Community Health Nursing auf den Philippinen

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Community Health Nursing auf den Philippinen
1
Praxissemesterbericht
Community Health Nursing auf den Philippinen
Die Verankerung von Community Health Nursing im Pflegestudium und
die Besetzung pflegerischer Aufgabenfelder
Institution:
West Visayas State University, College of Nursing
La Paz, Iloilo City 5000, Philippinen
Projektbegleitung:
Prof. Dr. Rosana Grace B. Belo (inhaltliche Begleitung)
Prof. Dr. Merline S. Posecion (administrative Betreuung)
Miss Virginia F. Federiso (Feldphase)
Mrs. Joelah M. Rio (Feldphase)
Mentorin der
EFH Bochum:
Frau Prof. Margot Sieger
Projektleitung:
Frau Martina Harking
Matr. Nr. 198349
Zeitraum des
Praxissemesters
13.11.2000 bis 12.04.2001
Abgabetermin:
05. 10. 2001
2
Community Health Nursing auf den Philippinen
Die Verankerung von Community Health Nursing im Pflegestudium und die Besetzung pflegerischer Aufgabenfelder
Gliederung:
Seite
1
Wie es zu dem Praxissemesterprojekt auf den Philippinen kam
1
1.2
Überblick zum Praxissemesterbericht
2
2
Annahmen zum Thema des Praxissemesterprojektes
2.1
Situationsanalyse des europäischen Konzeptes - Die Familiengesundheits-
3
Schwester 2.2
Abschließende Betrachtung
3
Projektzielsetzung
3.1
Erfassung des Studienprogramms einer Community Health Nurse auf den
7
9
Philippinen
3.2
Darstellung der Kompetenzprofile und des Aufgabenspektrums einer
9
Community Health Nurse
3.3
Einschätzungen zur Wirksamkeit der Pflegearbeit
10
4
Darstellung der geplanten Bearbeitungsweise und des Zeitrahmens
4.1
Bedingungsfelder die den Entdeckungsprozeß lenken
11
4.1.1
Erwartungen der Praxissemesterstelle an das geplante Projekt
11
4.1.2
Die Fremdheit der Kultur und des Themas
11
4.2
Die Auswahl des wissenschaftlichen Instrumentariums zur Erfüllung
14
der Praxissemesterziele
5
Realisierung
5.1
Mit Blick auf die beteiligten Interaktionspartner
18
5.2
Mit Blick auf die Anwendung des wissenschaftlichen Instrumentariums
23
3
5.3
Die Erfüllung der in der Projektskizze dargelegten Ziele
28
6
Ergebnisse anhand ausgewählter Literatur
6.1
Die Philippinen
29
6.2
Die nationale Gesundheitssituation
33
6.2.1
Der nationale Gesundheitsplan des philippinischen Department of Health
36
6.3
Community Health Nursing auf den Philippinen
37
6.3.1
Die Entwicklung von Community Health Nursing historisch betrachtet
37
6.3.2
Der Auftrag von Community Health Nursing
40
6.3.3
Rollen und Funktionen von Community Health Nursing
41
6.4
Die Praxissemesterstelle: West Visayas State University- College of
44
Nursing- Iloilo City
6.4.1
Die Organisation des Studiums
45
6.4.2
Die curriculare Gestaltung des Studiums
46
6.4.3
Die Gestaltung praktischer Studiensequenzen zum Bereich
54
Community Health Nursing
7
Empirische Ergebnisse
7.1
Das Pflegestudium- ein Beitrag für eine bessere Zukunft der Filipions
61
7.1.1
AIDS: „Acute Income Deficiency Syndrome“
61
7.1.2
Situation von Pflege
62
7.1.3
Ausbildung für den Export
63
7.1.4
Attraktivität von Community Health Nursing auf den Philippinen
65
7.1.5
Ausgewählte Lehr- Lernsituationen im Bereich Community Health Nursing
67
7.2
Community Organizing, ein Konzept zur Verbesserung des
69
Gesundheitszustandes in der Community
7.2.1
Rituale und Regeln geben Orientierung und schaffen Verbundenheit
69
7.2.2
Das Projekt der Studentinnen: kreatives Lernen in wenig vertrauten Welten
71
7.2.3
Hausbesuche, ein Instrument zur Erfassung des Gesundheitszustandes
75
4
und ein Ausflug in fremde Welten
7.2.4
Das Projekt der Studentinnen: ein Höhepunkt im Leben der Dorfbewohner
80
7.3
Das Selbstverständnis einer Community Health Nurse im Netzwerk
81
philippinischer Gesundheitsdienste
7.3.1
Die Community Health Nurse als Generalistin
81
7.3.2
Hebammen als „frontliner of health services“
84
7.3.3
„All we have to do is paperwork“
85
7.3.3
Krankheit können wir uns nicht leisten
88
8
Schlussbetrachtungen
90
9
Literatur
93
Anhang
-
Ziele von Gesundheit21
-
Results of survey done by Batch III, College of Nursing WVSU
-
Offizielle Erlaubnisse
-
Gesprächsleitfäden, Fragebögen
5
Community Health Nursing auf den Philippinen
Die Verankerung von Community Health Nursing im Pflegestudium
und die Besetzung pflegerischer Aufgabenfelder
1 Wie es zu dem Praxissemesterprojekt auf den Philippinen kam
Zunächst war nicht das Interesse am Thema ausschlaggebend für dieses Projekt, sondern
vielmehr die persönliche Idee, das Praxissemester in einem aussereuropäischen Land absolvieren zu
wollen. Mit Unterstützung der Hochschulmentorin und zahlreichen Ratgebern wurde dieses Vorhaben über einen Zeitraum von etwa einem Jahr verfolgt, geplant und durchgeführt. Zunächst bedurfte
es einer Eingrenzung aller dafür in Frage kommender Zielländer. Persönliche Reiseerfahrungen und
eine große Verbundenheit mit der fernöstlichen Kultur waren ausschlaggebend, die Region Südostasien zu präferieren. Schließlich verdichtete sich der Wunsch, die Philippinen als Zielort für ein
mögliches Praxissemesterprojekt anzustreben. Mit entscheidend für diese Wahl waren die Möglichkeiten der Kommunikation in englischer Sprache sowie die Kenntnis des international anerkannten
Pflegestudiums zum Bachelor und Master Degree. Allein die Ansiedlung der pflegerischen Ausbildung auf Hochschulniveau bedeutet ein Vorsprung zum deutschen Ausbildungssystem. Die Umstrukturierung deutscher Pflegestudiengänge an internationale Standards wird derzeit verstärkt diskutiert. Das Kennenlernen curricularer, inhaltlicher und organisatorischer Strukturen philippinscher
Pflegestudiengänge stellt einen Anreiz dar, um die Bedeutung der Übernahme internationaler Abschlüsse für die deutsche Pflegeausbildung einzuschätzen. Aufgrund dieser günstigen Voraussetzungen wurden zahlreiche Kontakte zu deutschen und internationalen Organisationen geknüpft, die
sich mit Projekten im philippinischen Gesundheitswesen beschäftigten. Dennoch gab es bei zahlreichen in Frage kommenden Projekten finanzielle, politische oder personelle Probleme, die zur Einstellung bereits geknüpfter Kontakte und Verhandlungen führten. Schließlich erwies sich eine Anfrage bei der West Visaya State Universität in Iloilo und dem angegliederten College of Nursing als
erfolgreich. Aus den Beschreibungen des Colleges und den Aufgabenbereichen der Lehrenden entsprach der Bereich Community Health Nursing insbesondere der persönlichen Interessenslage. Ein
aktueller Bezug zum Thema war im Jahr 2000 vor dem Hintergrund der jüngsten gesundheitspolitischen Entwicklungen in Europa gegeben. In zahlreichen WHO Ministerkonferenzen für die Region
Europa wurde dargelegt, dass für die Umsetzung des gesundheitspolitischen Rahmengesetzes Gesundheit21 ein verstärktes Schwergewicht auf Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ge-
6
legt werden müsse. Die Schaffung eines neuen pflegerischen Qualifikationsprofils- die Familiengesundheitsschwester- soll den Bereich Primärversorgung und gemeindenahe Tätigkeit verstärkt erschließen.
Das ursprünglich anglo-amerikanische Konzept Community Health Nursing kam nach ersten Recherchen dem Berufsfeld der Familiengesundheitsschwester nahe. Daher stellte die Aussicht des
Kennenlernens eines bereits etablierten Systems eine interessante Herausforderung dar, ein noch
unvertrautes Feld unter Pflegeforschungasapkten zu beleuchten und im Sinne einer interkulturellen
Begegnung zu erleben.
1.2 Überblick über den Aufbau des nachfolgenden Praxissemesterberichtes
Zunächst werden aktuelle Entwicklungen in Europa beleuchtet, die sich auf die Notwendigkeit zur Implementierung eines neuen Berufsbildes – die Familiengesundheitsschwester beziehen.
Mit der Darstellung von Rollen und Funktionen einer Familiengesundheitsschwester soll das Vorstellungsvermögen über ein - zumindest für die deutsche Pflege- noch wenig vertrauten Berufsfeldes
vergrößert werden. Im nächsten Schritt werden die Ziele des Praxissemesters auf den Philippinen
vorgestellt. Die Praxissemesterstelle, das College of Nursing an der philippinischen West Visaya
State Universität bietet die Chance, an einem Teil des Studienprogramms Community Health Nursing teilzunehmen. So wird das Feld der Erkundungen auf den ersten Schwerpunkt, die Ansiedlung
von Community Health Nursing im Studium zum Bachelor of Sience in Nursing festgelegt. Daneben wird angestrebt, die Besetzung des Berufsfeldes Community Health Nursing in täglichen
pflegerischen Situationen kennenzulernen. Damit soll eine Bestimmung pflegerischer Kompetenzprofile und Aufgabenfelder möglich werden. Auch geht es darum zu erfahren, wie erfolgreich, d.h.
wie wirksam kann eine Community Health Nurse ihren pflegerischen Auftrag erfüllen. Wie sehen
Erfolge aus? Woran mißt sie Erfolge? Über ein mehrperspektivisches Erhebungsverfahren soll eine
Beschreibung der o.g. Ziele erfolgen. Dafür werden forschungsmethodische Instrumente der Ethnographie und Grounded Theory zugrundegelegt. Sie erlauben ein offenes und erkundendes Vorgehen
im Feld. Vor allem dient der ethnographische Ansatz dazu, kulturelle Aspekte des Praxissemestervorhabens zu berücksichtigen. Die Grounded Theory bietet für die Erhebungs- und Auswertungsphase ein strukturiertes und handhabares Verfahren an, um die vielfältigen Daten zu bündeln und
regelgeleitet auszuwerten. Im Ergebnisteil dieser Arbeit finden sich sowohl Beschreibungen zum
Thema auf der Grundlage ausgewählter philippinischer Literatur, als auch empirische Ergebnisse
7
der Feldphase. Es ist eine Beschreibung dessen, wie Community Health Nursing im philippinischen
Grundstudium verankert ist und wie die Besetzung pflegerischer Aufgabenfelder erfolgt.
2 Annahmen zum Thema des Prasxissemesterprojektes
Eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema Community Health Nursing auf den
Philippinen fand vor der Reise nicht statt. Daher wurde die Auseinandersetzung mit zur Untersuchungsthematik vorliegenden theoretischen und empirischen Arbeiten auf die Forschungsphase im
Land selbst verlagert. Im folgenden Kapitel wird der Stand der Entwicklungen zum europäischen
Konzept der Familiengesundheitsschwester vorgestellt. Es wird davon ausgegangen, dass es ein
Äquivalent zum Konzept der Community Health Nursing darstellt.
