Alles im grünen Bereich
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Alles im grünen Bereich
Michael Klein SKAR Alles im grünen Bereich Michael Klein SKAR Alles im grünen Bereich Impressum Ein Projekt von Michael Klein und dem FC Energie Cottbus Titelseite Layout: Heimat-Verlag Lübben, www.spree-wald.info Grafiken: fotolia.com © THesIMPLIFY, pixabay.com OSKAR oder ALLES IM GRÜNEN BEREICH Vorwort Fußball ist ´n Spiel für Doofe. - Stimmt, aber die meisten sind zu doof, um Fußball zu spielen. Viel Spaß beim Lesen 1 1. BUCH 24.2.2026 Völlig Banane. Mama und Papa verpassen mir zum 16. Geburtstag ein ´Electronic Diary´, eins von diesen dämlichen tragbaren Tagebüchern. Total ´in´ der Blödsinn, vor allem bei den Zicken. Ich kann aufnehmen oder aufschreiben was in meinem Leben so passiert. Wird von jetzt an aufregend genug, glaubt mein Alter. Und später hat man das Meiste vergessen, oder schmeißt alles durcheinander. Hab ihn gefragt, ob er auch ein Tagebuch schreibt und er hat gesagt ´nein´ und das würde ihn heute ziemlich ärgern, weil er viele Dinge absolut nicht mehr auf den Schirm kriegt. Gut, sagt er, bei ihm ist das nicht so tragisch, weil er keine Chance hatte, Profi zu werden, so wie ich. Sein Vater hatte ihm einen Job bei der Post besorgt, als Beamter im Innendienst und Ende im Gelände. Ich hätte jetzt komplett andere Perspektiven und sollte alles genau aufschreiben. Mein Tagebuch könnte irgendwann Gold wert sein, wenn ich den Sprung in die Erste Liga schaffe und vielleicht sogar in die Nationalmannschaft. Könnte alles passieren. Herr Epe, mein Trainer, sagte ich hätte das Zeug, um mal ganz groß raus zu kommen. Aber wen interessiert dann noch, wo ich in der Jugend gekickt habe oder ähnlicher Schwachsinn? Wenn ich mich auf die Sache einlasse, habe ich auf jeden Fall jede Menge Palaver und Schreiberei an der Backe. März Weihnachten für Arme. Gestern in Mathe eine fette ´3´ ergattert, ausgerechnet in Mathe!! Bin da eigentlich mehr der totale Loser. Außerdem kam heute Bescheid von ganz oben, dass ich ab sofort dreimal die Woche bei den Profis mitzappeln darf, wenn unser Doc sein Okay gibt. Das gilt für mich und zwei andere aus unserer Truppe, Sercan und Olli, der Rest kann weiter in der Pampers-Liga kicken. Habe sofort zu Hause angerufen. Mama freut sich wie Plätzchen und Papa passt vor Stolz nicht mehr durchs Garagentor, sagt Mama. ´Hätte er immer gewusst, dass ich den anderen Affen mal Zucker gebe´. Werde es garantiert besser haben als er, meint mein Erzeuger. Kein Kunststück. Hängt seit mehr als zwanzig Jahren für kleines Geld am Schalter ab. Schätze, ich verdiene jetzt mit schlapp 16 schon mehr als Papa und Mama zusammen. Ach so, das war jetzt der erste richtiger Eintrag in mein Tagebuch. Bin also doch auf die Sache reingefallen. Fit wie ´n Turnschuh Von Professor Schenker und seinem Team von Kopf bis Fuß durchgecheckt worden, jeder Zentimeter. Bin jetzt mit 16 Jahren und 12 Tagen genau 1,84 m groß, 75 Kilo schwer, Schuhgröße 46 und total Eiche, sagt der Prof. Hätte ich ihm auch vorher sagen können. Mein Einsatz bei den Profis ist medizinisch vertretbar. Serkan und Olli sind auch durch, aber Olli hat Plattfüße. Bei den Profis mitkicken zu dürfen bedeutet allerdings keine Befreiung vom Unterricht oder so. Wir müssen genau so unsere Stunden abreißen wie die anderen Pappnasen aus unserem Jahrgang. Dicke, braune Sch.... Einstand Wir drei sind für die Profis Frischlinge mit Tarnkappe und die Stimmung in der Kabine war mies, gestern gab´s krass eins auf die Locke – 1:4 gegen RuhrEnergy vergeigt, auf eigenem Acker. Lecker zerfetzt worden, auch pressemäßig. ´Amateurtruppe´, ´pomadige Jungmillionäre´ und so weiter. Janssen, der Assi, hat uns Frischlinge ganz kurz zur Seite genommen und gesagt, wir sollen einfach das machen, was angesagt wird, keine Hemmungen, aber auch keine Extratouren. Ende der Durchsage. Das Training selbst war total lasch. Sind mit den Großen eine Viertelstunde im Kreis getrabt, dann einfaches Kicken, annehmen, passen und so weiter, nichts anderes als bei uns, nur schneller und genauer. Am Ende gab´s dann ein lockeres Spielchen und zum ersten Mal tauchte Mertesacker auf, der große Chef. Chillte zusammen mit zwei Fettsäcken auf der Tribüne und palaverte. Was auf dem Rasen abging, schien irgendwie kaum zu interessieren. 2 Im Match ging´s anders ab. Die Profis sind flotter, breiter und massiver als unsereiner, zweibeinige Betonwände, auch die Kleinen. Und einfach einen vernaschen kann man locker vergessen. Die Brüder sind total abgezockt und wissen was du vorhast, bevor dir selbst klar ist, was du vorhast. Dann kommt der Schlag ins Fahrgestell, du gehst auf die Matte, der Ball ist weg und die halbe Truppe lacht. Treffer Heute meinen ersten echten Profi abgeholzt. War keine Absicht, aber den Herrn hat´s voll gebügelt. Wollte zügig links an mir vorbei und trabte voll in meine Grätsche. Fetter Abgang mit Flugeinlage und doppeltem Aufschrei. Ein paar von den Alten haben gegrinst und der Chef hat mir kurz zugenickt. Wollte mich entschuldigen, hat aber nicht funktioniert. Der gefällte Mann aus Uganda hat nur böse gepeilt und seine Gräten sortiert. Mal sehen, ob in den nächsten Tagen was zurückkommt. Keine Ahnung, aber ich wette, echte Profis sind nachtragend. Echo Und ob! Reif für die Schnabeltasse. Der Uganda-Mann hat mich ohne langes Vorspiel voll über die Klinge springen lassen, aber erst nachdem er mir seinen Ellbogen volles Rohr zwischen die Augen gerammt hatte. Kein Pfiff, kein Kommentar, nur Audienz bei Schenker. Nasenbeinprellung und Bluterguss im linken Knöchel, drei Tage Hinkebein und Nashorn mit Veilchen. Der Assi meint, fünf zusätzliche Einheiten pro Woche in der Muckibude könnten nicht schaden. Die Knaben aus Afrika und umliegenden Ortschaften machen uns Bleichgesichter ansonsten platt wie Löschpapier. Die bringen von Haus aus einfach wesentlich mehr Power mit, auch ohne Muckibude. Reine Natur und kein bisschen Pharmaschinken. Alles klar, ab in die Folterkammer und nachsitzen. Die Schokocreme kann sich warm anziehen. Versprochen ist versprochen, auch wenn´s ´n paar Tage dauert. April Anschiss erster Klasse von Doktor Brenner, unserem Internats-Oberboss. Ziemlich krasser Kunde, ´ne Mischung aus Mutter Theresa und Dschingis Kahn. Meine schulischen Leistungen sind mies, in fast allen Fächern außerhalb der Wertung, ´liegende 8´ mit Kranz, sagt er. Wenn ich nur noch an Fußball und erste Mannschaft denke, dann wird das Training mit den großen Jungs ersatzlos gestrichen. Ohne vernünftige Noten keine Karriere als Kicker. Glatte Erpressung, aber keine leere Drohung. Hat schon einigen von uns die Tour vermasselt. Und die verstrahlte Vereinsleitung spielt voll mit. Wer im Unterricht Mist baut, wird auf Dauer genau so abgeschossen wie unsere Nichtentwickler, das sind die Granaten, die fußballmäßig nicht schnell genug aus dem Quark kommen. Ich habe 14 Tage Zeit mehr Einsatz zu zeigen, vor allem in Deutsch und Englisch. Begleitend gibt´s Nachhilfe, jeden Tag zwei Stunden extra. Totale Geisterbahn. Und eins steht fest, sagt der Doc, ohne Schulabschluss kein Profivertrag. Zum modernen Fußball gehört eine satte Portion Grundintelligenz. Mit absoluten Vollpfosten will sich kein Verein, kein Trainer und keine Mannschaft schmücken. Würde gerne mal wissen, welcher andere Club sich an eine derartig beknackte Regel hält. Kung-Fu Mucki-Bude, Nachhilfe, Training, essen, abends Glotze, das Leben pendelt sich ein. Nur Sercan ist als Nichtentwickler bei der Ersten rausgeflogen, keine Ahnung warum, hat uns keiner erklärt. Am Ball ist Sercan der totale Held, im Vergleich zu Olli und mir. Ist anschließend im Heim völlig ausgerastet. Hat seine Bude auf den Kopf gestellt, eine Tür eingetreten und einen von den Kleinen an die Wand geklatscht, der sich angeblich über ihn lustig gemacht hat. Wenn Sercan Pech hat, kommt der komplette Abschuss. Selbstbeherrschung gehört auch zum Job, hat Doktor Brenner erklärt, besonders in schlechten Momenten. Ausraster passen nicht in unser Spielerprofil. Soll ich mir hinter die Ohren schreiben. Wer draußen bei der geringsten Kleinigkeit ausflippt, der wird im Match garantiert die Nerven verlieren. Sercan hat sich trotzdem nicht beruhigt. Der Knabe glaubt, er steht auf der Abschussliste, weil er Ausländer ist. Völliger Quatsch, hat ihm der Doc erklärt, im Kader der Ersten sind mehr als 70 Prozent Ausländer. 3 Abgang Sercan kann seine Sachen packen. Der Verein will in den Teams Ruhe haben und im Internat auch. Sercan ist noch mal durchgeknallt und hat seinen Schreibtisch durchs Fenster gefeuert. War aber noch zu, das Fenster. Ziemlich krass alles. Anschließend hat ihn die Bullerei einkassiert. Am Abend kamen Sercans Vater und Bruder und haben seine Klamotten eingesammelt. Total nette Typen. Haben sich tausendmal für den Wahnsinnigen entschuldigt, hat aber nix mehr gebracht. Doktor Brenner war total sauer. Hat uns alle im Gemeinschaftsraum antreten lassen und eine fette Rede abgelassen. - ´Wir hätten eine große Chance, aber uns sollte klar sein, dass nicht alle den Weg bis nach ganz oben schaffen. Es könnte sogar sein, dass überhaupt keiner von uns jemals in der Ersten Liga landet, aber das ist kein Grund, sich wie ein Verrückter aufzuführen. Das allererste Ziel des Internats ist es, aus uns vernünftige Kerle zu machen, mit ordentlichen sportlichen und beruflichen Perspektiven. Diese große Chance leichtfertig zu verspielen wäre einfach nur dämlich. Sercan hätte durch sein Verhalten gezeigt, dass er den doppelten Anforderungen durch Sport und Schule nicht gewachsen ist. Dem Verein tut es um jeden Schüler leid, den man feuern muss, aber unser Internat ist kein offener Jugendtreff, wo die größten Schreihälse die Maßstäbe setzen. Egotrips und dergleichen würden in seinem Haus nicht toleriert. Jeder von uns ist auf Grund einer persönlichen Einladung hier und absolut freiwillig und jedem sollte klar sein, was von ihm erwartet wird, sportlich, schulisch und sozial. Der Verein würde seine Pflichten uns gegenüber zu hundert Prozent erfüllen, aber von uns würde das Gleiche verlangt´. - Dann kam die Frage, ob es noch Fragen gäbe, aber es gab keine mehr. Wir durften zum Abendessen abdackeln. Linseneintopf mit Mettwurst. Eine Katastrophe kommt selten allein, meinte Olli. Lagerleben Seit zwei Tagen ist Totentanz im Heim und auch im Training, der Rausschmiss hatte gesessen. Jeder weiß, der Club macht ernst. Alle halten sich bedeckt, keiner will fliegen. Und plötzlich merkt man, dass man in einem Heim lebt und nicht zu Hause, Papa und Mama könnten mich nicht so einfach an die Luft setzen. Außerdem hängen wir hier schön fest. Unser Knast liegt direkt am Trainingsgelände und hinterm Bretterzaun mitten in der Pampa. Ist zwar nicht das Ende der Welt, aber man kann es von hier aus sehen. Die nächste Bushaltestelle ist mehr als einen Kilometer entfernt. Klar, wir haben alles, Billiard-, Tischtennis- und Medienraum, Spielzimmer, Schwimmbad, etc., aber man sieht immer nur die gleichen Pappnasen. Auf Dauer ziemlich öde alles. Okay, Sercan denk ich, würde einiges dafür geben, wieder hier zu sein, wahrscheinlich hat er seinen Ausraster inzwischen schon ziemlich fett bereut. Würde den Knaben gerne mal interviewen, aber ich hab keine Ahnung, wo der Knabe wohnt. Hab nicht mal seine Fonnummer. Mai / Juni Die Arbeit in der Mucki-Bude schlägt an, werde im Oberkörper und in den Armen stabiler. Muss sein, sonst koffern mich die anderen weg. Als Ergänzung gibt´s Muskelaufbaufutter, alles ganz legal und ohne Nebenwirkungen, sagt der Professor. Ich hoffe, der Typ erzählt keinen Scheiß und pumpt mich nicht mit irgendwelchen Drogen voll. Waldi, mein Spezialmasseur, meint, ich bin kein Streichholz mehr, dünner, weißer Körper und roter Kopf. Stattdessen breites Kreuz, Waschbrettbauch und stabile Kiste. Aus mir könnte was werden. Leider ist die Saison vorbei – wir hängen im Heim ab und pauken für den Abschluss, zumindest wir Älteren. Mittlere Reife muss sein, sagt Doktor Brenner und Wiederholer sieht man nicht gern. Jeden Nachmittag gibt’s Förderunterricht, bevor wir auf den Acker dürfen. Öde Sache. Mathe geht inzwischen, Deutsch auch, Englisch hängt durch. Unser Englischonkel sagt, wer meint, als Profi könnte man auf Englisch verzichten, der hat absolut keinen Plan. Wer weiß, bei welchem Club man später landet? Und selbst bei uns kommen schon jede Menge Anweisungen in auswärts. Also Bücher raus und schreiben, bis die Software glüht. Der Typ kennt keine Gnade, jede Woche einen Vokabeltest und ähnliche Scherze. Und bei Noten gibt´s keine Diskussionen (´This is not a bazar, gentlemen, this is a proper school´!). 4 Erpressung Die Abschlussarbeiten sind geschrieben, abwarten und Tee trinken. Die Pauker lassen sich Zeit mit den Korrekturen, obwohl wir nur fünf Kandidaten sind. Irgendein Typ von der Schulaufsicht ist im Heim aufgeschlagen und macht den großen Kontrolletti. Will wahrscheinlich wissen, ob bei uns alles nach Plan läuft. Da kann er ohne Hemmungen bohren. Hier stimmt die Richtung, anders als in meiner alten Anstalt. Da machte jeder Punk was er wollte und die Pauker haben munter Beifall geklatscht. Und wenn einer aus der Pädagogenriege aufmuckte, gab´s was auf die Mütze - noch mehr Randale, noch mehr Chaos. Und immer volle Breitseite gegen sämtliche Noten und Beschwerden bei der Schulleitung, mit Mama und Papa plus Rechtsanwalt. Hat auf Dauer die Härtesten aus der Pädagogenriege geknickt, problemlos. Hier im Club lässt sich kein Pauker verarschen. Wer von uns Knilchen Mist baut, ist fällig, und Diskussionen sind nicht im Programm, dafür jede Menge ´pädagogische Sonderaufgaben´: Ausschluss vom Training, Spielsperre, Referate, zusätzliche Tests, Küchendienst, Reinigungsdienst, Hausarrest und Rausschmiss. Gerade erst erlebt. Da überlegen selbst die total Verstrahlten, ob sie Scheiße bauen oder nicht. Zu intelligent Nachsitzen, mündliche Prüfung in Englisch. Ausgerechnet Inselgeflüster. Mit Sicherheit blanke Schikane. Kleiner Pädagogenspaß. Früher wären solche Typen Folterknecht geworden. Mathe und Deutsch soll geklappt haben. Vornote 3, Arbeit 3. In Englisch war die Vornote 4 minus und ich Idiot schreibe ´n 3, angeblich. Eigentor und Verlängerung. Selten dämlich. Mündliche Prüfung. Yes, I can English The big test. Kriege einen abgespacten Text über grobe Umweltverschmutzung verbraten und muss dazu Kommentare absondern, natürlich auf Englisch. Blödes Geschwafel. Klar, auf unserer Kugel ist alles hochgradig versaut, in Finnland wachsen Palmen, in Afrika brennt die Erde, Monsunregen in Tirol plus Malaria. Geht allerdings allen Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik am Arsch vorbei. Hauptsache die Aktienkurse und der Umsatz stimmen. Nur Pauker haben was gegen den Schwachsinn, beruhigt wahrscheinlich ihr Gewissen. Wieder einen kritischen Text kopiert und von Schülern bearbeiten lassen, wieder eine gute Tat vollbracht. Kotz, würg. Dann kam noch Grammatik. Hatte den ganzen Quark einfach auswendig gelernt, nichts kapiert, aber alles auf der Pfanne. Lief wie geschmiert. Ende: glatte 2, Gesamtnote 3. Congratulation. Me speak English very well in my klapprich Bettgestell. Bestanden Doktor Brenner persönlich verteilt die Abschlusszeugnisse, mit allem Drum und Dran. Anzug, Krawatte (auch wir), das volle Programm. Und jeder kriegte seinen ganz persönlichen Kommentar ab. Wenn ich auf dem Platz eine ähnliche Leistung wie in der Schule brächte, sagte der Doc, würde ich wahrscheinlich einen prima Kreisklassenprofi abgeben. Allgemeines Gelächter. Ein Gutes hatte die Veranstaltung allerdings – Schule ist definitiv vorbei, Finito, Ende, Schicht, Game over. So gesehen war´s doch ein erhebender Moment. Ist mir allerdings erst gerade beim Schreiben aufgefallen. Fühle mich plötzlich super, beinah so, als hätte der Doc Flügel verteilt. Herzlichen Glückwunsch von mir an mich selbst. Der Quark hat sich erledigt. Juli Der Doc erscheint mit superwichtiger Miene, Audienz beim Oberchef, persönlich und sofort. Soll ganz ruhig bleiben. Alter Komiker, mach mir doch wegen so was nicht mehr in die Hose, habe ja schließlich Mittlere Reife. - Ging auch direkt ab. Kuhnke war selbst X-fach für Deutschland tätig, managt den Verein seit Jahren und ist nebenher an mehreren Brauereien beteiligt, heißt es. Müsste eigentlich längst ausgesorgt haben, ist aber morgens der Erste, der im Laden aufschlägt und abends der Letzte, der geht. Weiß der Geier, warum der Typ sich das antut. Sein Office ist erste Sahne, satt groß, hell und superteuer dekoriert. Wer reinkommt sieht sofort, hier thront der Anführer. Ich durfte direkt durch, ohne Wartezeit. Kuhnke hatte meine 5 Personalakte vorliegen, inklusive Kopie vom Abschlusszeugnis. Alles soweit in Ordnung, meinte er, und der Verein übernimmt mich als Vertragsamateur für zwei Jahre. Anständige Bezahlung (stimmt!), Training mit den Profis, bei Einsätzen in der ersten Mannschaft kommt zusätzlicher Schotter. Meine Eltern wären informiert und hätten ihr ´Okay´ gegeben. Mein Einverständnis vorausgesetzt, würden beide morgen zur Vertragsunterzeichnung antraben und die Sache wäre in trockenen Tüchern. - Für den Fall, dass ich bleibe, wäre für mich eine Lehrstelle vorhanden, kaufmännischer Azubi im Club, angenehme Arbeit in angenehmer Atmosphäre und mit genügend Flexibilität für meine sportliche Entwicklung. Ich wollte wissen, ob die Sache auch ohne Lehre funktioniert, glatte Fehlanzeige. Ausbildung ist Bedingung. Im Fußball geht viel schief, von einer Sekunde auf die andere und wer dann nichts in der Hinterhand hat, steht urplötzlich ziemlich doof im Gelände. Und den Vorwurf, seine Nachwuchsleute nur einseitig sportlich zu fördern, würde er sich als Chef nicht gerne machen lassen. Ende der Durchsage. Soll die Sache in Ruhe mit Doktor Brenner und den Eltern besprechen. Falls sonst noch Fragen wären, könnte man ja morgen über die Feinheiten reden. Schlappe zehn Minuten und die Audienz hatte sich erledeigt. Brenner strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Seit knapp einem Jahr war ihm klar, der Sprung in die Profiabteilung würde für mich möglich sein. Sercan hätte auch das Zeug dazu gehabt, aber nur fußballtechnisch. Papa ist auf Wolke 7. Klar, ich verdiene als Anfänger und Vertragsamateur in schlapp zwei Monaten mehr als er in einem ganzen Jahr, Prämien nicht mitgerechnet. Klappt der Übergang ins Profigeschäft, klingelt die Kasse richtig. Papa meint, unbedingt zugreifen. Vielleicht gibt´s woanders mehr, hab ich gesagt, aber er hat nur gefragt ´wo´? Gute Frage. Wenn ich ablehne, gibt´s die Blechmedaille, noch reißt sich keiner um mich. Außerdem spendiert der Club eine interne Ausbildung und das dürfte nicht der Stressfaktor sein, sagt Papa. Das Paket hätte ihm mal einer bieten müssen. Zu seiner Zeit konnte man sich für jede popelige Lehrstelle die Hacken ablaufen, und am Ende musste man nehmen, was kam. Er an meiner Stelle, würde sofort zuschlagen. Unterschrift Papa lässt sich von Kuhnke drei Dutzend Autogramme malen, für sich und seine Freunde. Peinlich. Dann werden die Verträge unterschrieben, ziemlich fette Dinger. Am Ende sagt Kuhnke, es wäre jetzt an der Zeit, mir einen eigenen Manager zuzulegen. Der Verein und er könnten und würden vieles für mich erledigen, aber ein persönlicher Manager käme in jedem Fall besser. Ob ich in der Richtung schon Kontakte hätte? Wenn nicht, sagt Kuhnke, dann hätte er jemanden parat, Sören Elgard. Papa quiekt vor Vergnügen. Dieser Elgard war einer seiner absoluten Lieblinge, jahrelang Profi bei uns und dann in Madrid. Totale Spitzenkraft. Danach mit Mama und Papa essen gewesen. Beide platzen vor Stolz auf ihren Sprössling, besonders Papa. Die Kollegen sind ganz schön neidisch auf so einen Sohn, meint Papa, aber natürlich sagt das keiner. Hat sich fünf große Bier reingezogen beim Essen und zwei Schnäpse, vor lauter Begeisterung. So ein Tag muss begossen werden, sagt Papa. Und Mama durfte zurückfahren. Ersatzvater Elgard getroffen. Hatte mir vorher alte Fotos von ihm gegoogelt. War ein ziemlich harter Knochen, sagt der Doktor, und auf dem Platz ´ne Tonne Dynamit ohne Zündschnur. Ging bei jeder Kleinigkeit direkt in die Luft. Ständig mit einem Bein unter der Dusche. Und einer der Coolsten aller Zeiten überhaupt, mit Nerven aus Stahl. Blieb zehnmal mit dem gleichen Trick am Gegner hängen, wurde von den eigenen Fans ausgepfiffen, aber beim elften Mal kappte die Nummer und drin war das Ding. Außerdem immer in Bewegung und immer den Kopf oben. Der brauchte keinen Trainer, sagte der Doc, Elgard wusste immer was gespielt wurde. Wäre vermutlich ein hervorragender Übungsleiter geworden. Hat sich leider für´s Management entschieden. Hätte diesen Elgard fast nicht wieder erkannt. Statt drahtig, schlank und lockig wie auf den Fotos jetzt Schnitzelgrab mit Halbglatze. Spricht witziges Deutsch und lebt abwechselnd in Spanien 6 oder hier. Schweden ist ihm zu frostig und außerdem am Arsch der Welt. Im Moment managt er zwei brasilianische Ballartisten und einen Typen aus der spanischen Liga. Mit mir wäre er wieder im deutschen Geschäft und ich wäre im Gegenzug international dabei. Und falls nichts Dummes dazwischen kommt, wäre einiges möglich. Er hat mich zweimal spielen sehen, und Kuhnke hatte einige Videos spendiert. Alles brauchbar. Er selbst wäre in meinem Alter noch nicht so weit gewesen, vor allem körperlich nicht. Sind eine Stunde lang durch den Stadtwald gelatscht mit folgendem Ergebnis: – sein Anwalt setzt einen Managementvertrag auf und bringt die Sache ordnungsgemäß in trockene Tücher, ohne Tricks und doppelte Böden. So was gäb´s bei ihm nicht. Na ja, mal sehen. Wieder Unterschriften Elgard und sein Anwalt haben einen kompletten Managementvertrag ausgetüftelt. Bin damit direkt zu Kuhnke. Sein Anwalt hat alles gecheckt und abgenickt, keine Fußangeln oder linken Dinger drin, alles absolut handelsüblich. Also, schon wieder unterschreiben, Elgard, sein Anwalt, Mama und Papa und ich, damit alles seine Richtigkeit hätte. Ich hoffe, das war´s jetzt endlich. Elgard darf ab sofort fast alles für mich abwickeln: Vertragsverhandlungen, Geldanlagen, meine Vermarktung, Sponsoring, Pressearbeit und wahrscheinlich auch die Bettwäsche aussuchen. Das Letztentscheidungsrecht liegt allerdings bei mir. Wichtig! Für seinen Job kassiert der alte Schwede satte 20 Prozent aller Einnahmen. Das wäre bei Spitzenleuten wie Elgard absolut üblich, sagt Kuhnke. Jetzt liegt es in erster Linie an meinen Leistungen, ob es viel oder wenig zu managen gibt. Je besser, desto Cash. Den Rest erledigt mein neuer Manager. August Bin zu Hause. Mama hat sich drei Tage frei genommen, um mich zu bemuttern, Papa auch, um was mit mir zu unternehmen. Alles knapp daneben. Mama fabriziert abwechselnd meine Lieblingsessen, Papa schleift mich zu seinen Kumpels, um Propaganda zu machen. Ich werde begafft wie ein Affe mit zwei Schwänzen, kriege 1000 tolle Tipps und Papa ist anschließend genau so zugedröhnt wie seine Kumpels und wir fahren mit dem Taxi Richtung Heimat. Von meinen alten Spezis ist keiner da, alle ausgeflogen oder auf Arbeit. Und mein alter Club hat Sommerpause, der ausgetretene Kunstrasen bleicht vor sich hin und am Clubheim blättert die Farbe ab. Tote Hose überall. Und ich war mal der Meinung, in diesem Kaff boxt der Papst im Kettenhemd. Stimmt auch, aber nur so lange, wie man das Kaff nicht verlässt. Halte mich mit Waldläufen und Radfahren fit. Will nicht rumschleichen wie ´ne Tüte Chips, wenn´s im Training wieder zur Sache geht. Spreewald?? Ab die Post. Trainingslager mit der Ersten, aber nix Algarve wie sonst immer. Hitzewelle in Portugal mit schlaffen 45 Grad und die Wälder kokeln. Passiert jetzt immer häufiger, sagt Pinto, unser linkes Mittelfeld, meistens Brandstiftung, damit man an frisches Bauland kommt. Kuhnke hat umgebucht auf Spreewald, sonst war spontan nix mehr möglich. Jede Menge dumme Gesichter. Spreewald? Kann man dat essen? Keine Ahnung, aber ist mit Bus erreichbar. Algarve weniger. Lecker warm im Spreewald, aber wahrscheinlich tausendmal angenehmer als in Portugal. Viel Wasser in der Gegend und abends Mücken, Bremsen und Wespen. Kein Problem, wenn man sich ins Hotel verzieht. Alter Schuppen von außen, aber innen drin erste Sahne. Wir haben einen Flügel ganz für uns, direkt neben dem Trainingsgelände. Alter Rasenplatz mit Aschebahn und sattem Baumbestand. Sondern unbezahlbaren Schatten ab. Mertesacker und Jansen lassen uns hoppeln wie die Hasen. Lange Strecken, kurze Strecken, Sprints, Intervalle – das volle Programm. Zum Glück sind keine Berge oder Dünen da, die man uns raufjagen kann. Alles mit Steigung wäre die absolute Spezialität von Janzen, sagt Pinto. Der würde uns auch das Empire State Building rauf jagen, wenn´s in der Nähe wäre. Werden nach einer Woche mit drei komischen Flachbooten durch die Gegend geschippert. Motorboote sind verboten. Die Flachdinger werden von ihren Piloten mit einer elend langen Stange durch die Gegend geschubst. Zwei von uns haben´s gleich probiert und sind - paff - ab in 7 die grüne Brühe. Ansonsten hängen wir abends schlaff ab, alle sind fix und foxi, selbst Wimmer, unsere Laufratte. Hechelt rum wie ´n Lachs mit Asthma. Im Hotel ist auch eine gut sortierte Muckibude, in der wir Frischlinge jede Menge Überstunden schieben dürfen, wegen ´allgemeiner körperlicher Defizite´. Vier Tage lang auf den Brustwarzen ins Bett gekrochen, danach ging´s. Liege mit Gringic, genannt ´Panzer´, auf einer Bude. Komische Figur - ist breiter als hoch und räumt vor der Abwehr alles ab was kommt. Schon drei Jahr dabei, hat aber keinen Stammplatz, kann sich gegen M´Etong nicht durchsetzen. Kommt nur rein, wenn wir uns einmauern wollen. Kriegt die Zähne nicht auseinander und spricht kaum deutsch. Interessiert ihn auch nicht sonderlich. Liegt abends in seiner Wiege und funkt stundenlang mit zu Hause, Kroatien oder so. Wir drei Frischlinge haben uns zu einem Club zusammengeschlossen, aber Jansen scheucht uns sofort auseinander, keine Clübchenbildung, keine ´Inzucht´. Die anderen Neuen, insgesamt noch fünf, werden auch immer hübsch untergemischt. Der neue Star kommt direkt aus Rio: Renato Diaz. Soll ab sofort den Karajan machen. Kann am Bällchen alles, kriegt aber kaum den Hintern bewegt und diskutiert ständig herum. Ich glaube, Mertesacker und sein Team haben den Jungen schon auf der schwarzen Liste. Nur beim Freistoßtraining ist die Quaktasche ganz vorne weg. Kurzer Anlauf, leichte Rücklage, Innenrist und die Murmel hängt im Knick. Bingo. Unsere Keeper stehen rum wie Mülltonnen und sammeln Bälle. Pinto sagt, das ist kein Können, sondern ein genetischer Fehler. Auf der rechten Außenbahn tobt eine flammneue schwarze Kampfkugel, Allimboha. Sieht aus als hätte der Knabe 15 Kilo Übergewicht, ist aber ´ne Täuschung. Der Typ ist ein einziger Muskel. Schnell wie Sau, und wer mit ihm zusammenknallt fühlt sich anschließend wie ´n Puzzle. Aber das Tier ist total in Ordnung, lacht den ganzen Tag und hilft dir sogar wieder auf die Füße. Nach einer Woche Freundschaftsspiel gegen ´Best of Spreewald´. Das ´Stadion´ ist rappelvoll und wer von uns nicht gerade kickt, kritzelt Autogramme. Ergebnis 18:1. Habe auch getroffen, Kopfball fast von der Strafraumgrenze. Der Mückenfänger im Tor hat nicht schlecht gestaunt. Zweite Woche noch mühsamer. Kompression wie Stallkaninchen und die ersten Verletzten kommen: einmal Kreuzband, einmal Mittelfuß, einmal Leiste. Mertesacker ist stinksauer. Kriegen Anweisung, dosierter abzuräumen. Komische Gebrauchsanweisung, wie soll man sich als Frischling ´vorsichtig´ in den Vordergrund spielen? Zweites Freundschaftsspiel in Cottbus. Erhöhte Schlagzahl. Die Anderen haben die Vorbereitung abgeschlossen und sind ausgeruht, wir total platt. Mit Mühe und Not 2:1 gewonnen. Musste eine ganze Halbzeit spielen. Mehr wäre auch nicht drin gewesen. Zurück Wieder im Heim. Vor allem die Kleinen googeln mich an wie den Weihnachtsmann und zwei Zwerge wollen sogar Autogramme von mir. Haben beide gekriegt, Vollspann in den Hintern. Die Kleinen sind aber auch die Einzigen, die mich bewundern, für den Rest bin ich noch Schütze Arsch. Vor allem für meinen Ausbildungsleiter in der clubinternen Verwaltung. Das Grauen hat einen Namen: Müller. Habe nach drei Tagen den Eindruck, für diesen Müller sind angehende Profis genau so wichtig wie Mülleimer, nur nicht ganz so nützlich. September / Oktober Vom Ernst des Lebens voll getroffen. Mist im Quadrat. Ich bin der einzige Azubi im Laden und werde an einem von zehn Schreibtischen in der Verwaltung angekettet. Geht ab wie im Hauptbahnhof. Jeder Hempel haut mir was auf die Tischplatte, sondert einen schlauen Auftrag ab und hält mich in Bewegung. Hauptsächlich mit Idiotenkram - Ablage, Kontrolle, abheften, abzählen, verschwundene Schriftstücke suchen. Arbeit für Leute, die Vater und Mutter erschlagen haben. Einziger Lichtblick - um 12:30 fällt der Hammer und ich darf zum Training. Erst kommt der Job, dann kommt das Runde, sagt Müller. Absoluter Workaholic. Spätes Mittelalter, immer in Bewegung und immer am Rohr, 1000 Leute, die unbedingt ihn wollen. Insgesamt sind acht Nasen in der Abteilung, ich bin Nummer 8,5. Müller meint, von meiner Sorte haben sie schon einige durchgeschleppt, u.a. Charly Tränkel, bis zu seinem blöden Achillessehnenriss bekanntlich Nationalspieler. Möglich ist alles, ich müsste mir halt Mühe 8 geben, auf beiden Plätzen. Es gäbe allerdings keine Sonderbehandlung, außer nach Absprache mit der Vereinsleitung, für Training und Spiele und so. Mit der Berufsschule wäre die Sache auch geklärt. Völliger Quark. Würde gerne mal wissen, welche Ausbildung und Abschlüsse einige von den Jungs aus der Ersten haben, zum Beispiel die Knaben aus Ghana, Togo, Moldawien oder Pusemuckel. Ich würde nicht darauf wetten, dass jeder von den Knallern seinen eigenen Namen schreiben kann. Für den Augenblick kann ich noch im Heim wohnen bleiben, wahrscheinlich wegen der besseren Kontrolle. Gut, wenn ich mir eine Wohnung nähme, könnte ich wahrscheinlich mehr unternehmen, aber ich müsste auch allen Krempel selbst erledigen, Wäsche waschen, einkaufen und den ganzen anderen Schnickschnack. Außerdem wäre ich nicht mehr mit den Jungs zusammen. Ist so was wie meine Ersatzfamilie. Geht los ab 12 mit unseren Mikroben, die noch absolut keine Peilung haben, dann unsere Halbgaren, von denen einige bestimmt noch aussortiert werden, und die Großen, meinereiner und so, die auf dem Sprung nach oben sind. Arbeitsplatz Vier Wochen vorbei. Ziemlich öde alles. Man läuft rum wie der letzte Arsch und kriegt Anweisungen und gute Ratschläge im Dutzend. Alle nerven irgendwie. Besonders unser Oberbuchhalter Achtelik. Armleuchter im Quadrat. Hockt zwischen seinen Computern und hält sich abwechselnd für Bill Gates und Einstein persönlich. Lässt mich ständig auflaufen. Hier was falsch, da was verkehrt, hier zu viel gemacht, da zu wenig. Absolute Doofnuss. Möchte den Fettsack im Training nur ein Mal vor die Flinte kriegen. Außerdem, eine Verkürzung der Ausbildung kann ich mir von der Backe kratzten. ´Bei aller Liebe nicht´, sagt Müller, ´dazu müsste es eine Leistungs- und Notenexplosion geben, und die sind wahrscheinlich nicht zu erwarten´. Vollpfosten. Top ist nur unser Pressesprecher Guido Gersch. Völlig abgespacter Typ. Immer irgendwelche Sprüche auf Lager und immer Telescreen. Bildschirm (2m x 2m) an der Wand, Mikro am Kragen. Der Mann kann drei Stunden reden, ohne einmal Luft zu holen. Fast alles, was reinkommt geht über seinen Schreibtisch, Kartenanfragen, Pressetermine, Fanpost, Autogrammwünsche. Und täglich schlägt mindestens ein halbes Dutzend Kamerateams auf mit krassen Ideen – alle Spieler im Einzelinterview, dazu Trainer und Kuhnke, eine Kopie des Vereinsarchivs, die genauen Baupläne des Stadions und irgendwas Originelles mit der ganzen Mannschaft, z.B. Bungee-Jumping oder ähnlichen Müll. Das volle Programm und alles nur krass. Aber Guido hat alles im Griff, locker und mit links. Ich glaube, wenn der alte Lautsprecher mal einen Tag nicht zum Dienst erscheint, stehen alle auf dem Schlauch. Training Das einzig Senkrechte. Nachmittags auf dem Platz geht der Punk ab. Den Hintern am Schreibtisch platt gesessen, die anderen haben bereits eine Einheit in den Knochen. Wer sich mit mir anlegt muss ordentlich Gas geben. Jansen nickt mir hin und wieder zu, Mertesacker macht ´n Gesicht wie ´ne Tüte Rindenmulch. Der Lange geht nur dann hoch, wenn irgendwer Amok läuft oder ein Triefauge seine Kommandos nicht sofort auf seinen Schirm kriegt. Dann gibt´s Mecker vom Chef, aber fett. Berufsschule Bruchbude vom Feinsten, miese Ausstattung, seniles Personal, total zugeparkte Klassen. Hocke anfangs an zwei Vormittagen pro Woche ziemlich doof zwischen 32 Möchtegern-Bürohengsten und Stuten. Komische Belegschaft. Einige Nullchecker, der Rest hat zum Teil mehr drauf als die Vorturner. Und jede Menge neuer Fächer: Buchführung, Personal-, Steuer- u. Rechnungswesen, Betriebswirtschaft, IT. Um mich herum eigentlich nur Computerfreaks, ich bin der Einzige am ersten Tag ohne Elektronik am Mann. ´So sind halt unsere Fußballer´, föhnt der Chefkomiker ganz vorne. Alles lacht, ich bin von jetzt an der Schwachmat vom Dienst. Reife pädagogische Leistung. Einziger Trost: wenn´s einigermaßen läuft, verdiene ich in Kürze mehr Schotter als das ganze Lehrerzimmer zusammen. 9 Leerlauf Mertesacker lässt mich wirbeln wo ich will, gibt mir nie irgendwelche Anweisungen, meckert nicht, lobt nicht. Komischer Fürst. Die meisten anderen nimmt er sich reihum zur Brust und fängt an zu erklären, meistens dann mit Händen und Füßen. Bei mir Fehlanzeige. Keine Ahnung warum. Macht leicht unsicher. Befürchte, ich spiele überhaupt keine Rolle in seinen Überlegungen. Blöde Kiste. November Habe mit Müller gesprochen. An der Berufsschule geht kein Weg vorbei. Fällt nur dann für mich flach, wenn die Vereinsleitung Ausfälle anordnet, Trainingslager, Sondertraining, Spiele, Reisen, etc. Ansonsten herrscht Schulpflicht. Und ich soll hübsch drauf achten, dass ich den Anschluss nicht verpasse, Kuhnke macht da kurze Fünfzehn, sagt Müller und grinst. Steigert wahrscheinlich die Potenz, wenn man sein bisschen Macht ausspielen kann. Blödes Spiel – morgens Galeerensklave, nachmittags Statist. Dezember Weihnachten. Zeitverschwendung pur. Hänge sinnlos zu Hause ab. Mama und Papa machen in heile Welt mit Weihnachtsbaum, Engel und Entenbraten. Wäre am liebsten ganz weit weg, in der Sonne unter Palmen, da, wo man den ganzen Tag kicken kann. Habe meinen Berufsschulkram dabei, verzapfe zwei flache Referate und bohre mich in Stoffe, die für Fußballprofis genau so interessant sind wie das Bruttosozialprodukt von Guatemala. Alles blanke Schikane. Ich will kein Buchhalter werden oder irgendwas Ähnlich. 2028 Februar Erster Einsatz mit Sondergenehmigung. War eigentlich nur als Ersatz dabei, zum dritten Mal. Beim Warmmachen kippt Ekenga, unser rechtes Mittelfeld, aus den Latschen, Leistenzerrung oder so und für sofort unbrauchbar. Vermutlich vier Wochen Pause. Plötzlich steht der große Meister vor mir und sagt: „Mitte rechts und von Anfang an Vollgas. Kannst du schon, klar? Und ich will sehen, dass du dir den Arsch aufreißt, sonst bist du schneller wieder draußen als du denken kannst. Alles klar, Junge“? Völlig klar, nur ziemlich überraschend. Jansen hat mir anschließend ausführlich die Ohren voll gescheppert, von wegen ´großer Chance´ und ´Verantwortung´ und so weiter. Ging bei mir links rein und rechts wieder raus. – Zum ersten Mal im Stadion spielen, in der ausverkauften Hütte – total korrekt. Wer da noch einen Tritt in den Hintern braucht, sollte Rente beantragen. Bevor wir einlaufen greift mich Kuhnke ab. „Und keinen Respekt vor irgendwem, Junge, auch die Großen kochen nur mit Wasser. Geh drauf und verschaff dir Respekt, damit keiner meint, du bist noch grün hinter den Ohren. Vollgas und drauf!“ Kein Problem, im Gegenteil. Nach 30 Sekunden schon komplett überpowert. Die Murmel rauscht quer vor mir her, ich steige mit beiden Beinen ein und erwische den Zehner von nebenan, allerdings ohne Ball. Salto, Schienbeinschoner pulverisiert, satte Bremsspuren in der linken Wade. Für Sekunden Totenstille im Laden, dann tobt der Mob. Meine allererste Aktion in der Liga überhaupt. Versuche mich zu entschuldigen, aber der Zehner ist nicht ansprechbar. Sanitäter und Mannschaftsarzt galoppieren an, vor mir baut sich der Schiri auf. Sieht nach dem schnellsten Platzverweis der Ligageschichte aus. Jungnikel, unser Kapitän, kreuzt auf und bespricht den Pfeifenmann, von wegen allererster Einsatz, total unerfahren, leicht übermotiviert und so, und würde garantiert nicht wieder vorkommen. Ehrenwort. Danach spricht der Piepmatz. „Junger Mann, ich weiß nicht, wo Sie bisher gespielt haben, aber in dieser Liga wird die Gesundheit des Gegners respektiert. Noch eine Aktion dieser Art und Sie können duschen gehen. Alles klar“? Völlig klar. Kriege kein Wort raus und nicke artig. Total Schwein gehabt, nur ´Gelb´. Später am Fernseher und in Zeitlupe wird klar, dass ´Rot´ und sechs Wochen Sperre absolut in Ordnung gewesen wären. Überhaupt TV. Bin mit meinem Paradefoul schlagartig auf allen Kanälen vorhanden, gleich die erste Szene in jeder Zusammenfassung. Werde mit vollem Namen vorgestellt und bin fett im Bild 10 mit Zeitlupe und Zoom, beide Beine voraus und danach, wie der Schiri mir seine Predigt hält. Trotzdem, ich komme einigermaßen gut weg in allen Berichten. Jage einem Gegner direkt am Fünfer den Ball ab und kratze zwei Augenblicke vor Schluss mit dem dicken Zeh einen Kopfball von der Linie. Der verhinderte Torschütze brüllt ´Scheiße´, unser Keeper klopft mir anerkennend auf die Schultern, die Reservebank springt auf und applaudiert, inklusive Chef. Eigentlich keine Heldentat, der Ball klatscht von ganz alleine auf den rechten Schlappen und fliegt dann weg. Hätte Mama auch geschafft. Trotzdem, ist für alle die Nummer. Danach fällt der Hammer und wir sind mit 2:1 vorne. Presse Sonntagmorgen. Ich stehe dick und fett in der Zeitung. Reufels, unser Hausmeister, hat auf eigene Kosten sämtliche Blätter angeschleppt. Ist immer total stolz auf ´seine Jungs´. ´Der Newcomer des Jahres´, ´Erste Chance und voll genutzt´, ´Baby gnadenlos´ und so weiter. Darunter ganze Abschnitte nur über mich. Totales Geschnatter im Gemeinschaftsraum. Alle hängen in den Seiten und buchstabieren sich die Artikel gegenseitig drei Mal vor. Danach wird diskutiert und alle sind sicher, dass ich nächsten Samstag wieder auflaufe. Nach dem Einstand und den Kritiken kommt Mertesacker nicht mehr an mir vorbei. Ich bin eine Stütze der Mannschaft, von jetzt an, sagt auch Reufels. Am Nachmittag kalte Dusche. Die Erste trainiert, aber ohne mich. Stattdessen muss ich mit den Kids sinnlose Runden im Wald drehen. Völlig behämmert. Darf der Truppe zwei Punkte retten und danach wieder im Sandkasten spielen. Arschgeigen. Autogrammstunde Elgard schlägt zu. Knapp zwei Tage nach meinem Einstand hat er vier Autogrammstunden an Land gezogen, irgendwo in der Pampa, aber für richtig viel Schotter. Der Knabe scheint sein Handwerk zu verstehen. Mal sehen, was sonst noch so kommt. März / April Ich hocke in einem nagelneuen Baumarkt mitten im organisierten Wahnsinn. Rappelvolle Hütte. Kleine Jungs mit ihren Papas und ziemlich krasse Typen in meinem Alter stehen Schlange vor meinem ´Schreibtisch´ für ein blödes Foto mit einer blöden Unterschrift. Völlig Banane das Ganze. Einige Assis sind echt ätzend, palavern blöde rum und stellen saudoofe Fragen. ´Haste schon ´ne Freundin, mit der du rummachst?´, ´Wie wär´s mit meiner Schwester?´, ´Was machst du so mit deiner ganzen Knete?´, ´Kannste nich mal ´n Paar Fußballschuhe oder ´n Trainingsanzug rüber wachsen lassen, hast doch bestimmt jede Menge von dem Zeug, oder?´ Wenn alle Autogrammstunden so abgehen, dann herzlichen Glühstrumpf. Einigen Knallfröschen hätte ich echt was aufs Maul hauen können. Elgard sagt, da muss man durch, der Schwachsinn gehört zum Geschäft. Führerschein Angemeldet. Komme mir echt dämlich vor, zum Unterricht in die Fahrschule zu eiern. Überall dumme Gesichter, dummes Getuschel und immer die Presse vor der Tür, vorher und nachher. Super Reklame für die Fahrschule, der Obermacker will mir sogar sämtliche Kosten erlassen, falls ich für ihn noch mehr Reporter anschleppe. Dumpfbacke. Elgard besorgt mir einen Privatlehrer für die Theorie, zweimal die Woche in seiner Hütte. Kostet einige Euros, aber ich bin keine Schaufensterpuppe mehr. Durchbruch Zum ersten Mal in der Startelf. Kriegen in Hamburg zwar eins auf die Mütze (0:1), war aber nicht meine Schuld, im Gegenteil. Alle schreiben, ich war der Einzige, der voll überzeugen konnte, ´Einsatz stimmt, Technik gut, erstaunliches Kopfballspiel´ und ´auch schon mit Übersicht´. Dafür hatte unser Topkassierer Sendepause. Dieser Arsch von Renato trägt sein Trikot spazieren und passt auf, dass seiner Wischmob-Frisur nichts passiert. Haut einen Freistoß an die Latte, das 11 war´s. Von mir aus kann der Knabe wieder zum Bananenbiegen in seine Heimat. Stehgeier im Team sind überflüssig. Mai Mucki-Bude wird reduziert. Statt viermal die Woche jetzt nur noch zwei Termine. Dafür gibt´s Kopfballtraining. Jansen sagt, ich bin schon verdammt gut für mein Alter, aber da ist noch mehr drin, vor allem im Timing. Fliege noch zu oft knapp unter den Flanken durch, muss mehr von hinten kommen, - die Nerven behalten, abwarten und dann einschweben. Trainiere ´Timing´ mit den Amateuren bis die Birne matschig ist. Selbstfahrer Die theoretische Prüfung war totaler Tralala. Hatte so ziemlich alle Bögen auswendig gelernt, brauchte nur noch ankreuzen. 0 Fehler, kein Problem. - Am nächsten Tag die erste Pilotenschulung, zuerst auf Automatik. Reine Formsache, hatte ja vorher genug auf dem Vereinsparkplatz geübt, mit Genehmigung von Brenner. Ist kein öffentliches Gelände und abends ohne Autos, die man demolieren könnte. Auch besser so. Mein Übungspanzer stammt von Reufels, ein Opel-Asbach Caravan im Endstadium, angeblich unkaputtbar. Außerdem hockt Reufels neben mir und passt auf. Als Entschädigung darf er die Karre auf meine Kosten volltanken. Position Audienz beim Vorturner. Mertesacker erklärt, er hat mich probieren lassen im Training, weil er sehen wollte, ob ich mir selbst eine Position aussuche oder ob ich einfach nur blind durch die Gegend schwebe. Hat ihm gefallen, wie ich mich im defensiven Mittelfeld einsortiert habe. Relativ wenige Spieler erkennen von selbst, wo ihre echten Stärken liegen und als Coach kann man nicht alle Frischlinge auf allen möglichen Positionen testen. Für ihn wäre ich ab sofort als Abfangjäger gesetzt, hinten abräumen mit gelegentlichen Ausflügen in die Spitze, inklusive Kopfball. Komische Taktik. Vier neue Reifen Heute meinen ersten Wagen ausgesucht. Bekäme Promi-Rabatt bei fast allen Firmen, aber weil bei uns alle Wolfsburg-Hybrid fahren, gibt´s eine Hybrid-Schleuder mit allen Extras: silbermetallic, tiefer, breiter, Leder, Park- und Bremsautomat, Night Vision und Pfadfindersystem, auf Wunsch von Mama, damit der Junge auch immer sein Nest findet. Von 0 auf 100 braucht das Geschoss unter 6 Sekunden und Spitze liegt bei 255 oder so. ´Fährt mit allem´, sagt Reufels, Strom, Gas, Salatöl und notfalls kann man auch reinpinkeln. Kostet ordentlich Schotter, aber der Preis wird gründlich entschärft. ´Wer hat, dem wird gegeben´, meint Reufels, der mit aussuchen war, weil er was von Autos versteht. Ist gelernter Kfz-Betreuer. Das Teil steht im Geschäft und wird sofort ausgeliefert, wenn ich mein Kärtchen habe. Juni Läuft wie geschmiert. Erstes richtiges Kopfballtor, genau wie geübt. Flanke von rechts auf den langen Pfosten, alle segeln unten durch, ich starte mit Verzögerung und erwische die Murmel mit maximalem Kawupp. Geht rein wie ´n Strich, absolut ungreifbar. Total geiles Gefühl. Jansen grinst und klatscht ab. So wird´s gemacht. Bin ab sofort ein ´Kopfball-Ungeheuer´. Leicht übertrieben, sagt Elgard, aber ich könnte eins werden. Selten dämlich Die Prüfung lief super. Anfahren am Berg, rückwärts einparken, Zebrastreifen, Tempolimit, Spurwechsel, alles easy. Dann der volle Griff ins Klo, - Stoppschild, abgebremst, aber ohne mit allen vier Reifen voll zu stehen. Und Tschüss. Doof, döfer, ich. Hätte mir am liebsten auf der Stelle die Kugel gegeben. Am besten war das Gejohle im Heim. Tore machen ja, aber zu doof zum Autofahren. Mein megageiles Hybrid-Geschoss de luxe stand startklar vor der Hütte und durfte wieder abtransportiert werden. Super. Ich könnte mir stundenlang in den Arsch treten. 12 Keine Gnade Bin schon wieder in den Schlagzeilen, aber nicht im Sportteil, sondern auf den Witzseiten: ´Jungstar rasselt durch Fahrprüfung´, ´Rote Karte im Verkehr´ oder ´Zu schnell für die Straße´, ´Typisch Fußballer´? und ähnlicher Blödsinn. Du kannst keinen Furz lassen, ohne dass nicht irgendwelche Idioten eine Meldung draus häkeln. Das Gleiche in Grün Noch ´n Kopfballtor. Ecke von links, die Murmel segelt ewig lang durch die Luft, meinereiner schwebt von der Strafraumgrenze ein, Vollkontakt am Elfer. Der Flieger kriegt noch die Fingerspitzen an den Ball, aber mehr auch nicht. Dieses Mal grinst selbst Mertesacker und zeigt den erhobenen Daumen. So könnt´s weitergehen. Wir kommen allmählich in Schwung. Auch Renato bewegt seinen Knackarsch und versenkt gleich zu Beginn von Halbzeit 2 einen Freistoß aus 18 Metern. Ist sofort wieder der große Star. Mal sehen, wie lange. Blöd nur, dass die Saison so ziemlich vorbei ist. Juli Im zweiten Anlauf den Lappen erlegt. Totale Düse am Anfang. Noch ´n Abgang und ich hätte wegen Doofheit auswandern können. Habe die komplette Pressemeute an der Stoßstange und im Kofferraum. Ist mehr Prozession als Fahrprüfung. Werde auf offener Strecke von drei Filmteams überholt. Haben voll mit ihren Mühlen draufgehalten, diese verstrahlten Bildpräsidenten. Oberkrass, aber der Prüfer war cool drauf. ´Lass dich nicht verrückt machen, fahr in Ruhe weiter, den Rest mach ich´. Hat zweimal voll die Augen zugedrückt (Spurwechsel und Einparken), sonst hätte es mich wieder zerlegt. Am Ende Jubelparteitag – 1000 Bilder von einer blöden, stinknormalem Fahrerlaubnis. Halte trotzdem jede Wette, den meisten Pressefutzis wär´s lieber gewesen, wenn ich noch mal den Abgang gemacht hätte. Habe Prüfer und Fahrlehrer zu den nächsten zehn Heimspielen eingeladen. Clubheim Der Verein hat alles oder besorgt alles, nicht nur Rabatte. Jetzt, wo ich zur ersten Mannschaft gehöre, sagt Kuhnke, hat das Heim seine Schuldigkeit getan. Zu eng für mich und für die Kleinen entsteht zu viel Unruhe. Die Firma bietet mir eine eigene Unterkunft im Grünen an, in angenehmer Umgebung und obendrein mietfrei. Unablehnbar. Bin mal gespannt auf den Schuppen. Hausbesichtigung Coole Hütte. 160 m², fette Terrasse, Balkon, Einbauküche, Sauna, Badewanne plus Whirlpool, Doppelgarage, Parkettböden und so weiter. Absolut krass und komplett Vereinseigentum. Drumherum leben etliche andere aus der Ersten, unser Mann aus Ghana, zwei Marokkaner, ein Japaner und drei Vertragsamateure. Bis gestern war meine Hütte noch bewohnt durch irgendeinen Spielerbeobachter. Hat kurzfristig eine andere Bleibe bekommen. Harte Sitten?! Kuhnke sagt, die Renovierung ist in 48 Stunden erledigt. Zu Hause hatten wir knapp 80 m², Etagenwohnung im 4-Parteienhaus. War für uns drei Nasen total okay. Kann in meiner neuen Hütte mit mir selbst Fußball spielen, kein Problem. Einkauf Mit Elgard Möbel geordert. Auch kein Problem. Einer unserer Sponsoren hat ein korrektes Möbelhaus am Stadtrand. Der meiste Krempel, der mir gefällt, kann innerhalb einer Woche geliefert werden, heißt es, und es gibt ausschließlich Sonderpreise. Dafür werden zwei Millionen Fotos geschossen – ich am Esstisch, auf dem Sofa, vor einer Schrankwand, im Küchenstudio und ähnlicher Mumpitz. Die Schnappschüsse erscheinen dann im Hausprospekt. Minimiert die Rechnung total. Einzug Alles, was mit mir einzieht, sind zwei Reisekoffer, eine Sporttasche und mein Tagebuch. Zum Glück waren Bett, Sofa und Essecke schon da, sonst hätte das Ganze verdammt müde 13 ausgesehen. Der Rest wird auch noch eintrudeln, sagt Elgard. Er hätte mit 18 wesentlich schlechter gewohnt, in einer umgebauten Sauna am Stadtrand von Stockholm, in der er im Winter fast erfroren wäre. Ne, Schweden kann ihm gestohlen bleiben. Immer noch vier bis sechs Monate Winter, aber nicht so ´n schlapper und lauwarmer wie heute bei uns. Da oben friert das Huhn an der Stange fest. Am Abend vorher Abschied im Heim gefeiert. Kurzer Aufenthalt, aber intensiv. War schon ein mulmiges Gefühl. Hätte fast geheult, als alle das Abschiedsständchen trällerten. ´For he´s a jolly good fellow´. Ist Tradition. Anschließend improvisierte Doktor Brenner eine seiner gefürchteten Reden, mindestens 10 Minuten am Stück und pädagogisch wertvoll. ´Wieder einer, der das Klassenziel erreicht hat, in doppelter Hinsicht. Einer, dem man diese Entwicklung nicht unbedingt ansehen konnte (Danke), einer, der hart an sich gearbeitet hat und für den es immer dann einen leichten Anschub gab, wenn er ihn brauchte´ (Feine Umschreibung für Erpressung). Als Entschädigung hatte sich Frau Meisel, unsere Küchenfee, mit dem Abschiedsessen selbst übertroffen. T-Bone Steak plus Pommes. Zum Reinsetzen. Und für meine alte Bude ist auch schon ein Nachmieter gefunden. Übermorgen wird ein neues Pickelgesicht einrücken, in meinem Bett liegen, an meine Decke peilen und davon träumen, auch mal Profi zu werden. Viel Glück. Urlaub Mit Mama und Papa 14 Tage Allgäu. Die absolute Geisterbahn. Die Hügel rauf (halbe Höhe, versteht sich), Einkehrschwung in irgendeine Hütte, Aussicht bewundern und Papa füllt sich ab, Bier und Enzian, Enzian und Bier. Mama versucht zu bremsen, aber Papa hat Urlaub, sagt er, und da gehört er sich selbst und seine Leber auch. Eiert dann voll bedröhnt die Hügel wieder runter. Verziehe mich nach zwei Ausflügen dieser Art an den hoteleigenen Fischteich mit Badelizenz. Nennt sich ´Alpsee´. Saukalte, trübe Brühe und total verplemperte Zeit. Der allerletzte Urlaub in Familie. Ehrenwort. Aufmarsch 2028/29 Ich bin ab sofort Vollmitglied der Truppe, Amateurstatus beendet. Vollvertrag zu absolut brauchbaren Konditionen (hat Elgard ausgehandelt). Im Training jede Menge neue Gesichter, hauptsächlich aus Übersee. Vier Mohrenköpfe, zwei Marokkaner und zwei Chilenen, richtige Indianer, Inkas oder so. Verständigung gleich Null, nur mit Händen und Füßen. Hecheln noch mal durch den Spreewald bis die Hacken schief sind. Nach zwei Wochen erstes Ball- und Spieltraining. Der Kampf um die Stammplätze kommt in seine heiße Phase. Vier Tage später sind drei Mann krankenhausreif. Mertesacker titscht wie üblich im Dreieck. Verbietet jede Art von Härte. Wer draufhaut, fliegt. Spielen nur noch Softball. Test Tingeln durch die Umgebung und lassen uns von irgendwelchen Dorfkickern vorführen. Völlig Banane. Morgens und nachmittags Vollgaseinheiten, abends 90 Minuten Ernstfall. Super. Reine Gleichgewichtsübungen. Stolpern über die eigenen Quanten, vor allem unsere Gruftis. Die Seniorenriege hat satte Probleme mit der Beinarbeit. Ist längst nicht mehr so quirlig wie unsereiner und versucht, die Defizite durch Routine und Fouls auszugleichen. Tut den Hobbykickern weh, aber klappt nicht immer. Wir kassieren drei Klatschen in Serie und werden von der Presse blöde angemacht. ´Gurkentruppe´, ´Rentnerverein´, ´Zweibeinige Bremsscheiben´, ´Abstiegskandidat´ und ähnlicher Blödsinn. Wird sich zeigen. August Erstes Ligamatch und mit Starterlaubnis von Anfang an. Wüstes Gebolze. Drei Augenblicke vor Schluss wird Pancic im Strafraum gefällt, Elfer. Wir liegen 1:2 hinten. Pancic, der Dienst habende Knipser, liegt röchelnd neben der Bande, der Rest der Truppe hat braune Streifen in den Hosen. In Ballnähe stehen nur noch Jungnikel und ich. Jungnikel schnappt sich entschlossen die Murmel, drückt sie mir in die Hände und murmelt: „Hau das Ding rein, Kleiner“. Feige Sau, könnte doch selbst schließen, ist ja schließlich Käpt´n. Stehe ziemlich überrascht und doof mitten 14 in der Schüssel. Der Schiri kommt angedackelt und macht auf witzig: „Soll ich schießen oder möchten Sie ´s mal versuchen?“ Einsame Klasse. Wenn ich kneife, bin ich ab sofort die Lacherbse der Nation, wenn ich nicht treffe auch. Einzige Chance: Augen zu, draufhalten und treffen. Läuft alles irgendwie in Slomo. Lege das Flugzeug auf den Punkt und marschiere zurück. Der Torwart zappelt auf der Linie ab und ein Arsch von gegenüber föhnt mir im Vorbeigehen ins Ohr: „Den machst du nie im Leben rein, du Milchschnitte.“ Dumpfbacke. Jetzt erst recht. Unser Anhang betet, der Rest jault wie Wolf. Anlauf, voller Hammer und mitten rein. Der Fänger reißt die Arme hoch, die Murmel prallt zurück, direkt auf meinen rechten Stiefel und - paff – Loch im Netz. Umständlich, aber zählt. Die komplette Truppe springt mir ins Kreuz und bügelt mich in den Rasen. Beinahe Genickbruch für ein lumpiges Pünktchen. Presse Die Buchstabenzauberer machen einen kompletten Roman aus dem blöden Elfer. Alle tun so, als hätte das Küken gezielt Verantwortung übernommen. Alle finden, ich bin nervenstark und verantwortungsbewusst, ein Frischling, der sich innerhalb kürzester Zeit zum Leistungsträger und Rückgrat der Mannschaft entwickelt hat. Direkt mit mir gesprochen hat nur ein Radiomensch, und die einzige Frage war ´Wie fühlen Sie sich jetzt´? Ende, aus, kein Wort zum Elfer. Nichts gegen Komplimente, aber keiner hat den Ablauf irgendwie gepeilt. Und Jungnikel erwähnt natürlich mit keinem Wort, dass er mir die Murmel angedreht hat, weil ihm der Arsch auf Grundeis ging. Irgendeine Reporterwurst schreibt sogar, ich hätte meinen Kapitän gebeten, den Elfmeter exekutieren zu dürfen. Völlig Banane. Der Klappstuhl hat mir gnadenlos seine Verantwortung in die Schuhe geschoben. Toller Käpt´n. Außerdem war ich weder kaltblütig noch sonst was in dieser Richtung. Hatte absolute Gummibeine und Schwein sowieso. Zwei Zeitungen meinen, ich bin inzwischen ein absolut heißer Kandidat für das Nationalteam. Neben meinen spielerischen und mentalen Fähigkeiten, hätte ich noch einen ganz entscheidenden Vorteil – man braucht mich nicht erst einzubürgern. Aufwärts Elgard will nachverhandeln. Ich habe meinen Stammplatz sicher, Mertesacker und Kuhnke planen langfristig mit mir. Das sollte sich positiv auf meinen Kontostand auswirken (und auf seinen, klar). Zum Glück haben wir eine Nachbesserungsklausel im Vertrag für ganz bestimmte Fälle: Stammspieler, Angebote von außen, Nationalelf. Elgard sagt, wir sind in einer guten Position und meldet sich bei Kuhnke an. Bin gespannt, was der alte Schwede so locker macht. September 3:1 Heimsieg. Wieder einen Elfer verwandet, dieses Mal im ersten Versuch. Flach unten links und tschüss. Abends mit der halben Mannschaft Überfall auf Nobeldisco. Pancic sagt, hier hocken heiße Bräute im Dutzend und warten nur darauf abgeschleppt zu werden. Könnte mir quasi aussuchen, wen ich wollte, wäre absolut üblich. Stand erst ziemlich dumm rum, dann kam Pancic mit vier Mädels und die Party ging ab. Völlig verstrahlt, der Typ, und die Mädels auch. Zwei haben gleich am Tisch die Schlüpfer ausgezogen und sich dabei halb tot gekichert, so als wär´s ´ne Comedy Nummer. Die Maus neben mir war nicht ganz so wild. Heißt Betty. War aber auch keine Nonne. Kannte mich aus dem Fernsehen, vor allem durch den ersten Elfer. Rein in die Schlampenschleuder (Pancic) und ab in die Savanne. Kleiner Wald, kurzer Stopp und Betty legte ab, unaufgefordert. Hatte sowieso nicht viel an, aber ganz viel drunter. Ging alles ziemlich schnell und heftig. Wenn das alles war in Sachen Erotik und so, warum machen dann alle um den Quatsch so ein Riesentheater? Angebote Elgard sagt, drei Clubs haben inzwischen angeklopft zwecks freundlicher Übernahme, zwei von auswärts, einer von nebenan. Kuhnke darf vernünftig nachlegen, sonst kann er damit rechnen, dass ich demnächst in England, Italien oder bei der direkten Konkurrenz kicke. Das bleibt aber unter uns, sonst wird´s kompliziert, sagt Elgard. Auch nichts zu den Eltern. Selbstredend. Mama 15 würde wahrscheinlich den Mund halten, aber Papa hätte wieder ordentlich Munition für seinen Säuferstammtisch. Ne, nach Hause geht nix. Betty Zwei Mal mit Betty getroffen. War ganz nett so zum Üben, aber absolut nicht der Kracher. Pancic sagt, die Broschen sind total scharf auf Typen wie uns, die machen alles, um einen von uns abzuschießen, die können mit uns richtig Punkte machen. Wenn eine von denen erzählen kann, mein Macker ist Profi, dann kippen die anderen Tussen voll aus den Latschen. Die machen mit irgendwelchen Normalos rum, Bauarbeitern, Klempnern oder Banktypen. Für die ist unsereiner der totale Jackpot. Deshalb, bloß nicht gleich auf eine versteifen, da steht noch jede Menge Material auf der Weide. Nachhilfe Scheiß Berufsschule. Nervt total. Unterirdische Noten in allen Fächern außer Sport. Müller ist stinkig und will mich bei Kuhnke verpetzen, falls sich innerhalb der nächsten vier Woche nichts Wesentliches tut. Sollte ich hängen bleiben, könnte sich die Ausbildung um ein Jahr verlängern. Der blanke Wahnsinn. Notbremse gezogen und meinen Klassenlehrer angeheuert, zwecks Nachhilfe. Sind dreimal die Woche verabredet, abends nach 20 Uhr. Spaß sieht anders aus. Forsbeck kann den Schotter gut gebrauchen, hat gerade gebaut und ist bei der letzten Beförderung voll übergangen worden. Keine Ahnung warum. Erklärt gut, kann sich durchsetzen und ist trotzdem locker drauf, so ziemlich als Einziger in der Anstalt. Allerdings kurze Zündschnur. Wer Mist baut, landet im Betrieb. Deswegen baut auch so gut wie keiner Mist. Eigentlich illegal das Ganze, Klassenlehrer sollten keine Nachhilfe geben, aber wen juckt´s, wenn wir beide die Klappe halten? Es geht schließlich um Bildung, trotz Schule, sagt Elgard. Die Vertragsverhandlungen hängen durch, meint der alte Schwede, Kuhnke klappert in geheimer Mission durch Südamerika, ´Einkaufen´. Egal, mit jedem Spiel, das halbwegs läuft, steigen meine Aktien und im Moment läuft´s abartig gut. Ich bin der Meinung, mein Ausstieg aus der Lehre sollte Vertragsbedingung sein, aber Elgard winkt ab. Erstens kann eine Fußballkarriere urplötzlich zu Ende sein und zweitens kann Wissen nie schaden, vor allem kaufmännisches nicht. Elgard selbst ist gelernter Bänker und froh über sein Grundwissen. ´Da dreht einem keiner Dinge an, die man nicht selbst durchgerechnet hat´. Oktober 21.10., 20.18 Uhr, Handy rappelt. Am anderen Ende Klopp, Bundestrainer. Eigentlich keine riesige Überraschung nach den Auftritten der letzten Zeit, aber trotzdem – Schwitzhändchenzum ersten Mal der große Chef persönlich. Bin eingeladen für den nächsten Länderkick gegen die Schweiz. Natürlich steht damit nicht fest, dass ich spiele, aber ich bin mit im Bus. Kuhnke ist informiert, das genaue Programm kommt schriftlich. Habe als erstes Papa angerufen. War beim Kegeln. Hat spontan eine Runde spendiert. Super. - Fünf Minuten später ist Kuhnke im Rohr, 40 Prozent erfreut, 60 Prozent besorgt. Große Ehre, Blablabla, aber noch mehr Belastung. Wie´s mit dem Vertrag wäre, hab ich gefragt, aber Kuhnke hat nur blöde gelacht. Elgard und er würden die Sache schon regeln. Quaktasche. Wenn ich Nationalmannschaft spiele, kann ich mir die Clubs aussuchen, und die dämliche Lehre kann er sich dann in die Haare schmieren. 10 Minuten später meldete sich Schwanke vom Zweiten Versehen. Die Pressefutzis werden anscheinend genau so schnell informiert wie unsereiner. Wie man sich so fühlt als NeuNationalspieler, ob ich gegen die Schweiz zum Einsatz komme, wo ich nächste Saison spiele und ähnlicher Schabernack, und ob ich nächsten Samstag in seine Sendung möchte? Von mir aus ´ja´, aber er soll sich das ´Okay´ von Kuhnke holen. Kein Problem, sagt Schwanke. Schlagzeilen Die Zeitungen hauen mich raus wie Jesus persönlich, bin der Aufmacher auf allen Sportseiten, Jungstar, neuer Hoffnungsträger, Weltmeister aller Klassen, der ganze Zukunftskäse. Nur in zwei Blättern stehen schräge Kommentare. Kein Wunder, dass ich Nationalmannschaft spiele: - ´Wer als Deutscher den Sprung in den Dunstkreis der Erste Liga schafft (Bankdrücken reicht), landete 16 automatisch in der Nationalmannschaft, die Auswahl an brauchbaren, einheimischen Kickern ist mehr als übersichtlich.´ Armleuchter. Sollten froh sein, dass überhaupt noch wer nachkommt, viel tut sich auf dem hauseigenen Markt wirklich nicht. Was bleibt, sind einwanderungswillige Afrikanesen oder so. Die gibt´s reichlich, und davon lebt das Land. Die Vereinsleitung ist gegen einen Studiobesuch am Samstag, am nächsten Tag droht der Ligaalltag gegen Finanzallianz Frankfurt. Wenn, dann müssten die Herrschaften vom Fernsehen schon mit einem Übertragungsteam bei uns anrücken. Peinlich Betty ruft an und gratuliert zur Beförderung. Rumgesülze und Tralala. Würde sich gerne häufiger mit mir treffen. Hat mir gerade noch gefehlt. Im Moment kochen andere Dinge. Pancic sagt, so Mädels können zu Kletten werden, - wer lässt freiwillig einen echten Nationalkicker schießen? Ich soll mich zusammenreißen und bloß nicht einwickeln lassen. Typen wie er und ich können alle haben, nicht nur eine. Spektakel Seit Tagen steppt der Bär, total krass. In allen Knopflöchern Reporter, Inland und Ausland. Unglaublich. Sogar aus Japan. Die Schweizer kamen im Dutzend angeschreddert. Schwizerdeutsch ist allerdings keine Sprache, sondern mehr Halskrankheit. Die Alpenwillis wollten alles wissen: Lieblingsposition, Einkommen, Freundin, Hobbys, schon mal in der Schweiz gewesen, Skifahrer? und ähnlichen Quark. Elgard hat mit mir stundenlang Interviews geübt: freundlich sein, geduldig sein, die Reporter ausreden lassen, langsam antworten, mit Zurückhaltung und bloß nicht versuchen, auf lustig oder schlau zu machen (´schlau´ geht gar nicht), eher auf schüchtern, höflich und bescheiden. Das kommt an und beruhigt die Leute, weil sie dann glauben, man ist nicht irgendwas Besseres. Überhaupt, sagt Elgard, wenn Journalisten in der Nähe sind, gibt´s nur eins: Schnauze halten. Reicht schon was diese Herrschaften melden, auch wenn man nix sagt. Saugen sich ohnehin ihre eigenen Geschichten aus den Fingern, damit Richtung und Auflage stimmen. Und wer redet, muss einkalkulieren, dass jede Silbe als Bumerang zurückkommt, auf Knopfdruck und jahrelang. Und einmal verzapften Schwachsinn wieder gerade zu rücken klappt nie, irgendwas bleibt immer hängen. Dafür gibt´s im Sport prima Beispiele. Also, erst mal Schnauze halten. Super. Sexualkunde Habe Elgard nebenbei von Betty erzählt. Hat den alte Schweden fast vom Hocker gefegt. Voller Pfefferminzschlag. Pancic ist ein Vollidiot, sagt Elgard, der denkt mit seinem Schwanz und nicht mit seinem Hirn, hat auch gar keins. Ist gerade 26 und kann schon für drei Trabanten Unterhalt zahlen. Und irgendwo in Kroatien oder Serbien laufen bestimmt noch mehr Ableger rum. Und Alimente sollte ich mir nicht als Peanuts oder Taschengeld vorstellen, Unterhalt wird knallhart berechnet und abgedrückt, und zwar nach Einkommen, so lange bis die Brut auf eigenen Beinen stehen kann, im schlimmsten Fall bis 27 oder so, falls eins von den Früchtchen unbedingt Doktor werden will. Für die glückliche Mutter darf separat geblecht werden, und zwar deutlich mehr als Sozialhilfe. Jeder Profi mit vernünftigem Einkommen, sagt Elgard, kann für einen einzigen Freistoß Millionen blechen, kein Problem. Es gibt Damen, die warten auf ihre Chance, wie Zecken. Und es gibt genug Idioten, die sich diese Zecken fangen, auch dafür gibt´s prima Beispiele im Dutzend. Entweder ab sofort alles mit Tüte oder ´n Knoten in das Ding. Live und in Farbe Mein erstes richtiges Live-Interview im Fernsehen. Das Team wuselt stundenlang vorher im Clubheim rum, und Schwanke quatscht mir im Vorfeld einen Knopf an die Backe. Am Ende sind wir per ´Du´, inoffiziell, vor der Kamera wird gesiezt, von wegen Objektivität und Distanz. Das Interview dauerte dann zehn Minuten am Stück, drei Kameras und zwei Mikros. Anschließend der Blick in die Aufzeichnung. Katastrophe, sehe total bescheuert aus und die eigene Stimme klingt völlig schräg. Trotzdem, alle sind happy und wünschen mir einen guten Start bei Klopp. Leichter Galgenhumor. Haben mit dem Team seit Jahren keinen Blumentopf mehr gewonnen. 