Hansestadt Wismar Gutachten zu den Wall

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Hansestadt Wismar Gutachten zu den Wall
Hansestadt Wismar – Gutachten Wall- und Festungsanlagen
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Hansestadt Wismar
Gutachten zu den Wall- und Festungsanlagen
Auftraggeber :
Hansestadt Wismar
Bauamt
Kopenhagener Straße 1
23966 Wismar
Verfasser:
ADOLPHI - ROSE
Landschaftsarchitekten
Gutshaus Kahlenberg
23992 Kahlenberg bei Wismar
T
038422 – 58635
m
[email protected]
Bearbeiter:
Dipl.- Ing. Birgit Adolphi
Landschaftsarchitektin
Dipl.- Ing. Jan Rose
Landschaftsarchitekt
Aufgestellt:
30. August 2013
…………………………………………………….
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Inhaltsverzeichnis
Teil I – Erläuterungen
Seite
1. Vorbemerkungen
1
2. Aufgabenstellung
1
3. Gliederung
2
4. Historische Recherche
2
5. Bestandserfassung
13
6. Städtebauliche Planungen
23
7. Empfehlungen
24
8. Zusammenfassung
28
9. Literaturverzeichnis
30
10. Quellen
31
Teil II – Präsentation - Stand August 2013
Teil A – Historische Entwicklung
Teil B – Bestandsaufnahme
Teil C – Städtebauliche Planungen und Empfehlungen
Teil III – Plangrenzen und Empfehlungen
Historische Pläne, Ansichten und Fotos
Städtebauliche Pläne
Anhang 1
Anhang 2
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Erläuterungen
1.
Vorbemerkungen
Die Hansestadt Wismar hat nach einem Bewerbungs- und Auswahlverfahren das Büro
ADOLPHI - ROSE, Landschaftsarchitekten, in Kahlenberg bei Wismar im Januar 2013 mit
der Erarbeitung eines Gutachtens zum Thema Wall- und Festungsanlagen der Hansestadt
Wismar beauftragt.
2.
Aufgabenstellung
Seit 2002 gehören die Altstädte der Hansestädte Stralsund und Wismar zum UNESCOWeltkulturerbe. Damit sind innerhalb des Welterbe-Gebietes alle Maßnahmen der Stadtentwicklung auf die Erhaltung und Ausformung des Denkmalbereiches Altstadt abzustimmen. Im Managementplan Altstadt wurden Grundlagen, Ziele und Maßnahmen zum Erhalt
und zur Entwicklung des Stadtdenkmals formuliert und die daraus abzuleitenden Schutzkriterien entwickelt.
Bekanntermaßen wurde die Stadt Wismar während der Zugehörigkeit zum Königreich
Schweden nach dem dreißigjährigen Krieg zu einer der bedeutendsten und größten europäischen Festungen ausgebaut. Mit dem Gutachten soll, basierend auf der Recherche der
historischen Entwicklung, herausgearbeitet werden, welche Teile der ehemaligen Festungsanlage heute noch im Stadtgrundriss erhalten oder erkennbar sind.
Unter Zuhilfenahme zur Verfügung gestellter Unterlagen, Karten und Pläne waren im Gutachten nachfolgende Schwerpunkte zu den Wall- und Festungsanlagen zu untersuchen:
• Darstellung der historischen Entwicklung nach historischen Plänen
• Aufgaben und Funktion in Bezug auf das Welterbegebiet
• Bestandskartierungen
• Dokumentation der vorhandenen sichtbaren Reste ehemaliger Wall- und Grabenflächen
• Darstellung wichtiger Blickbeziehungen
• Analyse einschließlich städtebaulicher und denkmalpflegerischer Bewertung
• Empfehlungen zum Sichtbarmachen erhaltener Reste der historischen Wall- und
Festungsanlagen mittels freiraumplanerischer Elemente
• Aussagen insbesondere zu den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen Nr. 69/08
„Südöstlicher Altstadtrand“ und Nr. 80/11 „Bahnhofsvorplatz - Rostocker Straße“
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Abb. 1 - Bearbeitungsgebiet
3.
Gliederung
Für die Bearbeitung des Gutachtens stellte sich nachfolgend dargestellte Vorgehensweise
als sinnvoll heraus.
Zunächst wurde die Geschichte der Wall- und Festungsanlagen historisch nachvollzogen.
Dabei sind sowohl die Vorläufer der schwedischen Festungsanlagen einschließlich der
mittelalterlichen Stadtbefestigungen und auch die nachfolgende Entwicklung nach Schleifung
der Festungswerke in die Betrachtung einbezogen worden.
Davon ausgehend ist eine aktuelle Bestandserfassung vorgenommen worden, d.h. es wurde
das Stadtbild auf das Vorhandensein von Resten der Wall- und Festungsanlagen untersucht
und dokumentiert.
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In einem weiteren Arbeitsschritt sind die abgeschlossenen bzw. in Bearbeitung befindlichen
städtebaulichen Planungen in den Randbereichen zum UNESCO-Welterbegebiet Altstadt auf
das Vorhandensein von Resten der ehemaligen Wall- und Festungsanlagen untersucht worden. Des Weiteren wurde festgestellt, ob die Planungen Auswirkungen auf eventuell festgestellte Reste der Wall- und Festungsanlagen haben.
Sowohl die historischen Recherchen als auch die Bestandserfassung und Auswertungen der
Pläne sind in das abschließende Kapitel Empfehlungen eingegangen.
4.
Historische Recherche
Die Stadt Wismar wurde 1229 das erste Mal genannt. Sie bestand zu diesem Zeitpunkt
wahrscheinlich schon einige Jahre. Die geografisch günstige Lage einer natürlichen Kuppe
am natürlichen Hafen der Wismarbucht, die durch die vorgelagerte Insel Poel geschützt wurde, prädestinierte zur Anlage einer mittelalterlichen Stadt. Da wo sich die Handelswege von
Lübeck Richtung Baltikum und von Mecklenburg Richtung Hafen kreuzten, kam es zur Anlage des weitläufigen Marktplatzes. Daneben wurde die Marienkirche errichtet.
Auf einem niedrigeren Hügel, näher an der Bucht, baute man die Schifferkirche, die Nikolaikirche. Die damalige Stadt umfasste die Kirchspiele St. Marien und St. Nikolai.
Die erste Stadterweiterung gab es ab 1250 mit der Neustadt und später mit dem St. Jürgen
(St. Georgen) Kirchspiel.
Eine erste Befestigung aus Palisaden um den Stadtkern, das Marienkirchspiel und den
Markt, wird für 1250 beschrieben. Die Befestigung nannte man Planken oder Plankenzaun.
Die Planken waren starke Holzbohlen, die sehr dicht aneinander gereiht im Erdreich oder
einem Steinwall verankert wurden. Diese erste Befestigung hatte eine Länge von 1.585 m.
Ab 1276 begann man auf Ratsbeschluss die Stadt insgesamt mit einer steinernen Stadtmauer zu umgeben. Die Arbeiten gingen abschnittsweise voran.
Die Stadtmauer erhielt einen mindestens einen Meter dicken Natursteinsockel aus behauenen Findlingen. Darauf wurden Ziegelmauern von ca. 90 cm Breite und 3,5 bis 4,0 m Höhe
errichtet. Die Mauer wurde mit einem Zinnenkranz versehen.
Die Stadtmauer erhielt in alle vier Himmelrichtungen und zum Hafen Öffnungen für Tore. Das
Altwismartor wurde im Osten, das Mecklenburger Tor im Süden, das Lübsche Tor im Westen, das Poeler Tor im Norden und das Große Wassertor am Hafen angelegt. Dazu kamen
weiter das Sand- oder Fischertor und verschiedene kleine Pforten wie die Windpforte am
Dominikanerkloster, dem Schwarzen Kloster, heute Goetheschule.
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Um den riesigen Bedarf an Mauersteinen zu decken, wurden neben den Ziegeleien der Kirchenbaustellen weitere Ziegeleien vor dem Poeler und vor dem Lübschen Tor eingerichtet.
Abb. 2 - Die mittelalterliche Stadtmauer in einer Ansicht aus dem Stadtarchiv Wismar
Die Stadtmauer war 3.100 m lang. Sie bestand in dieser Form bis zum Ende des 19. Jh.
Stadtseitig war an der Mauer ein Streifen von 10 m von Bebauung und Nutzungen frei zu
halten. Feldseitig schlossen sich Wälle und Gräben an.
Gegen Ende des 13. Jh. wurde das sumpfige Gelände im Südwesten der Stadt zu einem
Teich angestaut. Dieser so genannte Neue Teich ist 1292 erstmals erwähnt worden.
Im 13. und 14. Jh. wurde die Wismarer Landwehr angelegt, die die Stadtfeldmark in einer
Entfernung von ca. 3 bis 4 km um die mittelalterliche Stadt einschloss. Die Landwehr bestand aus Gräben und Wällen, die mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt waren. Die Kreuzungen zwischen Landweg und Landwehr waren mit Bergfrieden besetzt worden, in deren
Schutz kleine Höfe der Burgbauern angelegt wurden, die die Landwehr in Ordnung zu halten
hatten.
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So entstanden bis vom Anfang des 14. bis ins 15. Jh. die Lübsche Burg, Dammhusen, das
Rote Tor, die Klußburg, Kritzowburg, die Hornstorfer Burg, die Müggenburg, die Wulfsburg
und die Haffburg.
Die Stadtmauer der mittelalterlichen Stadt wurde wegen kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Feudalfürsten untereinander und zwischen diesen und den Hansestädten
bis ins 15. Jh. kontinuierlich erweitert und vervollständigt. Der zunächst angelegte Mauerring
mit den Toren wurde durch Bergfriede und Wieckhäuser ergänzt. Diese Bauten traten aus
der Mauerflucht in den Graben hervor, so dass die Gräben und die Feldmark besser eingesehen werden konnten. Über die Wiekhäuser gab es Verbindungen zu den Wehrgängen.
Innerhalb der Bergfriede konnte Wasser oder Pech erhitzt werden. Dem gleichen Zweck
dienten Pechnasen über den Toren.
Weiterhin wurden die Tore feldseitig durch Zugbrücken, Falltore, Vortore und Zwingerbauten
geschützt. Aus dem Jahr 1470 sind 36 Mauertürme und Wiekhäuser für die Stadtmauer bekannt.
Für das beginnende 16. Jh. gibt es Nachrichten, dass die Verteidigungsanlagen, wegen
friedlicher Zeiten, stark vernachlässigt wurden. Mauern und Wälle waren in schlechtem Zustand, die Gräben verschlammt und zugewachsen. Die Verteidigungsfähigkeit der Stadt war
nicht mehr gegeben.
Wegen Handelstreitigkeiten mit Holland und Auseinandersetzungen mit Dänemark kam man
zu der Auffassung, dass die Befestigungsanlagen instand gesetzt und verstärkt werden
müssten.
1535 wurde das „Wallgeld“ als eine Steuer für die Stadtbevölkerung eingeführt, mit der die
Befestigungsanlagen finanziert werden sollten.
Ab 1522 wurden die ersten Befestigungsanlagen vor der mittelalterlichen Stadtmauer am
Hafen und vor dem Lübschen Tor und 1566 bis 1573 vor dem Poeler Tor errichtet. 1594
schaffte man zwei Geschütze für das Lübsche Tor und sechs für das Poeler Tor an.