2.1 Situationsanalyse des europäischen Konzeptes - Familiengesundheitsschwester – Family
Health Nursing
Die Entwicklung eines neuen Berufsprofils - die Familien- Gesundheitsschwester – ist ein
von der WHO Region Europa initiiertes Vorhaben. Mit der Ausbildung eines neuen Berufsbildes
soll verstärkt die Rolle der Pflege in Public Health, Gesundheitsförderung und gemeindenaher Arbeit ausgefüllt werden (vgl. WHO Regionalbüro Europa, 1988, S. 12 f).
Hintergrund für diese Entwicklung ist das gesundheitspolitische Rahmenkonzept der WHO Gesundheit für alle und das für das 21. Jahrhundert revidierte Konzept Gesundheit 21. Nach der Vision Gesundheit für alle (GFA) sollen alle Menschen in der Welt bis zum Jahr 2000 ein Gesundheitsniveau
erreichen, das ihnen erlaubt, ein sozial und wirtschaftlich produktives Leben zu führen. Die globale
Strategie Gesundheit 21 umfasst einundzwanzig Ziele für das 21. Jahrhundert (s. Anhang). Darin
wird einerseits der spezifische volksgesundheitliche Handlungsbedarf in der europäischen Region
beschrieben und andererseits werden Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vorgeschlagen. An dieser Meßlatte können Fortschritte hinsichtlich der Verbesserung des Schutzes der
Gesundheit sowie die Reduzierung von Gesundheitsrisiken festgestellt werden.
Auf zahlreichen WHO Konferenzen für die Region Europa wurde eine zunehmende Verantwortung
der Pflegenden für Gesundheitsförderung und Prävention herausgestellt. Angesichts aktueller demographischer Entwicklungen, die durch eine Überalterung der Bevölkerung, sinkende Geburtenraten,
einer Zunahme an chronischen Erkrankungen sowie einer steigenden Tendenz mentaler und sozialer
Probleme gekennzeichnet sind, ist ein steigender Bedarf an Pflegeleistungen zu erwarten. Nach wie
8
vor - und dies betrifft auch das deutsche Gesundheitswesen – ist die Versorgungsstruktur eher auf
kurative Maßnahmen, d.h. auf die Behandlung von Krankheiten ausgerichtet. Mit dieser Strategie
kann unter Maßgabe knapper finanzieller Ressourcen und personalen Voraussetzungen nicht dem
künftigen Gesundheitsbedarf der Bevölkerung entsprochen werden. Durch die Institutionalisierung
von Gesundheitsdiensten im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen können jedoch Gesundheitsprobleme bereits im Frühstadium aufgespürt und einer Behandlung zugeführt, bzw. durch gezielte Aufklärung vorgebeugt werden. Mit diesem Ansatz kann die gesundheitliche Situation der
Bevölkerung erheblich verbessert werden und langfristig zu einer Reduktion finanzieller Folgekosten von Krankheit führen.
Stadien zur Entwicklung eines neuen Qualitätsprofils – die Familiengesundheitsschwester –
Bereits im Mai 1977 legte die 30. Weltgesundheitsversammlung der WHO das Konzept Gesundheit für alle als Hauptziel für die kommenden Jahrzehnte fest. Es wurden 38 Regionalziele zur
Verbesserung von Gesundheit und Lösung gesundheitlicher Probleme festgelegt. Bereits 1978 wurde in Alma-Ata der primären Gesundheitsversorgung eine beachtliche Stellung zur Erreichung dieser Ziele zugewiesen. 1988 fand in Wien die erste europäische Pflegekonferenz der WHO statt. Reflektiert wurde die Verwirklichung der 38 Regionalziele. Mehrfach wurde auf die Bedeutung einer
Gesundheitsfachkraft bzw. Pflegegeneralistin hingewiesen, die sich in ihrer Arbeit mit den Hauptgebieten der GFA – Strategie (Gesundheit Für Alle) befasst. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellte
man sich erneut hinter das WHO Gesundheitskonzept, obwohl die Umsetzung des Gesundheitsprogramms eher in einigen Teilbereichen zufriedenstellend war. Auf der zweiten WHO Ministerkonferenz für die Pflege und das Hebammensystem (2000) in München wurden entscheidende Schritte
zur Konkretisierung des neuen Kompetenzprofils - die Familiengesundheitsschwester- vorgenommen. In einer politischen Erklärung verpflichteten sich die europäischen Gesundheitsminister der 51
Mitgliedsstaaten für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen von Pflege einzutreten und der
Berufsgruppe eine stärkere politische Mitsprachemöglichkeit einzuräumen. Mit dieser politischen
Anerkennung wurde eine wichtige Voraussetzung geschaffen, damit die Bürger Europas einen optimalen Nutzen aus den Potentialen der Pflegenden ziehen können. Ausführlich wurde das Konzept
der Familien- Gesundheitsschwester vorgestellt und diskutiert. In einigen europäischen Ländern
(z.B. Spanien und Großbritannien) sind bereits pflegerische Positionen besetzt, die sich verstärkt mit
der Rolle von Pflege in Public Health und primärer Gesundheitsversorgung beschäftigen. Andere
Länder - hier auch die Bundesrepublik Deutschland - verfügen noch nicht über Rahmenbedingungen
9
und entsprechend qualifiziertes Pflegepersonal. In der Münchner Erklärung wurden daher deutlich
die Förderung von Aus – und Weiterbildung in der Pflege betont (vgl. Krampe et. al. 2000, S. 6).
Einbettung des Berufsbildes in das gesundheitspolitische Rahmenkonzept Gesundheit 21
Die vielseitige Rolle der Familiengesundheitsschwester ist in nahezu allen Zielen (Ausnahme
Ziel 17) von Gesundheit 21 enthalten. Insbesondere verweisen die Ziele 15 und 18 ausdrücklich auf
den gesellschaftlichen Kontext und das Aufgabenspektrum von Fachkräften für gesundheitliche
Aufgaben:
Ziel 15: „Bis zum Jahr 2010 sollten die Menschen in der Region einen wesentlichen Zugang zu einer familienorientierten und gemeindenahen primären Gesundheitsversorgung haben, unterstützt
durch ein flexibles und reaktionsschnelles Krankenhaussystem“.
Ziel 18: Qualifizierung von Fachkräften für gesundheitliche Aufgaben
„Bis zum Jahr 2010 sollten alle Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass sich Fachkräfte im Gesunheitswesen und in anderen Sektoren die zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit erforderlichen Kenntnisse, Einstellungen und Kompetenzen aneignen“
(WHO, Regionalbüro Europa 2000 S. 1 f EUR/OO 5019309/13,00076).
Die Rolle der Familien- Gesundheitsschwester ist wie folgt definiert:
„Die Familien- Gesundheitsschwester wird dem einzelnen Menschen und ganzen Familien helfen, mit Krankheit und chronischer Behinderung fertig zu werden und in Stresssituationen zurechtzukommen, indem sie einen
großen Teil ihrer Arbeitszeit im Zuhause der Patienten und mit deren Familien verbringt. Diese Pflegefachkräfte können sinnvolle Ratschläge zu Fragen der Lebensweise und verhaltsbedingten Risikofaktoren erteilen und
den Familien in gesundheitlichen Anliegen zur Seite stehen. Sie können die gesundheitlichen Probleme schon
im Frühstadium erkennen und damit gewährleisten, dass sie auch frühzeitig behandelt werden. Mit ihrem gesundheitswissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Ausbildungshintergrund und ihrer Kenntnis anderer
für Sozialfagen zuständigen Stellen können sie die Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheit einer Familie erkennen und die Familie an die richtige zuständige Stelle überweisen. Durch häusliche
Pflege können sie eine frühe Entlassung aus dem Krankenhaus erleichtern, sie können als Verbindungsglied
zwischen Familie und Hausarzt dienen und an die Stelle des Arztes treten, wenn eindeutig eher pflegerische
Sachkenntnis gefordert ist“ ( WHO Regionalbüro Europa 2000 S. 2 EUR/00/5019309/13).
Die Definition zeigt, wie vielseitig die Rolle und die an sie geknüpften Qualifikationen sind.
Zu ihren Aufgabenfeldern gehört die Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention, Rehabilitation
sowie die direkte Pflege. Sie arbeitet in einem multidisziplinären Team und nimmt eine Mittlerposition im Netzwerk pflegerischer Versorgungsangebote ein. Die Berufsbezeichnung deutet darauf hin,
dass sich die Pflege insbesondere auf Menschen in ihrem familiären Umfeld konzentriert. Mit Fami-
10
lie ist jedoch mehr als die Kernfamilie gemeint. „Eingeschlossen ist die gesamte Bevölkerung
gleichgültig ob Menschen zusammen oder allein, ob sie ein Zuhause haben oder obdachlos und/oder
in irgendeiner Weise ausgegrenzt sind, und ihre Arbeit umfasst auch die Bevölkerung als solche“
(vgl. ebenda).
Neu am Konzept der Familien- Gesundheitsschwester im Rahmen von Gesundheit 21 ist die besondere Verbindung der verschiedenen Elemente. Die Familie und das Zuhause als Setting gibt den
Rahmen vor, in dem die Familienmitglieder ihre Gesunheitsprobleme aufgreifen. Sie werden dazu
befähigt, ihre Ressourcen zu erkennen und eigene Lösungen für ihre Probleme zu finden, d.h. in
partnerschaftlicher Zusammenarbeit ein Konzept für eine gesunde Familie zu schaffen. Damit wird
unmittelbar einer sozialen und ethischen Grundlage von Gesundheit 21 entsprochen: „Partizipation
und Verantwortung des Einzelnen, wie auch von Gruppen, Gemeinschaften, Institutionen, Organisationen in der gesundheitlichen Entwicklung“(WHO, Regionalbüro Europa, 1998 EUR/RC48/9).
Settings zur Förderung von Gesundheit finden sowohl im lebensnahen Umfeld der Menschen, d.h.
in der Familie als auch in öffentlichen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder an Arbeitsplätzen statt.
Die curriculare Gestaltung der Ausbildung zur Familiengesundheitsschwester
Das Curriculum für die Ausbildung zur Familien- Gesundheitsschwester wurde von einer
Arbeitsgruppe im Auftrag der europäischen WHO konzipiert und soll an unterschiedlichen Orten
Europas in Pilotprojekten erprobt und weiterentwickelt werden
(vgl. WHO Regionalbüro Europa, Pressemitteilung EUR/09/00, 2000).
Das Konzept sieht vor, dass theoretische Elemente der Ausbildung an einer Hochschule bzw. Fachhochschule als postgraduatierter Studiengang angesiedelt werden sollen. Praxiselemente werden im
Zuhause einzelner Familien oder in nicht- institutionellen Gemeinde Settings angesiedelt. Der Kurs
setzt sich aus sieben Modulen zusammen, dauert 40 Wochen und schließt bei erfolgreicher Teilnahme mit dem postgradualen akademischen Titel „Familien- Gesundheitsschwester“ ab.
Das Aufgabenfeld einer Familien- Gesundheitsschwester und zugrundeliegende Kompetenzen
Im Kontext von Gesundheit 21 zielt die Verbesserung von Gesundheit auf den gesamten Lebenszyklus ab. Beachtung finden dabei auch kritische Übergänge im Leben wie sie beispielsweise in die
frühen Kindheit- und Schuljahre, bei der Aufnahme der Berufstätigkeit, beim Verlassen des Elternhauses, bei Familiengründung, bei Arbeitslosigkeit oder dem Eintritt in den Ruhestand vorkommen
können. Die Familien- Gesundheitsschwester begleitet Einzelpersonen oder Familien nicht nur
11
punktuell, sondern über einen längerfristigen, sogar Jahre andauernden Prozeß. Von ihr werden daher folgende Kernqualifikationen erwartet:
•
Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen
•
Entscheidungsträger
•
Kommunikator
•
Meinungsbildner
•
Manager
Die wesentlichen pflegerischen Interventionsarten erstrecken sich dabei auf:
•
primäre Prävention: Die Identifikation von vorhandenen oder die Gesundheit bedrohenden Faktoren in einer Gemeinschaft und Hinführung der Betroffenen zu einem gesundheitsfördernde
Umgang damit (Gesundheitserziehung z.B. Raucherentwöhnung)
•
Sekundäre Prävention: Bereits vorhandene gesundheitliche Probleme werden möglichst frühzeitig erkannt und einer entsprechenden Behandlung zugeführt. Dazu gehören sowohl Screening
und Impfprogramme als auch die Zusammenarbeit mit Experten.
