte Mineralwolle wird im Rahmen der Herstellung von Baumaterial für den Straßenbau recycelt oder über die Verarbeitung zu Steinklinker wieder in den Steinwollherstellungsprozess eingespeist. Feuchtigkeit und Nährstoffe werden computergesteuert zugeführt. Der Transport der Tomaten, das Waschen und Verpacken erfolgen hochautomatisiert an großen maschinellen Anlagen. Die meisten niederländischen Gewächshäuser sind an gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen angeschlossen, die den Strombedarf der Betriebe sowie 90 Prozent des Wärmebedarfs der Gewächshäuser bereitstellen. Der übrige Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. In Spanien hingegen werden Tomaten, die als Frischware auf den Markt kommen, in verschiedenen Gewächshauskonstruktionen aus Plastikfolien (mit Flach- oder Schrägdach) angebaut. Zum Teil werden auf diese Weise riesige Landflächen mit Plastikfolie überdacht und sind auch unter dem Begriff „mar de plastico“ bekannt. Der Einsatz von Dünger erfolgt meist auf der Basis von Erfahrungswerten, ohne den Einsatz von umfassenden Kontroll- und Messtechniken zur Optimierung. Rund ein Fünftel der Tomaten wachsen auch hier auf künstlichem Substrat. Laut Informationen von deutschen Gemüseproduzenten ist in Deutschland der Gemüseanbau in modernen hocheffizienten Gewächshäusern, wie er in den Niederlanden verbreitet ist, die Ausnahme. Vergleichbare Subventionen hat es in Deutschland nicht gegeben. So kommt es, dass in Deutschland Tomaten meist nicht ganzjährig produziert werden. Der Anbau findet hier – in der Regel – in Folien- oder Glasgewächshäusern statt, die nur zur Anzucht und/oder bei Kälteeinbrüchen beheizt werden. Auch hier sind – ebenso wie in Spanien – umfangreiche Kontroll- und Messtechniken zur Optimierung des Düngers- und Pestizideinsatzes nicht Standard, der Einsatz von Dünger basiert auf Erfahrungswerten. Die finanzielle Unterstützung, die es in den Niederlanden für die Modernisierung des Gemüseanbaus gegeben hat, sind Subventionen, die nicht der Verbraucher bezahlt, sondern von denjenigen getragen werden, die in den Topf eingezahlt haben, aus dem die Unterstützungsmaßnahmen finanziert werden. Als Entwicklungsmaßnahme vor allem für die spanische Landwirtschaft inves tierte die spanische Regierung in den vergangenen Jahren große Summen für den Wassertransport über weite Entfernungen, für die Stauung von Flüssen und den Bau von Kanälen, für die Entsalzung von Meerwasser sowie die Aufbereitung von Abwässern. Schon heute beansprucht die spanische Landwirtschaft rund 70 Prozent des nationalen Wasserbedarfs. Weitere Kosten entstehen durch die Behebung von Folgeschäden für die überzogene Grundwassernutzung sowie die Versalzung großer Anteile an vormals fruchtbaren Böden. 17 18 Generell führte der Einsatz von Pestiziden im konventionellen Anbau vor allem in der Vergangenheit in allen drei Ländern dazu, dass ehemals unbelastete Trinkwasserquellen nicht mehr genutzt werden können. Es entstanden Kosten für die Erschließung neuer Quellen sowie für die Behandlung von Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser entstehen. Heute ist in allen drei Ländern der Pestizideinsatz sichtbar zurückgegangen – nicht zuletzt auch wegen strengerer Grenzwerte und dem Verbot besonders umwelt- und gesundheitsschädlicher Pestizide in der Europäischen Union. Gesellschaftliche und politische Aspekte Auch wenn das Öko-Institut nicht ermitteln konnten, wie sich die Endverbraucherpreise konkret verändern würden, würde man die externen Kosten einbeziehen, so wird doch deutlich, dass für die Gesellschaft mehr Kosten entstehen, als uns an der Ladentheke bewusst ist. Sowohl ein ungesundes Zuviel an Fleisch auf dem Teller als auch der nicht-nachhaltige Anbau von Lebensmitteln führen zu erheblichen Kosten. Aus gesundheitlichen