Die Befestigungsarbeiten am Lübschen Tor wurden in Wismar auf Verlangen des Mecklenburgischen Herzogs weiter voran getrieben. Im Juni 1627 kam es, wegen der im Anmarsch
befindlichen kaiserlichen Truppen unter dem General Albrecht von Wallenstein, zu einer Inspektion der Stadt Wismar und der Befestigungsanlagen durch den mecklenburgischen Herzog Adolf Friedrich. Die Zahl der Geschütze betrug inzwischen 50 bis 60 Stück. Es gab 300
Musketen. Die Stärke der städtischen Bürgerwehr betrug 100 Mann.
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Abb. 3 – Stadtansicht mit frühen Befestigungswerken vor der Stadtmauer als Ausschnitt aus
einem Plakat aus dem Stadtarchiv Wismar
Noch im gleichen Jahr kam es zum Krieg zwischen Mecklenburg und dessen Verbündeten
Dänemark und den von Wallenstein geführten kaiserlichen Truppen. Bei den Auseinandersetzungen ging es vornehmlich um die Beherrschung der Küstengebiete. Wallenstein wollte
vor allem einen Kriegshafen anlegen. Ab Juli 1627 kam es zur Belagerung Wismars. Im Oktober kapitulierte die Stadt.
Der Kapitulationsvertrag zwischen dem Kaiser und der Stadt besiegelte das Ende der militärischen Selbständigkeit der Stadt Wismar, wie sie seit dem Mittelalter mit der städtischen
Bürgerwehr bestanden hatte.
Mit der Besetzung Wismars durch die kaiserlichen Truppen sollte vor allem der Vormachtstellung und einem vermeintlichen Angriff der Dänen begegnet werden. Wallenstein hatte
70.00 Soldaten in den Norden geführt. Im Oktober 1627 zogen die ersten 1.000 Soldaten der
Wallensteinschen Armee in Wismar ein, einen Monat später waren es bereits 3.000. Die
Stadt hatte für Besoldung, Unterbringung und Verpflegung der Garnison zu sorgen.
Wallenstein wurde Herzog von Mecklenburg und beherrschte ab 1627 ganz Norddeutschland.
Die Befestigung Wismars bestand zu diesem Zeitpunkt aus der Stadtmauer, wie sie seit
1276 angelegt und bis ins 15. Jh. ausgebaut worden war. Vor den davor gelegenen Stadtgräben waren nur wenige Wälle, Gräben und Rondells entstanden.
Wallenstein verfolgte das Ziel Wismar zu einer starken Festung auszubauen und den Hafen
als Kriegsflottenstützpunkt zu nutzen. Die Arbeiten begannen unmittelbar. 1627 bis 1628
wurden neue Wälle, Rondells und Brustwehre vor allen vier Haupttoren angelegt und die
vorhandenen Anlagen am Wassertor verstärkt.
Aus den umliegenden Ämtern wurden Arbeiter mit Fuhrwerken für den Bau der Stadtbefestigungen in Wismar verpflichtet. Die Stadt hatte täglich 250 Arbeiter für die Stadtbefestigung
und 50 für die Hafenbefestigung zu stellen. Auch Soldaten mussten mitarbeiten.
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Zwischen 1625 und 1631 kam es zu einigen Pestepedemieen. Allein im Jahr 1631 soll es
1.000 Tote gegeben haben. Darauf hin setzte eine Fluchtwelle ein, bei der ca. die Hälfte der
Einwohner die Stadt verlassen haben soll. Ca. 850 Häuser waren dem Verfall preisgegeben.
1629 wurden alle Bäume und Zäune im Abstand von ca. 500 Schritt um die Stadt beseitigt.
Ab 1630 stieg die Gefahr einer Schwedischen Invasion. Deshalb wurde der Ausbau der Befestigungsanlagen weiter beschleunigt. Im Sommer 1630 arbeiteten 934 Arbeiter mit 279
Wagen aus den umliegenden Ämtern in Wismar. Im Frühjahr 1631 waren es 1.721 Arbeiter
mit 271 Wagen.
1631 war südöstlich der Stadtmauer vor dem Stadtgraben zwischen Mecklenburger Tor und
Altwismartor die Zitadelle im Bau, die auch das „Neue Werk“ oder das „Kastell“ genannt wurde. Zur Zitadelle kam man durch die Windpforte östlich des Dominikaner-, des Schwarzen
Klosters.
Am 24. Juni 1631 begann die schwedische Invasion auf Usedom. König Gustav Adolf II. eroberte mit 15.000 Soldaten Pommern und zog weiter nach Mecklenburg.
Ab August 1631 wurde Wismar durch die Schweden belagert. Im Januar 1632 erfolgte die
Kapitulation, da alle Vorräte aufgebraucht waren. Die kaiserlichen Truppen zogen am 12.
Januar 1632 aus Wismar ab. Sie hinterließen den Schweden Kriegsmaterial und Kriegsschiffe.
Die Mecklenburger Herzöge kehrten zurück. Durch ein schwedisch-mecklenburgisches
Bündnis gingen Wismar und Warnemünde vom 13. März 1632 an Schweden. Nun war der
schwedische König de facto der Landesherr.
Die Befestigungsanlagen der Stadt Wismar sollten erhalten und weiter ausgebaut werden.
Die Schweden richteten eine ständige Garnison in der Stadt ein. Wismar wurde zum Bindeglied zwischen den östlichen Besitzungen Schwedens in Vorpommern und den westlichen in
Bremen und Verden.
Von 1632 bis 1635 führte der schwedische Oberst von Salzburg das Kommando über Stadt
und Garnison. In dieser Zeit sollen lediglich ein Viertel der Häuser erhalten und bewohnt gewesen sein. Die Garnison dagegen sollte bis 1642 auf bis zu 3.000 Mann aufgestockt werden.
Salzburg setzte die begonnenen Befestigungsarbeiten ohne Pause fort, um die Festung in
Mecklenburg auszubauen. Wiederum musste die Stadt die Reparatur und den weiteren Ausbau der Befestigungen auf eigene Kosten übernehmen.
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Alle Anlagen vor der Stadtmauer erhielten nasse Gräben. Zum Schutz des Hafens und der
Lastadie wurden gestaffelte Werke ins Vorgelände gebaut. Vom Hafen zum Altwismartor und
vom Lübschen bis zum Mecklenburger Tor wurden erstmals Bastionen angelegt, die durch
Kurtinenmauern verbunden waren.
Die Finanzierung wurde wiederum durch eine Schanzgeldsteuer bestritten. Die städtische
Wirtschaft stagnierte.
Ab 1635 übernahm Bilefeld das Kommando der Festung Wismar. Es kam zu intensiven Arbeiten am Mecklenburger und Poeler Tor, am Neuen Werk und auf dem Walfisch. Bis 1638
waren die Mängel der Stadtbefestigung ausgebessert.
1638 und 1639 wütete wieder die Pest in der Stadt, so dass es drei Jahre später hieß, je ein
Drittel der Häuser wären wüst, ruiniert bzw. nur noch von armen Leuten bewohnt. Damals
lebten noch ca. 700 bis 800 Menschen in der Stadt. Die Bürger hatten Menschen und Wagen
für Befestigungsarbeiten zu stellen, die den Hafen, die Stadtgräben und die Stadtteiche zu
reinigen hatten.
1638 marschierten nochmals 20.000 schwedische Soldaten unter General Baner in Mecklenburg ein. Die Friedensverhandlungen dauerten von 1641 bis 1648. Durch den Westfälischen Frieden wurde der schwedische Besitz an Wismar, der Insel Poel und dem Amt Neukloster legitimiert.
Da die Stadt Wismar seit 1648 formaljuristisch zum Königreich Schweden gehörte, wurden
die Stadt mit der kleinen vorgelagerten Insel Walfisch zu einer der modernsten Festungsanlagen der damaligen Zeit ausgebaut. Letztlich ging es immer wieder um den strategisch
günstigen Hafenstützpunkt.
1653 wurde das schwedische Tribunal im Fürstenhof in Wismar, auf halbem Weg zwischen
den Besitzungen Bremen/ Verden im Westen und denen in Vorpommern im Osten, eingerichtet. Das schwedische Tribunal stellte die oberste gerichtliche Instanz für alle deutschen
Besitzungen des schwedischen Königreichs dar.
1675 kam es erneut zum Krieg zwischen Schweden und Dänemark. Die Schweden hatten
2.000 Mann in der Stadt. Die Belagerer besetzten zunächst die Insel Poel und nahmen bei
Niedrigwasser die Insel Walfisch ein. Ab Oktober wurde die Stadt beschossen. Im Dezember
gelang es den Belagerern bei starkem Frost einen Damm zu den schwedischen Wällen zu
schütten und die Zitadelle zu erstürmen, da diese an einer Bastion nicht ganz geschlossen
war. Die Stadt musste nach Belagerung und Beschießung kapitulieren. Am 26. Dezember
1675 zog der Dänenkönig Christian V. in Wismar ein.
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1679 wurden Friedensverträge von Fontainebleau und Lund geschlossen. Danach hatte Dänemark seine eroberten Gebiete zurückzugeben. Schweden musste große Teile seines Gebietes im Baltikum abtreten. Die Dänen blieben bis November 1680 in Wismar. Danach erhielt Schweden Wismar zurück.
Ab 1681 begann die zweite große Phase der Wismarer Festungsarchitektur. Diese ist untrennbar mit Graf Erik Jönsson Dahlberg verbunden. Dahlberg war schwedischer Oberst und
Generalquartiermeister. Und er war einer der führenden Festungsbaumeister seiner Zeit.
Unter Dahlberg kam es zu einer grundlegenden Neugestaltung der vorhandenen Befestigungsanlagen. Dahlberg plante als erstes die Schleifung der Zitadelle als dem schwächsten
Punkt des Befestigungssystems. Des Weiteren entwarf er eine vollständige Bastionärbefestigung für die Stadt. Das von Dahlberg ersonnene Befestigungssystem bestand zunächst aus
14 unterschiedlich starken, aber relativ gleichmäßig verteilten Bastionen und 5 Ravelins. An
Stelle der Wallensteinschen Zitadelle, die sich als die „Achillesferse“ des Befestigungssystems erwiesen hatte, plante er einen Graben mit zwei Bastionen und einem vorgelagerten
Ravelin. Der Höhenzug südöstlich der Stadt, über den die Dänen die Stadt erstürmt hatten,
sollte nach seinen Plänen weiträumig abgetragen werden.
Schließlich wurde ein Kranz aus 18 Bastionen, die durch Kurtinenmauern verbunden waren,
und 9 Ravelins realisiert. Auch die massiven Erdbewegungen, die zum Abtrag des Höhenrückens notwendig waren, wurden umgesetzt. Dadurch wurde es möglich Wasser, sowohl
aus dem Mühlenteich als auch aus dem Hafen, in die Festungsgräben einzuleiten. An Stelle
des früheren Neuen Werks entstand die Zitadelle Dahlberg. Dazu kam die Zitadelle Güldenstern. Es wurden Wälle geschüttet und über 700 Kanonen installiert.
1686 wurden der Ziegelhof vor dem Lübschen Tor befestigt und eine Ziegelei auf dem
Haffeld eingerichtet. 1688 ist das alte Mecklenburger Tor an der Mecklenburger Straße geschlossen und ein neues Mecklenburger Tor in Verlängerung der Dankwartstraße geöffnet
worden.
1689 wurde das Zeughaus als Waffenarsenal der schwedischen Garnison am damals längeren Alten Hafens gebaut. Gleichzeitig entstand das Provianthaus, das zur Versorgung der
Soldaten gebraucht wurde.
Drei Mauertürme in der Nähe des Zeughauses wurden seit 1673 als Pulvermagazine genutzt. Darin waren ca. 700 Tonnen Schießpulver gelagert. Am 28. Juli 1699 kam es durch
Blitzschlag zur Explosion der Türme und zur Zerstörung des Zeughauses. 70 Menschen
starben. Ungefähr 600 Häuser waren beschädigt oder zerstört worden und das Lübsche Tor
zu Schaden gekommen.