•
Tertiäre Prävention und Rehabilitation: Dieser Aufgabenbereich bezieht sich auf Rehabilitation
und Wiederherstellung der Widerstandsfähigkeit innerhalb der Familie.
•
Direkte Pflege oder Betreuung: In Zeiten akuter Erkrankung eines Familienmitgliedes wird in
partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Familie oder dem einzelnen Heilung, Rehabilitation,
Schmerzlinderung und/oder pflegerische Unterstützung vermittelt.
(vgl. WHO Regionalbüro Europa 2000 EUR/00/5019309/13)1
2. 3 Abschließende Betrachtung
Nach ausführlicher Recherche bisheriger Veröffentlichungen wird deutlich, dass die Implementierung eines neues pflegerischen Berufsbildes und der damit verbundene volksgesundheitliche
Nutzen vielversprechend ist. Für die Bundesrepublik Deutschland muss derzeit allerdings eine eher
gegenläufige Entwicklung festgestellt werden. Ein Beweis dafür ist die Finanzierungspolitik deutscher Sozialversicherungssysteme. Krankenkassen und Pflegeversicherungen zahlen überwiegend
Leistungen bei bereits bestehender Krankheit bzw. Pflegebedürftigkeit. Maßnahmen zur Prävention
werden vermehrt aus den Leistungskatalogen gestrichen und müssen - wenn gewünscht – von den
Eine detailierte Auflistung der den Kernqualifikationen zugrundeliegenden Kompetenzen und eine differenzierte Beschreibung des Curriculums ist im Konzept „Die Familien- Gesundheitsschwester Kontext, Rahmenkonzept und Curriculum beschrieben. In: http/www.who.dk/nursing EUR/00/5019309/13 00076. 27. Januar 2000
12
Leistungsnehmern privat gezahlt werden. Auch in der pflegerischen Grundausbildung (z.B. Krankenpflege) wird primäre Gesundheitsversorgung eher rudimentär behandelt. Im Krankenpflegegesetz finden sich dazu entsprechende Inhalte lediglich unter den Schwerpunkten Berufs- Gesetzes
und Staatsbürgerkunde sowie im Bereich der Hygiene und medizinische Mikrobiologie (vgl. Kurtenbach et.al. 1987, S. 29 f). Gemäß dem Ausbildungsziel § 4 des Krankenpflegegesetzes „...sollen
die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortlichen Mitwirkung bei der Verhütung,
Erkennung und Heilung von Krankheiten...“ vermittelt werden. Spezifiziert wird der gesundheitserzieherische Auftrag von Pflege durch den Artikel 3 des o.g. Gesetzes „die Anregung und Anleitung
zu gesundheitsförderndem Verhalten“ (vgl. ebenda). Im Gesamtkontext der Ausbildung ist dieser
Bereich der Krankheitslehre und direkten Pflege nachgeordnet. Daran wird deutlich, dass Konzepte
von Public Health und Pflege nur gering miteinander verbunden sind und der curative Auftrag von
Pflege bestimmend ist. Dies legt die Vermutung nahe, dass hierzulande ein geringes Bewußtsein für
Prävention vorliegt. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass ein derzeit noch funktionierendes Sozialversicherungssystem im nachweislichen Krankheits - bzw. Pflegefall die Kosten übernimmt. Weiterhin ist unklar, wie angrenzende Berufsgruppen mit der neuen Berufsgruppe zusammenarbeiten
werden. Das Qualifikationsprofil der Familien- Gesundheitsschwester zeigt Aufgabenbereiche auf,
die bislang von Medizinern, Sozialarbeitern und Pflegekräften, insbesondere der ambulanten Pflege
besetzt waren. Inwiefern sich diese Berufsgruppen in ihren Aufgaben beschnitten fühlen und wie
ihre weitere Bereitschaft zur Kooperation aussieht, bleibt abzuwarten. Zudem hat die Pflege hierzulande derzeit noch keinen ausreichend gesundheitspolitisch akzeptierten Kompetenz- und Entscheidungsrahmen, um den weit gefächerten Aufgaben einer Familien- Gesunheitsschwester nachzukommen. Es wird geklärt werden müssen, ob die Familien- Gesundheitsschwester einer gesundheitsbehördlichen Instanz zugeordnet werden muss, damit sie ihre Aufgaben effektiv ausführen
kann.
Dass in Europa ein Aufbruch zu verzeichnen ist, wurde jedoch auf der zweiten WHO Ministerkonferenz in München deutlich und mit der Unterzeichnung der politischen Erklärung verbindlich.
3 Projektzielsetzung
Richtungsweisendes Ziel für den Aufenthalt auf den Philippinen ist das Kennenlernen und die
Beschreibung des etabliertes pflegerischen Feldes - Community Health Nursing.
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Die Sammlung der Daten geschieht mit der Absicht, dieses Berufsfeld in ihren wesentlichen Facetten zu erkunden, um das Vorstellungsvermögen über ein bisher noch relativ unvertrautes Berufsfeld
zu vergrößern. Im Hinblick auf die jüngsten europäischen Entwicklungen bedeutet das Kennenlernen eines etablierten Systems eine große Chance für den weiteren Entwicklungsprozeß. Kulturelle
Einflüsse, die den gesamten Projektverlauf bestimmen, finden bei der Auswahl der wissenschaftlichen Methoden Berücksichtigung, stellen jedoch nicht den Hauptgegenstand des Projektes dar. In
der Planungsphase werden daher drei Schwerpunkte herausgestellt, auf die sich die Datensammlung
konzentriert. Da es auf den Philippinen eine Vielzahl nicht abzusehender Bedingungen geben wird,
ist eine Anpassung der Methoden, Untersuchungsziele und Untersuchungsfelder flexibel zu gestalten. Die nachstehenden Grobziele erstrecken sich auf die Bereiche Ausbildung, pflegerische Praxis
und qualitative Aspekte des pflegerischen Auftrags und sollen zunächst das Spektrum der Erkundung eingrenzen und spezifizieren.
3.1 Erfassung des Studienprogramms einer Community Health Nurse
Im einzelnen interessiert
-
die curriculare Einbettung des Themas (Ziele, Inhalte, Methoden)
-
die Lehrgangsorganisation
Da die Praxissemesterstelle das College of Nursing ist und Lehrende das Projekt begleiten, sind hervorragende Voraussetzungen gegeben, um die Grundlagen von Community Health Nursing d.h. die
Ansiedlung im pflegerischen Grundstudium zu beleuchten und den Transfer in Lehr- Lernsituationen zu erleben. Gleichzeitig können bildungstheoretische Absichten des BSN Curriculum (Bachelor
of Sience in Nursing) verfolgt und aufgedeckt werden. Das Hauptinteresse gilt jedoch dem Bereich
Community Health Nursing. Bildungstheroretische Analysen des Curriculums würden den Anspruch an dieses Projekt übersteigen.
Die erhobenen Daten stellen möglicherweise eine idealtypische Beschreibung pflegerischer Kompetenzprofile und Aufgabenfelder dar. Die Ergebnisse können die Absichten des zweiten Zieles stützen und erweitern.
3. 2 Darstellung der Kompetenzprofile und des Aufgabenspektrums einer Community Health
Nurse
Um die professionelle Besetzung eines pflegerischen Feldes als interessierte Gaststudentin
zu verstehen, ist das direkte Erleben und die unmittelbare Erfahrung im Feld am wirkungsvollsten.
14
Da nun das College in ihrer Korrospondenz die Teilnahme an einem praktischen Ausbildungsteil der
Studentinnen in den Gemeinden und Dörfern der Region angeboten hatte, waren erneut gute Bedingungen geschaffen, um angehende Pflegende bei der Erfüllung ihres pflegerischen Auftrages zu
beobachten und Hintergründe zu erfragen.
Da die Seniorstudentinnen ihren letzten praktischen Einsatz in der Community erfüllten, war von
einer Darbietung höchst differenzierter und komplexer Kompetenzen auszugehen. Ebenso war anzunehmen, direkte Einblicke und Erkenntnisse in die Verzahnung von Theorie und Praxis des philippinischen Pflegestudiums zu erhalten. Im Vorfeld des Praxissemesters war nicht abzusehen, ob
die realen, täglichen Arbeitssituationen von Community Health Nurse mit den im Ausbildungsprogramm erlebten Aktivitäten übereinstimmen. Im Falle einer Diskrepanz zwischen idealtypischer
Ausbildungssituation und alltäglicher beruflicher Praxis sollten mit Hilfe des Colleges Kontakte zu
Community Health Nurses aufgebaut werden. Die Absicht war, Community Health Nurses an ihren
täglichen Arbeitsplätzen zu erleben, ob innerhalb der Familie oder in Institutionen und so ihr Aufgabenspektrum und die Kompetenprofile ihrer Arbeit kennenzulernen. Zunächst wurde geplant, eine
Beschreibung dieser Aspekte aus der Perspektive der Gaststudentin vorzunehmen, um anschließend
die Sicht der Pflegenden als Korrektiv und Erklärungshintergrund zu nutzen. Übereinstimmungen,
Abweichungen, eigene Deutungsmuster können so deutlicher herausgestellt werden. Da die Beobachtung mitunter im häuslichen Umfeld der Bevölkerung stattfinden sollten, war davon auszugehen, dass kulturelle Eigenarten zeitweilig die Wahrnehmung bestimmen. Sie sollen in ihren Eigenarten respektiert und zu gegebener Zeit von den Kulturinsidern erklärt werden.
3.3 Einschätzungen zur Wirksamkeit der Pflegearbeit
Angesichts der zuvor beschriebenen, aktuellen europäischen Entwicklungen, die eine Implementierung von gemeindenahen und präventiven Strategien zur Gesunderhaltung und Gesundheitsverbesserung im Bereich der Pflege vorsieht, bedeutet ein internationaler Austausch eine große Chance.
Neben dem direkten Erleben, wie Community Health Nursing in der Ausbildung verankert ist und
wie das pflegerische Feld in der täglichen Praxis besetzt wird, wird nun das Interesse auf eine qualitative Einschätzung zur Wirksamkeit pflegerischer Arbeit (evidency based) gelenkt. Die Erfahrungen des Gastgebers sollen sowohl Erfolge in der Gesundheitsverbesserung als auch Problembereiche
dieses Konzeptes aufzeigen. Ihre Erfahrungen können schließlich einen wichtigen Beitrag für die
konstruktive Entwicklung im Heimatland darstellen. Nationale und kulturspezifische Probleme können über einen internationalen Austausch diskutiert und Lösungsanstätze bzw. Empfehlungen aus-
15
gesprochen werden. Von besonderer Wichtigkeit wird die Einschätzung der Pflegenden erachtet.
Wie überprüft eine Community Health Nurse ihre Arbeit? Woran mißt sie Erfolge? Wie sehen diese
Erfolge aus? Gibt es Probleme in ihrem Berufsalltag? Wie geht sie damit um und wie ist die Akzeptanz von Pflege in der Bevölkerung?