17 Okay, Giganten wie Andorra und Malta sind noch zu schaffen, aber gegen den Rest der Welt gibt´s momentan ordentlich Haue. Voraussetzungen Treffpunkt Freiburg, drei Tage vor dem Match. Elgard fährt mich hin, möchte nicht, dass ich selbst kutschiere. Soll mich voll auf meinen Job konzentrieren und nicht auf den Straßenverkehr. Mimt den glasharten Erziehungsberechtigten. Schade, Papa hat mir selten irgendwas verboten. 1000 Pressefuzzis vor Ort, Foto-Shooting, fehlt nur noch der rote Teppich. Werde vom Trainerstab mit Handschlag begrüßt, Klopp, Lahm und Holwegler. Bin der einzige Neuling. Etliche in der Truppe sind für mich Leinwandhelden, spielen in Italien, Spanien, am Golf usw. Rahmani und Wolter sind die Stars und ziehen die Pressemeute auf sich. Wir anderen sind Statisten. Rahmani kickt in Moskau, hat afghanische Eltern, wurde in Hamburg geboren und mit 14 eingebürgert. Ziemlicher Arrogantarsch. Klopp ist Berufsoptimist, hoch wie breit und ziemlich tief. ´Es gibt keine Probleme, nur Lösungen´. Ich wäre so eine Lösung, sagt er, und müsste damit rechnen, gegen die Schweiz in der Startelf zu sein. ´Mal ´n paar Löcher in den Käse hauen´. Gut gebrüllt, aber der Käse sind wir. Die Alpendudler schimpfen sich Europameister, sind seit fast drei Jahren ungeschlagen. Haben nur das WM-Endspiel gegen Russland vergeigt. Kein Wunder, bei den Wodka-Kickern waren acht Brasilianer und drei Argentinier am Start, bei den Eidgenossen nur eigenes Gemüse, streng nach Vorschrift. Die Berge sind für Fußballmigranten so gut wie dicht. Pro Club zwei Nasen von auswärts und Feierabend. Die Club-Teams reißen deswegen auch keinen Hering vom Teller, aber die Ländermannschaft funktioniert, anders als bei uns. Wir sind eine Nationalelf von professionellen Bankdrückern, Fallobst, Nummer 36 in der FIFA Weltrangliste. Kloppo soll die Talfahrt stoppen. Hat vor knapp einem halben Jahr den Job übernommen und bastelt rum. Neues System Fast drei Stunden Teamsitzung. War echt spannend. Klopp will mit zwei unterschiedlichen Systemen spielen lassen. Die erste Halbzeit mit ´Libero´ (Steinzeit-Modell), die zweite mit Doppelkette und Raute wie üblich. Die Libero Sache hört sich witzig an. Einer baut sich zentral hinter der letzten Kette auf und haut weg was kommt. Klopp zeigt uns alte Filme mit Beckenbauer und Schulz und ähnlichen Fossilen. Zeitlupenfußball, aber als System gar nicht so doof. Klopp sagt, der Libero braucht Übersicht, Stellungsspiel, Kopfballstärke und Antizipationsvermögen (stand an der Wand, bedeutet ungefähr ´Vorahnung´). Er würde sich noch überlegen, wer den Ausputzer geben soll, da wären mehrere Möglichkeiten. Geheimtraining Wir probieren mit Libero, zwei Tage lang vormittags, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Soll schließlich eine Überraschung werden. Klopp probiert vier Kandidaten, einer davon bin ich. Prima Sache, macht Spaß. Man chillt im Rückraum ab, pfeift seine Vorderleute zusammen und stürzt sich auf alles, was durchgesteckt wird. Leichte Übung, haue alles weg, was kommt, egal ob flach, hoch oder sonstwie. Rahmani, die alte Meckerbacke, hat keinen Bock auf Libero, damit geht das Spiel kaputt, denn der Mann fehlt im Aufbau oder ganz vorne. Stimmt, aber hinten brennt absolut nix mehr an. Aufstellung Vor einer Stunde erfahren – ich bin von Anfang dabei und zwar als Libero. Absolut krass. Neuer Mann, neues System, mutig. Wenn ich Mist baue wird Klopp gesteinigt, das steht fest. In der zweiten Halbzeit wird dann umgestellt. Rahmani, beim Abendessen neben mir, hält das Ganze für völligen Quatsch. Sind doch sowieso nur ein Hühnerhaufen, wozu dann noch diese blöden Experimente? Alles nur Anti-Fußballer in der Truppe, sagt der große Crack. Noch ´n Papa Verdammt schlecht geschlafen. Fühle mich total zerknittert. Klopp nimmt mich nach dem Frühstück auf die Seite. Habe im Training voll überzeugt, Naturtalent als Ausputzer. Müsste nur 18 noch mehr mit den Vorderleuten reden und auch wesentlich energischer. Wir sind nicht im Nonnenkloster. Die Knaben brauchen klare Ansagen, schön laut und deutlich, nur keine Hemmungen. Und immer die Räume und Passwege zustellen. Das dürfte die Schweizer Garde ordentlich nerven. - Betty ruft an und will wissen, ob ich spiele. Danke der Nachfrage, muss unbedingt meine Handy-Nummer wechseln. Seniorenfußball Basel. Ausverkaufte Schüssel, Schweizer und Deutsche 50:50. Auf der einen Seite rote Fahnen mit weißem Kreuz, auf der anderen alles in Schwarz, Rot, Senf. Shakehands, Wimpelübergabe, Nationalhymnen. Unser Pressefutzi hatte mir mittags den Text in die Hand gedrückt, nur zur Sicherheit. Sinnlos. Ich kann nicht singen und will nicht singen, weder Schlager noch Nationalhymnen, bin Fußballer und kein Caruso. Das Match selbst ist ultimativ doppelminus. Die Lederhosen greifen an und jeder zweite Ball landet prompt bei mir, egal ob Pass oder Flanke. Muss nicht mal viel dafür tun. Aktionsradius wie ´ne Notrufsäule, aber totale Peilung. Logenplatz. Kurze Bewegungen nach links, rechts oder vorne und die Räume sind zu. Entweder brechen die Alpinisten ab oder die Murmel geht in meinen Besitz über. Zwei oder dreimal wird ´s eng, aber meist kann ich das Spielgerät kontrolliert nach vorne kicken. Ausflüge über die Mittellinie pfeift Klopp sofort zurück. Nach vorne sollen die anderen machen. Machen sie aber nicht. Alles gurkt im Mittelfeld rum und die beiden Spitzen hängen in der äußeren Galaxis. Rahmani macht Stunk in der Halbzeit. Scheiß System. Klopp grinst und stellt um. Ich muss raus und wir bilden unsere normalen Ketten. Acht Minuten später zappelt die Kugel in den Maschen. Pass in die Tiefe, Abfangjäger mit Sekundenschlaf, Torwart ausgespielt, Bingo. Danach machen die Almdudler halblang. Zehn Minuten vor Schluss trifft Rahmani aus 16 Metern per Fallrückzieher - 1:1. Sensationell, aber reiner Glückstreffer. Das war´s. Pressekonferenz Klopp geht auf die erste Hälfte kaum ein, lobt meinen Einsatz, aber erklärt ´System Libero´ für gescheitert. Zweite Hälfte hat mehr Druck nach vorne gebracht, moderner, attraktiver Fußball und genau seine Philosophie. War einigermaßen enttäuscht. Alle anderen sind zufrieden, auch die Meinungsmacher. Für die Lederhosen ein schlaffes Unentschieden, für uns fast ein Sieg. Abends Bankett. Alles vom Feinsten. Rahmani sagt, das übliche Gelage für Funktionäre und Sponsoren. Nix für mich, verziehe mich auf meine Bude. Klopp erscheint eine halbe Stunde später mit Sekt. Sagt, hätte meine Sache hervorragend gemacht, noch besser als im Training und das war schon super. Wird bei der EM mit mir als Libero antreten, zu den Qualifikationsspielen nur im Notfall, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Das Ganze wäre aber eine Sache zwischen ihm und mir, nicht mal Lahm und Holwegler wüssten Bescheid. Bei jedem anderen hätte ich gesagt, der Typ verarscht dich, aber Kloppo trau ich die Nummer glatt zu. Poker Kuhnke wird sich wahrscheinlich in den Hintern beißen. Vor dem Länderspiel wäre die Sache erheblich preiswerter gewesen, jetzt gibt´s Konjunkturzuschlag. Elgard sagt, jeden Tag trudeln neue Angebote ein und die besten flattern direkt weiter auf Kuhnkes Tisch, nur mal so, als Info. Macht richtig Laune, sagt Elgard, und Kuhnke flucht. Eigene Doofheit. Bin gespannt, wie die Pokerrunde ausgeht und wo demnächst für mich die Murmel rollt. Das Ausland hat auch seine Reize. Dezember Neue Disco, neues Glück. Das Modell heißt Sara, blond, mit ausgesprochen üppiger Benutzeroberfläche und nicht schwerer zu kriegen als Betty. Ich bin ganz oben und vermutlich Multimillionär für die Dame, da fallen Hemmungen und Hüllen. Promis sind sexy, selbst die mit Triefaugen, Buckel und schiefen Zähnen. So weit liegt Pancic im grünen Bereich. Ansonsten gilt Elgards Anweisung, nur keine Betriebsunfälle, würde dann ab sofort jede zweite Halbzeit für Sara spielen. 19 Arbeitsplatz Unser Verwaltungs-Müller checkt absolut nicht, dass ich Nationalspieler bin. Geht dem Knaben voll am Arsch vorbei. Müllt mir zweimal am Vormittag den Schreibtisch voll, mindestens, und erwartet, dass ich den ganzen Schwachsinn zügig und ´fachlich korrekt´ bearbeite. Würde ihm den ganzen Mist am liebsten sofort zurück in seine Kemenate krachen. Werde eine Vertragsverlängerung nur unterschreiben, wenn dieser Büro-Dracula von Kuhnke gefeuert wird. Vertrag Alles unter Dach und Fach. Jahreseinkommen bleibt Geheimsache (liegt aber satt im grünen Bereich, netto, versteht sich), keine Ablöse über 35 Mille und für jede Saison, die ich von jetzt ab im Verein spiele gibt´s eine Extra Prämie von 800.000. Müller, der alte Drehstuhlpilot, bleibt im Amt, leider. Kuhnke denkt nicht im Traum daran, den alten Sklaventreiber zu himmeln, hält große Stücke auf den Spinner. Außerdem sind innerbetriebliche Vorgänge und Personalfragen nicht mein Bier. Ende der Durchsage. Will Müller allerdings Anweisung geben, mich ab sofort etwas pfleglicher zu behandeln. Wird mir die Aktenberge wahrscheinlich mit rosa Schleifchen überreichen. 2029 Januar Nationalmannschaft. Match gegen Korsika, erstes offizielle Länderspiel für die Insel nach der Trennung von Frankreich. Die Arena in Bastia ist weiträumig abgeriegelt, weil irgendwelche verstrahlten Franzmänner sich bei dieser Gelegenheit für die ´Verkleinerung´ ihres Landes revanchieren wollen. Uns Spielern wird erklärt, alles völlig harmlos und sicherheitstechnisch überschaubar. Pustekuchen. In der Nacht vor der Partie fliegt hinter unserem Hotel der Mannschaftsbus weg, und in Berlin fetzt eine Granate das komplette Pferdegespann vom Brandenburger Tor, weil wir es wagen, gegen Korsika zu kicken, steht im Bekennerschreiben. Die franz. Regierung entschuldigt sich offiziell in Berlin und bei der Mannschaft. Die weggeflogenen Pferde werden selbstverständlich originalgetreu wieder aufgebaut, den Bus zahlt die Versicherung. Zum Glück keine Verletzten, weder durch die fliegenden Zugtiere noch durch den Mannschaftstransporter. Trotzdem Schwachsinn. Die Unabhängigkeit ist fast ein Jahr alt, kam durch Volksentscheid zustande und wurde von der UNO bestätigt, sagt Elgard, alles völlig legal, aber Spinner mit Idealen gibt´s überall. Das Match selbst ist tote Hose im Quadrat: Kann nix (Korsika) gegen geht nix (Wir). Elendes Gewürge. Komme zur zweiten Halbzeit rein und spiele Brummkreisel im Mittelfeld. Wir produzieren ein Eigentor und die Korsen revanchieren sich kurz vor Schluss. Rückgabe zum Torwart aus 30 Metern links oben in den Giebel. Tor des Monats und die perfekten Gastgeber. Die Korsaren werden trotzdem von ihren Leuten gefeiert wie doof, eigene Fahne, neue Nationalhymne und so weiter. Fußballtechnisch wären die Herrschaften wahrscheinlich besser bei Frankreich geblieben. Rückrunde Bescheidener Start, zwei Pleiten, ein Sieg, ein Unentschieden. Mertesacker arbeitet sich in die Schlagzeilen. Schlecht präpariertes Team, falsche Taktik, verpeilte Personalpolitik, schräger Führungsstil. Jeder haut drauf so gut er kann. Tipps vorher wären besser gewesen. Stattdessen Komplettdemontage nachher. Noch zwei Pleiten am Stück und der Blödsinn wird Wahrheit. Läuft aber nicht. Stattdessen drei Siege in Folge und wieder Ruhe im Katong. Versenke zwei Dinger. Gegen Frankfurt mit der Schilddrüse aus drei Metern, Schwein gehabt, ein Netz in Bremen aus 20 Metern, Vollspann ins lange Eck. Beruhigt alle Kritiker, die glauben, ich wäre schusstechnisch noch in der C-Jugend. Februar Renato, unser brasilianischer Mittelfeldstratege der Sonderklasse, zickt rum. Ist kurzfristig abgetaucht, weil er irgendwo in unserer Gegend eine Disco gekauft hat, heißt es. Inoffiziell 20 sickert durch, dass er die Kaschemme nur unvollständig bezahlt hat und von der Bildfläche verschwinden musste, weil die Verkäufer, irgendwelche krassen Typen aus Bringdichum, dem Artisten an die Wäsche wollen. Wahrscheinlich darf Kuhnke jetzt die Kuh vom Eis holen, damit unser Ass nicht mit Beton an den Füßen im nächsten Baggersee verschwindet. Wäre hart, aber fair. Okay, der Knabe hat heiße Dinge drauf, auch im Spiel, glänzt aber auch mit Schattenseiten: Kopfballallergie und Alleskleber an den Laufwerkzeugen. Keine Ahnung, was Kuhnke & Co an diesem Schokoriegel gefressen haben. Staubt für den Blödsinn wahrscheinlich auch noch containerweise Kohle ab. Die Meisten im Team würden den Spinner gnadenlos und sofort an die Luft setzen. März Abwärts. Kommen in echte Schwulitäten. Jungnikel fällt mit Bänderriß aus, Ekenga kriegt vier Wochen Sperre verpasst für einen harmlosen Ellenbogencheck (internationale Härte), und ich werde von meinem eigenen Schnappi massakriert. Islop rammt mir im Taining sein dämliches Knie voll in den rechten Oberschenkel. Direkt Ende, komplettes Bein taub und gefühllos. Fetter Bluterguss und zehn Tage Krücken, trotz Elektroschock, Wärmebehandlung, Massagen, UnterWasser Therapie und ähnlichem Schnickschnack. Mertesacker kann die Truppe total umbasteln. Gelingt aber nur bedingt. Wir lassen jede Menge Punkte liegen und schmieren ab in Richtung Gullydeckel. Der verlorene Sohn Nach 25 Tagen Sonderurlaub (?) erscheint unsere brasilianische Grinsekatze wieder am Arbeitsplatz. Keine Erklärungen, nichts, war vermutlich Holundersaft naschen. Wird wegen Personalknappheit sofort wieder aufs Eis geschickt und kackt nach 60 Minuten total ab, obwohl er nur im Mittelkreis abhängt. Der Rest der Truppe darf für den großen Meister durch die Gegend pfeifen, bis die Socken dampfen. Bin mindestens dreimal so fit wie die schlaffe Fluse aus Brasilien, verdiene aber vermutlich nicht mal die Hälfte. Wird von mir keinen einzigen Ball mehr aufgelegt bekommen, bin doch nicht bescheuert. Kann sich die Murmel selbst besorgen, wenn er mitspielen will. April Aufsteigende Tendenz. Alle sind fit und einigermaßen motiviert, bis auf unsere braune Primaballerina. Oxydiert im Mittelfeld und erwartet, dass man ihm das Bällchen optimal serviert, damit Majestät einen seiner Zauberpässe zelebriert. Ansonsten warten auf Standardsituationen in Strafraumnähe. Die werden vom großen Meister dann feierlich aufgeführt, allerdings mit überschaubarem Erfolg. Trifft bei 20 Versuchen zweimal die Latte und einmal ins Schwarze. Kann ich auch. Schnappe mir gegen München die Kugel, krache das Ding an den Außenpfosten und werde prompt von unserem Ballversteher angemacht. Dumpfbacke. Eiszeit Die beleidigte Parkuhr hat sich bei Mertesacker gründlich ausgeheult. Ich würde ihn auf dem Platz schneiden und außerdem die Bälle wegnehmen. Das wäre keine Kooperation und kein Mannschaftsgeist, sondern Sabotage. Darf zum Appell antreten und werde einigermaßen gefaltet. Mertesacker sagt, ich muss mich einfügen und gewisse Hierarchien akzeptieren. Wenn nicht, geht´s ab auf die Tribüne. Halte anständig dagegen, bin schließlich Nationalspieler und jeder kann sehen, der Schokoriegel hat Schub wie ´ne Möhre. Hocke beim nächsten Match prompt auf der Tribüne, offiziell mit Adduktorenproblemen. Keine Ahnung, was Adduktoren sind. Reine Schikane. Retour Elgard sagt, ich soll den Ball flach halten, im Training meine Leistung bringen und abwarten. Renatos Tage sind eh gezählt, der Superstar demontiert sich selbst und dann werden die Karten neu gemischt. Elgard redet trotzdem mit Kuhnke. Ich darf anschließend wieder auf der Bank Platz nehmen und Teilzeitjobs erledigen. Wird offiziell als ´kreative Pause´ und ´vorsichtiger 21 Aufbau´ und ´nicht zu früh verheizen´ verkauft. Schwachsinn. Werde abgeschoben, damit unsere fußlahme Flachpfeife in voller Pracht strahlen kann. Muss man unter ´Erfahrung´ abhaken, sagt Elgard. Mai Voller Schuss in den Ofen. Der Dribbelkönig gibt im Training Gas, legt freiwillige Fitness Einheiten ein und wird täglich besser. Fabriziert am letzten Wochenende einen glatten Doppelpack - versenkter Freistoß und anschließend Spaziergang mit Ball durch die halbe Abwehr. Wird wahrscheinlich Tor des Monats. Momentan absolute Kultfigur, ich bin der Doof vom Dienst und als Reservist Luft für alle, inkl. Nationalmannschaft. Wir kicken gegen Uruguay und Tunesien, aber Klopp ruft nicht an. Elgard soll neuen Verein suchen. Ohne Brasilianer. Habe keine Lust, mir den Hintern auf der Bank platt zu drücken. Juni Schlapper fünfter Platz. Dürfen am Döner-Cup teilnehmen und über die Dörfer tingeln. Kuhnke sagt, besser als nichts, bringt Geld in die Kasse und für jeden Extra-Prämien, falls wir uns nicht zu dämlich anstellen. Und mit jeder Runde werden die Zugaben fetter. Außerdem wird´s allmählich Zeit für den nächsten Titel. Der letzte Erfolg stammt aus der Antike, Pokalsieger vor fünfzehn Jahren, das war´s. Elgard redet von internationaler Erfahrung und von Geographieunterricht live, den kriegt nicht jeder in seinem Leben geboten, vor allem nicht gegen Bezahlung. Jahreszeugnis Nicht gerade der Kracher. In den Kernbereichen gerade so das rettende Ufer erreicht. Kopfnoten unter aller Sau. Keine ´Problemlösungskompetenz´, ´mangelhafte Eigeninitiative´, ´eingeschränkte Zuverlässigkeit´, ´schwaches Sozialverhalten´. Kann leider mit Sport nichts rausreißen, Sport läuft nur sechs Monate. Sieht man auf Anhieb. Die meisten in meiner Klasse sind vom Format her ´2 Öltanks´, auch die Weiber. Jetzt schon prall wie Honka. Würde nicht eine von denen anfassen. Hautenge Jeans und T-Shirts und drunter schwabbelt die Schwarte. Müller macht mich rund wegen der Beurteilungen, und, weil ich maule, gibt´s Audienz bei Kuhnke. Kennt keine Verwandten. Wenn sich bis zum nächsten Zeugnis die Kopfnoten nicht dramatisch verbessern, gibt´s Feuer, das volle Programm, Gehaltskürzungen, Reservebank und Verlängerung der Ausbildung um ein komplettes Jahr. Weise Kuhnke darauf hin, dass etliche im Team mit Sicherheit keine Schule besucht haben und werde krass abgebügelt. Leute aus der Dritten Welt sind kein Maßstab für mich, wir befinden uns in Mitteleuropa, verfügen über ein halbwegs vernünftiges Bildungsangebot und Tschüss. Urlaub Scheiß Saison zu Ende. Mund abwischen und weg. Bin vor allem Müller für drei Wochen los. Behandelt mich wie einen Lernbehinderten und lässt mich jeden Büroscheiß doppelt abspulen, Ablage, Differenzen suchen, Lagerbestände prüfen, etc. Könnte dem Knaben pausenlos in den Arsch treten. Elgard hat für uns beide Kanada gebucht, Vancouver und Vancouver Island. Mal sehen. Frau Elgard bleibt zu Hause. Mama und Papa wollten zuerst mit, aber Elgard hat die beiden erfolgreich abgewimmelt. Abenteuerurlaub mit Paragliding, Freeclimbing, Camping im Dschungel mit Bären, Wölfen und Mücken, absolut nix für Papas Biergeschwür und Mamas Krampfadern. Juli Vancouver ist okay, aber nicht der Knaller. Gastown, die Altstadt ist so groß wie ´n Bierdeckel, der Rest sind Neu- und Hochbauten. Vancouver Island gleich gegenüber macht mehr Laune. Victoria, die Hauptstadt, ist überschaubar, mit super Lokalen und einem krassen Museum für Landesgeschichte, mit Totempfählen, nachgebauter Westernstadt und ähnlichem Schnickschnack. Allerdings, jeder Zweite im Ort ist Chinese oder Koreaner oder Japaner, auf jeden Fall gelb. Wir fliegen kreuz und quer über die Insel (100 km breit aber fast 500 km lang), segeln, fahren 22 Motorboot, Paddeln, latschen mit Joe, einem Restindianer quer durch die Pampa und irgendwelche Urwälder und kommen drei Tage später völlig versaut und platt wieder zurück. Elgard pumpt wie ´n Maikäfer, aber der Alte ist zäh, trotz seines Speckgürtels. Fußball spielt in dieser Gegend absolut keine Geige. Keiner kennt uns, man hält uns für Vater und Sohn, die zusammen auf Tour sind. Alles sehr angenehm, vor allem ´Peking Ente scharf´. Saulecker. 2. Saison / 2029 /2030 Trainingslager / Einkäufe Trainingslager in Oberstaufen. Kenne die Ecke von Papas Sauftouren, lerne aber jeden Tag neue Hügel kennen, volle Höhe dieses Mal. Früher, als noch Schnee fiel, donnerten hier Skiprofis zu Tal, wir Deppen eiern in umgekehrter Richtung Wolkendecke. Die Aussicht von oben ist toll, wenn man nicht gerade Sternchen vor den Augen hat. Jungnikel und Pancic haben nicht mal mehr Luft, um zu fluchen, unsere sechs Neuzugänge bleiben regelmäßig mit Kolbenfresser liegen. Standgasfanatiker. Pinto und ich machen jede Bergwertung unter uns aus und Mertesacker sagt, die Karten für die Saison werden komplett neu gemischt, nur wer sich durch Leistung aufdrängt, kommt an den Start. Entsprechend geht es auf dem Spielplatz zur Sache. Zwei von den Neuen sind technisch brauchbar, bei den anderen fragt man sich, warum hat der Blindenhund beim Einkauf nicht angeschlagen? Alles, was die vier Hirnis können, ist anderen anständig auf die Socken zu donnern. Nach sechs Tagen ist die halbe Truppe fußlahm und Pinto meckert bei Mertesacker. Dieses Mal winkt der Alte ab. Einige von uns Ballettratten sollten sich zügig an internationale Härte gewöhnen. Senor Renato, unsere Mittelfeldperle, glänzt natürlich durch Abwesenheit. Angeblich sind in Brasilien noch wichtige Familienangelegenheiten zu klären. Herrliche Umschreibung für Bumsen, sagt Pancic, und ist sauer. Wir rennen uns Löcher in die Socken und der große Star amüsiert sich quer durch die Heimat. Pancic sagt, er wird keinen Meter extra laufen für diesen durchgeknallten Ballartisten und, wenn er ihn anspielt, dann stramm und direkt auf die Schilddrüse, da haben auch Brasilianer Schwächen. EM-Quali Fette Gegner erwischt, Portugal, Schottland, Estland, Malta und Italien. ´Die Killergruppe´, laut Presse. Start direkt mit Saisonbeginn und mir. Bin wieder im Kader. Alle haben dicke Beine, wenig Rhythmus und noch weniger Spielpraxis. Zu Hause gegen Estland müdes 1:0 durch Rahmani, zweite Partie in Schottland 0:0 mit unglaublich Dusel. Insgesamt sechsmal Aluminium für die Schotten, aber kein Netz. Dafür landet Rahmani auf der Gipsstation: glatter Wadenbeinbruch, mindestens sechs Wochen Aktivurlaub. Moskau titscht im Dreieck und kündigt an, Rahmani in Zukunft nicht mehr an Nationalelf zu verleihen. Dummes Gerede, sagt Elgard, die Freistellung ist vertraglich geregelt, Rahmani muss antreten, sonst können die Russen Konventionalstrafe ohne Ende bezahlen. Portugal ist inzwischen Gruppenerster, hat Malta und Italien geschlagen (in Rom!). August Mit 13 Tagen Verspätung trudelt unser Ballflüsterer ein, lächelnd, ausgeruht, mit mindestens 20 Prozent Übergewicht, hält sich aber selbst für topfit. Außerdem ist Senor Renato Fußballspieler und kein Marathonmann. Prima Einstellung. Pancic, Jungnikel, etliche andere und ich sind auf 180, Tendenz steigend. Im Training kackt unser Schokoriegel total ab, spult bei den Laufeinheiten nicht mal die halbe Distanz ab und mimt im Match den Gullydeckel. Kriegt keinen Ball, und wenn, dann so schräge Dinger, dass er sich bei der Annahme beide Beine bricht. Sieht ziemlich alt aus der Knabe und fängt nach zwei Tagen an zu stänkern. Geht uns allen voll am Arsch vorbei. Bin gespannt, ob Mertesacker den Seniorenteller zum Saisonstart bringen wird. Achterbahn Pflichtsieg in Malta, 3:0. Ziemliches Gewürge gegen elf plattfüßige Inselkicker. Alle Tore in den letzten fünfzehn Minuten, Kompressionsverlust in der Defensive. Wir flanken von der 23 Grundlinie, zwei Mal auf meine Rübe und hinein ins Vergnügen. Treffer Nr. 3 geht auf Wolters Konto, Vollspann mitten durch den Wachtmeister. Hätte das Ding auf der Zwölf gesessen, wäre die Familienplanung vorläufig im Eimer gewesen. Vier Tage später Klatsche in Genua. Werden nach zwei Minuten kalt erwischt. Querschläger im Strafraum, Innenpfosten, 0:1. Das Dümmste, was dir gegen Italien passieren kann. Die Pizzabäcker stellen jede Mitarbeit ein, versammeln sich vor der eigenen Hütte, koffern weg was kommt und warten auf Konterchancen. Ende vom Lied 0:3. Echte Nachhilfestunde in Abdichten und Abzocken. Gegen diese Betonmischer sind wir total grüne Jungs. Bierdeckel-Fußball Ligaalltag mit Renato. Unsere Diva läuft auf, chillt im Mittelkreis seine Basis und wartet auf Bälle, kriegt aber keine, höchstens irgendwelche Querschläger. Seine Abspiele landen in der Pampa, keine Abnehmer, und um alleine irgendwas zu reißen, fehlen die Körnchen. Muss sich fühlen wie die Titanic. Auch die Presse schießt sich ein. ´Lahme Ente´, ´Spielverderber´, etc. Trifft unseren Sonnyboy nur peripher, kann kaum Deutsch und liest keine Zeitung. Pancic behauptet, der Typ kann überhaupt nicht lesen. Die ersten beiden Spiele gehen voll in die Hose, dann gibt´s ein Unentschieden, aber auch nur, weil der Schiri hilft. Pancic fällt über seine eigenen Pedale, ohne Fremdeinwirkung - Elfer. Hätte ich verballert, wäre Mertesacker wahrscheinlich fällig gewesen. Trotzdem, der Hocker brennt. Revolution Molkerei auf der Bounty, oder so. Die Mannschaft meutert, nicht unbedingt gegen den Coach, aber gegen unsere brasilianische Zahnpastareklame. Keiner hat mehr Bock, mit dem ´Schönwetterwichser´ (Copyright Pancic) aufzulaufen. Jungnikel und ich werden zu Kuhnke abkommandiert, um die Sache zu klären. Habe im Vorfeld mit Elgard gesprochen. Soll mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Die Perle war schweineteuer und kassiert monatlich viel zu heftig, um ihn einfach so in den Vorruhestand zu schicken, der Wiederverkaufswert fiele ins bodenlose. Für den Verein eine schräge Situation. Wir sollten Kuhnke nicht zu heftig aufs Dach steigen, der Alte hat wenig bis keinen Spielraum. September Untergang de luxe gegen Portugal. Kicken munter mit, kriegen nix Zählbares auf die Reihe und reiten uns freundlich lächelnd selbst in die Grütze. Die Jungs in Rot-Grün sind technisch perfekt und total unkalkulierbar. Schieben sich im Mittelfeld minutenlang die Murmel in die Puschen, ohne jeden Raumgewinn, aber plötzlich knallt der Korken. Ein trockener Zauberpass, kurz abgelegt – Kingeling. Absolut chancenlos gegen die Paradekicker. Wir treffen einmal ins Schwarze, die Westspanier dreimal. Werden von der Presse mit Genuss pulverisiert. ´Hampelmann-Truppe´, ´Arbeitsverweigerer´, oder, mit Abstand die beste Nummer: ´werbevertragdekorierte Hohlkörper´. Verhandlung Jungnikel als Mannschaftskapitän erklärt die Lage. Renato geht allen auf den Keks, Weichei mit Plüschohren und Diplombremser. Kuhnke hält dagegen. Renato hängt erstens durch, weil er nicht fit ist und, zweitens, weil wir alle gegen ihn spielen, das sieht jeder, der nicht völlig blind ist. Tödliche Mischung auch für den besten Kicker. Renato ist nicht der ´beste Kicker´, kontert Jungnikel. ´Immer noch besser als Sie Stolperfußballer´, schnauzt Kuhnke. Kragenweite 56. Abgang Jungnikel, gleiche Kragenweite. Hat keine Lust sich den Arsch aufzureißen, während andere in der Nase bohren. Kuhnke fängt sich wieder ein und erklärt mir, dass Renato ab sofort ein spezielles Fitnesstraining an der Backe hat. Dafür lässt die Mannschaft ihn anschließend wieder mitspielen. Wenn nicht, dann rollen Köpfe. Bezahlter Urlaub Renato fehlt, angeblich mit Jansen im Schwarzwald. Ist der Doppelbelastung durch erste und zweite Halbzeit nicht mehr gewachsen, sagt Pancic. Trotzdem Totentanz im Team, alle hängen 24 durch. Mertesacker steht auf der Abschussrampe, erklären sämtliche Zentralorgane übereinstimmend. Wenn wir den alten Strategen loswerden wollen, brauchen wir nur das nächste Match zu vergeigen. Für etliche im Team ein magnetischer Gedanke, vor allem für unsere Alterspräsidenten. Das neue Gemüse ist unentschieden. Bis eine Stunde vor Anpfiff gegen Köln ist unklar, wohin die Kugel rollt. Urplötzlich steht Kuhnke in der Kabine und erklärt: „Wer heute gegen den Trainer spielt, darf sich mit sofortiger Wirkung als Reservist betrachten, mit allen Konsequenzen. Aktionen gegen clubinterne Funktionsträger werden nicht im Ansatz toleriert. Über Trainerentlassungen bestimmt allein die Führungsriege. Kickende Angestellte sind bei der Sache außen vor“. O-Ton Ende. Betretenes Schweigen in der Runde, keiner kriegt die Zähne gelüftet. Anschließend 45 Minuten Verhüterli-Fußball ohne Höhepunkte auf beiden Seiten. Die Karneval-Connection hatte mit einem echten Feuerwerk gerechnet. Absolute Fehlanzeige. Drei Auswechselungen zur Pause, volles Risiko. Auch Jungnikel darf duschen gehen. Mertesacker drückt mir (!) die Kapitänsbinde in die Hand, aber keiner mault, im Gegenteil, zum ersten Mal dumme Kommentare und Gelächter seit Beginn der Saison. Wir räumen 2:0 ab, mit Glück und meinem ersten Kopfballtor als Kapitän. ´Wachablösung´ und ´Nachwuchs nutzt seine Chance´ erklären die Medien. Es lebe die Leichtigkeit des Erklärens. Oktober Trotz voller Punktzahl keine Ruhe im Rudel. Kuhnke und Mertesacker sortieren fünf Mann aus, auch Jungnikel. Rückversetzung zu den Amateuren, weniger Asche und Top-Platzierung auf der Transferliste. Weihnachten für die Meinungsmacher. Einige fordern Ackers Rübe, von anderen gibt´s Viagra. Sieht fast so aus, als hätten sich die Herrschaften auf ein 50:50 geeinigt, um die Sache möglichst lange am Kochen zu halten. Der neue Kapitän soll den ganzen Quatsch ausführlich kommentieren, aber der Verein verteilt Maulkörbe für alle, zum Glück. Kuhnke und Gersch übernehmen die Meute. Kein Problem. Gersch plaudert den Herrschaften Knöpfe an die Backe. Beruhigung Unser Schwarzwald-Mädel schlägt wieder auf, rank und schlank wie eine Tanne, beweglich, handzahm und so, als hätte nie was gebrannt. Jansen sieht geknittert aus, gibt aber null Kommentar zum Familienausflug. Dafür schwingt unsere Primadonna wacker die Hufe. Erster Auftritt in München und zwei volle Assist-Punkte. Wir 3, Bayern 0. Fette Sensation. Alles wieder Bienenstich. Sind allerdings gespannt, wie lange unser Schokoriegel dieses Mal ohne Filmriss durchhält. Sind kurzfristig aus der Schusslinie, Mertesacker bleibt, und die Medien foltern zwei Teams im Süden, die nicht da stehen, wo sie sollten. Gut für uns. Döner-Cup Ab nach Moldawien. Von wegen Geographieunterricht live. Hin- und Rückflug bei totalem Sauwetter. 08/15 Hotel und außer der Route Flughafen – Hotel und zurück null Eindrücke von Land und Leuten. Dafür geht´s im Stadion rustikal zur Sache. ´Die sind schlimmer als spanische Kampfstiere zur Paarungszeit´, knurrt Pancic. Zur Halbzeit ein Jochbeinbruch plus Schädel-HirnTrauma. Sechsmal ´gelb´ und einmal ´rot´ für die Amokläufer, aber ohne jede erzieherische Wirkung. Spielen auch im zweiten Durchgang weiter Kung-Fu. Renato wird direkt nach Anpfiff vom Platz getragen, hat einen kompletten Schuhabdruck (Größe 47) mit 6 Stollen zwischen den Schulterblättern. Gegen neun Totengräber am Ende ein blutiges 0:0. Döner-Cup, nee Danke. Bin froh, dass ich überlebt habe. Rückspiel Die Bude ist rappelvoll. Unsere Leute kochen, 0:0 und zwei Langzeitverletzte. Keine gelungene Dienstreise. Unsere brasilianische Perle hat sich vom Attentat leider super erholt. Die zwanzig angereisten Fans aus Mittelost stecken unter Polizeiaufsicht in einem gesonderten Käfig auf der Gegentribüne, zu ihrer eigenen Sicherheit. Jeder Moldawier, der den Ball berührt, wird gnadenlos ausgepfiffen, rund um die Uhr. Die Rottweiler zeigen Nerven, treten nur halb so viel und fangen sich gleich nach zehn Minuten ´rot´ für einen Kindergartenschubser, nur damit keine 25 Unklarheiten aufkommen. Danach gehen die Kampfstiere auf Schmusekurs und total unter, fangen sich sechs Einschläge und sind damit noch gut bedient. Renato mischt die Truppe fast im Alleingang auf, und schlägt dreimal zu. Wenn der Knabe durchhält, gibt´s jede Menge Gummipunkte. November / Crashtest Nasse Fahrbahn, Situation falsch eingeschätzt und schon liegt mein Führerscheinkiller, Achse oben, in der Botanik. Hybridschrott, Prellungen, Gehirnerschütterung und zwei Tage Krankenhaus. Die Typen von der Feuerwehr sagen, mit einem Billighobel säße ich jetzt auf Wolke 7, und würde ´Hosianna´ singen. Die Bullerei stellt überhöhte Geschwindigkeit fest, ca. 140 (erlaubt 80), allerdings ohne Alkoholeinfluss und Personenschäden. Schwein gehabt. Den Führerschein haben die Ordnungshüter gleich an Ort und Stelle abgegriffen. Elgard erscheint als erster auf der Station und langt mit ohne Vorwarnung voll eine rein. Ist mindestens auf 180. Ob ich noch ganz dicht wäre und so? Ich bin Fußballer und kein Formeldoof-Pilot. Selbstmörder und Imagekiller sind absolut nicht sein Ding. Noch so einen dämlichen Stunt und ich kann mir einen neuen Manager suchen. Fußgänger Darf tippeln. Elgard hat mit Taxiunternehmen Pauschale ausgehandelt, transportiert mich zwischen Verein und Hütte hin und her. Die längeren Sachen erledigt Elgard persönlich oder Reufels. Bus und Straßenbahn sind außen vor. Gäbe ein nettes Hallo mit mir an der Haltestelle. Könnte am Ende ohne Unterhose dastehen. Fans haben inzwischen ihre eigenen Vorstellungen von Kult. Und mit dem Tretesel durch die Pampa ist auch kein Hit. Die Taxileute kommen ganz hübsch auf Kilometer. Dezember Meisterschaft läuft, wir mischen oben mit. Auswärts geht der Punk ab. Gewinnen in Berlin, Nürnberg und Hamburg. In Bremen der absolute Hype. Kopfball fast von der Strafraumgrenze in den linken oberen Knick. Keine Chance für den Segelflieger. Wird zwei Wochen später ´Tor des Monats´, knapp vor einem doppelten Querschläger aus Liga 3. Kriege eine kleine Medaille in die Hand gedrückt inklusive Interview mit dämlichen Fragen: ´ob man solche Kopfbälle üben kann´, ´wie man sich nach so einem Treffer fühlt´, ´ob ich noch mehr von solchen Toren auf Lager hätte´, und ´ob solche Tore mit der Mannschaft einstudiert sind?´ - ´Ich grüße meine Eltern, besonders meine Mama und meinen Papa.´ - habe ich mir zum Glück verkniffen. Elgard hätte mir den Kopf abgerissen. Lappen futsch Die Verhandlung ist kurz und knackig. Der Henker vorne kennt kein Pardon, macht ihm wahrscheinlich Spaß, im Namen des Volkes auch mal einen Promi verknacken zu dürfen. Heizkekse wie ich haben auf öffentlichen Straßen nichts verloren: Führerscheinentzug für zwölf Monate, 15.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation, Nachschulung inklusive Idiotentest. Und falls innerhalb von zwei Jahren nach Wiederbelebung der Fahrerlaubnis der nächste Stunt kommt, dann ist die Fleppe noch länger in Kur. Elgard grinst. Das Sackgesicht hätte am liebsten Beifall geklatscht. Aber alles halb so wild, sagt der alte Schwede, ich hätte mir ja auch den Fuß verstauchen können. Nadelkissen Statt Fuss, Probleme mit der Leiste, einfach so, von jetzt auf gleich, ohne jede Vorwarnung. Nicht schlimm, aber Stiche bei jeder Bewegung. Blödes Gefühl. Unsere Physio-Leute sagen, kaum was zu machen, Wärme, ruhig stellen und abwarten. Trotzdem, Professor Schneider perforiert meinen Hintern. Training fällt flach und vor dem nächsten Match gibt´s noch mehr Nadeln. Idiotenschule Nackter Funktionsbau, Schulatmo, tolles Publikum. Jeder muss am Anfang direkt schildern, was er versaubeutelt hat und wie. Hocke zwischen einigen verkehrstechnischen Schwerverbrechern, 26 Dipl. Alkis und völlig verstrahlten Rasern. Die meisten sind Wiederholungstäter. Ich bin der absolute Bagatellfall. Anschließend erklärt ein Seelendoktor den Ablauf der Veranstaltung. Wir sollen unser Bewusstsein schärfen, unsere Fehler erkennen, Konsequenzen für uns und andere einschätzen lernen und so weiter. Kommunionsunterricht für Heizkekse und Spriteulen, einsame Klasse. Werde natürlich begafft wie ein bunter Affe, ein Fußballprofi in der offenen Klapsmühle, die Herrschaften haben zu Hause ordentlich was zu erzählen. Leider ist die Teilnahme an der Veranstaltung, inklusive Prüfung, Pflicht, sonst bleibt der Lappen auf Dauer in Urlaub. Exitus Döner-Cup, zweite Runde, Genua, nagelneues Station. Das alte war von sintflutartigen Regenfällen ins Meer gespült worden. Einweihung durch den Papst, dann 1:2 vergeigt. Rückspiel 1:1. Hätte mehr Gas geben können aber die blöde Leiste macht gnadenlos Theater. Keine Chance mehr, mich richtig zu bewegen, und die Spritzen wirken nur bedingt. Werde zu Hause ausgewechselt. Danach ist Feierabend im Viereck. Renato dribbelt sich an den Eckfahnen fest und Islop, unser 2-Meter-Rastamann, greift voll ins Klo und schaufelt sich eine bessere Rückgabe selbst über die Linie. Applaus, Applaus. Acker und Kuhnke sind restlos begeistert. OK, OP Nichts geht mehr, absolute Leistungszerrung. Das Ding muss geflickt werden. Keine große Sache, sagt der Operateur, reine Routine. Wenn alles glatt läuft, stehe ich in 14 Tagen wieder auf dem Rasen und zwar ohne Zwicken. Mama rotiert, Operationen sind immer Risiko. Papa sieht die Sache total entspannt. Von seinen Kumpels ist fast jeder Zweite an der Leiste operiert, und allen geht´s besser als vorher. Lockere OP. Spritze, Narkose, aufwachen und am Nachmittag schon wieder auf den Beinen. Die Narbe links unten am Bauch ist kaum der Rede wert. Muss drei Tage zur Beobachtung bleiben, falls sich Komplikationen einstellen sollten. Bekomme schubkarrenweise Post und könnte zwei Blumengroßhandlungen eröffnen. Nett gemeint, aber die Hirnis hätten den Schotter für den Schrebergarten besser dem Roten Kreuz oder so gespendet. Hier geht alles ans Personal und ab in die Hauskapelle. Elgard inspiziert meine Schwestern der Reihe nach und ist zufrieden. Alle ungefährlich, entweder hässlich oder zu alt, oder beides. Freudenfest Hänge abwechselnd zu Hause ab oder in der Reha. Viel ist nicht drin, darf die Leiste nicht belasten, nur leichte Bewegungsübungen. Insgesamt vier minus. Zum Glück fällt auch der Idiotenkurs flach, bin ja schließlich attestierter Invalide. Den nötigen Stoff darf ich zu Hause nacharbeiten, genau so wie die ganze Berufsschulkacke. Verpasse das EM Spiel gegen Malta (schlaffes 2:0 für uns) und drei Liga Spiele (nur fünf Punkte). Bin der absolute Gewinner aller Partien. ´Ohne den etatmäßigen Staubsauger´, melden die Zentralorgane, ´läuft wenig bis nichts´. Auch als Krüppel kann man seinen Marktwert steigern, sagt Elgard. Zwei Tage Weihnachten mit Mama und Papa an der Backe, kotz, würg. Sollte abgeschafft werden, diese Familienfestspiele. Verschenke Gutscheine und kriege Fotoalbum mit Familienbildchen geschenkt. Absolut prickelnd. 2030 Januar Nach knapp 14 Tagen federleichtes Lauftraining. Der ganze Bewegungsapparat ist total eingerostet, hat sich ans Chillen verdammt schnell gewöhnt. Ansonsten Heimtrainer und pro Tag einmal rund um den Globus gestrampelt, um Muskelmasse aufzubauen. Soll auf keinen Fall zu früh und schlecht vorbereitet auflaufen. Würde Körper und Image schaden, sagt Elgard. Werde das Gefühl nicht los, dass der alte Knabe mich immer mehr an die Kette legt. Mannschafts- und Spieltraining nach 21 Tagen. Sprünge sind okay, bei Landungen gibt´s miese Stiche im OP-Bereich. Mertesacker hofft, dass ich am kommenden Samstag mit auflaufe, wenn 27 möglich von Anfang an. Unsere Medizinmänner sind noch unschlüssig, Elgard winkt ab. Halb fit ist fast kaputt. Papa weg Mama ruft an. Papa macht Stress. Liegt veilchenblau auf Intensiv, hochgradige Alkoholvergiftung. War abzusehen, Papa und seine Freunde schädeln zu viel ab, auch ohne Anlass, einfach so. Dr. Schlich, Papas Doc, empfiehlt Trockendock, ansonsten könnte es heikel werden für meinen Erzeuger, alleine kommt die Flasche nicht mehr weg von der Flasche. Wunderbare Nachrichten. Kriegen die Medien mit, dass mein Alter Diplom-Alki ist, gibt´s Spaß im Quadrat. Mama will den Ball auf jeden flach halten, schon wegen der Nachbarschaft. Muss ja nicht an die große Glocke, dass sie einen Getränkehandel geheiratet hat. Das einzig Positive: wir putzen Schottland 1:0. Der Liebe Gott ist kein Highlander. Spielanteile 60:40 für die Whiskeytruppe, 9:2 Ecken, 8:1 Torchancen aber 0:1 vergeigt, dämliches Eigentor fünf Minuten vor Toreschluss. Spielergebnisse kommen nicht durch Statistik und Gerechtigkeit zustande. Die Dudelsack-Fans verwandeln anschließend das frisch renovierte Hamburger Stadion in einen Rohbau. Februar Mertesacker krempelt meinetwegen unser System um, falls wir in den letzten Wochen überhaupt eins hatten. Ich mime den Libero, kann Pausen machen und muss nicht gleich in hohe Drehzahlbereiche. Die Truppe zieht mit und Freiburg wird in der eigenen Laube abgekocht, 3:1 für uns. Mache keinen Schritt über die Mittellinie und darf kurz vor der Schlusssirene meinen Arbeitsplatz verlassen. Kompression auf Zero, beweglich wie ´n Stück Dachpappe, aber die Leiste hält. Hauptsache ich bin wieder dabei, sagt Mertesacker, gibt der Truppe Halt. Super, komme mir vor wie ´n BH. Tamtam Mini-Trainingslager. Klopp trommelt seine Schäfchen zusammen und ich bin dabei. Soll in Tallinn unbedingt auflaufen. Kuhnke probt den Aufstand, will auf keinen Fall, dass ich auch nur einen einzigen Meter für den Bekloppten abspule. Werde vom Brötchengeber geschont und soll quasi für lau und nationales Prestige meine vereinseigene Gesundheit riskieren. Geht die Sache schief, will Kuhnke den Verband auf Schadenersatz verklagen. Im Gespräch sind glatte 100 Millionen. Bei meinem aktuellen Gewicht sind das knapp 1,2 Millionen pro Kilo. Schweineschnitzel ist deutlich billiger. – Die Volksseele kocht, Kuhnke wird von den Zentralorganen an die Wand getackert: ´Fehlgeleiteter Egoist´, ´Auswanderungskandidat´, etc. Der Bundespräses persönlich tritt auf die Bremse und verhindert die zweite Deutsche Spaltung. Klopp hat satten Rückenwind: ich muss ran, wenn wir den EM-Zug noch erwischen wollen. Kuhnke legt sofort nach und erklärt Klopp für ´teilweise unzurechnungsfähig´. Die Verbandsbosse winken mit einer fetten Beleidigungsklage, Klopp winkt locker ab. War lange genug Vereinstrainer und weiß, wo die Sandale drückt. Allerdings, so lange das Nationalensemble existiert, sind die Prioritäten klar verteilt. Wer als Clubmanager oder Trainer keine Nationalmannschaft mehr will, sagt der Klopp, soll das laut und deutlich anmelden, ´falls er den Arsch dazu in der Hose hat´. Ansonsten ist die ständige Kritik an der Nationalelf geistige Kleingärtnerei. Basta. Notnagel Druck von allen Seiten. Kuhnke würde mich am liebsten in Frischhaltefolie einschweißen, Klopp hetzt mir seine Medizinmänner auf den Hals und die Presse eiert rum: ´der Einsatz wäre wünschenswert, aber letztendlich müssten die Heilkünstler und ich selbst über eine Starterlaubnis entscheiden´. Alles Mumpitz, sagt Elgard, die Spielkritiken sind schon längst geschrieben. Wenn wir gewinnen, war jede Maßnahme richtig, wenn wir vergeigen, lag´s entweder an meiner mangelnden Fitness oder meiner Abwesenheit. Einigen uns letztendlich auf einen Kompromiss. Bin als Stand-by-Player mit von der Partie, für den absoluten Notfall. Hocke mit zwei satten Spritzen im Hintern auf der Reservebank, direkt 28 neben Klopp, d.h. ich habe im Prinzip zwei Plätze, denn der Wahnsinnige spielt in seiner Coaching-Zone voll mit, tritt um sich, springt hoch und grätscht. Bewegt sich mehr als die Hälfte der Truppe vor ihm auf dem Rasen. Absolut müdes Gekicke, - von wegen Schicksalsspiel. Sieht aus wie ein Meeting von Schlafwagenkontrolleuren. 0:0 zur Halbzeit, nur Rahmanis Frisur ist in Unordnung. Kein Wunder, Querschläger aus drei Metern voll an die Omme gekriegt. Anschließend fünf Minuten Wiederbelebungsversuche. Klopp macht den Lautsprecher im Kabinentrakt und tritt seinen Volksvertretern gehörig in den Arsch. Sollen daran denken, dass zu Hause knapp 50 Millionen vor der Glotze hängen, die alle zur EM wollen. Wolter, heute völlig neben der Kappe, muss in die Badewanne, ich aufs Feld. Herzlichen Glühstrumpf. Geht genau 20 Minuten gut, dann zwickt die Leiste. Muss zwei Gänge zurückschalten und durchhalten, Klopp hat sein Auswechselkontingent voll verbraten. Schöne Scheiße. Hänge als Statist im Mittelkreis ab. Kann mir lebhaft vorstellen, wie Kuhnke in seinem Fernsehsessel rotiert. Die Krönung kommt vier Minuten vor Schluss: Abseitsfalle geht schief, Reckermann semmelt den Neuner um, aber der Zehner schiebt die Murmel im Nachfassen lässig über die Linie. Nachträglich roter Katong für Reckermann und 0:1. Glückwunsch. Kommen als Team komplett in den Reißwolf. Klopp spielt den Blitzableiter und nimmt die Verantwortung für meinen Einsatz voll auf seine Kappe. Noch mal zwei Wochen Pause und Reha. Kuhnke und Acker laufen vor Begeisterung 800 Meter Amok, und unser brauner Ballzauberer fragt im Interview mit einer bekannten Fachzeitschrift lässig: ´Wer baut mehr Scheiße für Mannschaft, die große kranke Mann oder Renato´? Könnte den Arrogantarsch mit einem nassen Topflappen erschlagen. März / April Papa wird für glatte drei Monate weggeschlossen. Darf in den ersten vier Woche nicht nach Hause, dann nach Maßgabe der Ärzte, sagt Mama. Wer danach mit Sprit im Kopp im Heim aufschlägt, fliegt sofort raus, auch jeder, der zwischendurch einen abtankt. Jeden Abend wird gepustet und morgens auch, im Verdachtsfall Blutspende. Habe mit Papa telefoniert. Geht ihm gut, die Leute sind konsequent, aber nett, und er will durchhalten. Hat mir hoch und heilig versprochen, nach der Trockenlegung clean zu bleiben, alleine schon Mama zuliebe. Super, aber zuerst mal muss der alte Spritvernichter abgestillt werden. Teilzeit Einstand mit Kurzeinsätzen. Nur keine Rückfälle. Schnuppern an den Champions-League Plätzen 2 oder 3. Könnte klappen, wenn wir in Tritt bleiben. 13 Punkte aus den letzten sechs Spielen, aber die dicken Brocken kommen noch, München (H), Gladbach (A), Hoffenheim (H). Die zusätzlichen Euros wären dringend nötig, behauptet Kuhnke und verkündet fetten Bonus für die Quali. Wie viel das genau wäre will Pancic wissen, in Euro und Cent. Kuhnke weicht aus. Darüber müsste letztendlich der Aufsichtsrat entscheiden. Soll er, sagt Pancic, aber, bitteschön noch vor Saisonende. April Die Schweden-Quali liegt in den letzten Zuckungen. Portugal ist durch, Italien und wir dümpeln punktgleich dahinter. Die Spagettis haben das bessere Torverhältnis und kicken in Turin gegen Malta, wir dürfen nach Porto. Anschließend wir gegen Italien in München. High Noon, falls wir nicht schon vorher in Portugal die Grätsche machen. Die Wetten in England stehen 18:1 gegen uns. Wir proben Standardsituationen bis zum Erbrechen, Abwehr von Ecken und Freistöße und Abseitsfalle. Die Standards müssen stimmen, spielerisch sind wir gegen beide Teams eigentlich nur Fallobst. Porto Bin von Anfang an dabei, als Räumpanzer im defensiven Mittelfeld. Alter Hut aber gnadenlos effektiv. Dabei - sämtliche Zentralorgane zu Hause hatten uns vorsichtshalber tot kommentiert. ´Mannschaft ohne Charakter´, ´Trainer ohne Plan´, ´Spieler ohne Ambitionen, abgesehen von Mädels, fetten Schlitten, Feten und Kohle´ - das volle Programm. Zum Glück sind die 29 Portugiesen satt und freundlich. Spielen Rasenschach und produzieren jede Menge Kabinettstückchen, auch der Keeper. Versucht mich am Elfmeterpunkt auszuspielen. Geht voll in die Hose, brauche die Kugel nur noch zu versenken. Das Publikum brüllt geschlossen ´Olé´ und klatscht heftig Beifall. Verneige mich wie ein Torero und der Laden tobt. Absolut schräge Nummer. Nach einer Stunde drehen die Halbspanier auf und zeigen, warum sie die Gruppe jederzeit im Griff hatten. Zehn Minuten Ballzauber, 1:1, und dann drei Gänge zurück. Die Spagettis versenken Malta 5:1, und rangieren mit zwei Punkten und acht Toren vor uns in der Tabelle. ´Brauchen für die Quali mindestens ein Unentschieden mit 8 Toren Unterschied´, schreibt ein Spaßvogel von der enttäuschten Heimatfront. Mai Drei Tage vor der Schicksalsschlacht zum Idiotentest. Das Prüfpersonal ist bemüht, meine Nerven zu schonen. Mit einem Sieg fahren wir zu EM, jedes andere Ergebnis würde die Nation auf den Stand von 300 vor Chr. zurückwerfen. Deswegen dominieren an der Heimatfront die Berufsoptimisten, Kloppo wird das Kind schon schaukeln. Vollspinner. Die Pizzabäcker sind klare Favoriten, fast auf jeder Position besser besetzt als wir, insgesamt variabler, cooler und brutaler, vor allem in der Abwehr. Die Stiefelkicker haben in neun Spielen nur zwei Dinger kassiert, wir haben den Schnitt pro Spiel eingefahren. Und die Vorwärtsabteilung ist Sonderklasse. Lucca, die Neun, (Europas aktueller ´Kicker des Jahres´) macht aus jedem Dreck Tore. Den Knaben stoppt auf Dauer nur ein Beinbruch. Allerdings hatten die Jungs zwei derbe Aussetzer gegen Portugal, haben sich zweimal durch ihre eigene Überheblichkeit selbst abserviert. Der Idiotentest läuft glatt durch. Die Fragen sind zum Glück bekannt, die Antworten auch, mir jedenfalls. Einige von den Spritis haben trotzdem satte Probleme, geben auf und bleiben Fußgänger. Vielleicht auch besser so. Italien Echtes Finale, wir müssen gewinnen, den alten Römer reicht jedes Unentschieden. Entsprechende Spielanlage: sechs Mann hinten auf einer Linie als lebende Mauer, drei Mann davor als Flüssigbeton und Lucca als Alleinunterhalter vorne drin. Macht totalen Spaß. Operieren mit ´kontrollierter Offensive´, um keine dämlichen Konter zu fangen. Ich murkse hinter den Spitzen mit allen Freiheiten, theoretisch gesehen. Praktisch steht überall, wo ich auftauche, mindestens eine Maccaroni mit auf der Piste. Total abgekochte Typen. Wolter neben mir geht auf Tauchstation und Rahmani als Knipser wird systematisch geplättet. Jeder Abwehritaliener schlägt ein Mal zu, im Minutentakt. Nach einer Stunde schleicht Rahmani weich geklopft vom Acker. Hat die Mafia-Kicker vier gelbe Karten und uns zehn Minuten reale Spielzeit gekostet, mindestens. Alles Schauspieler und Alleinunterhalter. Klopp wechselt, bringt einen Mittelfeldmann, stellt mich auf den Elfmeterpunkt und ordert lange Bälle. Schönheitspreise werden nicht vergeben. Bin ständig umringt von mindestens zwei Totschlägern, die eher ein Kapitalverbrechen begehen als sich ins Kino schicken zu lassen. Verzichte auf alle Schnörkel und befördere jeden Ball, den ich erwische, direkt Richtung Tor. Sechsmal mit Tendenz Eckfahne, aber Versuch Nummer sieben hat Erfolg, genau zwei Minuten vor Ultimo. Die Murmel pfeift über meinem Haaransatz, kullert dem Sicherheitschef durch die Hosenträger und bleibt drei Zentimeter hinter der Torlinie liegen. Die Mafia-Truppe kesselt den Schiri ein, verlangt Berufung und Revision und verliert ihren Kapitän. Danach spielen die Irren für knapp fünf Minuten richtigen Fußball. Zwei Kracher landen am Aluminium, Wolter grätscht ein Ding von der Linie, zwei Pizzabäcker heben im Sechzehner ab, um Elfer zu schinden. Der Schiri ist total angefressen und schickt beide Herrschaften duschen. Starke Leistung. Danach nacktes Survival-Training. Wir, komplett, gegen acht überhitzte Maccaronis, außen stabil, innen hohl. Trotzdem knallhart. Zum Glück kommt der Gong bevor es Tote gibt. Qualifiziert, im Namen des Volkes, Amen. Wir fahren nach Schweden, im Mutterland der Pizza brennt die Hütte. Der Coach wird noch vor der Pressekonferenz offiziell gefeuert, fünf Spieler erklären ihren sofortigen Rücktritt von allen Ehrenämtern, die Umkleide kann von Grund auf renoviert werden. 30 Der Rücktransport nach Bella Italia findet bei Nacht und Nebel statt, vier Maschinen fliegen zu vier verschiedenen Zielen, um zu verhindern, dass Kicker und Trainer in die Hände ihrer Fans fallen. Luccas Anwesen in der Toscana geht eine Stunde nach Abpfiff in Flammen auf. Frau und zwei kleine Kinder können von Feuerwehr und Polizei in letzter Sekunde gerettet werden. Wir sind augenblicklich Helden, typisch deutsche Helden - immer dann voll da, wenn´s ernst wird. Klopp, der Planlose, steigt in den engeren Kreis der heimischen Fußball-Götter auf, in Sichtweite zu Herberger, Beckenbauer und Yogi. Aus mir wird kein Gott, aber immerhin ´der Retter einer gebeutelten Nation´ (Süßdeutsche Zeitung). Den Spruch hat auch nicht jeder in seinem Partykeller hängen. Werbung Begeisterung auch in der Wirtschaft. Elgard macht zwei stramme Werbeverträge klar, a) für Milch, Joghurt und Käse aus ´Bio-Land´ (keine Ahnung wo das liegt), b) für einen fetten Paketdienst. Ich flitze in Firmenklamotten durch irgendwelche Hochhausschluchten in Frankfurt und kicke Pakete durch offene Türen und Fenster, bis in den 30. Stock, genau auf den richtigen Schreibtisch. Ein Schuss geht daneben und knickt eine Vase voll mit Rosen. Die hübsche Sekretärin ist den Tränen nahe, aber ich kicke dieselbe Vase mit einem noch schöneren Strauß direkt hinterher. Das Mädel strahlt. ´Express-Service mit dem besonderen Kick´. Die Leute finden das Ganze witzig. Ich kriege ein Schweinegeld für zwei Drehtage und muss nicht mal nach Frankfurt, alles Studioklamotte in Hamburg. Die flotte Sekretärin war leider drei Tage vor mir am Set. Juni Vereinsmäßig alles noch knapp im grünen Bereich. Unsere Kokosnuss hält durch, der Rest zieht mit, wir laden punktgenau auf Platz 4. Treffe als Mittelfeldheini achtzehn Mal ins Schwarze, einmal zu wenig für die Torjäger-Kanone. Dürfen durch die Champions-League-Quali. Noch mehr Spiele, noch mehr auf die Socken. Außerdem droht Schweden. Wird mit Sicherheit kein Zuckerschlecken. Drei Wochen Sonne, Strand und Meer ohne das Runde kämen wesentlich besser. Augen zu und durch, sagt Elgard. Die Veranstaltung könnte meinen Marktwert erheblich steigern. Juli / August Geballter Wahnsinn von Flensburg bis Oberammergau. Wir gehören zum engsten Favoritenkreis, sind quasi schon Europameister, alles reine Formsache, laut Presse. Überall weht Schwarz-RotSenf, Autos ohne Wimpel kriegen keinen TÜV und der Bundespräsident tippt auf ein Endspiel Deutschland gegen England, dabei sind die Inselaffen gar nicht mit von der Partie. Egal. Berichtet wird über jeden Dreck: Mannschaftsaufstellungen, taktische Varianten, Stammpositionen und Prämien, Spielerfrauen, Frisörtermine, das Klima in Schweden, unser Quartier und die beiden Trainingsplätze, die angeblich Rumpeläcker sein sollen. Fußball ist wieder voll da, eine Witznummer gegen Italien hat gereicht. Kollektiver Realitätsverlust in den Medien, sagt Elgard, wie immer, wenn irgendein Germane, egal ob im Stabhochsprung oder Biathlon, halbwegs brauchbare Leistungen abliefert. Dabei ist Fußball mehr Lotterie als sonst was, sollte sich allmählich rumgesprochen haben. Wäre mein letzter Ball in den Maccaronifingern hängen geblieben, wäre jetzt landesweit Totentanz. Traue mich im Moment nicht mal Brötchen zu kaufen, würde die Bäckerei nicht lebend verlassen. Smörebröd Das Quartier ist erste Sahne und die Trainingsplätze auch, feinster schwedischer Rasen, ohne Löcher und Furchen. Von der Hotelterrasse hat man einen absolut geilen Blick auf die Ostsee. Wind pfeift um alle Ecken und macht die Sache erträglich. Die Wetterfrösche sprechen vom heißesten Sommer in Europa seit Beginn der Temperaturmessungen. Zu Hause schleichen Hitzschlag und Sonnenstich durchs Land. Mama sagt, in unserer Nachbarschaft viermal Kreislaufkollaps in drei Tagen, alles nicht mehr normal. Die Jungs im Straßen- und Hochbau haben offiziell hitzefrei und kassieren Schlechtwettergeld (!). In den Krankenhäusern stapeln sich 31 die Heißgekochten und der halbe Bayerische Wald fackelt ab wegen einer weggeworfenen Kippe. Mehrere Etappen der Tour de France werden geknickt, nicht wegen der Piloten, sondern weil der Asphalt auf den Straßen flüssig geworden ist. Und in Wimbledon toben Flutlichtspiele, weil der heilige Rasen tagsüber versiegelt wird, damit er nicht verkokelt. - Unsere Vorrundengruppe ist nicht ´ohne´: Türkei, Frankreich und die Treter aus Moldawien, herzlichen Glühstrumpf. Taktik Übernehme den Liberopart, wie abgemacht. Training unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit fetten Kommentaren von Rahmani. Steinzeitfußball, Amateurniveau, alles nur destruktiv, Rahmanis alte Platte. Bringt miese Stimmung ins Team, denn der Knabe ist Leithammel. Werde im übrigen von einer Zimmerdame de luxe betreut. Heißt Lisa und kommt direkt aus dem Schwedenkatalog: blonde Haare, blaue Augen, heiße Benutzeroberfläche und ziemlich locker drauf. Würde ich nicht unbedingt von der Bettkante schubsen. Am Abend Klopp-Audienz für Rahmani, dem alten Stinkstiefel. Über eine Stunde Palaver. Am nächsten Morgen ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Rahmani macht auf lustig und zieht im Training voll mit, ohne irgendwelche blöden Sprüche über Neandertaler und Fußball abzulassen. Würde gerne wissen, was Klopp dem alten Selbstdarsteller in den Kaffee gekippt hat. Showtime Anpfiff, die Türken kommen, schnell, kombinationssicher, bissig, aber nur bis zum Sechzehner, dann weht heiße Luft. Irgendwer muss denen erzählt haben: ´Strafraum betreten verboten´. Und bei Schüssen aus der zweiten Reihe wackelt nur die Stadionbeleuchtung. Erlebe einen stressfreien Abend, kann marschieren und Klopp pfeift mich nicht zurück. Bingo nach der dritten Ecke. Bin der Längste im Getümmel und wuchte die Murmel per Kopf locker in die Maschen. Zwei Minuten nach Wiederanpfiff mogelt Wolter den Ball über die Kreide und die Vorstellung ist gelaufen. Leichte Hysterie, bin der ´Man of the Match´ (trotz meines Rentnerpostens) und unsere Reporterblase verkündet jedem, der es hören will, man hätte den kommenden Europameister gesehen. Wenn dem so ist, her mit dem Pott und ab in die Ferien. Roomservice Lisa erscheint zum täglichen Großreinemachen. Studiert in Malmö Kunstgeschichte und Sinologie (Chinesisch) und verdient hier im Hotel das nötige Kleingeld fürs nächste Semester. Kein billiger Spaß, sagt Lisa. Wie man´s nimmt. Mit der ausgehandelten Prämie für den EM-Titel könnte ich in Schweden die nächsten dreißig Jahre sorgenfrei studieren. Könnte, wäre aber nicht mein Fall. Für Lisa absolut normal, kein Problem, nur mächtig teuer. Verabreden uns für 22 Uhr am Hintereingang. Hoffe, dass wir Kloppo und seinen Schergen irgendwie entwischen können. Abgang Verabschiede mich mit Lisas Schlüssel durch den Lieferanteneingang. Heiße Kiste, aber weit und breit keine Menschenseele, außer Lisa mit ihrem uralten Volvo. Knattern nach außerhalb in irgendeine obertote Kneipe mit abgetrennten Sitzplätzen, vielen Pflanzen und einheimischem Publikum. Anschließend runter zum Strand. Sternefunkeln, Strandgeplätscher und so weiter. Leider haben mindestens 500 andere Romantiker die gleiche Idee gehabt. Mittendrin zehn Hardcore Typen in unseren Trikots, die mich trotz Dunkelheit und Suff sofort identifizieren. Können mit Mühe und Not entwischen. Schwein gehabt, aber Ende im Katong. Hoffentlich hat mich keiner von den Hirnis mit seiner Handycam erwischt. Wäre die absolute Krönung. Verabreden, bis zum nächsten Match in Deckung zu gehen. Frankreich Die Franzosen sind kohlrabenschwarz, kein Bleichgesicht mehr in der Startelf. Nur auf der Reservebank lungern noch zwei Milchnasen rum. In der amtierenden Regierung, sagt Elgard, ist kein einziger Farbiger, im Parlament gerade mal vier Prozent. Die nachgedunkelten Gallier mischen uns lecker auf, kommen über die Flügel und übernehmen die Lufthoheit. Reckermann, unser Abdichter, hat alle Hände voll zu tun, mir brummt die Rübe. Bis zur Halbzeit geht alles gut. 32 einmal Alu, ein Abseitstreffer, das war´s. Nach 70 Minuten rutscht der Fisch ins Netz. Flanke von links, Reckermann, ansonsten Mister Zuverlässig, verschläft seinen Auftritt und der kleinste Mann im Stadion, gerade mal Parkuhrniveau, schafft das erste Kopfballtor seines Lebens. Glückwunsch. Die Froschmänner machen anschließend hinten dicht und wir bleiben an der Mittellinie hängen. Klopp wechselt dreimal aus, aber unsere Sturmvögel ziehen keinen Hering vom Teller. Der Kandidat hat null Punkte. Dumm gelaufen. Die Medien berichten uneinheitlich. Die Schwarz-Weiß Fraktion schlägt kerzengerade zu: ´Überhebliche Kollektivfußballer´, ´Rückwärtskicker´, etc. Klopp wird gesondert in die Pfanne gehauen: ´Steinzeitrevoluzzer´, ´Taktik-Opa´. Auf der anderen Seite faseln die ewigen Titelträumer von ´einem Dämpfer zur rechten Zeit´ und einer ´pädagogisch heilsamen Niederlage´. Jeder saugt sich das aus den Fingern, was er braucht, sagt Elgard. Roomservice 2 Lisa ist plötzlich schlappe 40 Jahre älter, 30 Kilo schwerer und so hübsch wie ´ne Klobürste. Außerdem versteht die Dame weder Englisch noch Deutsch, stammt aus irgendeiner Steppe und heißt Ludmilla. Schichtwechsel? Wenn ich nach Lisa frage, deutet die Granate konsequent auf die neuen Handtücher. Wahrscheinlich heißt ´Lisa´ in ihrer Sprache ´Handtuch´, oder so. Schöne Scheiße. Beschwere mich über die Programmänderung bei der Hotelleitung. Ernte ein freundliches Lächeln und den Hinweis, dass Fräulein Sörensen wegen eines plötzlichen Trauerfalles in der Familie den Dienst quittieren musste. Schöner Trauerfall. Im Übrigen, fährt der Management-Fuzzi ungefragt fort, sei der gesamte Hotelkomplex diskret und in drei Kreisen durch Infrarotkameras gesichert, selbstverständlich auch nachts und besonders in den rückwärtigen Bereichen. Arschgesicht. Trotzdem, danke für den Hinweis. Moldawien Match für Mathematiker. Wenn die Türken Frankreich abledern, haben beide Teams sechs Punkte. In diesem Fall bräuchten wir einen satten Sieg gegen Moldawien. Vergeigen die Türken, reicht ein Unentschieden. Für uns also Endspiel, für die Schwarzmeer-Trampeltiere Totensonntag. Haben beide Spiele vorher glatt verstolpert und kicken um die silberne Ananas. Spielerisch keine runde Truppe und gegen die Camemberts zwei Verteidiger mit ´rot´ innerhalb von zwei Minuten losgeworden. Neuer EM Rekord. Klopp erklärt vor dem Match klar und deutlich was uns blüht, wenn wir heute den Abgang machen. Wäre ungefähr so, als würde der Papst im ´Club Cherie´ erwischt. Wenn wir in der K.O.-Runde baden gehen, okay, kann passieren, aber in der Vorrunde gegen diese Schmalfilm King-Kongs aus Moldawien einzuknicken, dürfte der Nation total die Suppe verhageln. Dafür kassiert jeder von uns zu viel Knete pro Saison, und diese Knete-Debatte hätten wir dann alle an der Backe, bis zum Abwinken. Das Referat zeigt Wirkung. Die Jungs in der Frontline setzen ihre Ärsche in Bewegung, machen einigermaßen Betrieb und nach 20 Minuten ist das Gröbste erledigt, 2:0 für uns. Wolter ist gut drauf und tanzt die Holzfäller im Alleingang aus. Hat leider nur selten solche Tage. Alte Mimose. Der Rest ist Formsache. Das Parallelmatch endet 0:0, die Herrschaften vom Bosporus können ihre Urlaubspläne verwirklichen. Zur Belohnung gibt´s Nachricht von Lisa, überbracht durch Klopp. Erscheint auf meiner Bude, grinst noch breiter als sonst und verkündet: ´Überraschung´. Die Sache mit Lisa hätte sich erledigt. Der BND hätte bei Routinechecks festgestellt, dass man Rahmani, Reckermann und mir ausgesuchte Edelnutten untergejubelt hat, wahrscheinlich mit der Absicht, uns mental-emotional intensiv zu beschäftigen und der Mannschaft insgesamt einen fetten Skandal an die Hacken zu nageln. Egal, wie und weshalb, sagt Klopp, die manipulierten Damen wurden unbürokratisch entsorgt, bevor die Sache richtig aufkochen konnte. Wäre ja wohl auch in meinem Sinne, meint Klopp. Schwein gehabt und gute Überwachungskameras. Ganz ehrlich, außer dem Alten hätte ich keinem die Geschichte abgekauft, nicht mal Elgard. 8tel Finale 33 Spanien. Kein günstiger Zeitpunkt für ein Treffen mit den Toreros. In den letzten Jahren immer ganz vorne mit dabei und im Moment besonders steil drauf. Drei Siege in Folge, 10:1 Tore, die Abteilung Attacke funktioniert. Bei uns funktioniert alles nur manchmal und dann auch nur halb. Das Ganze wird dementsprechend nichts für Feinschmecker. Die Sangriafront marschiert, wir igeln uns ein und treten auf alles, was sich bewegt. Kassieren fünf Mal ´gelb´, aber kein Gegentor, auch nicht in der Verlängerung. Eckenverhältnis 2:14. Im letzten Durchgang werden wir bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Waren zum Glück nicht viele. Das Elfmeterschießen stellt die ganze Sache auf den Kopf. Reckermann hat seine Zimmerdame vergessen, legt sich quer in die Bude und entschärft gleich die ersten beiden spanischen Granaten, der dritte Böller kracht unters Tribünendach und Spanien ist keine Turniermannschaft mehr. Die Toreros verstehen die Welt nicht mehr, einer spuckt mir ins Gesicht und Holwegler fängt sich an der Bande einen satten Tritt in die 12. Die auswärtigen Zentralorgane putzen uns total runter: ´Deutsche Panzer zerstören Kunstwerk´, ´Ein Sieger zum Kotzen´ und das größte Schmierenblatt kommt mit der flotten Titelzeile ´Scheiß Deutschland´. Wird ein klassisches Eigentor. Riesige Stornowelle: schlapp 300.000 Deutsche knicken ihren Spanienurlaub. Leicht verspekuliert. Und warum der ganze Aufstand? Wer die Hütte nicht mal aus elf Metern trifft, kann nicht gewinnen und sollte die Klappe halten. An der Heimatfront steppt natürlich der Bär. Man bescheinigt uns eine ´taktisch einwandfreie Leistung´, ´Diszipliniertes Verhalten´ und Klopp kommt wieder zurück auf seinen Sockel im Olymp der Fußballscheinheiligen. 