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Das neue Zeughaus ließ Dahlberg in der durch die Explosion entstandenen Lücke der Stadtmauer errichten.
Einen Eindruck der bis zum Ende des 17. Jh. umgesetzten Festungswerke gibt ein im Armeemuseum in Stockholm aufbewahrtes Modell aus dem Jahre 1698 wider.
Abb. 4 – Modell der Festung Wismar aus dem Armeemuseum Stockholm
Bis dahin war der Kranz aus Bastionen mit den Kurtinenmauern, die inneren Festungsgräben
mit Ravelins und ein Teil der Vorwerke umgesetzt worden. Dargestellt sind auch die gefluteten Festungsgräben, einschließlich der Wiesen am Haffeld und der Bleicherwiese.
Interessant ist, dass im Modell die erhaltenen Stadtgräben vor der Stadtmauer vom Dominikanerkloster bis zum Altwismartor und vor der Wallstraße dargestellt sind.
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Abb. 5 und 6 – Ausschnitte aus dem Modell der Festungsanlage
Ein weiteres Modell stellt die Befestigungsanlage der kleinen Insel Walfisch dar, die nördlich
der Stadt Wismar in der Wismarbucht gelegen ist. Das kleine Eiland war strategisch günstig
gelegen, um die Hafeneinfahrt nach Wismar zu kontrollieren. Deshalb gehörte die Insel jahrzehntelang zum militärischen Verteidigungssystem der Stadt. Bereits unter Wallenstein war
1628 mit der Befestigung der Insel begonnen worden. Mit schwedischer Besetzung der Stadt
ab 1632 wurden die Arbeiten vorangetrieben und fortgesetzt.
Abb. 7- Modell der Festung auf der Insel Walfisch aus dem Armeemuseum Stockholm
Am 16. Januar 1703 ist der Festungsbaumeister Erik Dahlberg in Stockholm gestorben.
Seine Pläne für die Festungsanlage Wismar sind bis 1716 weiter umgesetzt worden.
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In seiner größten Ausdehnung stellte sich die Festung Wismar wie folgt dar.
Zwischen Altwismartor und Lübschen Tor befanden sich im Südosten der Stadt die Bastionen Gustav Adolf (1), Alexander Magnus (2), Carolus (3), Chevalier (4) und Julius Cäsar (5).
Innerhalb der Festungsgräben waren in diesem Abschnitt die Ravelins De la Gardie (21),
Stuart (23) und Prinz Carl (25) vorgelagert.
Die Zitadelle Güldenstern (26) bildete mit den Bastionen Chevalier (4) und Julius Cäsar (5)
das Hauptwerk vor dem Mecklenburger Tor.
Beide Zitadellen, die Zitadelle Güldenstern (26) und die Zitadelle Dahlberg (24) stellten tief
gestaffelte Verteidigungswerke dar, von denen aus sich die Verteidiger gegenseitig flankieren konnten.
An der Südwestseite der Stadt wurden zwischen Mecklenburger und Lübschen Tor die Bastionen Carl Gustav (6), Augustus (7) und Hannibal (8) angelegt. Vorgelagert befanden sich
die Ravelins Baner (27) und Ritterhelm (28) innerhalb der Festungsgräben. Das Lübsche Tor
wurde durch das Ravelin Kragge (29) gedeckt.
In die vormalige Hafenkoppel im Nordwesten der Stadt wurden die Bastionen Cyrus (9),
Gustav Primus (10) und das Ravelin Mellin hinein gebaut.
Die drei Bastionen Graf Königsmark (11), Graf Steenbock (12) und Graf Wrangel (13)
schützten Hafen und Lastadie.
Zwischen Wassertor und Poeler Tor waren an der Nordseite der Stadt die Bastionen König
David (14) und St. Erich (15) angelegt worden. Das Ravelin Torstensohn (31) deckte die
Zugbrücke am Poeler Tor.
In nordöstliche Richtung wurden zwischen Poeler Tor und Altwismartor die Bastionen Scipio
(16), Alarius (17) und Vespasian (18) gebaut. Das Altwismartor wurde durch das Ravelin
Horn gedeckt. Weit vor der Bastion Vespasian (18) lag die Grothusenschanze (34) mit dem
place de Armee (33) und einer Defensionslinie (32) nördlich des Landwegs nach Rostock.
Südlich des Rostocker Landwegs waren auf Inseln am Mühlenteich die Vorwerke Gerberhof
(20) und Tenaille Platen Camp (22) angelegt worden.
Die Festung war insgesamt von sumpfigem Gelände umgeben. Die Gräben konnten vom
Hafen und vom Mühlenteich ausgehend unter Wasser gesetzt werden. Dazu kamen die
Wasserflächen der Wismarbucht und des Hafens im Nordwesten, der Neue Teich in der
Lübschen Torweide im Südwesten, der Mühlenteich mit der zu flutenden Niederung im Südosten und Süden und die zu flutende Bleicherwiese im Nordosten.
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Der Kranz aus Bastionenbauwerken reichte damals ca. 150 m in das Gelände vor die mittelalterliche Stadtmauer. Die innerhalb der Festungsgräben gelegenen Ravelins hatten einen
Abstand zur Stadtmauer von ca. 200 m. Die Zitadellen Güldenster und Dahlberg und die
weiteren Vorwerke ragten ca. 400 bis 600 m in das Vorgelände vor der Stadt.
Damit war Wismar im 18. Jh. zu einer der bedeutendsten, größten und modernsten Seefestungen Europas ausgebaut worden.
Abb. 8 – Plan mit der größten Ausdehnung der Festungswerke aus dem Museum Wismar
Anfang des 18. Jh. kam es wiederum zum Krieg, der zwanzig Jahre, von 1700 bis 1720/ 21
dauern und später der Große Nordische Krieg genannt werden sollte. Nunmehr hatte sich
eine große Koalition aus Dänemark, Sachsen, Polen und Russland zusammen gefunden, um
die Schwedische Vormacht im Ostseeraum zu brechen.
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Zwischen 1711 und 1716 erfolgten Angriffe und Belagerungen der Festung Wismar. 1711
sammelte der dänische König Friedrich IV. seine Truppen in Holstein und führte 23.000
Mann in Richtung Mecklenburg. Die Bewohner der Dörfer aus der Stadtfeldmark Wismar
suchten Schutz in der Stadt. Ab 14. August 1711 belagerten 6.000 Dänen die Stadt. Sie
wurden abgewiesen. Vom 29. Dezember 1711 bis 2. Januar 1712 beschossen die Dänen die
Stadt. Sie brachen aber im Januar die Belagerung ab, da die Schweden Verstärkung bekamen.
Ab 30. Juni 1712 belagerten die Dänen die Stadt mit 4.000 Mann. Diese Belagerung wurde
am 6. November 1712 zum zweiten Mal abgebrochen, da sich, von Rügen kommend, 16.000
schwedische Soldaten auf den Weg nach Mecklenburg machten.
Nach knapp drei Jahren versammelten sich alle Kriegsparteien rings um die Festung Wismar. Im Westen lagerten die Dänen seit dem 25. Juni 1715 zwischen Wendorf und Karow.
Die Preußen gingen im Süden zwischen Lübow und Rosenthal und im Osten zwischen Redentin und Lübow in Stellung.
Die Dänen und Preussen hatten 8.000 Mann unter Waffen. Die Schweden konnten nur 4.000
aufbieten. Stadt und Festung waren völlig eingeschlossen. Nachschub konnte nur noch über
die Insel Poel kommen.
Abb. 9 – Abbildung der Stadt mit der mittelalterlicher Stadtmauer und den Festungswerken
während des Nordischen Krieges, vor der Schleifung; aus dem Stadtarchiv Wismar
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Die Belagerer bauten Befestigungswälle in einer Länge von ca. 8.000 Schritt um Wismar. Die
Arbeiten mussten Bauern der umliegenden Dörfer gemeinsam mit den Soldaten der Alliierten
ausführen.
Die Hannoveraner verstärkten die Truppen der Alliierten ab November 1715 zwischen Wendorf und Dammhusen. Am 14. November 1715 eroberten die Belagerer die Insel Poel und
schnitten den Schweden damit die letzte Nachschubmöglichkeit ab. Ab April 1716 wurden
die Belagerer nochmals durch 1.000 russische Soldaten verstärkt.
Am 19. April 1716 kapitulierten Stadt und Festung nach zehnmonatiger Belagerung, da
sämtliche Nahrungsreserven aufgebraucht waren. Einen Tag später wurde die Stadt an die
Nordischen Alliierten übergeben. Am 23. April 1716 räumten die Schweden die Stadt. Dänen, Preußen und Hannoveraner zogen in die Stadt ein.
Mit dem Fall der letzten schwedischen Festung in Deutschland waren der Große Nordische
Krieg und die Zeit der Großmacht Schweden beendet.
Auf Verlangen der Alliierten wurden in den Jahren 1717 und 1718 die Festungswerke der
Stadt Wismar und die auf dem Walfisch gesprengt. Die Schleifung dauerte vom Herbst 1717
bis zum Sommer 1718. Die Dänen zogen mit dem Abriss von der Lastadie am Hafen nach
Osten Richtung Poeler Tor. Die Preußen arbeiteten vom Hafen nach Westen Richtung Lübsches Tor. Es wurden Wälle abgetragen und Gräben verschüttet. Alle Bastionen und Ravelins sowie die Zitadellen Güldenstern und Dahlberg und die Bären zur Regulierung der Wasserstände wurden gesprengt. Für die Erdarbeiten sind wiederum die Bürger verpflichtet worden.
Im Juni 1718 verließen die Preußen, im August 1719 die Dänen die Stadt. Nach dem Friedensschluss 1720 verließen ca. ein Jahr später auch die Hannoveraner die Stadt.
Am 3. Juli 1720 wurde der Friedensvertrag von Frederiksborg zwischen Dänemark und
Schweden besiegelt. Schweden konnte sich Wismar mit der Insel Poel und Neukloster und
Vorpommern nördlich der Peene mit der Insel Rügen und Stralsund als auswärtige Gebiete
aus der Großmachtszeit sichern. Der Vertrag enthielt u.a. die Auflage, dass Wismar nie mehr
befestigt werden durfte.
Die Stadtmauer und die verbliebenen Stadtgräben blieben unangetastet. Auch das Zeughaus und das Provianthaus konnten vor dem Abriss bewahrt werden. Die Umgebung Wismars war verwüstet. Gustav Willgeroth hat dazu folgendes ausgeführt: „So war die nächste
Umgebung Wismars nunmehr in eine Einöde verwandelt.“ Die Umgebung bot: “nur den Anblick der Verwüstung und des Verfalls.“ Innerhalb der Stadtmauer lebten 1725 noch 700
Bürger, ca. 420 Häuser waren unbewohnt.
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Abb.10 – Plan der ehemaligen Fortfikationsländereien aus dem Stadtarchiv Wismar
Ungefähr 100 Jahre muss man sich die Umgebung der Stadt, auf der die Festungswerke
gründlich geschliffen worden waren, im Wesentlichen wüst und ungenutzt vorstellen.
Kleinere Teilflächen sind wahrscheinlich für Gärten vor der Stadt genutzt worden.