Die Situation von Pflege auf den Philippinen ist im Vorfeld nicht als eigenständiges Ziel ausgewiesen worden. Dazu ließe sich eine eigenständige Untersuchung anstellen. Da Pflege jedoch immer in
einem gesellschaftlichen Kontext stattfindet, darf davon ausgegangen werden, dass ökonomische,
politische und kulturelle Bedingungen die Erbringung von Pflege im Land beeinflussen. Diese Einflußfaktoren werden berücksichtigt und zur Interpretation der Daten genutzt. Jedoch findet erst im
Projekt eine Entscheidung darüber statt, wie ausführlich diese Einflußfaktoren erhoben werden und
auf welche Weise sie ein bedeutsames Licht auf den Bereich Community Health Nursing werfen.
4 Darstellung der geplanten Bearbeitungsweise und des Zeitrahmens
4. 1 Bedingungsfelder die den Entdeckungsprozeß lenken
4.1.1 Erwartungen der Praxissemesterstelle an das geplante Projekt
Erwartungen an das geplante Projekt wurden seitens der Praxissemesterstelle im Vorfeld
nicht formuliert. Die an der Korrespondenz beteiligten Personen zeigten durchweg eine allgemeine
Bereitschaft zur Zusammenarbeit und brachten in den Briefwechsel Freude darüber zum Ausdruck,
dass ihre Schule für das Praxissemester ausgewählt wurde: „We are pleased, that you have chosen
our school“ (e-mail 15. 9. 00). Die für die Projektbegleitung zuständige Supervisorin2 betrachtete
ihre Aufgabe als Anerkennung und schrieb: „It will be my honor and great pleasure to be of assistance of you“ (e- mail 9. 10. 00). Die wesentlichen Inhalte der Projektskizze wurden dem College
mitgeteilt und sie signalisierten, dass entsprechende Bedingungen für eine Realisierung vorhanden
seien.
4.1.2 Die Fremdheit der Kultur und des Themas
2
Auf den Philippinen wird die für die Begleitung in der Praxissemesterstelle zuständige Ansprechpartnerin Supervisorin
genannt
16
Um das Berufsfeld Community Health Nursing auf den Philippinen zu beschreiben, lenken zwei
wesentliche Bedingungsfelder die Auswahl forschungsmethodischer Instrumente:
a. Community Health Nursing ist, abgesehen von den aktuellen europäischen Entwicklungen ein
relativ unvertrautes Berufsfeld. Ein erkundendes d.h. exploratives Vorgehen soll das Vorgehen
im Feld bestimmen. Es sollen möglichst vielfältige Daten gesammelt werden, um eine reale Abbildung von Community Health Nursing zu erhalten. Dies erfordert ein methodologischen Vorgehen, das Offenheit und Flexibilität im Untersuchungsprozeß zuläßt.
b. Das Untersuchungsfeld Community Health Nursing befindet sich in einem fremden Land und
damit in einer fremden Kultur. Bis auf die üblichen Reisevorbereitungen (Lesen des Reiseführers und Gespräche mit philippinschen Bekannten) sind die Strukturen der Gesellschaft, die Lebensformen, Rituale und Bräuche, die Sprache sowie alle mit dem Gesundheitssystem verbundenen Bereiche, hier insbesondere auch die Pflege nicht vertraut. Fremdverstehen bedeutet ein
sorgfältiges und umsichtiges Verhalten in der Kultur. Hier bedarf es einer eigenständigen Vorbereitung, um die Erfahrungen im Land auch in ihrem Bedeutungsgehalt verstehen zu lernen.
Im Vorfeld des Praxissemesters fand daher eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit der
ethnologischen Forschung statt. Diese brachte wichtige Erkenntnisse für die Vorbereitung des Projektvorhabens und soll hier kurz vorgestellt werden. Nach Wittneben (1998) zeichnen sich in der
qualitativen Sozialforschung insbesondere die Ethnologie, Ethnographie und Grounded Theory dadurch aus, dass sie soziale Wirklichkeiten durch ein offenes, induktives Vorgehen im Feld aufdecken wollen. Vor allem die Ethnologie betont die neutrale, empirische Sicht auf die unterschiedlichen Lebensweisen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht die Forscherin Expertin
des Fremden ist, sondern die Kulturinsider selbst. Für das Praxissemestervorhaben bedeutet dies,
den vielfältigen Interaktionen möglichst unvoreingenommen gegenüberzustehen und eine Interpretation der Beobachtungen und Ereignisse durch die Kulturinsider selbst vornehmen zu lassen. Für ein
regelgeleitetes Vorgehen im Praxisfeld stellte die ethnographische Methode ein zunächst handhabbares und flexibles Instrumentarium bereit. Für die Vorbereitungen des Praxissemesters und in der
anfänglichen Datenerhebungsphase (während des Projektes) wurde der ethnographischen Forschungsmethode gefolgt. Nachstehend seien noch einmal die Hauptaspekte der Ethnographie aufgeführt. Später wird dargelegt, wie sie bei der Auswahl der Methoden integriert werden. Die Hauptaspekte der Ethnographie sind:
-
Die Sammlung von Daten in Form von Beobachtung und Interview
-
Dichte Beschreibung und naturalistische Sichtweise
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-
Die Arbeit mit Hauptinformaten „Schlüsselinformanten“
-
Die Dimension emisch- etisch
(vgl. Halloway/Wheeler 1998, S. 107).
Zur Datensammlung
Der Aufenthalt über eine längere Zeit im natürlichen Umfeld der kulturellen Gruppe (Feldforschung) trägt dazu bei, dass sich die Mitglieder natürlich verhalten und eine lebensnahe Beschreibung des Fremden erfolgen kann. Die Methoden der Feldforschung sind überwiegend die teilnehmende Beobachtung und das offene, unstrukturierte Interview. Fotos, Viedeoaufnahmen und sonstige Dokumente erweitern das Spektrum der Datensammlung.
Die verschiedenen Phasen der Feldforschung bauen aufeinander auf. In der initialen Beobachtungsphase versucht die Forscherin sich einen Überblick zu verschaffen. In der zweiten Phase wendet sich
die Forscherin konkreten Punkten zu, die ihr wesentlich erscheinen und befragt die Informantinnen
zu den anfänglichen Beobachtungen. In der letzten Phase zeigt sich, dass zu bestimmten untersuchten Phänomenen ein Grad der Sättigung erreicht ist und der Ablösungsprozeß beginnt (vgl. Germain
in Halloway/ Wheeler, 1998 S. 109).
Die Beobachtungen und das Erleben bilden den Ausgangspunkt für ausführlichere Interviews. Es ist
daher wenig sinnvoll, im Vorfeld einen Interviewleitfaden mit genau abgesteckten Themen zu entwickeln. Neben diesen Erhebungsmethoden dokumentiert die Forscherin ihre Eindrücke in einem
Feldtagebuch. Es werden sowohl flüchtige Eindrücke notiert als auch genaue, detaillierte Beschreibungen von Ereignissen und Verhaltensweisen angefertigt. Ebenfalls dient es zur Niederschrift von
persönlichen Gedanken und Emotionen, die den Prozeß begleiten. Diese zu reflektieren, stellt einen
wichtigen Vorgang im Fremdverstehen dar. Eine Besonderheit kennzeichnet außerdem die ethnographische Forschungsmethode, indem Datensammlung und Analyse gleichzeitig verlaufen. Es ist
beispielsweise so, dass Interviews nicht nacheinander geführt und später ausgewertet werden, sondern das jeweils geführte Interview direkt gesichtet wird und weitere Befragungen bzw. gezielte
Beobachtungen dazu angeschlossen werden. Dies führt zur Verdichtung relevanter Daten aus denen
Phänomene bzw. Kategorien entwickelt werden. Auch können die Befragten so dazu angeregt werden, die Dateninterpretation selber zu entwickeln (vgl. Schnepp in Wittneben 1998, S. 134).
Dichte Beschreibung und naturalistische Sichtweise
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Dichte Beschreibung bedeutet ein theoretisches und analytisches Vorgehen, wobei eine genaue Beschreibung kultureller und sozialer Beziehung hervorgebracht wird. Es entsteht ein möglichst realistischer Eindruck von Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen der Teilnehmer (naturalistische
Sicht). Beschrieben wird also, wie Angehörige einer Kultur diese selbst verstehen und interpretieren.
Die Arbeit mit Hauptinformanten, Schlüsselinformanten
Schlüsselinformanten sind Personen, die über Spezialwissen zur Geschichte und zum Aufbau der
betrachteten Gruppe, über interne Interaktionsprozesse sowie über kulturelle Regeln, Rituale und
sprachliche Kenntnisse verfügen. Diese können der Forscherin die Anerkennung in der Gruppe erleichtern sowie beim Zutritt in weitere Einrichtungen bzw. bei der Beschaffung von Hintergrundmaterial behilflich sein. Bei der Auswahl der Stichprobe, d.h. der Hauptinformanten, wählt die Forscherin eine Gruppe von Menschen aus, die von dem zu untersuchenden Phänomen direkt betroffen
sind und ihnen das alltägliche Wissen wie selbstverständlich zur Verfügung steht (vgl. LoBiondo
1999, S. 303).
Die Dimension emisch- etisch
Um die Lebenswirklichkeit aus der Perspektive der Mitglieder einer kulturellen Gruppe zu verstehen
ist es erforderlich, als Forscherin in die fremde Kultur einzutauchen und mit ihr verschmelzen. Dafür hat die ethnographische Forschung der Begriff emische Sicht geprägt. Dabei handelt es sich um
ein inneres Verstehen nach den Kategorien der Handelnden. Die emische Sicht verhindert, dass die
Forscherin ihre eigenen Werte und Überzeugungen vor bzw. über diejenigen der Kulturinsider stellt.
Die etische Sicht ist die äussere Betrachtung nach den Kategorien der wissenschaftlichen Beobachterin. Im Forschungsprozeß wird sie insofern eingenommen, dass die Forscherin das Gesehene, Beobachtete und Gehörte in ein strukturelles Gerüst ordnet. Somit werden beide Perspektiven im Forschungsprozeß eingenommen und sollen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen (vgl. Halloway/Wheeler 1998, S. 106).
4.2 Die Auswahl des wissenschaftlichen Instrumentariums zur Erfüllung der Praxissemesterziele
Ziel 1: Die Erfassung des Ausbildungsprogramms einer Community Health Nurse
-
Dokumentenanalyse: Zur Beschreibung des Studienschwerpunktes Community Health Nursing
wird um Einsichtnahme in das dem Studium zugrundeliegende Curriculum gebeten. Die Recher-
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che bezieht sich auf die dem Bereich Community Health Nursing zugrundeliegenden Studienziele und Inhalte. Gleichzeitig wird das Interesse auf die Lehrgangsorganisation gerichtet, die Aufschluß darüber gibt, wie eine Verbindung von theoretischen Elementen mit praktischen Erfahrungen hergestellt wird.
-
Teilnehmende Beobachtung: Es werden Hospitationen im Unterricht mit dem Beobachtungsschwerpunkt auf die didaktische Umsetzung der zugrundeliegenden curricularen Anteile geplant
(max. drei Beobachtungen)
-
Experteninterview: Experteninterviews mit den für die Lehre zuständigen Personen sollen Hintergründe und Erfahrungen mit dem Studienprogramm erläutern und die Ergebnisse der Dokumentenanalyse kontextuell erklären. Da diese Personen über Spezialkenntnisse zum Thema verfügen, werden die im zweiten Ziel verankerten Fragen zum Aufgabenspektrum und zu den
Kompetenzprofilen im Interview zugrundegelegt. Die Anzahl der Experteninterviews richtet
sich nach den Beobachtungen und Erfahrungen vor Ort. Angestrebt wird ein ausreichender Sättigungsgrad in der Datensammlung, um die soziale Wirklichkeit nachvollziehbar darzustellen.