4tel Finale Schweden. Die nächste dankbare Aufgabe. Nichts ist so prickelnd wie ein Alles-oder-Nichts Match gegen den Veranstalter. 80.000 Wahnsinnige brüllen dich bei jedem Ballkontakt in Grund und Boden, Fehlpässe der eigenen Leute werden sinnlos bejubelt. Spirek und Rduch, unseren Babys, geht der Arsch ziemlich auf Grundeis. Klopp macht auf Superbeton, würde am liebsten zwei Wachtmeister aufstellen, um die Knäckebrots zu nerven. Hinten muss die ´0´ stehen. Ansonsten bleiben 90 Minuten für einen Sonntagsschuss. Merkwürdiger Kick. Die Schweden weigern sich, das Spiel zu machen, wir auch. Absoluter Nichtangriffspakt. Ab der Mittellinie Rückwärtsgang. Nur kein Risiko, reines Pokerspiel ohne Glücksmomente. Einziger Höhepunkt, eine kurze Catcheinlage zwischen Spirek und einem Wikinger. Zwei Mal ´rot´, Gong und Unentschieden. Zur Belohnung fetter Wolkenbruch in der Verlängerung. Wasser fällt am Stück vom Himmel. Innerhalb von fünf Minuten rödeln wir über eine geschlossene Wasserfläche. Der liebe Gott ist auf unserer Seite, denn wir haben Schuhe mit Schraubstollen im Gepäck, die Knäckebrots nicht. Künstlerpech. Torkeln rum wie abgefüllte Maikäfer, für uns Schaulaufen der Meister. Der blau-gelbe Superschnappi verliert jede Bodenhaftung und spielt Krabbelgruppe. Kassiert innerhalb von 30 Minuten sage und schreibe vier absolut schräge Dinger, hätten auch zehn sein können. Der patschnasse Mob reißt die Tribünen ab und fordert Spielabbruch, aber Mister Craig aus Schottland bringt die Partie gnadenlos zu Ende, trotz Wasser in der Pfeife. Ist bei den Schotten total normal. Der Mann wird anschließend unter Polizeischutz außer Landes gebracht. Rendite Liege flach (Schienbeinprellung kurz vor Schluss, nichts Ernstes, aber zieht wie Sau) und kann in aller Ruhe die Zentralorgane studieren. Die schwedische Offiziellenriege wird pulverisiert. Zu dämlich, um den eigenen Wetterbericht zu verfolgen, zu dämlich, um den Löffel in der eigenen Kaffeetasse zu finden, Schwachmaten, Sonderschüler, Fehlbesetzung und ähnliches. Trainerstab und Verbandschef treten 24 Stunden nach der Pleite völlig zerbröselt zurück und buchen drei Monate Grönland. Wir sind selbstverständlich die Übergrößten – Regengötter, Kunstturner und Ballettratten, und für Klopp gibt´s Lorbeer um den Sockel. Hat nicht nur an Taktik gedacht, sondern auch an Fußbekleidung, Hut ab. Besonders fett grinst unser Schuhlieferant. Ist selbstverständlich mit seinen Gehhilfen überall auf Seite eins, rund um den Globus – die Siegerstiefel! Auch von Katastrophen kann man leben, sagt Elgard. 34 Halbfinale Schweiz. Die Lederhosen haben alles locker vom Hocker gehauen, zuletzt Portugal. Die schwarzen Perlen und Mitfavoriten wurden flockig mit 4:1 eingetütet. 8:1 wäre auch möglich gewesen. Auf ihr Nationalteam können sich die Heidis jede Menge einbilden. Wir erwischen einen Traumstart. Dritte Minute, Flanke von links, die Murmel kullert quer durch den Strafraum, direkt vor meine Stiefel, man trifft sich, paff – 1:0. Mit die Dummen ist Gott. Das Lederhosenvolk legt sofort den Schalter um und macht Betrieb. Wir kommen nur noch mit Abschlägen über die Mittellinie, dahinter beginnt Schweizer Sperrgebiet. Die Jungs vor mir rotieren, kassieren dreimal ´gelb´, aber die Kiste bleibt sauber. Müssen uns regulär aus der Affäre ziehen, Unwetter und Schneefall sind nicht angesagt, und wenn – die Bergbewohner haben mit Sicherheit ihre Bretter dabei. Die Lottofee ist auf unserer Seite, bis zur 82. Minute, dann schaufelt uns Zurbriggen, ihr Bester, einen Freistoß aus 25 Meter halbhoch in die Maschen. Null Chance für Reckermann. Verlängerung. Zwei Mal tanzt die Murmel auf unserer Linie Tango, geht aber nicht rein. Schwein gehabt. Wir schaffen in 30 Minuten einen ganzen Eckball. Shoot-Out. Wir grinsen, die Alpinisten sind stocksauer, man ahnt, was kommt. Reckermann kriegt von Lahm einen Spickzettel und marschiert hoch informiert ab in seine Kiste. Der erste Almöhi läuft an, Reckermann bleibt stehen und hält mit der Nasenwurzel. 8, 9, aus. Gehalten, aber glatter K.O. inkl. Nasenbeinbruch. Zazai, unser Ersatzverhüterli darf ran. Wir verwandeln drei Elfer, die Heidis auch, dann lappt Rahmani, unser krankes Häschen, voll daneben, fast wäre die Eckfahne gefallen. Völliger Aussetzer. Im Gegenzug dreht Zazai das letzte Schweizer Bällchen mit den Fingernägeln um den linken Pfosten. Klopp jubelt und feuert vor Begeisterung seine Wasserflasche (voll) ins Publikum. Geht meine Murmel rein, haben die Lederhosen mit dem Finale keine Last mehr. Der Schweizer Grabscher meckert über die Lage des Balles, kommt aus seinem Kasten und rollt die Kugel 1,4 Zentimeter nach rechts. Zur Belohnung gibt´s ´gelb´. Tierische Randale während ich anlaufe, die halben Alpen und halb Skandinavien gegen eine einzige Pappnase. Nett gemeint, aber die Kugel sitzt hoch oben im linken Eck, der Schnappi liegt zwei Meter tiefer. Kollektiver Wahnsinn auf der Bank. Rahmani küsst mir den rechten Stiefel. Die Schweizer Welt ist um einen Gipfel ärmer. Stillgelegt Klopps Flasche hat einen Tribünen-Wikinger voll am Schädel erwischt, Platzwunde, leichte Gehirnerschütterung, zwei Tage Krankenhaus. Die ganz große Nummer in Smörebrödland, fast wichtiger als unser Gekicke. Klopp läuft überall unter ´aggressiver deutscher Panzer´ oder ´verantwortungsloser Derwisch´. Echt originell. Von Reckermanns zertrümmerter Nase redet kein Schwein. Berufsrisiko. Etliche Offizielle und Klopp besuchen das Flaschenopfer, laden den Mann auf Verbandskosten für vier Wochen nach Deutschland ein (plus Familie) und zahlen präventiv jede Menge Schmerzensgeld. Trotzdem, die Medien hacken weiter auf Klopp rum – Schwerverbrecher, der lächelnd im Alleingang und vorsätzlich den 3. Weltkrieg starten würde. Schwachsinn. Eine EM-Disziplinarkommission wird zusammengewürfelt und sperrt den Alten wegen grob unsportlichen Verhaltens für drei Spiele, d.h. Klopp erlebt das Finale als Zuschauer in der VIP-Lounge. Der Einspruch gegen das Urteil landet in der Tonne und Lahm darf den Chef mimen. Kontaktaufnahmen, mündlich, schriftlich, per Rauchzeichen oder reitende Boten zwischen ihm und Klopp während des Endspiels sind untersagt. Der Alte kann sein Glück kaum fassen. Obendrauf gibt´s eine Strafanzeige der schwedischen Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung und es steht auf der Kippe, ob unser Spielleiter nach der EM ausreisen darf oder eingelocht wird. Super. Der Oberhammer Unser Schwerkrimineller hockt oben auf der Tribüne, bewacht von zwei Schergen, die vorher sogar seine Hosentaschen gefilzt haben. (Ursprünglich sollte der Alte an einen der Flutlichtmasten gekettet werden) Die Bluthunde haben Anweisung mit Klopp pinkeln zu gehen, falls nötig. Vor dem Spiel sind außerdem Kabine, Gänge und Dusche auf versteckte 35 ´Kommunikationsmöglichkeiten´ hin überprüft worden. Alles, was gefunden wurde waren drei Zigarrenstummel unter meinem Spind. Punktabzug für Schweden. Lahm macht total auf cool, ganz anders als Klopp. Der Alte wäre direkt vor dem Spiel als Rumpelstilzchen durch die Kabine gejoggt und hätte alle heiß gemacht. Lahm geht in der Kabine unter und sein Pepp-Talk auch. Egal. Wir haben keine Chance, aber wir werden sie nutzen. Ist für die meisten von uns wahrscheinlich die erste und letzte Möglichkeit, im Geschichtsbuch zu landen. Reckermann hockt auf der Bank mit frisch gerichteter Nase und ist stinkig. Einsatz unmöglich, sonst fällt der Zinken ab. Die Russen laufen mit sieben Brasilianern, drei Argentiniern und einem Japaner auf. Das Ganze hat System. Die Wodka-Leute kaufen weltweit junges Volk ein, 10 bis 14jähriges Gemüse, stecken es in Fußballinternate und bürgern die halbwegs brauchbaren Früchtchen bei Bedarf einfach ein. Die FIFA-Spitze verspricht seit Jahren den Trick zu knicken, aber da alle entscheidenden Verbände ähnlich verfahren, nur nicht so konsequent wie Moskau, bleibt der Sumpf feucht. Wer Hammer und wer Amboss spielt, ist von Anfang an klar. Einbahnstraßenfußball, wir halten mit allen Gräten dagegen, aber sind angriffstechnisch nicht existent. Das Ganze läuft ab wie gegen die Schweiz, nur noch kaputter. Lahm und der Rest hockt schockgefrostet in der Bushaltestelle. Auf dem Feld läuft die Nummer ´Hase und Igel´. Wir machen den Hasen, rennen wie doof und gewinnen keinen Blumenpott. Zum Glück brauchen die Gashändler 40 Minuten für das 1:0. Getümmel am Elfer, wir kriegen den Ball nicht weg, Zarzai taucht zu spät, Bingo. Sind trotzdem noch gut bedient. Das 2:0 geht schneller, 50 Sekunden nach Wiederanpfiff. Flanke von links, irgendwer steigt mir von hinten auf die Nackenwirbel, komme nicht hoch, paff, Tor. Anschließend schalten die Beherrscher des Ostens um auf Arbeitsverweigerung. Schön blöd. Zuerst fangen sich die Hirnis einen abgefälschten Freistoß von Wolter, dann wechselt Lahm auf einen Schlag dreimal Mittelfeld gegen dreimal Sturm und hat Schwein. Simic (zweites Länderspiel), gerade im Spiel, trifft aus 18 Zentimetern Entfernung, weil dem Wodka-Schnappi der Fisch durch die Finger flutscht. Die Brasilianer-Russen motzen sich gegenseitig an und fangen an zu treten. Quittung: ein Mal ´rot´ für eine große Blutgrätsche von hinten. Bringt uns allerdings nicht weiter, denn Firek, unser Flügelzäpfchen, verabschiedet sich mit Notarzt und Knöchelbruch. 10 gegen 10. Die Schwarzrussen machen Dampf, nur keine Verlängerung mit Elfmeterschießen. Fällt aus, denn vier Minuten vor Schichtende genehmigen sich die Sambakosaken den dritten satten Schluck aus der Pulle. Rahmani stümpert die Murmel mit seiner schwachen linken Haxe Richtung Eckfahne, aber die japanische Ameise in russischen Diensten scheppert das Spielgerät mit Kawupp ins eigene Netz. Eins vor für die Hasen. Botwidenkow, der Chaoten-Coach, kriegt einen Blutrausch, demoliert seine Bushaltestelle, tritt seinem Siebener volle Möhre in die Klöten (tolles Action-Foto / auch als Video in Zeitlupe empfehlenswert) und darf sich neben Klopp unter´s Tribünendach hocken. Sekunden später sind wir Europameister. Botwidenkow dreht total ab, haut seinem Keeper eins hinter die Löffel, hat aber den falschen angespitzt, denn der Flattermann langt kurz und trocken zurück. Anschließend Ruhe im Katong und der Vize-Europameister hat einen Trainer mit doppeltem Kieferbruch. Mindestens sechs Wochen Wodka aus der Schnabeltasse. Nastrowje, oder so. Abfeiern Medaillen abholen, Ehrenrunde, Interviews, duschen, verarzten und ab die Post. Der Verband hat Spendierhosen an, wir verschwinden in einer Edel Disco zusammen mit ausgewählten Sponsoren und handverlesenen Gästen. Dazu live-Musik und ab Mitternacht schlapp 30 Go-Go Girls, alles rattenscharfe Bräute. Später wird behauptet, die Damen sollen ausgesprochen leicht bekleidet gewesen sein. Komisch, habe von der leichten Bekleidung nix gesehen, Ehrenwort. Anschließend fünf Std. Komaschnarchen, dann zum Luftbahnhof und ab Richtung Heimat. Noch bevor das letzte Rad die Rollbahn verlassen hat, ratzt alles. Klopp liegt hackevoll im Mittelgang, die Schale auf seiner Wampe. (Hat leider keiner gefilmt). Der alte Flaschenwerfer kann mit einer Sondergenehmigung des Justizministeriums ausreisen, um den offiziellen Empfang erleben zu dürfen. 36 Empfang ´Kanaldeckel-Fußballer inthronisiert´ schreiben die Spagettis, die Heidis frotzeln: ´Ball verkehrt – Kongo gewinnt Biathlon-Staffel´, und die Toreros meinen: ´Halb so gut wie die Auswahl der Friedhofsgärtner von Toledo, aber Europameister. Scheiß Fußball´. Stimmt genau, geht uns aber allen am Arsch vorbei. Halte jede Wette – alle Teams hätten den gleichen Müll gespielt, wenn am Ende der Titel dabei rausgesprungen wäre. Scheinheiliges Rattenpack. Werden am Flughafen platt gefeiert, aber die dicke Fete steigt am Brandenburger Tor. Abartig. Der Tanzabend hatte direkt nach dem Abpfiff begonnen und alle sind geblieben. Abzappeln und Komafeiern rund um die Uhr. Überall elektronische Leinwände, auf denen wir winken, grinsen, singen und tanzen. Klopp erhält Prophetenstatus. Hat das Potential der Mannschaft erkannt und genau richtig eingesetzt, vermelden die Zentralorgane. Besser geht nicht. Auch politisches Personal hat sich eingeklinkt und lässt sich feiern, der Kanzler und drei abgespacte Minister in unseren Trikots. Und überall Deutschland-Fähnchen, Fahnen und Wimpel, kein Mensch, kein Laternenpfahl, kein Kinderwagen ohne. Jeder von uns wird interviewt. Wir labern totalen Brack, aber jeder Satz wird beklatscht und bejubelt. Ich hätte auch ´Hänschen klein´ rückwärts aufsagen können, wäre mit Sicherheit der Hit gewesen. Klopp faselt wie der letzte Heckenpenner und wird Wort für Wort gefeiert. Reckermann kippt während seines Interviews hintenüber von der Bühne mitten in die Fans und erntet zehn Minuten Applaus. Urlaub Elgard hat für uns Kenia gebucht, knappe zwei Wochen. Hängen zehn Tage unter Palmen ab, werden vom Hotelpersonal mit ´Vitamine Drinks´ abgefüllt (alkoholfrei, ehrlich) und planschen im Ozean. Herrlich warme Brühe, totaler Komfort für die Knochen. Der Strand ist schneeweiß, bei Ebbe ziemlich breit und nachmittags ist ´Football-Time´. Einheimische traben am Wasserrand auf und ab und fordern die Bleichgesichter zum Match, Afrika gegen den Rest der Welt. Zehn Minuten später geht die Post ab. Selbst Elgard bolzt mit, trotz seiner Tropfenfigur. Läuft auf Raten und erledigt seinen Part mit Auge und internationaler Härte. Die Schwarzen kippen wie Slalomstangen. Und wenn der Alte durchlädt und auf die Kiste ballert, landet die Kugel in Madagaskar. Neben Elgard wirken vier Profis aus Glasgow, Florenz, Athen und Belgrad mit. Ansonsten ist der niedrigste Dienstgrad Oberliga. Die Lockenköpfe werden im 24-StundenRhythmus aufgemischt, obwohl sie täglich mit neuem Personal auftauchen, das Afrikas Ehre retten soll. Elgard hält dagegen, gräbt am Strand einen Keeper von Steaua Bukarest aus, zwei holländische Halbprofis und einen japanischen Ex-Internationalen. Die meisten Schwarzen sind mindestens doppelt so hoch und breit wie der gelbe Stoppelhopser, trotzdem macht Mr. Kamikaze fette Beute. Baut sich anschließend vor einen handgefällten Riesen auf, knickt eine kurze Verbeugung ab, brüllt auf Japanisch ´Entschuldigung´ und zischt weiter. Von mir nimmt keiner Notiz, bin selbst als Zuschauer nur zweite Klasse. Die Fachkommentare liefert ein Trio aus Österreich. Könnte mich wegschmeißen vor Lachen. Die drei Klappstühle sollten Bundesliga und Nationalmannschaft kommentieren und nicht die üblichen Flachpfeifen. Nach jedem Match spendiert Elgard für die rasierten Schwarzen Vitamine Drinks (1 Pint frisch gepresster Fruchtsaft). Zum Dank erhält der den Kriegernamen ´Papa Vitamine´. Nach dem dritten Match platziert unser Hotelmanagement rund um die Anlage jede Menge Schilder in vier Sprachen: ´Offene Afrikanische Fußballmeisterschaft, täglich nachmittags, bei Ebbe. Fans willkommen.´ Haben anschließend mehrere 100 Zuschauer pro Match, hauptsächlich Touris aus den umliegenden Anlagen. Und immer mehr Hirnis wollen unbedingt mitkicken. Elgard hat echte Probleme, seine Truppe aufzustellen. Am letzten Abend B-B-Q mit dem Kernteam und den Schwarzen am Strand. Elgards Idee. Die Hotelleitung ist leicht verschnupft und erlaubt für die All-Blacks nur eine Büchse Bier pro Nase. Trotzdem witzige Fete. Elgard kriegt von den Schwarzen einen handgeschnitzten Elefanten geschenkt, wahrscheinlich ein mittleres Vermögen für die ganze Bande. Im Gegenzug spendieren wir den Jungs den besten Hotelfußball. 37 Anschließend vier Tage Hilton-Safari durch die Serengeti. Sieht alles exakt so aus wie im Fernsehen, aber die Unterkünfte sind der absolute Hammer. Fette, grüne Zelte mit üppiger Ausstattung, Marmor Waschbecken, Badezimmer mit vergoldeten Armaturen, Mahagoni-Möbel, Perser Teppiche, Himmelbetten und jeden Abend ein 10-Sterne B-B-Q. Hinterher erklärt der Obergriller, was wir hatten: Antilope, Büffel, Kroko, Schlange (schmeckt wie Hühnchen) und Fledermaus (Angabe, glatt gelogen). Ansonsten jeden Tag raus mit dem Jeep und ab durch die Pampa. Löwen gesehen und gefilmt, Leoparden, Geparden, Elefanten, Giraffen, Nashörner. Dazu Antilopen, Gnus und Zebras im Quadrat. Büffel gibt´s wie Kieselsteine, werden aber nicht besichtigt, denn die Biester haben unserem Guide innerhalb von sechs Monaten zwei nagelneue Toyota Busse komplett demoliert. ´Buffalo nix gut, zu viel Sonne auf Schädel´. Obendrauf gibt´s einen Victoria-Bootstrip plus Rundflug. Satter Tümpel und voll mit Krokos, Flusspferden und giftigen Würmern. Einziger Haken bei der Sache, wir müssen ständig die totalen Malaria-Blocker schlucken, denn das blöde Mückenzeugs hat inzwischen auch höher gelegene Gebiete erreicht. Ständig Flitzekacke von den blöden Pillen. Die Einheimischen haben inzwischen total schlechte Karten, denn keiner hat genug Schotter, um vernünftige Prophylaxe betreiben zu können. Ich würde da abhauen. Saison 2030/31 August Steige brasilianisch ins Training ein, mit vierzehn Tagen Verspätung, ist aber mit Kuhnke abgesprochen. Die Saison startet für uns extra früh, wegen der Champions-League Quali. Knochen sind okay, Birne ist klar, habe wieder Lust auf Fußball. Eine Handvoll Neuer läuft auf, alles namenloses, grünes Gemüse. Keiner der Knaben spricht deutsch. Insgesamt 26 Mann im Kader aus 18 Nationen. Wörterbücher für Fußballer müssten eigentlich Konjunktur haben. Einer der Frischlinge, Akele Sowieso, läuft die 100 m angeblich in 10,5. Kann hinkommen, gegen den Knaben bewegen sich die meisten von uns wie angeschraubte Kanaldeckel. Quali Reiseziel: Amsterdam. Die oder wir. Kuhnke persönlich hält die Rede zur Lage im Stadion. Große Chance für den Verein, große Chance für jeden, der spielt und so weiter. Hat sich für das Referat extra einen Dolmetscher besorgt, der nacheinander ins Englische, Portugiesische, Französische und Russische übersetzt. Hut ab. Die Übersetzungen müssen witziger sein als der Originalton, denn bei jeder Wiedergabe wird gefeixt und gelacht. Am Ende gibt es Beifall für den Übersetzer und selbst Kuhnke muss grinsen. Nachhilfe de luxe Meine Kaufmannsprüfung wirft schwere Schatten, noch schlappe acht Monate. Schlage Forsbeck vor, unsere eingeschlafene Zusammenarbeit zu reaktivieren, sonst kommt Abschuss statt Abschluss. Wir verabreden zwei Abende die Woche und büffeln alte Prüfungsunterlagen mit großem Realitätsbezug, sagt Forsbeck. Wir pauken Kalkulationen, Betriebsabläufe, gesetzlichen Quark, Vertragsgrundlagen und ähnliche Kracher. Dazu kommen Qualitätsmanagement, Evaluation, europäisches Recht, Fachenglisch und als besonderer Knüller: Corporate Identity und Zertifizierungen. Zweimal die Woche mindestens zwei Stunden Schwachsinn und das als Europameister. Völlig krank das Ganze. Im Gegenzug müssten alle Nobelreisträger täglich Fußball spielen. Dolmetscher Monsieur Hulot, der Chefdolmetscher, wird vom Verein fest angeheuert. Macht die Sache für alle leichter, sagt Kuhnke. Toll, diese glorreiche Idee hätte man eventuell schon ein paar Jahrzehnte früher haben können. Hulot stammt aus dem Elsass - halb Deutscher, halb Franzose, Mutter aus dem Iran, Vater Spanier - und macht ab sofort den Vereinsdackel. Kein Training, keine Mannschaftssitzung und kein Ausflug mehr, ohne unser Sprachgenie. Der Junge hat ordentlich 38 Stress, jeder will gedolmetscht werden, vor allem Mertesacker. Entdeckt plötzlich die Macht des Wortes. Kann jetzt fast jedem in seiner Muttersprache den Marsch geigen. Erhöht den Spaßfaktor beim Alten um 100 Prozent. Trainingsarbeit läuft wesentlich direkter und entspannter und ohne Missverständnisse. Und die Übersetzungen sind immer knackiger als das Original, sagen alle. Hulot ist die beste Vereinsinvestition seit Jahren, sagen auch alle. Amsterdam hin Die Holländer sind voll motiviert. Statt Tulpen gibt´s zwei Kracher innerhalb von fünfzehn Minuten. Keine Sonne für Islop. Danach gehen die Käsköppe vom Gas. Eigene Dummheit, zur Halbzeit steht´s zwei beide, und am Ende auch. Erinnert ungeheuer an Schweden. Den Kracher des Tages liefert Akele, unser neuer Sprinterkönig. Die Rakete rast plus Murmel quer durch den Strafraum, am gesamten holländischen Personal vorbei und wird erst vom Tornetz gestoppt. Ohne den Käfig wäre der Wahnsinnige wahrscheinlich bis in die Nordsee gehechelt. Amsterdam rück Die erste halbe Stunde Holzauktion. Islop, unser Mückenfänger, liegt nach zwanzig Minuten mit ausgekugelter Schulter im Hospital, und Akele landet mit pulverisierten Schienbeinen im Reklamewald, dann endlich greift die Oberpfeife ein und schickt den Obervernichter duschen. Internationale Härte steht am nächsten Tag im Blätterwald. Arschgeigen. Möchte mal sehen, was übrig bleibt, wenn ich so einem Wortspieler voll beschleunigte 80 Kilo und ein gestrecktes Bein direkt in die Weichteile pfeife. Rangiert dann mindestens unter Terrorismus und Angriff auf die Pressefreiheit. - Ansonsten Modell ´blaues Auge´. Die Holländer liegen zur Halbzeit 1:0 zurück, kommen nach 60 Minuten auf 1:1 ran, kassieren aber im direkten Gegenzug den Fangschuss. Wüstes Gebolze vor der Kiste, kriege die Murmel direkt in die Füße, ein kurzer Tritt, dann beide Beine ganz hoch und Ende im Gelände. Kuhnke flippt aus und verkündet zwei Tage trainingsfrei, selbstverständlich nur für die Stammelf. Oktober Forsbeck gibt Gas, dosiert, aber hartnäckig und behält vor allem die Nerven, anders als meinereiner. Verpeile ständig irgendwelche Aufgabenstellungen und klatsche das ein oder andere Fachbuch an die Wand. ´Bringt uns auch nicht weiter´, murmelt Forsbeck mit seiner Bierruhe und sammelt die Reste der Flugeinlagen wieder ein. Bin mit Sicherheit kein leichter Kandidat. Trotzdem, Forsbeck ist sicher, dass ich locker durch die Prüfung marschiere. Kann sein. Hätte trotzdem lieber Zahnschmerzen. Frankreich Elgard schneit vorbei, mitten in unsere Prüfungsvorbereitungen, mit einem Angebot aus Marseille, absolut seriös und interessant. Zwei Franzosen sind in der Stadt, um mit Kuhnke zu verhandeln, falls ich grünes Licht gebe. Forsbeck fliegt raus und Elgard erläutert die Einzelheiten. Knapp das 1,8fache Jahresgehalt, spezielles Prämiensystem für internationale Wettbewerbe (Marseille kickt zum dritten Mal in Folge Champions-League), kostenlose Unterkunft in fünf Millionen-Objekt direkt am Mittelmeer, Dienstwagen nach Wahl, Freigabe für die Nationalmannschaft und ein einmaliges ´steuerfreies´ Handgeld in Höhe von fünf Mijo. Annehmbar, sagt Elgard. Das halbe Handgeld käme im Übrigen vor Vertragsabschluss. 20 Minuten später steht Kuhnke auf der Matte, live und in Farbe. Die Herren aus Marseille hatten präventiv mit ihm Kontakt aufgenommen. Kuhnke mimt den väterlich Besorgten. Hält die Offerte aus Marseilles für passabel, bis auf das Schwarzgeld, damit haben einige Hirnis kapitale Eigentore geschossen. Ohne Not sollte man sich die Finanzfahndung nicht ins Haus holen. Obendrein sei der gesamte Club alles andere als seriös. Am Mittelmeer herrschen andere Sitten und Spielregeln als bei uns, gute Leute haben sich da unten einen satten Karriereknick eingefangen, auch Deutsche. Die Liste ist beachtlich: Köpke, Littbarski, Völler, Mantey und kürzlich erst Jendreny, nur zur Erinnerung. Er würde mir unbedingt von diesem Deal abraten und im Gegenzug mein momentanes Gehalt fühlbar aufstocken. Eventuell eine Alternative, sagt Elgard, hakt Kuhnke unter und beide schieben ab. Kurz vor Mitternacht Anruf von Elgard. 39 Bezüge steigen ab sofort um 25 Prozent, netto, versteht sich. Dazu kommt eine Einmalzahlung von 500.000, steuerfrei. Besuche aus Marseille oder so könnten häufiger kommen, finanztechnisch gesehen. November Vom Platz geflogen, wegen Meckerns und ´gelb´ für einen minimalen Körperkontakt aus der Anfangsphase. Absoluter Schwachsinn. Habe dem Rasenjuristen nur erklärt, dass Brillenträger deutlich im Vorteil sind. Sensibler Sonnenkönig, legt den Satz als ´Schiedsrichterbeleidigung´ aus. ´Ich bin der Staat und ihr seid alle kleine Würstchen´. Keinen Hintern in der Hose, zu Hause nix zu melden, aber im Viereck lieber Gott und Henker gleichzeitig. Reiner Selbstdarsteller. Fuchtelt wie blöd mit seinen dämlichen Katongs rum und verteilt pädagogische Belehrungen. Hätte gleich Pauker werden sollen. – Wie kommen derartige Nullchecker in ein ausgewachsenes Stadion? Vitamin B oder Fehler in der Casting-Show? Für alles ist in den Arenen gesorgt, VIPLounge, Sessel für alle, Großbildschirme, Torkameras, aber einen Reserveschiri kriegt keiner auf die Reihe. Hätte dem Spinner fast eins auf die Kauleiste getickt. Aufgeblasener Windbeutel. Hat seine Daseinsberechtigung doch nur durch uns Spieler. Strafe Drei Spieltage Sperre und 10.000 Euro Strafe wegen ´grober verbaler Entgleisung´ entscheidet das Sportgericht. Musste an mich halten, um dem verkrampften Richter nicht auch noch den Marsch zu geigen. Zusätzlich pädagogische Nachhilfe. ´Sollte mir meiner Vorbildfunktion als Profi-Fußballer, Jung-Nationalspieler und Europameister bewusst werden. Unzählige Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, würden Spieltag für Spieltag ganz besonders auf mein Benehmen achten und als Maßstab für ihr eigenes Verhalten nehmen. Alle Profis stünden unter ständiger Beobachtung durch eine breite Öffentlichkeit, und die Medien und wir hätten Leitbildfunktion. Die meisten Aktiven wären sich dieser Verantwortung bewusst, einige müssten hin und wieder an ihre Rolle und Pflichten erinnert werden. Insgesamt hätte man meine Jugend und Unerfahrenheit berücksichtigt und den Vorfall als einmalige Entgleisung gewertet. Im Wiederholungsfall´, so der verstrahlte Vorsitzende, ´würde das Strafmaß allerdings wesentlich höher ausfallen. Amen´. – Kann wahrscheinlich keinen Fußball von einem Stück Würfelzucker unterscheiden, aber ansonsten perfekt informiert und die Weisheit mit Löffeln gefressen. Spinner. Habe während der gesamten Veranstaltung auf Anraten meines Winkeladvokaten keinen Ton abgesondert, außer Namen, Geburtsdatum und Verein. Viel mehr kam von diesem Juristentünnes allerdings auch nicht, kein Protest, keine Rede, nix, niente, nada. Hat alles abgenickt und dem ´Hohen Gericht´ ordentlich Honig um den Bart geschmiert. Wofür werden diese Rechtsverdreher eigentlich bezahlt? Meiner hat überhaupt kein Recht verdreht, im Gegenteil. Könnte platzen vor Wut. Drei Wochen Tribüne und Däumchen drehen, für weniger als fünf Sekunden Gerede. Lächerlich. Konsequenzen Mertesacker ist stinksauer auf das Urteil und auf mich. Soll in Zukunft einfach die Klappe halten. Wenn es nach ihm ginge, könnte der Verein mir für die Dauer der Sperre mein Gehalt streichen, das minimiert die Lust, ständig den Lautsprecher zu spielen. Haben eh schon genug Ausfälle. Das komplette Mittelfeld befindet sich entweder im Krankenhaus oder in Reha, da kann er so Hirnis wie mich wunderbar gebrauchen. Ich baue Mist und sein Stuhl brennt. Super. Wird mit der Geistertruppe wahrscheinlich total abschmieren, denn ausgerechnet in den nächsten Wochen kommen die allerdicksten Brocken. Herzlichen Glückwunsch. Elgard sagt, er kann Mertesacker verstehen, der Mann ist tatsächlich echt in den Arsch gekniffen. Wenn wir die nächsten zwei oder drei Spiele wirklich vergeigen, dann ist Hochdruck angesagt. Und dann fragt keiner, ob die zweite Garnitur am Start war oder wer Acker den Quark eingerührt hat. 40 C-League / Rudelphase International bin ich mit von der Partie, zum Glück. In der Liga besagte zwei Spiele in Folge versemmelt und ordentlich Spaß an der Backe, vor allen Mertesacker. Der Mann kitzelt das Allerletzte aus der Truppe, aber mit sechs Mann Ersatz ist Zucker im Tank. Auch gegen Krakau Sand im Getriebe. Unser Afrikaturbo Akele wäre besser Leichtathlet geworden. Rennt alles in Grund und Boden, vergisst aber ständig die Murmel und 90 Prozent seiner Abspiele landen in der Pampa. Stauben trotzdem in Polen drei Punkte ab. Islop, zum ersten Mal wieder dabei nach seiner Schulterverletzung, macht das Tor des Jahrhunderts. Abschlag bis an den anderen Sechzehner, der Ball titscht auf, hüpft über den polnischen Mückenfänger und landet im Käfig. Die absolute Lachnummer. Rückspiel. Die Polen laufen mit dem gleichen Verhüterli auf, aber dieses Mal greift der Knabe fast alles. Nur Pancic kann ihm eins laden, aus acht Millimetern Entfernung, Vollspann, 1:0. Saubere sechs Punkte für uns. Kurz vor Schluss wird Renato ausgewechselt, irgendwelche Schmerzen in der Leistengegend. Ligamäßig ein schlaffes Remis gegen Frankfurt. Nix geht. Renato fehlt wegen Verletzung und Kollege Akele glaubt immer noch, er nimmt an einem Volkslauf teil. Pancic dreht hohl, hängt völlig in der Luft, keine Anspiele, keine Unterstützung. Und wenn Bälle kommen, dann verwuselt Freund Akele problemlos jede Aktion im Ansatz. Wir sollten der schwarzen Granate einen Kursus in Feinmotorik verpassen, ein Navi und vor jedem Spiel zwei Tassen Baldrian, mindestens. Madrid / Atletico ´Egal ob Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien´, Elgard kann sich über den blöden Spruch drei Mal am Tag abrollen. Soll irgendwann einer seiner alten Kollegen abgesondert haben, auf die Frage, wo die nächste Saison für ihn steigt. Wären auch besser nach Italien gefahren, in Madrid gibt´s 3:0 was auf die Mütze. Keine Chance, nicht mal im Ansatz. Sind mit drei Dingern sogar noch gut bedient. Pancic wird zubetoniert, Akele kommt auf fünf Ball- und 20 Bodenkontakte in 90 Minuten, Renato glänzt durch Abwesenheit (offiziell: Virusinfektion), Islop und ich stehen mitten in der Einflugschneise. Alle Toreros sind mindestens einen Kopf kleiner als ich, aber man kriegt die Zwerge nicht zu fassen. Husch, husch und weg, und meist mit Ball. Der Ober-Dribbelguru, Gurrichaga, ist eigentlich schon Pensionär, aber M´Etong, unser Kampfpanzer, sieht keine Sonne gegen den Großvater. Spielt in einer Telefonzelle drei Mann schwindelig und telefoniert noch dabei. Kurz vor Schluss knallt Betong durch und räumt ab, schräg von hinten in beide Waden und direkt vor der Nase des Schiris. Gurrichaga geht getragen vom Platz, Betong duschen. Mertesacker antwortet während der Pressekonferenz auf die Frage, ob er sein Team für Champions-League tauglich hält mit einem klaren ´Nein´. Dicke Luft Krisensitzung. Kuhnke, Mertesacker, Jansen, Islop, Pancic und ich. Die Personaldecke ist angeknabbert, und unsere schwarze Perle hat sich nach Informationen der Bundespolizei in Richtung Brasilien verdrückt. Sein Manager hat Kuhnke per SMS mitgeteilt, dass sich sein Schützling lieber von Leuten seines Vertrauens behandeln lassen möchte als von unseren Quacksalbern. Absolut super. Islop sagt, die Mannschaft ist ein Trümmerhaufen und schlägt Neueinkäufe vor, sonst geht´s national und international den Bach runter. Kuhnke winkt ab, längst durchgespielt. Nichts Brauchbares auf dem Markt, und wenn, dann absolut unbezahlbar. Müsste doch einiges in der Kasse sein, sagt Islop, mit dem Schotter aus der Champions-League, da könnte man doch investieren. Es gibt auch ungesunde Investitionen, erklärt Kuhnke. Stimmt, sagt Islop, zum Beispiel die vier Frischlinge, alles Personal für die Mülltonne, besonders Akele, unsere Turboschokolade. Pancic nickt, ´Da ist jede Ballannahme im Mittelfeld ein Torschuss´. Kuhnke erzählt irgendwas von ´Geduld haben´ und wird sauer. ´Wir Spieler könnten uns ja mal an die eigenen Nasen fassen. Das letzte Stürmertor liegt Lichtjahre zurück, und unsere viel gelobte Defensive ist ein prima Schweizer Käse´. ´Kein Wunder´, antwortet Islop, ´wenn das komplette Mittelfeld fehlt. Hier hätte man eine bessere Einkaufspolitik betreiben müssen, damit 41 solche Engpässe erst gar nicht entstehen´. Kuhnke kocht und Mertesacker greift ein. Systemwechsel, ab sofort mit Libero, wie in der Nationalmannschaft. Und unser Sprinterkönig tobt in Zukunft im defensiven Mittelfeld, als Spielverderber; Ballbehandlung und Spiel nach vorne sind da Nebensache, Hauptsache hinten steht die Null, egal wie. Islop und Pancic sind wenig begeistert und zittern wortlos ab. Mertesacker und ich liegen einigermaßen parallel. Wir haben genau drei Tage Zeit, um das neue Ballett einzustudieren. Dipl. Beton Sind in Bremen die totalen Spielverderber. Absolut kein Durchkommen für die Fischköppe. Akele hat seine neue Rolle auf Anhieb kapiert. Erstaunlich. Fetzt wie ein angeschossenes Nashorn über den grünen Klee und schleicht nach 80 Minuten ausgewrungen Richtung Warmwasser. Hatte überall seine langen Haxen drin. Klasse Nummer. Zum ersten Mal kein Pfeifkonzert für unsere schwarze Rakete, sondern satter Beifall vom Anhang. Hinter Akele steht eine kompakte 4er Kette und dahinter ich. Die Weserkapitäne werden lebendig eingemauert und können von Glück reden, dass Pancic zwei saugute Konter jämmerlich versiebt. 0:0, die meisten sind happy über das Pünktchen, nur Kuhnke raucht. Pancic kriegt kurz und heftig zu hören, was die Vereinsführung von seiner abgeschlafften Vorstellung hält. Knipser werden für ihre Tore bezahlt und nicht für Geschwafel und Getriebeschäden. Pancic kriegt rote Ohren und geht im Entmüdungsbecken auf Tauchstation. Madrid rück Von Renato keine Spur, auch in Brasilien nicht. Irgendwo im Dschungel verschwunden?! Mertesacker kriegt inzwischen Pickel, wenn man ihn auf den Knallfrosch anspricht. Pancic hockt auf der Bank und kocht. ´Schöpferische Pause´ frotzelt die Presse. Ansonsten läuft die gleiche Truppe auf wie gegen Bremen, mit gleichem Erfolg. Die Spanier behalten das Bällchen für sich, wir versuchen möglichst nicht zu stören. Nur Akele läuft Amok. Toreros, die glauben zaubern zu können, haben sofort Spaß an der Backe. Der Rest landet bei mir. Zwanzig Minuten vor Schluss kommt Pancic, stinksauer und übermotiviert auf die Spielfläche. 30 Sekunden später Feierabend gestrecktes Bein, Ball verpasst, Schienbein getroffen, ´rot´ und Tschüss. Glasklare Sache. Kuhnke und Mertesacker machen Gesichter wie Leichenbestatter. Möchte nicht wissen, welche Mordpläne durch diese beiden Köpfe huschen. 0:0, gefühlt drei Punkte. Dezember Der Spinner ist zurück. Steht mit seinem Zahnpastalächeln auf der Wiese und jongliert die Murmel. Die Sonne scheint, Gott hat ihn wieder gesund gemacht und er freut sich auf das nächste Spiel, übersetzt Hulot. Würde dem Knaben sehr gerne mal in seiner Muttersprache verklickern, was die Mannschaft von ihm, seinen Extratouren, seinen Leistungen und seinem dämlichen Gefasel hält. Mertesacker baut den Verstrahlten wieder ein, aber ich denke, im Grunde würde er die Kokosnuss lieber in einen Brückenpfeiler gießen. Renatos Manager, eine Senor Oliveira, erklärt der Presse, dass ein Wunderheiler seinen Schützling von großen Schmerzen befreit habe, ohne Operation, Chemie und Geräte. Das sei für Renato sehr wichtig, denn nur wenn er sich gut fühlt, kann er auch gut Fußball spielen. Absolut super. Meine nächste Zerrung werde ich von einen gallischen Druiden behandeln lassen, bei Vollmond und im Beisein von 18 Jungfrauen (falls möglich). Und vor dem nächsten Match werde ich ein blaues Nilpferd an die gegnerische Kabinentür nageln. Das bringt Glück. Dann hauen wir auch Madrid weg. Grashopser Zürich Original Schweizer Fallobst, keine Ausländer, nur eigenes Gemüse und international auf Vereinsebene nicht konkurrenzfähig. Aber die Heidis stehen zu ihrem Konzept und lassen sich ohne Jammern die Kiste voll zimmern. In den Bergen gibt’s drei Dinger, bei uns vier, aber kein Zentralorgan bei den Jodelkönigen rastet aus. Die Jungs haben ihr Bestes gegeben, es hat für einige nette Szenen gereicht, der Gegner war besser und durch diese Niederlagen wird das Matterhorn auch nicht flacher. Glückliche Alpen. 42 Tags drauf Auslosung. Dürfen gegen Chelsea ran. Titelverteidiger und seit 15 Spielen in der Champions-League ungeschlagen. Reines Starensemble. Die Ersatzbank kostet mehr als unser ganzer Kader zusammen. Nach außen machen alle in Optimismus, irgendwann reißt jede Serie, aber innerlich hat jeder von uns die Sache abgehakt, nur Kuhnke nicht. Er bietet 300.000 extra pro Nase, falls wir die Jungs von der Insel rauskegeln. Tor des Monats Stolpern mit unserem Notfallprogramm in Richtung Winterpause, unser Brasilien-Turbo schmiert nach einer Halbzeit ab, Null Kompression, aber ansonsten gesund. Prima. Hängen im Mittelfeld, mit leichter Tendenz nach oben. Sind vorne bissig wie Kunsthonig, nur hinten steht die ´0´. Außerdem kommt unsere direkte Konkurrenz auch nicht sonderlich aus dem Knick. Mertesacker wird zum Trainer der Hin-Serie gewählt, weil er aus seinem Trümmerhaufen, nach Meinung der Experten, das Maximum herausholt. Möchte wissen, was wir den ´Experten´ für diese goldene Ananas hingeblättert haben. Experten, sagt Elgard, sind Klavierspieler mit einer Taste. Staube im November das ´Tor des Monats´ ab, Verzweifelungsschuss mit links (!) aus gut 25 Metern klatscht an den Innenpfosten, von da der Flugente an den Hinterkopf und dann ab in die Maschen. Für seinen Assist hätte der Schnappi mindestens die halbe Medaille verdient, will aber nicht. Weihnachten Drei tote Tage zu Hause. Mama kocht und nervt, Papa verzichtet demonstrativ auf Alkohol, selbst auf Rumaroma im Kuchen und nervt auch. Die gesamte Verwandt- und Bekanntschaft trabt an und nervt erst recht. Ich bin der fünfohrige Pandabär im Flohzirkus. Abartig. Mein eigener Onkel will ein Autogramm auf sein bestes Oberhemd. Früher hat mich der Knallkopp nicht mit dem Arsch angeguckt (ist schließlich Prokurist), jetzt bin ich sein Lieblingsneffe und er hätte immer schon gewusst, dass aus mir mal ein ganz Großer wird. Hat mir schließlich meine ersten Fußballschuhe vermacht. Schwafelbacke. Papa scheppert alle voll und zeigt endlose Zusammenschnitte aus TV und Internet mit meinen besten Szenen. Jeder, der bei uns aufschlägt, kriegt den Quark serviert, zusammen mit Papas Kommentaren, und die ziehen dir die Socken aus, spätestens beim zweiten Mal. Gegen Papa sind die schlimmsten Profischwätzer reines Gold. Meine Erzeuger schenken mir ein Album mit richtigen Photos, die sie aus Filmen gezogen haben, meine ganze Karriere als Profi, vom ersten Tag bis quasi heute. Was Besseres wäre ihnen nicht eingefallen, habe ja schließlich schon alles. Stimmt, leider. Für Mama und Papa gibt´s eine Reise nach Grand Canaria, 14 Tage all inclusive. Posten für die Portokasse. Beide machen ordentlich Betrieb um den Ausflug, damit der restliche Clans auch ordentlich lange Nasen bekommt. War definitiv mein letztes Weihnachten zu Hause. Affenzirkus. 2031 Jaguar / Februar Unser Sambatänzer dreht hohl. Ist aus den Winterferien nicht zurückgekehrt. Soll angeblich eine Krankmeldung an den Verein geschickt haben. Rückkehr in drei Wochen, genau zum Rückrundenstart, keine Minute eher. Fliegen ohne den Spinner ins Trainingslager nach Fuerteventura. Vor Ort Mannschaftssitzung. Kuhnke erklärt dem Kader, dass Renato eine Abmahnung erhält und eine satte Gehaltskürzung. Sich irgendwo im Ausland oder Inland mit Attesten zu versorgen, sagt Kuhnke, ist laut Vertrag nicht statthaft. Der Verein verfügt über eine hervorragende und sauteure medizinische Abteilung, die eingerichtet wurde, damit kein Aktiver bei irgendwelchen Dilettanten oder Wunderheilern landet. Im Gegenzug verlangt der Verein, dass dieses Angebot in Anspruch genommen wird. Wer diese Regelung missachtet, muss die Konsequenzen tragen, egal ob Bankdrücker oder Stammkraft. Unprofessionelles Verhalten wird vom Verein nicht toleriert. Um Unklarheiten vorzubeugen, sagt Kuhnke, erhält jeder Spieler ein gesondertes Schriftstück in Muttersprache, für die Spielregeln im Krankheitsfall. Lesen, signieren und wieder abliefern. 43 Dumm gelaufen Keine besonderen Vorkommnisse. Wir trainieren die Dominowürfel ab und versorgen uns mit Kondition. Dazwischen Koordination und Gymnastik als Tröpfcheninfusion. Keiner im Team mit Hang zum Ballett. Kommen alle gerade noch so mit den Fingerspitzen auf den Rasen. Nur Akele kriegt seine Haxen noch hinter seiner Rübe verschränkt. Phänomenaler Typ. Nach einer Woche plötzlich Flitzekacke in der ganzen Truppe. Drei Notärzte traben an und verpassen uns Einläufe. Pancic und Islop kriegen den Magen ausgepumpt. Wahrscheinlich Fischvergiftung. Kuhnke will Hoteldirektion und Chefkoch umbringen, kommt aber nicht von seiner Toilettenschüssel runter. Vier Tage totaler Trainingsstopp. Alles hängt in der Keramikabteilung, nur Akele nicht. Bei ihm zu Hause, sagt er, gab´s nur vergammeltes Zeugs zu essen, aus irgendwelchen Mülltonnen, wenn überhaupt. Außerdem lauerten 13 Geschwister mit am Tisch. Wer da Vorurteile und Ansprüche bezüglich der Verpflegung hatte, war ein Auslaufmodell. Bei der Ankunft zu Hause fast 20 Grad. Zwei Tage später geschlossene Schneedecke von Helsinki bis Palermo. Athen und Rom ersticken in der weißen Soße. Überall erfrieren Menschen, selbst bei uns. Turnhallen werden Notunterkünfte und die Spendenmaschinerie läuft an, für Schneeopfer in ganz Europa. Die Klimapäpste erklären, dass Ganze hätte überhaupt nicht stattfinden dürfen und dass wir uns über kurz oder lang an solche Wetterkapriolen gewöhnen müssen. Alles Treibhauseffekt, weil wir gnadenlos zu viel Dreck und Hitze in die Umwelt jagen, vor allem die Amis, Russen, Inder und Chinesen, ohne Rücksicht auf Verluste. Uns trifft die Sache nicht ganz so hart, sagt Kuhnke, wir haben Rasenheizung, selbst auf den Trainingsplätzen, die garantiert astreinen Spielbetrieb bis minus zehn Grad. Beruhigend. Heimkehrer Renato zurück, auf die Sekunde genau zum Rückrundenstart. Trainerteam und wir lassen den Traumtänzer links liegen. Kein Erbarmen mit dem Armen. Gleich im ersten Trainingsspielchen zeigt ihm ´Betong´, wo die Glocken hängen, Grätsche von vorne, ein Mal das Schienbein rauf und runter, Feierabend. Kein Pfiff, kein Mitleid, nur ein erstauntes ´Hoppla´. Die Koksnuss ist vorerst Invalide. Mertesacker, der sonst bei jedem Trainingscrash sofort aus der Hose springt, verzieht keine Miene. Könnte mir vorstellen, dass ´Betong´ auf Anweisung gehandelt hat. Dürfte dem alten Knochenbrecher ein Vergnügen gewesen sein. Totensonntag Nix geht mehr. Die Wüstensöhne im fernen Arabien drehen konzentriert den Ölhahn zu, um ihre Vorräte zu strecken und die Preise himmelhoch zu treiben. Für das nächste halbe Jahr, beschließt die EU, ist jeder zweite Sonntag autofrei, in ganz Europa. Nur Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen und Busse dürfen fahren, der Rest braucht Sondergenehmigungen, kriegt aber so gut wie keine, nicht mal Profimannschaften. Sieht eigentlich witzig aus, Autobahnen ohne Autos. Hat es um 1970 schon mal gegeben, sagt Elgard. Viele meutern natürlich und reden vom Ende der zivilisierten Welt. Weiß nicht, endlich mal entspannte Sonntage, kein Stress, keine Hektik. Sämtliche Spiele fallen flach, inklusive Training. Die Erdölstaaten haben die Amis im Übrigen davor gewarnt, sich den Sprit mit Gewalt zu besorgen. Wer ein Erdölland attackiert, heißt es, der attackiert alle Erdölländer und etliche verfügen über Atombomben, Chemiewaffen und ähnliche Schweinerein. Februar Der Zirkus geht weiter. Renato ist mit Manager und Krücken bei Kuhnke aufgekreuzt, sagt Elgard, und wollte sich über Mannschaft und Trainer beschweren. Kuhnke hat sich das Gesülze eine Minute lang angehört und dann beide an die Luft gesetzt. Renato bekam als Zugabe seine zweite Abmahnung an die Krücken genagelt, auf Deutsch und Portugiesisch. Außerdem, sagt Elgard, sind sämtliche Zahlungen eingestellt. Wenn der Sambatänzer Geld sehen will, muss er entweder topfit auf dem Rasen stehen oder vor Gericht klagen, einem von hier, versteht sich. War ´n Rausschmiss erster Klasse. Darf ab sofort seinen Knackarsch kostenlos auf der Tribüne parken und auf Angebote von auswärts warten. Elgard sagt, könnte eine längere Sitzung werden, denn Kuhnke will krasses Geld für den Spinner. Temporäre Genialität auf dem Platz ist eben nicht 44 alles, sagt Elgard. Clubs wollen Planungssicherheit und Typen wie Renato sind glatte Risikofaktoren. Und nur dumme Clubs machen sich von den Launen ihrer Stars abhängig. Rückrunde Stochern uns ein Unentschieden nach dem anderen zusammen, volle Punktzahl gibt´s, wenn überhaupt, nur auswärts. Der Tiefpunkt kommt in München. Böser Absturz mit freundlicher Unterstützung des Schiris. Zwei astreine Abseitstore für die Lederhosen, uns wird ein regulärer Treffer gestrichen und einmal Hand auf der Münchener Linie bleibt ohne Folgen. Eigentlich 3:2 für uns, uneigentlich 4:1 für die Lederhosen. ´Souveräner Sieg für die Bayern´ tönen die Gazetten und wir hängen wieder voll in der Schusslinie. März Sechs Augen Gespräch im Chefbüro, Kuhnke, Mertesacker und ich. Der Alte will mich umfunktionieren, von zentral defensiv auf zentral Mitte, quasi Nummer 10. K & M meinen, ich hätte das Zeug dazu, wäre lediglich eine mentale Umstellung. Nicht mehr voll drauf und abräumen, sondern Kopf hoch, Überblick verschaffen und dirigieren. Müsste mit entsprechender Übung auch kurzfristig machbar sein. Ab sofort flammneues Trainingsprogramm und Testspiele gegen Aufbaugegner. Könnte mich in der neuen Rolle noch gründlicher in den Vordergrund spielen, sagte Kuhnke. Eigentlich kein Bedarf, habe schon genug Vordergrund aber K & M sehen keine andere Chance, um den Abmarsch in den Tabellenkeller zu stoppen. Von morgen an wird´s brasilianisch. Maradonna für Arme Völlig neues Spielerlebnis. Trabe ohne Zerstörerfunktion durchs Mittelfeld und soll ´gestalten´. Ziemlich schräg, wenn man ewig drauf fixiert war, anderen auf die Knochen zu steigen und die eroberten Bälle nach Brasilien zu rollen. Ab sofort kullert jede Murmel in meine Richtung. Sind feine Unterschiede. Mertesacker will sehen, dass ich den Kopf hoch nehme und Pässe zelebriere, lange oder schnelle, oder beides, nur keine Alibigurken über zweifuffzich. Habe absoluten Idiotenstatus. Selbst wenn fünf Anspiele in Serie quer schlagen, Acker bleibt locker. Mecker gibt´s nur bei Einheitsquark. Der große Meister will Risiko sehen und Ideen. Kriegt beides geliefert, allerdings in überschaubarer Qualität. Drei Tage Chaos. Pancic meckert, Jungnikel (aus Not wieder im Kader) fasst sich an die Rübe, Allimboha grinst blöde, nur Akele wieselt auch hinter den dümmsten Dingern her. Danke. Am vierten Tag kommen die Bälle präziser. Ali schnallt als erster, was gespielt wird. Sobald ich die Murmel habe, fetzt die Granate los und krallt sich den Ball. Und was der Dicke hat, gibt er selten wieder her. So könnt´s gehen. Testspiele Wir tingeln über die Dörfer und probieren unsere neue Masche aus. Ali und Pancic gehen steil und die Kugel kommt hinterher. Der Schrottwert sinkt, einiges landet verbraucherfreundlich und schon brennt die Hütte. Fußball kann auch einfach sein. Mein größtes Problem: das Spiel schnell genug und richtig ´zu lesen´. Den Bruchteil einer Sekunde zu spät begriffen was läuft, und die nette Chance von gerade eben ist futsch. Mertesacker genießt meine Grobmotorik weiterhin schweigend. April Ligapremiere als Taktgeber. Bin nervös und produziere Serienschrott. Die ersten zehn Anspiele landen voll in der Botanik. Pancic tritt vor Wut Löcher in die Spielebene, Ali friert das blöde Grinsen ein und von den Rängen kommen gepfiffene Kommentare. Plötzlich steht Mertesacker an der Seitenlinie, winkt mich ran und knurrt: ´Keine Angsthasenpässe, volles Risiko, der Nächste kommt an´. Kuhnke hinter ihm nickt und zeigt mit beiden Daumen nach oben. Noch nie so viel Unterstützung von außen bekommen, nicht mal von Klopp & Co. Verpeile noch drei Dinger, dann landet die erste Murmel messerscharf da, wo sie hin soll. Ali geht ab wie Zäpfchen und hämmert das Geschenk in die Maschen. 1:0 zum Pausentee. Danach kommt die Post zweimal 45 an, beide Male verwandelt Pancic und wir sind wieder dicke Freunde. Acker nickt, Kuhnke klopft mir auf die Schulter und die Meinungsleute basteln an ihrer nächste Sensation: ´Genie auf Anfrage´, ´Die Rückkehr der 10´, ´Spielmacher aus Verzweiflung´, ´Der Mann für alle Fälle´, ´Brasilianer auf Bestellung´. Und ein Oberspinner kommt sogar mit dem Spruch: ´Der Einstein des Fußballs´. Die Fahrkarten scheint keiner gezählt zu haben, außer mir. Waren genau 29. Chelsea Der Einlauf kommt vier Tage später. Rappelvolle Hütte und für die Fans sehen wir aus wie ein gleichwertiger Gegner. Kein Wunder, jeder von uns funktioniert am Limit, es grüßen 200.000 Extrataler pro Nase. Was nicht rüberkommt ist die Leichtigkeit, mit der die Inselaffen dagegenhalten. Jeder ist einen Tick schneller und robuster als wir, technisch besser und taktisch disziplinierter. Fehlpässe und Stockfehler absolute Fehlanzeige. Wir rennen wie die Blöden, der neue ´brasilianische Einstein´ gibt sein Bestes und die Tommies schieben sich trotzdem das Bällchen zu wie im Training. 0:1 nach zehn Minuten. Ping-Pong im Mittelfeld, ein Pass auf Halbrechts, mit dem Rücken zum Tor butterweich weitergeleitet in die Mitte, direkt abgenommen und Feierabend. Einfach mal so. Wir sind nichts weiter als mobile Eckfähnchen. Nach dem Pausengespräch wird´s noch krasser. Wir strampeln im roten Bereich, Chelsea läuft auf Standgas. Auch Härte bringt nichts. Betong legt sich mit Lavender an, dem Zehner und bricht sich beinahe die Füße. Akele springt auf alles, was sich bewegt, kassiert ´gelb´ und eine satte Gehirnerschütterung. Sein Opfer steht auf, schüttelt sich kurz und rödelt weiter. Unsere Sturmabteilung existiert nur im Spielbericht, Pancic und Allimboha sind unanspielbar und hätten besser 90 Minuten Autogramme geschrieben. Kurz vor Schluss kommt Überraschung Nr. 2: langer Ball von Lavender drei Millimeter über meinen Schädel, auf den Schlappen von Mulham und Bingo. Präziser geht nicht. Zur Belohung gibt´s Beifall von unseren Fans. Mai Nehme auf Anfrage unseres Ministerpräsidenten Dr. Vettel (flottes Kerlchen, aber wegen Fahrfehler momentan Fußgänger / 22 Tacken zu schnell im Kindergartenbereich, hätte ihn fast die Rübe gekostet) freiwillig und ohne Entschädigung an einer Imagekampagne für unser Bundesland teil, um Firmen und gut ausgebildetes Menschen in unserer Region zu halten, bevor wir von anderen Landschaften abgehängt werden. Immer mehr Industrie und Fachpersonal schleichen massiv in Richtung Osten ab, Bulgarien und so wegen massiver Standortvorteile. Hungerlöhne, Alibisteuern und die Umwelt spielt da immer noch keine Geige. Bei uns gehen allmählich die Lichter aus. Promis aus Kunst und Sport sollen retten, was Promis aus der Wirtschaft vor die Wand fahren, sagt Elgard. Komisches Spiel. Geplant sind fette Anzeigen mit dem Slogan: ´Hier bei uns kommen Sie ganz groß raus´. Nett gemeint, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich auch nur eine einzige Company meinetwegen in unserer Gegend ansiedelt. Dr. Vettel und seine Leute sind von ihrer Kampagne total überzeugt und hauen jede Menge Geld auf den Kopf. Klar, ist ja nicht ihres. Intensivstation Hätte ohne Forsbeck die Angelegenheit schon längst geknickt. Der Mann ist Gold wert, macht und tut was er kann, ohne Nerven und Geduld zu verlieren, auch wenn ich die Aufgaben zum xten Mal nicht peile. Treffen uns jetzt dreimal die Woche, um Lagerhaltungskosten, Staffelzinsen und ähnliche Kracher zu berechnen. Sonntagstraining entfällt bis zur Prüfung, Kuhnke ist die Großzügigkeit in Person. Mir platzt die Birne, aber Forsbeck gibt Gas, freundlich und ohne Gnade. Ende im Gelände Eigentlich unsere beste Saisonleistung. Selbst Mertesacker ist zufrieden und Kuhnke verzichtet auf seine ätzenden Sprüche, die er fast nach jeder Klatsche ablässt. Waren diszipliniert, haben uns total reingehängt, trotz der miesen Ausgangslage. Zwei saubere Hütten gemacht, aber vier kassiert, exakt im 20-Minuten-Takt, wie bestellt. Gnadenlos gut, diese Inselaffen. Ball erobern, Ball verwalten und urplötzlich zuschlagen. Ging selbst für Akele zu schnell. 200.000 Mäuse 46 komplett außer Reichweite. Kriege allerdings gute Kritiken von den Tommies. Das erste Ding selbst gemacht, aus 25 Metern, das andere punktgenau für Pancic aufgelegt. Kam mir trotzdem vor wie Pinocchios großer Bruder. Wäre ´ne Maßnahme, auch mal in so einem Starensemble wie Chelsea kicken zu dürfen. Lachnummer Die gesamte Prüfung ist der totale Witz, von Anfang bis Ende. Ewiger Formularkram, Laufzettel, Leistungsprotokolle und ständig drei Prüfonkels an den Hacken, Ankreuzverfahren und mündliche Abfragen als Quiz, für die ganz Doofen. Super für mich. Warum wandeln Einzelunternehmer ihren Betrieb in eine GmbH um? (Wie oft wurden die Faroer-Inseln Fußball Weltmeister, 3 Mal, 18 Mal, oder null Mal?) Absoluter Idioten-Test. Außerdem wurde gleich zu Beginn verkündet, Mathe ist komplett raus und Deutsch wird nicht mehr bewertet, weil Mathe und Deutsch sowieso keiner mehr peilt. Forsbeck zuckte entschuldigend mit den Schultern, ganz neue Vorschriften. Alles geht glatter als glatt, nur Buchführung war knapp, 51 Prozent, dank Forsbecks gezielter Hilfestellung. Werde dem Knaben eine Terrasse für seine neue Hütte spendieren. Finale Müller und seine gesamte Geisterbahn sind zum Gratulieren angetreten. Haben die Rückenlehne meiner Sitzgelegenheit mit meinem Trikot verziert, verschweißen und an eine Bürowand tackern lassen, als ewiges Andenken. Nicht jede Buchhaltung hatte schließlich einen aktuellen Europameister als Azubi, sagt Müller und drückt mir mein innerbetriebliches Ausbildungszeugnis in die Hand. Nicht der unbedingte Knaller. Ich hätte mich ´im Rahmen meiner Möglichkeiten stets bemüht´. Der Typ kennt keine Verwandten. Am nächsten Tag kriegt jeder in der Abteilung ein Autogramm mit einer Kiste Sekt drunter, nicht wegen der tollen Zeit, sondern mehr aus Erleichterung. Gut, gebissen hat keiner, außer Müller, aber die Freunde für´s Leben waren auch nicht dabei. Kann man auch nicht mit rechnen, sagt Elgard, in einer Zeit, wo Leute mit härteren Bandagen um ihre Jobs kämpfen als wir Profis um die Murmel. Die echten Klimakatastrophen finden am Arbeitsplatz statt. Kann sein. Hauptsache ich bin weg und für Müller nicht mehr greifbar. Scherzartikel Offizielle Post vom Verein bekommen. Kuhnke gratuliert zur bestandenen Prüfung und bietet mir eine Stelle als kaufmännischer Mitarbeiter in der Buchhaltung an, zwei Jahre Probezeit, 18 Tage Urlaub pro Jahr, Gehalt nach Tarif, vermögenswirksame Leistungen, ein halber Tag Bildungsurlaub pro Jahr. Mit freundlichen Grüßen. Habe den Brief sofort an Forsbeck weitergeleitet. Soll einen geeigneten Ersatzmann für mich finden und zur Vereinsleitung schicken. Bin gespannt wie Kuhnke reagiert. Juni Zum Ende ging´s. Einigermaßen auf der neuen Position angekommen. Selbst Klopp lässt mich als Spielmacher auflaufen, mit der ´10´ im Kreuz und einigermaßen Erfolg. In Tschechien 2:2 (war mehr drin), gegen Südafrika ein sauber zelebriertes 4:1. Die Pässe finden Abnehmer und selbst Rahmani, der alte Stinkstiefel, findet lobende Worte. Findet er sonst nur für sich selbst. Klopp grinst und meint, wenn irgendwann die Kompression nachlässt, stellt er mich ins Tor. In der Meisterschaft haarscharf auf Platz 5 gestrandet, Döner-Cup berechtigt, dank schwächelnder Konkurrenz. Überall verletztes Spitzenpersonal und jede Menge Knatsch, drei Trainerentlassungen in den letzten zwei Wochen. Spielen demnächst gegen Traumteams aus Mittel-Mazedonien, Nord-Norwegen oder der hinteren Ukraine. Nicht unbedingt der Bringer, aber die Clubkasse freut sich, sagt Kuhnke. Damenbesuch Der Ersatzmann, den Forsbeck schickt, ist eine Dame, und Kuhnke lässt sich tatsächlich nicht lumpen. Spendiert der molligen Lady (Prüfungsbeste aus meiner Parallelklasse) einen 47 kompletten, unbefristeten Arbeitsplatz ohne vorheriges unbezahltes Praktikum und überweist mir prompt 100 Euro Vermittlungsprovision. Macht einen halben Stuhl für Forsbecks halbfertige Terrasse. Ausverkauf Elgard sagt, Renato ist nach Sevilla verscherbelt worden. Irgendein russischer Ölprinz hat den Club eingesackt und kauft alles, was nicht schnell genug auf die Bäume kommt. Wenn der Ölonkel nicht plötzlich einen Rückzieher macht, dann kann Sevilla in zwei bis drei Jahren ganz oben bei den Großen mitheulen, wird sich bei dem Budget nicht vermeiden lassen. Der Clubvize, sagt Elgard, hat bereits meinetwegen unverbindlich angeklopft. Junge, unverbrauchte Spielmacher mit Torjägerqualitäten und internationalem Niveau sind übersichtlich gesät. Könnte eine lukrative Sache werden und Sevilla als Wohnort hat seine Reize. Werbeverträge ´Haben uns werbestrategisch neu aufgestellt´ (Elgard). Mache weniger Kleinkram, dafür gezielt Reklame für Top-Adressen. Imagemäßig besser, weniger zeitintensiv und deutlich mehr Asche. Sind bei Opel-Maserati und der Nürnberg/Vancouver gelandet. Die Produktionen der Spots steigen in Rom, den Rockies und Köln-Knappsack (Studio). Ich darf jeweils einen ganzen Satz sagen, in 50 Varianten, bevor die Filmleute happy sind. Vor jedem ´Take´ wird nachgeschminkt und nachgestylt, geht fürchterlich auf die Nüsse. Schauspieler wäre auf Dauer nicht mein Ding, zu viel verplemperte Zeit für nix. Die Gagen könnte man auch als Schmerzensgeld bezeichnen. Die Resultate sind allerdings brauchbar, optisch okay und sogar witzig, sagt selbst die Sportpresse. 2031 / 2032 August Vierzehn Tage Koh Samui, Mini-Insel vor Thailand, aber total okay, mit absolut heißer Go-Cart Bahn. Pfeifen täglich im Zickzack um fette Palmen rum. Elgard verliert immer, weil sein Schnitzelgürtel die Endgeschwindigkeit massiv senkt. Anschließend wieder Spreewald. Hat sich bewährt, sagt Kuhnke, können uns ungestört vorbereiten. Außerdem fliegen hier um spätestens 8 Uhr die Bürgersteige weg und jede Extratour landet nach zehn Schritten im Sumpf. Sechs Neueinkäufe, fünf Nobodys und einen Nationalspieler aus Irland, O´Leary, 24, Linksaußen mit Parkuhrformat, aber kompakt, bissig und schnell wie Sau. Trabt ohne Bällchen keinen Meter mehr als unbedingt nötig, aber sobald die Murmel in Reichweite kommt, zündet der Stöpsel seinen Nachbrenner. Hat krasse Körpertäuschungen drauf und kurvt mit Top-Speed und Ball am Fuß durch jeden Lattenzaun. Betong & Co kriegen den Irren nur auf die ganz harte Tour gestoppt. Mal sehen, was der Knallfrosch unter Druck leistet. Liege mit Allimboha auf einer Bude. Verstehen uns prima. Ali plappert wie ein TV-Reporter, mit 1000 Fehlern, aber witziger. Die Knalltüte spielt Weltklasse-Schach. War außer Fußball der einzige Spaß in seinem Dorf. Irgendwelche Besatzungstruppen hatten bei ihrer plötzlichen Abreise jede Menge Schachspiele zurückgelassen und seit dieser Zeit wurde im Kaff entweder gepölt oder ´geschacht´. Das Brikett kann nicht schreiben und lesen, aber zockt mich ab wie nix. Acht bis zwölf Züge und ich bin matt. Ansonsten Leithammelstatus. Bin ganz vorne bei den Laufeinheiten, der Karajan (?) der Truppe, Hauptautogrammschreiber, Fotomodell und Interviewpartner, immer mitten in der dicksten Tinte, keine ruhige Sekunde mehr. Für einen Tag mal ganz hübsch, nach einer Woche wird man ganz allmählich aggressiv. Surprise, Surprise Freistellung zur Sportgala in Baden-Baden. Elgards Minimalziel: ich werde Fußballer des Jahres. Blitzlichtgewitter, roter Teppich, laufende Kameras und Prominenz ohne Ende und Politiker im Rudel. Top-Sportler im Handgepäck bringen wahrscheinlich mehr Quote als durchgeweichte 48 Parteiprogramme und der tägliche Mikromarathon. Sieht insgesamt aus wie bei einer geschrumpften Oscar-Verleihung. Stecke in maßgeschneidertem Outfit, Zweireiher mit Weste und hauchfeinen Streifen, durchgestylte Matte und staubfreie Lackschühchen, der Schwarm aller ledigen Schwiegermütter. Fettes Programm mit Musik von ´Rotten Fish´ und tonnenweise Geschwafel von Verbands- und Medienhäuptlingen, kotz, würg. Dann kommt der Showdown, ich tippe auf Platz drei, aber der alte Schwede gewinnt. Gehe mit zehn Prozent Vorsprung über die Ziellinie, Rahmani, der alte Stinkstiefel, ist der erste Verlierer. Tätä, Tätä, Schneffzäng. Ich muss auf die Bühne, darf in drei bis vier Sätze stammeln, wie glücklich ich bin und werde anschließend von den Medien durch den Wolf gedreht. Der Einzige, der sich wirklich freut ist Elgard. Unsere Tarife ziehen an. Bin inzwischen ein richtig teures Kerlchen. Empfang Das Spreewaldcamp bietet auf, was geht. Werde von drei Bürgermeistern (Schwergewicht & Sumoringer), einer Gurkenkönigin (?) und einem Gemischten Chor (Gehörlose & Erkältete) begrüßt, der abschmettert wie Carusos Rache. Zwei Spanferkel kokeln auf dem Grill und Acker spendiert einen halben Tag ohne Laufeinheiten. Nur Akele macht ein bedröppeltes Gesicht, umarmt mich zehnmal und schenkt mir seine Halskette als Talisman. Allimboha und Pancic, die beiden Vollidioten, haben den armen Jungen verklickert, der Verein hätte mich für einen neuen Mannschaftsbus nach China verkauft und heute wäre meine Abschiedsfete. Zur Feier des Tages sind für jeden drei Glas Bier erlaubt. Am Ende ist die halbe Truppe voll angedröhnt, besonders Pancic und Jungnikel. Muss Starkbier gewesen sein, erklären die beiden Pappnasen beim Frühstück. Angebot Seit einer Wochen zu Hause, Testspielphase und platt wie ´n Bierdeckel. Werden von unserer eigenen Reserve und zwei Regionalligisten gnadenlos vorgeführt. Nur O´Leary hält dagegen. Komischer Kunde. Sieht immer aus wie gerade von der Matratze gefallen, kriegt im Lauftraining seine Babyschuhe kaum bewegt (Größe 39!), aber sobald der Gong kommt, tobt Rumpelstilzchen los. Einziger Haken: die Knallerbse hat da, wo bei anderen das Hirn sitzt, selbstzündende Feuerwerkskörper. Fliegt in drei Spielen zweimal vom Platz. Rastet leichter aus als ein Pavian mit Zahnschmerzen und verwechselt dann Fußball mit Catchen. Mittendrin erscheint Elgard mit Eurozeichen in den Augen. Der russische Zar aus Sevilla macht ernst. Auf dem Tisch liegt ein 4Jahresvertrag mit beeindruckenden Konditionen. Eigentlich unablehnbar. Sevilla Mit einer Chartermaschine und Kuhnkes Okay Richtung Süden. Auf dem Airport schlappe 45 Grad im Schatten und Windstille, Open-Air Sauna. Stadtrundfahrt in abgedunkelter Promischaukel. Alles beeindruckend, quasi ein bewohntes Museum. Hier war mal der Nabel der Welt, erklärt Elgard. Kann sein, aber für unsereinen sind Spielorte quasi absolute No-Go Area. Clubhaus und Trainingsgelände sind flammneu. Sieht aus, als wäre ein Ufo gelandet und liegen geblieben. Die Büro- und Mannschaftsräume sind voll klimatisiert, auf die Plätze knallt der Lorenz. Mindestens 50 Grad an der Grasnarbe. Trainiert wird später am Abend, erklärt der Vereinsvize, ein molliger Eingeborener mit zwei Literflaschen Olivenöl im Haar, alles kein Problem. Elgard und der Ölscheich palavern knapp eine Stunde, dann geht´s retour. Bei uns nur schlaffe 30 Grad, leichter Wind und morgen soll´s sogar regnen. Außerdem, sagt Elgard, sind bei den Spaniern alle Positionen doppelt besetzt, und als Spielmacher ist Pelinho vorgesehen, anstelle von Renato, den die Russen gleich nach Moskau umgeleitet haben. Künstlerpech. Und Pelinho ist der absolut kommende Mann im Mittelfeld. Ich wäre wahrscheinlich nur zweite Wahl oder würde als Staubsauger vor der Abwehr verbraten. Das Angebot könnte aber helfen, um Kuhnke wieder ein paar Extrascheine aus den Rippen zu leiern. Soll mir recht sein. 49 Umzug Im ganzen Trubel fast untergegangen – die Einweihung unserer neuen ´Kaserne´. Jugendherberge de luxe, noch fetter als das Ensemble in Sevilla. Alles nur allererste Sahne, damit die Herren Profis vier Stunden pro Tag gepflegt abhängen können zwischen ihren Trainingseinheiten, Behandlungen, Massagen und Presseterminen. Offizieller Name ´Recreation Centre´. ´Ein Nonplusultra von Funktionalität und Architektur´, schreiben die Medien. Für mich sieht das Ding einfach nur schräg aus. Keine geraden Linien, alles rund und bunt und innen drin tausend versetzte Ebenen. Nur eine Frage der Zeit, bis sich irgendwer aus der Profiabteilung die Haxen bricht. Hat insgesamt 35 Mille gekostet, offiziell. In Wirklichkeit, wird gemunkelt, einiges mehr, genau weiß das wahrscheinlich nur Kuhnke. Glas, Marmor, Leder, fünf ganze Bäume mittendrin, Beleuchtungskunst und alles gigantisch. Gegen unser neues Herrenhaus ist jedes Hilton eine Gartenlaube, sagt Jansen, Luxus pur. Schwimmbad (mit Whirlpool und Sprungbrett), Sauna, Snooker, Tischtennis, Tennishalle, Kino, etc. Der Hit ist das neue Communication-Centre. Für jeden Kicker eine direkte Ton- und Bildleitung nach Hause, Kinderzimmer oder Kühlschrank, kein Problem, selbst wenn der Kühlschrank in Nigeria steht. Okay, für mich nicht der Kracher, aber für unsere Familienväter der absolute Hype. Hängen jede Minute am Screen und googlen sich die Augen aus dem Kopf. Silbermedaille für die ´Kantine´. Mediterrane Atmosphäre und ein 5-Sterne Koch, Verpflegung zu jeder Tages- und Nachtzeit, Karte Fehlanzeige, Sonderwünsche erwünscht. Alles nur, damit keiner von uns Vollpfosten merkt, dass wir eigentlich rund um die Uhr im Dienst sind, sagt Pancic. Das einzige was fehlt ist ein anständiger Club Chérie. Schade. Besonderheit: auf Wunsch des Trainers im Eingangsbereich und im Ruheraum jeweils ein dicker, fetter Buddha. Die freundlichen Möpse aus Marmor oder so sollen Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen und uns inspirieren. Funktioniert prima, einige im Team bewegen sich tatsächlich wie diese beiden Marmoronkels, leider auch im Match. Angebot und Nachfrage Schlechte Karten für Kuhnke. Wenn ich nach Sevilla verdufte, kann Mertesacker seine Saisonplanung vermutlich voll in die Tonne klopfen. Brauchbarer Ersatz dürfte bis zum Ligastart und zu vertretbaren Konditionen kaum zu beschaffen sein. Der Alte faselt drei Tage lang von Erpressung und Ausbeutung und davon, dass man Reisende nicht aufhalten soll, dann liegt das Friedensangebot auf dem Tisch. Weniger als in Sevilla, aber deutlich mehr als vorher. Die spanischen Russen sind stinksauer über die Absage und bessern nicht nach. Egal, Etappenziel voll erreicht, sagt Elgard, trotzdem sollten wir uns allmählich Gedanken über eine Luftveränderung machen. September Saisonstart in Hamburg. Ordentlich Sand im Getriebe. Islop packt kurz nach Anpfiff voll ins Klo und die Truppe schwimmt. Meine Pässe landen in Timbuktu, Ali dribbelt sich die Schuhe eckig, Pancic hat seinen Kompass vergessen, Jungnikel verschwindet mit ´rot´ in den Katakomben und Akele ballert sich selbst den Ball vor die Birne. Klassischer Knock Out. Die Fischköppe johlen vor Vergnügen. O´Leary ist der Einzige ohne Nerven. Wuselt wie Harry, fordert jeden Ball und haut in der 40. Minute zwei (!) Dinger in die Maschen. Führung zur Halbzeit, völlig unverdient, die Fischköppe schnappen nach Luft. Acker wechselt zweimal aus, aber ohne jede Wirkung. Hamburg macht Druck, O´Leary legt noch einmal nach. Ende vom Lied: 3:0 für die Schlechteren. Akele packt sich den Zwerg und trägt ihn zehn Minuten lang um´s Viereck. Der Anhang tobt. Irland wird morgen eingemeindet. Buddha Tourismus Das gesamte ´Recreation Centre´ wird über Nacht ausgeräumt, alles futsch, was nicht niet- und nagelfest war, Monitore, Möbel, Sportgeräte, die komplette Küche, inklusive Buddhas. Keine Spuren von Gewaltanwendung. Das Überwachungssystem war entweder defekt oder gezielt deaktiviert. Wahrscheinlich Profiarbeit, erklärt die Polizei, eventuell mit Unterstützung von Insidern. Außerdem Teamwork. Bei der Menge und Schwere der abgestaubten Sachen muss davon ausgegangen werden, dass jede Menge Räumpersonal am Werk war. Alleine die beiden 50 Buddhas wiegen zusammen knapp 300 Kilo. Über die Höhe des Schadens gibt es keine offiziellen Angaben, gemunkelt wird von glatten sechs Millionen. WM Quali Klopp und der Rest der Nation ist zufrieden. Wieder mal Schwein gehabt bei der Auslosung. In unserer Gruppe sind Giganten wie Malta, Montenegro und Moldawien. Dazu kommen Bulgarien, Finnland und Spanien. Der Erste kommt direkt zur WM, der Zweite muss in den Hoffnungslauf. Sollte zu packen sein, denke ich, zumindest der zweite Platz. Die Zentralorgane sind natürlich schon einen Schritt weiter. Als amtierender Europameister dürfte uns der WM-Titel kaum noch zu nehmen sein, besonders nicht nach so einer Lotterie. Völlig verstrahlte Bande. Rückvergütung Mit Elgard gesprochen, werde Mama und Papa ein Häuschen spendieren. Finanziell kein Problem, wir müssen allerdings aufpassen, dass Papa nicht abdreht, sagt Mama. Je fetter meine Schlagzeilen werden, desto mehr flippt mein Erzeuger aus. Rennt im ganzen Ort rum und verklickert jedem, welchen Helden er in die Welt gesetzt hat, selbst seiner Kundschaft am Schalter. Wenn der Trieb noch stärker wird, sagt Mama, kommen bald die Jungs mit dem weißen Jäckchen oder sie lässt sich scheiden. Wenn überhaupt, dann bitte nur eine ganz kleine Hütte. Habe die Sache an einen Makler abgegeben. Schicksal Neuer Werbespot. Ich stehe vor meinem neuen Premium Sport Coupé und kriege die Chromschleuder nicht gestartet. Eine flotte junge Dame kommt mit ihrem Rädchen vorbei, hält an und zeigt mir wie kinderleicht die neue Elektronik funktioniert. Schnitt. Das Fahrrad steckt halb im Kofferraum, die flotte junge Dame und ich fahren aus dem Bild, sie am Steuer, ich bewundernd daneben. Schwachsinn das Ganze, aber die junge Dame ist magnetisch, irgendwie witzig und heißt Victoria. Deutsch-Amerikanerin. Das könnte was werden, Volltreffer. Eingesammelt Ein Buddha ist aufgetaucht, irgendwo in Norddeutschland. Wurde einem Sammler angeboten, der zuerst auf den Deal einging, dann aber kalte Füße bekam und die Bullerei informierte. Der Lieferant wird bei der Übergabe einkassiert, eingelocht und abgefragt. Bisher ohne Erfolg. Trotzdem schlechte Karten, denn der Dicke stammt definitiv aus unserer Hütte. Frage Elgard, wie viel Jahre Knast auf Buddhamopsen stehen. Drei Jahre Cheeseburger bei McDoof, erklärt der alte Schwede, und zwar vier Mal täglich. Vicky Unentschieden zu Hause gegen Mainz. Unterirdische Vorstellung. Nur unser Irrer trifft ein Mal. Einziger echter Lichtblick am Wochenende ist Vicky. Treffen uns nach dem Gekrampfe in unserer Mannschaftsdisco. Pancic hat sofort Interesse, Vicky aber nicht. Stammt aus Kalifornien, ihre Mutter ist Deutsche, Daddy Amerikaner. Die Kleine lebt seit acht Monaten in Hamburg, um ein paar Filme zu machen, Werbung, aber auch richtige, zum Beispiel ´Tatort´. Von mir weiß sie nur, dass ich Fußball spiele. War ihr erstes Match heute Nachmittag und kann den ganzen Hype nicht verstehen. Nur unsere Parkuhr fand sie total witzig. Erscheine am nächsten Morgen lecker verspätet im Training. Macht 500 Euro Strafe. Hätte auch das Dreifache bezahlt. Plaudertasche Der Buddhaspezialist hat doch ausgepackt. War eine organisierte Angelegenheit mit zwei Möbelwagen und sechs handwerklich geschulten Leuten aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen. Dürfte schwierig sein, die Herrschaften zu fassen, alle in den Tiefen des Raumes verschwunden. Der Drahtzieher kommt allerdings von innen, ein Clubangestellter mit Nachschlüsseln und detaillierten Kenntnissen, Name: Reufels. Kaum zu glauben, haut mich total vom Hocker. Ausgerechnet Reufels. War doch einer der wenigen Normalen im Club, komplett in Ordnung und für jeden Quatsch zu haben. Wenn ich irgendwem meine Mastercard anvertraut hätte, dann Reufels. 