Ab 1750 stellte der schwedische König das Gelände der ehemaligen Zitadelle Güldenstern
der städtischen Schützenvereinigung zur Nutzung zur Verfügung
Im 1803 geschlossenen Malmöer Vertrag wurde die Rückgabe der in schwedischem Besitz
befindlichen Gebiete geregelt. Wismar ging als Pfand an Mecklenburg zurück. Der Pfandvertrag sollte Schweden die Möglichkeit geben Wismar nach 100 Jahren (1903) oder nach Vertragsverlängerung (2003) zurückkaufen zu können. Das war Schweden 1903 nicht möglich.
Mit dem Verzicht Schwedens gehörte Wismar ab 1903 wieder zu Mecklenburg.
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Ungefähr 10 Jahre nach dem Malmöer Vertrag und ca.100 Jahre nach Schleifung der Festung war es den Bürgern der Stadt offenbar ein Bedürfnis die unmittelbare Umgebung ihrer
Stadt durch Gärten und Promenaden zu verschönern. Wismar lag damit im Trend der Zeit,
denn auch in anderen Städten taten sich die Bürger in jener Zeit zu Verschönerungsvereinen
zusammen. Da das enge mittelalterliche Straßennetz die Anlage von Promenaden nicht zuließ, kamen dafür nur die Flächen außerhalb der Stadtmauer in Betracht.
Aus dem Jahr 1809 ist ein Parzellenplan der Wallgärten, auch Kämmereigärten genannt,
überliefert.
1815 kam es, auf Betreiben der Wismarer Bürger, auf Flächen der ehemaligen Bastion Vespasian auf der Ostseite der Stadt zur Anlage des Lindengartens. Der östlich an die ehemalige Bastion angrenzende Festungsgraben, der in diesem Abschnitt erhalten geblieben war,
wurde in die Gestaltung des Lindengartens einbezogen.
Das Schützenhaus wurde auf Flächen der ehemaligen Zitadelle Güldenstern errichtet.
Die Wismarer Schützenvereinigungen sind aus den mittelalterlichen Bürgerwehren hervor
gegangen. Schießstände gab es vor dem Lübschen Tor, vor dem Altwismartor auf dem
Lehmberg an der Rostocker Straße und vor dem Mecklenburger Tor auf der Schützenwiese.
1823 vereinigten sich die Wismarer Schützen, 1824 gab es die erste gemeinsame Schützenveranstaltung und eine Feier im fast fertig gestellten Schützenhaus. Ab 1824 wurde der gastronomische Betrieb im Schützenhaus aufgenommen. Vor den Toren der Stadt gelegen, wurde das Schützenhaus von den Wismarer Bürgern gern als Ausflugslokal angenommen.
1826 war das Schützenhaus fertig gestellt. Der Schützenweg wurde bis zum Schützenhaus
als Promenade angelegt. Darüber hinaus führte der Weg bis zum neuen Friedhof, der 1833
vor den Toren der Stadt an der Schweriner Straße geweiht wurde. Der Schützenweg ist später in der Schweriner Straße aufgegangen.
Im Zusammenhang mit dem Schützenhaus sind Grünflächen auf der Schützenwiese an der
Südseite der Stadt angelegt worden. Schon 1865 musste das Schützenhaus um die Tivolihalle, die heute das Kino beherbergt, erweitert werden.
Zwischen 1830 und 1835 ist auf dem zugeschütteten Hafenbecken zwischen Lübschen und
Wassertor die Rosenpromenade an der Nordwestseite der Stadt angelegt worden.
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Abb. 11 – Plan mit Darstellungen der erhaltenen Wassergräben, den Wallgärten,
dem Lindengarten, dem Schützenhaus mit verschiedenen Gartenanlagen
aus dem Stadtarchiv Wismar
Nach längeren Bemühungen konnte die Stadt 1847 einen Teil der Fortifikationsländereien
zwischen dem Lübschen, dem Mecklenburger und dem Altwismartor erwerben. Auf den Flächen wurden Promenaden aus mehrreihigen Baumreihen angelegt, die durch Spenden der
Bürger finanziert wurden. Der Promenadenring war im Jahr 1855 fertig gestellt.
Ende des 19. Jh. wurden an der Wallstraße / Neuen Wallstraße Pläne für die Anlage einer
Grünfläche anstelle des ehemaligen Stadtwalls mit Stadtgrabens umgesetzt.
Ab der Mitte des 19. Jh. kam es an der Ost- und Nordseite der Stadt durch den Bau der
Bahnlinien zu weit reichenden Veränderungen des Stadtgefüges.
Der Bahnbetrieb wurde 1848 eröffnet und schon 1855 ein Anschlussgleis zum Alten Hafen
gelegt. Die Einweihung des Empfangsgebäudes des Bahnhofs konnte erst 1857 gefeiert
werden.
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Zu dieser Zeit kam man nur durch den Umweg durch die Stadttore zum Bahnhof.
1875 wurde der Neuer Hafen angelegt und 1893 nochmals erweitert.
Ab 1867 sind Planungen für eine Straße für den Bahn- und Hafenverkehr vom Altwismartor
zum Lübschen Tor bekannt.
Die Promenaden an der West-, Süd- und Ostseite der Stadt durften damals nicht mit Fuhrwerken befahren werden.
Abb. 12 – Plan mit Darstellungen der Bahnanlagen und Hafenerweiterungen aus dem Stadtarchiv Wismar
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Die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren Toren wurde zunehmend als Hindernis empfunden.
Das Neue Altwismartor aus dem Jahr 1834 wurde 1868 als erstes abgebrochen. Im gleichen
Jahr kam es bis ins Folgejahr zum Abbruch der Stadtmauer zwischen dem Lübschen Tor
und dem Zeughaus. Auch das Mecklenburger Tor wurde 1869 abgerissen. 1870-1873 wurde
die Stadtmauer zwischen dem Poeler Tor und dem Wassertor abgebrochen. Die Stadtmauer
zwischen dem Zeughaus und dem Wassertor wurde in den Jahren 1881 bis 1895 beseitigt.
1885 wurde die Stadtmauer am Mecklenburger Tor, 1893 die Mauer am Gefangenenturm
abgebrochen. Zuletzt wurden im Jahr 1900 Teile der Stadtmauer an der Neuen Wallstraße
beseitigt. Damit hatte die mittelalterliche Stadtbefestigung aufgehört zu existieren. Der Gefangenenturm ist, nachdem er 1942 stark beschädigt wurde, 1963 abgerissen worden.
Auf Flächen der abgerissenen mittelalterlichen Stadtmauer wurde nahezu überall gründerzeitliche Wohnbebauung errichtet.
Das Ende des 19.und der Beginn des 20.Jh. ist mit einer enormen Bautätigkeit außerhalb
der mittelalterlichen Stadt verbunden. Auffällig ist, dass sich die Bautätigkeit der allesamt
imposanten Gebäude und die Umsetzung des Wohnviertels am Turnplatz auf den Süden der
Stadt konzentrieren, während die Bahnanlagen, wegen der Nähe zum Hafen und dessen
Erweiterungsflächen im Norden angesiedelt wurden.
Schon 1851 wurde der Neubau des Lazaretts an der Altwismarstraße auf Flächen der Bastion Gustav Adolf fertig gestellt.
1890 ist die Fritz-Reuter-Schule auf Flächen der Bastion Carl Gustav errichtet worden.
Der Wasserturm am Turnplatz wurde 1897, die Katholische Kirche 1902 gebaut. 1905 ist die
Knaben-Volksschule (Gerhard-Hauptmann-Gymnasium) auf der ehemaligen Bastion Hannibal eröffnet worden.
Ab 1905 wurden Planungen für ein Wohnviertels am Turnplatz als „gute Wohngegend“ mit
Villen im Landhausstil umgesetzt. 1907 eröffnete am Turnplatz die Höhere Töchterschule,
das Lyzeum. Das Gebäude beherbergt heute die Musikschule.
1909 wurde das Städtische Krankenhaus am Dahlberg auf dem Gelände der ehemaligen
Zitadelle Dahlberg seiner Bestimmung übergeben.
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Abb. 13 – Darstellungen für eine der ersten Stadterweiterungen außerhalb der mittelalterlichen Stadt südlich der Lindenstraße, aus dem Stadtarchiv Wismar
5.
Bestandserfassung
Neben der weit reichenden Recherche zur historischen Entwicklung galt es, den Bestand vor
Ort zu analysieren.
Die Gutachter haben dazu das Gebiet der ehemaligen Festungsanlagen in ihrer größten
Ausdehnung aus dem Jahre 1716 in Augenschein genommen und den derzeitigen Zustand
per Foto dokumentiert.
Als große Hilfe erwies sich ein Plan aus der Diplomarbeit von Matthias Westphal, in dem der
Grundriss der Festungsanlage von 1716 mit dem Lageplan der Stadt Wismar aus dem Jahr
2000 überlagert wurde.
Das Untersuchungsgebiet schließt die Flächen des UNESCO-Welterbegebietes ein. Die Pufferzone des Welterbegebietes wird mit diesem Plan im Wesentlichen überstrichen. In anderen Teilen reicht das Untersuchungsgebiet weit über die Pufferflächen des UNESCOWelterbegebietes hinaus.
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Die historischen Recherchen haben gezeigt, dass die Befestigungsanlagen in die Anlagen
der mittelalterlichen Stadtbefestigungen der Hansestadt Wismar und in die Wall- und Festungsanlagen aus der Zeit der Zugehörigkeit der Stadt zum Königreich Schweden zu unterscheiden sind.
Die Stadtmauer mit ihren vorgelagerten Wällen und Stadtgräben hat zeitlich vor allen Festungswerken bestanden. Die Mauer wurde mit einem Teil der Wälle und Stadtgräben auch
während der Zeit, als die Wall- und Festungsanlagen weit ins Vorgelände der Stadtfeldmark
vorgestreckt waren, erhalten. Und die mittelalterliche Stadtbefestigung mit ihren Toren, kleinen Wällen und erhaltenen Stadtgräben ist auch nach der umfassenden Schleifung der Festungswerke erhalten geblieben.
Die Bestandsaufnahme trägt dem insofern Rechnung, dass die Gutachter eine Gliederung in
drei Themenbereiche vorgenommen haben:
1. Stadtmauer und Stadtgräben
2. Innere Festungswerke - Bastionenring, innere Festungsgräben, Ravelins
3. Äußere Festungswerke, Zitadellen und äußere Gräben
Stadtmauer und Stadtgräben
Die Stadtmauer, die die Grenze der mittelalterlichen Stadt gebildet hat und die, mit dem Gebiet des Alten Hafens, auch die Grenze des UNESCO-Welterbegebietes bildet, hat sich bis
weit in das 19. Jh. erhalten. Mit Wegfall der Akzise war diese Einfriedung des Stadtterritoriums juristisch nicht mehr notwendig. Von den Toren der Stadtbefestigung ausgehend, wurde mit deren Abriss Platz für Stadterweiterungen geschaffen.
Der größte Abschnitt der mittelalterlichen Stadtmauer hat sich am ehemaligen Dominikanerkloster/ Goetheschule erhalten. Neben den imposanten baulichen Resten der Mauer sind
dort auch der historische Wall vor der Mauer und der Stadtgraben ablesbar. Auf dem Wall
vor der Stadtmauer werden derzeit die Flächen zwischen Turnerweg und Katersteig in eine
gestalterisch hochwertige, zeitgemäße Grünfläche verwandelt. Der ehemalige Stadtgraben
ist als Relikt im Geländerelief ablesbar. Die Reste des Stadtgrabens werden bis heute von
den Gärten der südöstlich vorgelagerten Bebauung an der Dr.-Leber-Straße eingenommen.