Schlüsselinformantin: Es wird davon ausgegangen, dass es in der Begegnung mit der fremden
Kultur zu vielen neuen Eindrücken, Verständnisproblemen und Verunsicherungen kommen
kann. Zu diesem Zeitpunkt wird angenommen, dass Lehrende des College, vor allem die Supervisorin in dieser Hinsicht die Funktion einer Schlüsselinformantin einnehmen kann. Sie kennt interne Interaktionsprozesse und organisatorische Strukturen und kann Kontakte zu weiteren Personen und Einrichtungen unterstützen. Als Kulturinsiderin kann sie kulturelle Regeln und Rituale interpretieren und ein wichtiges Bindeglied für die Anerkennung der Gaststudentin in der kulturellen Gruppe (Studentinnen, Pflegende, Gemeindemitglieder) sein.
Ziel 2: Darstellung des Aufgabenspektrums und der Kompetenzprofile des Berufsfeldes Community
Health Nursing
-
Feldforschung: Um einen Zugang zum Berufsfeld der Community Health Nurse auf den Philippinen zu erhalten, wird der Feldforschungsansatz gewählt. Die geplante vierwöchige Teilnahme am intensiven Praktikum (praktische Anleitung) der Studentinnen in den Dörfern der Region sollen diesem Anspruch Rechnung tragen. Erwartet wird auf diese Weise ein idealtypisches
Bild vom Aufgabenbereich einer Community Health Nurse zu erhalten und ihre Kompetenzen
erfassen zu können.
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-
Teilnehmende Beobachtung: zunächst wird eine unstrukturierte und offene Beobachtung geplant, ein erstes Einlassen auf die wahrscheinlich vielen neuen Eindrücke in der fremden Wirklichkeit. Die ethnographische Forschungsmethode bietet für diese Phase ein Instrument zur Protokollierung der Beobachtungen an. Spradly (1997) entwickelte einen Beobachtungsleitfaden
zur Systematisierung der Aufzeichnungen. Dieser wird zunächst für die Feldaufzeichnungen
zugrundegelegt. Gleichzeitig werden auftretende Gefühle und weiterführende Gedanken in einem Feldtagebuch festgehalten, die zu einer ständigen Selbstreflexion des Erlebens in der fremden Kultur dienen.
Lassen sich nach einigen Beobachtungstagen bestimmte Muster identifizierten, werden dazu
strukturierte, vorläufige Beobachtungskategorien entwickelt und die Folgebeobachtungen dahingehend ausgerichtet. Reicht diese Methode nicht aus, um das identifizierte Phänomen ausreichend zu erklären, werden weiterführende Methoden, z.B. Interviews angeschlossen. Mit diesem
Verfahren wird die Erhebungsphase enden, sofern ein Sättigungszustand eingetreten ist, d.h. die
Muster und Beobachtungen wiederholen sich nach einer gewissen Zeit und sind daher ausreichend erklärbar.
Es wird von den erhobenen Daten und den Erfahrungen im Projekt der Studentinnen abhängig
gemacht, ob zusätzlich Community Health Nurses an ihren täglichen Arbeitsplätzen besucht
werden. Ziel soll sein, ein reales Bild ihrer täglichen Arbeit zu erhalten. Das Beobachtungsfeld
kann innerhalb der Familie oder in Institutionen sein.
-
halbstrukturierte Interviews: Teilnehmende Beobachtungen werden unterstützt durch Befragungen der im Feld tätigen Personen. Die Informantinnen können ihre Interpretation von Ereignissen, Regeln und Rollen im Interview mitteilen. Die Konstruktion des Leitfadens für halbstrukturierte Interviews erfolgt der ethnographischen Forschungsmethode folgend, erst während
oder nach den Feldbeobachtungen. Um jedoch die Fragestellung des Projektes nicht aus dem
Auge zu verlieren, sollten die Themenbereiche einen Bezug zum Aufgabenspektrum und den
dazu erforderlichen Kompetenzen enthalten.
Ziel 3: Einschätzungen zur Wirksamkeit der Pflegearbeit
Um eine qualitative Aussage zur Effizienz pflegerischer Arbeit zu erhalten, werden dazu die Pflegenden persönlich befragt:
-
halbstrukturierte Interviews: Aufgedeckt werden soll, welche Merkmale und Zeichen Erfolge
ihrer Arbeit kennzeichnen, wie sie ihre Arbeit evaluieren, wie sie Erfolge messen und welche
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Methoden sie dazu nutzen. Eng an die Frage nach Erfolgen ist die Frage nach Problemen und
Verbesserungsvorschlägen geknüpft. Hinführende Fragen werden, wie bereits im Pkt. 3.3 angedeutet, an entsprechender Stelle im halbstrukturierten Interview geplant.
-
Dokumentenanalyse: Zur Stützung dieser Aussagen können auch quantitative Daten, z.B. statistisches Material aufschlußreich sein. Das Vorhandensein solcher Daten wird im Land selbst erfragt und eingesehen. (z.B. Gesundheitsministerium).
Liegen im Bereich der philippinischen Pflegeforschung bereits Ergebnisse zur Gesundheitsförderung durch Community Health Nursing vor, werden diese in der Phase der Datenerhebung
herausgearbeitet und fließen in die Datenauswertung ein.
Zeitrahmen
Geplant ist ein etwa dreimonatiger Aufenthalt auf den Philippinen. Je nach Möglichkeiten der Universität und weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens ist der Zeitrahmen grob auf drei Untersuchungsschwerpunkte und Untersuchungseinheiten von etwa je einem Monat eingeteilt: Der erste
Monat wird für vorbereitende Arbeiten und Vertrautwerden mit dem Fremden veranschlagt. Ankommen auf den Philippinen bedeutet, Kennenlernen der örtlichen Bedingungen, Wohnraumsuche,
Vertrautwerden mit Land und Leute, Kultur und Sprache. Weiterhin findet in dieser Zeit die Kontaktaufnahme mit der West Visaya State Universität und dem College of Nursing statt. Mit den zuständigen Ansprechpartnern wird der geplante Projektverlauf unter Berücksichtigung der tatsächlichen Möglichkeiten besprochen und ebenfalls erste Planungen für die Feldforschungsphase vorgenommen. In der verbleibenden Zeit soll eine erste Literaturrecherche (Sichtung des Curriculums,
wissenschaftliche Untersuchung) zum Thema stattfinden.
Der zweite Schritt besteht in der Teilnahme des vierwöchigen intensiven Praktikums der Studentinnen. In dieser Zeit können zu den teilnehmenden Beobachtungen vertiefende Interviews mit entsprechenden Informantinnen geführt werden.Die verbleibenden vier Wochen sind für weitere Interviews
und teilnehmende Beobachtungen vorbehalten, die je nach Situation und Bedarf mit Community
Health Nurses an ihren täglichen Arbeitsplätzen oder sonstigen Experten in Einreichungen des Gesundheitswesens geführt werden. Angestrebt wird ein erweitertes Spektrum unterschiedlicher Daten,
die das Bild von Community Health Nursing auf den Philippinen abbilden. Schließlich soll eine Evaluation des Projektverlaufs mit der Praxissemesterstelle stattfinden und danach die Heimreise
vorbereitet werden.
22
5 Realisierung des Praxissemesters
5.1 Mit Blick auf die am Projekt beteiligten Interaktionspartner
Die im Vorfeld stattfindende Kontaktaufnahme und weiterführende Korrespondenz zwischen
dem College of Nursing und der Evangelischen Fachhochschule/ Bochum (stellvertretend durch die
Mentorin und Praxissemesteranwärterin) fanden über Internet statt. Diese moderne Kommunikationsform war aufgrund der großen Entfernung und der knapp werdenden Vorbereitungszeit einerseits
sehr praktisch, führte andererseits zu zahlreichen Schwierigkeiten, die sich später bei der Ankunft
auf den Philippinen einstellen sollten. Über den elektronischen Briefverkehr wurden Absichten, spezifizierte Ziele und Inhalte des Praxissemesters geklärt. Insgesamt zeigt sich das College of Nusing
über das entgegengebrachte Interesse erfreut und ließ wissen, dass das Zustandekommen des Praxissemesters von der Zustimmung des Philippine Commission of Higher Education (CHED) abhängig
sei. Aus einem folgenden Schreiben des Colleges ging hervor, dass der CHED die Genehmigung
zum Aufenthalt einer ausländischer Studentinnen erteilt habe und sich die Mitarbeiter gern zur
Durchführung des Praxissemesters bereiterklärten. In weiteren Briefen wurde von der Praxissemesteranwärterin das Projeketthema und die grob abgesteckten Ziele unter Berücksichtigung des
geplanten methodischen Vorgehens mitgeteilt. In ihrer Antwort unterbreitete das College konkrete
Vorschläge, die zur Realisierung des Praxissemesterauftrages beitragen könnten. Diesen Vorschlägen wurde zugestimmt und der voraussichtliche Ankunftstermin auf Anfang Dezember 2000 datiert.
Nach rechtzeitiger telefonischer Vorankündigung kam es zum ersten Kontakt mit der Dekanin des
College am 6. Dezember 2000. Dieses Treffen verlief eher enttäuschend. Der Dekanin war die Absicht des Kommens der Praxissemesteranwärterin nicht klar. Sie konnte sich nur schwach an die
geführte Kommunikation erinnern. Die mitgeführten e-mail Ausdrucke nahm sie zur Kenntnis und
registrierte, dass ihre Kollegin thematisch für das geplante Praxissemesterprojekt zuständig sein
müsse. Auch wurde der dem Praxissemester zugrundeliegende Vertrag der Bochumer Fachhochschule zurückgewiesen, da er in deutscher Sprache verfasst war. Sie ließ sich auf keine direkten Übersetzungsversuche ein, ein Verhalten, das im nachhinein nachvollziehbar ist. Bereits nach kurzer
Zeit wurde ein neuer Termin vereinbart, da sie sich mit Vertretern der Universität beraten müsse.
Zwischenzeitlich sollte die Praxissemesteranwärterin den Praxissemestervertrages in englische
Sprache übersetzten. Beim nächsten Treffen wurde die Übersetzung zur Kenntnis genommen und in
Aussicht gestellt, dass der Fall in einem Meeting geklärt werden müsse. Ein Besuch bei der Päsiden-
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tin der Universität ergab, dass die deutsche Fachhochschule weitere Erklärungen schicken müsse.
Beim nächsten Treffen wurde erstmalig über Geldleistungen für die Supervisionen während des
Praxissemesters verhandelt. Die erstgenannte Verhandlungsgrundlage war eine Gebühr von 120 US
$ wöchentlich, so wie es amerikanische Studentinnen vor geraumer Zeit gezahlt hätten. Eine weitere
Hürde stelle die Unterbringung der Gaststudentin in der Gemeinde dar. Üblicherweise wohnten dort
die Studentinnen während ihres Praktikums, mit Ausnahme der Wochenenden für vier Wochen.
Schließlich wurde noch die Vorlage einer Erlaubnis der deutschen Botschaft in Manila erwartet.