Gründen und unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet ist eindeutig zu empfehlen, sich nach den Richtlinien der DGE zu ernähren und auf fair gehandelte und/oder Produkte aus biologischem Anbau zurückzugreifen. Aus agrarpolitischer Sicht unterstützen die Ergebnisse dieser Studie die Forderung vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), von Um- weltverbänden und der Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft e.V.: In den nächsten Jahren soll eine deutlich höhere Umschichtung für Leistungen im Umwelt- und Tierschutz von Bauern von den allgemeinen Direktzahlungen der EU erfolgen, wie bislang im kürzlich verabschiedeten Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Agrarreform vorgesehen. Auch der erlaubte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln beim Anbau von Hülsenfrüchten wie Futtererbsen, Soja etc. auf ökologischen Vorrangflächen kann nicht befürwortet werden. Wichtig ist es weiterhin, die Regelungen zum Erhalt von Dauergrünland zu verbessern. Aus klimapolitischer Sicht ist es essentiell, den Fleischkonsum und vor allem den Anbau von Futtermitteln auf Ackerflächen zu vermindern. Empfehlungen zum Fleischkonsum sind jedoch gesellschaftlich stark umstritten und brisant, möglicherweise weil viele damit die Forderung nach einem kompletten Verzicht auf Fleisch verbinden. Es gibt jedoch eine Reihe von genannten Gründen, die keineswegs für einen generellen Verzicht auf Fleisch sprechen. Eine Reduktion des Fleischkonsums, verbunden mit einem Umstieg auf hochwertiges Fleisch aus nachhaltiger, tier- und naturverträglicher Erzeugung sollte erklärtes politisches Ziel im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sein. Nicht zuletzt muss es Ziel sein, die umweltverträgliche Landbewirtschaftung und die Vermarktung nachhaltig produzierter Lebensmittel zu fördern. Dieses Kochbuch, für das uns hervorragende Köchinnen und Köche Rezepte zur Verfügung gestellt haben, zeigt: bio, saisonal, mit oder ohne Fleisch, abwechslungsreich und nicht unbedingt teuer – alles ist möglich und auch von Ihnen leicht nachzukochen. Und nun wünschen wir Ihnen sehr herzlich: Guten Appetit! * Am Projekt haben vorrangig Frauen gearbeitet. Wir verwenden deshalb die weibliche Form „Wissenschaftlerin“ und beziehen gleichzeitig alle männlichen Kollegen ein, die einen Anteil an der Studie haben. ** Eine ausführliche Zusammenfassung der Studienergebnisse mit einer umfassenden Darstellung der Untersuchungsmethodik finden Sie in unserem Working Paper „Ist gutes Essen wirklich teuer? Ein politisches Kochbuch zum Thema „versteckte Kosten“ unserer Ernährung in Deutschland mit Handlungsempfehlungen und Rezeptvorschlägen für eine genussvolle und nachhaltige Ernährung“ auf unserer Website unter www.oeko.de/workingpaper/spendenprojekt2012 19 20 „Genuss – Gesundheit – Nachhaltigkeit gehören zusammen“ Dagmar von Cramm ist Ernährungswissenschaftlerin und eine der bekanntesten Kochbuchautorinnen in Deutschland. Im politischen Kochbuch des Öko-Instituts finden Sie eine Vielzahl ihrer leckeren Rezepte. In ihrer Sammlung „Das grüne – nicht nur vegetarische – Kochbuch“ geht sie der Frage nach, wie man gesund und zugleich ökologisch kochen kann. Sie erzählt im Interview, warum ihr das Thema Nachhaltigkeit so wichtig ist und wie einfach es sein kann, seine Ernährungs- und Kochgewohnheiten umzustellen. Frau von Cramm, seit wann beschäftigen Sie sich als Ernährungsexpertin mit dem Thema ökologisches und nachhaltiges Kochen? Eigentlich seit meiner Studienzeit Ende der 70er Jahre. Damals brachte Prof. Claus Leitzmann den Aspekt Welternährung in sein Konzept der Vollwerternährung ein. Das hat eine ganze Generation Ökotrophologen begeistert. Später trennten sich die Fundis von den Liberalen – und die Idee verlor an Schwung. Für mich als Food-Journalistin stand dann Genuss im Vordergrund und Gesundheit. Seit der Jahrtausendwende habe ich zunehmend den Zusammenhang Genuss-Gesundheit-Nachhaltigkeit erkannt und mich dafür stark gemacht. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig? Weil es viele Fliegen mit einer Klappe schlägt. Und weil wir in der westlichen Welt Vorbildfunktion haben. Wenn alle so essen wie wir, reicht die Erde nicht aus! Außerdem kämpft unsere Gesellschaft mit den gesundheitlichen Folgen von Übergewicht – auch das kann so nicht weitergehen. Gleichzeitig bietet gerade die Wiederentdeckung der Saison und alter Obst- und Gemüsesorten einen großen geschmacklichen Reiz. Übrigens auch die Gewürze und Zubereitungen vegetarisch lebender Völker der Welt. Was hat Sie am meisten überrascht, als Sie anfingen sich mit bio, öko und Co. zu beschäftigen? Na ja – eigentlich habe ich mich schon immer auch mit diesen Aspekten beschäftigt. Der überraschendste und positivste Trend für mich ist, dass die Deutschen bereit sind, diese Art der Produktion auch an der Kasse zu honorieren. Dass der Trend in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Und dass die Ansprüche an die Geschmacksqualität steigen. Das war den Fundis nicht so wichtig. Entsprechend steigt auch die Qualität der Lebensmittel. Das freut mich als Genussmenschen! In unserem Spendenprojekt bestätigen wir, dass eine Kost mit weniger Fleisch und Milchprodukten und eine saisonale Küche Treib hausgasemissionen reduziert und weitere positive Umweltwirkungen hat. Was ist Ihr Lieblingsrezept ohne Fleisch? Das kann ich so unabhängig von der Saison gar nicht sagen. Denn für mich ist der Schlüssel einer kulinarisch spannenden, gesunden und ökologisch sinnvollen Kost das Gemüse. Deshalb erschien im Februar ein neues Kochbuch von mir – „Meine grüne Diät“ – wo jede Jahreszeit unterschiedliche Gemüse fokussiert. Im Winter fand ich Schwarzwurzel-Aspik mit Räucherforelle und Forellenkaviar köstlich. Und dann natürlich aus dem Grünen Kochbuch Gefüllter Käsekürbis aus dem Ofen. Mit Hokkaido natürlich. Im Frühjahr oder Sommer habe ich andere Lieblingsrezepte. neuen Vielfalt erhältlich. Denken Sie an die Palette der Hülsenfrüchte! Resteverwertung ist auch ein Thema. Und Maß halten – das dient auch der Gesundheit. Wenn man über den sprichwörtlichen Tellerrand hinausschaut – was wünschen Sie sich noch für eine nachhaltige Zukunft? Dass wir wieder lernen, mit Grundnahrungsmitteln umzugehen. Zusätzlich wünsche ich mir, dass auch die nächste Generation kochen kann! Ohne Fertigprodukte, einfach mit natürlichen Zutaten. Dafür wäre es schön, wenn ein Fach Verbraucherbildung inklusive Kochen an den Schulen eingeführt wird. Ihr Buch präsentiert viele weitere leckere Rezepte einer ausgewogenen, saisonalen und biologischen Küche. Worauf können Köchinnen und Köche achten, die nachhaltiger kochen wollen? Auf die Saison, natürlich! Und regionalen Produkten den Vorzug geben. Alles soweit wie möglich verwerten: Blätter von Radieschen, Roter Bete, Kohlrabi und Blumenkohl schmecken köstlich! Auf eine gute Balance von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln achten – auch Getreide, Nüsse und Saaten sind in einer ganz „Das grüne – nicht nur vegetarische – Kochbuch: Rezepte für ein gutes Leben: regional, nachhaltig und für jede Jahreszeit“, Dagmar von Cramm, GU Themenkochbuch, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, ISBN: 978-3833825262 www.dagmarvoncramm.de 21 Geschäftsstelle Freiburg Postfach 1771 D-79017 Freiburg Merzhauser Straße 173 D-79100 Freiburg Tel.: +49 761 45295-0 Fax: +49 761 45295-288 Büro Darmstadt Rheinstraße 95 D-64295 Darmstadt Tel.: +49 6151 8191-0 Fax: +49 6151 8191-133 Büro Berlin Schicklerstraße 5-7 D-10179 Berlin Tel.: +49 30 405085-0 Fax: +49 30 405085-388 [email protected] www.oeko.de