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Ein weiterer Rest der Stadtmauer ist an der Wallstraße erhalten geblieben. Auch in diesem
Abschnitt ist ein Teil des vorgelagerten Walls ablesbar. Der ehemalige Stadtgraben wurde
zwischen der Wallstraße bzw. der Neuen Wallstraße und der Dahlmannstraße gegen Ende
des 19. Jh. verfüllt und zur Grünfläche hergerichtet. Als solche wird die Fläche bis heute genutzt, auch wenn die Fläche gegenwärtig in verschiedene Nutzungen an der Volkshochschule mit zugehörigem Parkplatz und in eine öffentliche Grünfläche zerfällt.
Die Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass wir es bei den ruderalen, in Sukzession befindlichen Flächen an der Turmstraße mit den Resten eines Stadtgrabens zu tun haben, der sich
einst vor der Stadtmauer vom Dominikanerkloster bis nahezu an das Altwismartor hin zog.
Die Turmstraße wurde früher Hinter der Mauer genannt, war also Teil der frei zu haltenden
Fläche auf der Stadtseite der Mauer. Von der ehemaligen Stadtmauer ist an diesem Standort
nichts erhalten geblieben. Die Flächen der Mauer und des feldseitig vorgelagerten Grabens
sind im 19. Jh. bis zur Zerstörung 1942 mit Wohnbebauung an der Heinrich-Scharff-Straße
bebaut gewesen.
Der Stadtgraben ist nahezu vollständig verfüllt und wird derzeit als provisorischer Großparkplatz genutzt. Reste der ehemaligen Geländekubatur haben sich jedoch entlang der Dr.Leber-Straße, südlich des ehemaligen Gefangenturms, der an der Ecke Turmstraße/ Großschmiedestraße gestanden hat, erhalten. Bei genauer Untersuchung zeigte sich, dass auch
mit dem Bau der nördlichsten der drei an der Dr.-Leber-Straße erhaltenen Villen, das ursprünglich vorgefundene Gelände des Stadtgrabens bei der Einordnung der Villa erhalten
wurde. Es lässt sich somit an der südöstlichen Altstadtkante, obwohl ohne Stadtmauer, ein
Relikt des feldseitig vorgelagerten Walls und des Stadtgrabens erkennen.
Die Gutachter haben ihre Untersuchungen nicht durch Grabungen belegen können. Zweifellos lässt sich durch die Bestandserfassung aber die Recherche der historischen Entwicklung
der Befestigungsanlagen an der südöstlichen Altstadtkante bis in die Gegenwart belegen.
Von den Baulichkeiten der mittelalterlichen Stadtbefestigung haben sich, neben den genannten Abschnitten der Stadtmauer, von den ehemals fünf Toren das Wassertor am Alten Hafen
und der Wasserturm am Lindengarten, der zur Unterstützung der Wasserversorgung in Belagerungszeiten diente, erhalten.
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Innere Festungswerke - Bastionenring, Innere Festungsgräben, Ravelins
Die Gutachter haben für die Erfassung des aktuellen Bestandes an Stelle der ehemaligen
Festungsanlagen den Bezug zur ehemaligen Stadtmauer gewählt.
Dazu wurde jeweils der Blick von der Stadtmauer in Richtung der ehemals davor liegenden
Bastionen, die durch die Kurtinenmauern verbunden waren, der inneren Festungsgräben, die
die Ravelins einschlossen, gewählt. Sofern heute noch weitere Spuren ablesbar sind, wurden weitere Blickwinkel dokumentiert.
Abb. 14 – Plan der größten Ausdehnung der Wismarer Festungswerke in der Überlagerung
mit dem aktuellen Stadtgrundriss, aus der Diplomarbeit von M. Westphal, 2003
Bastion Gustav Adolf (1)
-
Blicke von der Turmstraße und vom Bleicherweg
An Stelle der ehemaligen Bastion Gustav Adolf findet man derzeit die drei erhaltenen Villen
an der Dr.-Leber-Straße. Der davor liegende Bogen im Straßenverlauf der Dr. Leber-Straße,
der die kleine Grünfläche aus einer Rasenfläche mit Kirschbäumen einschließt, zeichnet
möglicherweise den Verlauf der Bastion nach. Der Mühlengraben am Bleicherweg stellt mit
seinem kantigen Uferverlauf den erhaltenen Inneren Festungsgraben vor der Bastion dar.
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Ravelin de la Gardie (21)
-
Blick von der Turmstraße
Von der Turmstraße aus gesehen, muss man sich das Ravelin in ca. 200 m Entfernung vorstellen. An dieser Stelle befinden sich heute die Straßenecke Hochstraße/ Kanalstraße und
eine Tankstelle. Von den Teilen der ehemaligen Festungsanlage haben sich in diesem Bereich keine sichtbaren Reste erhalten.
Bastion Alexander Magnus (2)
-
Blick von der Turmstraße
Mit der Turmstraße im Rücken, verdeckt ein davor gelegener Trafo den Blick in Richtung
Bastion Alexander Magnus. Zwischen Dr.-Leber-Straße und Podeusstraße gelegen, haben
sich von der Festungsanlage auf den langjährig industriell genutzten Flächen keine sichtbaren Reste erhalten.
Ravelin Stuart (23)
-
Blick von der Dr. Leber-Straße / Ecke Turnerweg
Vom Standpunkt aus gesehen muss man sich das Ravelin Stuart mit dem umgebenden
Graben in seiner größten Ausdehnung ca. am Beginn des Turnplatzes vorstellen. Teile der
Festungswerke lassen sich nicht ablesen.
Bastion Carolus (3)
-
Blick von der Stadtmauer Am Katersteig
An dieser Stelle wird der Blick von der erhaltenen Stadtmauer durch eine Bombenlücke innerhalb der Bebauung an der Dr. Leber-Straße auf Flächen der ehemaligen Bastion Carolus
möglich. Heute stehen dort Villen an der Dr.-Leber-Straße. Der westlich angrenzende Geländesprung an der Straße am Vogelsang markiert den Übergang der Bastion in die Festungsgräben.
Ravelin Prinz Carl (25)
-
Blicke vom Vogelsang und aus der Schützenwiese
Mit Gestaltung der Schützenwiese zur Parkanlage wurde die Stelle, an der sich vormals das
Ravelin Prinz Carl befand durch einen mit Linden bestandenen Hügel betont.
An der Ecke Dr.-Leber-Straße / Vogelsang / Schützenwiese lässt sich die erhaltene markante Geländekubatur als ein Überbleibsel am Übergang der Bastion Carolus zum Inneren Festungsgraben mit der Verbindung der ehemaligen Niederung zum Mühlenteich deuten.
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Festungsgraben zwischen den Bastionen Carolus (3) und Julius Cäsar (5)
-
Blick aus der Schützenwiese
Die Geländemodulation südlich der Dr.-Leber-Straße lässt andeutungsweise die Höhenunterschiede zwischen Bastionen und Festungsgräben ahnen. Der in diesem Abschnitt nur
noch als Rinnsal erhaltene Graben bildet die Vorflut aus einem Gebiet, das einst mächtige
Festungswerke umschlossen hat und mit der Flutung der südlich anschließenden Niederung
die Verbindung zu den Wasserflächen des Mühlenteiches herstellte.
Bastionen Chevalier (4) und Julius Cäsar (5)
-
Blick von der Dr. Leber-Straße
Aus dem Blickwinkel des alten, später geschlossenen, Mecklenburger Tores findet man auf
Flächen der Bastionen Chevalier und Julius Cäsar alte und jüngere Villenbebauung in erster
und zweiter Reihe. Am südlichen Rand der Bebauung ist die beschriebene alte Geländemodulation der Bastion Julius Cäsar ablesbar.
Ravelin Baner (27)
-
Blick von der Dahlmannstraße / Ecke Dankwartstraße
Vom Standpunkt des Neuen Mecklenburger Tores gesehen, hat sich das Ravelin Baner mit
dem umgebenden Festungsgraben ca. 200 m vor der Kreuzung befunden. Die Flächen sind
heute mit Villen bebaut. Teile der Festungswerke sich nicht sichtbar vorhanden.
Bastion Carl Gustav (6)
-
Blick von der Dahlmannstraße
An Stelle der gesprengten und geschliffenen Bastion Carl Gustav wurde gegen Ende des 19.
Jh. die heutige Reuterschule errichtet. Offenbar nutzte man im Zuge der Stadterweiterung
den über Jahrhunderte verfestigten Baugrund zum Bau des markanten Gebäudes.
Bastion Augustus (7)
-
Blick von der Dahlmannstraße
An dieser Stelle blickt man auf Flächen der ehemaligen Bastion Augustus. Heute stehen dort
Villen an der Dahlmannstraße.
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Ravelin Ritterhelm (28)
-
Blick von der Dahlmannstraße / Ecke Badstaven
Vom Standpunkt an der Volkshochschule an der Dahlmannstraße hat sich das Ravelin Ritterhelm mit seiner weitesten Ausdehnung ca. 200 m vor der Straßeneinmündung befunden.
Die Flächen, die heute mit Villen bebaut sind, befinden sich wahrscheinlich an Stelle der Kurtinenmauern zwischen den Bastionen Augustus und Hannibal. Verfestigte Flächen des Ravelin Ritterhelm sind die westlich vorgelagerten bebauten Flächen.
Bastion Hannibal (8)
-
Blick von der Dahlmannstraße
An Stelle der Bastion Hannibal wurde das heutige Gerhard-Hauptmann-Gymnasium gebaut.
Auch an dieser Stelle wurde im Zuge der Stadterweiterung ein weiteres markantes Gebäude
an Stelle einer vormaligen Bastion errichtet.
Abb. 15 - Reuterschule
Abb.16 - Gerhard-Hauptmann-Gymnasium
Wallgärten südwestlich der Bastionen Carl Gustav (6), Augustus (7) und Hannibal (8)
-
Blick vom Hauptweg in den Wallgärten
Die Gartenanlage der ehemaligen städtischen Kämmereigärten, die schon zu Beginn des 19.
Jh. an der heutigen Dahlmannstraße eingerichtet wurden, beziehen sich mit ihrem Namen
„Im Wall“ auch heute noch auf das ursprüngliche Gelände der geschliffenen Festungsanlagen.
Die Gartenanlage wurde offenbar auf Flächen der geschliffenen Bastionen Carl Gustav, Augustus und Hannibal angelegt. Obwohl die Schuttmassen weit in westliche Richtung in die
Festungsgräben verfüllt wurden, ist das Gelände doch nicht völlig egalisiert worden. Vom
westlichen Weg innerhalb der Gartenanlage lässt sich auch heute noch eine geschwungene
Geländesenke nachverfolgen, die auf den Festungsgraben zurück zu führen sein muss.
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Sehr schön hebt sich von dieser Seite die Silhouette der mittelalterlichen Stadt mit den markanten Gebäuden der Georgenkirche und dem Marienkirchturm hinter der Geländekante der
ehemaligen Stadtmauer ab. Deutlich ist aus dieser Perspektive der Kranz aus einzeln stehenden Villen und den markanten Schulbauten aus der ersten Phase der Stadterweiterung
an der Peripherie der mittelalterlichen Stadt erkennbar.
Ravelin Kragge (29)
-
Blick von der Lübschen Straße / Ecke Ulmenstraße
Vom Standpunkt an der Kreuzung aus gesehen, muss man sich das Ravelin Kragge mit dem
umgebenden Festungsgraben in seiner westlichsten Ausdehnung bei ca. 200 m ungefähr in
der Achse der Lübschen Straße vorstellen. Sichtbare Teile der Festungswerke lassen sich
nicht ablesen.