Schwierigkeiten über Schwierigkeiten stellten sich ein. Mittlerweile wurde die Fachhochschule in
Bochum eingeschaltet und um Unterstützung gebeten. Alle schriftlichen Erklärungen sollten sofort
gefaxt und zusätzlich auf dem Postweg geschickt werden. Nach wie vor standen die Verhandlungen
über die Supervisionsgebühren im Raum. Da nie in der vorab geführten Korrespondenz Geldleistungen erwähnt worden waren und die Zahlungen das mitgeführte Reisebudget überschritten, wurden
die Zahlungen von der Praxissemesteranwärterin abgelehnt. Jedes Treffen brachte eine neue Forderung und damit verbunden Mühe und Kosten. Inzwischen stand das Zustandekommen des Praxissemesters auf dem Spiel. Tage und erste Wochen gingen ins Land, ohne dass die schriftlichen Erklärungen der deutschen Botschaft und der Evangelischen Fachhochschule eintrafen. Zwischenzeitlich
wurde empfohlene Literatur zum Thema käuflich erworben, da der Zutritt zur Bibliothek ohne offizielle Erlaubnis verwehrt war. In dieser unklaren und emotional belastenden Phase waren der Beistand durch die mitreisende Familie und die telefonische Unterstützung durch die Mentorin der Bochumer Fachhochschule von unschätzbarem Wert. Die Strategie des geduldigen Zuwartens und das
Vertrauen auf eine konstruktive Zusammenarbeit zahlten sich schließlich aus. Ende Dezember 2000
fand das erste, zufällige Treffen mit der für die inhaltliche Betreuung des Praxissemesters zuständige Lehrende (Supervisorin) statt. Sie befürwortete den baldigen Beginn der Feldarbeit und hielt alle
themenrelevanten Unterlagen zur Studienorganisation bereit. Es fanden erste intensive Gespräche
zur Situation von Pflege in Deutschland und auf den Philippinen statt. Weiterhin konnten konkrete
Absprachen darüber getroffen werden, wie die Ziele der Projektzkizze zu realisieren seien. In mehreren Treffen wurden pflegewissenschaftliche Hintergründe zum Thema Community Health Nursing
erörtert und schließlich die Teilnahme am Projekt der Studentinnen während ihres praktischen Einsatzes in der Community geklärt.
Anfang Januar startete die Feldforschungsphase in einer unbeschreiblichen Dichte und Intensität.
Zwischenzeitlich trafen alle gewünschten Dokumente ein und einer offiziellen Erlaubnis stand
nichts mehr im Wege. Die Dekanin übernahm die Verantwortung für administrative Bedingungen,
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die mit der Anwesenheit einer ausländischen Studentin an einer staatlichen Einrichtung verbunden
waren. Mittlerweile legten sich persönliche Bedenken, das Projekt erfolgreich durchführen zu können. Auch zerstreuten sich die entwickelten Vorurteile, dass bestimmte Menschen die Situation bewußt erschwerten, um auf Geldzahlung zu spekulieren. Dennoch legte sich diese Sorge erst am letzten Tag des Praxissemesters, da bis dahin eventuell zu zahlende Gebühren nie wieder erwähnt wurden.
Die folgenden Wochen waren von bewegenden Eindrücken geprägt. Die Aufnahme durch die für
die Projektarbeit der Studentinnen zuständigen Praxisanleiterinnen war offen, freundlich und interessiert. Sie stellten in den kommenden Wochen ein wichtiges Bindeglied für die Kontaktaufnahme
mit der Studentinnengruppe, den Dorfbewohnern und den Mitarbeitern des Colleges dar. Die beiden
Anleiterinnen waren über die Fragestellung des Praxissemesterprojektes in Kenntnis gesetzt worden
und übernahmen die Betreuung der Gaststudentin sowohl während des Aufenthaltes in den Gemeinden, am College als auch in weiteren Einrichtungen des philippinschen Gesundheitswesens. Zusätzlich erfüllten sie ihren pädagogischen Auftrag im Rahmen des Projektes der Studentinnen. Die Praxisanleiterinnen (perceptoren, clinical instructor) stellten die Hauptansprechpartner während der
gemeinsamen Zeit des Praxissemesters dar. Neben der Erfüllung zuvor genannter Aufgaben gab es
reichlich Gelegenheit zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Die philippinschen Studentinnen und
Praxisanleiterinnen waren sowohl an deutschen Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten der Pflege
interessiert als auch an europäischen Arbeits- und Lebensbedingungen In vielen Gesprächen wurde
die Gaststudentin dazu aufgefordert, von ihren Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit philippinschen Pflegenden in Deutschland zu berichten. Sie waren erstaunt, dass es in Deutschland den Bereich Community Health Nursing nicht gibt. Damit verbunden war die Beschreibung deutscher Versorgungs- und Betreuungssysteme wie die der ambulanten und stationären Pflege. Da es in der philippinschen Kultur unverständlich ist, die Betreuung pflegebedürftiger Familienangehöriger professionellen Helfern zu übertragen, waren mit der Beschreibung deutscher Gesellschaftsstrukturen und
Werte viele Gespräche ausgefüllt. Auch erkundigten sie sich nach dem in Europa aufkeimenden
Fremdenhaß und die Sicherheit für ausländische Bürger. Trotz der kulturellen Unterschiede schaffte
die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Pflegenden, das Bekenntnis zum katholischen Glauben und
der von beiden Nationen erlebte Gaststatus Verbundenheit und Verständnis füreinander. Lehrende
des Colleges und Studierende führten die Gaststudentin in die philippinsche Lebensart ein und ließen an den täglichen kleinen und großen Sorgen des Alltags teilhaben. Wie im Ergebnisteil dieser
Arbeit ausgewiesen, verhalfen sie der Gaststudentin zu einem echten und tiefen Einblick in Bereiche
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des Studiums, der pflegerischen Gemeindearbeit (Community Health Nursing) und deren pädagogische Absichten. Besonders beeindruckend waren die Erfahrungen mit den Bewohnern der Barangay
(Dorfgemeinschaft), ob bei den Hausbesuchen, auf Wegen und Feldern der Region oder bei den
regelmäßig stattfindenden Health Classes. Nie zuvor hatte eine derart nahe Begegnung zu Menschen
in den dörflichen Gemeinschaften stattgefunden. Die Menschen luden in ihre Häuser ein, stellten
ihre Familienmitglieder vor und zeigten ein allgemein freundliches Interesse sowohl an den Studentinnen als auch an die noch fremde Besucherin aus Deutschland. Sie wollten wissen, warum die
Gaststudentin auf den Philippinen ist, ob sie mit einem philippinischen Mann verheiratet ist, ob sie
Kinder hat, wie alt sie ist. Die Studentinnen übersetzten alle Gespräche und erklärten die Umstände.
Die Studentinnen erhoben den Gesundheitsstatus der Bewohner, überprüften die Wasserversorgung,
sanitären Anlagen und boten pflegerische Dienste an. Diese bestanden in der Untersuchung von
Schwangeren, Beratung von Müttern im Umgang mit kranken Kindern, die Kontrolle der Vitalzeichen, Hinweise zur Familienplanung und schließlich die Erteilung von health classes. Zu diesen
Unterrichten versammelten sich die Dorfbewohner in den nächsten Wochen an einem eigens dafür
hergerichteten Ort. Die Haushalte innerhalb der Barangay lagen weit verstreut, so dass oftmals lange, z.T. beschwerliche Strecken durch Reis- und Zuckerrohrfelder und über matschige Berghänge
zurückgelegt werden mussten. Trotz der mehr als einstündigen täglichen Anreise mit öffentlichen
Verkehrsmitten war die Stimmung in der Gruppe überwiegend fröhlich und und von gegenseitiger
Wertschätzung geprägt.
Die Gaststudentin wurde von den Praxisanleiterinnen auch darin unterstützt, Kontakte zu Mitarbeitern in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zu knüpfen und die persönliche Begleitung dorthin
vorzunehmen. Sie wurden von der Gaststudentin über Zwischenergebnisse informiert und beteiligten sich an weiteren Überlegungen und Planungen, die zur Erfüllung des Praxissemesterprojektes
erforderlich waren.
Neben der Wahrnehmung des eigentlichen Praxissemesterauftrages wurde die stetige Interaktion mit
Menschen und Umgebungsfaktoren besonders eindrucksvoll erlebt. Es waren viele kleine Zeichen,
die die Begegnungen zu einer einzigartigen und bewegenden Erfahrung machten. Jedes freundliche
„Good morning Ma`am“, die kleinen persönlichen Aufmerksamkeiten wie die Bereitstellung frischer Kokosmilch, das Zeigen und Überreichen der Babys, der Dank „Thank you Ma`am, that you
are visiting us“ waren Zeichen von echter Gastfreundschaft und Aufnahme in die Gemeinschaft.
Zuweilen gab es aber auch Momente und Situationen, die von Fremdheit, Ausgeschlossensein und
Unwohlsein bestimmt waren. Diese Erfahrungen sind bei einem bewußt gewählten Aufenthalt in
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einer fremden Kultur unvermeidlich und indirekt auch gewünscht. Denn gerade die Andersartigkeit
belebt die Erfahrung und regt an, über eigene Werte und Deutungsmuster nachzudenken. Nachstehend sind einige Erfahrungen aufgeführt, die gelegentlich als belastend und verunsichernd erlebt
wurden. Anfängliche Sprachprobleme verhinderten in den ersten Tagen und Wochen eine störungsfreie Kommunikation. Es bedurfte einige Zeit, sich an die englische Sprache, die mit einem starken
Akzent gesprochen wurde, zu gewöhnen. Bisweilen wurde auch Talalog, die philippinsche Nationalsprache oder ein regionsspezifischer Dialekt gesprochen und ließ daher nur ein nonverbales Verstehen zu. Zudem galt es, viele Fachtermini sowie originär philippinsche Begriffe und Strukturen in
ihrem Bedeutungskontext zu verstehen und die eigenen, zunächst beschränkten englischen Kommunikationsmöglichkeiten darauf abzustimmen. Eine weitere Besonderheit erschwerte das Fremdverstehen. Dabei handelte es sich um die vielen erlebten Aktivitäten, die oftmals ohne Vorankündigung
und Darlegung der entsprechenden Absichten im Feld stattfanden. Es war beispielsweise so, dass
mehrmals nach den Zielen der home- visits und dem Verwendungszweck der erhobenen Daten gefragt wurde. Die Antworten fielen häufig knapp aus, beispielsweise „für statische Zwecke“. Da diese Information für ein Verstehen nicht ausreichend waren, wurde weiter nachgefragt und beobachtet.