51 Oktober Haus gefunden, alleinstehend, knapp 100 m², Terrasse, Fußbodenheizung, Doppelgarage, kleiner Garten mit alten Bäumen, uneinsehbar wegen fetter Hecke. Nicht ganz billig, aber Mama und Papa sind happy, endlich raus aus der alten Etage. Dazu gibt´s für Mama eigene vier Reifen, damit sie zügig zur Arbeit kommt. Papa macht große Pläne zwecks Renovierung, dabei ist die Hütte total in Schuss. Mama versucht zu bremsen, denn der Umbau geht auf eigene Kappe. Was die beiden von jetzt an machen, ist ihr Bier. Ich denke, Mamas Einsicht und seine eigene Bequemlichkeit werden den großen Meister locker ausbremsen. Abrechnung Reufels sitzt und packt aus, aber nicht nur bei der Bullerei. Verkauft seine Geschichte an den ´Star´ und wird der fette Aufmacher. Haut lecker um sich, der alte Knabe. – Hat als Insider den Bruch organisiert, aber nicht nur wegen der Knete, sondern mehr aus Überzeugung. Konnte es nicht mehr ertragen, wie abgedrehte, total überbezahlte Torfnasen alles reingeblasen bekommen, während drum herum das normale Volk für Peanuts ackern darf. Auch er. Über 20 Jahre Clubangestellter mit Minigehalt und 21 Tagen Urlaub. Ständig Überstunden, fast jedes Wochenende im Eimer, Maloche ohne Ende und trotzdem nichts Vernünftiges im Kühlschrank. Urlaub auf Balkonien, Klapperkisten aus dritter Hand und für Extrawünsche null Spielraum. Abendessen und 15 rote Rosen zur Silbernen Hochzeit, mehr war nicht drin. Und den Herren Profis wird der Arsch nachgetragen. Plüschsofa hier, 1000 PS da, 5-Sterne Leckerchen und alles auf lau. Ganz schön heftiger Kommentar. Und der Knabe hat mir Autofahren beigebracht. Vicky Kommt und bleibt eine Woche, probehalber. Endlich mal Leben in der Hütte. Immer nur Elgard, irgendwelche Pressefutzis oder Pancic sind nicht wirklich die Bringer. Absolut pfiffig die Kleine, kein Vergleich mit den üblichen hirnlosen Hühnern. Daddy ist irgendein höheres Tier bei der UNO in New York, Mutter lebt die meiste Zeit in Kalifornien. Skypen jeden Tag miteinander und ich darf mich gleich vorstellen, zum Glück auf Deutsch. O´Leary Unsere Dampfnudel knallt komplett durch. Halb so hoch wie´n Kanaldeckel aber frech wie Stacheldraht. Wird in Berlin dreimal hintereinander krass von den Beinen geholt und läuft danach Amok, obwohl sein Gegenspieler zwei Köpfe größer ist. Ende vom Lied: sechs Wochen Sperre, 30.000 Euro ans Rote Kreuz und zwei Zähne weg, aber nicht bei O´Leary. Ziemlich unausgeglichen der Knabe. Außerhalb der Manege ´n Tasse Baldrian, innerhalb blankes Dynamit. Kuhnke für seinen Teil zieht sofort die Notbremse, schnappt sich den Giftzwerg und liefert ihn beim Psychiater ab, bevor der Knilch noch irgendwen umbringt. Umzug Vicky bricht in Hamburg ihre Zelte ab und kommt rüber. Ihr Gepäck besteht aus drei Koffern, ungefähr 200 Papier- und Plastiktüten und einem satten Kuschelkrokodil. Das, was an Filmaufnahmen anfällt, kann man auch von meiner Hütte aus erledigen. Ist durch den Wechsel allerdings nicht mehr nah genug am Ball, sagt Vicky, könnte sie die ein oder andere Rolle kosten. Als Entschädigung gibt´s mich und ein neues Cabrio, ihre Rostlaube ist Futter für die Schrottpresse. Neben ihrem Rollenstudium bringt die Dame ´aktuelles Niveau´ in meine Junggesellenbude. Vier angesagte Innenausstatter und Maler sind eine Woche lang rund um die Uhr mit Dekorationskram beschäftigt, exakt nach Vickys Vorgaben. Bewohnen währenddessen eine fette Hotelsuite. Das Ergebnis ist gewöhungsbedürftig, krasse Farbwechsel von Raum zu Raum, durchgehend schwarze Fußböden und zwei komplett verspiegelte Wände im Bad und Schlafzimmer. Elgard weigert sich kategorisch, unsere Gruft zu betreten. Pancic findet die Hütte rattenscharf und verpflichtet unser Deko-Quartett auch für seinen Tempel. 52 November Murksen uns langsam aber stetig nach oben, auch ohne O´Leary. Die Parkuhr hängt im Training voll durch, trabt rum wie ein Treibanker und gibt keinen Ton von sich. Alles die reine Energieverschwendung solange kein Spiel anliegt, antwortet unsere irische Sprengkapsel auf Nachfrage. Bin gespannt, ob der Psycho-Onkel den Wahnsinnigen umpolen kann. Trotzdem läuft´s einigermaßen. Akele stolpert sein erstes Saisontor zusammen (mit der Milz), Pancic staubt regelmäßig ab, Islop greift sechs Spiele hintereinander nicht ins Klo und ich bin dabei ein brauchbarer Zehner zu werden, sagt Elgard und klopft sich selbst auf die Schulter. Unser Glück, dass wir nicht in Sevilla angeheuert haben, um die Reservebank zu verstärken. Wenn die Saison so weiterläuft, bieten sich bessere und lukrativere Alternativen. No Justice O´Learys Berufungsverfahren geht voll in die Hose, statt sechs darf der Irre acht Spiele absitzen, der Hinweis auf die laufende psychologische Behandlung hat keine Sau interessiert. Die Henker vom Sportgericht halten den Schrumpfkrieger für absolut unsportlich und gemeingefährlich. Kuhnke springt im Dreieck und unser Rechtsverdreher gibt den Deppen vom Dienst, klassisches Eigentor. Nur O´Leary verzieht keine Mine. Zuckt mit den Schultern und betrachtet interessiert die Spinnweben an seinen Fußballschuhen. Pokal Gewinnen locker und z. T. spektakulär. Delmenhorst 8:0, Wuppertal 6:1, Saarbrücken 5:0, obwohl keiner von uns Vollgas gibt. Wir sind kickende Notstromaggregate. Nur noch englische Wochen. Training ist reine Beschäftigungstherapie, taktisches Palaver und aktive Reha. Jede Menge Teilzeit-Invaliden. Betong eiert mit dicken Sprunggelenken über die Wiese, Islop hat im Saarland Alu geküsst, Pintos Rückennerven glühen, Ekengas Leiste zwiebelt und Gringic, unser zweiter Abräumer, liegt mit abgebrochenen Rippen in Watte. Husten oder Lachen zerreißen den Knaben. Mein linkes Knie sticht und der rechte Trapezius blockiert. Nichts gravierendes, aber unangenehm. Prof. Schneider verordnet Wärme, Unterwasserjogging und Spritzen, bevor es ernst wird, rein präventiv, wie der große Medizinmann immer sagt. Gen Technik Die echten ´Sensationen´ finden zurzeit nicht im Fußball statt, sondern in Belgien. Auf einem Mastbetrieb in der Nähe von Brügge sind total abartige Ferkel zur Welt gekommen, vier Ohren, drei Augen, zwei Schwänze und so weiter, absolut krass. Durch genmanipulierten Futtermais mutierte Tiere, sagen einige Wissenschaftler. Völliger Quatsch, meinen die Konkurrenzexperten, eine normale Laune der Natur, Mutationen hat´s immer gegeben, kein Grund zur Panik, alles im grünen Bereich. Nur keine Hysterie. Leider kommen nach und nach immer mehr ´Mutationen´ aus der Versenkung. England hat drei Kälbchen mit zwei Köpfen (sieht pervers aus) und auf einer Fischfarm in Norwegen dümpeln extra breite und lange Lachse mit der doppelten Anzahl von Kiemen vor sich hin. Gesundheitlich alles unbedenklich, sagt der Züchter und verspachtelt das schräge Schuppenvieh gebraten und roh vor laufenden Kameras. Mahlzeit. Dienst nach Vorschrift Fußball ist weniger spektakulär. Bukarest, Trondheim, Trabsonspor, nicht gerade die Traumlose im Looser Cup. Bis auf Bukarest insgesamt knappe Angelegenheiten, aber wir mogeln uns durch. Spiele für die Statistik, nix für die Titelseiten. Einzige Erkenntnis: wir können uns punktgenau auf unsere Aufgaben konzentrieren und den gerade notwenigen Gang zielgenau einlegen. War auch schon mal anders. Haben trotz Dauerstress einigermaßen Ruhe und Zeit, um durchzuatmen. Wird sich mit der ersten Pleite schlagartig ändern. Stimmung Fußball bzw. Sport geht momentan allen am Arsch vorbei. Die Welt teilt sich in zwei Lager, für und gegen Gen-Technik. Die Ökos sprechen vom Ende der natürlichen Welt, Industrie und einige Gelehrte reden von der größten Chance aller Zeiten überhaupt. Hunger ist in absehbarer Zeit 53 Schnee von gestern und das ewige Leben ist keine Utopie mehr. Wunderbar, sagt Elgard, aber wohin mit dem ganzen Leben? Wer bringt die vollgemampften, unsterblichen Horden unter? Wie beschäftigen und wie finanzieren? Brüssel reagiert zackig. Man verspricht die Schaffung einer Behörde zur zentralen Überwachung von Gen-Technik und Gen-Produkten. Verstöße gegen bestehende Vorschriften sollen in Zukunft mit anständig Knast bestraft werden. In Südengland, stellt sich nebenbei heraus, hat man inzwischen Mastrinder gezüchtet, die fast eine Tonne wiegen. Sehen aus wie aufgepumpt oder wie verkleinerte Dinos. Etliche hundert von den Monstern sollen sich bereits in Wurst und Schnitzel verwandelt haben. Ohne Reklamationen. Super. Im Prinzip feine Sache, diese Genforschung, sagt Elgard. Aber was passiert, wenn das erste menschliche Baby mit vier Armen und zwei Nasen auftaucht oder mit Kiemen? Auch ´ne Laune der Natur? Dezember Überwintern auf Platz drei, mit Kontakt zu Berlin und München. Bin total platt, Akku alle. Bänder, Sehnen, Muskeln und Gelenke jubeln, trotz intensiver Betreuung. Zu viele Schritte, zu viele Tritte. Meisterschaft, Pokal, Döner-Cup und WM Quali und jeder Kick ein Endspiel, alles mit Konzentration und Vollgas. Elgard hatte für mich einen Fünf-Sterne-Reha-Schuppen in Kärnten ausgeguckt (auf Vereinskosten!), zwecks großer Inspektion. Hat die Rechnung ohne Vicky gemacht. Die Lady will nach Kalifornien. Hat seit mehr als einem Jahr Mom und Dad nicht mehr erlebt, außer über Screen. Keine Chance für Elgard und sein Rehateil in Pusemuckel. Verschwindet samt Gattin, ohne uns ´Frohe Weihnachten´ zu wünschen. ´Hier scheint Tag und Nacht die Sonne´ Schwachsinniger Werbeslogan, aber irgendwie zutreffend. Knatschheiß, ohne Klimaanlage geht nix. Ansonsten kein schlechtes Plätzchen, wenn man sich im klimatisierten Schatten aufhält. Vickys Mutter bewohnt einen flotten Bungalow in Santa Barbara. Nicht der absolute HighSociety Distrikt, aber trotzdem erste Sahne, Panorama-Balkon mit Blick rüber nach Japan, dazu Palmen und Pool. Zwei Meilen weiter beginnt die 3.Welt, Wohncontainer, Autowracks und mittendrin total krasse Typen, von unterernährt bis XXXL. Vicky kann sich über Dreck und Leute ziemlich aufregen. Kein Funken Anstand und Stolz im Leib. Antriebsloses Pack, drogenabhängig und kriminell und meistens irgendwelches illegales Gesocks aus Mexiko oder Bimbos. Zweibeinige Vorstrafenregister. Müssten entweder sofort abgeschoben werden oder alle in irgendwelchen Boot-Camps verschwinden, ohne Aussicht auf Wiederkehr. Aber keine Regierung greift durch und die lieben Cops bleiben fein auf Distanz. Weicheier. Greifen lieber betuchtes Volk wegen ´Speeding´. Da klingeln die Kassen und man bleibt gesund. Vicky flitzt die meiste Zeit durch die Gegend und besucht alte Freunde, mal mit, mal ohne Mummy. Ich liege im Schatten am Pool, dampfe vor mich hin und schone die Knochen. Unten im Yachthafen hat Mummy ein mittelfeines Motorboot, mit dem wir die Küste entlang schrubben. Daddy kann nicht kommen, auch nicht Weihnachten, hängt in Sierra Leone fest. Für Vicky und Mom nichts Neues. Daddy leitet irgendeine Stelle für wirtschaftliche Zusammenarbeit und rettet im Auftrag der UN die Welt. Muss einigermaßen wichtig sein, denn die ganze Hütte ist voll mit handsignierten Photos, Daddy und sämtliche Staatspräsidenten der Welt. Auch unser Präses ist vertreten. Mutter macht auf grüne Witwe, Ende vierzig, gut erhalten, braungebrannt, leicht überdonnert, leicht überdreht und wahrscheinlich scharf wie ´ne Rasierklinge. Möchte nicht wissen, was hier so alles abgeht. Verglichen mit Vicky-Mama ist meine Mutter eine beige Teppichfliese. Januar Der alte Schwede und Vicky werden kein Team. ´Cleveres Luder´ ist noch seine freundlichste Umschreibung für meine bessere Hälfte. Kriegt Sprechrolle in einer Margarinewerbung. Wird leider nie gesendet der Spot, weil die Company vorher abschmiert. Zusammen verbrät uns dafür die Klatschpresse im Dutzend als moderne Musterpartnerschaft: er als Fußballhero, sie als erfolgreiches Modell und angehender Leinwandstar. Haben ständig irgendwelche Film– und Fototeams in der Hütte und geben beknackte Interviews. Alles, was nicht reinkommt, hängt in 54 den Bäumen rund um unsere Gemarkung und wartet Tag und Nacht darauf, dass einer von uns beiden seine Nasenspitze zeigt. Völlig Banane. Einmal täglich erscheint die Polizei und holt die Kanaken aus dem Geäst, unter Protest. Anmerkung am Rande: das neue Jahr beginnt auch für andere schlecht. Reufels kassiert für Buddhamopsen glatte drei Jahre am Stück und ohne Bewährung. Dumm gelaufen. War eigentlich ein prima Typ. Februar Die Murmel rollt wieder, trotz Klimaquerschläger. Arschkalt in Deutschland und überall liegt Schnee, nicht viel, aber trotzdem Chaos. Welche Gemeinde hat noch Schneeschieber? Nicht mal München. O´Leary, unser Durstprofi, schleppt satte 5 Kilo plus, hauptsächlich Guiness. Hat mit einigen Kumpels zu Hause auf der Insel für drei Wochen seine Stammkneipe gechartert und durchgesoffen, rund um die Uhr, bis zum Verlust der Muttersprache, sagt die Parkuhr. Wäre absolut üblich in seiner Ecke. Gäbe nichts anderes, entweder Fußball, saufen, oder Kinder machen. Ihm persönlich macht Saufen am meisten Spaß. Allimboha hat Mama und Papa im Handgepäck mitgebracht und drei Geschwister. Kuhnke kann jetzt zusehen, wo er die Herrschaften unterbringt. 160 m² sind zu wenig Grundfläche für einen Zulukral. Akele steckt in Thermo-Unterwäsche und gefütterten Trainingsanzügen und friert sich trotzdem noch den Arsch ab. In seiner Sprache gibt es kein Wort für ´Schnee´. Pancic, unser Himbeertoni vom Dienst, verklickert dem Sonnenkind, dass man statt ´Schnee´ auch ´Langnese´ sagen kann. Also schliddert Akele über den Trainingsacker und brüllt alle zehn Sekunden: ´Scheiße Langnese´. Mertesacker steht am Rand, schüttelt den Kopf und schreibt mit. Hat wahrscheinlich zu Weihnachten ein neues Notizbuch bekommen. WM Quali Erster Job auf Malta. Saumäßige Leistung, knüppelharter Acker, ehemalige Panzerstraße. Keine normale Ballbehandlung möglich. Das ist kein Fußballfeld, sondern ein Zufallsgenerator, sagt Elgard, bei uns ein glatter Fall für die Glücksspielverordnung. Die Murmel kullert wie ein Rugby-Ei, und jeder im Team hat Angst um seine Haxen. Das Inselpersonal kennt nichts anderes und steigt voll ein, trittsicher wie Gämsen. Mime statt Spielmacher den zweiten Abfangjäger vor der Abwehr, ohne nennenswerten Erfolg, Bälle und Gegner hüpfen munter an mir vorbei. Bin reif für den Optiker. Trete ohne Absicht ein Inselkind halb bewusstlos, kassiere ´tiefgelb´ und werde nach 60 Minuten präventiv ausgewechselt, zusammen mit Rahmani. Haben beide einen gebrauchten Tag erwischt. 0:0 bis zur 85. Minute, dann schießen sich die Kreuzritter-Enkel selbst ab. Die Murmel verspringt im Fünfer, klatscht der Nummer 4 an den Unterkiefer und von da in die Maschen. Ausgleichende Gerechtigkeit. In der Kabine trotzdem dicke Luft. Für Klopp sind einige von uns verdammt schlaffe Flusen, die Flusen nörgeln an seiner Taktik, besonders Rahmani. Dreht wegen seiner Auswechselung total hohl. Geht mir am Arsch vorbei, drei Punkte mitgenommen und fertig. Auf diesem Truppenübungsplatz werden noch andere Federn lassen. Und überhaupt, Hauptsache die Knochen sind noch okay. Interview Rahmani Rahmani, der alte Stinkstiefel, lässt zu Hause in Moskau ordentlich Dampf ab. Falsche Taktik, falsche Spieler, Klopp ist nicht mehr nah genug am Ball. Glatte Majestätsbeleidigung. Der alte Knipser hält sich mit Abstand für den wichtigsten Mann im Team, hat schließlich in 68 Spielen 36 Mal zugeschlagen, häufiger als jeder andere im Kader. Ihn aus der Partie zu nehmen war ein totaler Aussetzer. Mit solchen taktischen Eigentoren und Rückwärtsfußball können wir uns die WM in die Haare schmieren. Wenn Klopp weiter mit ihm planen will, dann nur in Verbindung mit einer Stammplatzgarantie. Ende und Gong. Ziemlich dicke Lippe für reichlich dünne Leistung. Antrittsbesuch Vicky will unbedingt Mama und Papa kennen lernen. War auf Dauer nicht zu verhindern. Insgesamt die absolute Peinlichkeit. Hocken in Papas selbst gezimmerter Kellerbar, Modell 55 ´Baumarkt-Barock´, Mama kommt mit Kartoffelsalat, kalten Schnitzeln und Ketchup, Papa schleppt ´deutsches´ Bier an (´Amerika ist groß, aber unser Bier ist besser´) und erklärt stundenlang, was für ein toller Hecht sein Sohn ist. Als absolute Krönung erscheinen drei von seinen Spritvernichtern, die sich sofort an Vicky ranschmeißen, ´weil Puppen wie die laufen in unserem Kaff nicht rum´. Unglaublich, was Gehirne in Verbindung mit Bier und Doppelwacholder produzieren. Vicky-Baby sitzt mittendrin und strahlt, als würden gerade die Oscars verteilt. Großartige schauspielerische Leistung. Papa ist total begeistert und tankt zusammen mit den drei Klappstühlen vor lauter Entzücken noch eine Flasche Doppelfusel ab, nach ihrem Schützenfestmotto: Gott danken und Sprit tanken. Abgang Die Wogen des Frohsinns schlagen Purzelbaum. Rahmanis Interview für ein östliches Aufklärungsmagazin wird bei uns ganz hoch aufgehängt. Alle geben der Ratte Zunder. Die DFBSpitze reagiert nach 48 Stunden, deutlich und furztrocken. ´Der Spieler Rahmani wird wegen seiner unqualifizierten Angriffe auf die Mannschaftsführung, insbesondere den Cheftrainer, mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres aus dem Kader der Nationalelf gestrichen´. Aus die Maus. Für die meisten kein Verlust, weder menschlich noch spielerisch. War ein aufgeblasener Fatzke und Alleinunterhalter, kein Team-Player. Obendrauf verhängt die Chefetage mit sofortiger Wirkung und für die Zeit der gesamten Quali ein Verbot von Einzelinterviews. Wenn Audienzen gewünscht werden, dann nur unter Aufsicht von Fachleuten und mit handverlesenen Reportern. Soll kein Maulkorb für uns sein, erklärt Özil, der DFB Pressemann, sondern mehr Selbstschutz, siehe Rahmani. Wer weiß, welchen Blödsinn uns die clevere Pressemeute im Verlauf von schlappen fünf Minuten aus den Rippen leiert, sagte Özil. Und anschließend müssen die Führungsriege und er tagelang palavern, um die Kuh wieder vom Eis zu kriegen. Dann besser mit Gouvernante. Ein Fall Rahmani reicht. Hinterher sind keine Nationalspieler mehr übrig. März Malta rück. Hauen den Kartoffelkriegern ordentlich die Hütte voll, auch ohne Rahmani, oder vielleicht gerade deswegen. Bis zur Halbzeit gibt´s vier Volltreffer, dann noch mal fünf. Wagenblast, Rahmanis Erbe, schlägt bei seiner Premiere dreimal zu. Echter Schnellspanner. Hätte der große Meister auch nicht besser gemacht, wenn überhaupt. Kapitel beendet. Führen nach zwei Spielen unsere Quali-Gruppe deutlich an. Return of the Monster Unser Knallfrosch darf wieder ran. Zum ersten Mal sehe ich den laufenden Meter vor Spielbeginn grinsen. Passt mit leichter Hilfe wieder in sein Trikot, hat drei Tage keinen Tropfen angerührt (sagt er) und fühlt sich topfit. Stimmt. Nach zehn Minuten durchschlagen Ball und O´Leary das gegnerische Tornetz. Flugeinlage an zwei Mann vorbei und dem Keeper durch die Fäuste. Hätte meine Birne nie im Leben da reingehalten. Müssten für den Irren eigentlich einen Waffenschein beantragen. Ende vom Lied: Volkswagen eins wir drei. Graben uns in den oberen Tabellenregionen ein. No Go Area Bannmeile um unsere Hütte herum. Wer in der Nähe des Grundstücks mit Film- oder Fotoequipment erwischt wird ist fällig, Polizei, Anzeige und satte Geldstrafe. Schreckt trotzdem nicht alle ab. Lassen die Grundstücksmauer erhöhen, Sichtschutzfenster im Haus einbauen und über dem Pool ein fettes Dach installieren. Nervt total. Nur mal so zusammen durch die City ist der totale Wahnsinn. Und wenn Vicky alleine losdackelt, tobt mindestens ein Body Guard an ihrer Seite, der die Grabscher wegbeißt. Zweimal steigt der gleiche Spinner über unseren ´Westwall´, dann kassiert ihn die Bullerei, leider nur kurzfristig. Irgendwann lege ich Strom in die Steine. 56 April Montenegro. Der Geheimfavorit entpuppt sich als Chaotenhaufen. Alles meckert, alles brüllt, aber keiner bewegt freiwillig seinen Hintern. Und fällt irgendeinem der Akrobaten die Murmel nicht 100 Prozent genau auf den dicken Onkel, geht das Geschwafel gleich wieder los. Reine Talk-Show, mehr nicht. Gut für uns. Außerdem hat Wolter seine Zauberpuschen an, schnibbelt zwei Dinger in die Maschen und Wagenblast macht das 3:0. Der Geheimfavorit wird ein ´Gehheim-Favorit´. Pläne Hochzeit nach Saisonende, Termin steht noch nicht genau fest, alles andere schon. Bleibt vorerst streng vertraulich. Mama und Papa würden mit Sicherheit nicht dicht halten, Elgard würde der Schlag treffen und die berichtenden Zünfte würden garantiert den Nachbrenner zünden, Stories, Bilder und Belagerung rund um die Uhr. Vicky übernimmt die gesamte Organisation, ich tanze bis zur eigenen noch auf vier anderen Hochzeiten. Monte rück Arbeitssieg. Die Balkanesen liegen bis kurz vor Schluss 1:0 vorne, dann vermasseln Wagenblast und ich die Show. Fliege zum Tor des Monats. Flanke von links, knapp über die Grasnarbe. Schwebe vorwärts und wische die Murmel per Kopf nach hinten, quer durch den Strafraum hoch ab in´s lange Eck, passgenau in den Knick. Musste mir anschließend eine Hand voll Rasen aus der Nase pulen. Trotzdem, sehenswert. Moldawien hin Schlachtplatte à la maison, sagt Elgard. Mittlerer Blutrausch. Nach neun Minuten ist Wolter parat für die Notarztkutsche, nach 16 Minuten kann der erste Schwarzmeerbüffel baden gehen, die restlichen Plattmacher fangen sich fünfmal ´gelb´ bis zur Halbzeit. Reines Survival Training für uns. Der Risikofaktor sinkt mit Beginn der zweiten Hälfte. Doppelpack in vier Minuten und die Sache ist erledigt. 30 Minuten gebremster Schaum, dann brutales Frustfoul an Wagenblast. Der Oberbüffel bricht dem Jungen mit einem einzigen Hieb das rechte Schien- und Wadenbein. Anschließend plärrt der Knochenbrecher fünf Minuten lang: ´I don´t touch him, I don´t touch him´. Der Mob auf den Rängen klatscht Beifall, während die Sanis Wagenblast und seine Gebeine einsammeln. Die halbe Reservebank muss Klopp massiv davon abhalten, dem verstrahlten Knochenbrecher die Figur zu demolieren. Sieht verdächtig nach Karriereende aus, berichtet der Presseclub, obwohl man den Jungen zwecks Operation sofort in die Staaten fliegt. Splitterbruch mit allem Mist, den man sich medizinisch vorstellen kann. Tragisch für den Jungen und uns gehen die Knipser aus. Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, Rahmani zu beleben. Dann lieber ohne Spitze. Moldawien rück Die Schwarzmeerbüffel werden am Flughafen mit Eiern, Tomaten und Pflastersteinen empfangen. Drei Hundertschaften Bundespolizei sichern Hotel und Trainingsgelände. Wagenblast ist knapp an einer Amputation vorbeigeschrammt und entsprechend kocht die Volkseele. In der Nacht vor dem Match bauen sich Tausenden von ´Fans´ mit diversen ´Instrumenten´ vor dem Mannschaftshotel auf und halten die Trampeltiere wach, bis die Bundespolizei mit Wasserwerfern und Tränengas antrabt. Wird dadurch auch nicht viel leiser. Im Stadion geht der Tanz weiter. Pfeifkonzerte bei jeder Aktion der Knochenbrecher. Macht die Herrschaften auf Dauer mürbe und aggressiv. Werde nach 30 Minuten von hinten kalt weggegrätscht. Nichts gravierendes, gelbe Karte, aber der Typ knallt komplett durch, föhnt den Schiri zu und fliegt. Bis zur Halbzeit steht die Partie mehrfach kurz vor dem Abbruch. Nach dem Pausentee wird dann Fußball gespielt, vor allem von den Stieren. Fangen uns trotz Überzahl nach 60 Minuten einen trockenen Konter, 0:1. Geben Vollgas bis zum Ende, um nicht als Kompletttrottel dazustehen. Erwische kurz vorm Abwinken die Murmel am Fünfer, Vollspann an die Latte, der Abpraller schlägt dem Keeper ins Kreuz, Unentschieden. 57 Die Dampfmaschinen verabschieden sich grußlos, verzichten auf unsere Trikots, wir werden von der eigenen Presse geplättet, ´Weicheier & Warmduscher´ und ähnliches. Wenn wir das nächste Mal gegen diese durchgeknallten Bulldozer kicken, bin ich krank und zwar vorher. Garantiert! Mai Unser Lilliput-Rasenmäher aus Irland ist der neue Local Hero. Absoluter Heizkeks. In der Berichterstattung läuft der Stoppelhopser als ´Baby-Turbo´. Kommt ungefähr hin. - Gibt sein Gehirn beim Platzwart ab und fetzt los. Spielt am liebsten bei Regenwetter und gegen Typen, denen er mit ausgestreckten Armen nicht mal an die Gurgel kommt. Zum Glück. Einziges Problem: fehlende Übersicht. Rennt notfalls kerzengerade vor einen Flugzeugträger. Naturblond, sagt Elgard, und daran wird sich vermutlich auch nichts mehr ändern. Tönungsmittel wirken nur äußerlich. Trotzdem, wir sind froh, dass wir die rasende Parkuhr haben. Dribbelt an guten Tagen schneller als sein eigener Schatten. Türkenkriege Döner Cup im wahrsten Sinne des Wortes. Schlaffes 1:1 gegen elf ausgeschlafene Herren vom Bosporus. Knallharte Deckung und flotter Kombinationsfußball bei denen, Baldriangeschiebe bei uns. Nicht mal O´Leary kriegt seinen Turbo gezündet, Pancic und Ekenga haben Treibanker geworfen, und auf meinen Füßen steht ein albanischer Schwerverbrecher, wahrscheinlich der uneheliche Sohn des Schiris, sonst hätte der Knabe mindestens dreimal ´rot´ gesehen. Erlebe das gesamte Match eigentlich nur aus der Froschperspektive. Nach 60 Minuten hat Mertesacker Erbarmen und bringt mich in Sicherheit. Prompt wechseln die Türken ihren Schwerverbrecher aus und kommen mit einem Fußballer, der uns sofort den Ausgleich in die Maschen haut. Bekanntgabe Verkünden intern unseren Plan, in den Hafen der Ehe einzulaufen. Mama und Papa ticken aus, Elgard und Frau winken dezent ab, Pancic grinst und Kuhnke ist einverstanden, wenn es mein seelisches Gleichgewicht erhält und meine Leistungen fördert. Ich glaube, Kuhnke würde Mutter, Frau und Tochter verscherbeln, wenn er dafür drei Punkte abstauben könnte. Die Festivität soll direkt nach Saisonende starten, im kleinen Kreis, ohne Öffentlichkeit und Presseblase. Sollte doch möglich sein, wenigstens seine Hochzeit in aller Stille, ohne Gaffer, Paparazzi und andere Idioten zu feiern. Mama und Papa wollen mit vorbereiten. Mama macht die Schnittchen und Papa besorgt den Stoff. Ne, Danke! Türkenkriege, 2. Teil Istanbul – fast alles wieder im Lot. Komplett neu aufgebaut nach den beiden Erdbeben von 2024 und 2025. Hat ganze Stadtteile geplättet und knapp 53.000 Einwohner, trotz Vorwarnung und Evakuierung. Die neuen Häuser sollen erdbebensicher sein, wie in Japan. Hätte man eher so konstruieren sollen, denn die Katastrophe war absolut vorhersehbar. Absolut schräges Match. Das große Schlachtfest fällt aus, der selbsternannte Favorit stirbt an Überheblichkeit. Wir, die krassen Außenseiter, kontern wie im Bilderbuch. Drei Dinger zwischen der 34. und 42. Minute. Regenguss am Bosporus. Einmal O´Leary, einmal Ekenga und einmal ich. Der Holzhacker aus Albanien hat die Handbremse drin und fliegt trotzdem kurz nach der Pause vom Platz, weil er Pancic mit angewinkelten Knien in die Bandscheiben springt. Tat schon beim Zusehen weh. Richtig zur Sache geht´s nach Dienstschluss. Christenverfolgung oder so. Der Mob hat Hackebeile in den Pupillen und feuert alles, was sich feuern lässt: - Teile der Absperrgitter, Steine, Regenschirme, Schuhe. Dazu jede Menge Handys und Kameras, alles Attrappen aus solidem Material, die extra für derartige Zwecke gebaut und vertrieben werden. Der SchiriAssistent direkt neben mir kriegt eine Eisenstange an den Schädel und kippt aus den Latschen, Islop hat die halbe Reservebank am Hals. Flüchte quer über das Schlachtfeld in die Katakomben. Endlich in Sicherheit - denkste! Treffe auf zwei einheimische Ordner, aber statt Ordnung gibt´s Prügel mit knallharten Schlagstöcken. Räume die beiden auf einen Rutsch ab und verschwinde in der Kabine. Nach und nach tröpfeln die anderen ein. Sieht aus wie 14/18, absolut unglaublich. 58 Jeden hat´s irgendwie erwischt. Mertesacker ist halb nackt, Islop blutet am Schädel wie Sau, Betong fehlt ein halbes Ohr und Pancic hat Bekanntschaft mit einem Tigerrudel gemacht, Kratzspuren am ganzen Körper und am Oberarm eine original Bisswunde. Genial. Der Einzige, der noch grinsen kann ist O´Leary. Ein Zahn ist futsch, aber zwei oder drei Türken fehlt noch einiges mehr, sagt er, und geht duschen. Crash Vicky baut Mist. Rauscht mit ihrem nagelneuen Porsche über eine ultraviolette Kreuzung und räumt zweimal voll ab. Drei Leichtverletzte, dreimal Totalschaden. Die Dame kann sich anschließend an nichts mehr erinnern, dafür etliche Zeugen umso besser. Obendrein hatte Vickylein keinen gültigen Führerschein, ihre amerikanische Pappe ist bei uns Altpapier. Klassisches Eigentor. Sie selbst hat keinen Kratzer abbekommen, das ´Pre-Accident System´ hat einwandfrei funktioniert, Full-Impact-Protection, Crash-Cam, aktivierter Fahrerkäfig, Airbags, automatische Vollbremsung, Gurtstraffung, Sitzkorrektur, Splitterschutz, das volle Programm. Die Karre sieht lecker aus, nur noch halb so lang und breit wie normal. Zum Glück Vollkasko ohne Selbstbeteiligung. Geschickter Weise hatte mein Schatz direkt vorher noch ein oder zwei Gläschen Sekt zu sich genommen, um ihre neue Mini-Rolle als Tatort-Leiche gebührend zu feiern. Unser Anwalt ist total begeistert und die Klatschpresse verdoppelt ihre Auflage. Vicky und ihre Trümmerkiste verzieren jede Titelseite. Beste Werbung für Porsche, absolut positiv und kostenlos. Müsste anstandshalber einen neuen Tiefflieger für lau rausrücken. Im Prinzip allerdings überflüssig, denn Vicky wird langfristig Bahnkunde, sagt der Anwalt. Nachspiel Das Verfahren dauert insgesamt 12 Stunden, ohne Videoauswertung und Beweisaufnahme. Wir haben insgesamt sechs Rechtsverdreher ins Rennen geschickt, ohne jeden Erfolg. Absolut verstrahltes Urteil. Nicht nur die Türken fliegen aus dem laufenden Wettbewerb, wir auch, dabei hat jeder Einzelne von uns nur sein Leben verteidigt. Kuhnke kocht, der Spaß kostet Millionen. Die Türken, mit dem Patent auf die ganze Schweinerei, werden zusätzlich für vier Jahre von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Mega-Geheul am Mittelmeer. Die Medien erfinden eine ´totale internationale Verschwörung´ und einen ´weltweiten Anschlag auf den türkischen Fußball, weil die Mannschaften inzwischen eine echte Gefahr für die europäische Konkurrenz sind´. Super. Erst die Massen anföhnen und dann die Schuld am ganzen Tamtam anderen in die Schuhe schieben. Klasse Leistung. Und ´internationale Verschwörungen´, sagt Elgard, machen sich immer gut. Die lassen sich leicht aufstellen, sind mit nichts zu widerlegen und gehen direkt in die dümmste Birne. Einzelstrafen gibt´s als Zuschlag: O´Leary wird für sechs internationale Spiele weggesperrt. Kann man vertreten, die Kampfratte hat drei ausgewachsene Muselmanen voll zerlegt. Mertesacker darf unsere nächsten vier internationalen Auftritte aus der VIP Lounge betrachten, weil er im Nahkampf angeblich ein Nasenbein geknickt hat. Mir brummen sie dreimal Pause auf, weil die beiden Schergen vor unserer Kabine ausgesagt haben, ich hätte sie vorsätzlich, hinterhältig und extrem brutal geplättet. Klar, ist ´n Hobby von mir - im Alleingang bewaffnete Ordner vermöbeln, am liebsten zwei gleichzeitig. Ekenga, Betong und Islop drehen sie zweimal Tribüne an. Legaler Sondermüll, sagt Elgard. Die Brandstifter kriegen kaum mehr. Für zwölf von den Durchgeknallten und das Bankpersonal gibt´s jeweils fünfmal Tribüne. Ausgesprochen witzig. Noch mehr Sondermüll Auch für Vicky keine Gnade. Alle sind fett in den Medien, die Anwälte, die Zeugen, die Kläger, jeder hat seinen Auftritt und alle dummsülzen auf Teufel komm raus. Der Staatsanwalt fordert quasi lebenslänglich inklusive Einzelhaft und das Gericht will sich natürlich nicht nachsagen lassen, es würde Promi-Rabatte verteilen. Entsprechend heftig fällt der Hammer, da helfen auch Vickys Tränen nichts. Zum Glück kann die Kleine kein ständiges, eigenes und nennenswertes Einkommen nachweisen. Macht trotzdem noch tutti completti satte 25.000 Euro Schmerzensgeld und eine Zahlung von 15.000 Euro an das Rote Kreuz. Staatliches Raubrittertum. Außerdem spendiert der Vorsitzende 24 Monate Fahrverbot, einen Idiotentest und fette 50 Sozialstunden in 59 einem Altenheim oder Kindergarten, oder so. Vicky kriegt die Krise. Unsere Anwälte sind für Berufung, die Kleine winkt ab. Ist absolut keine tolle Publicity für ihre Karriere, dieser Mist. Spielt ernsthaft mit dem Gedanken, sich nach Kalifornien abzuseilen. Juni Eilverfahren wegen Dringlichkeit und voll vergeigt. Die UEFA bestätigt sich selbst ihr eigenes Urteil aus der ersten Instanz. Der Döner-Cup steigt ohne uns, O´Leary, Mertesacker, Ekenga, Betong, Islop und ich bleiben Sportkriminelle. War eigentlich vorauszusehen, nachprophezeit die Presse. Geiler Kommentar. Sollten uns stattdessen besser die Lottozahlen für die nächsten vier Wochen rüberwachsen lassen. Halbfinale Zwischen den Gerichtsterminen Fußball. In der Meisterschaft mit bei der Musike, im Pokal hauen wir uns selbst weg. Exitus in Hamburg. O´Leary fehlt wegen Blinddarmreizung, Ekenga spielt Super Mist, Islop greift ganz tief in die Schüssel (lässt eine Rückgabe von Betong durch die Hosenträger flutschen) und ich rolle ratlos durch die Savanne. Einzige Glanztat: drei Minuten vor Schluss holen mich die Fischköppe im Fünfer von den Stelzen. Auch nicht unbedingt intelligent. Will eigentlich selbst schießen, aber Pancic schnappt sich die Murmel, langer Anlauf, kurzer Blick nach links und der Egotrip rauscht ab in Richtung rechte Eckfahne. Verlängerung futsch, Prämie im Arsch. Starkes Solo, der Rest der Truppe ist total begeistert. Die Schüssel tobt vor lachen und unser Held fährt beide Stinkefinger aus. Roter Katong. Klasse Einzelleistung. Müsste wegen Blödheit in der Nordsee verklappt werden, sagt Elgard. Zugaben Die Sache wird monumental. Halb Europa und Nordamerika drohen mit Erscheinen und man kann nicht alle einfach vor die Tür setzen, sagt Vicky, nicht bei einer Hochzeit. Die ursprünglich georderte Standardkapelle für 300 Nasen reicht nicht, wir bräuchten im Prinzip den Petersdom. Das ganze Konzept ist im Eimer. Mir würde ein stinknormales Standesamt reichen, aber Rückzieher sind nicht mehr drin. Die Kleine winkt ab und beruhigt. Hat alles im Griff und wird das Kind schon schaukeln, ich soll einfach weiter vor die Murmel treten. Mir recht. Hauptsache, die Termine werden eingehalten. Verschiebungen sind so gut wie ausgeschlossen. Saisonende Am letzten Spieltag auf Platz zwei geklettert, Vizemeister und Champions-League. Nach drei Siegen in Folge, Berlin, Köln und Schalke. Ende besser als erwartet. Fans, Vorstand und Kuhnke tanzen Rumba, wir sind die großen Helden. Keiner von den Denkzwergen rafft, was Vize für das nächste Jahr bedeutet - lockere Dreifachbelastung: Meisterschaft, Pokal und Bargeld Walzer. Und nebenher tobt diese dämliche WM Quali. Einzige Hoffnung: wir machen irgendwo frühzeitig die Biege. Juli Das volle Programm, Standesamt, umziehen, Kirche, umziehen, die Kleine will alles. Seit vier Wochen titschen sie und der Schwiegerdrachen im Dreieck, alles dreht sich um Klamotten, Verpflegung, Dekoration und Abwicklung. Nur keine Zufälle und keine Pannen, es gibt keinen Hochzeits-ADAC. Mama und Papa wollen sich auch ´einbringen´, werden aber mangels Geschmack ausrangiert. Sind stinksauer, vor allem auf das kalifornische Alpha-Weibchen. Papa sagt, die Dame erinnert ihn an einen gepuderten Brüllaffen und seinen Spieß bei der Bundeswehr, nur dass der nicht so durchgeknallte Klamotten trug und keine grünen Haare hatte. Bei Papa hat die Sonnendame gründlich verschissen. Umgekehrt genau so. Biervernichter und kleine Postbüttel sind unter Niveau. Mama spielt den Trouble-Dimmer, mit schlaffem Erfolg. Auf dem Standesamt und in der Kirche sitzen unsere Erzeuger auf verschiedenen Bänken. Schwiegervater landet 30 Minuten vor dem Staatsakt. War bis auf den letzten Drücker noch irgendwo in Pusemuckel, um die Welt besser und gerechter zu machen. Modell: Supermanns großer Bruder, Werbeträger für Zahnpasta oder Rentenfonds, aber umgänglich. Hängt allerdings 60 dauernd an seinem Wichtigknochen. Klar, wie soll man sonst den Globus sanieren? Vicky wird zwei Tage lang aufgebrezelt, von Typen direkt aus Las Vegas. Für die Klatschpresse ist das Outfit die Nummer des Jahres. Muss sein, sagt die Kleine. Schwiegermutter ist begeistert. Der Zeremonienmeister kommt aus Paris (woher sonst?) und schlägt sechs Tage vor der Veranstaltung mit seinem gesamten Stab auf, zwölf Knallchargen, die aussehen wie die letzten Heckenpenner. Sollen allerdings anerkannte Größen im Eventbusiness sein. Im Standesamt werden tragende Wände versetzt und gegen unseren verblumifizierten Dom ist der Garten Eden eine Laubenkolonie. Der Hammer ist die Location für die anschließende Fete, ein ausgewachsenes Wasserschloss mit englischem Park und Golfanlage. Der Park wird Parkplatz, die Golfer fliegen raus, der Rittersaal wird entrümpelt und auf ´schrill´ gebrasselt, mit LaserShow, Space-Feeling und Oscar Bühne. Elgard hat knallhart abgesagt, will bei meinem Durchmarsch ins Unglück nicht anwesend sein. Kuhnke und Mertesacker haben ihre Urlaube unterbrochen und fünf Mann vom Team mitgeschleppt, allen voran O´Leary, in Frack und mit Zylinder. Echte Schockmeise. Alles in allem traben 800 Nasen an, weniger war unmöglich, murmelt die Kleine. Auf meine Kappe gehen höchsten 50. Essen und Trinken hätte auch für 3000 gereicht, alles vom Oberbesten natürlich. Ein glattes Dutzend Sterneköche verbrutzelen eine komplette Zooausstattung, von Krokodil bis Antilope. Der Star des Abends – neben Vicky – ist Elena Reid!!! z. Z. die Nummer eins in fast allen Chards weltweit (alte Freundin von Vicky – ansonsten wirklich unbezahlbar). Gesamtkosten der Party schlappe 3,2 Millionen. Ziemlich heftig für nicht mal 24 Stunden Tralala, aber kein Problem. Die Vermarktung der Angelegenheit, Übertragungs-, Photo- und Reportagerechte belaufen sich nach Aussage des obersten französischen Eventgenies tutti completti auf zackige 4,5 Millionen. Keine Ahnung, welche Idioten derartig scharf auf diesen Zirkus sind, aber für die Familienkasse fallen schlappe 1,3 Millionen ab, vor Steuer, leider. PS. Waren erst exakt um 7 Uhr im Bettchen, ratzkaputt. Sechs Stunden später im Flieger Richtung Süden. Echter Härtetest. Sychellen Palmen, Strand, Meer, Hotel, alles sechs Sterne und besser. Brauchen zwei Tage, um wieder auf die Beine zu kommen. Alles vom Feinsten, nur die dämlichen Mücken nerven. Zum Dinner kommen die Biester aus ihren Löchern und versauen den Abend. Viktoria dreht voll ab, denn die Flieger verursachen Malaria, und Malariapillen hauen die Kleine voll aus den Latschen, Schwindelanfälle und Bröckelhusten. Hängt fast rund um die Uhr in unserem Bungalow ab mit laufender Klimaanlage und Temperaturen um die zwanzig Grad. Kälte, sagt sie, ist der einzige wirksame Schutz gegen die Stechprofis. Wenn ich mich draußen infizieren möchte ist das mein Bier, sie hat genug über die Folgen von Malaria gelesen und gehört. Nach drei Tagen geht die Kleine wegen akuter Unterkühlung ab ins Hospital. Alles meine Schuld. Hätte mich mehr um sie kümmern sollen, anstatt den ganzen Tag am Strand abzugammeln. Brechen den Urlaub am achten Tag sang- und klanglos ab. Vicky will zurück in die gekachelte Zivilisation. Eine Hochzeitsreise hätte sie sich ganz anders vorgestellt. Ich mir auch. 2032/2033 August / September Trainingsauftakt und Kiebitztag. 20.000 Fans latschen sich auf unseren Übungswiesen gegenseitig die Füße platt, um uns im Strampelanzug zu erleben. Das neue Gemüse wird präsentiert und alle zusammen hocken wir auf der Tribüne und kritzeln eimerweise Autogramme, machen freundliche Gesichter und reden flaches Zeug. Für die kommenden Aufgaben hat Kuhnke zwei gute Leute ergattert, Österby, eine echte Wikinger-Kante aus Schweden als Innenaufräumer und Timonschuk, Ukraine, für die Kreativabteilung. Waren angeblich die bisher teuersten Einkäufe der Vereinsgeschichte, abgesehen von unserer Kokosnuss aus Brasilien. 61 Florida Training Haben viel vor dieses Jahr, verkündet Mertesacker, müssen uns deswegen noch intensiver, und gezielter vorbereiten. Im Döner-Cup tummelt sich Fallobst aus dem Kellerregal, in der C-League schwimmen die dicken Fische. Da werden Defizite knallhart aufgedeckt und bestraft. Also, Socken hoch und Gas geben. Und je weiter wir kommen, föhnt Kuhnke hintendrauf, desto mehr Sesterzen wachsen rüber, im Klartext Döner Cup hoch drei. Hulot übersetzt die Feldherrenreden, und durch die Kabine schwebt ein Hauch von Weihnachten und Steuerrückzahlung. Pancic hat vor, Kroatien mit Hotels zu bepflastern, O´Leary will seine Stammkneipe in Cork kaufen und Islop kann mit der Kohle auf Jamaika ganz groß in den Drogenhandel einsteigen. Und davon ließe sich später ganz gut leben. Unser Trainingslager liegt ausnahmsweise im Harz, keine Ahnung warum. Der Komplex heißt ´Berghof´ und nach der ersten Begehung weiß jeder warum. Außer den beiden Bolzplätzen gibt es in der Gegend keinen geraden Meter, nur Berg oder Tal, hauptsächlich Berg. Dazu gibt es zwei neue Fitness-Trainer aus Florida, die uns sogar Rock ´n Roll tanzen lassen. Hätte Elvis gerne mal bei uns im Mittelfeld erlebt. Zu den beiden Sunnyboys kommen zwei mentale Betreuer, die uns jeden Tag vollmüllen, mittags und abends. Wir sind die Größten, wir können mehr als wir glauben, vor allem wenn wir alle zusammen als Team auftreten, von der Nr. 1 bis zur letzten Pfeife im Aufgebot. Dummes Gewäsch. Die Hälfte der Truppe peilt eh nichts, trotz Hulot. Pancic hat die beiden Faselheinis total gefressen. Sind für ihn Wanderprediger, Windbeutel und Fachverkäufer für geistigen Sondermüll. Möchte genau wie ich zwischendurch einfach mal abschalten, nach dem elenden Gerenne durch die Berge. Einfach auf die Pritsche legen, Augen zu und weg. Falle abends scheintot hintenüber wenn ich mit Vicky telefoniere. Nörgelt wie Weltmeister, die Kleine. Kommt sich ziemlich überflüssig vor, frisch verheiratet und trotzdem solo in der eigenen Hütte, alles irgendwie witwenmäßig. Pole Position Vier Spiele, zwölf Punkte, noch nie besser aus den Blöcken gekommen. Ösi, unser Innendienstmann aus Schweden, läuft noch leicht auf Standgas, aber Timi bringt genau das, was Kuhnke und Acker von ihm erwarten, quirlt mit und ohne Ball im Mittelfeld, macht die Leute wuschig und zieht viel Aufmerksamkeit von mir ab. Sind zusammen wesentlich schwerer auszurechnen und auszuschalten. Bin ich kaltgestellt übernimmt Timi und umgekehrt. Mit unserem Knallfrosch zusammen Alarmstufe Rot am und im Sechzehner. Pancic hängt als einziger noch durch, trifft aus drei Metern keinen Möbelwagen. Oktober Das Leben ist eine Wäschetrommel, schleudert dich ganz schön durch und nicht immer im Schonwaschgang. Ehe ist kein Ponyhof. Stimmt, alles läuft komplexer und komplizierter ab als vorher. Die Herzdame ist äußerlich ein Schmuckstück, aber ansonsten ein Nervpaket. Echter Problemgenerator und immer in Schwulität, mit dem Hauspersonal, ihren Klamotten, ihrer Karriere, der Presse, mit Deutschland, dem Wetter, meiner Unordentlichkeit und lässigen Art. Hat das Gefühl, für mich ist das ganze Leben nur ein großes Spiel, wie Fußball, und sie ist eins von meinen Spielzeugen. Habe gefragt, was ich ändern sollte. Antwort: Achselzucken. Müsste ich mir schon selbst überlegen, sie sei schließlich nicht für meine Erziehung zuständig, die hätten andere schon viel früher in die Hand nehmen sollen, anstatt mich in ein Heim für minderjährige Fußballhelden abzuschieben. Diskutieren ist zwecklos, bin Vicky und ihren Allüren nicht gewachsen. Habe mit Elgard gesprochen. Hat mir empfohlen, Vicky eine Therapie nahe zu legen. Ging voll in die Hose. Wenn hier jemand eine Therapie braucht, dann ich. Basta. Mit irgendwelchen Freundinnen vor zwei Tagen auf die Bahamas geflogen, zum Ausspannen vom ewigen Ehealltag. Super. Pokal Wir müssen aufs Dorf. Westerburg, Truppe aus der fünften Liga. Junges Volk und abgehalfterte Altprofis. Haben den Rasen vorher mit Traktoren behandelt, um technische Unterschiede auszugleichen und unseren Bewegungsdrang zu minimieren. Plan geht voll auf. Stümpern 80 62 Minuten mit gebremstem Schaum über den Kartoffelacker und fangen uns dann einen beknackten Aufsetzer. Routineball, geht aber nicht flach ab, sondern schlägt hoch ein. Keine Chance für Islop. Danach zehn Minuten Volldampf, aber keine zählbaren Erfolge, außer einem Bänderanriss für Pancic. Kuhnke verzichtet auf den Mannschaftsbus und chartert ein Taxi. Wahrscheinlich auf Vereinskosten. Dummes Gesülze Die heiße Phase beginnt, erklären die Zentralorgane, jetzt kommen Bulgarien, Finnland und Spanien, da könnte unsere Tabellenführung in der WM-Quali flott im Eimer sein. Klar, man kann sechs Spiele in Serie vergeigen, alles schon passiert, aber die Ausgangslage ist einwandfrei. Was uns fehlt ist ein echter Knipser, Wagenblast kann schon wieder ohne Krücken atmen, aber der Weg zurück in die kurze Hose kann dauern. Etliche Hirnis versuchen, Rahmani zurück ins Team zu kommentieren, aber Klopp & Co schalten auf stur. Keine Chance für den Spinner, auch wenn der angeblich mit geschnürten Stiefeln in Moskau hockt und auf ´grün´ wartet. November Bulgarien, und die Natur spinnt. 90 Minuten Schneetreiben und angefrorene Grasnarbe, trotz Bodenheizung. Die Spielwiese ist glatt wie Arsch. Wir kicken mit knatschroten Bällen und die Linien sind ebenfalls rot eingefärbt, damit keiner aus Versehen bis auf die Tribüne trabt. Absolutes Lotteriespiel. Wenn du glaubst, du hast die Murmel sicher am Fuß, dann verspringt das Ei und du machst die Lawine. Reckermann mit seinen knapp zwei Metern veranstaltet ´Holiday on Ice´ und versucht erst gar nicht das Flugzeug zu greifen, schlägt und tritt um sich wie ein Kickboxer. Die Grasnarbe ist nach dem Match erledigt und alle Rückennummern sind verschwunden, obwohl wir zur Halbzeit die Oberhemden gewechselt haben. Wagenblast hockt eingepackt auf der Bank als Maskottchen. Will in zwei bis drei Wochen wieder mit Lauftraining beginnen. Hoffentlich hält die Gräte. Müsste eigentlich. Ist genug Eisen und Draht drin, um einen Fußballplatz zu umzäunen. Die Heilkünstler sind optimistisch, ob sich Knochen an Prognosen halten, ist eine andere Sache. Der Pfeifenheini hat den dümmsten Job. Laufend krachen irgendwelche Leute ineinander, meist ohne Absicht und Bodenhaftung. Auf den Rängen absoluter Blindflug, mehr als 50 Meter durchwachsene Sicht ist nicht drin. Im Prinzip auch egal, es passiert so gut wie nix. Falls ich nicht irgendwas übersehen habe, endete die Partie 0:0. Ein Punkt für uns, zwei für Frau Holle. Absolute Flaute Seit der Hochzeit, sagt die Kleine, kommen überhaupt keine Angebote mehr, alle halten sie für das Heimchen am Herd, das langsam ihre erste Mutterschaft anpeilt. Keine unbedingt schlechte Idee, sage ich, aber Vicky winkt ab, wäre momentan die totale Anti-Rolle. Jetzt ist die Zeit für Karriere, aber ihr Status als glückliche Gattin verschreckt jeden Produzenten. Ehefrauen sind in der Rolle als Jugendidol oder Liebhaberin total unglaubwürdig. Absolut beknackte Situation. Selbst ihre besten Freundinnen machen inzwischen ohne sie. Wenn die Sache so weiter läuft, kann sie bald Kontaktanzeigen aufgeben. Super. Wer sonst keine Probleme hat, macht sich welche. Bulgarien normal Schneefreies Geläuf, Sonnenschein, fast zehn Grad. Die Jungs aus dem Winterparadies kriegen trotzdem kein Bein an die Erde, total falsch gewachst. Bis zur Halbzeit hat´s schon dreimal geklingelt, die zweite Hälfte wird zur Nullnummer. Keiner hat Bock, sich die Knochen für die Galerie zu ramponieren, Fleißkärtchen werden heute nicht mehr verteilt und Wagenblast schmort als lebende Warnung in der Bushaltestelle. Klopp nimmt mich nach 60 Minuten vom Acker und verordnet Massage. Das einzig Senkrechte. In drei Tagen hat uns die Liga wieder und da wird das Geld verdient, sagt Kuhnke. Nationalmannschaft ist absolut okay für ihn, aber wenn´s geht, bitte, ohne seine Leute. Alles zur Ehre der Nation, an die Vereine denkt keine Sau. - Und an uns Spieler erst recht keiner, weder Kuhnke noch der Rest der Nation. Hauptsache wir funktionieren. Wenn nicht, gibt´s was auf die Nuss, wir kassieren schließlich genug Schotter für den Job. Als ob 63 Muskeln, Bänder und Sehnen durch erhöhte Gagen strapazierfähiger würden. Leider absolute Fehlkalkulation. Liga Pole-Position. Hätte uns zu Saisonbeginn keiner zugetraut. Läuft über-optimal. Ösi hat inzwischen brauchbare Beschleunigungswerte und räumt gnadenlos ab, Timi wirbelt weiter, O´Leary spielt Wiesel im Blutrausch, Islop greift ab was kommt. Und für Akele, unsere Gazelle, wird der Ball allmählich ein beherrschbares Objekt. Das Brikett kriegt die Murmel locker von A nach B geschoben, ohne sich selbst oder andere dabei zu verletzen. Für Mertesacker ist Platz 1 eine Frischzellenkur, keiner zweifelt mehr an seinen Fähigkeiten oder geht ihm sonstwie an die Wäsche. Nur Pancic hängt voll durch, kickt seit Wochen mit einer absoluten ´Haut-allesdaneben-Garantie´. Die Kommentare sind entsprechend: ´Chancentod´, ´Punktevernichter´, ´Fahrkartenschaffner´ und ähnliches. Nervt den Knaben gewaltig, auch wenn er nach außen den Coolen mimt. Dezember Die Kleine nörgelt weiter. Keine Lust mehr auf die ewigen Telefonarien mit mir, hat schon Schlappohren von der Sache. Unsere Beziehung würde sich nicht so entwickeln wie geplant, sagt sie, im Gegenteil. Kommt sich vor wie ein Hausmütterchen, das am heimischen Herd wartet, bis der große Heldendarsteller von seinen Beutezügen zurückkehrt und seine Mitbringsel verteilt. Moderne Partnerschaft wäre für sie mehr als die ewigen Bildkonferenzen. Kann das Genöle langsam nicht mehr hören. War doch von Anfang an klar, was ich beruflich mache, warum jetzt das ganze Theater? C-League Amsterdam. Glücklicher Auftakt gegen die Käsköppe. Der Schiri hat unsere Brille auf, schickt nach zwanzig Minuten einen Rastamann duschen und lässt kurz vor Halbzeit weiterspielen, obwohl die Murmel klar hinter unserer Torlinie aufschlägt. Schwein gehabt. Das 1:0 fällt dann in allerletzter Minute durch unseren irischen Rasenmäher, Murmeltor aus drei Metern mit der linken Kniescheibe. Krasse Jubelarien auf den Rängen, aber wer das Spiel richtig gelesen hat, weiß Bescheid. Wir stochern rum, die Deichbauer führen uns vor, stolpern zum Glück über den Schiri und ihre eigene Arroganz. Rahmanis Rache Neuigkeiten aus Moskau. Rahmani kommt mit einem fetten Schmöker aus der Versenkung, angeblich selbst geschrieben. Ich lach mich tot. Wenn dieser Sondermülldenker in der Lage ist, selbstständig einen zusammenhängenden Satz zu verfassen, bin ich der Schreiner von Pisa. Elgard schleppt das Machwerk an, Titel: ´Hinter den Kulissen´. Hat gleich die entscheidenden Stellen markiert. Laut Rahmani sind 90 Prozent aller Nationalspieler gedopt, wir veranstalten auf allen Reisen wüste Orgien, mit Alkohol und Weibern, und nebenher wird gezockt, zum Teil um sechsstellige Summen. Klopp und sein trauriger Stab hätten uns nie im Griff gehabt und sämtliche Mannschaftsaufstellungen sind hauptsächlich im Suff und auf Bierdeckeln entstanden. Voll verstrahlt, der Typ. Außerdem haben wir Aktive bei den ewigen Prämienverhandlungen dem Verband immer wieder die Pistole auf die Brust gesetzt. Bargeld statt Patriotismus, ohne Rücksicht auf Verluste. Stimmt einigermaßen. Allerdings, den Verhandlungsführer für unsere Seite mimte immer Kollege Rahmani. Wenn einer den Hals nie voll bekam, dann unser Bestseller-Autor. Als Appetitanreger schildert unser Neu-Goethe erotische Ausritte von Mitspielern und Funktionären, z.B. eine fette Party mit zwei Dutzend Nackttänzerinnen in Istanbul. Ist mir persönlich total durch die Lappen gegangen. Schade eigentlich. Aus der Sache sollen sich zwei Vaterschaftsklagen entwickelt haben, die von unseren Fußballvätern mit Cash aus der Welt geräumt wurden, verdeckt natürlich. Alimente für die Volltreffer laufen mindestens noch 20 Jahre. Namen bleiben außen vor. Reporter werden nicht in die Pfanne gehauen, echter Nichtangriffspakt, sagt Elgard, und kein dummer Schachzug. Wird ihm allerdings nichts nützen. Wer als Redakteur das Machwerk nicht 64 gründlich verreißt, wird Nationalspieler und Funktionäre nur noch mit Teleobjektiv sichten können. Bin gespannt, wie viele Prozesse sich der Spinner wegen übler Nachrede und Verleumdung einfangen wird. Mich hat die Pfeife merkwürdigerweise total ausgespart. Amsterdam rück Rappelvolle Hutschachtel in Amsterdam. Das Volk tobt und johlt, und dieses Mal ist der Ref. nicht auf beiden Augen blind. Nach fünfzehn Minuten hat Islop zwei satte Dinger im Käfig. Mertesacker sortiert die Abwehr um, ohne großen Erfolg. 0:3 zur Pause. Ekenga fliegt wegen Hilflosigkeit raus, dafür kommt Gringic als zweiter Abräumer neben Betong. Läuft etwas weniger beschissen. Wir verminen unsere Hälfte, die Käsköppe schalten einen Gang zurück. 60. Minute 1:3, vier Minuten später 2:3, versenke zwei Flanken locker per Kopf. Totenstille in der Hutschachtel. Kriege einen Meuchelmörder auf die Füße gestellt und lerne Amsterdam aus der Dackelperspektive kennen. Werde in der Nachspielzeit im Strafraum wie eine Eiche gefällt, aber der Spielleiter winkt ´weiterspielen´. Krasse Fehlentscheidung. De Jong, der Käseschnappi, hilft mir auf die Beine und grinst: ´Swein chehabt´. Weihnachten Der Zirkus zu Hause nimmt Formen an. Von wegen Fest der Liebe. Kaum durch die Tür, geht das Gezeter los. ´Bist nie da, wenn man dich braucht, nur Anrufe für dich, nur irgendwelche blöden Fußballtermine, goldener Käfig ohne Inhalt´, und so weiter. Komme mir inzwischen vor wie die Klagemauer persönlich. Katastrophe. Kann die ewigen Debatten nicht mehr ab. Besuche Mama und Papa für zwei Tage und übernachte ansonsten bei Elgards. Bin froh, dass direkt nach Neujahr unser Trainingslager beginnt. Keine Ahnung, wie der Schwachsinn weitergehen soll. Auf jeden Fall nicht ´bis dass der Tod uns scheidet,´ oder vielleicht doch? 2033 Januar Rahmanis Machwerk verkauft sich wie doof, obwohl die Schwarte überall voll verrissen wird. Vielleicht gerade deswegen? Anzeigen wegen Verleumdung oder Doofheit sind noch keine eingetrudelt, wahrscheinlich, um die Sache nicht weiter anzuheizen, oder vielleicht auch nur, weil der große Dichter eine Fortsetzung seiner schriftstellerischen Tätigkeit angekündigt hat. Nebenher versucht der Vollpfosten eine Spielerlaubnis für Dubai zu ergattern, um an der WM teilnehmen zu können. Würde dem Arsch mit Sicherheit einige Millionen Öl-Dollar bringen. Hoffentlich haut die FIFA ordentlich dazwischen. Nationalitäten wechselt man schließlich nicht wie Unterhosen. Februar Wie heißt ´Sonnenuntergang´ auf Finnisch? Genau, Helsinki. WM-Quali und der wärmste Februar aller Zeiten am Polarkreis, mittags schlappe achtzehn Grad. Im Prinzip angenehm, allerdings haben die Finnen ihre gesammelten Mückenbestände dressiert und konzentriert auf uns gehetzt. Tierisch. Die Attacken fangen am Airport an und hören selbst in der Kabine nicht auf, trotz Spray und Räucherkerzen. Reckermann hat zwei Volltreffer am linken Auge, sieht aus wie vor ´n Bus gelaufen. Mit ihren eigenen Leuten haben die Blutsauger nix am Helm, gehen nur auf Touris. Selbst im Gebiss hat man die Viecher kleben. Die einzige Rettung ist laufen, laufen, laufen. Wer stehen bleibt, wird zerbombt. Bringt tatsächlich Bewegung in unser Spiel. Wolter versemmelt zwei saugute Freistoßmöglichkeiten, die dritte sitzt. Dazu mein Hammer aus 23 Metern, 2:0 zum Seitenwechsel. Anschließend kommen die Mückenbändiger, aber alles nur warme Luft, sind in der Endgeschwindigkeit deutlich langsamer als ihre Flieger. Kann kurz vorm Gong noch Mal aus knapp 20 Metern frei durchladen. Keine Chance für den Wachtmeister auf der Linie. 