Bastion Cyrus (9)
-
Blick von der Ulmenstraße
An Stelle der Bastion Cyrus, eine der beiden Bastionen in der Hafenkoppel, befindet sich
heute ein Bürogebäude. Von Westen reicht Villenbebauung an Stelle der ehemaligen Kurtinenmauern zwischen den Bastionen Hannibal und Cyrus bis an das Grundstück heran.
Sichtbare Teile der Festungswerke sind nicht mehr vorhanden.
Ravelin Mellin (29)
-
Blick von der Ulmenstraße
Vom Standpunkt an der Claus-Jesup-Straße gesehen, hat man sich das Ravelin Mellin mit
dem umgebenden Festungsgraben wiederum ca. 200 m vor der Straßeneinmündung vorzustellen. Die Flächen werden heute mit einem provisorischen Parkplatz genutzt. Sichtbare
Teile der Festungswerke sind nicht mehr erkennbar.
Bastion Gustav Primus (10)
-
Blick von der Ulmenstraße
An Stelle der Bastion Gustav Primus, steht nunmehr ein Gewerbegebäude am Ende des
Alten Hafens. Teile der Festungswerke sich nicht sichtbar vorhanden.
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Bastion Graf Königsmark (11)
-
Blick vom Baumhaus / Alter Hafen
Unter der großen Pflasterfläche nördlich des Baumhauses am Alten Hafen muss man Reste
der Bastion Graf Königsmark vermuten. Wegen der Jahrhunderte lang gewerblich und industriell genutzten Flächen haben sich von der Festungsanlage an dieser Stelle keine sichtbaren Reste erhalten.
Bastion Graf Steenbock (12)
-
Blick vom Baumhaus / Alter Hafen
Die im Boden verbliebenen Reste der geschliffenen Bastion Graf Steenbock sind vermutlich
mit dem Bau des Neuen Hafens im 19. Jh. beseitigt worden. Von der Festungsanlage haben
sich im anschließenden Industriegebiet keine sichtbaren Relikte erhalten.
Bastion Graf Wrangel (13)
-
Blick von der Stockholmer Straße
Der Verlauf der neuen Kaikante am Bronkowkai lässt vermuten, dass die Ecke im Hafenbecken sich im weitesten Sinne auf Reste der Bastion Graf Wrangel zurück führen lassen. Wegen der über Jahrhunderte gewerblich und industriell genutzten Flächen, haben sich oberirdisch keine nachweisbaren Reste der Festungsanlagen erhalten.
Bastion König David (14)
-
Blick von der Wasserstraße
Von der Wasserstraße aus gesehen, hat sich die Bastion König David vor der Achse der
neuzeitlichen Speichergebäude befunden. Heute befindet sich an dieser Stelle die umgesetzte Industriehalle, die nunmehr als Markthalle genutzt wird. Von der Festungsanlage haben sich keine sichtbaren Reste erhalten.
Bastion St. Erich (15)
-
Blick von der Wasserstraße
An Stelle der ehemaligen Bastion St. Erich befindet sich heute der Zentrale Busbahnhof.
Sichtbare Reste sind von der ehemaligen Festungsanlage nicht erhalten.
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Ravelin Torstensohn (31)
-
Blick von der Wasserstraße
Von der Kreuzung Wasserstraße / Ecke Poeler Straße aus gesehen, muss man sich das
Ravelin Torstensohn ca. 200 m entfernt, westlich der Poeler Straße auf dem Fächer der
Gleisanlagen vorstellen. Von den ehemaligen Teilen der Festungsanlage hat sich in diesem
Bereich nichts erhalten.
Bastion Scipio (16)
-
Blick von der Bahnhofstraße
Die Reste der geschliffenen Bastion Scipio sind vermutlich mit dem Bau der Gleisanlagen
und für den Lokschuppen im 19. Jh. überbaut worden. Derzeit werden die stadtnahen Gleisanlagen für eine Umnutzung abgebaut. Von der Festungsanlage haben sich keine sichtbaren
Reste erhalten.
Bastion Alarius (17)
-
Blick von der Bahnhofstraße
Die Bastion Alarius ist vermutlich, ebenso wie die Bastion Scipio, mit dem Bau der Gleisanlagen im 19. Jh. überbaut worden. Nunmehr wird ein Teil dieser Gleisanlagen, der der Stadt
am nächsten liegt, für eine Umnutzung beseitigt. Von der Festungsanlage haben sich keine
sichtbaren Reste erhalten.
Bastion Vespasian (18)
-
Blick von der Bauhofstraße
An Stelle der geschliffenen Bastion Vespasian ist schon zu Beginn des 19. Jh. durch bürgerschaftliches Engagement der Lindengarten angelegt worden. Die ersten Bemühungen zur
Verschönerung der unmittelbaren feldseitigen Umgebung vor der Stadtmauer, mündeten
offenbar fast zeitgleich an der südöstlichen Seite der Stadt ca. 1809 in die Anlage der Wallgärten und an der gegenüber liegenden nordöstlichen Seite 1815 in die Anlage des Lindengartens.
Festungsgraben um die Bastion Vespasian (18)
-
Blicke aus dem Lindengarten, vom Bahngelände und von der Rostocker Straße
Mit der Gestaltung des Geländes der Bastion Vespasian zur Parkanlage Lindengarten ist der
damals erhalten gebliebene Festungsgraben in die Parkgestaltung einbezogen worden. Der
nördliche Abschnitt des Festungsgrabens mutet heute wie ein Parkteich an. Dort hat bis in
die 60er Jahre des 20. Jh. eine Badeanstalt bestanden.
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Von den aufgegebenen Gleisanlagen gibt es, über den erhaltenen Festungsgraben hinweg,
nun wieder schöne Blicke auf die Ostseite des Lindengartens und durch Blickachsen im
Baumbestand auf die Altstadtsilhouette.
Von den aufgelassenen Gleisen und von der Brücke an der Rostocker Straße ist das erhaltene Geländerelief zwischen Bastion und Graben gut erlebbar.
Abb. 17 - Lindengarten
Abb. 18 – Lindengarten mit Mühlengraben
Ravelin Horn (19)
-
Blick von der Altwismarstraße
Das Gelände des Ravelin ist heute mit Verwaltungsgebäuden des Landkreises Nordwestmecklenburg bebaut. Früher führte der Weg stadtauswärts Richtung Rostock über das Ravelin, das allseits von Festungsgräben umgeben war. Ein Teil der Gräben ist an der Ostseite
erhalten.
Festungsgraben um das Ravelin Horn (19) und die Bastion Gustav Adolf (1)
-
Blick vom Bleicherweg
Der Wasserlauf des Mühlengrabens stellt im Bereich des Bleicherwegs den erhalten gebliebene Festungsgraben der Ost- und Südseite des Ravelin Horn und der Ostseite der Bastion
Gustav Adolf dar. Erkennbar ist das bis heute an dem eckigen Uferverlauf. Der Wasserarm
zwischen der Westseite des Ravelin Horn und der Bastion ist nicht erhalten.
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Abb. 19 und Abb. 20 – Mühlengraben hinter der Kreisverwaltung am Bleicherweg
Äußere Festungswerke, Zitadellen und Äußere Gräben
Die Erfassung des aktuellen Bestandes von Teilen der ehemaligen Festungsanlagen, die
weiter vor der Stadt gelegen waren, haben die Gutachter in einem weiteren Kapitel zusammen gefasst. Zu diesen äußeren Festungswerken zählen die beiden Zitadellen Dahlberg und
Güldenstern, die Überflutungsbereiche der Schützenwiese, der Lübschen Torweide und der
Bleicherwiese und weiter vor der Stadt gelegene Vorwerke. Insgesamt sind diese äußeren
Werke am Rand oder außerhalb der Pufferzone des festgelegten UNESCO- Welterbegebietes gelegen.
Zitadelle Dahlberg (24)
-
Blicke von der Dr. Unruh-Straße und vom Vogelsang
Auf dem Gelände der Zitadelle Dahlberg wurde zu Beginn des 20. Jh. das städtische Krankenhaus gebaut und mit weiträumigen Gartenanlagen umgeben. Der Gebäudekomplex ist
seit einigen Jahren ungenutzt und das Gelände verwildert. Von der Festungsanlage haben
sich keine sichtbaren Reste erhalten.
Äußerer Graben südlich der Zitadelle Dahlberg (24)
-
Blicke von der Dr. Unruh-Straße / Ecke Vogelsang
Der unterhalb der Geländekuppe des Dahlbergs verlaufende Volkshausgraben bildet die
Vorflut aus einem Gebiet, das die Festungswerke als äußerer Graben auf einer flachen, weiten Niederung umschlossen hat. Mit Flutung dieses Niederungsbereiches wurden äußere
Gräben mit Wasser aus dem Mühlenteich geflutet. Das tief gelegene Geländeniveau des
Sportplatzes am Vogelsang erinnert an die ehemaligen Niederungsflächen.
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Zitadelle Güldenstern (26)
-
Blick von der Schweriner Straße
Auf einem Teil des Geländes der Zitadelle Güldenstern sind im ersten Drittel des 19. Jh. das
Schützenhaus errichtet und Gartenanlagen der Schützenwiese angelegt worden. Bei archäologischen Grabungen für den Bau einer südlich davor gelegenen Tankstelle sind Reste der
Zitadelle nachgewiesen worden. Von den Festungsanlagen sind im Bereich der Schützenwiese und des Vogelsangs Niederungsflächen der äußeren Gräben bis heute im Relief
nachvollziehbar.
Abb. 21- Ehemaliges Schützenhaus
Äußerer Graben / Neuer Teich vor den Bastionen Carl Gustav, Augustus, Hannibal
(6, 7, 8)
-
Blick aus den Wallgärten
Der westliche Weg innerhalb der Wallgärten verläuft wahrscheinlich auf den geschliffenen
äußeren Festungswerken. Vom Weg aus hat man Richtung Westen schöne Blicke in den
Niederungsbereich der Lübschen Torweide / Kuhweide, die seit Aufgabe der Beweidung
verschilft. Mit Flutung der Niederung der Lübschen Torweide an der Westseite der Stadt
wurde eine weite flache Wasserfläche mit Wasser aus dem Hafenbereich als Teil des äußeren Grabensystems geflutet. Von den äußeren Festungswerken haben sich keine Reste erhalten.
Äußerer Graben vor den Vorwerken nördlich des Ravelin Torstensohn (31)
-
Blick vom Bahngelände in Richtung Poeler Straße
Die Vorwerke und Äußeren Gräben westlich der Poeler Straße sind vermutlich mit dem Bau
der Gleisanlagen überbaut worden. Von der Festungsanlage haben sich nach langer gewerblicher und industrieller Überformung keine sichtbaren Reste erhalten.
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Äußerer Graben vor den Vorwerken der Bastionen Scipio (16) und Alarius (17)
-
Blick vom Bahngelände und dem Wallensteingraben in Richtung Bleicherwiese
Die Vorwerke vor den nordöstlichen Bastionen sind heute nicht mehr auffindbar. Die heute
erhaltene Bleicherwiese nordöstlich der Altstadt, jenseits der Bahnlinie gelegen, stellt das
Relikt eines Niederungsbereiches dar, das sich, wie das Pendant der Lübschen Torweide im
Südosten der Stadt, durch Wasser aus dem Hafen überfluten ließ. Reste der alten Gräben
sind in der Bleicherwiese verlandet auffindbar.
Vorwerk Place de Armee (33) und Schanze Grothusen (34)
-
Blicke vom Philosophenweg und von der Rostocker Straße
Von den ehemaligen Vorwerken vor dem Altwismartor am Landweg nach Rostock haben
sich, neben dem Namen der Straße Grothusenschanze, keine sichtbaren Reste der Vorwerke erhalten.
6.