Es dauerte eine beträchtliche Zeit, um ein vorerst zufriedenstellendes Ergebnis zu erlangen. Möglicherweise war den Gastgebern die Situation so vertraut, dass sie nicht verstanden, warum ihr Gast
die Zusammenhänge ohne Erklärungen und Hinweise nicht einordnen konnte. Vielleicht stimmten
diese Eindrücke auch mit der philippinsche Mentalität überein, eher die Aufmerksamkeit auf gegenwärtige Situationen zu richten, als sich mit zukünftigen Ereignisse auseinanderzusetzen. Im Kapitel Lebensart wird darauf näher eingegangen. Häufig wurden Interaktionen auch von den Anleiterinnen durch die Benutzung der Mobiltelefone unterbrochen. Auf den Philippinen ist die Verschickung von SMS (Short Message Service) sehr in Mode gekommen. „Hier werden in einer Stunde
mehr SMS versandt als in ganz Europa an einem Tag“ (vgl. Meurer, 07. 07. 2001 in Westfälische
Rundschau ). An diesem Punkt wurde der kulturelle Unterschied sehr deutlich. Während es Westeuropäer als unhöflich erachteten, Kommunikationen derart zu unterbrechen, ist dies für philippinsche
Gesprächspartner nichts ungewöhnliches. Ähnlich anstrengend wurden Gespräche in einem lauten,
von vielen Nebengeräuschen geprägten Umfeld erlebt, sowie die Eigenart zahlreicher Gesprächspartner das Gegenüber nicht ausreden zu lassen. Viele Gespräche nahmen einen anderen Verlauf als
ursprünglich beabsichtigt war. Bevor die Ablösungsphase von den Studentinnen, Dorfbewohnern
Supervisoren und Anleiterinnen eintrat, war eine starke emotionale Beteiligung eingetreten. Diese
wurde besonders durch den bewegenden Besuch im Lepradorf ausgelöst. Die Armut der Menschen,
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die schweren individuellen Schicksale und die geringen Aussichten auf einen besseren Lebensstandard trugen viele Menschen mit Würde, vielfach sogar mit einem freundlichen Lächeln. Es wurde
immer schwieriger, die traurigen und mitfühlenden Gefühle zu kontrollieren. Gleichzeitig fand eine
starke Identifizierung mit der Gruppe der Studentinnen statt. Rückblickend betrachtet erklärt sich
dieses Zugehörigkeitsgefühl am ehesten aus der Perspektive der Abhängigkeit. So wie die Studentinnen vom Urteil der Anleiterinnen abhängig waren, fühlte sich die Beobachterin angewiesen auf
deren Informationen und Akzeptanz, da sie im Feld wichtige Schlüsselinformatinnen darstellten. In
der qualitativen Sozialforschung wird für diese Verschiebung von Distanz und Identifikation das
Phänomen „going native“ geprägt. Diese veränderte Wahrnehmung kann zur Beeinträchtigung von
objektiver Datenerhebung und Interpretation führen. Zu diesem Zeitpunkt war auch die Grenze körperlicher Belastungsfähigkeit erreicht. Das tägliche Reisen in die Dörfer, der enge Kontakt mit der
Gruppe und die stetige Aufmerksamkeit waren sehr erschöpfend. Die reichhaltigen Erfahrungen und
vielfältigen Daten verwirrten nahezu. Es wurde immer wichtiger, das Feld zumindest für eine gewisse Zeit zu verlassen, körperlich auszuspannen und die vielen Eindrücke ruhen zu lassen. Da jedoch die Studentinnen ihr Projekt in einigen Tagen beenden würden, wurde die Teilnahme nicht
unterbrochen. Vielmehr wurde die Konzentration auf noch wesentliche ungeklärte Fragen gelenkt
und die Beendigung der gesamten Erhebungsphase im Feld erwogen. Ein gemeinsames Fest bildete
den Abschluß des studentischen Projektes. In den nächsten Wochen wurden noch zwei weitere Gesundheitseinrichtungen besucht und Interviews geführt. Abschließend wurden der Supervisorin die
Ergebnisse Datensammlung vorgelegt, vorläufige Kategorien vorgestellt und weiterführende Informationen ausgetauscht. Sie stimmte der geplanten Beendigung des Projektes zu. Damit endete nach
ungefähr drei Monaten eine intensive und bewegende Zeit am College of Nursing der West Visayas
State University auf den Philippinen.
5.2 Mit Blick auf die Anwendung des wissenschaftlichen Instrumentariums
Während des Projektes, vor allem während der Feldarbeit wurden zunächst, wie geplant Instrumente der ethnographischen Forschungsmethode eingesetzt. Bereits nach kurzer Zeit lag eine
reichhaltige Datenmenge vor. Einerseits eröffneten sich ständig neue spannende Beobachtungsfelder, die Community Health Nursing auf den Philippinen betrafen. Andererseits stellte sich ein persönliches Unbehagen ein, die zahlreichen Facetten im geplanten Zeitrahmen nicht ausführlich eruieren zu können. Relativ bald wurde klar, dass ein Zustand der Sättigung nur in wenigen Bereichen
erreicht werden konnte. Es gab zu viele Einflußfaktoren, die das Thema in der fremden Kultur be-
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stimmten und die Anforderungen an ein Praxissemester bei weitem übersteigen würden. Somit wurden Beobachtungsschwerpunkte verfolgt, die sowohl von der Projektplanung vorgesehen waren, als
auch diejenigen, die im Feld besonders auffällig und bemerkenswert erschienen. Halbstrukturierte
Interviews wurden auf den Ductus der in der Projektskizze formulierten Fragestellung hin entwickelt. Außerdem wurden Fragen zu jenen Bereichen gestellt, die die Informantin als Expertin erläutern konnte. Gleichzeitig wurde um Erklärungen und Bedeutungen von eindrucksvollen Ereignissen
gebeten. Die Zeitpunkte der Interviews wurde so gelegt, dass nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum erste Kategorien identifiziert und im Interview näher erläutert werden konnten. So
wurden insgesamt vier qualitative Experteninterviews (mit den Praxisanleitern, der Supervisorin und
einer Public Health Nurse) geführt, jeweils zu Beginn, in der Mitte und zum Abschluß des Projektes. Weiterhin wurden sechs Bewohner des Dorfes interviewt und 14 Studentinnen mit einem
schriftlichen Erhebungsmanual (offen zu beantwortende Fragen) befragt. Auch konnten zwei Mitarbeiterinnen (Hebamme und PHN) des örtlichen Health Offices nach einigen persönlichen Kontakten
für eine schriftliche Befragung gewonnen werden. Sie beantworteten den vorbereiteten Interviewleitfaden schriftlich, da aus organisatorischen Gründen kein direktes Interview zu führen war. Zu
den zahlreichen, während der teilnehmenden Beobachtung stattfindenden Gespräche mit Mitarbeitern des College und den Dorfbewohnern wurden Gesprächsnotizen verfasst. Schließlich variierten
die Orte der teilnehmenden Beobachtung. Es wurden insgesamt vier Wochen mit der Studentinnengruppe sowohl im College of Nursing als auch in der ausgewählten Barangay zugebracht. In der
Barangay wechselten die Schauplätze. Die Interaktionen fanden in offiziellen Gebäuden (Local government unit, Barangay Hall), auf dem Gelände von Privatpersonen, in Häusern der Dorfbewohner
auf Reis- und Zuckerrohrfeldern sowie auf öffentlichen Wegen statt. Weitere Tagesbesuche führten
ins regionale Lepradorf sowie in ein von Ordensschwestern geleitetes heilkundliches Laboratorium
(Kräutergarten). Darüber hinaus wurden weitere öffentliche Gesundheitseinrichtungen, wie das Medical Center, der City Health Officer und zwei regionale Health Offices aufgesucht.
Die mehrperspektivischen Erhebungsmethoden (teilnehmende Beobachtung, halbstrukturierte Interviews, Fragebögen, Literatur, Fotodokumentation) verhalfen einerseits, das Verständnis für identifizierte Phänomene zu vergrößern, schafften andererseits eine nahezu unüberschaubare Menge Informationen. Es bedurfte einer übersichtlichen Schritt für Schritt Anleitung, die zu einem regelgeleiteten Vorgehen im Feld und im Umgang mit den Daten verhalf. In dieser Hinsicht war das zugängliche Studienmaterial zur ethnographischen Forschungsmethode nicht ausreichend. Daher wurde die
methodische Vorgehensweise der Grounded Theorie zugrundegelegt, da sie auch Anfängerinnen in
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Praxisprojekten ein übersichtliches Verfahren bietet. Da die Ethnographie und Grounded Theory
wie bereits zuvor ausgeführt auffallende Gemeinsamkeiten besitzen, scheint dieser Wechsel legitim.
Auch laufen bei beiden Forschungsansätzen die Phasen der Datenerhebung und Datenauswertung
parallel, wobei die Grounded Theory sich durch ein striktes und systematisches Auswertungsverfahren auszeichnet. Somit wurde besonders in der Analyseeinheit dieser Arbeit das Verfahren von Glaser und Strauss verfolgt. Als Grundlage wurde das von Corbin und Strauss (1996) verfasste Werk
genutzt, in dem die Entwicklungsschritte zur Grounded Theory didaktisch gelungen aufbereitet werden. Nach Corbin und Strauss wird es dem Anwender des Verfahrens in Vollendung gelingen, eine
in der Wirklichkeit verankerte Theorie zu entwickeln. Gleichzeitig ermutigen die Autoren dazu,
auch Kurzformen der Grounded Theory anzuwenden. So entstehe zwar keine dichte konzeptualisierte Theorie, vielmehr ein konzeptuelles Ordnen. Über das Erstellen eines Kategoriensystems könne
eine Beschreibung der sozialen Wirklichkeit gelingen. So können vorläufige Interpretationen zum
Untersuchungsgegenstand geliefert werden, die jedoch nicht dem Anspruch standhalten, fest in den
Daten verankert zu sein. Diese Kurzform wurde gewählt, da ihr Anspruch am ehesten dem Praxissemesterprojekt Rechnung tragen kann. Corbin und Strauss formulieren dazu folgende praktische
Vorgehensweisen:
1. die Datenanalyse, d.h. das Kodieren vorzunehmen, jedoch nur das offene und axiale Kodieren in
eingeschränkter Form
2. mit dem theoretischen Sampling zu arbeiten (d.h. Vergleiche in der Analyse anzustellen)
3. die Sichtweisen der wichtigsten Akteure des Untersuchungsbereiches darzustellen und nach Invivo Kodes Ausschau zu halten
4. Memos und Diagramme als Strukturierungshilfe zu nutzen
Zu Beginn des Projektes stand, wie bereits erwähnt, die Kontaktaufnahme mit der Einrichtung, die
Klärung offizieller Genehmigungen und die Sichtung der dem Thema zugrundeliegender Literatur.
Die Literaturrecherche wurde jedoch nur hinsichtlich der Studienbedingungen (Curriculum und Studienorganisation) im Land selbst vertiefend vorgenommen. Weitere relevante Literatur konnte aus
Zeitgründen erst nach Abschluß der Feldphase intensiver bearbeitet werden. Auftauchende Fragen
wurden in persönlichen Gesprächen mit der Supervisorin und den Anleiterinnen geklärt. Den Hauptteil des Projektes bildete die Teilnahme am intensiven Praxisprojekt der Studentinnen. Alle teilnehmenden Beobachtungen wurden schriftlich aufgezeichnet, wobei der von Spradley entworfene Leit-
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faden eine Hilfe zur Strukturierung der Daten darstellte. Nach den ersten Beobachtungstagen wurden die Aufzeichnungen einer ersten Kodierung unterzogen.
Offenes Kodieren ist nach Corbin und Strauss der erste Schritt der Analyse. Die Aufzeichnungen
werden gesichtet und mit Codenotizen versehen. Diese Notizen repräsentieren in einer beschreibenden, übergeordneten Form den Kern der Beobachtungseinheit. In diesem Fall waren es entsprechende Sequenzen (gelegentlich einzelne Sätze, allenfalls einige Passagen) die sich auf ein beobachtetes
Phänomen bezogen.
Ein Beispiel dafür waren die allmorgendlich erlebten Gebete der Studentinnen, die als Rituale bezeichnet wurden. Somit hatten erste Beobachtungseinheiten einen übergeordneten Begriff erhalten.
Sie werden bei Corbin und Strauss auch als Konzepte bezeichnet. Konzepte geben darüber Aufschluß, was gerade passiert, wofür die Beobachtung stehen kann. Die Daten werden weiter auf Ähnlichkeiten und Unterschiede verglichen. Werden weitere Ereignisse und Konzepte gefunden, die sich
um ein benennbares Phänomen reihen, ist eine vorläufige Kategorie entstanden. Kategorien stammen nach Corbin und Strauss aus dem Vorrat an Konzepten, sind jedoch in ihrer Begriffsbestimmung abstrakter. Ein treffliches Beispiel für diesen Schritt ist die im Praxissemesterprojekt identifizierte Kategorie „Ausbildung für den Export“. In zahlreichen Gesprächen mit Studentinnen und
Mitarbeitern des College wurden die schlechten Arbeitsplatzchancen im philippinschen Gesundheitssystem thematisiert. Für viele Studentinnen war klar, nach dem Examen weitere zwei Jahren im
Land zu bleiben. Danach wollten viele Studentinnen auf jeden Fall eine Bewerbung ins Ausland
richten.
Die Kategorien wurden im nächsten Schritt auf Memos übertragen. Memos sind nach Corbin und
Strauss zunächst Hilfsinstrumente (beispielsweise eine Karteikarte oder ein grosses Blatt Papier).