3:0. Und fünftausend Blutsauger kleben am Ball, mindestens. Pancic Der alte Kroate fährt Talbahn, hat total die Seuche an den Hacken. Seh- und gehbehindert. Tritt sich selbst auf die Füße, schwebt an astreinen Flanken vorbei, trifft aus zwölf cm Entfernung 65 keine Staumauer und schleift mit den Nerven durchs Gemüsebeet. Mertesacker wechselt den Akrobaten dreimal zur Halbzeit aus, dann ist Feierabend, Pancic darf seine Kollegen von der Tribüne aus bewundern. Schöpferische Pause mit Aussicht auf einen neuen Sponsor. Hängt zweimal bei mir ab und dröhnt sich zusammen mit Vicky und Campari ziemlich die Rübe zu. Hantiert auf Anweisung von Kuhnke mit einem Gehirnklempner, der ihm die Peilung wiedergeben soll. Hämmert trotzdem immer noch alles Richtung Eckfahne. Finnland rück Keine Mücken, keine Bewegung. Die lockere Vorstellung in Helsinki hat uns ins Koma versetzt und die Finnen scharf gemacht. Retten uns mit ganz viel Massel gerade noch jungfräulich in die Pause. Klopp spielt Rumpelstilzchen und lässt einige Mannschaftskoffer fliegen. Den Clou hat er in einer Milchflasche versteckt, mindestens zehntausend Mücken aus dem hohen Norden, lebendig und hoch aggressiv. Und was macht der Idiot? Öffnet die Pulle und lässt die Monster auf uns los. Entkommen unmöglich, die Kabinentür ist verrammelt. Und falls wir unsere Ärsche nicht sofort in Bewegung setzen, sagt der Alte, bleibt das auch noch zehn lange Minuten so. Und zwei von den Pullen hätte er auch noch in Reserve, für nachher. Klares Geschäft. Wir gehen raus und hauen die Finnen innerhalb von fünfzehn Minuten weg, einmal Simic, einmal ich. Einzige Frage nach Spielschluss: sind solche Methoden laut Genfer Konvention überhaupt erlaubt? Elgard nickt. Der Erfolg vergoldet jedes Mittel. Barcelona hin Jeder weiß, was kommt. Wir operieren vorsichtig und konzentriert von Anfang an. Geht 20 Minuten lang gut, dann rappelts im Katong, zweimal hintereinander. Islop macht kurzfristig auf Spastiker, das zweite Ding scheppert Ösi in die eigene Kiste. Zu viel Druck auf jeden Mannschaftsteil, Fehler kommen automatisch. Renne rum wie ein angeschossenes Häschen, Timi trägt Tarnkappe, und O´Leary kassiert nach einer halben Stunde ´gelb-rot´. Im zweiten Durchgang steigern wir uns um 50 Prozent, statistisch gesehen. Kassieren nur noch eine Gurke und dampfen mit 0:3 ab. Das ultimative Ding Tor des Monats für meine Flugshow gegen Montenegro, mehr als 55 Prozent aller Anrufe und Zuschriften gehen auf den Rasen-Nasentest. Wie gesagt, Berlin, 76. Minute, Flanke von links, hechte vorwärts und lenke den Ball mit dem Kopf nach hinten, quer durch den Strafraum hoch ins lange Eck, genau in den Knick. War nicht schlecht, aber andere Dinger hätten´s auch verdient gehabt - der übliche Fallrückzieher, zweimal Hacke und ein Querschläger, der beide Pfosten und die Latte küsst, bevor er in die Maschen eiert. Wäre, ehrlich gesagt, mein Favorit gewesen, denn zwei Komiker versuchen, die Murmel von der Linie zu kratzen. Klappt nicht, aber total witzig. Landet leider nur auf Platz drei, hinter dem Fallrückzieher. Barca rück Sang- und klangloses Begräbnis. Blasen zur Attacke und zerschellen bereits an der Mittellinie. Nix fluppt. Könnten auch noch zehn Stunden so weiter kicken, würden an der Sangria-Front keinen Strohhalm abstauben. Taktik- und Personalwechsel verpuffen ohne jede Wirkung. Die Toreros lassen sich durch nichts beeindrucken. Total coole Truppe. Laufwege sind genau einstudiert, das Bällchen klebt am Fuß, Pässe kommen wie bestellt, Zweikämpfe werden grundsätzlich nicht verloren. Vergeigen 1:0 und sind damit noch verdammt gut bedient. Wären mit Sicherheit drei oder vier Dinger mehr gewesen hätte Isolp nicht einen Feiertag erwischt. Werden von den Wortspielern nicht pulverisiert, sondern mit feiner Klinge zerhackt: ´Grobmotoriker gegen Artisten´. Abgemeldet Wagenblast gibt auf. Dreimal angefangen, dreimal satt gescheitert. Ständige Entzündungen im zertrümmerten Bein, trotz spezieller Spezialbehandlung. Nix hilft. Sportinvalide und Frührentner mit knapp 21, quasi Feierabend vor der Frühstückspause. Okay, die Versicherungen drücken 66 anständig ab, kommt mehr bei rum als in jedem normalen Job, aber als Spätjugendlicher das Beste schon hinter sich zu haben, hat absolut keinen Prickelfaktor, trotz der Kohle. Wie kriegt man die nächsten 60 Jahre eingetütet? Auferstehung Pancic trifft wieder, zumindest im Training. Hängt sich voll rein und schiebt ein Ding nach dem anderen locker in die Maschen. Läuft probeweise in der Reserve auf und zeigt den Frischlingen, wo der Frosch die Locken hat. Landet in 45 Minuten drei Volltreffer trotz Sonderbewachung, erzählt Jansen. Abends schlägt Pancic bei mir auf, total happy und föhnt rum. Hätte da einen hundertprozentigen Tipp bekommen und legt ein Röhrchen mit Pillen auf den Tisch. Entspannt total das Zeug, reduziert Stress und erhöht die Konzentration, ohne jede Nebenwirkung. Sollte mir das Wundermittelchen auch rein pfeifen, könnte mir jede Menge davon besorgen, zu anständigen Konditionen und völlig legal, sein Onkel hat drei Apotheken in Kroatien. Außerdem steht der Stoff auf keiner Dopingliste. Soll nur mein Maul halten, unbedingt, sonst müsste er mir den Hals umdrehen lassen. Könnte sein Onkel auch besorgen. Lässt das Röhrchen liegen, grinst und macht die Biege. März Habe inzwischen völlig die Orientierung verloren. Gut, dass mir Klopp, Mertesacker und Elgard regelmäßig die Koordinaten stecken und erklären, gegen wen wir kicken und auf welches Tor. Abartige Reiserei. Wer jeden Tag am Fließband steht, denkt wahrscheinlich ´tolle Kiste´, ich kriege inzwischen Pickel, wenn ich Koffer oder kofferähnliche Gegenstände nur sehe. Bin kein Fußballer mehr, sondern Vielflieger in kurzen Hosen. Macht Stress zu Hause und Stress unterwegs. Manchester hat gegen Barca zwei Unentschieden abgestaubt, wir sind gewarnt. Mertesacker lässt intensiv-defensiv beginnen, die Inselaffen sind bekannt für ihren Blitzstart. Eine knappe Viertelstunde läuft Zeitlupenfußball, dann landet ein dämlicher Querschläger hinter Islop. Anschließend Straßenfußball, jeder macht was er will, viel Einsatz, wenig Gehirn. Kriegen nix auf den Schirm, dafür O´Leary einiges auf die Socken. Die Jungs von der Insel kennen den Knallkorken. Mertesacker nimmt den Kleinen in Schutzhaft und bringt Pancic in Durchgang 2. Der Alte grinst, O´Leary zerdeppert zwei Panoramaspiegel in der Kabine. Manchester verzichtet auf zweiten Blitzstart und überlässt uns den Acker. Nach vorne geht mehr. Pancic ist für die Panzersperren unberechenbarer als unsere Parkuhr. Zehn Minuten vor Ende kommt sein erster Auftritt. Kurze Körpertäuschung am Elfer, zwei Leuten den Ball durch die Beine geschoben und drin ist die Murmel. Schweigen im Walde. Extra-Time mit Nachschlag. Flanke an den kurzen Pfosten, extrem spitzer Winkel. Das Schlitzohr taucht unter den Ball, hält ganz kurz sein linkes Ohr hin und das Bällchen hängt wie gemahlen im Knick. Absolut genial, genauer geht nicht. Das Verhüterli klebt mit leeren Händen am Aluminium. Die Fachwelt staunt und Pancic lässt sich feiern. Bye, bye Victoria ist seit zwei Tagen in Kalifornien, alte Freunde besuchen. Komisch, fehlt mir nicht die Bohne. Im Gegenteil, endlich Ruhe im Dom, kein blödes Genöle, kein Zirkus. Affengeil. Kann tun und lassen, was ich will, durch die Glotze zappen, Billard spielen oder einfach nur abhängen. Und Viktorias Schlaffdudelmusik schwebt auch nicht mehr durch die Hütte, nirgendwo liegt Modekrams, Kosmetikpampe und ähnlicher Schnickschnack rum. Irgendwie alles in Butter. Lieber alleine 3 minus als zusammen 5 plus, sagt Elgard. Nur die Pressetanten standen sofort auf der Matte, von wegen Ehekrise und so, am liebsten exklusiv und mit Bildern. Ziehe seit Monaten mal wieder mit Pancic ums Eck, nur so, muss mir nicht gleich die nächste Dame in die Bude holen. 67 Comeback, zweiter Teil Zu Hause gegen Bremen. Unangenehme Truppe, jung, ohne Hemmungen, Tendenz steil nach oben. Zuletzt drei Siege in Folge. Munteres Spiel, ohne Schnörkel und offensiv. Erwischen die Friesen allerdings ziemlich kalt. Pancic trifft nach sechs Minuten, O´Leary legt zwei Atemzüge später nach. Dann schlucken wir Staub. Halbzeit 2:1. Anschließend rollen die Bremer. 2:2 nach 75 Minuten, die Deichbauer kriegt Oberwasser, das 2:3 liegt in der Luft, aber Pancic dreht die Sache im Alleingang. Ballannahme mit dem Rücken zum Tor, links die Murmel am Gegner vorbei, rechts gelaufen und dann ab ins Gehäuse. Gnadenlos geiles Tor. Der alte Knipser ist wieder da. Geständnis Die Fachwelt staunt, Elgard ist misstrauisch, findet Pancics Formexplosion ´ausgesprochen seltsam´. Stecke ihm die Sache mit den Pillen. Der alte Schwede rastet komplett aus. Sagt, ich soll bloß meine Griffel von dem Zeug lassen, auch wenn der Kram auf keiner Dopingliste steht. Erstens haben alle diese Mittelchen unerwünschte Nebenwirkungen, zweitens kann man süchtig werden, drittens habe ich den Quatsch nicht nötig und viertens bleibt immer was hängen, wenn die Bombe hochgeht. Elgard will unbedingt wissen, woher das Zaubermittel stammt. Schulterzucken. Könnte mir glatt vorstellen, dass der alte Schwede direkt nach Kroatien düst und den Apothekeronkel an den nächsten Laternenpfahl tackert. Von mir kein Wort. Elgard schnappt sich das Röhrchen und zittert ab. Wenn ich irgendwas in dieser Richtung anfasse, sind wir geschiedene Leute. Kein Thema, habe nicht im Traum dran gedacht, das Zeug zu probieren. Ohne Vicky ist Doping genug. Manchester rück Unsere Schnellstarter sind gewarnt. Laufen mit verstärkter Abwehr auf und Sonderbewachung für Pancic. Leicht verzockt, unser Knipser schmort auf der Bank. Die Galerie hat kein Verständnis für den Schachzug und fordert ihren neuen Liebling. Mertesacker verzieht keine Miene, alles Taktik. Absolut schräges Gekicke. Manchester mauert trotzdem, keine Ahnung warum. Falls die Attacke doch kommt, bringen wir Pancic. Vor dem alten Kroaten haben die Tommies totales Fracksausen. 0:0 zum Pausentee. Mitte Durchgang 2 reagieren die Tommies, ihr Coach schickt drei Mann für ganz vorne zum Aufwärmen. Sofort erscheint Pancic an der Seitenlinie und macht den Hampelmann. Die Schüssel tobt, die Insel-Verantwortlichen lassen ihre Jungs weiter dehnen und strechen, wechseln aber nicht aus. Pancic glüht ohne Ende vor, bleibt aber auch draußen. Zehn Minuten vor Schluss machen die Tommies ernst und bringen zwei Rammböcke für die erste Linie. Mertesacker bringt Gringic als zusätzliches Aufräumkommando und schickt mich ganz nach hinten. Pancic nimmt gut aufgewärmt auf seinem Sofa Platz. Ende vom Lied: totale gegenseitige Neutralisation und ein taktisch wertvolles 0:0, das die Tommies ärgert und unser Anhang nicht begreift. Pech, war Taktik für Fortgeschrittene. Kontroletti Überraschung. Direkt am nächsten Morgen kompletter interner medizinischer Rundumcheck für das gesamte Team. Elgard hat gepetzt, jede Wette. Hätte ich mir eigentlich denken können. Reine Routineaktion, verkündet Mertesacker. Entkommen unmöglich, auch für Pancic. Jeder spendet einen Eimer Blut, drückt eine Urinprobe ab und lässt ein Büschel Haare. Keiner weiß, was der Klamauk soll, außer mir und Pancic wahrscheinlich. Und der denkt mit Sicherheit, ich habe ihn verpfiffen. California Mail Viktoria schreibt, dass sie für einige Zeit Kalifornien beglücken wird, wie lange genau, steht noch nicht fest. Ich soll, bitte schön, monatlich 50.000 Euro auf ihr Konto überweisen, das müsste für den Anfang reichen. Sie ist dabei, wieder im Film Business Fuß zu fassen, sähe insgesamt brauchbar aus. Da wären einige Leute, die ihr einiges zutrauen. Denk ich mal. Mit 50.000 netto pro Monat im Rücken und der richtigen Besetzungscouch dürfte einiges machbar sein, auch in Hollywood. Ohne mich. 68 April War abzusehen, sagt Elgard. Die Dame hat ein korrektes Sprungbrett für den Einstieg in ein sorgenfreies Leben gesucht und gefunden. Entweder es schleudert sie karrieremäßig nach oben oder finanziell, oder beides. Knallharter Pragmatismus und ein ziemlich einseitiges Rechtsgeschäft. Gefühle und dergl. wäre reiner Bonus gewesen, aber keine zwingende Voraussetzung. Seine Anwälte, sagt der alte Schwede, stehen schon in den Startlöchern, reine Routine. Lieber jetzt gleich ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wenn wir Glück haben, geht der Schwachsinn als Kurzehe durch und wird nicht der finanzielle Hypergau. Auf jeden Fall besteht im Moment keine Veranlassung, irgendwelche Zahlungen zu leisten, vor allem nicht 50.000 pro Monat. Wofür? Schmerzensgeld für den Trauring oder was? Lächerlich. Und tschüss Die Untersuchungsergebnisse sind okay. Nur unsere irische Parkuhr fällt unangenehm auf, mit 1,2 Promille. Auch nicht schlecht, Alkohol am Ball. Kriegt eine fette schriftliche Abmahnung von Kuhnke. Noch mal besoffen im Dienst kostet sechs Monatsgagen Strafe, steht so im Kleingedruckten. Alle anderen sind sauber, auch Pancic. Offiziell zumindest. Inoffiziell hat der Knipser massive Rückenprobleme und verabschiedet sich kommentarlos Richtung Reha, irgendwo in Moselnähe, oder so. War nicht anders zu machen, sagt Elgard, der Knabe war bis obenhin voll mit Koks, eindeutig und ohne jeden Zweifel. Kuhnke war kurz davor, den Wahnsinnigen zu vierteilen. Klar, mit der Dröhnung in einer offizielle Kontrolle, und die komplette Saison wäre in der Tonne gelandet und zwar für alle, dafür hätte die liebe Konkurrenz garantiert gesorgt, Punktabzüge in der laufenden Meisterschaft und Exitus in allen Pokalwettbewerben. Wird mindestens ein halbes Jahr dauern bis alle Spuren verschwunden sind, falls der Irre nicht rückfällig wird, sagt Elgard. Offiziell bleibt es bei massiven Rückenproblemen. Und noch mal tschüss Kleine Änderung am Rande, der heilige Sonntag ist futsch, wird regulärer Arbeitstag, Wirtschaft und Regierung haben sich durchgesetzt. Firmen und Geschäfte können zur Arbeit bitten und der Güterverkehr rollt ungebremst durch die Lande, europaweit. Wird von Wirtschaft und Politik als ultimativer und alternativloser Fortschritt verkauft, bringt mehr Arbeitsplätze, mehr Wettbewerb, mehr Verbraucherfreiheit, hält Europa konkurrenzfähig und belebt den Umsatz. Von der Maßnahme profitieren alle, heißt es. Fast alle. Kirchen, Linke, Grüne und der DFB sind gegen den geknickten Sonntag, macht die Familien kaputt, die Vereine und beschleunigt unnötig unser Leben, insgesamt der größte Schwachsinn seit Erfindung des Wasserballetts. Gut, trifft unsereinen nicht sonderlich, sind sowieso immer im Dienst, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, manchmal sogar mehr. Kommt mir wenigstens so vor. Elgard erklärt Europa für total behämmert, es diktiert und regiert die Wirtschaft. Gibt ab sofort keine Rückzugsmöglichkeiten mehr, keine Ruhe, keine Tempoverlangsamung, immer nur Vollgas, immer nur Alltag, die absolute Katastrophe. Wird aus uns ein Volk von Wirtschaftssklaven machen, hirnlose Workaholics. Effizienz kann nicht alles sein, auch wenn Aktionäre und Hedge-Fonds Typen so denken. Und der liebe Gott ist ganz nebenbei auch erledigt; von wegen, am siebten Tag sollst du ruhen. – Für uns Profis wird sich nicht viel ändern, nur die Sonnntagsspiele steigen ab sofort erst um 21 Uhr, oder noch später. Volle Breitseite Vicky rührt die Pressetrommel, mit krassem Erfolg. Vor allem die Frauenblätter steigen ein – volle Attacke gegen den bösen Jungen, der nur Bällchen im Kopf hat. Da bleibt für eine junge, liebende Gattin kein Platz. Könnte kotzen. Jede Story komplett aus den Fingern gesaugt, aber total authentisch. Alles in unserer Beziehung wird breit gelatscht, mehr als je gelaufen ist. Zwei Gegendarstellungen meinerseits gehen völlig den Bach runter, die schlichte Wahrheit ist total schrottegal. Keine Sau interessiert sich mehr fürs Sportliche, ich bin nur noch der böse ´MonsterGatte´. Elgard lässt eine Pressemitteilung vom Stapel, in der steht, dass es von mir keine 69 Kommentare mehr zur Sache gibt, und dass ab sofort die Gerichte das Sagen haben. Verdoppelt natürlich das Geheul. Und Vickylein liefert aus Kalifornien immer neue Munition. Kein Wunder, die kleine Ratte hat inzwischen einen Exklusivvertrag mit einer fetten Verlagsgruppe an Land gezogen, die ordentlich Schotter für den ganzen Schlamm abdrückt. Sagenhaft, was ich in unserer Mini-Ehe alles verbrochen habe, besonders im Bereich ´seelische Grausamkeiten´. Neben mir sind King Kong, Frankenstein und Jack the Ripper echte Kuscheltiere. Meine Anwälte sammeln vorsorglich sämtliche Beiträge, Interviews und Quittungen, die Vickylein täglich produziert. Irgendwann, sagen sie, kommt der Moment, wo wir den Müll als Bumerang benutzen können, dann wird die Sache richtig teuer für die Dame, von wegen übler Nachrede, Verleumdung und finanzieller Forderungen. Nett gemeint, aber hilft im Moment nicht viel weiter. Die Lebensfreude knickt massiv. Hätte gerne einfach nur Ruhe. Quali Espania Stehen super da mit unserer Trümmertruppe, noch drei Pünktchen aus den letzten beiden Spielen und mindestens drei Auftritte bei der WM sind sicher. Hätten die Sonnenanbeter auch gerne. Ihr neuer Superknipser heißt Pancho, Rakete mit doppeltem Turbo. Geils und Baliu hinter mir haben alle Füße voll zu tun und Reckermann liegt ständig quer, um Einschläge zu verhindern. Der zehnte Versuch sitzt. Annahme mit der Brust, Geils verzichtet auf den Tritt zwischen die Schulterblätter und Drop Kick in die Maschen. Wir selbst finden kaum statt, abgesehen von einer einzigen Ecke, die Geils direkt hinters Tor schaufelt. Halbzeit. Geils fliegt raus, Simic kommt als zweite Spitze, ich gebe den Knipser. Nach 60 Minuten Zusammenprall im Mittelfeld. Mir brummt der Schädel, kleine Platzwunde (wird sofort geklammert) und weiter. Pancho hat die weichere Birne und landet auf Intensiv. Werde anschließend bei jeder Aktion weggebrüllt. Egal, ohne den Chefmatador läuft bei den Toreros weniger als ein Drittel. Die Quittung kommt sechs Minuten vor Ultimo. Wolter schnibbelt einen Kunstschuss ins lange Eck, der Schnappi fängt, flattert aber mit seiner Beute ungebremst ins Netz. Trotzdem, starke Flugeinlage. Monsterstatus Viktoria sorgt für tägliche Schlagzeilen. Die Sportblätter sind auf meiner Seite, die Emanzenpaper verwandeln mich in Godzilla. Habe dem Mädel psychische Schäden in Steinbruchformat zugefügt. Völliger Schwachsinn. Ende vom Lied: bei jedem Match erscheinen irgendwelche verstrahlten Weiber mit Null Ahnung vom Spiel und rollen fette Transparente aus: ´Machoschwein´, ´Schwanzdenker´ usw. Total beknackt. Und nach Spielschluss dann diese Interviews. Wir gewinnen 3:0, ich mache zwei sensationelle Hütten, und was fragt der Mikrohalter? „Kam es in Ihrer Ehe zu Vergewaltigungen?“ Alles vor laufender Kamera. Super. Dank Elgard bekommt der Futzi keinen auf die Backe. Darf besorgt meinen Kopf schütteln, mich über die Mannschaftsleistung freuen und verschwinde dann in den Katakomben. Mai Mein dickster Werbepartner kündigt nach knapp zwölf Monaten wegen Imageverlust. ´Wir haben Grund zu der Annahme, dass meine ungeklärte persönliche Lage massive negative Auswirkungen auf das Renommee der Firma und ihre Produkte hat´. Sämtliche Zahlungen werden per sofort eingestellt, Ende aus, das war´s. Elgard sagt, die Company darf das, steht im Vertrag. Mir stünde umgekehrt die gleiche Möglichkeit zu, allerdings müsste dann die Firma Regress zahlen. Käme umgekehrt nur bei vorsätzlicher Rufschädigung in Betracht. Ist bei Scheidungen allerdings nicht nachweisbar. Pokal Halbfinale Gestern Madrid, heute Aachen. Neuer Tivoli, totale Sintflut und Wasserspiele. Trotzdem 50.000 Wahnsinnige auf den Rängen. Auf der Seenplatte zehn Geisteskranke, die erst dann aufhören zu rennen, wenn sie das komplette Stadion im Rücken haben. Ansonsten Schlammringen und Catchen, mit krassen Pannen im Dutzend. Islop wirft ab, die Murmel flutscht ihm aus der Pranke und rauscht nach hinten in die eigenen Maschen. 1:0 für die Kartoffelkäfer. Im Gegenzug scheppt 70 der Fünfer eine Rückgabe aus 20 Metern kerzengerade ins linke Lattenkreuz. Als regulärer Treffer Weltklasse. Insgesamt Katastrophenkick, nur O´Leary zahlt Vergnügungssteuer. Irische Verhältnisse erklärt unsere Parkuhr und fetzt los. Versenkt im Alleingang drei Murmeln, die Printenköppe allerdings auch. Insgesamt 4 beide. Verlängerung, absolute Höchststrafe. Knapp 15 Grad, Seitenwind und neue Schauer. Träume von einem warmen Palmenstrand, Hängematte und Bar, die hauptsächlich Pina Colada vertreibt. Stattdessen in klatschnasser Kluft auf einem gefluteten Fußballacker. Hagel hämmert auf meine Birne, ich lutsche an einer Gummiflasche mit frostigem Elektrolytgesöff und irgendwer erzählt, wir hätten ziemlich gute Karten, die Printenmänner wären ratsch am Arsch. Super, ich auch. Wir beginnen mit einem Volltreffer. Ösi flankt hoch vor die Kiste, die Aachener Eins lässt flutschen, mir schlägt die Murmel an den Kopf, 5:4. Irgendwer bricht mir vor lauter Begeisterung fast das Genick. Verteidigen unsere Führung bis genau zwei Sekunden vor Schluss. Indirekter Freistoß aus zehn Metern. Tumult unterm Querbalken, dreimal gelber Katong, und am Ende zappelt die Murmel irgendwie im Netz. Liege halb ertrunken im Matsch, ganz Aachen trampelt über mich weg und die Anzeigetafel zeigt 5 alle. Von mir aus könnte jetzt das Flutlicht ausfallen und nie wieder angehen. Passiert aber nicht. Stattdessen Elfmeterschießen. Jeder Schuss ein Treffer. Islop hat dreimal die Krallen dran, aber die Murmel durchschlägt inzwischen Panzerplatten. Unseren letzten Elfer hämmert Jungnikel an die Latte. Aachen verwandelt und wir sind zweiter Sieger. In meinem nächsten Leben werde ich Rosenzüchter. Spanien Rück Mit Pancho. Shakehands vor Spielbeginn und die Kopfnuss ist vom Tisch. Die Konstellation ist klar. Wenn wir gewinnen, sind die Spanier raus, spielen wir unentschieden, fahren beide zur WM. Sollten wir verlieren, darf gerechnet werden. Unglückliche Ausgangslage für ein prickelndes Spiel. Die Toreros versuchen uns nicht zu reizen, wir verwalten, was wir haben. Klopp reißt in der Halbzeit unsere Umkleide ab. Auf 0:0 zu spielen ist der blanke Wahnsinn und Geheimverträge mit Nichtangriffspakt zwischen uns und Spanien existieren definitiv nicht. Auch die Toreros haben ihren Einlauf bekommen. Paff, nach drei Minuten klebt die Murmel rechts oben bei uns im Knick, hüpft aber wieder raus. Schwein gehabt. Eine Viertelstunde lang findet Fußball statt, mit Halbchancen auf beiden Seiten, danach Tiefschlaf. Der Ref macht zum Glück pünktlich Schluss. Klassenziel erreicht, Ende. Montenegro darf Urlaub buchen. Kriegen natürlich ätzende Kommentare von außerhalb. ´Schiebung´, ´Fußballmafia´ und ähnlich dummes Gewäsch. Jeder Teilnehmer an der Quali hatte die gleichen Chancen, von Anfang an. C-League Der nächste Tanz. K.O.-Runde, im wahrsten Sinne des Wortes. Kriegen von Mailand fett den Arsch versohlt. In Italien 0:3, zu Hause 1:2. Sind zu dämlich für die abgespacte Bande. Wir rackern wie doof, die Spaghettis machen die Tore, auch ohne echte Chancen, Standardsituationen reichen völlig. Die ultimativen Präzisionskicker. Und im Rückraum stehen keine Verteidiger, sondern flexible Personenminen. Wer aufläuft, geht hoch. Der Nachschlag kommt per Ellenbogen, absolute italienische Spezialität und der Schiri lässt weiterspielen, trotz Veilchen und Schleudertrauma. Zwei fette Pleiten innerhalb von sieben Tagen. Mertesacker hakt´s ab, Kuhnke ist eine Woche stocksauer und ätzt rum. Tantiemen Viktorias Forderungen kommen prompt und heftig. Scheidung kein Problem, als Abfindung wären 15 Millionen Dollar angemessen, schließlich hat die Dame meinetwegen eine aussichtsreiche Filmkarriere beendet, ein unverzeihlicher Fehler. Vom Affen gebissen, das Püppchen. Welche Filmkarriere? Drei oder vier Minirollen in achtklassigen Schülerproduktionen. Lächerlich. Meine Anwälte winken ab. 15 Mille sind absolut utopisch. Allerdings, billig wird die Sache nicht, der ein oder andere Euro dürfte mit Sicherheit Richtung Kalifornien wandern. Super. Planänderung: im nächsten Leben werde ich garantiert Spielerfrau. 71 Liga Blechpokal, dritter Platz, wieder kein Titel. Immer in Reichweite, haben die Schale aber nie richtig zu fassen gekriegt. Waren der Esel hinter der Möhre. Auch im Pokal wäre mehr drin gewesen, aber wer auf allen Hochzeiten tanzt, braucht viele Anzüge. War keine Flop-Saison, aber um ganz vorne zu landen, fehlen Qualität und Quantität. Wenige Positionen mit Doppelbesetzung, vor allem nicht in der Vorwärtsabteilung. Kein echter Knipser neben Pancic, nur junge Nachwuchshähne. Lautes Gegacker, bunte Federn, das war´s. Und selbst meinereiner schlafft am Ende durch. Muskel, Sehnen und Bänder sind keine wartungsfreien Aggregate. Juni Champions-League Finale, Mailand gegen Moskau in Paris. Sollte eigentlich eine kapitale Fußballfete werden, aber die Hooligans haben dazu gelernt. Irgendwie ist es den Spinnern gelungen, sich in den Zentralcomputer der Pariser Polizei zu hacken und die Maschine mit vorbereiteten Fehlinformationen zu füttern. Sämtliche Ordnungskräfte werden zu Fanatsieeinsätzen in diverse Vororte abkommandiert, während das verstrahlte Chaotenpack generalstabsmäßig und fast ungehindert zum ´Stade de France´ pilgert, schlapp 10.000 Mann in Weltkriegsstimmung und voll bewaffnet. Fußball findet nicht statt. Die Teams verbarrikadieren sich in ihren Kabinen und warten, bis sie von Polizei und Armee befreit werden. Dauert glatte sechs Stunden. In der Zwischenzeit zerlegen die Wahnsinnigen alles, was sich zerlegen lässt, zum Glück auch sich selbst. Resultat: 40 bis 60 Mijo. Schaden, einige Tausend Verletzte, 14 Tote, darunter zwei Polizisten. Drei Tage Staatstrauer in Frankreich und der Präses kündigt an, dass auf französischem Boden bis auf weiteres alle sportlichen Großveranstaltungen abgeblasen sind. Krasse Entscheidung, vor allem für die Proficlubs. Anschließend rollen Köpfe in den Behörden. Sämtliche Verantwortlichen für die Computerpleite (inkl. Innenministerin) dürfen ab sofort irgendwelche Fahrradkeller bewachen. Das Endspiel steigt zwei Tage später unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Tschechien. Die Arena wird von 5.000 Mann Militär und zehn Hundertschaften Polizei abgeriegelt. Moskau gewinnt den Totentanz 3:1 dank seiner Brasilianer. Keine Massakrierten und Verletzten, nur der Mannschaftsbus der Italiener verschwindet spurlos. Juli Überall Spielpause, wir fahren zur WM. Die Republik im kollektiven Fußballwahn. Kein Wunder, die Medien haben auf 220 Grad und Umluft geschaltet. Wir sind die Glückspilze und Stars, haben die Ehre, unsere Knochen für die Nation hinhalten zu dürfen, auch wenn die Knochen gar nicht mehr hingehalten werden wollen. Bekomme von Klopp & Co genau sieben Tage fußballfreie Zeit bewilligt, mit der Auflage, mich medizinisch aufmöbeln zu lassen. Von wegen Urlaub. Buche zusammen mit Elgard einmal Schwarzwald-Klinik und schleife pro Tag sechs bis acht Stunden durch therapeutische Wiederbelebungsmaßnahmen. Die Jungs und Mädels sind Vollprofis, freundlich und bemüht, der Bewegungsapparat wird generalüberholt, nur die Birne tickt immer weiter, auch nach drei Weizen: Fußball, Fußball, Fußball. Testspiel Vor dem Abflug nach Argentinien der obligatorische Abschiedskick gegen eine hauseigene Amateurtruppe. Dieses Mal wurde aus sieben Wäschesäcken ein Eifelclub gezogen, vierte Liga, aber ganz unten. Glückwunsch. Ausnahmezustand in der gesamten Region. Unser Hauptsponor braut seine Brühe gleich nebenan, netter Ort mit großartiger Fernsicht. Viele reden von Schiebung, die Leute vor Ort pfeifen drauf. Wir schreiben 40.000 Autogramme und dürfen anschließend auf dem Platz noch den Himbeertoni geben. Die Eiflis sind nett, aber heiß wie Bügeleisen. Jede Pappnase will uns Starkickern zeigen, wo der Hammer hängt. Gefangene, plappert der Mannschaftskapitän fröhlich in die Mikros, werden in seinem Stadion grundsätzlich nicht gemacht. Klopp hat präventiv mit den Hirnis geredet, aber anscheinend nicht deutlich genug, es hagelt derbe Schläge auf die Socken. Wolter verabschiedet sich mit einem satten Hieb auf die Kniescheibe (fetter Bluterguss), mir hüpft ein 72 Eifelhirsch ungebremst von hinten in die Gräten. Sechs muntere Schraubstollen auf der linken Wade, wie eingebrannt. Freundschaftsspiel, wie der Name schon sagt. August Über meinen zertrümmerten Wadenmuskel wird mehr berichtet als über sämtliche Anschläge in Palästina und Umgebung. Jeder Schritt, jede medizinische Anwendung landet auf den Titelseiten. Macht die Sache keinen Tick besser. Eine Woche Reha und keine erkennbaren Fortschritte. Vier Wochen Südsee wären besser gekommen. Stattdessen täglich zweimal Training, dosiert und mit Unterbrechungen. Nach drei Tagen Südamerika ist Ende im Gelände, vom linken Knie an abwärts geht nichts mehr. Kaputte Wade, Schade. Aufschrei in allen Zentralorganen. Zuerst Besorgnis (was wird, wenn der Junge schlapp macht?), dann kommt der Abschuss: ´Unsere Jungmillionäre können viel einstecken, aber nur, wenn es um Gehälter, Handgeld und Prämien geht´. Absolut treffend. Über den Vollidioten, der meine Wade demoliert hat, beschwert sich keine Sau. Auftakt Nordirland, angeblich unser schwächster Gegner. Um der Presse das Maul zu stopfen wird aufgelaufen, gegen jede Vernunft, gegen die Empfehlung der Ärzte, auf eigene Kappe. Alles ist gut, bis zur 20. Minute. Zweikampf im Mittelfeld, Beinschere von hinten, bleibe mit der lädierten Gräte kurz aber heftig hängen. Optisch belanglos, intern kompletter Muskelbündelriss. Glückwunsch. Einziger Vorteil: ´Simulant´ hat sich erledigt, ´Simulant´ verschönert Krankenhaus und fährt Patienten-Porsche. Die Schichtaufnahmen wandern um die Welt und sämtliche Korrespondenten zerlegen mit Genuss Trainerstab und Medizinmännern, die offensichtlich ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Unfähiges und fahrlässiges Pack. Taktisch clever von der Journalistenblase. Sich selbst aus der Schusslinie bringen und andere in die Pfanne hauen. Schafft man locker, wenn man genug Druckerschwärze hat. Schichtende Falle locker drei bis vier Wochen aus, sagen die Knochenflicker. Spielt aber keine Geige. Nach drei schlappen Unentschieden in der Gruppenphase (Irland 0:0 / Türkei 1:1 / Frankreich 0:0) haben wir mit dem WM Titel keine Last mehr. Dumm gelaufen. Die Türkei und Frankreich werden aufgerundet, wir zu Hause und international auf Erbsengröße geschrumpft. Der Einzige, der beim Nachkarten keine Vollrasur bekommt, bin ich. Alle anderen sind Fußballschwuchteln und verwöhnte Inkassobüros. Nur mir dichtet man ´Charakter´ an, Einsatz bis zur Selbstaufgabe. Von wegen ´Charakter´ – bin jämmerlich vor der Presseblase eingeknickt. Lieber spielen und die Knochen kaputt machen lassen, als kaputt geschrieben werden. Alles völlig ´out of proportion´, sagt Elgard. Denke über meinen sofortigen Rücktritt als Nationalspieler nach. Geht aber nicht, sagt der alte Schwede, an der Sache hängen zu viele Werbeverträge, mein Marktwert und seine Prozente. Saison 2033/ 2034 Knapp elf Monate nichts auf die Reihe gekriegt, auch schriftlich nicht. Kein großer Verlust, hätte sowieso nur irgendwelchen Quadratmüll eintragen können. Abhaken, Mund abwischen, weitermachen, sagt Elgard. Leicht gesagt, absolutes Katastrophenjahr. Nur Mist auf den Ventilator gekriegt. Glatte drei Monate Pause wegen der geplatzten Wade. Zog wie Honka und brach immer wieder auf. Fast vier Wochen im Gruftichopper, danach Reha und Aufbautraining, Schweiß und Tränen, Muskelmasse quasi bei Null. Zwischendurch Scheidung. Schlammschlacht de luxe und Goldgräberstimmung in Kalifornien. Einziges Ziel der Dame: maximalen Schotter abstauben. Erste Phase: Scheidung nach unserem oder amerikanischem Recht? Nach Ablauf von vier Monaten finden die Rechtsgelehrten heraus: unsere Ehe wurde nach deutschem Recht geschlossen und wird dementsprechend auch wieder beendet. Super! Alleine für diese Nummer gehen schlappe 200.000 Euro über den Tisch. Der Rest, nach deutschem Recht, gestaltet sich einigermaßen human. Eine Million in Cash als Einmalzahlung an den Raffzahn und Finito. Im 73 Land des unbegrenzten Wahnsinns hätte mich die Dame mit hoher Wahrscheinlichkeit bis auf die Unterhosen ausgezogen. Top Thema in allen Zentralorganen, von Anfang bis Ende. Zuerst gab´s mächtig Hiebe für mich, nur als rüber kommt, wie geil unsere Greta Garbo für Arme auf jeden Euro ist, kippt allmählich die Stimmung. Auf unserer Seite des Atlantiks wird die Dame höchstens noch in einer Geisterbahn auftreten dürfen, sagt Elgard. Bin während der Verletzung ´journalistisch´ tätig gewesen. Wöchentlich eine Kolumne in ´Sport direkt´ abgeliefert, Thema beliebig, den Rest checkt die Redaktion. Alles ging, selbst die Story um meinen plötzlich verschwundenen Lieblingspullover. Flache Geschichte mit wolligen Konsequenzen: innerhalb von vier Wochen flattern mir exakt 4581 Pullover ins Haus. Basteln daraus einen satten Wohltätigkeitsbasar fürs Rote Kreuz. Die drei besten handgestrickten Modelle werden prämiert und müssen abwechselnd von mir getragen werden, einmal pro Stück. Comeback kurz vor Weihnachten. Ging so. Anschluss im neuen Jahr, Stammplatz zurück erobert, auch im Nationalteam. Muskelmasse und Grundschnelligkeit insgesamt leicht verbessert. Wer mit mir kollidiert, hat ernste Probleme. Technisch und taktisch war eh alles im grünen Bereich. Bin auf dem besten Weg zur persönlichen Perfektion, sagt Elgard. Saisonverlauf trotzdem nicht hitverdächtig. Verpassen sogar den Döner Cup. Mertesacker wird ans Kreuz genagelt und abserviert. Normaler Prozess, sagt Elgard. Nach knapp acht Jahren im gleichen Verein beginnt man sich zu wiederholen, trotz aller Fluktuation im Kader. Und nicht einer weinte dem Langen eine Träne nach, auch nicht die Pappnasen, die er einigermaßen ins Geschäft gebracht hat. Änderte sich mit der neuen Saison schlagartig. Saison 2034/2035 Unser neuer Übungsleiter ist Ernesto Fernando Gomez, Portugiese und Diplom-Oberarsch, Spitzname ´Sonnenkönig´. Erster Auftritt, erster Kracher. Als Rollkommando traben drei Wehrwölfe an, offizieller Titel: Assistenztrainer. Danach erscheint der große Meister, nickt kurz in die Runde und verschwindet tonlos. In seinem Schlepptau hängen zwei neue Balltreter, Robredo und Gabiano, portugiesische Brasilianer oder umgekehrt. Ist auch egal. Kommen beide total mies rüber. Erstes Opfer der neuen Ära: Hulot. Übersetzer überflüssig. Klar, seine Majestät reden überhaupt nicht mit dem unterbelichteten Fußvolk. Wenn Ansagen kommen, dann nur von den drei Wehrwölfen. Die Galeerenkapitäne sprechen Englisch mit uns, bzw. das, was sie dafür halten. Gut neun Zehntel aller Anweisungen gehen den Bach runter und der Rest ergibt keinen Sinn. Jede Trainingseinheit endet im Chaos und zieht sich wie Kaugummi. Bälle verwandeln sich in unbekannte Flugobjekte, dafür flitzen wir wie angeschossene Hasen quer durch die Pampa. Fühle mich nach einer Woche wie der ´Traber des Jahres´. Habe im Namen der Mannschaft bei Kuhnke nachgefragt, ob wir nicht Hulot wiederbekommen könnten. Keine Chance. Unser Dompteur will keinen Papagei, und außerdem hat sich Hamburg den Jungen sofort unter den Nagel gerissen. Dürfte eine heitere Saison werden. Bin gespannt, wie lange es dauert, bis die Bounty meutert oder untergeht. Der Sonnenkönig hat die Truppe allerdings voll im Griff, schlägt an Überheblichkeit sogar Krasinic, unsere Neuerwerbung aus Kroatien. Arroganter Oberarmleuchter. Krasi glaubt fest, Fußball ist seine Erfindung. Taktischer Fehler. Senor Gomez setzt den Halbgescheiten für einen Monat auf die Tribüne und kürzt die Bezüge um ein Drittel. Krasi meckert bei Kuhnke und kriegt zwei Wochen Nachschlag. Der Rest rennt wie die Coyoten. Fußball ist in erster Linie ein Bewegungssport wird uns verklickert. Dass wir am Ball alles können setzt der große Meister voraus, dass wir uns freiwillig bewegen nicht. Profis sind von Natur aus faule, antriebslose Ärsche. Wer sich nicht anpasst und genau nach Anweisung handelt, steht automatisch auf der Abschussliste. Fühle mich wie in einer Sträflingskolonie. Ist wohl auch so beabsichtigt von unserer Trainerprothese. Presst an jeder Wirkungsstätte den letzten Saft aus seiner Truppe, holt einen fetten Titel, wirft nach zwei Jahren die Brocken hin und verschwindet. Verluste spielen keine Geige, wegen eingebauter Erfolgsgarantie. Nichtsdestoweniger hat Madrid die Kanaille vor drei Monaten in den Orbit geschossen, aus unbekannten Gründen, trotz Meisterschaft und 74 Pokalsieg. Dürfte sich einige Todsünden gelappt haben, der große Meister. Jetzt haben wir den Spinner am Hals. - Elgard und ich beschließen, zügig auszuwandern. Typen wie Gomez kennen nur zwei Standpunkte – ihren eigenen und einen falschen. Wie konnte Kuhnke so einen Schweißbrenner verpflichten? August Mokhtadi, unser neuer Dribbelkönig aus Marokko muckt als zweiter. Mokka hat in einem Schuhkarton Fußball gelernt, technisch erste Sahne, aber der Mann leidet an einer extremen Schweißallergie. Verlangt mehr Balltraining und weniger Kilometer. Wird auf der Stelle aussortiert, ab in die Reserve zu halbierten Bezügen. Leute wie Mokka frisst Gomez zum Frühstück. Danach Schweigen im Wald. Kein lautes Wort mehr in den Übungsphasen, kein Lachen, kein Späßchen, Sport nach Vorschrift und mit Peitsche. Elgard rotiert hinter den Kulissen, um mir das Krematorium zu ersparen. Wird knapp, alle vernünftigen Clubs haben die Saisonplanung abgeschlossen und ihr Budget verballert. Neben mir ist mindestens die Hälfte der Truppe auch auf der Suche. Es soll Clubs und Trainer geben, bei denen Menschenrechte und die Genfer Konvention noch beachtet werden. Gomez kann sich und seine Pappenheimer allerdings hervorragend einschätzen. Über seine Wehrwölfe teilt er mit, dass jeder, der seinen Ansprüchen genügt, umgehend 30 Prozent mehr Gage einfährt. Die meisten Abwanderungspläne landen im Müll. EM Quali Das Einzige, was einigermaßen rausreißt ist die Nationalmannschaft. Drei Siege hintereinander auf dem Weg zur nächsten EM, sind Gruppenzweiter hinter Schweden, vor Dänemark, Belgien, Schottland, der Ukraine und den Faroer Inseln. Die ersten beiden qualifizieren sich direkt. Klopp und seine Bande sind der Kontrapunkt zu unseren Arschgeigen im Club. Der Dicke ist auch kein Kind von Traurigkeit, aber trotzdem irgendwie Ansprechpartner und Kumpel. Gomez ist für die Meisten eine Kreuzung zwischen Klapperschlange und Darmausgang. Treffpunkt Wadenbein Herzlichen Glühstrumpf. München. Gerade noch das 1:0 gemacht, drei Minuten später Notarztkontakt und Schmerzen. Kernspindiagnose: Wadenbeinbruch, zum Glück glatt, ohne Komplikationen und ohne OP. Schiene, Schnallenverband und abwarten. Vier bis sechs Wochen Pause meinte der Medizinmann, wenn alles normal läuft. Vor der Ambulanz stapeln sich die Fernseh-Teams, wären am liebsten mit in der Röhre. Elgard transportiert mich nach Hause, von Gomez und seinen Helfershelfern keine Reaktion. Arschgeigen in allen Belangen. Vor der Haustür schichten sich die Fans und wünschen gute Besserung. Wenigstens etwas. Klimakatastrophe Kuhnke erscheint nach zwei Tagen. Stramme Leistung, zeigt rege Anteilnahme. War schon mal wesentlich dichter an der Mannschaft. Bringt außerdem nur verstrahltes Zeug mit. Wird während der Ausfallzeit meine Bezüge um zwanzig Prozent reduzieren, rechtlich ist so eine Schweinerei seit einigen Monaten möglich. Notwendige Sparmaßnahme, das Team kostet insgesamt 30 Prozent mehr, dank Gomez. Super. Der Armleuchter hat Kuhnke voll im Griff. Sofortige Vertragsüberprüfung durch Anwalt. Schlechte Karten. Die Kürzung ist nach neuem EUArbeitsrecht gültig, jeder Betrieb darf bei kranken Mitarbeitern vom ersten Fehltag an 20 Prozent einkassieren. Klagen sinnlos. Elgard ist doppelt sauer. Will mit Kuhnke verhandeln und wird mit drei Worten abserviert, nach schlapp zwanzig Jahren Zusammenarbeit. Kein vernünftiges Gespräch mehr möglich mit dem großen Macher. Gomez sitzt am Joystick und wird den Verein innerhalb von 24 Monaten vor die Wand fahren. Jede Wette. Nix wie weg hier. September Europaliga, Kuhnkes Lieblingskind kriegt Füße, ab der übernächsten Saison. Alles geklärt, bis in die letzte Kleinigkeit. Gigantisches Palaver im Vorfeld. Die meisten Clubs sind gegen die neue Hyperliga, klar, weil nur achtzehn oder vielleicht zwanzig Teams mit von der Partie sind, der 75 Rest kickt im Hintergrund um die ´Goldene Ananas´. Außerdem, nur die stärksten Verbände dürfen ihre Super-Teams schicken, strikt nach UEFA Bestenliste: England, Frankreich, Italien, Spanien, wir, Portugal, Russland, Holland, Schweden, Türkei und Griechenland. Pro Verband ein bzw. zwei Teams, und wir sind haarscharf dabei, neben München, auf Grund aller Platzierungen der letzten zehn Jahre. Der Rest aus Europa wird Sondermüll und in den nationalen Ligen einbetoniert. Die Hyper-Erfinder haben unschlagbare Argumente. Keine unnötigen Wettbewerbs- und Synergieverluste, die beteiligten Clubs erhalten optimale Planungsunsicherheit, von der besonders die Fans profitieren, es gibt nur noch Top-Spiele. In sich ist das System absolut wasserdicht: - Aufstieg und Abstieg entfallen - Einnahmen werden nach Tabellenstand verteilt - feindliche Übernahmen sind verboten - kein Verein / kein Besitzer darf sich mehrfach in der Liga engagieren - der Jahresetat für Spieler inklusive Ablöse wird auf 1 Milliarde Euro eingefroren - Verletzungen des Reglements (Verfolgung durch verbandsinternes Sondergericht) kann mit Ausschluss vom Spielbetrieb und Eignerwechsel bestraft werden, etc, pp. - In 50 Jahren, sagt Elgard, sind auch die Top-Mannschaften Schnee von gestern und sämtliche Ergebnisse werden in einer Lotterie ermittelt. Das gibt für die Clubs noch mehr Planungssicherung und minimiert die Kosten total. Griff ins Klo Knapp verkalkuliert, Senor Gomez, der erste Titel ist futsch. Pokal in Sandbergen, sechste Liga, oberes Mittelfeld, Routinesache. Gomez schickt die Reserve los, sollte trotzdem kein Problem sein. Konjunktiv irrealis, sagt Elgard. Der Platz ist ein Kartoffelacker, die Wadenbeißer sind motiviert bis in die Ohrläppchen, im Gegensatz zu uns. Keine Siegprämie, kein Ruhm, nichts, nada, reines Pflichtprogramm. Und der große Meister hockt in seiner Bushaltestelle und verzieht keine Mine. 0:0 zur Halbzeit, Goliath kriegt David nicht geplättet. Gomez lässt kommentarlos weiterbolzen. Die kalte Dusche kommt prompt. Pancic fliegt wegen Tätlichkeit (Tiefschlag voll auf die 12), und Betong geht fünf Minuten später wegen Schiedsrichterbeleidigung, dabei kann der Knabe weniger als zwei Worte Deutsch. Anschließend erscheinen die Sandberge zum ersten Besuch in unserem Strafraum. Lala, unser Reservefunkturm, schwebt blind am Ball vorbei und irgendein Schlossergeselle schiebt im Liegen die Murmel mitten ins Vergnügen. Minuten später ist die Sensation perfekt. Gomez reagiert: eine Woche Trainingslager inklusive Sondertraining und Streichung aller Außentermine für einen Monat: keine Autogrammstunden, keine Werbeauftritte, nix, null, niente. Dabei war von der ersten Garnitur überhaupt niemand am Trauerspiel beteiligt. Der Spaß kostet mich, trotz Verletzung, knapp 50.000. Leider hat sich der Club die Schikanen von allen Aktiven schriftlich garantieren lassen, irgendwo im Kleingedruckten. Hätte nie gedacht, dass Kuhnke mit diesem Paragraph zuschlagen würde. Im nächsten Vertrag wird der Blödsinn ersatzlos gestrichen oder der Abschluss landet in der Tonne. Im Übrigen, so sickert durch, denkt die Vereinsführung darüber nach, in Zukunft den Pokal sausen zu lassen. Zu hohe Belastung, zu wenig Profit, finanziell und sportlich. Rückfall Mama ruft an. Papa im Delirium Clemens, wieder ab ins Trockendock, offiziell wegen ´Burn Out´. Kann die Griffel nicht vom Sprit lassen. Auch kaum möglich, bei den Freunden, sagt Mama, die Herrschaften schlucken wie Gullys. Eigentlich müsste die ganze Truppe mit, sonst ist der nächste Rückfall vorprogrammiert. Schöne Scheiße. Warum muss man saufen? Gomez als Entziehungshelfer würde Papa die Faxen locker austreiben, so wie O´Leary. Die Spriteule ist seit Saisonbeginn staubtrocken. Kein Wunder, kriegt in unregelmäßigen Abständen und ohne Vorwarnung Blut abgezapft. Und einmal Sprit im Tank kostet eine glatte Million vereinsschädigendes Verhalten. Ohne Sprit gibt´s 10 Prozent mehr Kohle. Weiß ich von Elgard. 76 Verzichte darauf, Papa zu besuchen, wäre ein Reichsparteitag für alle Zentralorgane. Kann mir die Schlagzeile lebhaft vorstellen: ´Fußballstar in Trinker Heilanstalt´. Da muss der Alte alleine durch. Oktober Acht Siege in Folge, dann das erste Remis. Knapp den Vereinsrekord verpasst (10 Siege am Stück). Trotzdem zur Halbzeit auf dem Platz an der Sonne, mit sattem Torverhältnis, 56:12. Wir sind die Helden und Gomez der Heldenvater. O´Leary ist aus Kostengründen in der Form seines Lebens, Jungnikel unser Alterspräsident mimt das Häschen, Islops hat Magnete in seinen Handschuhen und Akele entwickelt sich in Richtung Maradonna. Robredo und Gabiano, Papas Lieblinge, sind ein Team im Team, aber bringen ihre Leistung. Ansonsten arrogante Arschgeigen. Und für mich errechnet das Sadistische Bundesamt: 0,68 Treffer pro Spiel, absolut krass. Liege als Mittelfeldstratege in der Torschützenliste auf Rang 1, trotz fehlender Spiele. Dreimal knapp am ´Tor des Monats´ vorbei geschrammt, einmal gewonnen, Volltreffer mit der Hacke aus zehn Metern Entfernung. Rückfall Papa ist seinen Folterknechten entwischt und hat sich in der nächsten Kneipe voll die Kante gegeben, ohne einen einzigen Cent in der Tasche. Gibt sich am Ende als mein Erzeuger zu erkennen, kübelt den Saal voll und weckt den Notarzt. Super. Der Kneiper, nicht dumm, mailt sämtliche Rechnungen an den Verein, zur Weiterleitung an mich und informiert die Presse: 17 Pils, 8 Doppelkorn, 3 Frikadellen, eine Packung Glimmstengel plus 450 Euro Reinigungskosten. Stehe ab sofort auch unter Spritverdacht, frei nach dem Motto: ein Apfelkorn fällt nicht weit vom Stamm. Kurzschluss Werde auswärts freudig begrüßt mit Transparenten wie: ´Hallo Spriteule´, ´Heute schon getankt´? und so weiter. Und bei jeder Aktion, die in die Hose geht, brüllt die ganze Meute: ´Ziiiielwasser´. O´Leary lacht sich scheckig und selbst Gomez sondert einen hochphilosophischen Kommentar zur Situation ab: ´Remember, young man, any mistake is deadly´. Flachwichser! Welcher Fehler? Dass ich bei der Auswahl meiner Eltern nicht vorsichtig genug war, oder was? Höhepunkt in Köln. Die Jungs treten mir ohne Ende in die Hacken und stänkern rum: ´Du stinkst nach Doppelwacholder´, ´Dein Papa hat dich doch im Suff gemacht´ und ähnlich nettes Zeugs. Nach 60 Minuten knallt die Sicherung. Kurzer Tritt in die Weichteile, der größte Schwätzer knickt weg, ´rot´ und einen Monat Tiefkühltruhe. Bin damit noch gut bedient. Kuhnke kürzt lächelnd und sofort meine Bezüge. Könnte meinen Alten umbringen. November Krasse Neuigkeiten aus dem geschmeidigen Süden. Italienische Zentralorgane berichten über jede Menge gekaufte und verkaufte Spiele. Irgendwelche Herrschaften aus Turin sollen durch massive Einflussnahme zweimal die Meisterschaft und einmal den Pokal ergattert haben. Knackige Vorwürfe. Als Beweis gibt es abgehörte Telefonate, abgefangene E-Mails, fette Überweisungen und mehrere Kronzeugen. Wenn die Sache stimmt, fliegt die Kuh und Turin geht ab in die Kreisliga. Nachschlag Die Angelegenheit in Bella Italia zieht Kreise. Zwei Clubs haben in der Serie A mit großem Geld etliche Spiele manipuliert, um dem winkenden Abstieg zu vermeiden. Stattdessen durften andere in Grass beißen, ohne Schnörkel und viel Tamtam, auf dem ganz kurzen Dienstweg. Drahtzieher hinter den Kulissen ist anscheinend eine fette Spielervermittlung namens FAI in Neapel. Der Laden managt knapp ein Drittel aller italienischen Profis und kann Spiele quasi vom Schreibtisch aus entscheiden, meistbietend, versteht sich. Und einer der beiden Geschäftsführer ist zufällig der Sohn des Nationaltrainers. Sattes Ding. 77 Spritfront Papa liegt auf Nummer sicher, mit seinem vollen Einverständnis. Ziemlich geschlossene Abteilung, sagt Mama, bleibt selbst an Wochenenden dicht. Kein Freigang, keine Gnade, nur gesiebte Luft. Amerikanisches Modell, mit viel Bewegung, wenig Ruhe, ´charmantem´ Personal und noch weniger Zeit, um dumme Gedanken zu produzieren. Arbeitslager pur, nur für die ganz krassen Fälle, wird aber komplett von der Kasse bezahlt. Dauert mindestens drei Monate, Abbruch unmöglich. Wer drin ist, bleibt drin, bis die Sache wieder im Lot ist, es sei denn, der Patient macht die Grätsche. Zusammenspiel Stündlich Neues von den alten Römern. Nationaltrainer gefeuert. Hat über Jahre mit Vorliebe Spieler in seinem Starensemble auftraben lassen, die bei Sohnemann unter Vertrag standen. Erhöhte den Marktwert der Typen erheblich und der pfiffige Stammhalter kassierte anschließend bei jedem Transfers munter mit ab. Papa selbstverständlich nicht. Privat und geschäftlich sind ganz klar getrennt, sagen Papa und Sohn. Außerdem sickert durch, Dutzende von Spielern wurden knallhart in die FAI genötigt, Spiele auf Anweisung zu vergeigen, ansonsten Reservebank oder Vertragsauflösungen. Drei Clubtrainer sitzen inzwischen wegen Mithilfe, Nötigung und Erpressung in U-Haft. Gnadenlos gut, was Polizei, Justiz und Zentralorgane über Jahre so alles verschlafen können. Pizza auf den Augen? Dezember Post von Forsbeck bekommen, meinem alten Berufsschulpauker. Sein Sohn Marco (11) hat Knochenkrebs im Endstadium, die Ärzte geben dem Jungen noch sechs bis zwölf Monate. Sein Weihnachtswunsch (wahrscheinlich sein letztes Weihnachten) wäre noch einmal ein Meisterschaftsspiel live zu erleben. Leider problematisch, weil der Junge durchgehend bettlägrig ist. Ob ich da, ohne großen Aufwand, was machen könnte? Sämtliche Kosten würde Forsbeck natürlich übernehmen. Bin direkt zu Kuhnke. Der Alte war nicht begeistert, aber beim nächsten Match liegt der Junge direkt neben unserer Bushaltestelle. Die Transportkosten gehen auf meine Kappe. Mafia live Ein gewisser Spinelli, Erstliga Schiri und seit Tagen verschwunden, taucht im Hafenbecken von Neapel wieder auf, sauber erwürgt und dann mit einem Bleigürtel versenkt. Dummerweise saugt ihn ein Reinigungsbagger wieder nach oben. Der doppelt Gekillte soll etliche Ligaspiele auftragsgemäß verpfiffen und dafür satt kassiert haben. Seine Witwe legt der Staatsanwaltschaft prompt entsprechende Dokumente vor, Quittungen, Bankauszüge, Telefonmitschnitte. Herr Spinelli war offensichtlich ein sehr gewissenhafter Betrüger. Sechs Clubpräsidenten stehen ab sofort nackt in den Erbsen. Sollten die Unterlagen korrekt sein, sind die Herrschaften nicht mehr zu retten. Obendrauf präsentiert ein Privatsender original Telefongespräche von Valbusa, dem zweiten Gesellschafter der FAI. Der Wahnsinnige gibt aktiven Polizisten die Anweisung, einem Referee mal eben so für ein Jahr den Führerschein abzuköpfen, um klar zu machen, mit wem es der Herr zu tun hat. Allem Anschein nach war ein Match nicht ganz nach Plan gelaufen. Zusätzlich ordnet Herr Valbusa an, einem Schnappi zwei Finger zu brechen, damit er sich nach seiner Genesung genauer an getroffene Abmachungen hält. Total verstrahlt. Wie kommt man auf derartige Ideen, und wie Banane muss man sein, um derartigen Schwachsinn telefonisch zu verbreiten? Wenn man schon die kriminelle Laufbahn einschlagen will, sagt Elgard, sollte man auf jeden Fall versuchen, beide Hirnhälften einzuschalten. Schuss i.d. Ofen Die Presseheinis schlagen sich fast um Forsbeck-Junior. Der Kleine bekommt mehr Aufmerksamkeit als beide Teams zusammen. Wird zusammen mit seinen Eltern von den Medien total überrollt. Live-Interviews, Fragenkataloge, Sonderwünsche für jeden Sender. Das Kind bekommt von der ersten Halbzeit so gut wie nichts mit. Danach bugsieren wir Marco in unsere VIP-Lounge, die VIPs machen mit und der Kleine kann in Ruhe sein Spiel sehen. Kriegt nach 78 dem Match mein Trikot und einen Spielball mit 30 Unterschriften. Trotzdem, die drei Forsbecks sind platt. Kann nicht das Gelbe vom Ei für die Truppe gewesen sein. Schade. Werde die arme Socke in seiner Klinik besuchen, ohne Vorankündigung und Pressegeschwader. Rollkommando Anklage durch die Staatsanwaltschaft. Tonbänder, Quittungen und Kontoauszüge tauchen im Dutzend auf, ein einziger Sumpf. Eigentlich ist in Spagettiland keiner mehr sauber, der seine Nase im Profigeschäft hat. Hauptsächliches Ziel, neben Meisterschaft und Abstieg, satte Wettgewinne einfahren! Muss einige Jahre supergut funktioniert haben, jetzt hocken 36 Kicker (neun Nationalspieler!), fünf Trainer, sieben Clubpräsidenten und sechs Rasenjuristen in U-Haft. Alle behaupten einheitlich, sie wäre gezwungen worden Spiele zu verpfeifen oder zu verlieren, anderenfalls hätte man sich an ihren Frauen oder Kindern vergriffen. Tatsache oder faule Ausrede? Valbusa, der wahrscheinliche Strippenzieher hinter den Kulissen, ist unauffindbar abgetaucht. Freiwillig oder auch in Richtung Hafenbecken? 2035 Januar Oslo, 50. Länderspiel. Kein großer Bahnhof, ein wüster Strauß Blumen, dreimal feuchtes Händeschütteln und anschließend ordentlich was auf die Socken. Die Herren vom Polarkreis pflegen einen rustikalen Stil, erst die Gräten, dann den Ball. Und die Oberpfeife hat ihren Spaß an der Sache. Der Mann weiß, was wir verdienen und möchte uns dafür schreien hören. Jubiläumsbonus Fehlanzeige. Lande mit verbogenen Rippen in den Reklamebanden und krieche nach 70 Minuten vom Acker. Endstand 1:1 und vier Tage trainingsfrei wegen massiver Atemnot. Das einzig Positive: Elgard verhandelt mit interessierten Clubs in Italien (ganz schön mutig), England und Spanien. Lösungsversuch? Der nächste Hype aus dem verstrahlten Süden. Valbusa ist gefunden, mausetot in einer Mailänder Hotelbadewanne. Offiziell Selbstmord, Zyankali und fertig. Sein ellenlanger Abschiedsbrief (mit Maschine geschrieben) geistert gnadenlos und voll kommentiert durch alle Medien. Kompletter Roman, total krass und nobelpreisverdächtig. Gegen Valbusa sind Al Capone & Co. barmherzige Samariter. Der Mann war ein kriminelles Universalgenie, hat Schiris, Spieler, Trainer und Clubpräsidenten angeworben und erpresst, Gelder parat gestellt und verschoben, Glücksspiele organisiert und als Betonbauer höchstpersönlich den Pfeifenmann in Neapel erwürgt und im Golf versenkt. Ganz schön dick geschnitten. Valbusa war knapp 1.60 m hoch, 55 Kilo schwer und 72 Jahre alt, der Versenkte 1.90 m lang, 93 Kilo schwer und gerade mal 40. Das ideale Täter-undOpfer-Verhältnis berichten die Korrespondenten. Für die Staatsanwaltschaft ist nach diesem Schreiben der Fall zum großen Teil erledigt. Gegen Tote kann keine Anklage mehr erhoben werden, basta. Der verbliebene Müll wird höchstens für eine Tralala Veranstaltung gegen eine Handvoll Pappnasen reichen, die anschließend mit Bewährungsstrafen und Geldbußen dem Fußball auch in Zukunft erhalten bleiben. Clever gemacht, sagt Elgard, den Alterspräsidenten gnadenlos geopfert, der Nachwuchs demoliert weiter. Februar Rippen okay, aber fabrikneuen Ärger an der Backe. Robredo und Gabiano spielen sich in den Vordergrund, leider voll auf meine Kosten. Kriege nur noch unbrauchbare Pässe untergejubelt, zu hoch, zu steil, zu lang oder direkt ins Kreuz. Sieht jeder Idiot, nur Gomez nicht. Umgekehrt kommen meine Vorschläge bei den zwei Halbaffen grundsätzlich nicht an. Beschwerden sind zwecklos, die Hirnis reagieren nur auf ihren Sonnenkönig. Konsequenz: hocke urplötzlich auf der Bank, einfach so, ohne jede Vorwarnung. Begründung: mangelnde Bindung zum Team und kreative Pause. Arschgeige. Bin sicher, dass die beiden Zecken Anweisung hatten, mich dumm aussehen zu lassen. Möglich, dass Gomez von Elgards Aktivitäten weiß und meinen Marktwert knicken will. 79 Entlassen Papa ist zurück und absolut sauber, sagt Mama, Zehn Kilo weniger, fit wie ´n Rollschuh und isst nicht mal Rumkugeln. War ´ne harte Sache, die Kur, sagt Papa, aber hat sich gelohnt. Zum Schluss hat man ihm zu jeder Mahlzeit irgendwelchen Sprit andrehen wollen, Null Reaktion. Versteht gar nicht mehr, wie man sich mit dem elenden Zeug so voll dröhnen und systematisch abschießen kann. Außerdem, Alkohol und Alkoholwerbung gehören gnadenlos verboten. Wirtschaftet nur der Abfüllindustrie und Vater Staat in die Taschen und ruiniert die Menschen. Noch einen Monat länger in dieser Anstalt, sagt Mama, und Papa hätte einen Bibelkreis gegründet. März Elgard hat Fratelli getroffen, Präses in Mailand. Fratelli sagt, war niemals Selbstmord. Valbusa hat zwei Tage vor seinem Abgang die Scheidung von seiner Frau in Gang gesetzt, ungewöhnlich für jemanden, der vorhat die Notbremse zu ziehen. Außerdem waren Valbusa (72) und seine neue Flamme (39) erst vor knapp vier Wochen in eine grundrenovierte Villa umgesiedelt. Ne, sagt Fratelli, Selbstmord hat andere Vorgeschichten. Jeder weiß die Sache ist nicht koscher, jeder, außer der Staatsanwaltschaft. Elgard knickt die Verhandlungen. Wechsel nach Italien uninteressant, keine saubere Perspektive, da unten hängt alles in der Schwebe. Kann sein, dass einige der Top-Clubs morgen weg sind vom Fenster und zukünftig in der Chianti-Liga kicken. Bankangestellter Gomez knüppelt die Truppe zum Erfolg, auch ohne mich. Darf den Edeljoker geben für die letzten zehn Minuten, aber nur wenn´s brennt. Mache prompt mein Tor und Gomez, der Schwachmat, verkauft den Mist auch noch als seine persönliche Meisterleistung. Ich bin, erklärt die Arschgeige, der geborene Einwechselspieler, hat außer ihm nur keiner erkannt. - Würde den Spinner gerne widerlegen und überhaupt nicht treffen, hätte dann aber schlechtere Karten im Wechselpoker. Die Aktien sind eh schon gefallen. Weiß der Halbaffe natürlich. Will mich als unverkäufliches Kasperle behalten. Und Kuhnke wird natürlich sofort an meiner Gage sägen, todsicher, bin ja nur noch Zeitarbeiter. Nicht mit mir. Und wenn ich demnächst als Amateur für Eierlikör Erfurt kicke. April Elgard flucht und rödelt, von ursprünglich fünf Interessenten sind nur noch zwei ernsthaft im Geschäft. Ich soll auf jeden Fall treffen, sagt der alte Schwede, sonst winkt der Rest auch noch ab und die Preise fallen bis nach Australien. Mir egal, Hauptsache weg, egal wohin, von mir aus auch zum Nulltarif. Bin topfit und kann mich überall durchsetzen, unter fairen Bedingungen. Herrgottdarsteller wie Gomez & Co können mir die Schuhe aufblasen. Werde dem Knaben nicht aus der Hand fressen wie Pancic, Jungnikel und die anderen Charakterprothesen. Gomez, ne Danke. Finito Die Taktik, von welchem Schwerverbrecher auch immer, geht voll auf. Die Staatsanwaltschaft in Rom stellt alle wesentlichen Untersuchungen ein, der Hauptangeklagte zupft auf Wolke sieben die Harfe. Die übrigen Finstermänner werden ohne Auflagen aus der U-Haft entlassen. Kastrierte Anklagen im nächsten Jahrzehnt. Bis dahin, sagt Elgard, ist das ganze Rattenpack haftunfähig oder tot, sämtliche Zeugen haben Alzheimer und alle belastenden Unterlagen sind spurlos beseitigt. Die Aufarbeitung der Schweinerei erfolgt hauptsächlich intern, kommentieren die Gazetten, man vertraut auf die Selbstreinigungskraft von Wirtschaft und Sport. Super. Der Notzuchtverbrecher wird Hausmeister im Schwesternwohnheim. Elegant gelöst. England Sieht gut aus, sagt Elgard, trotz allem. London ist von meinen Qualitäten überzeugt und zahlungswillig. Wäre der Sprung in ein absolutes Top Team. Nur Kuhnke zickt rum. Klar, will mich entweder behalten oder das Maximum aus der Sache herausschinden. Rooney, der Anführer 80 in London, kontert mit meinem Status als Saisonarbeiter. Kuhnke steht auf dem Standpunkt: egal, der Mann ist der Top-Scorer der Saison, gefährlicher geht nicht. Alles Erbsenzählerei. Wenn Kuhnke mir diese Tour vermasselt und meint, ich würde für seinen Startrainer weiterhin das Kaninchen spielen, das man jederzeit aus dem Zylinder zaubern kann, hat er sich krass verkalkuliert. Werde mich notfalls reamateurisieren oder zum Sportinvaliden erklären lassen. Mai Und noch ´ne Reform, heftig und doppelt. Bundesliga, Serie A, Premier-League usw. werden geknickt, vielleicht schon im nächsten Jahr. Stattdessen Euro-League. Die besten zwanzig Clubs aus Euroland kicken in einer gemeinsamen Runde, der Rest bleibt draußen und spielt mehr so zum Spaß. Genaueres folgt in Kürze aus Lausanne. Eins sickert aber schon im Vorfeld durch: infolge der Kompostierung aller nationalen Spitzenligen, wird überall der alte Pokal höher gehängt. Wer das Endspiel um den Pott gewinnt, ist in Zukunft offizieller Landesmeister. ´Back to the roots´, erklären die Erfinder. Alles viel fairer so, jeder einheimische Club kann jetzt z.B. Deutscher Meister werden, auch einer aus der fünften Liga. Die Bundesliga war eigentlich nur ein Übergangsstadium, gute Sache, aber jetzt kommt in der ´Meisterschaft´ wieder echte Spannung auf, mit Hin- und Rückspiele aus Marketinggründen. Verringert außerdem für die Großen das Risiko, frühzeitig gekegelt zu werden. Die Kleinen meckern gewaltig, weil Sensationen damit flambiert werden. Auf der anderen Seite verdient man mit zwei Garantiespielen natürlich mehr als mit einer lumpigen Partie. Damit ist der Zwergenaufstand einigermaßen geknickt. Nur das Endspiel ist einmalig. That´s progress, sagt Elgard. Juni Kuhnke backt kleine Brötchen und trabt mit verbessertem Angebot an. Abgelehnt, solange Gomez den Finger am Abzug hat. Alles nur Missverständnisse, sagt Kuhnke, im nächsten Jahr läuft die Chose besser. Gomez und ich sind Erfolgsmenschen mit Ecken und Kanten, man muss sich gegenseitig Chancen einräumen. Und schließlich sind wir so gut wie Meister und ich zum ersten Mal Torschützenkönig, trotz Teilzeit. Gomez bringt uns alle groß raus, sagt Kuhnke, besonders mich, gerade wegen seiner forschen Methoden. Und außerdem England?! Sollte bloß nicht meinen, dass mich der Wechsel in eine sorgenfreie Zukunft beamen würde. Rooney säuft wie zwei Männergesangvereine, ist anerkannter Choleriker und tritt seinen Spielern höchstpersönlich in den Hintern, wenn nicht alles so abläuft wie geplant. Mister Dynamite hat im laufenden Geschäftsjahr drei Stiefelträger fristlos gehimmelt, wegen nix. Außerdem, ich käme in einen total zusammengekauften Haufen mit zwei absoluten Top-Knipsern, die sich jetzt schon gegenseitig auf den Puschen stehen. Gomez wäre, seiner Meinung nach, mit Sicherheit die bessere Alternative. Sack zu Rooney toppt Kuhnkes Angebot locker. Unnötig, aber angenehm. Hätte auch für das halbe Geld gespielt. Nur weg hier. Die Verträge werden in Amsterdam unterschrieben. Kuhnke macht auf enttäuscht und stocksauer. Hätte nicht mit so einem billigen und feigen Abgang gerechnet, bin schließlich immer wie im Schaufenster behandelt worden. Stimmt, bis auf die letzte Saison, und der letzte Eindruck zählt. Wenn ein Motor plötzlich verreckt, machen ihn die zehn einwandfreien Jahre vorher auch nicht wieder lebendig. Geteiltes Echo im Presseclub. Das schreibende England freut sich, zumindest halbwegs, hält mich für eine Verstärkung. Bei uns gibt´s Feuer aus allen Rohren. Bye, bye Die Zentralorgane kriegen nicht auf den Schirm, dass ich in den Sack haue, gerade jetzt, wo wir satte Erfolge feiern. Endlich wieder Meister, nach knapp zwei Lichtjahren. Alles im grünen Bereich, warum auswandern? Die Erklärungen werden sofort und ohne jede Rückfrage nachgeschoben. Erstens: Silberrückensyndrom. Kann mich nicht zurücknehmen, ein- oder unterordnen und andere ´Götter´ neben mir akzeptieren. Lachhaft. Zweitens: Geldgier. Bin ab sofort ´Heuschrecke´, einer von den Armleuchtern, die ausschließlich kicken, um optimal 81 abzusahnen. Als Beweis werden völlig beknackte Zahlen in die Welt posaunt. Bin mit einem Schlag genau so beliebt wie Haarausfall. Werde im letzten Match gnadenlos ausgepfiffen, trotz Meisterschale und Torjägerkanone. Auf tausend Bettlaken steht groß und breit ´Verräter´. Dass man absolut keinen Bock mehr hat von Gomez und seinen drei Schleifsteinen pulverisiert zu werden, interessiert kein Schwein. Der Arrogantarsch ist momentan Halbgott. Kuhnke trägt seinen Teil zur Desinformation bei. Erzählt jedem, dass ich sein ultimatives Top Angebot quasi ungeprüft in die Tonne geklopft habe. Stimmt nur halb, das Angebot war ultimativ, aber nicht top. Und Typen wie Gomez und seine Schergen würden selbst durch Spitzenbezüge nicht erträglicher. 2035 /2036 Juli Abgang als echte Nacht- und Nebelaktion. Pusemuckel Airport, Privatjet und ab, um den Zentralorganen zu entkommen und dämliche Kollisionen mit fundamentalen ´Fans´ zu vermeiden, die aufgrund von Internet-Shit dreimal den falschen Flughafen besetzt hatten, um mir einen ´unvergesslichen´ Abschied zu bereiten. Jedes Mal Niete, aber die Luftbahnhöfe sahen nachher lecker aus. Schrott de luxe. Empfang Der komplette Vorstand inkl. Aufsichtsrat, schlapp zwanzig Nasen, begrüßt mich in meiner neuen Behausung in Kensington (die absolute Nobelecke in der City) mit Champagner, Kaviar, Hallo und Helau. Anfang locker, Ende Orgie. Rooney als Zeremonienmeister schlägt voll zu. Betonung liegt auf voll. Düse morgens um drei Uhr per Taxi ins nächste Hotel, weil die halbe Bande granatenhagelvoll mit irgendwelchen Halbdamen in meiner neuen Bude abhängt. Satter Auftakt. Gomez hätte die Truppe mit Sicherheit vierteilen, rösten und dann erschießen lassen. Neustart Renovierung einer frisch renovierten Hütte. Starker Auftakt. Etliches nach der berauschenden Nacht ist voll gekübelt, versifft oder abbruchreif. Rooney entschuldigt sich im Namen aller für den heißen Empfang. Auch auf der Insel wird gefeiert und außerdem wäre man froh, mich im Club zu haben. Die Instandsetzung der Bude geht selbstverständlich auf seine Kappe, kein Problem, und die Hotelkosten auch. Wer Scheiße baut, muss auch dafür gerade stehen, sein Motto, sagt er. Ansonsten, alles schick und erste Sahne. Residiere in Parknähe und fast fußläufig zu allen Attraktionen der City, Buckingham Palace, Trafalgar Square, Parlament, Big Ben und so weiter. Und man kann tatsächlich noch vor die Tür gehen, ohne von johlenden Fans platt gemacht zu werden. Noch. August Oktoberfest im Stadion. Knapp 60.000 Augen traben an, nur um den neuen Kader zu begaffen. Wir lassen uns brav ablichten, kritzeln Autogramme und drehen ein paar Runden im Stadion, damit die Leute sehen, dass wir tatsächlich laufen können, trotz unserer Gagen. Erste Neuerung: Amtssprache Englisch. Hätte im Unterricht besser aufpassen sollen. Das Gröbste kommt an, den Rest wird man lernen, hoffentlich. Unser Head Coach ist nicht zu übersehen, Crouch mit Namen und locker zwei Meter hoch, mit Armen und Beinen wie Mikadostäbchen. Nuschelt leider ziemlich, macht aber auf freundlich, zumindest im ersten Moment. Nicht zu vergleichen mit Gomez und seinen Kopfjägern. Läuft und kickt auch selbst noch mit, die verhungerte Bohnenstange. Bin im Übrigen mitten in einer Weltauswahl gelandet, die Elite aus Kamerun, Nigeria, Brasilien, Argentinien, Spanien, Schweden, Frankreich, Sierra Leone, Paraguay, usw. Dazu eine Handvoll Engländer für die Reservebank and one German. 