Städtebauliche Planungen
Teil der Aufgabenstellung zum Gutachten war es, städtebauliche Planungen, die das Territorium der Altstadt tangieren, auf ihre Relevanz in Bezug auf die Wall- und Festungsanlagen
der Hansestadt Wismar zu untersuchen. Die Pläne waren insbesondere darauf hin zu untersuchen, ob mit den Planungen Auswirkungen auf ggf. erhaltene Reste der Festungsanlagen
zu erwarten sind.
Bebauungsplan Nr. 12-91-1 „Sondergebiet Zentraler Omnibusbahnhof“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Sowohl die Planung als auch die erfolgte Umsetzung der
Planung haben keine Auswirkungen auf sichtbare Relikte der Wall- und Festungsanlagen.
Teilbebauungsplan Nr. 12-91- 2 „Misch-, Gewerbe- und Sondergebiet Alter Hafen“
1. Änderung Teilbereiche 1 und 2
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf sichtbare Reste
der Wall- und Festungsanlagen.
Bebauungsplan Nr. 12-91- 4 „Gewerbe- und Mischgebiet Holzhafen Süd“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf sichtbare Reste
der Wall- und Festungsanlagen.
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Teilbebauungsplan Nr. 12-91- 5 „Gewerbe- und Mischgebiet Holzhafen Nord“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf sichtbare Reste
der Wall- und Festungsanlagen.
Bebauungsplan Nr. 20/91 „Schützenwiese“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf die erhaltenen
Reste der Wall- und Festungsanlagen im Bereich der Grünfläche Schützenwiese.
Bebauungsplan Nr. 59/02 „Wohn- und Gewerbegebiet Dr.-Leber-Strasse / Kanalstraße /
Podeusstraße / Turnerweg“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf sichtbare Reste
der Wall- und Festungsanlagen.
Bebauungsplan Nr. 63/04 „Wohn- und Gewerbegebiet Südlicher Westhafen“
Der Bebauungsplan ist genehmigt. Die Planung hat keine Auswirkungen auf sichtbare Reste
der Wall- und Festungsanlagen.
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Bebauungsplan Nr. 69/08 „Südöstlicher Altstadtrand“
Der Bebauungsplan befindet sich in Aufstellung. Die Planung hat keine Auswirkungen auf
Reste der Wall- und Festungsanlagen, wohl aber auf festgestellte Reste eines zwischen
Turmstraße und Dr. Leber-Straße aufgefundenen Relikts eines Stadtgrabens der mittelalterlichen Stadtbefestigung.
Abb. 21 – Vermessungsunterlagen zum Bebauungsplan „Südöstlicher Altstadtrand“ mit dem
Vorschlag einer Grünfläche parallel zur Turmstraße
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Bebauungsplan Nr. 80/11 „Bahnhofsvorplatz - Rostocker Straße“
Der Bebauungsplan befindet sich in Aufstellung. Die Planung hat keine Auswirkungen auf die
erhaltenen Reste der Wall- und Festungsanlagen, insbesondere auf den erhaltenen inneren
Festungsgraben östlich des Lindengartens.
Wünschenswert wäre die Verlängerung des geplanten Fußweges entlang des Mühlengrabens bis zur Rostocker Straße.
Abb. 22 – Bebauungsplan „Bahnhofsvorplatz - Rostocker Straße“
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7.
Empfehlungen
Die umfangreichen historischen Recherchen, die Bestandserhebungen im Stadtgebiet und
die Untersuchung der städtebaulichen Planungen münden in Empfehlungen für Teilflächen
innerhalb des UNESCO-Welterbegebietes, vor allem aber für Flächen an der Peripherie
des Welterbegebietes, die innerhalb und außerhalb der Pufferzone des Welterbegebietes
liegen.
Alter Hafen
Die nordöstliche Spitze des Alten Hafens, nördlich des Baumhauses, hat vor 300 Jahren zur
Bastion Graf Königsmark gehört.
Heute würde sich die markante Stelle im Stadtgebiet, wo Ostsee und Stadtgebiet aufeinander treffen, dazu anbieten, die Historie der Stadtbefestigungen der Hansestadt Wismar darzustellen. Dabei könnte über die verschiedenen zeitlichen Abschnitte, die mittelalterliche
Stadtbefestigung vom 13. bis 15. Jh., dem Ausbau der Festung Wismar vom 16. bis 18. Jh.
und über die Auswirkungen der Schleifung der Festungswerke im 18. Jh. auf die Stadtentwicklung im 19. und 20. Jh. informiert werden.
Für die Darstellung sind verschiedene Ausdrucksmittel denkbar, wie z.B. die „Nachzeichnung“ des Grundrisses der Bastion Graf Königsmark im Pflaster mit künstlerischen Mitteln.
Vorstellbar wären auch Informationsstelen an einem, sowohl für Einheimische als auch für
Touristen, beliebten Aufenthaltsbereich. Alternativ wäre im Baumhaus, das zwar nicht während der Festungs- aber während der Schwedenzeit als barockes Gebäude entstanden ist,
auch die Ausstellung eines Nachbaus des Modells von 1698 aus dem Armeemuseum Stockholm möglich.
Lindengarten - Zugang vom Bahnhof zur Rostocker Straße
Mit der Grünanlage Lindengarten ist die Fläche der Bastion Vespasian und mit dem Mühlengraben der östlich angrenzende innere Festungsgraben der Festungswerke um die Bastion
Vespasian und das Ravelin Horn erhalten geblieben.
Wünschenswert wäre die Einordnung eines Fußweges an der südwestlichen Grenze des in
Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes bis an die im Süden des Plangebietes ausgewiesene Gewerbefläche heran und darum herum. Ein neuer Fußweg auf ehemaligen Bahnflächen an der Grenze des Lindengartens bzw. entlang des Ufers des Mühlengrabens würde zu
einer neuen Perspektive, über die Wasserfläche des Mühlengrabens hinweg, auf den Lindengarten und auf die Stadtsilhouette beitragen.
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Mühlengraben - Bleicherweg
Mit dem Mühlengraben ist auch am Bleicherweg ein Teil des inneren Festungsgrabens der
Festungswerke um das Ravelin Horn erhalten geblieben. Wünschenswert wäre die gestalterische Aufwertung des rückwärtigen Erschließungsweges der Wohngebäude am Bleicherweg zu einem Fußweg am Mühlengraben entlang. Notwendig ist die Beseitigung des jung
aufgewachsenen Gehölzbestandes in den Grabenkanten bis auf wenige malerische Exemplare, da durch die Gehölze die Gelände- und Grabenkubatur verunklart wird.
Wünschenswert wäre weiterhin eine Aufwertung der Blickbeziehung entlang des früheren
Grabenverlaufes zwischen dem Polizeigebäude und der Kreisverwaltung in Richtung Lindengarten.
In weiter führenden Planungen sollte die Möglichkeit der Fortführung der empfohlenen Fußwegverbindung entlang des Mühlengrabens vom Bleicherweg zur Rostocker Straße / Brücke
am Lindengarten überprüft werden.
Südöstlicher Altstadtrand
Das Plangebiet stellt ein Konglomerat verschiedener Bebauungen und Nutzungen dar. Die
Turmstraße (früher Hinter der Mauer) war ehemals beidseitig bebaut. Die südöstlich angrenzenden Gärten und das Gelände der Gärtnerei Harnack befanden sich im Bereich eines
ehemaligen Stadtwalls mit Stadtgraben an der Stadtmauer, waren also Teil der Feldseite der
mittelalterlichen Befestigungsanlage. Die südliche Bebauung der Turmstraße wurde einschließlich des Gefangenturms bei einem Bombenangriff im Jahre 1942 zerstört. Heute prägen zwei Neubauten, die Eckbebauungen Turnerweg bzw. Großschmiedestraße und die
erhaltene Bebauung an der Schatterau und die Villenbebauung an der Dr.Leber-Straße das
Gebiet. Die Fläche wird größtenteils als provisorischer Parkplatz genutzt.
Der grabenartige Geländeeinschnitt zwischen Turmstraße und Dr.-Leber-Straße stellt offenbar das Relikt eines jahrhundertealten Stadtgrabens vor der mittelalterlichen Stadtmauer dar.
Die kleine dreieckige Grünfläche vor den Villen der Dr.-Leber-Straße zeichnet den ungefähren Verlauf der Bastion Gustav Adolf nach.
Mit Gestaltung des Plangebietes erscheint es schwierig, mit dem geplanten Parkhaus die
Kubatur des abgerissenen IHB-Hochhauses aufleben zu lassen. Ein Parkhaus in der ausgewiesenen Kubatur ist sowohl städtebaulich als auch funktional diskussionswürdig, da großflächiges Parken ansonsten fast immer am gegenüber liegenden Altstadtrand angesiedelt
wurde.
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Die Geländekubatur an der Turmstraße stellt mit der Böschung und dem tiefer gelegenen
Gelände eine vergleichbare Situation zur in Umsetzung befindlichen Grünfläche Stadtmauergrünzug im Altstadtquartier 60 und zur Grünfläche an der Wallstraße dar.
Deshalb sollte die Planung einer inselartigen Grünfläche in der Mitte des Plangebietes zugunsten einer, die Turmstraße begleitenden Grünfläche auf dem Gelände des alten Stadtwalles und Stadtgrabens aufgegeben werden. Die Grünfläche sollte mindestens 15 m breit
sein. Bei einer gewünschten Einordnung von neuer Villenbebauung an der Dr.-Leber-Straße
sollten Festsetzungen gefunden werden, die mit der Neubebauung das vorgefundene Grabengelände erhalten lassen.
Grünfläche Katersteig
Die neue Grünfläche Stadtmauergrünzug im Altstadtquartier 60, zwischen dem Katersteig
und dem Turnerweg, befindet sich in der Umsetzung zu einer zeitgemäßen Grünanlage. Die
Fläche ist in den Rundweg aufgenommen worden. Weitere Empfehlungen sind derzeit nicht
notwendig.
Schützenwiese
Die Schützenwiese ist im Flächennutzungsplan der Hansestadt Wismar als Parkanlage ausgewiesen worden. Um die Schützenwiese perspektivisch als solche zu erhalten, sollte die
derzeit anhaltende Entwicklung zum Wald aufgehalten werden. Jungwuchs ist als kostengünstige Sofortmaßnahme zu entfernen und der alte, erhaltenswerte, markante Baumbestand frei zu stellen. In eine perspektivische Neugestaltung der Schützenwiese sollten die
Teile der erhaltenen Geländemodulation der Festungswerke wie der Volkshausgraben, das
Lindenrondell und die Böschungen der ehemaligen Bastionen aufgenommen werden.
Die Einrichtung einer Kindertagesstätte im Schützenhaus / Volkshaus könnte einen Ausgangspunkt zur Revitalisierung der Parkanlage Schützenwiese darstellen.
Zum Umgang mit dem geschützten Biotop, dem Feuchtgebiet, das sich auf dem verlandeten,
äußeren Grabenareal der Festungswerke entwickelt hat, sind Abstimmungen mit der Naturschutzbehörde notwendig. Eine Entwicklung zum Erlenbruch ist ggf. aufzuhalten.
Grünfläche Wallstraße / Neue Wallstraße
Die zusammenhängende Grünfläche auf dem altem Stadtgraben vor der Stadtmauer ist derzeit schwer als solche ablesbar. Die Anlage „zerfällt“ gestalterisch wegen der massiven
Treppenanlage, die die Verbindung Stavenstraße – Dahlmannstraße herstellt, in zwei Teilflächen, in eine Fläche an der Volkshochschule und in eine Fläche an der Neuen Wallstraße.