82 Audienz Nach zwei Tagen Rapport beim Übungsleiter. Hat seine Bude zwischen Mannschaftskabine und medizinischer Abteilung. Kurze Wege für den Funkturm. Imposante Kemenate. Büro mit Holztäfelung, voll gestopften Bücherregalen und Mini-Theater mit fetter Leinwand für Videoanalysen. Mischung aus Professorenstube und Programmkino. Empfang mit Tee und Gebäck, vom Meister selbst serviert. Fehlt nur noch die Queen. Ist absolut zufrieden mit mir und meiner Einstellung, könnte mittelfristig groß rauskommen. Will mich direkt hinter den Spitzen haben, in den Lücken, für Rückpässe und Abpraller, allerdings immer mit Rückwärtsgang, total wichtig, Rückwärtsgang. Nach vorne sprinten, nach hinten fliegen. Soll mich vom ganzen Drumherum nicht verrückt machen lassen, vor allem nicht von den Pressefutzis. Sind in England wesentlich direkter und knalliger als anderswo auf dem Planeten. Da werden aus Gerüchten satte H-Bomben, kein Problem. Und falls irgendwann mal zu viel auf meinem Teller sein sollte, auch kein Problem, Anruf beim Meister reicht und die Sache wird erledigt. Drückt mir seine MobileNummer in die Hand und schüttet Tee nach. Ungewöhnlich. Auch Trainer können Menschen sein. Einstand Besser geht nicht. Heimpremiere, Hütte voll bis unters Dach, Arsenal und wir erscheinen in Bestbesetzung. Darf von Anfang an mitmischen und sage Danke. Zweimal per Kopf am Elfer durchgesetzt und knallhart ab in die Maschen. Dazu vor der Abwehr gnadenlos abgeräumt und eine todsichere Klamotte mit der Kniescheibe von der Linie gefischt. Am Ende glattes 3:1 für uns. Hätten auch vier oder fünf sein können. Standing Ovation für das Team und für den German. Crouch persönlich holt mich kurz vor Schluss vom Feld und schlägt mir freundlich das Kreuz kaputt. Nickname Die Jungs von der Inselpresse sind hyperfix. Das größte Revolverblatt hat mich am nächsten Morgen in voller Größe auf der Titelseite, komplett in rot und einen ganzen Kopf über den Jungs von Arsenal. Überschrift: ´Red Baron back´. Darunter steht: ´German Lufthoheit in England´. Na ja. Werde clubintern sofort und ohne große Zeremonie geadelt. Alles im Club brüllt nur noch ´Hey, Baron, you old Nazi´. Dauert einen Vormittag bis die Herrschaften gerafft haben, dass ich auf den ´old Nazi´ keinen Wert lege, absolut keinen. Wird ohne Meckern respektiert. Aber ´The Baron´ bleibt. Kontaktanzeige Drei Spiele, vier Kopfballtore. ´The Match´, das Ober-Zentralorgan, ernennt mich zum ´besten Kopfballmonster der Welt´ und verlangt meine sofortige Einbürgerung. Das war die nette Nummer. Plan zwei ist ein super Wettbewerb. Um mich kurzfristig einwurzeln zu können, starten die Durchgeknallten eine landesweite Brautschau. Alle heiratswilligen, einheimischen Gewächse sollen sich pronto um den Platz an meiner Seite bewerben. Kurzer Lebenslauf und Photo genügen, am besten unbekleidet. Für den Fall einer Hochzeit, spendiert das Blatt die Hochzeitsfeier und einen Ehestandzuschuss von einer glatten Million Pfund. Dachte zuerst an einen blöden Scherz, aber nach schlapp 20.000 Zuschriften an die Clubzentrale innerhalb von 48 Stunden. War schlagartig Schluss mit lustig. Dementi Auf einer offiziellen Pressekonferenz verkündet Rooney, dass die Aktion von ´The Match´ in keiner Weise mit mir oder dem Verein abgesprochen ist und auch in keiner Weise mit meinen Intentionen in Einklang steht. Ich bin als Fußballer auf die Insel gekommen und nicht als Heiratskandidat. ´Ehe´ wäre momentan absolut kein Thema für mich. Meine Konzentration gälte ausschließlich dem Verein und dem nächsten Match. Außerdem betrachte man die gesamte Idee als ausgemachten Blödsinn und moralisch eher bedenklich. Eine Dame, die sich mit einem Aktfoto öffentlich um den Posten einer treu sorgenden Ehefrau bewirbt, hätte sich als solche gnadenlos diskreditiert, erklärt der Boss stocknüchtern. Ende der Durchsage. 83 Zuschriften Unser Dementi geht total fliegen. ´The Match´ wird mit Post zugeschüttet. Insgesamt, so die Redaktion, sind innerhalb von sieben Tagen exakt 513,576 Bewerbungen angeschwemmt worden mit 1,314,233 Nacktfotos, etliche davon absolut brauchbar, sagte der Editor in Chief. Unser Clubjurist teilt dem Revolverblatt präventiv mit, dass Verein und ich die Annahme jeglicher Zuschrift verweigern werden. Nur Rooney grinst. Prima Publicity für den Club, die nächsten sechs Heimspiele sind total ausverkauft, neue Sponsoren stehen Schlange und der Preis für Werbeflächen steigt. Von ihm aus, sagt Rooney, könnte ich die Brautwahl durchaus intensiver betreiben. In Ruhe alle Angebote sondieren und dann könnte man weiter sehen. Müsste mich ja nicht sofort auf eine Kandidatin versteifen. Flippe kurzfristig aus und erkläre dem Klappstuhl, was ich von seinen Ideen halte. Bin am nächsten Tag schon wieder die Titelgeschichte. ´Der erste Angestellte, der seinem Manager voll in den Hintern getreten und überlebt hat. Respekt´. September Auswärtsspiel in Newcastle. Fußball ist absolute Nebensache. Die Bude platzt, überall kreischende Teenies und beknackte Transparente: ´I love you, Baron´, ´Marry me, Darling´, ´Fuck me, please´. Hilf Himmel. Nach zwanzig Minuten müssen die Bobbys und Ordner vier splitternackte Damen vom Spielfeld greifen, die mir an die Wäsche wollen. Bilder für die Welt. Fußballprofi wird von hüllenlosen Furien verfolgt. Rooney mutiert zum Lachsack und Crouch bricht auf der Reservebank in Stücke. Im Sudan frisst die Wüste das letzte fruchtbare Land auf, im Nahen Osten massakrieren sich Araber gegenseitig und bei uns jagen 20 Polizisten unbekleidete Elfen durch ein Fußballstadion und die Nation rollt sich vor ihren Mattscheiben ab. Die 60.000 Freaks im Stadion sowieso, selbst die Ultras. Kein einziger Bengalo fliegt, die Nummer muss man gesehen haben. Super! Wir gewinnen 2:1 durch meinen Elfer kurz vor Schluss. Ist aber eigentlich totale Nebensache. Rückfall Anruf Mama. Papa hat sich wieder total zugeschüttet, zusammen mit zwei Typen aus seinem Flaschenregal. Mama hat die Truppe nur einen Moment aus den Augen gelassen und schon waren die Veilchen wieder blau. Jetzt kommen Nägel in die Kiste. Noch Mal amerikanische Therapie, aber für sechs Monate. Die Kasse blecht zur Hälfte, von mir kommt der Rest. Wenn Papa sich nach dieser Kur noch einen lappt, ist absolut Feierabend, sagt sein Arbeitgeber, dann bleiben nur noch ´n Schlafsack und ´ne warme Brücke. Und Mama hat auch die Nase voll. Polizeifestspiele Heimatabend. Der Club hat durch einstweilige Verfügung jede weitere Hochzeitsaktion von ´The Match´ präventiv unterbinden lassen. Die Redaktion faselt von einem Anschlag auf die Pressefreiheit und droht mit Einspruch. Kommt aber nicht, dafür Polizei im Quadrat, um Überraschungsaktionen im Keim zu ersticken. Angereiste Damen werden auf vollständige Bekleidung hin überprüft und sauber im Stadion eingetütet. Der Laden ist rappelvoll, aber außer Fußball läuft nix. Wir gewinnen klar und sauber 3:1, sind Ligaprimus, aber die Fans ziehen stinkig und pfeifend nach Hause, zerlegen zwei U-Bahn Stationen, eine Geschäftszeile, drei Pubs und einen Doppeldecker. Da haben die nackten Mädels gefehlt, sagt der offizielle Fanbeauftragte. Überfall Bekleidete Damen schlagen zu. Mehrere Dutzend klimmen kurz nach Mitternacht über die solide Grundstücksmauer, zerdeppern Scheiben und Türen und versuchen meine Hütte zu stürmen. Polizei trabt an und schnappt 30 Bräute ziemlich humorlos weg. Fernsehteams und Fotografen sind zeitnah mit von der Partie und klettern hinterher. Sturm auf die Bastille, oder so. Rooney erscheint per Taxi auf der Bildfläche und versucht die Revolution zu stoppen. Geht natürlich voll in die Hose. Der Wutstöpsel knallt nach fünfzehn Sekunden komplett durch und zerlegt jede Menge Material und Mensch. Kann austeilen und einstecken wie Tier. Krankenwagen rollen an 84 und transportieren die Zerlegten ab. Die Bullerei kassiert Rooney ein und einige andere Kickboxer. Die Tatsachenverdreher haben genug Sensation für mindestens eine Woche. Nachschlag ´Friedensrichter´ Rooney erntet vier dicke, fette Anzeigen wegen massiver Körperverletzung, Beamtenbeleidigung, Verprügelung der Staatsgewalt und Selbstjustiz. Wir sind in allen Zentralorganen der Aufmacher, quasi weltweit. Toppt locker zwei Selbstmordattentate im Gazastreifen und die Queen, trotz ihres Unfalls im Rollstuhl. Unsere Bilder bringen mehr Quote. Rooney würgt einen Reporter, Rooney plättet einen Bobby, Rooney schrottet eine Kamera, eine Batterie gerupfter Mädels wird von der Polizei in Bereitschaftsfahrzeuge komplimentiert. Sieht alles aus wie vom anderen Stern. Mist Post von den Forsbecks. Marco ist gestorben, gerade mal zwölf Jahre alt. Keine Chance gehabt, kaum was vom Leben gesehen. Hat jede Nacht in meinem Trikot geschlafen, schreibt Forsbeck, und wird auch damit beerdigt. Foto liegt bei. Absolut unfair. Sterben im Kindesalter sollte verboten werden. Der Brief kommt leider zwei Tage nach der Beisetzung. Lade die beiden Forsbecks für die nächsten Ferien nach London ein. Meine Hütte ist groß genug; vielleicht kann ein Tapetenwechsel ablenken. Möchte nicht in ihrer Haut stecken. Kinder sollten nie vor ihren Eltern sterben, sagt Elgard. Oktober Nächster Schwachsinn. Everton, ´The Match´ hat sämtliche Reklamebanden im Stadion gechartert und pflastert das Viereck mit elektronischen Heiratsanträgen zu (inkl. Bild und Steckbrief), die sich alle 90 Sekunden ändern. Das Spiel interessiert keine Sau, die meisten Kamerateams haben Anweisung, auf die Banden zu halten. Zweiter Knaller in der Halbzeit. Während der gesamten Pause laufen 100 ausgesuchte Kandidatinnen in ziemlich wenig Klamotten über einen Laufsteg quer durchs Stadion und bilden zu Beginn der 2. Hälfte einen ´Tunnel of Love´, durch den alle Spieler traben müssen. Will eigentlich nicht mehr raus, aber Rooney meint, Auswechslung kommt nicht in die Tüte. Betrete die Arena via Haupttribüne, hätte ansonsten wahrscheinlich ohne Dress auf dem Rasen gestanden. Den Verantwortlichen von ´The Match´ sollte man das Hirn frittieren. Aber ganz langsam. Festung Meine Hütte wird umgebaut, auf Vereinskosten. Alle Fenster erhalten schlagfestes Glas, massive Stahlgitter inklusive Panzer-Rolläden. Der Briefkasten wird abmontiert und die Klagemauer um Fort Knox auf 2,50 erhöht. Obendrauf, aber nach hinten abgeknickt, damit´s nicht so auffällt, sitzen vier Reihen Stacheldraht und achtzehn Kameras, die jeden Zentimeter Mauerkrone ablichten. Die Bilder laufen in einem professionellen Sicherheitscenter auf, das sofort die Kavallerie in Bewegung setzt, wenn irgendeine Mücke die nächste Invasion startet. Taktische Verletzung Leichtes Heimspiel gegen Leeds, dann eine Woche Spielpause. Der Vorstand beschließt Notaus für zehn Tage und verfrachtet mich in die Schweiz. Offiziell: Leistenzerrung und Behandlung im Ausland. Die heiratswilligen Damen sind sauer, ´The Match´ palavert von einem billigen Ausweichmanöver. Andere spekulieren über einen spontanen Transfer – Ende der Inselkarriere, noch bevor sie richtig begonnen hat. Als Beweis zitiert man Kuhnke, der auf Anfrage prompt mitteilt, sein Verein hätte absolut nichts gegen meine vorzeitige Rückkehr. Rooney winkt ab, alles völliger Blödsinn, mein Vertrag gilt, aber keiner glaubt dem Dicken, vor allem, weil er meinen Aufenthaltsort für sich behält: ´Somewhere in Europe´. Bringt die Pressefutzis natürlich ganz hoch auf der nach oben offenen Palmenskala. Hocke oberhalb des Genfer Sees auf Schweizer Seite in einer exklusiven Promi-Siedlung. Alles vom Feinsten. Nebenan wohnen Filmstars, zwei Formel-1-Piloten und jede Menge Wirtschaftsbosse, die in Ruhe ihren Schotter zählen wollen. Werde von einer kugelrunden 85 portugiesischen Hausdame versorgt und strample täglich stundenlang und voll verkleidet durch die Gegend, um nicht zu rosten. Außerdem hat mein Asyl einen total korrekten Fitnessraum mit allem Schnickschnack, inklusive Pool. Keine Ahnung, wem der Protzschuppen gehört, kann aber nicht am Hungertuch nagen. Schluss mit lustig Nach sechs Tagen Knick in der Idylle. Schlagartig erscheinen draußen TV-Teams und belagern die Herberge. Zum Glück sind die Schweizer Landjäger knallhart drauf. Wer nicht sofort die Anker lichtet, ist seine Karre los, inklusive Ausrüstung. Als Zugabe Anzeige wegen Haus- und Landfriedensbruch und so weiter. Die Herren in grau sind bewaffnet und absolut humorlos. Werde trotzdem abends eingesammelt, per Hubschrauber nach Lausanne verfrachtet und dann Richtung London geflogen, erstmal ins Vereinsheim. Bannmeile Rooney kommt mit Etappensieg. Haben die gerichtliche Verfügung, dass sich kein Filmteam und ähnliches Kroppzeug meiner Hütte auf mehr als eine Meile nähern darf, Luftlinie, versteht sich. Wer gegen die Auflage verstößt, riskiert satte Bußgelder, ein Strafverfahren und seine Akkreditierung als Journalist oder Techniker. ´The Match´ und einige andere Revolverblätter spucken Feuer, aber die Kommentare gehen mir inzwischen, wissenschaftlich ausgedrückt, voll am Arsch vorbei. Ich bin Fußballer und nicht der Himbeertoni. Feierabend Back to normal. ´The Match´ gibt auf, die Luft ist raus, von jetzt auf gleich. Auswärtskick in Southhampton, absolut tote Hose. Keine kreischenden Mädels mehr, keine Liebesbriefe, keine nackten Flitzer, nur Fußball (und Langeweile?). Läuft bei mir wie doof. Kann machen, was ich will, jeder Versuch ein Treffer, wenn´s sein muss mit Ohrläppchen oder Schilddrüse. Unsere beiden Diplom-Knipser M´Seto und Chapman laufen sich den Wolf und treffen keinen Flugzeugträger, mich erwischt die Murmel an der Augenbraue und klebt im Netz. Die Küstenaffen kriegen gleich drei Stück von mir, trotz versuchter Sonderbewachung. Gründlich versautes Wochenende für meinen persönlichen Kettenhund. Wird nach 70 Minuten ausgewechselt und bekommt anschließend von seinem Coach ein Video geschenkt, alles in Zeitlupe, damit er weiß, was abgegangen ist. Crouch nickt und läd zum Tee. Saison Zwei Unentschieden nach zehn Spielen, den Rest gewonnen. Wir rangieren auf Platz 1, hinter uns Life Insurance Liverpool und Play Station Manchester, der Rest der Liga ist momentan Dekoration. Champions-League läuft ähnlich. Drei Spiele: 9 Punkte, 7:1 Tore. Werden aber von der eigenen Presse noch nicht als Top Favorit gehandelt, ganz anders als in Germany. ´The Match´ und Konsorten kommentieren mehr von Spiel zu Spiel, dann aber krass. Deutsche Teams sind Nazis, Italiener Mafiosi, Höllander Holzschuhtänzer und Russen Wodkavernichter, auch wenn die meisten Russen aus Südamerika kommen. Forsbeck 1 Forsbecks fragen an, ob mein Angebot noch steht und sie einige Tage erscheinen könnten. Absolut kein Problem, jede Menge ungenutzter Platz in meiner Hütte. Möchte im Leben nicht mit den Beiden tauschen. Würde ich selbst Gomez nicht wünschen, den einzigen Nachwuchs zu verlieren und Gomez bleibt für mich das Allerhinterletzte. Hat andererseits seine Jungs schon wieder auf den Platz an der Sonne bugsiert. Und in der C-League läuft´s auch. Geht alles nach Plan, sieht mich der alte Schleifstein im Halbfinale wieder. Kurzer Prozess Rooney fängt sich sechs Monate auf Bewährung wegen seiner Catcheinlagen vor meiner Hütte und 20.000 Pfund Geldstrafe. Der Richter wertet mildernd, dass der Dicke sich ursprünglich schlichtend einsetzen wollte, dabei aber massive verdunkelt war (2,7 Promille). Das Zivilverfahren könnte teurer werden. Einer der Verkloppten lag glatte vier Wochen im 86 Krankenhaus, Gehirnerschütterung, die halbe Kauleiste weg, Schleudertrauma, Schädelprellung und so weiter. Rooney sagt, alles getürkt, um bei ihm richtig abzukassieren. Forsbeck 2 Tony, unser Mann für alle Fälle, hat die Forsbecks am Flughafen eingesammelt und bei mir abgeliefert. Beide sehen aus, wie durch die Zeitmaschine gejagt, um Jahre gealtert, graue Haare und geknickt. Drücken mir Marcos letzten Brief in die Hand. Der Junge bedankt sich artig für die Einladung ins Stadion und das tolle Trikot, das er nur zum Waschen auszieht. Er sieht jedes meiner Spiele im Fernsehen und wünscht mir und der Mannschaft viel Erfolg. ´Für mich bist du der beste Fußballer der Welt´ lautet der letzte Satz. Darunter hat er einen großen Fußball mit noch einem größeren Herz drum herum gemalt. Wir sitzen zu dritt im feudalen Wohnzimmer und heulen. Leben hat mit Gerechtigkeit absolut nichts zu tun. Hallo / Goodbye Sightseeing mit Tony, Sonderurlaub gibt´s nicht mal bei Crouch. Später gemeinsames Abendessen im Hilton, oberste Etage, mit Blick über die gesamte City. Trotzdem keine Stimmung. Beide Forsbecks sind fix und foxi, obwohl ewig feststand, dass der Kleine keine Chance hatte. Vorbereitung bringt hier nicht viel, sagt sie, man beginnt auf Wunder zu hoffen. Und das Schlimmste war, dass man nichts tun konnte, nur zusehen, wie der Junge immer weniger wurde. Wir drei müssen einen verdammt schrägen Eindruck hinterlassen haben im Hilton. Am nächsten Abend sind die Forsbecks weg. Kurzes Schreiben auf dem Küchentisch. Sie möchten nicht, dass durch ihre Seelenlage meine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit negativ beeinflusst wird. ´Wir haben uns ohnehin schon viel zu sehr in Ihr Leben gedrängt. Herzlichen Dank und weiterhin große Erfolge.´ November One big step ahead. Gipfeltreffen in Liverpool. Zwei Volltreffer, wie bestellt - ein Abstauber aus neun Zentimetern und der obligatorische Kopfballkracher aus zehn Metern, fast wie ferngesteuert. Seit Wochen die gleiche Nummer - aus Dreck werden Tore. Die Enkel der Beatles pflastern alles in die Reklamebanden und treffen zweimal die Flutlichtmasten. Verabschieden sich damit aus der ersten Reihe. Wir liegen voll im Soll und alle haben sich lieb. Echter Kuschelverein. Dezember Nächstes Top-Match. Manchester hängt uns dicht auf der Pelle, schlappe vier Punkte Abstand. Marschieren ähnlich wie wir, aber schlechtere Torquote. Solide Abwehr, schlaffe Attacke. Gegen uns genau umgekehrt. Versenken drei Dinger, kassieren aber auch 3. Total schräges Match. Liegen 0:2 hinten, führen 3:2 und lassen uns kurze vor Ende der Veranstaltung einen dämlichen Elfer andrehen. Barthod, unser französischer Chaotenschnappi, räumt mit einer komplett verstrahlten Flugeinlage gleich zwei Mann ab und kann duschen gehen. Der fällige Elfer sitzt im Nachschuss. Hätte das Unglück fast noch verhindert, aber die Murmel rauscht über meinen Scheitel in die Maschen. Shit happens. Trotzdem klarer Herbstmeister und eindeutiges Presseecho. Bin wertvollster Teamplayer, Top-Scorer und bester Neueinkauf auf der Insel. Rooney, die alte Spriteule, heißt es, hat mal wieder die richtige Nase gehabt. Merry Christmas Mama und Papa trudeln ein, war nicht zu verhindern. Mama macht sofort klar Schiff, obwohl alles in Schuss ist, Papa schleicht um den Kühlschrank. Bis auf zwei Tüten Kakao nichts Trinkbares gefunden. Nach zehn Minuten ist der erste Gesprächsstoff erschöpft. Zum Glück befindet sich an der Ecke ein vernünftiger Pub. Papa sagt, kann er ab, macht ihm nix, wenn andere saufen, die letzte Kur war der Durchbruch. Selters oder Milch tun´s auch. Mama zuckt mit den Schultern und wir dackeln ab. Papa haut der Pub aus den Latschen, die original Einrichtung von 1849 und Sherlock Holmes war Stammgast. Schlägt deutsche Etablissements um Längen. 87 Nur die Preise sind gewaltig, auch für Wasser und Milch, absolut nix für Briefträger und so. Und auf Kredit gibt´s in England keinen Tropfen. Nur Bares ist wahres. Home News Pancic meldet sich und gratuliert zum durchschlagenden Erfolg. Wäre auch in der alten Heimat angekommen, mein Einstand auf der Insel. Kuhnke beißt sich jeden Tag in den Arsch, weil er mich weggeekelt hat. Erzähle ihm von Crouch und unseren Teestunden. Der alte Knipser glaubt kein Wort. Trainer sind keine Menschen, sondern zweibeinige Wehrwölfe. Gomez auf jeden Fall. Läuft zwar alles wieder in Richtung Meisterschaft, aber die Stimmung ist von Bofrost. Der große Meister und seine Finstermänner lassen immer mehr die Sau raus. Und wer muckt, kriegt was auf die Glocke. Macht absolut keine Laune. Momentan steht Freund O´Leary ganz oben auf der Abschussliste. Soll angeblich veilchenblau im Training erschienen sein. Hockt zu halben Bezügen auf der Tribüne. Irgendwann, sagt Pancic, dreht der Kleine unserem Sonnenkönig den hässlichen Hals um. Schreckschuss Alarm auf der Insel. Die Queen ist zusammengeklappt, ohne Vorwarnung, einfach so. Liegt auf Intensiv und wird von ihren Leibärzten und einem Dutzend Spezialisten gepampert. Sofort das einzige Thema in sämtlichen Medien. Im Minutenabstand neue Verlautbarungen im Internet, stündlich Sondersendungen in Radio und TV, täglich Extrablätter. Medizinisch erfährt man Null, nur dass der Zustand der alten Dame stabil ist. Die Nation rechnet mit dem Schlimmsten. Klar, die Queen ist keine 90 mehr. Auszug Drei Tage mit Mama und Papa und die Nerven liegen blank. Gesprächsthemen außer Fußball und irgendwelchem Kleingartenmüll Fehlanzeige. Onkel Kevin, Tante Jessica und Schwager Torsten sind für mich absolut unerheblich, haben mich auch früher nie interessiert. Und die gesamten Erbfolgekriege wegen fünf Euro mehr oder weniger sind zum Kotzen. Außerdem ist Onkel Dieter noch lange nicht unter der Erde. Absolut krass, wie dünn Beziehungen sein können, und wie wenig bleibt, wenn der tägliche Firlefanz fehlt, den man gemeinsam regeln muss. Ohne Kleinkram Endstation. Habe mich kurzfristig im Vereinsheim einquartiert, von wegen Trainingslager und so. Das Herz der Nation Die Queen liegt im künstlichen Koma. Herzprobleme, heißt es offiziell. Vor dem Hospital schichten sich Menschen, Blumenspenden und Genesungswünsche, selbst der Papst betet für die alte Lady. Die Zentralorgane machen nur noch in Mitleid und Besorgnis, ganz dick an Position 1. Dahinter, auf 2, läuft der Nahkampf um die Nachfolge. Kommt Sohnemann auf den Fahrersitz oder wird der alte Knabe wegen Altersschwäche übersprungen? Hält die Nation voll in Atem und die Auflagen hoch. Abflug Mama und Papa am Flieger abgeliefert. London als Stadt ist gigantisch, aber man versteht die Leute ganz schlecht und die meisten Sachen sind total teuer. Besuchshalber ganz nett, aber zum Leben, ne Danke. Aber als Profi kann man sich eben nicht immer aussuchen, wo man sein Geld verdient, sagt Papa. Nur die Kneipen sind einmalig, da können unsere Tankstellen zu Hause nicht mit, auf keinen Fall. Wer was anderes behauptet, der hat keine Ahnung, der sollte unbedingt mal nach England. Schönes Schlusswort und genug Gesprächsstoff mit seinen Spritnasen für das nächste halbe Jahr. Beide haben mit Wiederkommen gedroht. Januar Vor dem Match in Birmingham kurzer Bittgottesdienst für die Queen im Stadion mit einem echten Bischof. Anschließend Nationalhymne. Am Ende der Partie noch mal Hymne mit echten Tränen, selbst bei notorischen Hooligans. Dazwischen, mit Glück und Rückenwind, ein dünnes 88 2:1, unsere mieseste Saisonleistung, mit einem Sonntagsschuss aus 25 Metern in der Schlussminute. Kann machen was ich will, ein Ding passt immer. Ende Gruppenphase Formsache. fünf Siege, eine Niederlage. Crouch lässt im letzten Match in Lyon die komplette Reserve ran. 1:3 Klatsche. War zu erwarten, aber die Frogs sind trotzdem draußen. Nur noch die ganz Dicken befinden sich im Rennen, wie jedes Jahr. Auch Gomez und seine Sklaventruppe. Können frühestens in der übernächsten Runde auf den Armleuchter treffen, falls seine Jungs Moskau rauskegeln und wir Madrid. Kommt gleich ziemlich dick, aber kleine Fische sind am Ende nicht mehr im Becken. Februar Noch mal Kadi und noch mal teuer. Keine Gnade für den Dicken. Die ehrenwerte Vorsitzende toppt sogar die Forderungen der Staatsanwaltschaft. Hat anscheinend eine Allergie gegen zupackende Männer, schreibt zumindest die Fachpresse. Rooneys Kooperation und Reue bewirken null. Für die Prügelarie sind 30.000 Pfund Schmerzensgeld fällig plus 12.000 Pfund Verdienstausfall. Dazu kommt eine Einmalzahlung von 10.000 Pfund ans Rote Kreuz. Die Truppe kassiert überall mit ab, - von wegen Verbrechen lohnt nicht. Außerdem hat die Krankenkasse des Verkloppten angekündigt, sich von Rooney sämtliche Behandlungskosten erstatten zu lassen, alles in allem 45.000. Nicht schlecht für knapp drei Minuten Supermann. Als Sahnehäubchen gibt´s 30 Sozialstunden im Altenheim. Regt den Dicken am meisten auf. Er als Krankenpfleger. ´Der erste Alte, der aufmuckt, geht ohne Pudding ins Bett´. März Madrid. Ausverkaufte Bude und Stierkampfatmosphäre. Werden von Anfang an in Grund und Boden gebrüllt, echte Hörspiele. Regt keinen von uns auf, im Gegenteil, M´Seto und Chapman brauchen Feuer untern Hintern. Kulisse und Randale geben den Knaben echte Kicks. Haben die Sangria Front voll im Griff. Rechnet sich aber nicht, weil der Mann an der Pfeife, ein Mister van der Craft aus Amsterdam, in der ersten Hälfte zwei astreine Treffer wegtrillert und gleich nach Neustart Tschikischwili, unseren Staubsauger vor der Abwehr, für eine Lappalie in die Kabine schickt. Unsere Fans reagieren auf ihre Art: ´Hey Ref, we know where your car is parked´. Möchte nicht wissen, was der nette Herr van der Craft für diese Showeinlagen abgestaubt hat. Hoffentlich genug, um sich einen Gesichtschirurgen plus neue Identität leisten zu können. Wir vergeigen 0:1, klares Abseitstor, was sonst? Rooneys Protest beim Verband wird eingestampft. Wir können nur hoffen, dass im Rückspiel kein Tulpenzüchter pfeift. Queen England wird ein Volk von Herzspezialisten. Fachleute spekulieren über eine By-Pass Operation inklusive Stents und Herzschrittmacher. Jedes Medium engagiert eigene Experten, die der Öffentlichkeit Operationstechniken, Vorteile und Risiken en detail verklickern, mit Graphiken, bewegten Bildern und frisch Operierten. Im Grunde könnte jeder Tommy die OP auf seinem Küchentisch durchführen, die Montageanleitungen und Tricks gibt´s für kleines Geld an jeder Straßenecke. Kommt an, der Quatsch, schließlich stammt ´Do-it-yourself´ von der Insel. Madrid zum Zweiten Der Verband hat reagiert. Das Schiedsrichtergespann wird ab sofort erst einen Tag vor Spielbeginn bestimmt. Rooney hat keine Chance, den Herren vorab ein halbes Jahr Hawaii, eine lebenslange Rente und Bentleys zu offerieren. Madrid zum Glück auch nicht. Seit Tagen Völkerkriegsatmosphäre auf der Insel. Von englischer Fairness keine Spur. Wer sich als Holländer outet, spielt mit seinem Leben. Spanische Fans landen an geheimen Orten, werden in gesicherten Konvois zum Spiel gekarrt und anschließend geht´s im Konvoi retour. Hätte auch für lau diesen Höllentrip nicht mitgemacht. Nur was für Lebensmüde. Im Stadion schwappt die Sangria Front in Plexiglaskäfigen. Sieht aus wie im Tierpark. Auf dem Rasen hat jeder Torero, der sich zum Ball bewegt, tausend Dezibel am Ohr. Für jeden, den wir 89 abräumen, gibt ´s zweitausend Dezibel Applaus. Besonderen Spaß haben die Schiris. Jede Entscheidung gegen uns wird zum akustischen Hypergau, selbst wenn wir die Murmel klar und deutlich in die Pampa befördern und das Seitenlinien-Aschenputtel pflichtschuldig Einwurf für Madrid winkt. Mir ginge als Schiri der Arsch auf Grundeis. 1:0 zur Pause. Chapman hat als Einmann Torpedo die Murmel über die Linie gerammt, mitten durch den spanischen Schutzmann. Wäre regulär nie anerkannt worden. Egal. Crouch will dosierte Offensive, sollen nicht überdrehen und uns irgendeinen dämlichen Konter fangen. Kaum gesagt, schon passiert. 50. Minute, Ball läuft vom Keeper über zwei Stationen, Querpass Richtung Elfer, voll abgezogen, eins beide. Die Toreros grinsen und Gomez wahrscheinlich auch. Hockt irgendwo auf der Tribüne, um seinen nächsten Gegner zu studieren. Gibt mir irgendwie die zweite Luft. Komme noch höher mit der Rübe als sonst und drücke zwei absolut krasse Dinger über die Linie, den letzten Ball quasi mit der Schlusssirene. Anstoß findet nicht mehr statt. Die Stierkämpfer liegen am Boden wie erdrosselte Maikäfer, die Arena dreht komplett hohl und Gomez weiß, was auf ihn zukommt. Bin ich ab sofort ´everbody´s darling´ und ähnlich populär wie Robin Hood, Richard Löwenherz oder Sir Francis Drake. Es hagelt neue Heiratsanträge und eine mittelnahe Verwandte der Queen könnte sich vorstellen, mich höchstpersönlich zu ehelichen. Deutsche Männer im Britischen Königshaus haben Tradition. Zum Glück hat die Prinzessin die 80 bereits deutlich hinter sich. April Es heißt, die Mutter der Nation ist wieder bei Bewusstsein. Die Presse jubelt vor, die Nation jubelt nach. Alle warten auf Interviews oder eine Ansprache und die hohen Kreise hoffen, dass Lizzy endlich ihre Nachfolge regelt. Pustekuchen, die alte Dame lässt die Katze hübsch im Sack. Trotzdem, Blaskapellen, Bands und Chöre bauen sich vor dem Hospital auf und dröhnen, was das Zeug hält. Zum Glück ist die gute Queen inzwischen stocktaub. Halbfinale hin Rückkehr an die alte Wirkungsstätte. Kein Offizieller begrüßt mich, abgesehen vom Platzwart. Kuhnke nickt mir im Vorbeigehen in den Katakomben zu, O´Leary steht am Ende des Tunnels in Zivil und boxt mir in die Rippen. Die fetten Jahre sind vorbei. Gomez lässt den Knallfrosch auf der Tribüne vermodern. Gut für uns. Wenn der Kleine halbwegs drauf ist, egal ob nüchtern oder nicht, brennt der Strafraum. Islop und Pancic klopfen lässige Sprüche vor dem Einmarsch, aber die Jungs wirken insgesamt nervös. Gomez hockt auf seiner Trainersofa-Sonderanfertigung und gibt den Unberührbaren. Trotzdem, die Truppe ist topfit, läuferisch, aber nicht im Kopf. Fehlpässe und Stolperbälle im Dutzend. Betong und Akele hängen mir abwechselnd in den Gräten, und jeder Versuch, nach oben zu steigen, endet in irgendeinem Ellenbogen. Tut richtig weh. Ansonsten Ballgeschiebe im Niemandsland mit kompletter Neutralisation. Spielen unseren Stiefel runter und warten auf Fehler und Zufälle. Rechnet sich spät, aber rechnet sich. M´Seto feuert, Islop spielt Volleyball und Chapman staubt ab. Alles im Lot, nur Pancic macht den Spielverderber, schnibbelt Barthod in der Nachspielzeit eine absolute Gurke ins Netz. Bogenlampe aus 25 Metern, ewig unterwegs, Unterkante Latte und fertig. Barthod grinst und zuckt mit den Schultern. Alter Schlafwagenschaffner. Insgesamt kein Traumergebnis, aber Gomez kann im Rückspiel keinen Beton anrühren. Treffen seine Galeerensklaven nicht, ist Schluss im Katong. Mai Aussicht auf Extremjubeln oder Intensivtrauern. Drei fette Endspiele in zehn Tagen, nur noch Titelseiten, die Sponsoren freut´s. Je nach Beute werden sich die Gebührensätze kräftig erhöhen, sagt Elgard. Erfolg macht sexy und teuer, nicht nur in Film und Politik. Bin inzwischen ein mittelständiges Wirtschaftsunternehmen, allerdings ohne Überblick und Interesse an meinem Finanzkrempel. Der alte Schwede plus Gattin (im Hintergrund) schaukeln das Kind. Wir machen in Immobilien, Aktien, Firmenbeteiligungen, Fonds, Termingeschäften und so weiter. Nehme mir jeden zweiten Tag vor, die Geschäfte gründlicher zu verfolgen, ist schließlich mein Schotter, bleibt aber jedes Mal bei der Absicht. Papierkram war nie mein Ding, trotz bestandener 90 Ausbildung. Addiert strömt monatlich ein ziemlich sattes fünfstelliges Zusatzeinkommen in meine Schatulle, sagt Elgard, ohne viel Action. Okay, der alte Schwede zweigt fünfzehn Prozent für sich und seine Herzdame ab, satter Anteil, trägt mir dafür aber auch den Arsch nach. Geht absolut in Ordnung. Außerdem, habe jetzt schon mehr im Sparstrumpf als ich bis ans Ende meiner Tage verbraten kann, falls mich nicht der Höhenrausch packt. Steht momentan nicht zu befürchten. Mittelmeeryachten, Flugzeugträger und Stealth Bomber sind nicht mein Ding. Und teure Mädels kommen mir sowieso nicht mehr in die Hütte. Rückspiel Kuhnke nach dem Aufwärmen getroffen. Stand leicht verloren im Gelände. Faselt von unseren guten, alten Zeiten. Sind gerade mal zehn Monate her und war am Ende alles andere als gut. Spreche ihn auf Gomez an. Kommt nicht viel, Kuhnke macht zu. Hat Erfolg und ist wieder auf Meisterkurs. Was will man mehr? Crouch will Kontrolle und Slow-Motion, keinen Hurra-Fußball in der eigenen Laube. Geduld haben, warten und irgendwann zuschlagen. Spielen wie bestellt, müde, quer und rückwärts. Gomez hat seinen Jungs die gleiche Nummer verordnet, hätten wahrscheinlich die Ansagen austauschen können. Nach 30 Minuten klebt uns Pancic das erste Ding an die Latte, allgemeiner Weckruf. Die Fans werden unruhig, wir aktiver. M´Seto schlägt zu, wird aber nicht gezählt wegen Abseits. Ganz knappe Kiste. Anschließend rasseln Betong und Chapman aufeinander. Überschlag, zwei Tritte mit internationaler Härte, doppelter Platzverweis. Crouch springt aus der Hose. Wenn alles gut geht, hockt Chappy im Finale auf der Tribüne. Zweiter Durchgang. Habe mehr Platz nach vorne, obwohl Akele an mir hängt wie Hosenträger. Nützt wenig. Kann richtig Anlauf nehmen und Haken schlagen. Zwei Granaten rauschen an der Kiste vorbei, die dritte schlägt ein. Null Chance für Islop, halbhoch, linker Innenpfosten, 1:0. Danach Kontrolle in allen Abteilungen. Gomez reagiert, mottet Akele ein und hetzt mir abwechselnd seine beiden Schergen, Robredo und Gabiano auf den Hals. Klare Taktik: treten bis ins Krankenhaus. Crouch macht das Massaker zehn Minuten lang mit, bringt mich dann in Sicherheit und lässt Malumal von der Leine, unseren hauseigenen Räumpanzer. Robredo wird unwesentlich später vom Grün geschleppt und Gabiano tritt an der Mittellinie in die Eisen. Keine Lust in ein zweibeiniges Minenfeld zu laufen. Gomez und seine Schäfchen sind gründlich entzaubert und kassieren den Fangschuss fünf Minuten vor Feierabend durch M´Seto. Klasse Solo und dann Islop eiskalt durch die Stelzen. Gomez gratuliert Crouch. Ich klopfe dem Sonnenkönig auf die Schultern und stecke ihm auf Portugiesisch einige Nettigkeiten, die mir Pereira, unser Abwehrchef, grinsend zur Verfügung gestellt hat. Gomez verzieht keine Miene und trabt ab. Nebensache - Hauptsache Schlappes Presseecho. Herzlichen Glückwunsch, ihr seid die Größten, schade, dass Chapman zum Finale in der Nase popeln darf. Das war´s, abgehakt und weiter. Alle warten auf die hauseigene Partie gegen Manchester, lokal bewegt die Leute mehr als Europa. Wer hier gewinnt, ist Ein-Drittel-Inselmeister, Schottland und Wales haben schließlich ihre eigenen Champs. Die Propaganda vor dem Match ist gewaltig. Alles wird verwurstet, Aufstellungen, Taktik, Seitenwindgefahr, Stimmung bei den Platzwarten, Tsunami-Wahrscheinlichkeit, Schuhgrößen und Haarstyling. Alles ist wichtig. Über den Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde nicht halb so viel berichtet, sagt Elgard. Kleines Finale Manchester könnte sich auch vorstellen, Meister zu werden. Wir sind drei Zähler vor, haben die bessere Tordifferenz und Heimvorteil. Ein Sieg und wir sind einen Spieltag vor Saisonende Champion. Crouch will dieses Mal keine Rechenspielchen, verordnet Attacke und glatten Sieg, nur kein Verwaltungsfußball oder pokern auf Unentschieden. Auf den Rängen liefern sich die Fans Stunden vorher einen Meistersinger-Wettbewerb. Wir gewinnen. Klar, sind auch 50.000 mehr auf unserer Seite. 91 Trotzdem, Sand im Getriebe, oder Hosen voll? Keine Ahnung. Nach drei Minuten kann Barthod die erste Kugel aus dem Netz fischen. Flanke unterlaufen, leere Hände und Bingo. Manchester singt, aber nicht lange. 15. Minute, Ljungström flankt genau meinen Schädel, 1:1, wir singen. Kurz vor Teatime dummer Crash im Mittelfeld und Schiedsrichterball. Drop Kick aus 40 Metern, Barthod hampelt im Gelände rum, 1:2. Manchester singt. Teabreak. Crouch lässt unseren Reserveschnappi warm schießen. Wink mit dem Zaunpfahl für Barthod. Alle leicht verunsichert, nur kein 1:3 direkt nach Wiederanpfiff. Der Lange verordnet mauern im eigenen Stadion. 30 Minuten Fußball ohne Fußball. Manchester grölt, unsere Leute pfeifen. Einziges Lebenszeichen sind lange Bälle in die Spitze. Leichte Beute für Manchester. Elf Panzerschränke stehen in und an der Penalty Box und koffern weg, was kommt, mit wachsender Begeisterung. Wäre ein Scheißtag geworden, hätte Chapman nicht drei Minuten vor Schluss direkt am Fünfer einen Querpass durchflutschen lassen. Zwei Mann blocken Chappy ergebnislos ab, die Murmel zischt weiter, genau auf meinen rechten Schlappen. Paff, das Netz fliegt weg, 2:2, wir singen. Entscheidung vertagt. Juni Eine Woche lang Zwei-Felder-Wirtschaft. Entweder die Queen inklusive Grabenkrieg um die Thronfolge oder wir. Lähmungserscheinungen auf der Insel. Nichts bewegt sich, alle warten. Vater und Sohn, die beiden Thronjäger sollen in Schottland ein Geheimtreffen absolviert haben, in guter Atmosphäre, unter vier Augen, ohne Dolmetscher. Wir trainieren angeblich auch geheim, um nicht im letzten Moment gegen eine geschlossene Tür zu rennen. Völliger Blödsinn. Wir trainieren null, alles Regeneration und Feng Shui. Noch zweimal die Knochen hinhalten und die Saison kann abgespeichert werden. Sudden Death Alles im Kasten, total unspektakulär und deutlich. Sind Britischer Ein-Drittel-Meister. Manchester versemmelt im eigenen Laden gegen Newcastle 0:1 (total Banane!!), wir hauen Ipswich 6:1 weg. 3:0 nach zwanzig Minuten, zwei Beiträge von mir. Bin damit endgültig Top Scorer der Saison, knapp vor M´Seto. 50 Pflichtspiele überlebt, aber nach Spielende plus Gratulationsfolter durch den eigenen Anhang reif für den Notarzt. Barthod liegt mit Rippenbruch flach, Malumal muss die linke Schulter eingerenkt werden, Chapman hat ein sattes Veilchen. Was der Gegner nicht auf die Reihe kriegt, schaffen die ´Fans´ locker. Rooney verkündet 48 Stunden trainingsfrei und legt die offizielle Meisterschaftsfeier auf den Tag nach dem C-League Finale. Habe mich kurzfristig in die Provinz abgesetzt. Hocke in einem ehemaligen Schmugglerund Piratennest namens Polperro/Cornwall und genieße die Gegend. In der Dorfkneipe, 20 Yards vorm Ende der Welt, hängen nur Einheimische ab mit null Plan von Football. Das Bier ist okay und mit George, dem Landlord, kann man über alles quatschen, außer Sport und Queen. Pack mich am zweiten Tag auf seinen Kutter und knattert die Küste lang. Absolute Filmkulisse und total unübersichtlich. Kein Wunder, dass hier im Akkord geschmuggelt wurde. Alles vorbei, sagt George. Der Markt für Alkohol, Tabak und handliche Waffen ist lange tot und Rauschgift wird nicht über Cornwall ins Land geschleppt. Zumindest nicht, dass er wüsste. Und wenn, würde er diese Brüder glatt ans Messer liefern. Alkohol, okay, aber nicht das andere Mistzeug. Drogen sind Killer. Na ja, man kann sich auch mit Alkohol kaputt machen, siehe Papa. Grabenkriege Hauen und Stechen um die Krone, behaupten sämtliche Zentralorgane. Wird natürlich im Kaminzimmer ausgetragen und nicht vor versammelter Nation. Soll ganz hübsch fetzen. Papa hat sein Gebiss rein geschoben und schnappt zu, möchte auch mal ans Steuer, hat schließlich lange genug in der Warteschleife gehangen. Historisch-moralisch okay, aber der alte Knabe ist quasi scheintot, so populär wie die nächste Steuererhöhung und protokollarisch ein Risiko, wie aus gut informierten Kreisen verlautet. Sohnemann ist auch schon im Rentenalter, hat aber immer noch Weibergeschichten am Laufen. Wir als C-Leage Finalisten sind absolute Nebensache. 92 Großer Zapfenstreich Berlin. Zum letzten Mal C-League Finale. Wird trotz ihrer Demontage insgesamt als Erfolgsmodell gesehen, von den Großen, versteht sich. Die No-Name Verbände und Clubs in Euroland haben X Jahre beim Geldzählen zugeschaut. War insgesamt von den Großen geschickt eingestielt. Die Verteilung von Titeln, Ruhm und Finanzen wird sich auch mit neuen der EuroLeague nicht ändern, im Gegenteil. Keine Chance mehr für irgendwen, den Großen ans Bein zu pinkeln, die haben sich in der neuen Eliteklasse sauber und luftdicht gegen den Rest des kickenden Kontinents abgeschottet. Von jetzt an bleibt garantiert jeder Cent immer bei den gleichen Clubs und erhöht die Planungssicherheit. Glückwunsch. Pancic ruft an und wünscht viel Glück. Nur Vize-Meister geworden, kurz vor Ende noch mächtig abgekackt. Es rumpelt im Vereinshaus. Gomez ist nicht mehr unfehlbar. Gut, dass Pause ist, sonst hätte irgendwer den Sonnengott an die Kabinentür geschweißt. Kuhnke ist momentan abgetaucht und lässt die Sache laufen. O´Leary hat sich in Richtung England verabschiedet, wird wahrscheinlich demnächst gegen mich kicken. Moskau kommt mit der Cremè de la Cremè, inklusive Rahmani. Wir müssen auf Chappy verzichten, zwei Spiele Tribüne. Rahmani, der Armleuchter, begrüßt mich, wie seinen besten Kumpel und föhnt, wie gut er und seine Leute drauf sind. Keine Chance für uns, höchstens am kalten Buffet. Rattenarsch. Knurre ´Hallo´ und schalte auf Durchzug. Erkläre Malumal zum fünften Mal in aller Deutlichkeit, welche Arschgeige da gegen ihn aufläuft. Der schwarze Mann nickt. Rahmanis Beine werden keinen freundlichen und schmerzfreien Abend erleben. Die 70.000 im Stadion auch nicht. Absoluter Baldriankick. Neutralisation im Mittelfeld, Gewürge, Treterei und Freistoßfestival. Viermal gelber Katong in zehn Minuten. Hätte auch zweimal ´rot´ sein können. Strafraumszenen Fehlanzeige, die Rambos auf beiden Seiten sorgen für ein geschrumpftes Spielfeld. Würde als Zuschauer Schmerzensgeld verlangen. Crouch kommt zur Halbzeit mit einem hauseigenen Pep-Talk. Seine größte Schwäche, macht nicht mal ´ne Krabbelgruppe wach. M´Seto popelt, Barthod taped sich zum x-ten Mal die wertvollen Finger, Malu übt Schleife binden. Nach drei Minuten platzt Rooney mit Schlaganfallgesicht in den Vortrag, erklärt die Veranstaltung zum wichtigsten Match der Vereinsgeschichte, erhöht die Siegprämie pro Nase um satte 50 Prozent und verspricht eine komplette Woche Zusatzurlaub auf Vereinskosten. Die Augen werden größer und blinken. So motiviert man Leute. Die Jungs von der Wodka-Fraktion, vier Brasilianer, zwei Urus, zwei Argentinier und zwei echte Russen plus Rahmani kriegen ab sofort kein Bein mehr an die Erde. Barthod ist noch arbeitsloser als in Durchgang eins. Das Match verlagert sich komplett in Richtung Osten. Erster zählbarer Erfolg: Kollege Rahmani verlässt nach 60 Minuten angefressen und verbeult den Acker. Totalausfall, nur frische Luft geschnappt und dicke Füße geholt. Malumal grinst und begrüßt Rahmanis Nachfolger mit einem freundlichen Frontalcrash. Unser Rammbock schüttelt sich, der brasilianische Russe muss fünf Minuten lang beatmet werden. Dumm gelaufen. Zweiter Erfolg: Alonso, der Wodka Coach darf auf die Tribüne. Handgreifliche Attacke gegen den Fahnenschwinger vor seiner Nase, der einen flotten Russenkonter mit seinem Arbeitsgerät zunichte macht. Dritter Erfolg: Moskaus argentinischer Abwehrchef kann sich nach 80 Minuten den Kabinenschlüssel holen, weil er M´Seto mit Ansagen in die Weichteile semmelt. Dreifacher Überschlag, doppelter Aufschrei, Rührei und Dienstschluss. Stürmermangel. Crouch schickt mich in die erste Reihe und verordnet hohe Bälle. Ausgesprochen originell, aber schon der erste Versuch sitzt. Ohne Anlauf aus spitzem Winkel über den Scheitel mit ganz viel Gefühl innen an den kurzen Pfosten und ab ins Vergnügen. Das Verhüterli liegt am Boden, der Rest seiner Truppe auch. Laufe vorsichtshalber Amok durchs halbe Stadion, um nicht in die Grasnarbe gebügelt zu werden. Acht Fouls später ist der Kuchen verteilt. Scheiß Spiel, aber statistisch wertvoll. Nach dem C-League Dinner sofort retour. Rooney hat in Soho eine Nobel Disco gechartert, um den Triumph angemessen zu ertränken. Schlecht getimt. Nach dem Champagner Flug fehlt fast allen die Muttersprache, Ausnahme Rooney. Schlürft im Alleingang zwei Brauereien trocken. 93 Beachtliche Karriere, wenn man bedenkt, dass der Knabe zu seiner Zeit einer der gefährlichsten und teuersten Knipser überhaupt war. Victory Trafalgar Square bebt, Menschen, Fahnen, Alkohol. Die meisten Anwesenden halten den ollen Nelson oben auf seiner Säule für Miss Marple, und wir tragen fette Sonnenbrillen. In meiner Birne hämmern die sieben Zwerge, Malu und Barthod hängen transportunfähig zu Hause. ´Leistungszerrung´ verkündet Rooney offiziell als Entschuldigung und Trafalgar Square tobt. Würden heute gegen die freiwillige Feuerwehr von Jericho glatt vergeigen. Einfach verdünnisieren läuft allerdings nicht, unser Ruhm muss verteilt werden. Frau Bürgermeisterin trabt an, improvisiert ein paar Worte und hakt anschließend ihre 100 Kilo plus X bei mir ein. Werden mit Sicherheit brauchbare Schnappschüsse. Der Premierminister höchstpersönlich dackelt zu Fuß von Downing Street herüber, schüttelt unsere Hände und verkündet ´We are the Champions´. ´Endlich mal ´ne Aussage der Regierung, die zutrifft´, föhnt Rooney zurück und staubt fünf Minuten Sonderapplaus ab. Der Premier lässt sich nicht lumpen und präsentiert zwei Wettscheine. Jeweils tausend Pfund auf unsere beiden Meisterschaften. Die Gewinne stiftet er in voller Höhe zwei Waisenhäusern in London und Preston (sein Wahlkreis). Bin mir absolut sicher, dass der Knabe auch Wetten auf Manchester und Moskau laufen hatte. Egal, dürfte bei der nächsten Wahl einige Pluspunkte bringen. Juli Vier verplemperte Tage für Sponsorentermine, home and away. Foto Shootings, TV-Termine, Autogrammstunden, Gala Auftritte, Produktpräsentationen, Ehrengast. Werde rumgereicht wie ´n Wanderpokal. Gesicht hinhalten und lächeln. Fortbewegungsmittel: Hubschrauber und Jet. Elgard organisiert wie Blücher, duldet weder Verspätungen noch Überziehen. Bin für drei Stunden in der alten Heimat, Eröffnung eines Shopping Centers mit Fun Park und Cinema Dome. Kuhnke ist mit von der Partie, irgendwie hat der Verein Aktien in der Sache. ´Glückwunsch zum doppelten Titel und danke für den Abschuss´, murmelt mein Ex-Boss. ´Gern geschehen´, sage ich. ´Für Trainer wie Gomez gibt man als Spieler sein Letztes´. Chillen Eine Woche mehr, Rooney sei Dank, aber vier Tage sind schon futsch. Abstecher nach Südafrika, zusammen mit Elgard und Frau. Krüger Nationalpark, mit dem Rumpeltaxi über Stock und Stein, Löwen, Elefanten und Büffel gaffen und Zebras. Überall Zebras. Eine Woche reicht völlig. Dann per Blue Train nach Kapstadt. Drei Tage Englische Kolonialherrlichkeit auf Rädern durch endloses Land. Streckenweise unikal, sagt Elgard, nur schon ganz lecker trocken. Winterzeit am Kap. Fette Weingüter überall, allerdings total nackt und abgeerntet. Tafelberg zwei Tage im Nebel, Null Aussicht und original Zulu Markt - krasser Reinfall. Schilde, Speere, Klamotten, Schnitzwerk in rauen Mengen, alles Made in Taiwan. Einziger Aufreger: Kobra Alarm. Der Giftwurm hatte sich aus seinem Glashaus geschlichen und dann rasant verkrümelt. Panik am Kap. Schlangenfänger ortet das verschreckte Reptil mit Hilfe von zwei putzigen Erdmännchen. Absolut schräge Nummer. Der Giftzahn steckte leicht übersehbar mitten in einer halboffenen und halbwarmen Geschirrspülmaschine, lecker mollig für ´ne Kobra. Zum Abschluss Namibia. Geröll, Sand und unheimlich viel Gegend. Die einzige ´richtige´ deutsche Kolonie. Klar, den ollen Sandkasten wollte damals kein Schwein haben, nicht mal die Holländer. Prima Gegend für Skorpione und ähnliches Kroppzeugs. Staubtrockene Luft. Haut beginnt sofort zu reißen, wenn man nicht dreimal täglich nachfettet, besonders die Hornhaut. Unangenehm, juckt wie doof, steht aber in keinem Fremdenführer. Letzter Ausflug, Etoscha Pfanne. Noch mehr Giraffen, Elefanten, Büffel und Zebras. Und natürlich Löwen. Sind das faulste Pack auf Gottes Erde. Lümmeln einfach nur so im Schatten rum, 24 Stunden Siesta. Zucken höchstens Mal mit der Schwanzspitze. Unsere Zirkuslöwen können wenigstens durch brennende Reifen hopsen. Die hier können gar nix. 94 Ehrungen Football Awards im neuen Kongresszentrum an der Themse. Gigantischer Auftrieb an Promis. Wir räumen total ab. Alle anderen sind Zuckerguss. Crouch wird Trainer des Jahres, Rooney Manager des Jahres, wir das Team des Jahres und ich Kicker des Jahre, alle vier mit sattem Vorsprung. Nur Barthod kriegt den Abdichter von Manchester vor die Nase gesetzt. Starke Leistung, verkündet Rooney, wo wir sind ist oben und ich wäre das Sahnehäubchen. Hätte in seiner Auftaktsaison noch keiner geschafft. Draußen im Land gehen die Wahlen in Ordnung. ´The Match´ setzt natürlich noch eins oben drauf, verlangt ultimativ meine Einbürgerung inklusive Ritterschlag. Bin momentan der englischste Spieler aller englischen Spieler. Außerdem: besser im Inselteam als anderswo. Zugabe European Football Gala in Barcelona, Fußball als Staatsakt. Alles, was Rang und Namen hat wird angekarrt, auch im Rollstuhl. Beckenbauer bekommt den großen Ehrenpreis für sein Lebenswerk. Ohne ihn wäre Fußball um eine Persönlichkeit ärmer und weltweit nicht da, wo er jetzt steht. Für uns kommt der zweite Goldregen. Crouch wird Coach des Jahres (Gomez landet auf Platz 128, oder so), wir sind das Team des Jahres und meinereiner zischt in der Einzelwertung auf Rang 1. War zu befürchten, sagt Rooney, und drückt mich an sein Getränkeendlager. Für ihn gibt´s leere Gläser, der ´European Manager of the Year´ ist noch nicht erfunden. Anschließend das gleiche Theater wie vor Tagen. Foto Shootings, Fernsehtermine, Gala Auftritte, Produktpräsentationen, Ehrengast, Panda mit fünf Beinen. Der Oberhammer kommt schriftlich, per Kurier: beide Königskandidaten laden mich zum Tee. Nachschlag Rooney war auf den Besuch vorbereitet, sagt Elgard, hatte sein Portemonnaie schon in Griffnähe. Als Euro-Fighter Nr.1 zieht man mehr Presse, mehr Zuschauer, mehr Sponsoren. 15 Prozent Gagenerhöhung netto und fertig. Gesprächsdauer: eine halbe Flasche Whiskey. Mit Profis und Alkoholikern lässt sich eben flüssig verhandeln, murmelt der alte Schwede. Und der Schnaps war erste Sahne. August Buenos Aires. Die absolute Krönung. Riesiges Vergnügungszentrum in total abgewrackter Umgebung. Kreischende Massen mit Fahnen und Trikots außen, innen Glitzerbühne mit Treppe wie bei Oscars. FIFA-Präses Zidane hält seine übliche Minirede, 12-18 Worte und fertig. Anschließend der Wahlakt. Favoriten für Elgard und mich sind Morhinio, Brasilien, Elongo, Kamerun und Asahara, Japan, alles Knipser der Extraklasse, Morhinio und Elongo seit Jahren, Asahara seit dieser Saison. 30 Einsätze für Mailand mit 28 Einschlägen. Aber Pustekuchen, die Krone kommt auf meine Rübe. Nach neunmal Brasilien und viermal Afrika hat die Europa Connection wieder zugeschlagen. Rooney beamt sich vor Begeisterung total weg und Elgard macht auf Pokerface. Kalkuliert wahrscheinlich, was drei Königskronen in Landeswährung wert sind. Irgendeine Schönheitskönigin drückt mir den Sport-Oscar in die Finger und ich muss 30 bis 25 Sekunden frei reden. Wird der totale Stuss. Fällt aber überhaupt nicht auf, weil alle Stuss erzählen und die Dolmetscher Anweisung haben, den Stuss zu begradigen. Danach geschlossene Gesellschaft, die Worthelden und Kamerakameraden schieben draußen vor verrammelten Türen Überstunden. Innen Gelage vom Allerfeinsten für Funktionäre und Sponsoren, Sekt, Kaviar und Mädels, das volle Programm, no limits. Wir von der aktiven Fraktion sind eigentlich nur Garnitur. Die alten Säcke amüsieren sich auf Teufel komm raus. Möchte gerne wissen, was die fidelen Herren anschließend zu Hause vortragen, - mit Sicherheit weniger als die Hälfte. Elgard schwirrt um mich herum wie eine Glucke, damit mich nur keine von diesen Edeldamen abschleppt. 95 König Senior Buckingham Palace. Privatgemächer seiner Königlichen Hoheit. Gediegene Atmosphäre. Bin vorab eingenordet worden: keine persönlichen Fragen, keine Erkundigungen zur Thronfolge. Der alte Möchtegern-King ist Fußballexperte und Geschichtsbuch. Bekomme gratis Nachhilfe – Deutsches Kaiserreich und Nazis. Hat mehr Daten und Fakten auf dem Schirm als mein ganzer Clan zu Hause. Gut, ist kein großes Kunststück. Allerdings keine Silbe über Mama und seine Chancen auf den Fahrersitz. Anschließend die königlichen Aquarelle. Nicht mal unflott. Hauptsächlich Natur, zarte Farben, weiche Konturen, deutlich über Volkshochschulniveau. Über das Gespräch ist absolutes Stillschweigen zu bewahren, erklärt der Oberhofzeremonienminister. Zum Abschluss kurze Fotosession fürs Familienalbum. Ich bekomme Kopien. Der vitalste Schnappschuss landet in sämtlichen Medien auf Seite 1. Nachschlag 2 Weltfußballer sind teuer als normales Personal, in Anschaffung und Unterhalt. Rooney knirscht mit den Zähnen und mault, aber erhöht, ohne die Geschichte vom nackten Neger zu erzählen. Über Sponsoren, Werbung, Übertragungsrechte und Ticketverkauf schaufelt der Dicke den Schotter ohnehin wieder zurück. Elgard mag die alte Spriteule. Kein einfacher Typ, aber er kennt die Spielregeln und Preise. König Junior Ebenfalls gediegene Atmosphäre, im anderen Flügel von Buckingham, aber total andere Nummer. Der Prinz hat ein Bällchen organisieren lassen und will Tricks sehen, live und in Farbe. Versucht selbst Übersteiger und landet im Sofa. Lacht sich schlapp über seinen Abgang. Sieht TV-mäßig total einfach aus der Trick, meint Nummer 2. Bombardiert mich mit Fragen. Ob ich schon zu Hause bin in England? Wie lange ich bleiben werde? Was ich von englischen Mädels halte, wie die Familienplanung aussieht, was ich an England nicht leiden kann und was ich über die Thronfolge und seine Chancen denke? Stottere ziemlich dummes Zeug in die hohle Tüte, vor allem zu den letzten Fragen. Das müsste er mit seinem Dad oder der Oma ausmachen, als einfacher Torjäger wäre man da gründlich überfragt. Wohl wahr, knurrt seine königliche Ballgewandtheit und donnert die Murmel in den offenen Kamin. Staubt königlich. Saison 2036 / 2037 Zuwachs Neuer Brasilianer, sagt Rooney, kurz vor Moskau abgefangen. Viel zu kalt im Osten für Sonnenkinder aus Rio. Name Cato. Auf den ersten Blick okay. Lässiger Knabe, leicht unterernährt und seitenwindempfindlich. Fette optische Täuschung. Zäh wie Leder, trittfest und am Ball die absolute Grante. Macht aus der Socke Dinge, die mir im Traum nicht einfallen würden. Kann rechtwinklige Freistöße treten und Eckbälle direkt verwandeln, mit ordentlich kawupp. Außerdem immer gut drauf, Teamplayer und kein durchgeknallter Selbstdarsteller. Mal sehen, wo dieser Strahlemann aus Südwest seine Macken hat. Fehlstart Nothing´s going. Drei Stunden vor Ligastart tritt die Queen ab. Sämtliche Spiele werden um vier Tage verschoben. In allen Stadien ´Good save the Queen´, dann schleichen die Fans nach Hause. Keine Krawalle, keine Demontagen. Selbst die Nebelbombenwerfer bleiben fast friedlich. Aus Trauer werden ein paar ´Take Aways´ und Busse zerlegt, das war´s. Stimmungstief auch in der Kabine. Rooney ist so gut wie nüchtern und heult. Ist mit der Queen groß geworden, war quasi seine Ersatzmama. Egal was anlag, Terror, Energiekrise, Regierungspleiten, Arbeitslosigkeit, Familiendramen, rote Karten, die Queen blieb Queen, unaufgeregt, berechenbar, britisch bis zum Kompotthut. Die Insel hängt auf Halbmast. Fünftägige Staatstrauer, Schulen und Stadien bleiben dicht, Banken und Hospitäler richten Notdienste ein. 96 Junior vs Senior Die Wogen des Frohsinns schlagen hoch. Die Royals kriegen die Kurve nicht, und die Monarchie wackelt, verkündet der Blätterwald. Der neue King könnte eventuell gar keiner mehr werden. Absoluter Quotenbringer. Eigentlich müsste Methusalem ran, aber besser wäre sein Bengel. Die Gründe liegen klar auf der Hand. Trotzdem keine Entscheidung ad hoc. Könnte sogar sein, dass Sohnemann 2 den Job übernimmt. Im Mittelalter hatte man jetzt einen ausgewachsenen Erbfolgekrieg an der Backe gehabt, sagt Elgard, mit allen Finessen, bis einer der Kampfhähne gerupft war oder beide. Heute entscheidet der Blutzuckerspiegel oder es wird gewürfelt. Das ist Fortschritt. Weltpokal Blitzbesuch in Japan, Endspiel gegen FC Santos. Sind mehr als 20 Stunden auf den Beinen, kaum geschlafen und ab ins heiße Wasser. Die Original-Brasilianer sind zwei Tage vor uns aufgeschlagen und voll akklimatisiert, wir nicht im Ansatz. Knapp 35 Grad im Schatten und 200 Prozent Luftfeuchtigkeit. Alle total neben der Kappe. Chappy muss mit Kreislaufkollaps vom Acker, ich ertrinke in meinen eigenen Latschen und Rooney verknackt den zweiten Durchgang komplett in seinem Sessel, mit schlapp 100.000 kreischenden Japanern im Kreuz. Starke Einzelleistung. Gehen 5:2 baden. Barthod hat eine seiner wenigen Sternstunden, sonst wären wir zweistellig abgegrätscht. Keiner regt sich ernsthaft auf, selbst Rooney nicht, obwohl der Dicke obergeil ist auf Pokale und Titel. Nächstes Jahr, knurrt er, wird die Sache professioneller angepackt. Werden zum Airport gekarrt und dämmern schlappe 12 Stunden bis London vor uns hin. Völlig beknackter Ausflug. Rhythmus total im Eimer. Kriegen im Training die Pedale kaum synchronisiert. Selbst die Presseheinis haben Verständnis für uns. Klar, drei Dutzend von den Kanallien waren mit von der Partie und sind an ihren Diktiergeräten abgeblubbert. First comes First Fußball ist Nebensache. Die Saisoneröffnung findet mit Trauerflor statt und die Nation zelebriert einen epochalen Ruhetag. Absoluter Ausnahmezustand. Die Banken sind dicht, die Pubs offen. Schlappe vier Millionen Trauergäste reisen an, nur um einen Sarg zu sehen. Die City platzt aus allen Nähten, Hoteliers tanzen Cha-Cha-Cha und überflüssige Billigpilger werden zu Tausenden in Fußballstadien untergebracht. Die entscheidenden Momente, Trauergottesdienst, Grablegung, etc. werden weltweit live übertragen. Der neue King soll nach Ende der Feierlichkeiten ausgekaspert werden. Euro-League Wir starten gut, ich starte schlecht. Kein Wunder. Jeder möchte dem Weltfußballer des Jahres zeigen, wo die Glocken hängen. Nach 60 Minuten im Krankenhaus, dicker Fuß und satte Schmerzen. ´Routinefoul´ im Mittelfeld, Volltreffer am rechten Knöchel. Schwein gehabt, nichts pulverisiert, nur brutal geplättet. Mindestens drei Tage Pause. Hätte auch mehr sein können, Knochenabsplitterung, Bänderriss usw. Cato darf alleine wirbeln. Weniger Kawupp, weniger Brechstange, weniger Kopf-durch-die-Wand, mehr Eleganz, mehr Technik, mehr Hirn(?). Sieht alles ungeheuer locker und flockig aus. Eine Körpertäuschung, ein Pass und die Wadenbeißer stehen im Regen, M´Seto und Chappy braucht nur noch einzulochen. Klasse. Neuer Chef Endlich weißer Rauch. Habemus Rex. Der Alte hat versemmelt. Wahrscheinlich besser so, für ihn selbst und das Fußvolk. Nicht mehr genug Kompression, der Herr, sagen selbst seine Fans. Der Berufsnachwuchs erscheint auf dem Paradebalkon und strahlt wie der kleine Lord an Heiligabend. Ist deutlich beliebter als sein Erzeuger, trotz seiner Vorliebe für drastisch jüngere Damen. Hatten seine Vorgänger auch, sagt Rooney und grinst dämlich. Könnte mir ohne Ende Material verschaffen, müsste ihm nur sagen, welcher Typ und wann. Kein Problem. Von wegen, das dickste Problem überhaupt. - Nicht nur im Rechteck hängen alle wie Kletten an mir, außerhalb auch. Quasi keine Möglichkeit mehr, Leute im Normalzustand kennen zu lernen, Mädels schon gar nicht. Als Weltkicker Nr. 1 lebt man im Belagerungszustand, und alle wollen 97 das Gleiche, möglichst viel vom Ruhm und noch mehr vom Geld, sagt Elgard. Besonders kompliziert wird´s bei Damen im heiratsfähigen Alter. Eine Einladung zum Essen oder in die Disco und die Hochzeitsglocken läuten. No way! Ein Griff ins Klo sollte reichen. September Ausnahmezustand Nummer 2. Die Krönungsfete macht aus der Beerdigung einen missglückten Oberstufenball. Robin Hoods Erben drehen am Rad. Es gibt Krönungs-Bier, KrönungsBettwäsche, Krönungs-Kreuzfahrten, Krönungs-Partys mit Krönungs-Tarifen, selbst im horizontalen Gewerbe. In London toben zusätzlich geschätzte acht Millionen Wahnsinnige, die alle irgendwie dabei sein wollen, wenn der Neue in seiner offenen Kalesche quer durch die City brettert. Weltfußballer des Jahres ist dagegen Spatzenschiss. Promotion für die Monarchie, sagt Rooney, nicht Kleckern, sondern Klotzen. Beherrschen die Royals aus dem Effeff, könnte sich mancher Konzern ´ne Scheibe von abschneiden. Man muss nur zusehen, dass die Investivkosten wieder reinkommen. Hat dann spontan die Idee ´eine vereinsinterne Krönung mit Außenwirkung´ abzuhalten, hat ja schließlich den Weltkicker des Jahres im eigenen Team, und das ist mehr als King, sagt der Dicke und taucht für einige Tage total ab. Gomez Pancic ruft an. Mächtig Stunk im Laden. Drei Spiele in Serie vergeigt und Gomez revanchiert sich auf seine Weise. Sortiert jeden aus, der seiner Meinung nach nicht richtig funktioniert. Wenn er die Nummer durchzieht, sagt Pancic, gehen die nächsten drei Spiele erst recht in die Hose, dann kann der Verstrahlte alle aussortieren, dann bleiben nur noch seine Bluthunde. Kuhnke hätte den Napoleon für Arme längst feuern müssen, achtkantig, hat aber wahrscheinlich die Hosen voll. Kann aber nicht mehr lange verzögern, sonst ist sein feines Team bald ein einziger Trümmerhaufen. Fete Rooney hat zugeschlagen. Vier Wochen nach der Krönung bebt unsere Laube. Habe tagelang versucht, ihm den Blödsinn auszureden. Keine Chance. Rooneys Tierkreiszeichen: Maulesel. Ist von seiner eigenen Idee total besoffen. Hat alles geladen was an Musikergrößen nicht schnell genug auf die andere Seite des Atlantiks kam, ´Night of the Proms´, einschließlich der örtlichen Philharmoniker, Robbie Williams, Shawny Miles und anderer Cracks. Der besondere Clou: Sir Elton John wird im Rollstuhl auf die Bühne gestellt und haut in die Tasten, cool wie eh und je, mit leicht bröselnder Stimme, aber den Fans scheißegal. Der alte Rhythmuspräsident kriegt zehn Minuten Beifall am Stück und überreicht mir dann zusammen mit Rooney und Fifa Präsident Zidane ´offiziell´ meine Trophäe. ´Was ich jetzt noch für Ziele hätte´? fragt der Moderator. Antwort: ´Vernünftiges Englisch lernen´. War natürlich abgesprochen, aber die Manege tobt. Am Ende der Show singen alle gemeinsam ´God save the King´ und Rooney strahlt wie eine von innen beleuchtete Schnapsflasche. Knackiger Heimatabend und mehrere Mijo Gewinn. Oktober War zu erwarten. Abräumkommando von hinten in die Knochen, Wadenprellung und Wadenbein Anbruch. Sechs Wochen Hängematte. Rooney titscht im Dreieck und drischt auf die Pfeifenmänner ein. Professionelle Blindfische, bestochenes Lumpenpack, das nicht zwischen Fußballern und zweibeinigen Bulldozern unterscheiden kann. Voll ins Hornissennest gelappt. 20.000 Pfund wegen Beleidigung. Super. Treten ist erlaubt, drüber reden kostet. Auch Crouch ist ´not amused´, kann seine Taktik voll schreddern. Cato darf wieder solo zaubern. Knickt viel Kreativität und gibt mächtig viel auf die Socken, weil der zweite Sandsack fehlt. Vergeigen zweimal in Folge. Rooney lässt sich alle Kataloge kommen und sucht nach Verstärkung. Schutz Elgard erscheint mit Schweizer Flugzeugingenieur. Der Mann hat von meinem Crash gehört und, seiner Meinung nach, ultimative Schienbein- und Knöchel-Protektoren entwickelt. 98 Millimeterdünnes, unscheinbares Zeug, ohne Gewicht. Lässt sich haargenau und individuell um gefährdete Körperteile pappen. Absoluter Strumpfcharakter, total leicht und flexibel, aber härter als Stahl. Absorbiert brutalste Schläge und Tritte. Sagenhaftes Zeug, Nanotechnik auf Kohlefaserbasis. Aufbau: Membranstruktur mit winzigen Zellen, die platzen, jede Menge Druck schlucken und sich danach selbstständig wieder aufbauen und schließen. Total genial. Mit den Gerätschaften am Mann wäre ich nach dem letzten Attentat einfach wieder aufgestanden, hätte weiter gekickt und mir sechs Wochen Leerlauf inklusive Reha erspart. Weiterere Vorteile: quasi unkaputtbar und herstellungstechnisch weniger aufwendig als ein Holzbein, sagt der Erfinder. Könnte auch in der Medizin appliziert werden, als Substitut für Gips, Schienen, Nägel und ähnliches Material. Was dem Flugzeugmenschen, einem Herrn Halberstädter aus der Schweiz, fehlt, ist das nötige Startkapital zur Serienherstellung und Vermarktung der geschmeidigen Panzerplatten. Verdient ganz gut als Ingenieur, aber zu wenig, um Unternehmer zu werden oder ein Patent anzumelden. Elgard hat den Knaben komplett durchleuchten lassen. Kerngesunder Alpenbewohner, verheiratet, ein Sohn, brillante akademische Abschlüsse, Abteilungsleiter in gesicherter Stellung. Absolut sauber und kein Kandidat für die Lala-Ranch. Der alte Schwede schlägt gemeinsame Operation vor. Er und ich finanzieren Patent und Erstausstattung der Firma und sind dadurch prozentual ganz dick mit an Bord. Der Flugkapitän ist happy. Könnte ein echter Knaller werden, von der Sache her und finanziell. Erhalte den allerersten Prototyp. Vorausgesetzt, wir kriegen das Patent, sagt Elgard, werde ich in Kürze für mein eigenes Produkt Reklame laufen. November Pancic ruft an. Revolution, die Hütte brennt. Gomez hat verschissen. Das Team steht auf den Hinterbeinen und beißt, nicht jeder im Alleingang, sondern alle gemeinsam und nicht mehr hinter den Kulissen. Entweder Gomez und seine Galeerenkapitäne machen die Fliege, oder die Truppe verweigert am nächsten Samstag den Arbeitseinsatz. Kuhnke macht den Bulldozer und droht mit juristischen Schritten und Konventionalstrafen. Seine absolute Paradenummer seitdem Gomez regiert. Offener Strafvollzug für jeden Blödsinn. Geht der Truppe inzwischen voll am Arsch vorbei. Ende mit der Prügelpolitik. Gomez muss weg, sonst kann Kuhnke im Stadion Tulpen pflanzen. Werbung Werde mit Angeboten zugedröhnt. Als Nr. 1 Kicker ist man populärer als Lassie, zumindest vorübergehend, sagt Elgard. Hecheln von Termin zu Termin, von Studio zu Studio. Halte mein Gesicht hin für Bier, Milch, Autos und Versicherungen, nur Top Produkte, versteht sich. Der Rubel rollt in Lichtgeschwindigkeit. Auf Arbeit wird´s härter, allgemeine Jagdsaison. Jeder gibt 110 Prozent gegen mich. Klar, wer vernünftige Kritiken hamstert wird 20 cm größer und 50 Prozent teurer. Nur die neuen Stützstrümpfe verhindern weitere Rollstuhlwochen. Ohne die hauchdünnen Geräte dauerte kein Match länger als zwanzig Minuten. Und das Wachpersonal mit Trillerpfeife steht daneben und grinst, wenn irgendein Saftarsch mir mit allen Hufen voran in die Fortbewegung kracht. Berufsrisiko. Doppeltest Schweizer Amateurteam wird mit der neuen Wunderwaffe ausgerüstete. Uni Bern bietet an den Test statistisch-medizinisch zu begleiten, um wissenschaftlich fundiert zu ermitteln, ob die Dinger tatsächlich Schienbeine erhalten. Kein Problem. Elgard vereinbart lediglich, dass die Veröffentlichung sämtlicher Ergebnisse durch uns erfolgt. Safety first. Es hat Experten gegeben, die 100 Prozent sicher waren, dass Eisenbahnfahren ab einer Geschwindigkeit von 20 Km/h lebensgefährlich ist. Dezember Wieder auf Kurs. Fünf Siege in Folge, ein Unentschieden, dann böse Pleite in München. Cato lernt nordalpine Zielstrebigkeit kennen. Muss nach zehn Minuten abgeschossen vom Platz: Gehirnerschütterung und böse Platzwunde. Glatter K.O. Fangen uns drei heiße Waffeln und 99 kriegen selbst nichts auf die Reihe. Der Oktoberfest Rundgang fällt trotzdem nicht aus, schon wegen Rooney. Hopst in Lederhose rum und spielt den Kasper. Ende: Ausnüchterungszelle und mit 24 Stunden Verspätung zu Hause, immer noch in Lederhose und mit Maßkrug. Dazu vom Schnellrichter 3.000 Euro Strafe plus Besuchsverbot für die nächste Wies´n. Feiern in Bayern muss gelernt sein. Wasserstand Pancic bimmelt durch. Gomez und seine drei Schergen sind nicht mehr in der Spielleitung, Kuhnke hat endlich die rote Karte gefunden. Robredo und Gabiano als aktive Stinkstiefel sind mit in der Konkursmasse. Hat in der Kabine zu überwältigenden Abschiedsszenen geführt, sagt Pancic. Ohne den Sicherheitsdienst wären Gomez und seine Prügelknaben jetzt Dekoration an den Flutlichtmasten. Keine Ahnung, wer in Zukunft die Trikots verteilt, aber selbst der Platzwart wäre eine Verbesserung. Könnte unbeschwert wieder zurück in die alte Heimat, jetzt, wo der Sonnenkönig nicht mehr strahlt. Im Prinzip kein Problem, falls Kuhnke bereit ist, tief genug nach Gold zu schürfen. Februar / März Knüller zum Jahresbeginn. Straff organisierte Banden aus Afrika, einige Zentralorgane sprechen von einer ausgewachsenen Armee, haben Sizilien gestürmt und quasi überrannt. Straff organisierte Invasion, kein lokaler Piratenüberfall. Tausende der schwarzen Kreuzritter waren bereits illegal im Lande, der Rest schlug innerhalb von knapp zwei Stunden per Flugzeug und Schiff auf. Sämtliche Polizei- und Armeeposten auf der Insel wurden überrant, besetzt und kaltgestellt. Airports und Häfen waren sofort komplett dicht. Überall auf der Insel Randale und Tote. Nachrichten kommen, wenn, nur noch per Skyfone. Alles was Beine hat flüchtet in Richtung Festland. Totales Chaos, denn Rettungshubschrauber, Boote, Flugzeuge plus Personal werden von den schwarzen Sturmtruppen perforiert. Italienische Armee, NATO und UNO Truppen machen mobil. Man munkelt, dass die Pulverhuber von diversen afrikanischen Staaten oder Warlords ferngesteuert werden. Spanien, Portugal, Frankreich, Malta, Italien, Griechenland und die Türkei pflastern jeden Zentimeter Küsten präventiv mit Militär und Sprenggut voll. Offiziell heißt es, zum Schutz der Bevölkerung, inoffiziell hat man keinen Bock auf bewaffnete Einwanderer. Also wird auf alles geballert, was sich den Stränden nähert und nicht sofort identifizierbar ist. Lässt einiges Material spurlos im Mittelmeer verschwinden. Die NATO denkt an einen Blitzeinsatz, UN-Truppen postieren sich als Beobachter an strategisch günstigen Punkten. Meist in Kneipennähe. Allgemeine Ratlosigkeit. Film Alles geht. Werde als Gaststar mit drei kurzen Takes im neuen James Bond eingebaut. Titel: ´Wonderball´. Es geht um eine Droge, die, einmal eingenommen, für den Rest des Lebens süchtig macht. Bond kommt als Spaßverderber und ich spiele einen schmucken Leutnant, der ihn per Stealth Bomber rund um den Globus dröhnt. Darf genau 47 Wörter sagen. Jede Szene mit mindestens 125 Wiederholungen, völlig lala. Wäre auch mal was für die Meisterschaft. Jeder Spielzug 125 Mal bis alles perfekt sitzt. Der große Meister dreht nicht gerne mit Amateuren, sagt die Assistentin des Directors, die Profis sind ihm schon bekloppt genug. Attacke 2 Sizilien im Kriegszustand. Die Herrschaften vom Schwarzen Kontinent lassen die Sau raus. Alles Wesentliche ist kassiert, und ´sämtliche Spaghettis sitzen als Geiseln mit dem Arsch in der Pfanne´ (Rooney). Hat selbst gestandene Mafia Bosse erwischt. Die italienische Regierung kratzt Personal und Munition zusammen zwecks Gegenschlag. Die Heuschrecken warnen vor Angriffen, drohen mit Exekution ganzer Ortschaften und präsentieren ihre Minimalforderungen: freier Zugang für alle Afrikaner nach Europa, Streichung sämtlicher Schulden afrikanischer Länder weltweit, und 50 Milliarden Euro in Cash für die Rückgabe der Insel. So viel sollte die Gegend wohl wert sein. Rom lehnt jeden Dialog mit den Wahnsinnigen ab, Gegen-Invasion läuft an, Brüssel will verhandeln. Kleiner Scherz am Rande: der amerikanische Vize-Präsident 100 DiCaprio (Vorfahren stammen aus Sizilien) befindet sich irgendwo in Catania. Ultimatum der Amis: ist der Vize nicht innerhalb von 48 Stunden unverletzt in Freiheit, rappelt´s im Katong. Die Russen als führende Weltmacht, ihrer Meinung nach, verlangen, dass alle Maßnahmen mit dem Kreml abgestimmt werden, sonst könnten in einigen Gegenden Gas und Öl knapp und teuer werden. Die Murmel rollt trotzdem Doppelpacks. Gegen Porto zweimal mit dem Kopf, gegen Moskau zweimal aus der Distanz, trotz Spezialbewachung. Mein russischer Bluthund macht nach 35 Minuten die Biege, tiefrot und Tschüss. Trampelt ungebremst und munter auf meine Gräten, kleine Revanche fürs vergeigte Finale. Wäre normal Reha-Aspirant, aber dank der Stützstümpfe nur leichte Prellungen am rechten Schienbein. Dem Schweizer Flugzeugprofessor sei Dank. Von mir aus Patent erteilt. Der Rest der Truppe verlangt anschließend Chancengleichheit und eigene Panzerplatten. Klappt nicht, leichte Produktionsverzögerung, das Patentamt in Bern arbeitet auf Baldrianbasis. Die Presse steigt ein und berichtet fantasievoll über die neue Wunderwaffe. Elgard macht in den Bergen Dampf, damit wir patentmäßig aus den Puschen kommen. Bin ansonsten wieder ´everybody´s darling´, zusammen mit Cato. Sind das neue Traumpaar, total unterschiedlich, aber gnadenlos effektiv. Verkauft Halberstädter rüstet mit leichter Verspätung unser gesamtes Team aus. Mini-Serie und Sonderanfertigungen. Kostenpunkt pro Schienbein satte 5.000 Steine. Rooney zahlt ohne mit der Wimper zu zucken. Portokasse und absolut korrektes Geschäft, falls die Dinger funktionieren. Malumal macht Praxistest im Training. Holt Tschikischwili mit Kawupp von den Beinen. Notstopp mit doppeltem Überschlag. Wili rappelt sich auf, sortiert kurz seine Gräten (alles am Stück) und haut Malu ordentlich eine aufs Maul. Dicke Lippe, ein Zahn weg, aber Socken und Schienbeine sind unkaputtbar. Rooney ist total stinkig auf die Dinger. Wären die Panzersperren schon zu seiner Zeit am Mann gewesen, hätte er locker fünf Jahre länger quirlen können, ohne irgendwelche Eisenteile und Drähte in seinen Pedalen. Eigentor Die hauseigene Pizza-Invasion geht komplett in die Hose. Von absoluten Wasserpfeifen vorbereitet und von Schiffschaukelbremsern durchgeführt, murmeln Experten von außerhalb. Landungskommando geht total baden, Fallschirmspringer werden in der Luft weggebeamt. No mercy. NATO kommt mit komplettem Fuhrpark, rahmt die Insel ein und setzt auf Verhandlung. Die Amis sind stocksauer auf das Dilettantenvolk in Rom. Die schwarzen Conquistadoren setzen Ultimatum: innerhalb von 48 Stunden positive Beantwortung ihrer Forderungen oder Einebnung von Palermo. Ausreichend Material dazu ist bereits unterwegs, sagen die Amis. Zirkus Augenblicklicher Protest durch die geliebte Konkurrenz. Fetter Wettbewerbsvorteil für uns durch die Stützstrümpfe. Absolut unfair. Einstweilige Verfügung aus Straßburg, müssen tatsächlich wieder ohne die Dinger antreten. Rooney föhnt sofort zurück. Der Englische Verband genehmigt die Socken im Eilverfahren. Das Festland lässt sich nicht lumpen und verbietet die Crashstopper so lange, bis sie allen zur Verfügung stehen. Ansonsten klare Wettbewerbsverzerrung. Die FIFA kommt mit Sondersitzung und Kompromis. Wir dürfen die Protektoren bei Heimspielen anlegen und außerhalb nur mit Kopfnicken der Gastgeber. Dazu einmalig drei Punkte Abzug, wegen nicht genehmigter technischer Neuerung. Wenn das Logik und Gerechtigkeit ist, sagt Elgard, dann müssten weltweit sofort alle Medikamente verboten werden, weil Medikamente auch nur den Wenigsten zur Verfügung stehen. Sizilien Ultimatum zurück. Das Pentagon knallt jede Menge Beweise für die Verwicklung von sechs afrikanischen ´Staatsführungen´ in die Invasion auf den Tisch (Listen mit Namen, Material, 101 Kontobewegungen und Verantwortungsbereiche). Parallel dazu evakuieren die Amis ihre Leute überall aus Afrika. Sollten die Terroreinheiten nicht binnen 48 Stunden Sizilien komplett und absolut schonend geräumt haben und sollte der US-Vize Hundefutter oder Geisel sein, erfolgen massive und gezielte Angriffe auf sechs Regierungssitze in Afrika. Bumm und weg. Zusätzlich werden in den USA 13.000 afrikanische Konten eingefroren und weltweit die Steckbriefe aller Verantwortlichen und Drahtzieher herausgegeben (87 Pappnasen), mit drei Millionen Dollar Kopfgeld pro Mann, ´dead or alive´, wie im Wilden Westen. Das Angebot gilt nach Ablauf des Ultimatums, sofort und unbefristet. Knapp zwei Dutzend ´Organisationen´ aus den USA, Russland, Afghanistan, Syrien, Israel, etc. kündigen spontan an, sich die Abschussprämien zu holen, bis auf den letzten Cent. Clever eingestielt. Motivation Wir sind die neuen ´Rolling Stones´, fußballtechnisch gesehen. Die Stützstrümpfe geben Sicherheit und mehr Schwung. Zerbröselte Knochen Fehlanzeige. Warten allerdings noch immer auf unser dämliches Patent. Zieht sich wie Kaugummi. Bedenkenträger meinen, wenn alle mit Protektoren auflaufen, mutiert Fußball zu einer elenden Klopperei. Möglich. Wird davon abhängen, ob Schiris Massaker zulassen oder nicht. Sind momentan in Pole Position, vor Madrid und Moskau. Rooney ist auf den Titel heißer als auf die nächste Dröhnung. Wir wären der allererste Euro-League Champ. Die Nummer wäre ähnlich monumental wie der erste Fußgänger auf dem Mount Everest. Tausende haben sich danach auch bis nach oben gehangelt, interessiert aber keine Sau mehr. Nur Mister Hillary, der erste Kletteraffe, steht in sämtlichen Geschichtsbüchern. Der Zweite hätte sich die ganze Action schon schenken können. Also, sagt Rooney, wer unsterblich werden will, soll jetzt gefälligst seinen Arsch bewegen. Viel mehr Neuerungen wird es in den nächsten dreitausend Jahren Fußball nicht mehr geben, es sei denn, irgendwo in der Milchstraße würde noch irgendwer rumkicken. Gäbe im Falle der Meisterschaft auch eine galaktische Belohung. Finito Die verhinderten Eroberer ziehen tatsächlich den Schwanz ein und verpfeifen sich ohne den ganz großen Krieg per Flieger und Schiff Richtung Heimat, begleitet von NATO, Amis und Kopfgeldjägern. Sollen vorher ihren ´Frust´ gründlich abreagiert haben. Palermo und einige andere Städte flackern und mit etlichen Einheimischen, insbesondere Frauen, soll man unschöne Dinge durchgeführt haben. Überall auf dem europäischen Festlandsockel brennt die Luft. Schwarzafrikaner, die ihre Nase vor die Tür stecken, spielen mit Gesundheit und Leben, auch Diplomaten. Kurz hinter Gibraltar wird ein fetter Pott mit schwarzen Gladiatoren von den Amis abgeschossen und versenkt, angeblich weil die vorgegebene Route zurück nach Afrika verlassen wurde. Die Kursabweichung wird von der NATO nicht bestätigt, aber versenkt ist versenkt. DiCaprio, der verschwundene Vize, taucht unbeschädigt wieder auf, war mit seinen Leuten in irgendwelchen römischen Kanälen untergekrochen. Ansonsten einige Hundert Tote und etlicher Materialschaden. Auf Druck der UNO knicken die Amis anschließend beleidigt ihre ´dead or alive´ Aktion. Im Gegenzug müssen 87 Herrschaften aus Afrika mit Anklagen wegen Vergehen gegen die Menschlichkeit rechnen. Gut gebrüllt, sagt Elgard, aber er bezweifelt stark, dass die Kameraden zu ihren Gerichtsterminen erscheinen werden. Obendrein schließen sich die weltweit angereisten Kopfgeldjäger zu einer GmbH zusammen und verklagen die UNO wegen entgangener Einnahmen in Millionenhöhe. April / Mai Fußball wird auch gespielt. Die Meute hängt uns im Nacken, alle wollen ins Geschichtsbuch. Klappt aber nicht. M´Seto trifft mit geschossenen Augen, Cato wirbelt, für mich bleiben die wichtigen Dinger. Werde der absolute 1:0 Spezialist, - in Turin, Lissabon, Istanbul und Paris. Halten den Rest auf Abstand. Wenn wir aus den letzten vier Spielen acht Punkte holen, hat Rooney den nächsten Lorbeerkranz in seiner Vitrine und ein korrektes Motiv, voll abzutanken. Und neben der historischen Meisterschaft wäre auch noch eine historische Prämie fällig. 102 Papa Schlaganfall, allerdings der leichteren Sorte. Wenn alles gut geht ist der alte Spritvernichter in einem halben Jahr wieder fit. Kann reden, sieht alles, erkennt jeden, keine Aussetzer, keine Gedächtnislücken und bewegungsmäßig alles okay, nur der linke Arm inklusive Hand brauchen Nachhilfe. War total nüchtern als die Attacke kam, sagt Mama, absolutes Ehrenwort. Hat seit der letzten Kur tatsächlich keinen Tropfen mehr angefasst. Dreimal mit meinem Erzeuger telefoniert. Erzählt den üblichen Quatsch und die Schwestern wären auch ganz hübsch. Drückt mir die Daumen für das Saisonfinale und hofft, dass wir uns anschließend mal wieder sehen. Wäre ja schon lange nicht mehr in der alten Heimat gewesen. Stimmt. Hat mir allerdings auch nicht sonderlich gefehlt, die alte Heimat. Gerüchte Keine Ahnung, woher der Blödsinn stammt, aber irgendwie schwebt durch den Raum, dass Crouch seinen Chefsessel los ist und Gomez kommt, wenn wir den Pott nicht holen. Crouch läuft leicht vereist durch die Gegend, die Teestunden fallen flach und Rooney verweigert jeden Kommentar zum Thema. Völlig unnötiger Stimmungsverlust, die Truppe funktioniert bestens. Trotzdem, hauen sicherheitshalber alles weg, was kommt, nicht einer im Team hat Lust auf die Edelarschgeige. Habe Elgard direkt Signal gegeben, neuen Arbeitgeber zu suchen, für den Ernstfall. Egal, was kommt, steige für Gomez nicht mehr in den Ring, selbst bei zehnfacher Gage nicht. Finale Alle geben Gas, keiner will Gomez, wäre wie Nacktbaden in der Gefriertruhe. Punktemäßig sind wir daher am vorletzten Spieltag uneinholbar durch. Die Hallig bebt und Rooney strahlt intensiver als jedes AKW. Er und sein Team landen in den Geschichtsbüchern, in Marmor gemeißelt und mit Whiskey begossen. Affenzirkus in allen Zentralorganen und selbst seriöse Blätter schlagen vor, die Väter des Triumphes zu adeln, Crouch und Rooney. Von den Rasenverantwortlichen redet keiner. Wir dürfen uns in das Goldene Buch der City of London eintragen. Hätte beinahe drei Kreuze gemacht. Juni Stauben nebenher noch den All-England-Cup ab, die offizielle Ein-Drittel-Inselmeisterschaft. Endspielsieg in Wembley vor 120.000 Barzahlern. Gute Stimmung, Scheiß Spiel. Liverpool macht Dampf, wir stricken Strümpfe. Liegen zur Halbzeit 1:0 zurück, Glasbausteine im Getriebe. Cato träumt von Samba und Brasilien, Chapman und M´Seto finden nicht statt, Barthod, der Bekloppte, haut sich mit der Hacke das Flugzeug selbst über die Linie und ich lappe zwei Hundertprozentige übers Tribünendach. Rooney badet in Starkstrom. Man kann gegen jeden Scheißverein verlieren, auch gegen Sansibar, kein Problem, kann passieren, aber nicht gegen Liverpool und schon gar nicht im Finale. Wenn das Ding den Bach runter geht, kündigt er uns die Freundschaft und es werden 14 Tage Urlaub gestrichen. Außerdem ist die Sache mit Gomez bei einer Pleite gegen Liverpool sofort wieder auf dem Tisch. Glatte Erpressung. Crouch verlässt beleidigt die Kabine. Erfolgreichster Trainer der Saison, aber Kollege Rooney ist zu allem fähig, wenn die Sicherungen knallen. Also, komplett neues Spiel im zweiten Durchgang. Cato hört auf zu träumen, Chappy und Seto setzen ihre Ärsche in Bewegung und treffen. Zusammen mit meinen beiden Einlagen kassieren die Jungs vom Mersey River vier Blatschüsses in 30 Minuten. ´Geht doch´, knurrt der Dicke. Gomez bleibt, wo der Pfeffer wächst und der Mannschaftsrat schindet eine Woche Zusatzurlaub. Wenn´s läuft, lässt sich unser Vorzeige-Choleriker nicht lumpen. Insgesamt vielleicht die bisher beste Saison überhaupt. Weniger Spiele als sonst, weniger Belastung, maximale Ausbeute, keine ernsthaften Blessuren, finanziell überversorgt, null Zirkus am Hals, abgesehen vom Anfang. Könnte sich so einpendeln. Drei Wochen Sri Lanka. Soll sich lohnen, sagt Elgard. 103 Juli Nach schlapp 10 Monaten das Patent endlich in trockenen Tüchern (echt zügig für Schweizer Verhältnisse, sagt Halberstädter). Produktion und Versand laufen an, mehr als eine halbe Million Vorbestellungen. Verkaufspreis pro Paar ca. 800 Dollar. Wird rapide purzeln, wenn der erste Kaufrausch verpufft ist, wie bei allen technischen Neuerungen. Wenn´s einigermaßen läuft, sagt Elgard, kann ich umgehend die kurzen Hosen ausziehen. (Scherzkeks, kann ich auch so.) Wird eine echte Tankstelle ohne Gefahr für Meniskus und Leiste. Angenehme Perspektiven, Sozialamt bleibt auf Distanz. Das Beste für den Moment ist allerdings, - ich kann die Panzerplatten endlich auch auswärts verwenden. Urlaub Feines Fleckchen Erde, wuselige Menschen, aber immer noch leicht von unserem Standard abgekoppelt. Ochsenkarren, Sand- und Geröllpisten, fließend Wasser am Bach oder von oben. Trotzdem irgendwie außergewöhnlich. Elefantenprozession im Hochland erlebt, jede Menge Tempel und Paläste besichtigt. Hier war vor tausend Jahren deutlich mehr gebacken als heute, aber dann hat der Fortschritt eine deutliche Kurve hingelegt. Anschließend zehn Tage am Meer abgehangen. Erbärmlich wärmlich, trotz Wind. Außerdem ist der komplette Ozean gesperrt wegen gefährlicher Unterströmungen. Wer trotzdem vor Ort in die Badewanne hüpft, der taucht am anderen Ende in Saudi Arabien wieder auf. Passiert jedes Jahre Dutzenden von Touris. Steht aber in keinem Prospekt. 2037 / 2038 Fehlanzeige 2038 / 2039 Komplettes Jahr verschlabbert. Keine echten Knaller, an allen Fronten Routine. Routinesiege, Routinebusiness, Routinemädels. Sind momentan das Top Team weltweit. Rooney hat sich extra einen neuen Trophäenstadl spendiert, mit Lasershow, Hollywood-Kino, Kneipe, Café, Restaurant, Andenkenladen (echte Shopping-Mall wie zu Viktorias Zeiten) und Hotel. Fetter Komplex. Gerade fertig geworden und vom neuen King persönlich eingeweiht, denn wir sind herausragende Inselbotschafter, - wir aus Sierra Leone, Georgien, Kamerun, Nigeria, Frankreich, Paraguay, Argentinien, Spanien, Schweden, Deutschland und so weiter. Haben sämtliche Trophäen abgegriffen: zum dritten Mal Euro-League, zweimal in Folge den Halligmeister und im dritten Anlauf den Weltpokal gegen Foodhouse Peking. Glatte Sache wegen brauchbarer Vorbereitung. Rechtzeitige Anreise nach Mexiko City, halbwegs akklimatisiert und die Chinks abgezogen, 3:0, ohne große Gegenwehr. Quirlige Kerlchen, aber im Schnitt einen halben Kopf kleiner als wir Langnasen. Macht sich schlecht bei hohen Flanken lang vor die Kiste. Zweimal per Kopf erfolgreich. Fettes Sonderlob von allen Seiten. Erster ´Pro of the Year´, - neue Auszeichnung durch alle Ligaspieler für den professionellsten Kicker der Liga. Crouch ist immer noch Zeremonienmeister und kurz davor, heilig gesprochen zu werden. Den ´Sir´, heißt es, wird ihm seine Majestät in Kürze spendieren. Einziger echter Aufreger: unser neues Outfit. Angeblich absolutes Top-Design, aber mehr krasser Ausreißer und Flop-Design. Statt ´rot-weiß´ - wie üblich – ´orange-grau´ mit Rallyestreifen, oben schmal, unten breit. Sehen aus wie Monsterhamster mit Bratarsch. Das ganze Team meutert und der Schrott wird eingestampft, von den Socken bis zum Strampelanzug. Der Herr Designer aus Paris darf ab sofort Toilettenpapier entwerfen. Und unserem Dicken haben wir eine Brille spendiert. Manchmal völlig verstrahlt. Kein Wunder bei dem, was der Knabe rund um die Uhr abpumpt. Dürfte einige Promille pro Woche mehr sein als bei meinem Erzeuger. Neue Chefsache: die Spriteule versucht pausenlos, mir irgendeine Dame auf die Bettkante zu schieben, von wegen Bindung an die Nation. Keine schlechten Mädels, schlanke, dralle, blonde, schwarze, brünette, die gesamte Palette, kein Problem für Rooney, aber nichts Hit verdächtiges im Sortiment. Wird schwierig werden. Mein Englisch macht Fortschritte, aber auf Dauer immer nur Englisch quatschen, ne Danke. 104 Nach dem Weltpokal mit der gesamten Truppe Audienz bei seiner Majestät, alle korrekt in Schale, frisch rasiert und frisiert, richtig brave Jungs. Nur Malu behält seine Rasta-Matte. Würde sich prima als Teppichboden machen. Insgesamt lockere Angelegenheit. Der King will Tricks sehen (Cato darf vorturnen) und hat jede Menge flotte Sprüche auf Lager. ´Meine Großtante will Sie immer noch ehelichen´, erklärt seine Majestät in astreinem Deutsch und lacht sich schlapp. Trotzdem, alles in allem öde Zeit. Schotter und Ehre per Förderband, aber ansonst ziemlich isoliert. Quirle in überschaubaren Kreisen. Einfach so mal durch den Distrikt latschen ist absolut undenkbar. Würde als Abziehbildchen an der nächsten Hauswand kleben. Einziger Lichtblick, mein Kaff in Cornwall. Kann mir stundenlang die Füße vertreten oder im Pub abhängen. Die Fischköppe sind promiresistent. August Rollenwechsel. Cato und ich stauben abwechselnd sämtliche Titel ab. Im letzten Jahr Amerikaund Weltkicker für ihn, für mich nur den Europafuzi, dieses Mal Amerika für ihn und für mich den Rest. Auf Platz 3, ziemlich abgeschlagen ein Dribbelkönig, aus Argentinien. ´The Match´ macht aus uns ´The Couple of the Year´ mit den entsprechenden Hochzeitsfotos. Dämliche Montage, besonders Cato im Brautkleid. Fakt ist, wir liegen spielerisch total auf einer Welle. Kann mich in Tornähe blind drauf verlassen, dass Cato den Ball punktgenau auflegt. Umgekehrt genau so, allerdings weniger elegant in der Vorarbeit. Bewege mich im Vergleich zu unserem Sonnenkind so grazil wie eine Bodenfliese. Neuerung Kaum auf den Beinen wird die Euro-League gründlich aufgepeppt, Play Offs kommen, wie im Basketball und Eishockey. Der bisherige Modus, Meisterschaft mit flachem Ende, bedeutet ökonomisch und dramaturgisch eine totale Verschwendung von Ressourcen und Income, erklärt die UEFA. Hätte man auch früher peilen können. Die vier besten Teams knobeln am Ende den Champion aus, Modus ´Best of 3´. Bringt garantiert sechs, eventuell auch neun satte Endspiele von internationaler Tragweite mit entsprechendem Geldregen. Wer mit von der Partie ist, kann anschließend der Clubzentrale goldene Türklinken spendieren, sagt Elgard. Wie witzig – haben wir bei uns schon seit ewigen Zeiten. Business Die Panzerplatten sind der absolute Kracher. Kein Wunder. Gnadenlos gute Testergebnisse aus Bern und von jedem TÜV auf diesem Planeten. Verletzungshäufigkeit um mehr als 70 Prozent reduziert. Bagatellschäden (leichte bis mittlere Prellungen, etc.) tendieren gegen null. Und die krassen Chosen werden gründlich entschärft, einfacher, glatter Knacks statt Trümmerbruch, Schiene statt Mehrfachoperation und Karriereende. Alles wissenschaftlich einwandfrei belegt. Hätte besser nicht kommen können. Stiften der Uni unauffällig dringend nötiges Forschungsmaterial und Meublement. Produzieren inzwischen rund um die Uhr an drei Standorten, Schweiz, Brasilien und Deutschland. Insgesamt fast 300 Festangestellte, Tendenz täglich steigend. Neue Produkte sind angedacht, - flexible, unzerbrechliche Transportbehälter, z.B. biegbare Flaschen. Wenn die Nummer funktioniert, sind wir in absehbarer Zeit der größte Arbeitgeber im Hochgebirge, sagt Halberstädter. Für den Knaben ist jeder Tag Weihnachten, freut sich wie Plätzchen über seinen Erfolg und gibt einen vorbildlichen Chef. Ackert, rackert, forscht und leitet quasi rund um die Uhr. Für Elgard und mich krasser Rubelregen, fast ohne jede Mitwirkung. Gut, ich bin der Werbe-Toni. Halte meine kostbaren Schienbeine hin, erkläre ´Nie wieder ohne´, dazu ein paar original Holzhacker-Szenen in Slomo, das war´s. Fahre über die kleinen schwarzen Strümpfe inzwischen mehr ein als durch mein Gekicke. Will was heißen. Gehöre momentan zu den drei teuersten Aktiven aller Zeiten. Saisonbeginn Starten als großer Favorit mit zwei fetten Klatschen in Folge. Barthod hat völligen Filmriss. Drogen versagt?! Verpeilt alles, was kommt. Landet auf der Bank, macht Ärger und verbessert 105 sich auf die Tribüne. James, unser Reserveschnappi (Spitzname ´Calamity´ James), darf ran und erweitert seinen Ruhm als Pannenkönig radikal. Entschärft drei Unhaltbare, anschließend kullert ihm die Blase durch die Stutzen. Wäre Weltklasse ohne diese ewigen Totalaussetzer. Höhepunkt 87. Minute. Weite Rückgabe, Calamity rollt an, holt aus, rutscht mit dem Standbein weg und grätscht das Leder mit Drall in die eigene Stube. 75.000 Mal Schweigen im Stadion. Komisches Geräusch. September Crouch bringt unseren Kindergartenpräsidenten, Noel McDermont, genannt ´Babe´. Knapp 17, inkontinent hinter den Ohren, noch im Wachstum, aber schon 1,94 hoch. Pickel im Gesicht, Zahnspange, schottischer Jugendmeister im Hochsprung (2,13 m), Arme bis auf die Erde, knapp 75 Kilo, und keine Angst vor nix, zumindest im Training. Ernstfall noch nie erlebt, aber mehr Mist als seine beiden Vorgesetzten fabrizieren höchstens einarmige Blinde. Sollte eigentlich langsam aufgebaut werden, unser Kleiner, aber langsam ist manchmal schneller als man denkt, sagt Rooney. München Werden als Tabellenletzter und Kanonenfutter angekündigt. Wird aber nichts mit dem bayerischen Schützenfest. Babe holt alle Flugzeuge vom Himmel. Keine Spur von Nervenflattern, kein Halbschlaf, kein Respekt vor internationalen Kapazitäten. Souveränes Stellungsspiel, unglaubliche Reflexe und keine Aussetzer, nicht mal im Ansatz. Komplett andere Liga als die Glücksritter vor ihm. Jede Menge Applaus in bayrischer Umgebung. Selten erlebt. 2:0 für uns. Einmal Ljungström, einmal Malu. Glatte Nebensache. Wir haben einen neuen Wachmeister. Hochsicherheitstrakt ´Babe´ hält uns dreimal die Null, bevor er die erste Gurke kassiert, abgefälschtes Ding aus sechs Metern. Flucht wie Honka und faltet seine Abwehrriege. Barthod, die alte Meckerbacke, ist überflüssig und wird kurzfristig für drei Flaschen Rotwein nach Australien verscherbelt. Kostet Rooney keine Tränen. Calamity hockt auf der Bank und erlebt, dass man seinen Job machen kann, ohne regelmäßig totalen Brack zu liefern. Völlig neue Erkenntnis für den alten Mückenfänger. Medienmäßig kommt der Kleine voll durch den Wolf. Kein Welpenschutz, auch für ihn das komplette Programm. Eltern, Geschwister, Verwandte, Freunde, Nachbarn, Lehrer und Trainer werden durch die Wort-Zentrifuge gejagt, Kinderphotos und Filmmaterial an Land gezogen und verwurstet. Alles kommt ans Licht, privat ist tot. Passiert jedem, der im Vordergrund auftaucht und läuft genau so lange, bis die nächste Sternschnuppe am Götterhimmel eintrifft. Crouch, der Heldenvater, kriegt auch seinen Teil vom Ruhm ab, weil er den Mumm hatte, ein frühreifes Pickelface aus dem Laufställchen zu holen. Tolle Leistung, bei absolut null Alternative. Auslosung WM Quali. Gruppe zum Genießen: Kroatien, Schweden, Luxemburg, Tschechien, Belgien und Ungarn. Obendrauf, als besondere Attraktion, England. Volltreffer und versenkt. Dämlicher war kaum möglich. Zwei kommen durch, für den Rest wird die WM in Saudi Arabien ´no-go-area´. Hoffentlich gibt´s früh genug Klarheit und kein Endspiel zwischen Insel und uns. Könnte kritisch werden für mich, als ´Wanderer zwischen den Welten´. (Süßdeutsche Allgemeine) Oktober Rooney beendet seine Karriere als Autopilot. Wird für den Rest seiner Tage Fußgänger. Hat zum dritten Mal im Suff einen satten Crash eingestielt (Ausfahrt im Parkhaus verpeilt, das Kassenhäuschen geplättet, inkl. Ticketonkel) und den Lappen freiwillig abgeliefert. ´England is safer now´, kommentieren die Zentralorgane und Great Britain lacht sich schlapp. Die alte Spritnase nimmt´s gelassen. Hätte schon viel eher die Pappe einreichen sollen, wäre wesentlich billiger gekommen. Für das, was er inzwischen in Vehikel und Renovierungen investiert hat, 106 wären locker 100 Jahre Taxi oder 5.000 Jahre U-Bahn drin gewesen, und zwar 26 Stunden am Tag. Prämiert Halberstädter erbt den Titel ´Schweizer Unternehmer des Jahres´ und wird Ehrenbürger seiner Gemeinde. Kein Wunder, die Kommune kann jede Viehweide komplett in Platin auslegen lassen, seitdem im Kaff Protektoren gefertigt werden. Die ortsansässigen Kühe sind nur noch Dekoration für unser Vorzeigeunternehmen, alles umweltfreundlich, der Landschaft und der örtlichen Bausubstanz voll angepasst. Kein Quatsch, die Firma gleicht äußerlich einem Bauernhof XXL, keine Außenwerbung, keine Schlote, keine Müllhalden, keine Parkplatzlandschaften, alles aufgelockert, mit Baumbestand und Feuchtbiotopen. Und drum herum hält braunes Milchvieh die Wiesen kurz: ländliche Idylle mit Lizenz zum Gelddrucken. Aufholjagd Koffern uns mühsam durch´s Mittelfeld nach oben. Gewinnen macht Probleme, noch zu viel saudämliche Unentschieden. Babe ist als Einziger durchgehend Extraklasse. Auch mein Heiligenschein bröselt, komme irgendwie nicht richtig auf die Hufe. Zauberpässe Fehlanzeige, Kopfbälle haltbar, Distanzschüsse Fankurve, irgendwie die Seuche an den Hacken. Cato lässt sich kurzfristig anstecken und dribbelt wie ´n Sack Nüsse. Crouch gibt den Seeelenklempner und richtet eine zweite Teestunde ein. Cato will O-Saft. Wirkt nur bedingt, aber entschärft die Atmosphäre. WM-Quali Läuft ebenfalls bescheiden. Remis gegen Ungarn, Totalpleite zu Hause gegen Schweden, ein Pünktchen in Luxemburg. 50 Millionen Nationaltrainer machen aus uns Konfetti. Klar, wir sind ein Schrotthaufen, keine Frage, aber auch kein Wunder. Die Republik hat keine Kicker mehr, trotz pädagogischer Förderprogramme, UEFA gesponserter Bolzplätze, wissenschaftlicher Betreuung, hervorragender Lactatwerte und ähnlichem Blödsinn. Das Problem ist - sämtliche Schlüsselpositionen in sämtlichen Vereinen sind zu 150 Prozent von Ausländern besetzt, selbst auf den Reservebänken schieben uns freundliche Migranten über den Rand. Ist seit Jahren bekannt, wird immer wieder benörgelt, aber mehr auch nicht. Einkaufen ist einfacher, sicherer und billiger als ausbilden. Änderung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Der Nachwuchs schlurft regulär erst nach 16 Uhr in Richtung Heimat, danach noch Hausaufgaben. Für Sport und dergl. bleibt da kaum noch Zeit. Die Quittung kommt jetzt in Raten. Sind qualimäßig eigentlich schon weg vom Fenster. Allerdings, die Inselkicker bekleckern sich auch nicht mit Ruhm, auch zwei Unentschieden, aber ein Sieg. Angebote Deutsch-Französischer Sportkonzern bietet Hilfe bei der Vermarktung unserer Panzerplatten an. Selten dämliches Angebot. Die Knochenretter verkaufen sich selbstständig von Feuerland bis Spitzbergen, Hilfe absolut unnötig, dankende Ablehnung. Die Deutsch-Franzosen sind stinkig und drohen damit, ein ähnliches Produkt auf den Markt zu werfen, zu absoluten Dumpingpreisen. Könnte teuer werden für die Herrschaften, sagen unsere Rechtsexperten. Patentverletzungen lassen sich die Bergbewohner teuer bezahlen. - Zweiter Vorschlag aus Übersee. US Gigant will Protektoren in Lizenz herstellen und den kompletten amerikanischen Markt bepflastern. Schon besser. Minimiert Geschäftsrisiko und Arbeit erheblich. Standort Brasilien entfällt, dazu jede Menge Verwaltung. Vertragsdauer, Einnahmenverteilung und Mindestumsatz werden durch Elgard knallhart diktiert, Verträge nach Schweizer Recht eingetütet. Anschließend realisiert Halberstädter seinen größten Kindheitstraum: man gönnt sich einen knallroten Porsche, Baujahr 1965 und Traktor. Absolut okay, hätte ja auch ein eigenes Alphorn sein können. Der Mann ist genügsamer als jede Gämse. 107 November Das Match gegen die Tommies steigt in Cottbus. Offiziell zur Belebung der Region, inoffiziell wegen der zu erwartenden Völkerschlacht. Dürfte hier grazilere Dimensionen annehmen als in München oder Hamburg. Cottbus ist wehrtechnisch kalkulierbar, schlecht zu erreichen und das Stadion eine Nussschale. Trotzdem, kein Kaffeeklatsch. Sechs Straßenbahnen werden auf ihren Schrottwert reduziert, Tausende von Hoolifans werden in der Spree entsorgt, die harten Kerne zerlegen sich gegenseitig als ´Joint Venture´ unter Polizeiaufsicht im Stadtpark. Mittlere Völkerschlacht. Das Match ist eher schlaff. Keine Schwerverletzten, keiner geht baden, brüderliches 0:0 mit nur einem Höhepunkt. Der Schiri fängt sich einen derben Querschläger und grätscht ab. Liegt abgeschossen in der Rasenlandschaft, verschwindet mit der Notfallambulanz und muss durch den offiziellen Ersatzmann gedoubelt werden. Das war´s. Kann ohne Personenschutz zurück auf die Insel. Dezember Crouch wird geschlagen, und zwar zum Ritter. Fette Zeremonie mit allem Brimborium. Seine Majestät stochert mit dem Schwert um sich und unser langes Elend ist ab sofort ´Sir´ Peter. Rooney hätte mit Sicherheit auch Spaß an der Sache, klappt aber vermutlich nie, wegen seiner regelmäßigen Aussetzer. Ist tausend Jahre zu spät auf dem Planeten erschienen. Moderne Ritter saufen und prügeln nicht, sagt Elgard. Freut mich für unsere Bohnestange. Immer Mensch, immer fair. Manchmal irgendwie planlos, sagt Rooney, aber trotzdem der nützlichste und freundlichste Trikotverteiler aller Zeiten. Kein Vergleich mit Gomez. Solche Arschgeigen dürften nicht mal in der Kreisklasse vorturnen. Am Training und am Führungsstil ändert der Titel absolut nichts. Der Lange stakst über den Platz wie Storch im Sumpf und gibt alle acht Minuten eine Anweisung. Nur auf seinem Strampelanzug glänzt anstelle eines schlichten ´Crouch´ ab sofort ein handgesticktes ´Sir Peter´. Aufstieg War zu erwarten, ´Babe´ fängt für die Insel. Ist den anderen Greifern mit britischem Pass trotz seiner Milchzähne um Lichtjahre voraus. ´The Einstein of the Penalty Box´ erklärt ´The Match´. Macht definitiv keine Fehler. Absolutes Naturtalent und der neue Messias für die Fish & Chips People. Teeniehorden knallen total durch. 25.000 Zahnspangen bei jedem Heimspiel, Gekreische wie seinerzeit bei den Beatles. Cato und ich sind Schnee von überhintervordergestern. Kommt gut. Hält uns die Reporterblase halbwegs vom Hals. Müssen nicht mehr jeden Blödsinn kommentieren und sind weg von den Titelseiten. Januar Katastrophenauftakt. Die Welt hat Husten. Treibhaus-Effekt lappt voll rein, Malaria beglückt sämtliche Nord- und Ostseeküsten. Im Schwarzwald, Allgäu und Bayerischem Wald rafft das Mückenzeugs die ersten Einheimischen weg. Man munkelt von schlapp 100.000 Infizierten. Keine genauen Angaben wegen eventueller Panik. Herzlichen Glühstrumpf. Massenimpfungen und Ausgabe von kostenlosen Medikamenten an allen Schulen. Erwachsene dürfen für Prophylaxe und Behandlung blechen. Rappelt fett bei Apotheken und Pharmakonzernen. Regierungsheinis versprechen die Bekämpfung der Biester zu intensivieren und fordern bessere und preiswertere Heilmittel. Wirkung gleich null, Preise bleiben hoch und stabil. Im Gespräch sind außerdem intensivere Maßnahmen gegen den Greenhouse Effect. Die würden sich allerdings erst ab ungefähr 2120 bemerkbar machen. Wird sich einen Dreck bemerkbar machen, sagen die Grünen und Greenpeace, weil die dicksten Staaten und Konzerne jedes Klimaabkommen mit immer neuen Tricks umschiffen. Haben zwar Unmengen von Papier unterschrieben, pulvern aber weiter ihren Mist fröhlich in alle Himmelsrichtungen. Einzige Neuerung: große Kampagnen, die erklären, wie man sich auf Malaria, Hitze, Trockenheit, Orkane, Überschwemmungen und ähnliche Scherze einrichtet. (Tolle Infos für Heimwerker: – ´Dem Taifun keine Chance´, ´Kellerauspumpen für Anfänger´, ´Katastrophenschutz für Linkshänder, etc.) Diverse Versicherungen haben sich inzwischen ausgeklinkt. Wer rund ums Mittelmeer, in der Karibik, Florida, Südostasien oder so wohnt, kriegt weder Haus, Boot noch Hundehütte versichert. Die 108 Wahrscheinlichkeit, dass alles irgendwann zerbombt wird, wegfliegt oder absäuft ist monatlich gegeben. Auf der Insel Alarmbereitschaft und mittlere Hysterie. Entlang der Küste werden stehende Gewässer mit chemischen Keulen zugekippt, damit der Malaria Klapperstorch seine Brut woanders absetzt. Und Schiffe, die britische Häfen anlaufen, werden auf See gestoppt und mit dem gleichen Zeug eingenebelt. Safety First. Februar Die Kroaten räumen ab. Keine Niederlage, nur zwei Unentschieden, in Tschechien und England. Hatte keiner so richtig auf der Rechnung, die Knaben. Wir hängen auf Platz 3, hinter den Tommies. Murksen uns von Unentschieden zu Unentschieden. Halten die Kiste einigermaßen sauber, das Problem sind unsere Knipser. Keiner mehr in der Republik, der die leere Hütte trifft, nicht mal aus drei Metern. Klopp probiert alles durch, was laufen kann, ohne Ergebnis. Ab Sechzehner Blindflug. Vier schlappe Tore in sieben Partien. Schlechte Aussichten auf eine Mitfahrgelegenheit zur WM. Sind die Aschenbrödel der Nation. Wäre die allererste Veranstaltung dieser Art seit 1954 ohne uns und ein fetter Schlag ins Kontor für unsere Zentralorgane. Haben bei den Übertragungsrechten gnadenlos hoch gepokert und Milliarden hingeblättert. Bleiben wir zu Hause, können alle ihre Verträge hinter die Klospülung nageln und ihre Sender verklappen. Welche Company wird bei uns Werbung schalten, wenn Malawi gegen Ecuador kickt? DFB Präses Ballack persönlich erscheint im Mannschaftsquartier und weist deutlich auf die ökonomisch-emotionale Gemengelage hin. Verkündet eine Vervierfachung der Sondervergütung für den Einzug in die Endrunde. Die Maßnahme schlägt voll durch: souveränes 2:1 gegen Luxemburg durch zwei verwandelte Elfmeter. Abschuss Kriegen alle unser Fett weg, ganz besonders meinereiner. ´Denkmal auf Abruf´, ´Zenit überschritten´, ´Torfabrik im Ruhestand´, ´Arroganzfußballer´, ´Ideentod´, ´Fußballimitator´, ´Migrant ohne Bezug zur Heimat´ und so weiter. Mittlere Komplettdemontage. Einzige Konsequenz: Brocken hinschmeißen und die Liga genießen. Klopp beißt um sich, mit sattem Echo. Steht selbst voll in der Schußlinie. ´Einfaltsloser Hurra-Fußball ohne Konzept und Vision´, ´Ebbe in der Wundertüte´, ´Der hilflose Helfer´ und ähnliche Nettigkeiten, täglich und in geballter Ladung. Entweder steigt der Blutdruck oder das Fell wird dicker, sagt Klopp. Seins ist dicker als die Gelben Seiten. Kann ich von mir nicht behaupten. Komme mir vor wie die Klagemauer persönlich. März / April Mit Glück in die Play Offs gemurkst. Schnappen den Bayern durch die bessere Tordifferenz den letzten Spielplatz weg. Rendezvous mit Barca. Sind krasser Außenseiter. Trotzdem, in Spanien 1:1, zu Hause 1:1. Drittes Match wieder am Mittelmeer, sattes 0:0. Verlängerung. Chappy versenkt die Murmel nach 97 Minuten, Schiri entscheidet auf Abseits. Voll daneben, absolut regulärer Treffer. Zusatzgratifikation: rote Karte für Chappy wegen Meckerns. Super. Retten uns tretend, beißend und kratzend ins Elfmeterschießen. ´Babe´ hat die Möglichkeit berühmt zu werden. M´Seto versemmelt seinen Elfer, Babe hält, Cato verwandelt, Barca verwandelt, Malu fetzt in die dritte Etage, Babe taucht und hält, Ljungström verwandelt, Babe hält, meine Murmel bricht Barcas Schnappi die Hände, schlägt unters Gebälk und rutscht nach hinten durch, das war´s. Schwein gehabt und Babe. ´Der Killer-Krake mit den goldenen Fingern´. (Sport´s World) Mai Panik auf der Titanic. Kroatien ist durch, die Tommies eigentlich auch. Nur noch zwei Spiele und vier Punkte vor uns. Auswärts in Luxemburg, wir müssen in Schweden ran. Im Grunde alles geregelt. Von wegen. Die Vollpfosten verlieren gegen die Giganten aus Benelux 0:1, wir fahren gegen Pipi Langstrumpf & Co unseren zweiten Sieg ein, 1:0 in der Nachspielzeit. Kopfballtor der alten Sorte aus zwölf Metern genau in den Knick. Albtraum perfekt – Endspiel in Wembley. ´God is a Nazi´ hetzen die Inselorgane, ´Fotofinish´ kommentieren unsere Meinungsmacher. 109 Den Tommies reicht jedes Unentschieden, wir haben zu gewinnen. Alles reine Formsache scheppert ´The Match´, ´auf englischem Turf wird die SS-Senioreneinheit pulverisiert. Null Chance für die deutschen Schlafwagenkontrolleure´. Der Hase hat das Rennen gegen den Igel auch für eine reine Routine gehalten, sagt Elgard. Das Ergebnis ist Weltliteratur. Taktik Rooney schlägt vor, aus taktischen Gründen den Verletzten zu mimen. Nicht, dass er Angst um seine Insel hätte, viel eher um meine Rübe. Würde mein junges Leben komplett ruinieren, falls ich seinen Leuten in der eigenen Bude die Tour vermasseln würde, zum Beispiel mit einem meiner dämlichen Kopfbälle, oder so. Käme mit Sicherheit bei seinen Landsleuten gar nicht gut an. Das mit der Verletzung wäre leicht zu arrangieren. Mailand, zum Beispiel, ist bekannt für seine rustikale Spielweise, mittelschwere Verletzungen wären quasi an der Tagesordnung. Super Idee, würde jeder Blinde auf Anhieb erkennen. Trotzdem, echte Zwickmühle. Gewinnen wir das WM-Ticket dank meiner Anwesenheit, kreuzigen mich die Insulaner, gebe ich den sterbenden Schwan und wir vergeigen, vierteilt mich der eigene Mob. Elgard sagt, das Beste wäre eine plötzliche Schwangerschaft. Mailand Ausverkaufte Veranstaltung in San Siro. Auf den Rängen wird gepfiffen, auf dem Rasen gespuckt und getreten. Wir gewinnen die Seitenwahl und an Erfahrung, mehr auch nicht. Satte 30 Minuten läuft das Match völlig an mir vorbei, erlebe das Meiste als Maikäfer. Dann der erste Einsatz im Strafraum. Steige hoch, gehe zum Ball, Ellenbogen und – Filmriss. Mittelschwere Gehirnerschütterung plus Jochbeinfraktur. Dumm gelaufen und absolut nicht einstudiert. Und ist nicht auf seinem Mist gewachsen, schwört Rooney auf dem Weg ins Hospital, großes IndianerEhrenwort. Hat mit keinem einzigen Mailänder Spieler irgendwelche Absprachen getroffen. Dürfte den Tatsachen entsprechen, sagt Elgard. Der Dicke hat die Schweinerei knallhart an irgendeinen Kumpel delegiert, 100 pro. Bei Rooneys Gefasel muss man auf die Feinheiten achten, trotz der ständigen Blutvergiftung. Haben im übrigen 4:1 vergeigt. Zwei Stunden später Anruf von Klopp. Wird morgen mit einem Ärzteteam aus der Heimat einfliegen. Das Re-Match in fünf Tagen, sagen die italienischen Heilkünstler, findet definitiv ohne mich statt. Das Match gegen die Insel steigt in neun Tagen. Heilung Klopp und seine drei Experten (ein HNO-Typ, zwei Chirurgen) haben mich nach Freiburg verschleppt. Liege in einer Spezialklinik für zertrümmerte Schädel. Absolut beruhigend. Links, rechts und gegenüber Motorradfreaks, gepurzelte Bergsteiger, Bauarbeiter und Hausfrauen. Bin die absolute Lappalie zwischen diesen Puzzlespielen, behaupten die Knochenflicker. Bekomme von innen mit einer Spezialtechnik das geknickte Jochbein aufgepumpt und eingerenkt. Wird besser als neu, sagt der Chef, ohne Nachwirkungen und bleibende oder sichtbare Schäden. Mailand ist gestorben, Wembley fraglich, die Chancen stehen 50:50. Vorsichtshalber schnitzt mir eine Kapazität aus dem Schwarzwald eine hauchdünne Gesichtsmaske aus Halberstädters Material, mit der man notfalls auflaufen kann. Ohne Prothese wäre der Einsatz völlig Banane, mit Prothese wahrscheinlich auch. Wird sitzen wie eine zweite Haut, sagt der Maskenbildner. Abends erscheint ein freundlicher Mensch aus der Ausrüsterbranche. Versorgt seit Jahrzehnten unsere Elitetruppe mit Schuhen, Trikots und Socken. Fände es ausgesprochen gut, wenn ich in voller Kluft gegen England auflaufen könnte. Wäre als Werbeschnappschuss unbezahlbar, vorausgesetzt, wir versägen die Inselaffen. Geplant ist sogar Unterwäsche mit meinem Namenszug. Würde sich bei einem Sieg wahrscheinlich gnadenlos gut absetzen lassen und wäre sicherlich nicht mein Schaden. Netter Versuch. Repariert die kaputte Visage schlagartig. Killer-News Kommt knüppeldick. Die Inselnachrichten blasen zur Attacke. Absolut neue Strategie. ´The Match´ behauptet, ich bin schwul bis in die Haarspitzen, der erste voll schwule Profi im Inselstaat überhaupt, und alle anderen ziehen nach. Präsentiert werden eine Handvoll unscharfer Fotos, um 110 den Schwachsinn zu belegen. Wegen meiner Fehlpolung wäre damals auch die Heiratsaktion gescheitert, Angebote waren ja genug da, Tausende von total Klasse Frauen. Die hätten statt meiner auch einen Brückenpfeiler anmachen können. Jetzt wäre endlich amtlich warum. Die Schnappschüsse zeigen ´mich´ so, wie man die Umgepolten gerne sieht, in herzlicher Umarmung und knutschend mit anderen Schwuchteln. Sagenhaft. Außerdem gibt es inoffiziell seit einiger Zeit Klagen von Teamkollegen, die sich über Annäherungsversuche bei der Vereinsleitung beschwert haben. Alles total Banane, aber Rooney, der Armleuchter, lehnt jede Stellungnahme zu den ´Enthüllungen´ ab. Arschgeige. Die beste Munition für jeden Schmierenkönig. Ein schlichtes ´alles Mumpitz´ hätte voll gereicht. Pustekuchen. Drei Jahre Top Leistung sind nach einer Handvoll verstrahlter Zeitungsartikel absoluter Schnee von gestern. Und die Fish & Chips People landauf landab schlucken den Köder ohne jede Check. So was nennt sich ´psychologische Destabilisierung´, sagt Elgard. Benutzt man dann, wenn einem selbst der Arsch auf Grundeis geht. Beruhigend. Mailand rück Hocke mit dicker Backe in Freiburg am Schirm. Die Spaghettis stellen sich hinten rein und wir prallen ab wie Regen von der Windschutzscheibe. Mission impossible. Cato ackert, M´Seto hängt sich rein, Malu läuft Amok, alles für die Katz. Zur Belohung kommt zehn Minuten vor Ultimo der Fangschuss - 18 Meter, abgefälscht, Innenpfosten, 1:0. Drittes Match hinfällig, die Schale geht nach Mailand. Shit happens. Glückwunsch. Feuer Meine Hütte in Kensington brennt, trotz Polizeischutz. Angeheizte ´Hoolifans´ verbauen der Feuerwehr gründlich die Zufahrt. Das Meiste verkokelt, der Rest wird von den Wassermännern ertränkt. Sieht lecker aus. Gut, Wertsachen, Unterlagen, Bargeld oder Verträge sind auswärts unter Verschluss, aber auch so läppern sich die Verluste. Laut Versicherung drei bis vier Millionen Pfund. Besonders der Abriss geht in die Vollen, alles Sondermüll. Untersuchungsergebnis: klare Brandstiftung, das Freudenfeuer entwickelte sich an mehreren Ecken der Festung gleichzeitig. Auch ein versierter Schutzengel wäre chancenlos gewesen. Erhalte präventiv Personenschutz in Freiburg. Zwei Doggen von der Bundespolizei stehen sich vor meiner Suite die Beine in den Bauch. Die Gesichtsexperten sagen, sie hätten mich deutlich schöner gemacht und ich könnte mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent in Wembley auflaufen, wenn mir danach ist. Is mir aber nich! Die Republik rechnet allerdings fest mit meinem Einsatz, egal ob Bruch oder nicht. Dafür gibt´s Medizinmänner und Spritzen. Verweigerung wäre Vaterlandsverrat. Es geht offiziell um ´nationale Identität´ und inoffiziell um gnadenlos viel Schotter. Das Fußvolk fühlt sich als Versager, Industrie und Medien zittern um ihre Einsätze. Die Islander schließen die Falle von der anderen Seite. ´The Match´ veröffentlicht humorige Leserbriefe, die mich davor warnen, jemals englischen Boden in einem ausländischen Nationaltrikot zu betreten. Die angedrohten Konsequenzen wurden von einer feinfühlenden Redaktion durch schwarze Balken unwesentlich entschärft. Trotzdem, Galgen, Handgranaten und Maschinengewehr sind noch deutlich zu erkennen. Klopp meint die Tommies sind verdammt nervös. Ich auch. Juni ´The Battle of the Millenium´, verkündet ´The Match´. Die Normannen 1066 und der Angriff der Armada 1588 waren Kaffeekränzchen gegen das, was sich in Wembley abspielen wird. Für unseren Blätterwald ist die Partie ´das wichtigste zeitgeschichtliche Ereignis seit dem Fall der Mauer´. Auch kein schlechter Vergleich. Kein Wort mehr von Fußball als Wirtschaftszweig mit hohem Spaß- und Risikofaktor und keine Chance mehr, mich zu verkrümeln. Die Medizinmänner geben vor tausend Mikrofonen grünes Licht, die Maske ist TÜV, CE und Wollsiegel geprüft und sitzt. Bin Kapitän und der (zertrümmerte) Kopf der Truppe, ohne mich tendieren sämtliche Aussichten auf Weltmeisterschaftsfreuden gegen den Gefrierpunkt, erklären unsere Zentralorgane. Nett, wenn man jemanden hat, dem man sämtliche Verantwortung vorsätzlich in die Schuhe schieben kann. Macht später bei der Abrechnung weniger Arbeit. 111 Am Besten drauf ist unser Sockenlieferant. Erscheint täglich und erklärt, dass Fotos mit mir und seinem Outfit unerlässlich sind. Ansonsten kann die gesamte Kollektion eingestampft werden. Würde Millionen und einige hundert Arbeitsplätze kosten (wahrscheinlich in Taiwan, oder so). Habe neun Tage keine Gräte bewegt, keinen Ball am Fuß gehabt und beim ersten lockeren Kopfball im Reha-Garten explodiert mir fast der Schädel. Werde vor Anpfiff viermal im Gesicht gespritzt, um die Birne halbwegs schmerzfrei hinhalten zu können. Bin der einzig brauchbare Kopfballspieler in der gesamten Vorwärtsabteilung. Tolles Gefühl. So, wie ich die Bulldoggen kenne, wird´s gleich zu Anfang gewaltig was auf die Nuss geben, zufällig natürlich. In der Laube steppt der Bär. 80.000 Tommies schmettern ihre Schlachtgesänge, 20.000 von uns stehen en bloc unter Käseglocken aus bruchsicherem und feuerfestem Kunststoffglas, eingerahmt von Bullerei und Stahlgittern und klammern sich an ihre Fähnchen. Geräusch-Tzunami beim Betreten des Platzes, Feuerzeuge fliegen mir um die Ohren, mit Steinen gefüllte Sitzkissen und ähnliche Scherze. Schiri droht mit Spielabbruch. Die offizielle Bagage hat alle Mühen den Mob einzunorden. Gelingt erst, als der Stadionsprecher darauf hinweist, dass der Gegner die Partie 2:0 gewonnen hat, wenn nicht innerhalb der nächsten fünf Minuten angepfiffen werden kann. Klare Aussage, geht selbst den Idioten mit Knäckebrot-IQ in die Birne. Leider. Hätte auf der Stelle eine kampflose Kapitulation akzeptiert. Wembley Alles seit 48 Stunden vorbei. Kein Match für Ästheten und Warmduscher. Non-Stop Hochgeschwindigkeitsklopperei. Ohne Protektoren reines Massaker. Zweimal ´rot´, siebenmal ´tiefgelb´. Wäre von jeder normalen Berufsgenossenschaft abgeblasen worden. Werde durchgehend mit Aufmerksamkeiten überhäuft. Erster Tritt in die Maske nach zehn Minuten (nur ´gelb´), Ellenbogencheck voll ins Gesicht Mitte Halbzeit 2 (endlich ´rot´). Das Volk johlt, aber mein Visier hält. Zum Glück. Erinnert alles enorm an die alten römischen Metzgerspiele, so gut wie keine Veränderungen in knapp 2000 Jahren. Nächster rote Katong vier Minuten später für Wolter wegen Meckerns. Absolute Lachnummer. Hat sich nur über die sechs sauberen Schraubstollen in seinem linken Oberschenkel beschwert. Geht duschen, muss aber vorher zweimal genäht werden. Schiri mit Pixelfehler. Könnte ´n Bruder von Gomez sein. 80 Minuten Einbahnstraße in unsere Richtung, aber die Tommies sind zum Gewinnen zu dämlich. Viermal Aluminium und einen Elfer obercool vergeigt. Reckermann bleibt einfach stehen und fängt die Murmel mit der Mütze. Finale fünf Minuten vor Schluss. Ecke von rechts, leicht abgefälscht und direkt auf meinen rechten Schlappen. Keine Chance für Babe. Drop Kick aus 4,15 Metern hoch ins linke Ecke, knapp unter den Querbalken. 118 Km/h ermittelt die Technik. Totenstille im Stadion, wir elf Pappnasen in weiß-grün können das Gras wachsen hören, dann zirpt unser Anhang los. Zu Hause fünf Herzinfarkte und Schwankungen auf der Zugspitze. Geschlagene sechs Minuten Nachspielzeit, Ewigkeiten im Sekundentakt. Gelbe Karte wegen Unsportlichkeit kassiert. Slalom in der eigenen Hälfte gelaufen und die Pille anschließend ins Aus gedroschen, wegen Beinlosigkeit. Kompression wie Hüttenquark. Nach dem Gong weder Formalitäten noch Jubelarien, mit Vollgas ab in die Katakomben. Tür zu, Schlüssel rum, fertig. Draußen werden Piratenflaggen gehisst und Macheten gezogen. Englische Sondereinheiten schützen deutsche Fans. Werden kerzengerade zu ihren Transportmitteln bugsiert und ohne Aufenthalt über den Kanal verschoben. Verbringen die Nacht im Stadionhotel. Mannschaftsbus war zehn Minuten nach Abpfiff nur noch Alteisen. Keine Chance, Wembley zu verlassen, wäre glatter Selbstmord geworden, trotz Eskorte. 14 einheimische Objektschützer landen stark verbeult in umliegenden Krankenhäusern. Wir, Mannschaft und Offizielle, werden im Morgengrauen in kleinen Gruppen evakuiert, in gepanzerten Armeefahrzeugen. Klopp hockt bis zum Schluss bei mir, zusammen mit Rooney. Sieht draußen aus wie nach einem Staatsstreich irgendwo in Afrika. Der Dicke hat zwischenzeitlich versucht, die Durchgeknallten draußen zu beruhigen. Ergebnis: Platzwunde am Kopf, ein Schneidezahn weg. Eh nur Keramik, sagt Rooney und grinst. Mein Sockenlieferant mit Sicherheit auch. 112 Konsequenzen Hocke in der Deutschen Botschaft, mitten in London. Bin momentan besser gesichert als die Kronjuwelen, aber auf der Insel nicht mehr zu halten, absolut unerwünschte Person, Volksfeind Nr. 1. Seit drei Tagen im bombensicheren Kellertrakt. Landflucht trotz MAD zu heiß. Der Gebäudekomplex wird Tag und Nacht belagert, Ausfallstraßen sind von ´fliegenden FanKommandos´ blockiert. Totaler Wahnsinn. Selbst Rooney und der Club kriegen ihr Fett weg. Der Dicke wird in seinem eigenen Pub an die Wand getackert und im Clubhaus landen drei Dutzend Molotow-Cocktails. Elgard und die Spriteule vereinbaren Vertragsauflösung. Rooney ist stinksauer auf jeden und droht seinem eigenen Verband mit einer satten Klage. Die Kameraden geben klein bei und zahlen meine Gage bis zum Vertragsende (inoffiziell, versteht sich), nach Verursacherprinzip. Fußball ist Religion, sagt Elgard, und Religionen bestehen zu 90 Prozent aus Mord und Totschlag. Überraschungsinsel Verlasse die Botschaft in einem präparierten Taxi. Am Steuer sitzt James Bond, daneben 008, bis an die Zähne bewaffnet, hinten 009, Rooney und ich. Echt mutig. Um uns herum schwirren Sicherheitsfahrzeuge, unauffällig, aber im Dutzend. Der Dicke hofft, ich behalte den Club, meine Zeit in England und ihn trotzdem in guter Erinnerung. Hatten schließlich zusammen jede Menge Erfolg und Fun. Schade, dass die Sache so dämlich in die Hose gehen musste. - Vor allem die Heiratsaktion am Anfang war der volle Kracher, hätte gewaltig Publicity gebracht. War im Übrigen keine Idee von ´The Match´, sondern seine eigene, eine seiner besten. ´The Match´ hat dabei nur ordentlich mitgespielt, von wegen Auflage. Hoch interessant. Greife mir seinen geliebten Flachmann (Sterling Silber, angeblich ein Geschenk der Queen und immer am Mann) und verteile den Inhalt gleichmäßig über die kahle Birne und sämtliche Designer-Klamotten. ´Absolut fair´, sagt der Dicke. Und da wir gerade unsere ehrliche Phase haben, - die Info, Crouch würde durch Gomez abgelöst, wäre auch auf seinem Mist gewachsen, um alle für den Endspurt zu motivieren, ganz besonders mich. Hätte ja auch prima funktioniert. Leider kein Whiskey mehr in der Pulle. Dafür hat der Flachmann jetzt ´ne Delle. Juli Hocke im tiefsten Österreich, kurz vor der slowenischen Grenze. BND-Mauseloch für besonders krasse Fälle. Absolute Kontaktsperre, keine Telefonate, keine Mails oder anderen elektronischen Schnickschnack. Per Jet nach Klagenfurt, von da im Lieferwagen ab in die Pampa, dann zu Fuß auf eine baufällige Almhütte. Absolut irres Ding. Sieht von außen aus wie bei Heidi persönlich, innen drin High-Tech hinter jeder Ritze, Wohnstube, Küche und Plumpsklo inklusive. Reine Fassade, für den Fall, dass sich irgendwer in die Gegend verirren sollte. Voll unterkellerte Immobilie, atom- und chemiewaffensicher, mit genau einem Dutzend anständiger Wohneinheiten. Hier können mehr als 100 Personen einen ausgewachsenen Atomkrieg überleben, sagt Sepp. Sepp mimt den Almbauern, gehört aber zur ´Firma´, genau so wie Frau und Sohn. Absolut schräge Situation, aber irgendwelche Inselspinner haben via Internet eine fette Summe auf meinen Kopf ausgelobt. Und etliche Oberspinner sollen in Bewegung sein, um sich den Schotter zu verdienen. Aussichten Jochbein verheilt und mit Höhentraining einigermaßen fit gehalten. Alles an Bergen abgelatscht, was sich halbwegs unbemerkt erreichen lässt. Sepp, Mitte 50, Strichmännchen ohne sportliche Vergangenheit, hängt mich an jedem Hügel lässig ab, trotz Rucksack und Dauerpredigt. Zäh wie nix. Elgard stöbert im Flachland nach neuem Arbeitgeber. Momentan Fehlanzeige, bin sozusagen ´heiße Ware´. Haut mich nicht vom Hocker, bin platt genug, um die Pantoffeln einzumotten. Fußball selbst ist okay, aber der Schwachsinn drum herum schnitzelt jede Lebensfreude. Und Terroristenstatus muss auch nicht sein. Außerdem, habe als Kicker alles erreicht, bin finanziell mehr als tausendmal saniert und unsere Protektoren laufen wie doof. Qutput & Profit steigen täglich. Keinen Schnöff mehr auf kurze Hosen. Brauchbar wäre ein stinknormales Leben mit 99 Prozent weniger Zirkus. 113 Besuch Klopp trabt an. Höchstpersönlich, inkognito und per Pedes, neun Kilometer vom Talgrund bis auf die Hütte, bei knackigen Temperaturen. Fertig wie Brötchen. Echtes Gipfeltreffen. Er sagt alle rudern zurück und Scotland Yard hat die wesentlichen Internettypen gekrallt und entschärft. Dürfte einige Jahre absitzen wegen massiver Anstiftung zu schwersten kriminellen Handlungen. Nicht schlecht, aber ein einziger Durchgeknallter, der noch unterwegs ist, kann reichen. Wird sich einrenken, sagt Klopp. Außerdem stellt das Innenministerium Body Guards zur Verfügung, seine Allerbesten und unbefristet. Werden mir auf Schritt und Tritt an den Hacken kleben. Und während der WM kommt sowieso keiner an mich ran, absolutes Hochsicherheits-Turnier. Gegen die Mannschaftsquartiere ist Fort Knox ein offener Jugendtreff. Die offizielle WM Vorbereitung startet umgehend und mit mir vorne weg, sagt Klopp, sonst können wir gleich zu Hause bleiben. Auch keine schlechte Idee. Die geheimen Eichkater Sechsköpfiges Empfangskomitee unten im Tal. Übernehmen im Zweierpack rund um die Uhr meinen Geleitschutz. Komische Typen, durchschnittliche Formate, Milchgesichter, nicht der Hauch von Rambo, im Gegenteil. Zwei haben mit Sicherheit als Kinder ihre Haferflocken nicht gegessen. Klopp murmelt: ´Vorsicht´! Alles totale Kampfmaschinen, die absoluten Ausknipser, wenn´s sein muss, inklusive Lizenz. Wer sich mit den Herrschaften anlegt, greift voll in die Steckdose. Außerdem Waffenexperten. Schleppen alles Mögliche mit sich rum, Messer, Pistolen, Chemie und auch großes Gerät, für den Fall des Falles´. Beruhigt enorm. Neuanfang Nach 18 Tagen Zwangspause der erste Ballkontakt. Komisches Gefühl. Ausgeruht, gnadenlos locker, aber null Power. Ausdauer wie ´ne Bodenfliese. Klopp und seine Jungs stecken mich in die Muckibude und lassen mich pumpen wie drei Maikäfer. Keine Gnade. Im Hintergrund immer zwei geheime Eichkater. Fitte Kerlchen. Hauen einiges an Eisen mehr weg als ich, ganz locker, mit Armen und Beinen. Leicht blamabel. Die Zentralorgane gehen pfleglich mit mir um. Klopp hat den Hirnis deutlich verklickert, dass ich momentan keinen Fisch vom Teller reiße. Ganz normal nach meiner Glückssträhne. Öffentliche Trainingseinheiten ohne mich. Zu hohes Risiko. Noch 15 Tage bis zur WM. Poker Mir steht der Schweiß in den Schuhen, Elgard pokert mit Kuhnke, Kuhnke spekuliert auf einen Deal zum Nulltarif, aber Rooney will jede Menge Bares. Absolute Hängepartie. Dann klopfen Moskau und Istanbul an, beide wittern leichte Beute. Pustekuchen. Mit Konkurrenz im Rücken schaukelt Elgard die Preise lässig nach oben. Die Linie ist klar. Keinen großen Bock mehr auf Ausland. Kuhnke soll gewinnen, aber zu marktgerechten Konditionen. Bin schließlich der Retter der Nation und keine Ramschware. Testspiel Bochum, früher mal ganz oben, inzwischen nur noch ein regionaler Riese. Werde für eine Halbzeit ins Wasser geworfen. Rette mich flügellahm und nur mit Routine über die Runden. Kopfballtor zum 8:0. Sofort fließt die Tinte wieder in Strömen. ´Der Beherrscher der oberen Etagen´, ´Phönix aus der Asche´, ´Der Adler unter den Krähen´ und ähnliches Gewäsch. Bin froh, ohne fremde Hilfe die Umkleide erreicht zu haben. Normale Schwäche in meinem Alter, sagt Klopp, in zehn Tagen hüpfe ich wieder wie ein Häschen. Na wunderbar. Seit wann haben Häschen kleine Häuser auf dem Rücken? Back to the Roots Kuhnke zappelt da, wo Elgard ihn haben will. Knurrt wie ´n Steppenwolf, aber spielt mit und zahlt. Dreijahresvertrag mit Ausstiegsklausel nach 24 Monaten. Leicht verringerte Bezüge, aber London blecht im ersten Jahr die Differenz zum letzten Salär. Außerdem, sämtliche Sponsoren bleiben an Bord, außer British Telecom und British Beef. Klar, war nicht anders zu erwarten. 