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Mit einer perspektivischen Neugestaltung der Grünfläche sollte es, neben der querenden
Verbindung, auch eine straßenparallele Wegeverbindung geben, die die Grünfläche erschließt. Mit einer gestalterischen Aufwertung könnte der unmaßstäbliche Gehölzbestand
überarbeitet und die Aufenthaltsqualität verbessert werden.
Die Grünfläche an der Wallstraße / Neue Wallstraße stellt eine vergleichbare Situation zur in
Umsetzung befindlichen Grünfläche Stadtmauergrünzug im Altstadtquartier 60 und zur vorgeschlagenen Grünfläche an der südöstlichen Altstadtkante dar.
Wallgärten
Die Fußwege innerhalb der Gartenanlage folgen mit ihren Schwüngen parallel zur Dahlmannstraße im Wesentlichen dem Verlauf der Inneren und Äußeren Festungswerke. Der
östliche Weg zeichnet die Inneren Befestigungswerke aus Bastionen und verbindenden Kurtinenmauern der Bastionen Carl Gustav, Augustus und Hannibal nach. Der westliche Weg
folgt in Schwüngen den äußeren Befestigungswerken. Die Wegeverbindungen innerhalb der
Gartenanlage ermöglichen wunderbare Blickbeziehungen auf die Stadtsilhouette und in die
Lübsche Torweide.
Innerhalb der Wallgärten lässt sich der ehemalige Grabenbereich als Geländesenke nachvollziehen.
Wegen vorhandenem Leerstand mit den bekannten Begleiterscheinungen, sollte eine Studie
zur perspektivischen Entwicklung der Gartenanlage Wallgärten vorbereitet werden. Der Bestand an bewirtschafteten und leer stehenden Gärten müsste analysiert und Vorschläge für
eine behutsame Neuordnung erarbeitet werden. Die Neugestaltung sollte u.a. eine innere
Wegeführung zum Ziel haben, die die erhaltene Geländemodulation erlebbar werden lässt
und eine extensiv zu pflegende Frisch- oder Feuchtwiese in der Geländesenke initiiert.
Promenade Ulmenstraße
Die Promenade an der Ulmenstraße ist in den Rundweg aufgenommen worden. Weitere
Empfehlungen sind dazu derzeit nicht notwendig.
Bleicherwiese
Die Bleicherwiese stellt einen Teil der flachen Niederungen um das Stadtgebiet dar, die
ehemals angestaut werden konnten. Inzwischen hat sich auf verlandeten äußeren Grabenabschnitten der Festungsanlage ein Feuchtgebiet etabliert. Um eine weitere Entwicklung zu
Erlenbrüchen ggf. aufhalten, müssen Abstimmungen mit der Naturschutzbehörde geführt
werden.
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Durch die Öffnung alter Einfriedungen am Gelände der Deutschen Bahn hat sich eine vom
Autoverkehr unabhängige Fußgänger- und Radwegverbindung vom Philosophenweg zur
Poeler Straße etabliert. Wünschenswert wäre eine Verbesserung des Wegebelages durch
Aufnahme der Betonspurplatten und ein Rückbau der Betriebsstraße an der Geländekante
der Bleicherwiese zum Fuß- und Radweg. In der unmittelbaren Umgebung des Weges
müsste Jungwuchs beseitigt werden, um die Sichtverhältnisse am Weg zu verbessern.
Abb. 23 – Vorschlag für einen Rundweg an der Peripherie des Welterbe-Gebietes
Altstadt Wismar
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8.
Zusammenfassung
Das vorliegende Gutachten wurde im Wesentlichen von Januar bis Mai 2013 erarbeitet.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bei dem Thema Wall- und Festungsanlagen der
Hansestadt Wismar eine Unterscheidung zwischen der mittelalterlichen Stadtbefestigung
aus dem 13. bis zum 16. Jh. und den neuzeitlichen Festungsanlagen aus dem 17. und 18.
Jh. zu machen ist.
Von den mittelalterlichen Befestigungsanlagen haben sich bauliche Anlagen erhalten. Reste der ehemals vorhandenen Stadtmauer befinden sich am ehemaligen Schwarzen Kloster
(heute Goetheschule) und an der Wallstraße. Von den ehemals fünf Toren existiert bis heute das Wassertor. Von der Vielzahl der Türme hat der Wasserturm am Lindengarten die
Zeiten überdauert. Die erhaltenen Reste von Wällen und Gräben, die sich ehemals an die
Feldseite der Stadtmauer anschlossen, sind inzwischen zu Grünanlagen umgestaltet worden. An der Neuen Wallstraße reicht diese Grünfläche auf dem ehemaligen Wall und Graben über die vorhandenen Reste der Stadtmauer hinaus.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die erhaltene Geländeformation an der Turmstraße auf eine solche Situation aus Wall und Graben auf der ehemaligen Feldseite der
Stadtmauer hinweist. Die Empfehlungen für das laufende Planverfahren mündeten deshalb
in Vorschläge zur Einordnung einer straßenbegleitenden Grünfläche im Wallbereich und für
den Erhalt der Grabenkubatur bei einer städtebaulichen Neugestaltung mit einer Villenbebauung an der Dr.-Leber-Straße.
Die ehemalige Festungsanlage der Stadt Wismar hat die mittelalterliche Stadt und ihren Hafen im Vorgelände umschlossen. Nach verschiedenen Vorgängeranlagen ist die Festung
Wismar während der Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Schweden nach Plänen des
Festungsbaumeisters Dahlberg zu einer der bedeutensten Festungen der damaligen Zeit
ausgebaut worden. Im Zuge des Nordischen Krieges ist die Vormacht des Königreiches
Schweden durch eine breite Allianz verschiedener Mächte beendet worden. Durch die nachfolgenden Friedensverhandlungen konnte Schweden den Besitz an der Stadt Wismar mit
den umgebenden Ämtern Poel und Neukloster sichern. Eine Bedingung dafür war jedoch,
dass die Stadt Wismar nie mehr befestigt werden durfte.
Die Festungsanlagen der Stadt und der Insel Walfisch wurden schon während der Besatzung durch die Alliierten gesprengt und gründlich geschliffen. Dabei blieben die mittelalterlichen Stadtbefestigungsanlagen aus Mauer, Wällen und Gräben, soweit erhalten,
unangetastet.
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Trotz gründlicher Schleifung zu Beginn des 18. Jh. haben sich Reste der Festungsanlage an
der Peripherie der ehemaligen mittelalterlichen Stadtanlage erhalten. Die Grünfläche des
Lindengartens befindet sich an Stelle der ehemaligen Bastion Vespasian. Der Wasserlauf
des Mühlengrabens östlich des Lindengartens und an der Bleicherstraße geht auf den Festungsgraben um die Bastionen Vespasian und Gustav Adolf und um das Ravelin Horn zurück.
Die Parkanlage Schützenwiese befindet sich auf Flächen einer Niederung, die in das System
der äußeren Festungsanlagen einbezogen war. Über das Gelände der heutigen Schützenwiese wurden die Wasserflächen des Mühlenteichs und der Lübschen Torweide verbunden.
Aufmerksamen Besuchern entgehen die markanten Geländekubaturen zwischen den angrenzenden Straßen, der Dr.-Leber-Straße und der Straße Am Vogelsang, und dem Gelände
der Parkanlage auch heute nicht. Die nach Süden abfallenden Geländekanten lassen die
Bastionen Carolus, Chevalier und Julius Cäsar ahnen, die an dieser Stelle über der Niederung getrohnt haben. Davor hat sich, von Wasser umgeben, das Ravelin Prinz Carl befunden. Diese Stelle ist in die Gestaltung der Parkanlage Schützenwiese mit einem Lindenrondell eingegangen.
Die Wallgärten an der Südwestlichen Seite der Altstadt befinden auf dem Geländer der geschliffenen Bastionen Carl Gustav, Augustus und Hannibal. Die Geländesenke innerhalb der
Gartenanlage folgt auch heute noch dem Schwung der ehemaligen inneren Festungsgräben.
Sowohl die Lübsche Torweide im Südwesten als auch die Bleicherwiese im Nordosten waren, mit dem Mühlenteich im Südosten und Hafen mit Anschluss an die Wismarbucht, Bestandteile des ehemaligen Gewässersystems der Festungsanlage Wismar.
Auf den ersten Blick scheinen sich, nach der Schleifung nur Reste der Festungswerke erhalten zu haben. Ein anderer Teil lässt sich in erhaltenen Geländekubaturen erahnen.
Erst bei genaueren Betrachtungen wird deutlich, dass die ehemaligen Festungswerke die
Stadtgestalt der Hansestadt weit mehr, als vordergründig sichtbar, beeinflusst haben.
Die Flächen der ehemaligen Festungswerke außerhalb der mittelalterlichen Stadt waren ab
dem beginnenden 19.Jh., auf Betreiben der Bürger, Ausgangspunkt für Bemühungen um
Verschönerungen und Grüngestaltung der unmittelbaren Stadtumgebung. Grünflächen und
Promenaden wurden angelegt, die teilweise bis heute Bestand haben.
Ab dem ersten Drittel des 19. Jh. wurden die Flächen der ehemaligen Bastionen und Zitadellen mit markanten Gebäuden besetzt oder als Grünflächen hergerichtet. Das waren die ersten planmäßigen Stadterweiterungen außerhalb der mittelalterlichen Stadt.
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Auf diese Weise wirken die inzwischen aus dem Stadtbild verschwundenen Festungswerke
durch die frühesten Stadterweiterungen innerhalb der Stadtgestalt weiter.
Von den vorgefundenen Resten der ehemaligen Festungsanlage ausgehend, haben die Gutachter Empfehlungen für einen Rundweg an der Peripherie der mittelalterlichen Stadt formuliert. Dieser Weg, der mit vorhandenen Wegen im UNESCO-Welterbe-Gebiet korrespondiert
und an vielen Punkten verknüpfbar ist, soll perspektivisch die erhaltenen Reste der ehemals
bedeutenden Festungsanlage Wismar veranschaulichen und neue Blickbeziehungen aus der
Peripherie des Welterbegebietes auf die Altstadt von Wismar ermöglichen.
Die Hansestadt Wismar hat ein beträchtliches Potential dafür.
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9.
Literaturverzeichnis
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15, 2003, 4-5
S. Berndt, Als Stadtmauer und Tore hinderlich wurden, in: Wismarer Beiträge 9, 1993, 20-27
S. Berndt, Von Wismars Wasserkünsten, in: Wismarer Beiträge 8, 1992, 5-11
F. Braun, (Hrsg.) Wismar im 17. und 18. Jahrhundert, Untersuchungen zur Bau-, Wirtschaftsund Sozialgeschichte, Wachholtz Vlg. Neumünster, 2008
B. Busjan, Das Zeughaus in Wismar, in: Wismarer Beiträge 15, 2003, 13-19
B. Busjan und C. Kindler, Die Stadterweiterung zwischen der Lindenstraße und dem Klußer
Damm Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts, Teil 1: Die privaten Gebäude, in: Wismarer Beiträge 11, 1995, 66-75
B. Busjan und C. Kindler, Die Stadterweiterung zwischen der Lindenstraße und dem Klußer
Damm Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts, Teil 2: Die öffentlichen Gebäude, in:
Wismarer Beiträge 11, 1995, 76-81
T. Förster, Koggen, Schniggen, Leichter und Sperranlagen – Unterwasserarchäologische
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10.
Quellenverzeichnis
Archiv der Hansestadt Wismar
Stadtgeschichtliches Museum der Hansestadt Wismar
Abteilung Bodendenkmalpflege
Kriegsarchiv Stockholm
Armeemuseum Stockholm
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