114 Dafür schlagen Geldgeber aus der Heimat zu, dank Elgard. Behauptet, er hat inzwischen mehr Schotter durch meinen Vertrieb eingefahren als mit seinem eigenen Gekicke. Und der alte Schwede war zu seiner Zeit echt gut und teuer. Supergau Testspiel, in Moskau gegen die abgemeldeten Russen. Kommen mit 1:3 fett unter die Räder. Wäre noch krasser gekommen, hätte Reckermann nicht ständig seine Griffel im Spiel gehabt. Anschließend Dopingkontrolle für alle, reine Routine. – Am nächsten Tag der Hammer: positive A-Probe bei mir, soll bis oben hin voll sein mit ´Epo 8´. Mit dem Sprengstoff, heißt es, wird aus jedem Kanaldeckel ein astreiner Stabhochspringer. Auf allen Ebenen brennt die Luft. Bin medienmäßig das einzige Thema von Hammerfest bis Kapstadt. Verfahrensfehler oder Verwechselung glauben einige nette Menschen, aber 90 Prozent sehen in der Sache den trostlosen Versuch eines angeknockten Stars, irgendwie das Hauptfeld zu erreichen. Völliger Quark. Nie Kontakt mit Doping gehabt, kenne weder Mittel noch entsprechende Ärzte. Kämen mir beide nicht ins Haus. Muss ein Irrtum vom Amt sein. Elgard sagt Ruhe bewahren und die B-Probe abwarten. Präventiv wird meine Nominierung für den Kader ausgesetzt. Bingo IDA(International Doping Agency) gibt in Lausanne vor versammelter Weltpresse das Ergebnis der B-Probe bekannt: kein Irrtum vom Amt, auch die zweite Probe ist eindeutig positiv, ohne wenn und aber. Getroffen und versenkt. Bin innerhalb von Sekunden undeklarierter Sondermüll. ´Falscher Ehrgeiz´ und ´Absprung verpasst´ sind noch die freundlichsten Kommentare. Die restliche Bande ebnet mich ein. ´Der falsche Saubermann´, ´Vorbild ohne Gewissen´, ´Betrüger´. Besonders die Herrschaften jenseits des Kanals geben Gas, klar. ´The Biggest Asshole ever´ etc. Anschließend kommen die üblichen Vergleiche mit Hitler und Göbels. Beide sind gegen mich reine Kuscheltiere. Wunderbar. Auch die Herrschaften vom Weltfußballverband sind angefressen. Präses Zidane denkt laut darüber nach, mir sämtliche internationalen Ehrungen aberkennen zu lassen. Mama und Papa rufen an. Glauben den ganzen Schwindel nicht. Irgendwer will mir was anhängen. Prima, aber wer? Und wie beweisen? Tauchstation Kuhnke und Elgard wissen, dass ich immer ´clean´ war. Beide sind trotzdem für kommentarloses Abtauchen, gegen positive A- und B-Proben hilft keine Verbalakrobatik. Kuhnkes Schwester besitzt ein kleines Anwesen in der Normandie, auf dem ich mich unsichtbar machen kann, bis die Hexenjäger ihr nächstes Opfer gefunden haben. DFB und FIFA schicken mich auf Grund der Beweislage schnell und unbürokratisch für zwei Jahre in die Wüste. Totales Berufsverbot. Karriere ist damit faktisch beendet, sang- und klanglos. Mieser Abgang, aber noch mehr ins Kontor hauen die Fallrückzieher sämtlicher Sponsoren. Überführte Dopingsünder sind als Reklamehelden untragbar, steht als Klausel in allen Kontrakten. Kostet uns Millionen. Action Elgard titscht im Dreieck, benimmt sich absolut unschwedisch. Knallhart abgekartetes Spiel, seiner Meinung nach. Irgendwer hat mir das Zeug untergemischt, irgendwann in Moskau. Vor der Abreise waren sämtliche Blutwerte okay (kann unsere med. Abteilung belastungsfest belegen), nach dem Match hatte ich das Zeug intus, und zwar als Einziger. War ´ne genau organisierte Sache, von A bis Z, sagt Elgard, durch Typen, die mir ordentlich ans Bein pinkeln wollen. Kuhnke vermutet ähnliches. Hält die Stellung im Land und der alte Schwede düst nach Moskau, zusammen mit einer Handvoll neuer ´Mitarbeiter´ aus der Detektiv- und Inkassobranche, alles ehemalige Russen. Chauteau Maladine Sattes Anwesen, Art Herrenhaus, knapp drei Kilometer entfernt von der Kanalküste und meilenweit weg vom nächsten Kaff. Absolut tote Hose mit 14 Zimmern, Türmchen, englischem Garten und ehemaliger Remise als Swimming-Pool. Rustikal, aber vom Feinsten. Nichts für 115 Sozialhilfeempfänger. Kuhnkes Schwester inkl. Mann spielen die Animateure: Spaziergänge, Ausflüge, Reitstunden. Trotzdem alles noch töter als auf der Almhütte. Irgendwer hat mich voll vor die Wand laufen lassen, mit Absicht, das steht fest. Rooney? Traue dem Dicken so ziemlich alles zu, nüchtern und besoffen. Sherlock Holmes für Arme Meldung Elgard nach zwei Tagen. Die Sache läuft. Seine ´Mitarbeiter´ und einige einheimische Kräfte haben das Hotelpersonal intensiv durchleuchtet, besonders solche Pappnasen, die unmittelbar Kontakt zur Mannschaft hatten. Sind dabei auf einen windigen ´Quereinsteiger´ gestoßen. Hat schlappe zwölf Stunden gedauert den Knaben aufzutreiben. Momentan wird die ´Reinigungskraft´ gründlich verhört, inoffiziell und hauptsächlich nach ´einheimischen´ Methoden. Wenn wir auf der richtigen Spur sind, sagt Elgard, wird der Knabe in Kürze auspacken. Schön wär´s. Degradierung Zidane und seine Leute machen ernst. Das Exekutivkomitee beschließt in kurzer Sondersitzung meinen ´Weltfußballer des Jahres´ zu stornieren. Außerdem wird ernsthaft angedacht, die Nationalmannschaft von der WM auszuschließen. Stattdessen kämen die Inselaffen zum Einsatz. Super. Die Wogen des Frohsinns schlagen hoch zu Hause, bin der Depp der Nation. Blitzumfrage ergibt: 79 Prozent aller Bundesbürger wären mit dem sofortigen Entzug meiner Staatsbürgerschaft plus Ausweisung nach Grönland einverstanden. Selbst Godzilla und die Regierung sind momentan populärer. Sherlock Holmes continued Elgard erscheint beim BKA mit einem russischen Wichtelmann im Gepäck, der erklären kann, wie die Sache in Moskau gelaufen ist. Die Identität des Singvogels bleibt geheim, auch sein Aufenthaltsort. Offiziell verkündet das BKA folgendes: ´Als Mitarbeiter der Hotelreinigung erhielt Herr M., der sich auf die deutsche Kronzeugen Regelung beruft, ein Angebot, die Zahnpastatube eines deutschen Spielers zu manipulieren. Zu diesem Zweck sei ihm eine versiegelte, handelsübliche Spritze mit der zu verabreichenden Substanz übergeben worden. Herr M. habe den Auftrag anweisungsgemäß durchgeführt und dafür 15.000 Dollar in bar erhalten. Er habe sich zu dieser Tat allerdings erst überreden lassen, nachdem man ihm versichert hatte, dass es sich hier nicht um ein gefährliches Gift, sondern lediglich um ein Potenzmittel handele, also mehr um einen Scherz. Die Tragweite der Aktion sei ihm zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen. (Vollidiot, oder was?) Er habe das Geld für die Abzahlung diverser Schulden und das Studium seiner Tochter dringend benötigt. Sein Auftraggeber war ein Engländer oder Amerikaner mit guten Russischkenntnissen. Die Zahlung sei in bar erfolgt, zu gleichen Teilen vor und nach der Aktion´. Selten dämlich, aber aufschlussreich. Innerhalb von zwölf Stunden haben Elgard und seine Schergen den russischen Engländer umzingelt, einen geschulten Sportjournalisten und Inselbewohner, der zurzeit bereits von Scotland Yard durchgemangelt wird. Dem Stand der Dinge nach zu urteilen, so das BKA, ´ist der gesamte Vorgang wahrscheinlich als privater Rachefeldzug gegen die Person zu verstehen, die mit ihrem Einsatz ursächlich eine Teilnahme der englischen Nationalmannschaft an der kommenden WM verhindert hat´. Saubere Arbeit, Herr Elgard. Hut ab. Sherlock Holmes war gegen dich ein Maulwurf. Totalkorrektur Schnelles Ende. Scotland Yard braucht einen Tag, um den Landsmann ans Sprudeln zu bringen. Alles, wie vermutet. Dieser nette Pressemensch hatte ein vorsätzliches Revanchefoul eingestielt und durchgeführt und darf jetzt mit einigen öden Jahren im Knast rechnen. Seine russische Hilfskraft geht als Kronzeuge straffrei aus und taucht gründlich ab. Kuhnke und Elgard schlagen per Helikopter in Frankreich auf und strahlen wie Honigkuchenpferdchen. Alles optimal gelaufen. Über seine Heldentaten hinter den Kulissen schweigt sich der alte Schwede gründlich aus. Alles ´indirekt legal´ und kostenintensiv. Mein Anteil an der Operation wird in Kürze vom Konto abgebucht. Kein Problem. Stehe im Gegenzug 116 ab sofort offiziell und vorbehaltlos als Saubermann und Opfer da. Wer mir vorher das Fell gegerbt hat, müsste sich jetzt eigentlich gründlich bei mir entschuldigen. Macht aber keiner, weder schriftlich noch mündlich. Berichtet werden nur die Fakten. Verantwortung übernehmen bringt keine Quote, deutet auf grobe handwerkliche Fehler hin und schadet dem Image. Also knicken. - Ach so, meine zweijährige Spielsperre wird kurz vor WM Start aufgehoben und der ´Weltfußballer des Jahres´ kommt ohne jede Zeremonie per Postanweisung zurück. Lehne die Zustellung dankend ab. Von mir aus können sich die Arschgeigen ihren Titel sonst wo hinschieben. Die Führungsriege in Lausanne steht ziemlich doof da und ist stocksauer. Zu schnell reagiert und ins Abseits gelaufen, würde ich sagen. Abflug Grandioser Trainingsrückstand, keine Spielpraxis, völlig leer in der Birne und absolut null Bock auf den ganzen Zinnober. Aber Klopp, der Wahnsinnige, baut voll auf meine Präsenz. Wollen gemeinsam mit unserem Kindergarten (Durchschnitt schlappe 23,9) die WM einigermaßen positiv abwickeln. Die Nominierung der Teilnehmer verursacht heftige Hysterieanfälle. Drei Platzhirsche werden nicht berücksichtigt, dafür drei absolute Frischlinge mit episodischer Spielpraxis, Reservebankdekorationen und Breitärschen mit absolut null internationaler Erfahrung. Heftiges Echo. Diverse Trainer, Aktive und Clubpräsidenten verkünden farbig, was sie von Klopp als Reiseleiter halten: ´Glücksritter´, ´seniler Despot´, ´Kurzschlussfanatiker, ´Mister Unkalkulierbar´, ´Jugendstil Architekt´, etc. Dass er mit seiner Taktik den Gurkenverein überhaupt Richtung WM bugsiert hat, interessiert keine Sau mehr. Unsere Titelchancen bei den Buchmachern stehen 1:54. Damit rangieren wir auf Augenhöhe mit Giganten wie Trinidad/Tobago und Burundi. Das gesamte Universum rechnet mit unserem Abflug am Ende der Gruppenphase. Günstig für uns Spieler, - diese Erwartungshaltung ist erfüllbar. Ankunft Willkommen im Sandkasten. Zweiter Anlauf nach der Totalpleite von 2022. Wegen der krematorialen Temperaturen, Bestechung bei der Vergabe, der unfertigen Stadien trotz flächendeckender Sklavenarbeit mit hunderten von Toten und massiver Anschläge durch Glaubenskrieger, wurde die WM damals kurzfristig von Quatar nach Benelux verlegt. Ist seinerzeit ´ne ziemlich heiße Kiste gewesen, sagt Elgard, Betrug, Schmiergelder, Ausbeutung, usw., da sind die Millionen und Köpfe nur so gerollt. Jetzt, bei den Saudis soll im Vorfeld alles perfekt und koscher abgelaufen sein, ohne Schiebung und totes Baupersonal. Nur die Temperaturen sind geblieben, 48 Grad im Schatten! Elgard, der noch zu Hause abhängt, sagt selber Schuld, was gehst du auch in den Schatten? Okay, die Stadien sind affenscharf, komplett dicht und voll klimatisiert, überall exakt 25 Grad, heißt es offiziell. Elgard sagt, so eine Betonschüssel verbraucht bei Betrieb mehr Energie als jede deutsche Stadt mit 200.000 Einwohnern. Verschwendung pur, wird aber hauptsächlich mit Solarenergie realisiert. Ist ja reichlich vorhanden. Wir residieren in einer 7 Sterne Absteige außerhalb von Riad, - Neuschwanstein auf Arabisch, tausend Türme, Torbögen und Kuppeln, an jeder Ecke drei dienstbare Geister (Niedriglohngebiet?!). Statt Aufzügen gibt´s ´fliegende Teppiche´, echte Perser auf Magnetbasis, die auf wählbaren Routen geräuschlos durch die Anlage schweben. Einfach aufspringen und ab die Post. Unsere Kiddies fegen zwei Tage lang wie die Blöden auf diesen Dingern kreuz und quer durch die Anlage. Dazwischen ein halbes Dutzend krasser Themen-Pools, Schweizer Bergsee mit original Almhütte, Waikiki Beach mit halbnackten Hula-Mädels, und ´Lake Titanic´. In knapp zehn Metern Tiefe kann man ein echtes Schiffswrack besichtigen, voll verschnorchelt und in Begleitung von professionellen Planschlehrern. Wir kicken abwechselnd auf zwei Kunstfaserplätzen, von unten klimatisiert, versteht sich. Trotzdem finden die Trainingseinheiten zwischen 22 und 0 Uhr statt und vormittags von neun bis elf. Bekommen vor jedem Training knackige Sauerstoffduschen verpasst. Hat Klopp von irgendwelchen Himalaya Experten abgekupfert. Maske auf die Nase, kurze Dröhnung und alles fit im Schritt, zwar nur kurz, aber gründlich. Ansonsten wird die Luft knapp. 117 Fette Jeep Safari gleich zu Beginn. Sand, Schotter und Staub und mittendrin, nach knapp vier Stunden Schüttelrutsche, eine künstliche Oase, ´Las Vegas im Quadrat´, mit allem Komfort und zurück, Poollandschaft, Bauchtanz, Strip-Shows, Raubtier-Zoo (Löwen, Tiger, Leoparden, Pumas und drei ´zahmen´ Geparden), Casino mit Roulette, Black Jack und ähnlichen Geldvernichtern. Carrera-Mamor, Alabaster, Bleikristall, goldene Türklinken. Der ganz krasse Wahnsinn. Normalerweise Sammelstelle für einheimische Größen, heißt es, die mit Allah eine Spezialabmachung haben. Kriegen aber außer uns selbst keine anderen Gäste zu Gesicht. Morgen, sagt eine der leicht verschleierten Vorzeigedamen an der Rezeption, kommen zuerst die Tschechen und später die Brasilianer. Opening Thema 1001 Nacht, wie originell. Gestreifte Beduinenzelte im Stadion, dazwischen pralle Bauchtanzgruppen, drum herum Kamel- und Pferderennen. Zweimal ruft der Muezzin zum Gebet, alle rollen ihre Teppiche aus und fallen auf die Kniescheiben. Die FIFA wollte diesen Teil vermeiden, aber die Mullahs haben sich irgendwie durchgesetzt. Zum Abschluss bunter Umzug mit Elefanten, Giraffen, Büffeln und einem guten Dutzend Raubkatzen, allerdings in Käfigen. Danach erklärt der Oberscheich die Sauna-Games für eröffnet und wünscht allen Teilnehmern frohes Gelingen. Könnte nett werden, die Veranstaltung, mit 20 Grad weniger im Schnitt. Selbst auf den klimatisierten Tribünen kleben Hemd und Hose patschnass in der Kimme. Eröffnungsspiel Frankreich ganz in schwarz gegen den Gastgeber. 110.000 Turbane im König Ali Stadion, dazwischen 10.000 Franzosen. Anstoß 22 Uhr, Lufttemperatur 35 Grad. Typisch französisches Wetter. Grausames Gekicke. Die Frogs wollen nicht und Saudis können nicht, absolut blinder Hühnerhaufen. Nach zwanzig Minuten hämmern die Franzmänner einen Glücksschuss in die arabischen Maschen, danach rundum Sand im Getriebe. Die Rotweinnasen machen 70 Minuten lang den Spielverderber und die Wüstensöhne stolpern über den Acker wie nachtaktive Promillesünder. Seine Majestät in der Edelsuite sind total angefressen. Direkt nach der Pleite wird der gesamte Trainerstab in die Wüste geschickt und die Versagertruppe landet im BootCamp, wahrscheinlich mit Löwen und Skorpionen in einer Zelle. Landesweit brennen die Zelte. Den Start hatte man sich eindrucksvoller vorgestellt. Das Quartier der Saudis wird von ´frustrierten Fans´ mit zwei Mörser-Granaten pulverisiert. Totalschaden und schlapp 30 Leute landen im Krankenhaus. Die FIFA springt im Dreieck und die obere Ölschicht reagiert knackig. Sämtliche Mannschaftsquartiere werden vermint und weiträumig abgesperrt, sind quasi nur noch für Mittelstreckenraketen erreichbar. Landesweit verbuddelt man präventiv einige Tausend potentielle Randalierer in abgelegene Oasen, wahrscheinlich alles, was nicht schnell genug auf die Palmen kam. Genaue Zahlen sind nicht verfügbar. Lieber Gott, lass und nicht gegen die Landeskinder spielen. Wir müssen Anstoß 22 Uhr. Offiziell 28 Grad im Stadion, Klopp misst 34, um später eventuell Protest einlegen zu können. Gegner Kamerun, amtierender Afrikameister. Die Jungs sehen aus wie Gorillas in kurzen Hosen und grinsen trocken, uns steht der Schweiß schon vor Anpfiff knöcheltief in den Schuhen. ´Very hot for white man, he´? feixt der Silberrücken bei der Seitenwahl. Selbst der Schiri aus Mexiko (auch kein Bofrost-Land) müffelt schon vor Beginn, wie dreimal durch den Sumpf gezogen. Schwachsinn das Ganze. Die Gorillas machen von Anfang an Betrieb, alles tobt durch unsere Hälfte. Nicht schlecht, die Räume werden eng und die Langarmigen stehen sich gegenseitig auf den Füßen, zum Glück. Das 0:0 ist nie in Gefahr, in Strafraumnähe sind die schwarzen Sportskameraden mit ihrem Voodoo-Zauber am Ende. Torschüsse Mangelware, wenn, dann dritten Etage. Alles sehr merkwürdig. Halbzeit, Dusche, Sauerstoffdröhnung, Klamotten- und Schuhwechsel. Hektik pur. Klopp bringt Michaelis und Ryszkov. Sind zwar keine ausgemachten Fußballer, aber koffern beide die 100 m in knapp 10,6 Sekunden runter. Einziges Problem: der Ball. Beide sollen an der Mittellinie lungern und auf 118 Konter warten. Klappt wie gemahlen, der zweite Versuch sitzt. Bevor sich die Sportsfreunde aus Kamerun richtig sortiert haben, schmettert Ryszkov samt Ball in die Maschen. Der Rest ist flüssiges Vergnügen. Wir bleiben konzentriert destruktiv und vermiesen den Gorillas den Abend gründlich. Letzter Höhepunkt: rote Karte für Schwarz nach rüder Notbremse an Weiß. 1:0 gewonnen und pro Mann glatte drei bis vier Kilo verloren, trotz ständiger Getränkezufuhr. Schafft keine Brigitte-Diät. Regeneration Einfacher geht nicht. Wir transpirieren kollektiv unter Beduinenzelten mit Isofaktor und Palmen (ohne Isofaktor) am Pool (auch überdacht, auf Wunsch von Prof. Schneider). Einzige Action ist der Griff zur Pulle. Für Muskelbewegungen sorgen unsere Physiotherapeuten. Wer sich ansonsten zuckt wird von Klopp und seinen Bluthunden sofort angeschissen, ´Mikado-Training´. Trotzdem, zwei Stunden abhängen auf einer Hollywood Liege kostet einen Liter Flüssigkeit, mindestens. Irland Die Jungs von der grünen Insel sind noch platter als wir, kein Wunder. Statt Island-Tief gibt´s Saudi-Hoch, jeden Tag und immer höher. O´Leary sagt, ab 40 Grad kühlen selbst Guinness und Whiskey nicht mehr. Dieses Mal sind wir der Hammer und die anderen der Amboss. Die Kleeblätter stehen hinten drin und wanken, nur der kleine Knallfrosch hängt im Mittelkreis und wartet. Kommt aber nix. Klopp drückt von außen mächtig auf die Bremse, nur nicht überpowern und ins offene Messer rennen. Stehen uns gegenüber wie zwei angeknockte Boxer, die beim nächsten Luftzug aus den Latschen kippen. Elendes Geschiebe. Showdown kurz vor Schluss. Simic hämmert einen Freistoß in die Mauer, der Abpraller titscht quer durch den Fünfer, Baliu vor die gequollenen Füße und drin ist die Murmel. Anschließend Powerplayansatz von O´Leary und Co. Witzlos, Dachlawine im Sommer. Alles kriecht auf den Brustwarzen. In der Nachspielzeit alberner Zusammenprall zwischen dem grünen Zehner und mir. Der Knabe muss beatmet werden, ich sehe ´rot´, Schlusspfiff. Klopp in seiner Bushaltestelle rastet aus und muss vom Team eingefangen werden. Bin gespannt, was mir die ´Chefjuristen´ für dieses Kapitalverbrechen aufbrummen. Wahrscheinlich mehr als drei ´Vater Unser´. Sperre Kurze und schmerzhafte Verhandlung. Die Fernsehbilder geben keine Unsportlichkeit her, der gefällte Ire sagt zu meinen Gunsten aus und der Schiri faselt von einer ´Art optischer Täuschung´. Trotzdem, ´rot´ ist ´rot´. Nichts verbrochen, aber trotzdem schuldig, - einmal Tribüne. Es lebe das Prinzip. Wir legen Einspruch gegen die ´Fata Morgana´ ein, aber nach 300 Sekunden ist die Verhandlung geknickt. Das nächste Match läuft definitiv ohne mich. Im Kommunionsunterricht hat man uns immer wieder eingetrichtert: ´Alles auf dieser Welt hat einen höheren Sinn´. – Was sollen dann solche Urteile? Vietnam Die kleinen gelben Männchen laufen unter der Hitze durch, wir ertrinken in unseren eigenen Stiefeln. Den Zwergen steht pro Mann eine Schweißperle auf der Nase. Haben gegen Kamerun unglücklich vergeigt, aber Irland 2:0 weggehustet. Offenes Rennen, eine Klatsche gegen Fernost wäre tödlich. Die Parkuhren haben zwei Lungen, sind absolut diszipliniert und lassen die Murmel laufen. Einziger Haken, die Knilche sind im Schnitt nicht höher als Parkbänke. Klopp lässt Flanken und Kopfbälle üben. Ärgert sich natürlich tierisch, dass ich nur als Ehrengast erscheine. Die kleinen Wuselmänner machen satte Probleme, wie erwartet. Spielen schnell und flach und knicken alle Versuche, hohe Flanken zu schlagen. Die Härte ist der Schnappi. Nach offiziellen Angaben 1.72 lang, gefühlt höchstens 1.65. Trotzdem hat der Giftzwerg überall seine Krallen dazwischen. Klopp setzt auf die zweite Halbzeit. So wie die Kerlchen wetzen, müssen die Akkus irgendwann leer sein. Denkste, die Gartenzwerge wuseln weiter. Im Parallelspiel führt Kamerun 1:0 gegen Irland, uns reicht ein Remis. Kann man von außen deutlich sehen. Wir sind der Sandsack und die Reismänner hauen drauf. Klopp reagiert, keinen Bock auf Zitterpartie und 119 Herzinfarkt. Bringt Weber und Tomscheck, zwei gelernte Abwehrhelden, zusammen knapp vier Meter hoch, aber nicht für die Betonabteilung, sondern als Doppelspitze. Wir erhöhen das Niveau und ballern ab der Mittellinie Flanken in den fernöstlichen Strafraum. Aufruhr im Hühnerhaufen. Zehn Minuten später liegt Weber (Spitzname ´Tannenbaum´) flach gebügelt am Fünfer, mit drei Reismännern im Kreuz, Penalty. Wolter, unser Alterspräsident, schnappt sich die Kugel, kurzer Anlauf und Ruhe im Katong. Kamerun macht gleichzeitig das 3:0. Die Herren aus Fernost sind geknickt und fangen sich zum Schluss noch einen original Tannenbaum-Kopfball. 9:0 Punkte, 4:0 Tore, saustark für unsere Babytruppe. Echo Die Heimat verbeugt sich und sämtliche Zentralorgane schleimen los. Aus der hässlichen Kröte wird über Nacht ein lackierter Löwe. Sind ab sofort der WM Top Favorit. Total verstrahlt. Entweder Sekt oder Selters, Augenmaß Nebensache. Klopp, mit seinen bekloppten Ideen, mutiert vom attestierten Vollidioten zum Guru und Propheten. Aus voll behindert wird genial. Alle erwarten jetzt den Durchmarsch, von Abgang redet keiner mehr. Dabei kommen in vier Tagen die Jungs in blau-weiß. Heiße Turnierfavoriten. Argentinien Die Gauchos sitzen fest im Sattel, zwei glatte Siege gegen Uganda und Spanien, im letzten Gruppenspiel mit der Reserve ein lockeres 0:0 gegen Dänemark. Uganda und Spanien sind weg vom Fenster. Und wir können auch den Rückflug buchen, falls wir versuchen mitzuspielen, sagt Elgard. Klopp rührt massiv Beton an, mit mir und Tannenbaum im destruktiven Mittelfeld. Das offensive Mittelfeld wird ersatzlos gestrichen, in der ersten Hälfte soll Michaelis vorne den Windhund geben, anschließend darf Ryszkov ran. Haben die Herren aus der Pampa genau so vorhergesehen. Niemand im Schlafanzug überquert die Mittellinie ohne vorherige Abmeldung und Michaelis hat eine argentinische Schrankwand auf den Füßen, die ungefähr sein Tempo gehen kann. Totes Rennen, mit satten Einschlägen in den offiziellen Reklamebanden. Sämtliche Sponsoren müssten eigentlich Sonderprämien zahlen. Trotzdem, Michaelis gibt keine Ruhe und hetzt seinen Schlagmichtot kreuz und quer über den glühenden Acker. Halbzeit 0:0. Sauerstoff tanken, Klamotten wechseln. Noch läuft alles nach Plan. Die neue deutsche Mauer steht und die gestreiften Pyjamas halten sich vorzugsweise im gesicherten Mittelfeld auf. Muss aussehen wie FC Valium gegen Borussia Baldrian. Zweiter Durchgang. Micki legt noch vier sinnlose, aber satte Sprints hin und schleicht dann ausgehöhlt zur Wiederbelebung. Ryszkov läuft auf, voll gepumpt mit Sauerstoff und hoch explosiv. Die angemüdete Schrankwand klinkt sich ein und versucht auf gleicher Höhe zu bleiben. Schwierig. Ryszkov fetzt quer durch die Penalty Box, der Pampastier kommt einen halben Schritt zu spät, Kollision, Überschlag und Elfer. Klopp tritt vor Begeisterung ein Loch in die nächste Reklameschrift und die Gauchos gehen dem Referee intensiv an die Wäsche. Macht keinen guten Eindruck und zwei rote Karten. Dauert schlappe fünf Minuten, bis die Spielfeldjuristen das Ganze wieder einigermaßen unter Kontrolle haben. Wolter schnappt sich den Ball, grinst, drückt ihn mir in die Hände und murmelt: ´Deine Sache´. Na super. Der Mückenfänger macht auf Psycho, kommt aus seiner Kiste, meckert wie Ziege und schiebt die Murmel vom Punkt. Patsch, ´gelb´. Bringt den Knaben erst richtig auf die Palme. Zwei Sätze und einen Scheibenwischer weiter ´rot´. Der Reserveschnappi wird von der Bank in den grünen Bereich katapultiert. Pfiff, Anlauf, und das Flugzeug hebt ab, rauscht kerzengerade auf den Neuen zu, kracht über ihm ins Aluminium, schlägt auf den Boden und springt ins Netz. Satte 122 Km/h nach offiziellen Angaben, die neuen Bälle sind verdammt schnell. Der Rest ist Beton, unkaputtbar für die verbliebenen acht Gauchos. Spielen trotzdem jetzt besser als mit voller Besetzung. Nur, wo ein Pyjama mit Ball auftaucht stehen ihm gleich zwei von uns auf den müden Hufen. Am Ende winken die Pampahelden mit der weißen Fahne und Ryszkov darf einen einsamen Konter über 60 Meter traben. 2:0. Wieder grottenschlecht, aber weiter. 120 Aufstieg Zu Hause gibt´s Heiligenscheine und Klopp steht wieder im Olymp der Fußballgötter, neben den bekannten Strategen. Mein Elfmeterschuh wird zu wohltätigen Zwecken versteigert (ist natürlich der Reservelatschen, aber weiß ja keiner außer mir). Gesamterlös: glatte zwei Millionen Euro (für eine einzige, ausgelatschte, stinkige und gefälschte Galosche! Beachtlich.) Unsere Kontertaktik wird abgekupfert. Alle, die noch im Geschäft sind, graben sich an der eigenen Box ein und schicken sporadisch irgendwelche Leichtfüße auf Fernreise. Dummerweise stellen die meisten Verantwortlichen dabei fest, dass ihre Windhunde zu Hause vor der Glotze hocken. Künstlerpech. Klopp hat zwei Raketen eingepackt, trotz fehlender Spielpraxis und internationaler Erfahrung und aller Prügel im Presseclub. Wer planen kann ist klar im Vorteil, sagt Elgard. Im Übrigen wieder vier Tage Mikado Training. Argentinien war kein Vergnügen und der nächste Berg ist mindestens genau so hoch. Wir kicken gegen die einheimische Delegation. Künstlerpech. Im Backofen Das ganz große Los. Die Wüste bebt. Das erste Match gegen die Franzmänner ging in die Hose, aber danach laufen die Kamele. Mexiko wird 2:1 versenkt, genau wie China. Einen Vorteil hat diese WM, sagt Klopp, man braucht sich nicht warm anzuziehen. Scherzkeks. Wir spielen das erste komplette Zeitlupenmatch der Weltgeschichte, null Bewegung, null Aktion. Jeder von uns befördert den Ball sofort weiter, kein Antritt, kein Dribbling, nur direktes Spiel. Die Wüstensöhne titschen im Viereck und kriegen nichts gebacken. Seine klimatisierte Majestät verfolgt das planlose Gehampel seiner Untertanen hinter seiner Wasserpfeife im Halbschlaf. Das Beste, was man machen kann. Doppelnull zur Pause, dann kommen die Saudis mit ihrer Geheimwaffe: Hitze. Aus unerklärlichen Gründen fällt zu Beginn von Teil zwei die Rasen-Klimaanlage aus und kommt auch nicht wieder in Gang. Das Gras hat fette 46 Grad (Messung durch Ballack persönlich). Fußball in der Mikrowelle. Trikot, Hose, Stutzen sind in Millisekunden patschnass, der Kleber im Schuh beginnt weich zu werden (kein Witz!). Obendrein hindern uns die offiziellen WM Schergen rund um den Glutacker daran, Elektrolyte zu naschen. Wer tanken will, muss sich beim Schiri abmelden, das Viereck verlassen, die Coachingzone betreten und anschließend darum betteln, wieder mitkicken zu dürfen. Ist Vorschrift, wurde aber bisher nicht durchgezogen, konnten süffeln wann und wo wir wollten. ´Raus´ geht schnell, ´rein´ dauert ewig. Die Oberpfeife ignoriert uns total. Kassiere ´gelb´, weil ich angeblich ohne Erlaubnis das Feld betreten habe. Kompletter Schwachsinn, Schiri Nr. 4 hat mich definitiv laufen lassen. Kann sich aber 35 Sekunden später an die erteilte Einreisegenehmigung nicht mehr erinnern. Möchte nicht wissen, wie viele Ölquellen man diesem Fußballschergen für sein geknicktes Erinnerungsvermögen geboten hat. Die Wüstensöhne marschieren, keiner trinkt, uns glühen Füße und Lungen. Spielen Tipp-Kick. Nur weg mit der Pille, so weit wie möglich. Die Einschläge kommen näher. Zum Glück hat Reckermann einen Sonntag erwischt und kratzt alles von der Linie, was kommt. Muss kurz vor Ende seine Handschuhe wechseln, weil sich das Material auflöst. Dreimal hüpfen wir den Teufel von der Schippe, zweimal rettet der Innenposten, einmal kriegt Recke die Murmel aus 30 cm Entfernung vor die Birne geknallt. Nicht lustig, aber gehalten. Nach anderthalb Stunden Backofenfußball zur Belohung Verlängerung, absolute Höchststrafe. In der Königsloge quirlen transportable Klimageräte, wir traben durch die Heißmangel. Wunderbar. Klopp verlangt vom Schiedsrichter, dass wir unsere Trikots wechseln dürfen - wiegen inzwischen vier Kilo das Stück - und wird wegen ´renitenten Verhaltens´ (laut Spielbericht) auf die Tribüne geschickt. Super. Ryszkov und Tannenbaum kommen und Reckermann leiht sich von seinem Stellvertreter ein drittes Paar Handschuhe, für alle Fälle. Mit oder ohne Klopp, unsere Taktik bleibt. Windhundrennen in Zeitlupe. An der Mittellinie beginnt der Horizont, denn selbst die Frischlinge sind ausgelutscht und groggy. Ryzskov unternimmt zwei Alleingänge und wird beim letzten Versuch fast entmannt. Gibt nicht mal 121 ´gelb´. Wie man Windhunde bändigt, ist in Arabien bekannt. Nach 120 Minuten Spielzeit lautet das Eckenverhältnis 17:1 für die Sandmänner, ansonsten führen wir mit 0:0. Penalties. Ich darf die Mitwirkenden bestimmen und weise meine Leute darauf hin, dass die kommende Veranstaltung reine Formsache ist. Die Beherrscher der Wüste haben dicke, braune Streifen in der Hose, jedem geht die Düse, denn wer jetzt verseppelt, frisst Sand bis ans Ende seiner Tage. Keine gesunden Voraussetzungen für einen krönenden und lockeren Abschluss. Außerdem, der Mückenfänger auf der anderen Seite hat inzwischen Wurzeln geschlagen und Kollege Reckermann ist quasi voll auf Betriebstemperatur, trotz Kopfnuss. Fettes Gelächter. Außerdem hat man uns lange genug verarscht und gebacken. Also, keine Verzierungen, Körper über den Ball, draufhalten und Mund abputzen. Die Sandmänner legen vor. Der erste Ball segelt Richtung Mekka, den zweiten fängt Reckermann mit der Kappe, wir verwandeln total cool viermal in Folge. Ende im Gelände und Sand in der Hand. Im Stadion ist es derartig friedlich, dass man das Anspringen der Klimaanlage hören kann. Na bitte, geht doch. Road to Hell Unser Mannschaftsbus wird auf offener Straße gerammt und beschossen. Soll kugelsicher sein, das Gefährt, liegen aber trotzdem alle Mann gestapelt im Mittelgang. Schlauhelmtruppen und einheimisches Militär beobachten aus sicherer Entfernung die Sachlage und schlagen zwei Lichtjahre später volle Granate zurück. Kann man wörtlich nehmen. Brennende und zerbombte Wracks am Straßenrand, metertiefe Krater in der Wüste. Ab sofort internationale Bewachung für unser Camp, Tag und Nacht. Sollte sich die Lage nicht sofort normalisieren, so die Mannschaftsleitung, ist die WM für uns gelaufen. Der Spruch kommt an. Um uns herum entsteht eine ´No-Go-Area´ von 15 Quadratkilometern. Alles in dieser Region mit zwei Beinen wird von Rollkommandos aufgegriffen und evakuiert. Wer dabei ohne gültigen Passierschein aufläuft, geht unbürokratisch für komplette zwölf Monate ins Loch. Unklimatisierte Einzelzelle. Herzlichen Glühstrumpf. Regieren kann manchmal ganz einfach sein, sagt Elgard. Intern Klar, wir hätten gerne den Titel, würden allerdings genau so gerne auf die letzten beiden Spiele verzichten. Keiner hat mehr Bock, fühlen uns wie Backpflaumen. Zudem bröckelt der Kader. Ryszkov liegt mit gequetschten Eiern im Krankenhaus, Reckermann laboriert mit Überbeinen an beiden Handgelenken, Tannenbaum hat 41 Fieber, Spirek glänzt mit Sonnenallergie und Ausschlag am ganzen Körper, Wolter lahmt wie ´n angeschossener Maulesel. Selbst Klopp, unser Schlachtross, liegt zwei Tage auf der Nase mit verkorkstem Gedärm. Der Rest hängt am oder im Pool und versucht sich kalte Gedanken zu machen. Selbst das Journalistenensemble tritt kürzer. Die Streichung der morgendlichen Pressekonferenzen geht ohne Protest durch. Bleibt ja immer noch die um 20 Uhr Ortszeit. Halbfinale Körpersprache ist alles. Weiße Fahnen auf beiden Seiten, von Anfang an. Stand-by Match. Die Schweizer hängen genau so am Tropf wie wir, mindestens. Fünf Stammkräfte sind schon wieder in Heidi-Country, und Sprüngli, ihr Goalgetter, liegt transportunfähig in Riad auf Intensiv, Hitzeschock. Könnten von mir aus auch würfeln, ist aber in den FIFA Statuten nicht vorgesehen. Echte Lücke. Wir sind die frühe Paarung um 21 Uhr, nach uns, um 23.30 Uhr, kicken die Russen gegen Frankreich. Nach 15 Minuten die ersten Reklamationen von den Rängen. War zu erwarten. Als Boxer hätten wir Verwarnungen wegen Passivität kassiert. 0:0 zur Halbzeit, keine Torschüsse, keine Strafraumszenen, keine Aufreger. 100.000 dampfende Augenzeugen pfeifen uns in die Kabine. Klopp winkt ab, nur nicht verrückt machen lassen, von den klimatisierten Ärschen auf der Tribüne erst recht nicht. Sollte eine Verlängerung drohen, kommt Plan B. Aufgabe des Mittelfeldes und lange Bälle aus der Abwehr direkt in die Spitze, ´Kick and luck´. Nicht schön, aber eventuell kann man sich zweimal fünfzehn Minuten Grillstation schenken. Wir werden mit Gejohle, Spott, fliegenden Pappbechern und echtem Kamelmist beworfen. Knallhartes Zeug und muss vom Reinigungsdienst beseitigt werden. Verzögert den Anpfiff 122 erheblich. Wir stehen dumm rum, schwitzen und quatschen. Cabinieri, der Schweizer Fünfer, hat die Faxen dicke. Kann keinen blauen Himmel und keinen Sand mehr sehen. Taugt höchstens für Skorpione und Giftschlangen. Wird anschließend drei Wochen nach Island fahren, absolute Wolken- und Regengarantie, sagt sein Reisebüro. Und wenn wir unbedingt gewinnen wollen, kein Problem, an ihm soll´s nicht liegen. Anschließend 30 Minuten entspanntes Ballgeschiebe im Mittelfeld ohne Raumgewinn, dann startet Plan B. Tannenbaum und ich schleichen vorwärts über zwei durchgezogene Linien und warten auf Langholz. Cabinieri und seine Jungs sind kurzfristig von der Rolle, die Zuordnung geht flöten und paff, Kopfball aus 5,21 m ins kurze Ecke, dem Abdichter in Zeitlupe durch die Finger. Hätte nicht viel gefehlt und Cabinieri wäre mir um den Hals gefallen. Verhaltener Jubel unsererseits. Ein Finale im Schongang dürfte Illusion sein. Der fette Hammer kommt zum Schluss. 89. Minute, Zweikampf ohne Feindberührung, der Alpinist neben mir strauchelt über seinen eigenen Kompressionsmangel, geht Parterre und bleibt erleichtert liegen. Kassiere für die Lachnummer als unbeteiligter Nachbar sofort ´gelb´. Völliger Irrsinn! Damit findet die Abschlussparty ohne mich statt. Cabinieri klopft mir auf die Schulter. ´Clever gemacht, alter Junge´. Nix hab ich gemacht, weder clever noch sonst wie. Mit Abstand das dümmste Turnier meines Lebens. Presse Finaleinzug fast Nebensache. Die Schlagzeilen gehören mir, nicht dem Kopfball zum 1:0, sondern meinem Abgang. 5 Prozent haben Mitleid, 95 Prozent weisen darauf hin, dass sich unter meiner Schädeldecke ein massives Vakuum befinden muss. Einem Elitekicker mit meiner Erfahrung dürfte ein derartiger Anfängerfehler im belanglosen Mittelfeld nicht mehr unterlaufen, es sei denn, er ist beabsichtigt. Meine ´plumpmotorische Dämlichkeit´ könnte uns glatt den Titel kosten. Ganz fein beobachtet. Klopp übernimmt meine Verteidigung und lässt zwei Oberschmierfinken aus der Pressekonferenz eliminieren, die mir anschließend noch krasser einschenken. Hätte mich das gesamte Turnier über versteckt, Erwartungen nicht erfüllt, nur ein müdes Tor gemacht und klar zurück entwickelt. Totaler Pixelfehler, sagt Elgard. Wir sind im Finale gegen Russland, alle anderen Teams sind weg vom Fenster. Brasilien, Spanien, Italien und alle anderen wären liebend gerne in unseren Schuhen und trotzdem reicht´s nicht für die Heimatfront. Spinner, Dummsülzer und Arschgeigen. Abgang Das große Sportfest fällt aus, die Russen rücken mit ihrem kompletten Starensemble aus Brasilien usw. an, wir kratzen mit Mühe elf Überlebend zusammen. Reckermann muss passen wegen seiner Überbeine, Wolter hockt mit entzündetem Knie neben mir auf den Bank, Tannenbaum und Ryszkov liegen auf Intensiv, Micki mit Fieberschüben im Hotelbett. Das Durchschnittsalter der Truppe liegt ohne Wolter, Recke und meiner Nase bei exakt 21,8 Jahren. Eine halbe Stunde lang spielt der Kindergarten munter mit, dann schlägt Ostbrasilianien kurz und trocken zweimal zu. Keine Chance für Zarzai im Kasten. Die Russen vom Amazonas kochen unsere Sprösslinge locker ab und für Klopps taktische Zaubertricks fehlt das nötige Personal. Versuchen nur noch, die Totalklatsche zu vermeiden. Gelingt bedingt, denn die Schwarzrussen schenken uns noch mal zwei Dinger ein. Einer flutscht Zarzai durch die Fänge und Nummer vier ist ein doppelter Doppelpass, zu schnell für unsere Krabbelgruppe. Blöder Abgang. Nur die Russilianer feiern. Wir greifen unsere Silbermedaillen ab und schleichen Richtung Kabine. Tür zu, Schweiß abwischen und ab Richtung Norden. Rückkehr Die Begeisterung der Zentralorgane hält sich in Grenzen. Man spricht von einem insgesamt erfolgreichen Turnier, aber wir sind keine ultimativen Heroen, höchstens Dreiviertelhelden. Auch Klopp ist wieder raus aus seinem Olymp. Götter haben die entscheidenden Niederlagen irgendwie vermieden, sagt Elgard. Die Finalpleite war der Hagelschauer mitten ins Rosenbeet, da bleibt von den Blümchen nicht mehr viel übrig. Trotzdem großer Bahnhof in Berlin. Jede Fete bringt Knete und Quote. Über dem Brandenburger Torbogen schwebt ein gigantisches Bierglas, 123 und wir latschen auf einer fetten Bühne hin und her wie Mannequins mit Hüftschaden, zwischen zwei fetten Bands, die abwechselnd abdröhnen. Später am Abend gibt´s vom Bundespräses zwei Kilo Lorbeerblätter und die Sache hat sich. Trotzdem, für jeden von uns wird die Rückkehr unvergesslich bleiben. 22 Grad und leichter Regen. Absolut geil. August / September Mit Elgard ab nach Schweden, 14 Tage ´chill out´ in erträglicher Umgebung. Hängen in einem kleinen Hotel an der Südküste, Strand, Meer und Schärenlandschaft direkt vor der Nase. Temperaturen maximal 25 Grad, nachts knappe 10. Endlich wieder geregelter Schlaf ohne Klimaanlage. Schippern mit dem Postboot von Insel zu Insel, radeln durch die Hügel, besuchen Museen. Fußball ist Lichtjahre entfernt, liegt irgendwo in Arabien ganz tief im Wüstensand begraben. Nach einer Woche sind die Würfel gefallen – nie wieder kurze Hose, Abgang und Ende. Sofort. Elgard nimmt die Sache eher gelassen, nickt meine Entscheidung ab. Schon die 90 Minuten auf der Wüstentribüne waren gnadenlos unerträglich. Nur Kuhnke wird ausrasten, schließlich läuft mein Vertrag noch zwei glatte Jahre. Und einfach so die Biege machen, könnte hässlich teuer werden. Überraschung Kuhnke steht sechs Stunden und zwölf Sekunden nach meiner Durchsage auf der Matte. Stocksauer versteht sich, weil er noch jede Menge andere Baustellen an der Backe hat. Auf mich als zusätzliche Katastrophe kann er gut verzichten. Immer der Vorzeigeprofi gewesen, einer ohne Zicken und Allüren. Und für Substanzverluste und Burn Out gibt´s hoch dotierte Mediziner und wirksame Mittel. Jeder andere im Team könnte sich von ihm aus verpfeifen, nur mein Abgang wird ein fettes Loch in seine dünne Personaldecke fetzen. Der Leithammel wäre weg und die Saison schon vor Beginn der absolute Flop. Natürlich kann mich keiner zwingen, wieder die Stiefel anzuziehen, sagt Kuhnke, und die Strafen wegen Vertragsverletzung würden mich auch nicht umbringen, aber meiner Karriere einen derart billigen Abgang zu verpassen, wäre glatte Selbstdemontage. Schließlich hat man mich eindeutig ins ´World-Superteam´ gewählt, der Einzige aus unseren Breiten neben Reckermann. Stundenlanges Geschwafel. Gegen Mitternacht kommt Kuhnkes letzter Trumpf. Zuerst bewilligt er ungefragt eine Urlaubsverlängerung um 14 Tage, dann bietet er den Job als Sportdirektor, falls ich noch eine komplette Saison dranhänge. Und, sollte ich mich als Sportdirektor entwickeln, könnte ich in absehbarer Zeit seinen Posten erben. Wow, satte Überraschung! Irgendwann läuft jede Karriere aus, sagt der Alte, auch die von Managern. Das Angebot wird schriftlich fixiert und gilt 48 Stunden. Im Falle meiner Absage schlagen die Vereinsanwälte zu. Elgard grinst und hält die Klappe. 2039/2040 Vorruhestand Zum letzten Mal Spreewald, Trainingslager der härteren Sorte. Jede Menge neue Gesichter außer Islop, Österby und Allimboha. Jungnikel ist Sportinvalide, Pancic und Ekenga haben die Rente eingereicht und der Rest ist weiß der Geier wo. Die Neuen heißen Larson, Malinenkov, Atuba und so weiter. Einheimischer Nachwuchs bis auf eine Ausnahme Fehlanzeige. Und die Ausnahme, Kempen mit Namen, macht einen extrem milchigen Eindruck. Frings, der neue Coach, ist hauptsächlich Schleifer der alten Schule. Trifft mich nur peripher. Das Jungvolk stählt Lunge und Muskulatur, ich kurve vormittags per Mountain Bike durch die Pampa, obwohl es weit und breit keine Mountains gibt. Alles flach und extrem familien- und rentnerfreundlich. Aktive Regeneration sagt der Fachmann, den Wüstensand aus den Gelenken schlackern. Meine neuen Verträge sind unter Dach und Fach und Frings spielt mit. Wird keinen gestreckten Salto mehr von mir bekommen, der alte Zauber ist futsch. Nachmittags Mannschaftsprogramm mit gebremstem Schaum, scheuche den Nachwuchs von hinten. Bin trotzdem mehr Chef im Ring als früher. Meine Anweisungen gelten, meutern verboten. Vielleicht auch weil der künftige Sportdirektor an zukünftigen Vertragsverhandlungen beteiligt ist. 124 Kick Off Freundschaftsspiel in Leverkusen. Werde kurz vor Ende eingewechselt, freundlicher Empfang, Szenenapplaus. Gehe zum Ball, Grätsche von hinten, knicke weg. Spielunterbrechung, Notarzt, mit Tatü und Blaulicht. Diagnose: linkes Kreuzband durch, einfach so. Zwei Tage später OP in Köln. Routinesache, meint der Operateur. Von wegen. 48 Stunden später ist das Scharnier dermaßen entzündet, dass nachgeschnibbelt werden muss. Passiert bei tausend Operationen einmal, erklärt der Herr Professor. Beruhigend für die 999 nach mir. Pause II Eine Woche lang ständig Wasser im Knie. Werde punktiert. Echtes Vergnügen. Könnte durch die Decke gehen. Anschließend Streckverband und absolute Ruhe. Werde verhätschelt wie ein gestrandetes Seehundbaby. Selbst Kuhnke bimmelt täglich durch. Schlechtes Gewissen. Ohne sein Gequassel läge ich jetzt nicht im Einzelzimmer mit Domblick. Die Pressefutzis machen auf Artenschutz. Unverdientes Ende einer beeindruckenden Karriere, schluchz, heul. Heuchler. Hauptsache es gibt was zu verkommentieren. Meine Quacksalber sagen, in sechs Wochen stehe ich wieder voll bewegungsfähig im Rechteck. Berufsoptimisten für Privatpatienten. Rendite Abrechnung aus der Schweiz, das einzig Senkrechte dieser Tage. Der Protektor wirft Millionenden ab, für jeden von uns, netto, versteht sich. Die Plastikdinger haben das Universum erobert (ohne Quatsch). Astronauten tragen die Fasern in ihren Anzügen, Reiter wollen das Zeug ihren Lieblingen und sich selbst um die Beine knoten, Antiquitätenhändler und Baubranche sind ebenfalls interessiert. Wenn´s weiter so abgeht kann Halberstädter noch einige andere Kommunen glücklich machen. Schwein gehabt. Wenn ich mir vorstelle, der alte Schweizer hätte damals einen anderen angebettelt. Ehrung Antrag im Stadtrat, die Heimat will eine Straße nach mir benennen, besser gesagt, einen kurzen Fußweg durch ein schmales Neubaugebiet. Ziemlich mutig, sagt Elgard, wäre ja noch jung und könnte in meinem Leben noch genug Mist fabrizieren (Steuern hinterziehen, einen Schiri klatschen, auswandern) und dann stünde die Stadt ganz schön doof da mit meiner Allee. Außerdem will man im Stadtmuseum (muss neu sein) mein original Kinderzimmer aufbauen, mit allem Drum und Dran. Papa und Mama haben sie das Inventar schon aus den Rippen geleiert, Bett, Stuhl, Teppich, Schreibtisch plus Tapete. Echt peinlich, gehört im Prinzip alles auf den Sperrmüll und nicht ins Museum. War eben nicht viel möglich, damals. Nicke die Sache trotzdem ab. Einzige Bedingung: irgendwer räumt vorher die Bude auf. Soll den Tourismus in unserer Gegend etwas ankurbeln. Wie? Meine Bruchbude? Lachhaft. Eventuell kommt sogar noch die Ernennung zum Ehrenbürger. Testspiele Unsere Praktikanten beziehen heftig Prügel, keine Abstimmung, kein Einsatz. Kommen in München, Manchester und Istanbul böse unter die Räder, 0:9 Punkte, 1:8 Tore, absolute Trauerspiele. Alle Neueinkäufe sind totale Fehlinvestitionen, schlaffe Flusen und verstrahlte Selbstdarsteller, kein einziger Dreckwegräumer. Außerdem ungeklärte Hackordnung. Jede Menge Intellektuelle, sagt Elgard, viel Palaver, aber wenig Action. Kuhnke dampft, Frings steht schon vor Saisonbeginn halbnackt auf der Abschussrampe. Will Pancic reaktivieren. Schwierig, denn das alte Schlitzohr mimt bereits den Übungsleiter in Zagreb, betreibt zwei Hotelburgen an der Adria und hat schlappe zehn Kilo Hüftgold zugelegt. Anruf Pancic klingelt durch. Hat keinen Bock mehr auf grüne Wiese und laufen, lässt lieber laufen. Liegt mit seiner Truppe auf Platz 1 und ist auf direktem Weg zum Nationalhelden. Baut sein drittes Hotel und übernimmt zwei Kneipen in Zagreb, die ordentlich brummen. Außerdem würden ihm Antonia und seine Kids die Hölle heiß machen, wenn er noch mal im Ausland bolzen 125 ginge. Soll runterkommen und mit ihm über alte Zeiten quatschen. Keine schlechte Idee, aber völlig undurchführbar wegen Reha. Einzige Möglichkeit, Weihnachten, wir zwei unterm Christbaum. Abgemacht, sagt Pancic. Wenn ich nicht komme, lässt er mir beide Beine brechen. Hätte dafür jede Menge geschultes Personal an der Hand. Start II Leichtes Lauftraining nach vier Wochen. Knie hält, Muskulatur nicht mehr vorhanden. Präventiv nach jeder Einheit ab in die Bäderabteilung damit nichts schief geht. Die Herrschaften behandeln mich wie ein antikes Gemälde, mit Vorsicht und Liebe, trotzdem wüste Quälerei. Geist und Körper waren voll auf Rente eingestellt, OP, Reha und anschließend Vollgas sind keine Verbesserung. Mein persönliches olympisches Feuer passt in ein halbleeres Feuerzeug. Null Fun, nur noch Maloche. Kein Wunder, nach mehr als 500 Pflichtspielen. Durchgefallen Werde vorläufig kein Ehrenbürger. Der Stadtrat winkt mehrheitlich ab. Zu hohes Risiko. Bin noch zu jung und auch nur Vize-Weltmeister. Die Stichstraße mit meinem Namen soll allerdings kommen, irgendwann, wenn das Neubaugebiet steht. Im Moment werden die ersten Parzellen ausgemessen. Elgard präsentiert die Endabrechung für seine ´Russland-Mission´. Kostet mich aufgerundet schlappe 250.000. Heftig, aber okay für eine komplett weiße Weste. Einzelposten sind nicht spezifiziert. Möchte auch gar nicht wissen, in welchen Kanälen und wofür genau der ganze Schotter versickert ist. Schneewittchenmäßig wird die Operation nicht über die Bühne gegangen sein, nur erfolgreich. Säße ansonsten als überführter und gesperrter Dopingsünder und mit geknülltem Image auf dem Altenteil, die totale ´Persona non grata´ (Frau Elgard). Investition leider nicht steuerlich absetzbar, reines Privatvergnügen. Schade. Schweinereien von der Steuer absetzen kann nur die Großindustrie, sagt der alte Schwede. Schnupperkurs Frings bringt mich in kleinen Dosen, als Joker, fünfzehn bis zwanzig Minuten vor Schluss. Schwimme unauffällig mit, mehr nicht. Zu wenig Power, um viel zu reißen. War früher verdammt schnell, jetzt muss schnell reichen. Was hilft ist der Bodensatz an Routine. Sehe heute Dinge, die früher im dicken Nebel lagen. Kann löschen bevor es brennt und bin als erster genau da, wo die Bälle einschlagen, besonders bei Flanken. Zwei brauchbare Kopfballtore bei Friendlys in Freiburg und Kopenhagen. Tulpen in Amsterdam Die Hutschachtel ist ausverkauft. 90.000 Holländer wollen den Saisonauftakt live erleben und schunkeln ihr Team nach vorn. Wir wackeln, trotz Bestbesetzung. Islop fliegt von einer Ecke in die andere, Atuba springt jedem ins Kreuz, der sich bewegt und Malinenkov macht den Wehrwolf. Ganz vorne hängt Kempen, unser mobiles Eckfähnchen, und wartet auf Bälle, die nicht kommen. Die Käsköppe sind das kompaktere Team, kriegen aber nichts Zählbares auf die Reihe. Frings wechselt nach 60 Minuten. Kempen, die Milchflasche raus, ich rein. Selten so gestaunt. Werde mit Jubel und Tamtam empfangen wie im Heimspiel. Winke spontan in die Haupttribüne und der ganze Block dreht ab. Total schräg. Alles was ich abliefere, wird beklatscht, auch wenn der Ball in der Tiefgarage landet. Und dafür, dass ich zwei Minuten vor Ende einen miesen Querschläger hinter Islop von der Linie kratze und Amsterdam den Sieg versaue, gibt´s Sonderapplaus. Der Hit kommt zum Schluss. Man parkt mich mitten in der Schachtel und ein leckeres Meisje drückt mir 100 Tulpen in die Hände und einen Fußball aus Gouda damit ich die ´verrückten Holländer´ in guter Erinnerung behalte. Alles, was ich der Dame anbieten kann, ist mein versautes Trikot. Das Meisje bekommt rote Ohren und die Menge tobt vor Vergnügen. Gute Medizin Halberstädters Prognosen schlagen durch. Medizintechnische Konzerne wollen den Protektor. Elgard verhandelt und sammelt brutal fette Abschlüsse ein, im Dutzend. Kein ´warmer Regen´, 126 sondern ´sprudelnde, heiße Quellen´. Unser Schweizer Meisteringenieur könnte die ganze Welt umarmen. Wir beschließen eine Stiftung zu gründen für Kinder, die in Europa unter der Armutsgrenze leben. Ziemlich happige Zahlen, nicht nur im Osten. Geschätzt so um die 25 Millionen, Tendenz steigend. Jeder von uns drei Pappnasen spendet ein Prozent seiner jährlichen Tantiemen. Kein Problem bei den Summen. Oktober / November / Dezember Keine normale Fußballsaison, sondern total krasse Abschiedstournee. Völlig Banane das Ganze. Überall wo wir auftauchen die gleiche Nummer: Blumen, Wimpel, Ehrenteller, Händeschütteln, Geschenke, vor und nach dem Match. In Madrid drücken sie mir ein original Torero-Kostüm in die Hände, in Athen schleppen die Hirnis ein Eselbaby an, das zum Glück wegen fehlender Impfungen im Land bleiben muss. Spieltechnisch auch immer der gleiche Blödsinn. Manndeckung in Lissabon mit dem Hinweis, das Denkmal nur ja nicht zu zerkratzen. Ähnlich in Glasgow. Mac Allister, der größte Schwerverbrecher der Liga (ca. 2000 rote Karten in 10 Jahren), nagelt mich in den feinen Rollrasen, entschuldigt sich anschließend (die erste Entschuldigung seines Lebens!), erkundigt sich nach meinem Befinden, hilft mir auf und holt sich ohne zu Meckern ´gelb´ ab. Werde behandelt wie eine ´Barbiegirl aus Porzellan´ kommentiert ´The Match´, mein Lieblingsorgan. ´Stehe unter Naturschutz, und jeder der mich antickt, geht automatisch ab nach Sibirien´. Ausnahmsweise mal nicht gelogen. Total angeschrägte Nummer in Mailand. Drei Augenblicke vor Ultimo, Flanke von rechts, ewig lang und hoch, kriege gerade noch die Haarspitzen dran, 1:0 für uns. Keine ganz astreine Sache im Fünfer, Schnappi und ich liegen verknotet im Tor mit verbeulten Nasen. Aber Andretti, ansonsten mehr Dynamit als Torwart, grinst mich an, wischt mir das Blut von der Backe, schlägt mir seine Gummihände auf beide Ohren, küsst mich auf die Stirn und erklärt: „Multo bene.“ Noch so ein kaputtes Ding und es hätte wahrscheinlich Chianti auf Vereinskosten gegeben. Am Ende der Show rollen die Irren auf der Haupttribüne eine riesige Fahne aus mit ´Arrivederci et Mille Gracie´. Jahrelang haben mich diese Wahnsinnigen ausgepfiffen, veralbert und bespuckt, jetzt wird applaudiert und gehuldigt. Auf Beerdigungen läuft die Sache ähnlich ab, glaube ich. Schlechte Medizin Immer wieder Knieprobleme, Stiche und Bewegungshemmungen. Fühlt sich an, als hätte der Operateur sein Skalpell im Gelenk vergessen. Werde durch alle möglichen Röhren gejagt, von allen Seiten durchleuchtet, - Fehlanzeige. Optisch alles okay, aber die Nadelstiche bleiben. Darf mehrfach die Woche zum Spritzen, vor jedem Spiel sowieso. Bin inzwischen von Anfang an dabei und Kapitän. Alles hört auf mein Kommando und auf das von Frings. Genau in der Reihenfolge. Macht aus dem Hühnerhaufen allmählich ein Team. Gurken im Mittelfeld rum, Luft nach unten, aber noch mehr nach oben. Spiele für die Statistik. Könnten eigentlich auch zu Hause bleiben. Nur die Zentralorgane schreiben und reden uns die Hütte voll. Jedes Match könnte mein letztes sein wird verbreitet, das Knie wackelt bedenklich. Also strömen die Massen, um meinen Abgang nicht zu verpassen, am Besten einen mit Bruch und Blaulicht. 2041 Januar / Februar Zwei Wochen bis London. Sonderurlaub für mich, noch ist die Insel einige hundert Grad zu heiß. Rooney bimmelt zuerst Kuhnke an und dann mich und föhnt uns beide zu. Wäre mit Sicherheit das Spiel des Jahres, falls ich auflaufe. Könnte locker eine halbe Million Tickets und mehr verscherbeln, trotz sattem Top-Zuschlag. Würden dann nach Wembley ausweichen. - Super Gegend für eine Beerdigung. Quatsch mit Ketchup, kichert Rooney, Chips von gestern. Alles wieder im normalen Drehzahlbereich auf der Insel, ´no hard feelings´, im Gegenteil. Sport ist eben Sport, Emotionen schießen hoch und stürzen ab, wie Aktien. Und ´Fairness´ ist schließlich eine englische Erfindung. Wir sollen die Sache positiv ventilieren, wenn´s geht zügig, wegen Wembley. 127 Motivationshilfe ´The Match´ kommt mit riesigem Aufmacher, eine komplette Seite: ´We apologize´. Dahinter, von Seite 2 bis 4 ein Schleimscheißartikel mit Nobelpreischarakter. Wäre immer nur Sportsmann gewesen, mit vollem Einsatz für Team und Nation, typisch englische Tugenden, und deswegen: ´Welcome back´. Wäre hochnobel, wenn ich als Aktiver ein letztes Mal in England aufschlagen würde, alleine schon wegen meiner gigantischen Fangemeinde. Wie bitte? Die Ticketnachfrage für die Partie ist exorbitant, selbst Wembley dürfte zu klein sein. ´The Match´ erteilt mir eine ´offizielle´ Einreiseerlaubnis, garantiert ´freies Geleit´, einen absolut herzlichen Empfang und eine ´ungestörte Berufsausübung´. Im letzten Absatz wird verkündet, dass auch der Buckingham Palast ´meine Rückkehr auf die Insel begrüßen würde´. Planung BKA und MAD raten dringend vom Inselbesuch ab. Könnte voll in die Hose gehen. Noch erscheinen Einträge im Internet, in denen man Beinbrüche, Entführungen und ähnliche Scherze im Dutzend ankündigt. Schwachsinn, aber absolut ernst zu nehmen, erklären die Abwehrspezialisten. Um berühmt zu werden ist einigen Durchgeknallten jedes Mittel recht, Hauptsache einmal im Leben in den Schlagzeilen, egal wie. Und Wembley absolut schussfest zu machen, wird nie funktionieren, weder mit Personal noch mit Versprechungen. Wenn ich gehe, dann auf eigene Kappe und ohne große Rückendeckung von offizieller Seite. Rooney ruft an. Auf der Insel ist alles klar. Niemand wird sich auf mich stürzen, es gibt keine Entführungs- und Rachepläne. Die Internetklamotten sind totaler Mumpitz. Alles sicher. Hält dafür höchstpersönlich die Rübe hin. Wird keine Sekunde von meiner Seite weichen, wenn´s sein muss, selbst im Viereck nicht. England ist heiß auf das Match, aber im positiven Sinne. Und die Anfragen reichen inzwischen für fünf Spiele. London Anreise mit Vorsicht und gemischten Gefühlen, getrennt von der Mannschaft, damit es, im Fall des Falles, nicht alle erwischt. Drei BKA Rambos schwirren bis zur Inselgrenze um mich herum, dann übernehmen MI 5 und Rooney, eine Pfeife von ´The Match´ und ein halbes Dutzend privater Body Guards. Eigentlich völlig überflüssig, erklärt der Dicke, die Herren dienen nur meiner ganz persönlichen Beruhigung und als Dekoration. Wembley kracht aus alle Nähten. Hochsicherheitstrakt mit ´Maximum Security Checks´ an allen Eingängen. Der Aktivenbereich ist hermetisch abgeriegelt. Das Einzige, was hier noch reinkommt, wäre maximal eine Interkontinentalrakete, sagt der Dicke. Klebt wie ein Schatten an mir. Frings muss beinahe handgreiflich werden, um die Spritbombe aus unserer Kabine zu bekommen, Rooney ist schließlich der Manager des Gegners. Betrete erst im allerletzten Moment das Spielfeld zur Seitenwahl. Die Schüssel explodiert. Standing Ovation, minutenlang, und hinten drauf die Nationalhymne. Der King ist verhindert, Tochter am Vormittag vom Pferd geflogen, glatter Armbruch und satte Gehirnerschütterung. Verfolgt das Match aber an der Flimmerkiste. Gute Besserung für die Dame, ist schließlich auch kein Baby mehr. Von Anfang an Tempo im Spiel. Kein taktisches Geplänkel, offenes Visier und Vollgas. Werde abwechselnd von Malumal oder Tschikischwili besprungen, egal wohin die Kugel rollt. Beide haben mit ´Pietät und Respekt vor dem Alter ´ keinen Vertrag, im Gegenteil. Malu betoniert mich zweimal ein und übergibt dann an Willi. Wäre mehrfacher Frühinvalide ohne Protektoren. Frings beschwert sich in der Halbzeit bei Crouch über die ewige Knüppelei, aber der Lange zuckt nur mit den Achseln. ´That´s life´. Elgard fängt mich im Kabinengang ab. ´Mehr in den Sechzehner und Action. Ein Elfer ist locker drin´. Mitte Halbzeit erscheint Crouch in unserer Kabine mit Tee für mich und jeden der möchte, selbst aufgebrüht, garantiert nicht vergiftet und ohne Dopingzusätze. Auf Wunsch auch Kekse. Stimmung wie Weihnachten. Zweiter Durchgang. Drei Minuten gespielt. Konter über rechts, lange Flanke, Kempen verpasst, ich rausche von hinten ran, steige früher als Malu, werde von unten abgeräumt und Richtung 128 Tribünendach katapultiert. Horizontale Landung in Pereiras Gesicht. Zweimal Notarzt, einmal Elfer, einmal ´gelb´. Pereiras Nase muss außerhalb gerichtet werden, für meinen Rücken gibt´s ´Langnese´. Kempen übernimmt. 120.000 Pappnasen machen Randale, Ball trifft Eckfahne. Und dafür die Schmerzen. Malu grinst, verzieht sich und Willi übernimmt, weniger brutal, dafür direkter und schneller. Geordnete Ballannahme kaum noch möglich. 70. Minute 1:0, Islop flutscht ein Aufgesetzter aus den Krallen, Chappy staubt ab. Typisch Isi. Ständiger Wechsel zwischen Welt- und Kreisklasse. Ein Königreich für einen Abdichter, der nicht alle Nasen lang Mist baut. Fünf Minuten bis zum Schlussgong. Wembley singt sie sich glücklich. Frings wechselt zweimal defensive gegen zweimal offensiv, reichlich spät. Neue Taktik: keine Taktik, nur noch hohe Dinger vor die Kiste, aber weg vom Schnappi, denn Babe greift alles bis zum Elfer. Krache mich in jeden Ball, der kommt. Kassiere zweimal Stürmerfoul inklusive gelben Katong. Für ´rot´ hat der Pfeifenmann nicht genug Arsch in der Hose. Der dritte Versuch klappt. Pereira mit seiner Knicknase hat keine Chance. Hake mich bei ihm ein, der alte Portugiese greift zu, gemeinsamer Abflug, Elfer Nummer 2. Pereira ist mit der Ansage nicht einverstanden, föhnt den Ref. zu und darf duschen gehen, eine Schuhlänge vor Schluss. Lege mir die Murmel auf den Punkt und fixiere die Kiste. Nur noch Postkartenformat und direkt auf dem Weg zum Glück – unser Milchgesicht, konzentriert, selbstbewusst und vermutlich der beste Schnappi aller Zeiten. High Noon. Keine Pfiffe, keine Trubel, echte Gruftkulisse. Anlauf, locker durchgeschwungen und halbhoch links ins Eck. Babe hebt ab, fährt die rechte Kralle aus, touchiert den Flieger, dreht ihn weg, Innenpfosten, Netz, Bingo. 120.000 Tommies brüllen los, Fahnen werden geschwenkt und der Stadionbesprecher scheppert los wie in alten Zeiten, so als hätte ich für seine Truppe getroffen. Anstoß und direkt danach Feierabend. Rooney und einige wichtig aussehende Herren erscheinen, im Hintergrund rollen Bühnenelemente aufs Feld und der Wahnsinn beginnt. Zuerst wird mir, nachträglich, die Auszeichnung ´Professional of the Year´ verliehen, danach die Ehrenmitgliedschaft im Club und das lebenslange Recht, in Rooneys Kneipe kostenlos abschädeln zu dürfen. Als nächstes überreicht mir der Dicke eine solide Urne, in der sich die Reste meiner Bleibe in Kensington befinden. Als Finale und ganz besondere Anerkennung gibt es ein verlängertes Wochenende in Cornwall mit der amtierenden Miss England (brüllendes Gelächter im Stadion), die in einem Bentley-Cabrio ins Stadion transportiert wird. Danach explodiert die Bühne, die ´Simple Cannibals´ erscheinen und legen los. Party für alle. Die Jungs vom MI 5 trifft der Schlag. Gehen fluchend in der Feierlichkeit unter und dürfen sich um die Miss England kümmern. Islop & Co hätten die Dame gerne mit unter der Dusche gehabt. Alles friedlich, laut und total Banane. Babe erzählt, dass kein Kollege aus dem Three Lions Team angefressen darüber war, die verglühte WM in Saunaland verpasst zu haben, im Gegenteil, hätte bei jedem noch eine fette Kiste Champagner gut. März Hängen trotz aller Freundlichkeiten im Mittelfeld. Keine schlechte Truppe, stabilisierte Mittelklasse, aber zu wenig für den Marsch nach oben. Knapper Durchschnitt auf den entscheidenden Positionen, keine Ausnahmeleute, keine Durchschlagskraft. Knipser wie Pancic wachsen nicht auf den Bäumen und auch in meiner Schuhgröße ist keiner an Bord. Frings steht einen Millimeter neben der Schusslinie und hält an Kempen als Spitze fest, weiß der Geier warum. Vielleicht sein unehelicher Sohn?! Im Showgeschäft ist alles möglich. Kuhnke rödelt vor sich hin und sucht angeblich neues Personal. Bitte etwas mehr Klasse. Wenn mir was auf den Keks geht, dann Mittelmaß. Ist die letzte Haltstelle vor dem Nichts, sagt Elgard. Foto Kleiner Scherz am Rande. Andrettis Knutscher auf meine Stirn wird Welt-Sportfoto des Jahres. Sieht wirklich zum knutschen aus, der Schnappschuss. Habe Andrettis fette und bunte Gummihandschuhe auf beiden Ohren, glubsche mit großen Augen in die Kamera und werde lecker vollgesabbelt. Super. Sind beide zur Preisverleihung nach Tokio eingeladen. 129 April Komme ganz allmählich wieder in die Gänge. Drei Spiele, vier Treffer. Fans jubeln, Presse schwärmt, Knie hält. Die alte Spritzigkeit kommt zurück, auch ohne Sondertraining, ohne Gewalt, einfach so. Kuhnke klopft bei Elgard an wegen Verlängerung und selbst von auswärts flattern Angebote auf den Tisch. Vorne weg Istanbul. Hat die rote Laterne im Dauerabo und kriegt absolut nichts gebacken, reines Kanonenfutter. Könnten sich gut vorstellen, mit mir aus der Grütze zu rutschen. Würden sich die Sache mehrere goldene Kamele kosten lassen. Elgard beginnt zu überlegen. Klar, wären wieder 15 Prozent für ihn von allem, Ablöse plus Gage. Kuhnke sagt, bevor ich mir den Bosporus ans Bein hänge, wäre ein lockeres Jährchen zu Hause doch wesentlich sinnvoller. Über die Konditionen könnte man reden. Soll mir die Sache noch mal ordentlich durch den Kopf gehen lassen. Schon passiert. Muss deutlich schlechter spielen. Mai / Juni Pendeln zwischen Platz 10 und 12. Play Offs außer Reichweite, keine Notwendigkeit sich die Figur unnötig zu verrenken. Karriere läuft in Raten aus, als Edelreservist. Erscheine zur zweiten Halbzeit und darf machen, was ich will. Patentreife Methode. Fischen die meisten Punkte im zweiten Durchgang. Kuhnke schleicht um mich rum wie die Glucke um ihr letztes Küken. In der Verfassung aufgeben?! Kurzschluss, Ressourcenverschwendung und Barbarei. Viele haben ihre Karriere viel zu früh beendet, unkt der alte Drahtzieher, und sich hinterher schwarz geärgert. Kann sein, aber etliche haben den Absprung auch gründlich verpasst. Und außerdem, mich in halb Europa verabschieden und dann doch wieder auftauchen, - ne, Danke, schlechter Stil. Andretti & Co würde sich bedanken. Fettes Angebot aus Fernost ebenfalls in die Tonne gedonnert. Satte Summen, aber zu hohe Luftfeuchtigkeit. Letztes offizielles Match in Porto. Mit zehn Sondermaschinen kommen die Wahnsinnigsten hinterher, um mich eine halbe Stunde lang oder so kicken zu sehen. Hat sich gelohnt. Liegen nach 75 Minuten 1:2 hinten aber drehen dann die Sache. Meine Jungs geben Vollgas und die West-Spanier knicken weg, aber nicht aus Freundlichkeit. Ausgleich durch Eigentor, 3:2 in der Schlusssekunde durch den ultimativen Sonntagsschuss am Samstagabend. Kurzer Antritt, voll durchgeladen und aus 25 Metern fetz ins Netz. Null Chance für das Verhüterli. Karriereende mit Getöse. Direkt danach kommt der Gong. Die Hütte steht Kopf, unsere Leute stürmen den Acker, packen mich in Vereinsfahnen und schleppen mich durch halb Portugal. Vom Gastgeber gibt’s ein 100 Liter Fass Portwein, mein Jahrgang und eine VIP-Lounge mit meinem Namen. Zu Hause Staatstrauer in sämtlichen Zentralorganen. Schmerzhafter Verlust, gewaltige Lücke, Ende einer Ära, Jahrhunderttalent, überstürzter Abgang, großer Sportler, tadelloser Mensch. Klar, rumhacken bringt jetzt absolut keine Punkte mehr. Heben sich die Brüder für später auf. Auch diese Artikel sind mit Sicherheit schon geschrieben. Game over Offizieller Abgang. Rappelvolle Hütte, mein Dream-Team (mit Klopp als Coach) gegen den Rest der Welt mit allen Stars, die zur Zeit laufen können, Andretti bzw. Babe im Tor, Allimboha, rechte Außenbahn, Pancic in der Mitte, M´Seto und Chapman irgendwo dazwischen, Mac Allister als Rammbock, Opa Wolter und Cato im Mittelfeld und so weiter, mit Rooney und Crouch als Manager. Rooney wollte ursprünglich mit auflaufen, fiel aber kurz vor Anpiff beim Stiefelschnüren voll aufs Gesicht. Der Klamauk endet unentschieden, sechs beide. Komme auf drei satte Volltreffer. Eine Murmel flutscht per Hacke durch Meister Andrettis O-Beine. Lächelt zwar, aber stinkt ihm gewaltig, war so nicht verabredet. Meint als Einziger, dass es Zeit ist, Schluss zu machen. Anschließend das übliche Spektakel, Ehrenrunden, Musik, Reden, Filmausschnitte aus der Steinzeit (mal knapp 10 Jahre her) und zum Abschluss tausend Fass Freibier zu Sonderkonditionen vom Hauptsponsor. Reinerlös, nach Abzug aller Kosten, knapp eine Million für zehn Fußballprojekte in der dritten Welt. Und Tschüss. Nachschlag Drei Tage später erhält Frings die Papiere, in beiderseitigem Einvernehmen. Stimmt aufs Wort. Kuhnke hält Frings für einen mittelmäßigen Trainer, Frings hält uns für einen Scheiß Verein. War 130 ziemlich laut am Ende, aber einvernehmlich. Der Neue heißt Tarantelli, erfolgreichster Coach in Italien der letzten 15 Jahre. Gepflegte Erscheinung und total fußballverrückt, sagt Kuhnke, aber ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Es kann nur noch aufwärts gehen, auch ohne mich im grünen Bereich. 131