Sie dienen dazu, die Ergebnisse der Analyse zu strukturieren, die vielfältigen Daten zu bündeln und
eine Distanz vom Rohmaterial zu schaffen. Identifizierte Konzepte und Kategorien finden hier unter
nachvollziehbarer Angabe ihrer jeweiligen Quelle und der Ausführung beschreibenden Elemente
(Zitate, Beobachtungseinheiten) ihren Platz. Auf entsprechende Memos wurden später die inhaltstragenden, zuvor transkribierten Interviewauszüge übertragen, die eine Kategorie stützen und nachvollziehbar machen.
Im zweiten Schritt des Kodierens, dem sogenannten axialen Kodieren werden die Kategorien nach
Corbin und Strauss auf Bedingungen, Ursachen, Kontext, Handlungs- und Interaktionsstrategien,
sowie Konsequenzen abgeklopft. Diese Arbeit hat das Ziel, Kategorien weiter zu präzisieren, zu
interpretieren und miteinander in Beziehung zu setzten. Erstrebenswert wäre bei der Entwicklung
31
einer Theorie hypothetische Bedingung abzuleiten. Soweit wurde dieses Verfahren jedoch nicht
angewendet, es blieb überwiegend bei der konzeptuellen Zuordnung sowie der Beschreibung von
Eigenschaften und Dimensionen einer Kategorie und einer abschließenden vorsichtigen Interpretation der Daten.
Ein weiteres klassisches Verfahren der Grounded Theory stellt das Theoretische Sampling dar.
Darunter werden aufdeckende Verfahren verstanden, die Suche nach den relevantesten Daten um
eine Kategorie inhaltlich zu verdichten. Dabei wird die Aufmerksamkeit auf Vorfälle und Ereignisse
gelenkt, die wiederholt vorkommen, besonders herausragen oder ganz offensichtlich abwesend sind.
Dies erfordert ein flexibles Vorgehen im Forschungsprozeß. Es kann sein, dass neue, nicht vorhersehbare Entdeckungen gemacht werden, die ein anderes Licht auf das Thema werfen. Auch kann es
sein, dass ein geplantes methodisches Vorgehen zur Untersuchung des Vorfalls nicht geeignet ist.
Zudem ist es möglich andere Personen zu befragen, andere Orte als geplant aufzusuchen, um dem
Phänomen auf den Grund zu gehen. Corbin und Strauss weisen darauf hin, solange in jeder Phase
des Kodierens zu sampeln, bis für jede Kategorie eine theoretische Sättigung erreicht wurde, d.h.
keine neuen oder bedeutsamen Daten mehr aufzutauchen scheinen, die eine dichte Beschreibung der
Kategorie ermöglichen. Am Beispiel der zuvor erwähnten Kategorie „Ausbildung für den Export“,
die anhand der initialen Feldbeobachtungen und Gesprächsnotizen vorläufig entwickelt wurde, soll
das Verfahren des Theoretischen Samplings dargestellt werden. Dieses Phänomen Ausbildung für
den Export war bereits nach ersten Beobachtungstagen und Gesprächen augenscheinlich. Es wurde
der Beschluß gefasst, diesem Thema mehr Beachtung zu schenken und perspektivisch zu erhellen.
In einem zusätzlich entwickelten Fragebogen sollten sich die Studentinnen ihre Absichten und
Gründe für einen späteren Arbeitsplatz im Ausland äußern. Schließlich wurden auch Experteninterviews mit Lehrenden des College auf diesen Bereich gerichtet. Ein weiteres Beispiel für die Anwendung des theoretischen samplings war die Erkenntnis, dass das Projekt der Studentinnen nicht die
tägliche Praxis einer Community Health Nurse auf den Philippinen darstellte. Daher wurden zwei
Mitarbeiter einer Gesundheitseinrichtung (Rural Health Unit) in der örtlichen Region aufgesucht,
um den Berufsalltag zu erleben und weiterführende Hintergründe zu erheben. Die Ergebnisse waren
jedoch wenig aufschlussreich, da die PHN aufgrund ihrer Abwesenheit nur schriftlich befragt werden konnte und die Hebamme in der regen Betriebsamkeit des Health Office wenig Zeit für Auskünfte hatte. Damit wurde klar, dass dieses Verfahren weniger geeignet war, um den Berufsalltag
einer CHN in Erfahrung zu bringen. Die Ergebnisse der beiden Fragebögen, regten jedoch dazu an,
32
den nächsten Kontakt mit einer Public Health Nurse vorzubereiten und gezielte Fragen- und Beobachtungseinheiten zu entwickeln.
Nach Abschluß der Feldphase wurde weiter mit den Daten gearbeitet. Alle transkribierten Interview
-und Feldaufzeichnungen wurden anschließend gemäß ihrer inhaltstragenden Aussagen in die deutsche Sprache übersetzt, da ein Paraphrasieren in englischer Sprache die eigenen Fähigkeiten überstieg. Zunächst lag eine Fülle alltagssprachlicher Kategorien vor. Auf den Memos befanden sich
sowohl Ausschnitte der Feldbeobachtungen, Interviewauszüge und Gesprächsnotizen. Die Kategorien wurden im zweiten Schritt weiter gebündelt (Redundanten gestrichen, wenig aussagekräftige
Passagen fallengelassen) und zusammengetragen. Schließlich wurden die Inhalte aller Kategorien zu
einem Fließtext verarbeitet und schließlich übergeordnete Kategoriebegriffe entwickelt.
Die Auswertung der Literatur wurde gesondert vorgenommen. Die Ergebnisse werden in dieser Arbeit den Ergebnissen der Feldarbeit vorangestellt. Abschließend werden die empirisch erhobenen
Ergebnisse vor dem Hintergrund der Literatur diskutiert.
5.3 Die Erfüllung der in der Projektskizze dargelegten Ziele
Die in der Projektzkizze dargelegten Ziele konnten insbesondere im Bereich der Studienorganisation und in der Beschreibung der Studieninhalte realisiert werden. Zu den Beobachtungen des
praktischen Ausbildungsteils in der Community war zeitweilig ein Zustand der Sättigung erreicht.
Die Darstellung des Aufgabenspektrums und der Kompetenzprofile des Berufsfeldes Community
Health Nursing war über die Literatur gut möglich. Die im Feld gewonnen Informationen waren
nicht erschöpfend, um eine dichte Beschreibung zu ermöglichen. Die Darstellung der täglichen Arbeit einer CHN konnte damit nur begrenzt erfüllt werden. Aufgrund der gering bemessenen Zeit und
der sehr weit gefassten Projektzielsetzung waren Kontakte mit Community Health Nurses nur in drei
Fällen möglich. Der Anteil der teilnehmenden Beobachtungen war sehr kurz, so dass die Informationen eher über eine Befragung erhoben wurden und so in die Beschreibung einflossen.
Einschätzungen zur Wirksamkeit der Pflegearbeit fanden auf unterschiedlichen Ebenen statt. Sie
sind insgesamt im Kontext des philippinschen Gesundheitssystems und Gesellschaftssystems zu
betrachten. Die Analyse wissenschaftlicher Studien wurde auf Gesundheitsberichte des Department
of Health beschränkt. Es gab eine Vielzahl kleinerer und größerer wissenschaftlicher Untersuchungen zu pflegespezifischen Fragestellungen im Bereich Community Health Nursing. Diese waren
jedoch sehr speziell und wurden nicht weiter verfolgt, da sie den Rahmen dieses Praxissemesters bei
weitem überstiegen hätten.
33
6 Ergebnisse anhand ausgewählter Literatur
6.1 Die Philippinen
Die Philippinen - ein tropisches Inselreich im südpazifischen Ozean- besteht aus 7107 Inseln,
von denen etwa 2000 bewohnt sind. Die Gesamtfläche des Landes und Einwohnerzahl entspricht
etwa der Deutschlands. Das langgestreckte Inselreich wird in vier große Gruppen unterteilt: im Norden Luzon mit der Hauptstadt Manila, im Süden Mindanao, im Westen die riesige Inselgruppe Palawan und in der Mittel die Visayas mit den bekannten Städten Cebu und Iloilo.
Geschichte
Die Namengebung des Landes Filipinas ist auf den spanischen König Philipp II. zurückzuführen.
Mit der spanischen Besetzung 1565 wurde eine wichtige Epoche der philippinischen Geschichtsschreibung eingeleitet. Etwa 400 Jahre lang war das Land unter ständiger spanischer Kolonialherrschaft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fanden die ersten Unabhängigkeitsbestrebungen statt. 1892
wurde die Liga Filipina von Josè Rizal ins Leben gerufen, so dass vier Jahre später der Unabhängigkeitskampf ausbrach. Rizal wurde als revolutionärer Agitator von den Spaniern hingerichtet. 1898
brach der spanisch- amerikanische Krieg aus. Die Filipinos kämpften an der Seite der Amerikaner
und erklärten am 12. Juni 1898 ihre Unabhängigkeit. Die Revolutionsregierung wurde von den Amerikanern nicht anerkannt, so dass die Filipinos die Vorherrschaft der Amerikaner anerkennen
mussten. Während des zweiten Weltkriegs wurden die philippinsch- amerikanischen Truppen 1942
von den Japanern geschlagen. Bis 1944 regierten die brutalen japanischen Militärs. Die Amerikaner
befreiten die Filipinos von der japanischen Schreckensherrschaft und entließen die Philippinen 1946
in ihre volle Unabhängigkeit.
Von 1946 bis 1965 regierten insgesamt fünf Präsidenten nach demokratischen Grundsätzen das
Land. 1965 begann die Ära Marcos. Nach einigen Jahren Marcos Regierung war das Land in einem
desolaten Zustand. Man sprach vom „Wilden Osten“, Korruption und Schwerverbrechen bestimmten das Leben. 1972 verhängte Marcos das Kriegsrecht, so dass die Verfassung ausser Kraft gesetzt
wurde. Dennoch gelang Marcos eine innenpolitische Wende. Ende des Jahres 1972 wurden Reformen verwirklicht (Landreform und Gesundheitsgesetz) und aussenpolitisch Anschlüsse an international wichtige Organisationen geknüpft. Mitte der siebziger Jahre war die innere Stabilität des Landes soweit hergestellt, dass ausländisches Kapital ins Land floss. Nicht alle Filipinos waren mit dieser Situation einverstanden. So versuchten die kommunistischen Guerilleras (NPA New Peoples
34
Armee) und Mitglieder der MLF (Moro National Liberation Front) durch gewaltsame Aktionen die
Machtverhältnisse zu ändern. Die demokratischen Oppositionsparteien hatten zu der Zeit keinen
politischen Einfluß (das Kriegsrecht galt bis 1981). 1986 gelang es Corazon Aquino die Bevölkerung zu mobilisieren, um mit friedlichen Mitteln den Diktator Marcos zum Rücktritt zu bewegen.
Sie rief das philippinsche Volk zum zivilen Ungehorsam und nationalen Protest im gewaltfreien
Gandhi Stil auf. Marcos nahestehende Banken, Zeitungen und Konsumgüterfirmen wurden sehr
erfolgreich durch People Power I boykottiert. „Cory“, wie sie liebevoll vom Volk genannt wurde,
regierte weitere 6 Jahre das Land. Sie stellte die Demokratie wieder her, konnte aber die wirtschaftlichen Situation des Landes nur unwesentlich verbessern. 1992 wurde Fidel Ramos demokratisch
gewählter Präsident der Philippinen. Vorrangige Ziele seiner Politik waren die Ankurbelung der
Wirtschaft, Schaffung von Arbeitsplätzen, die Reduktion von Auslandsverschuldungen, Verhinderung von Korruption und eine störungsfreie Energieversorgung des Landes. Er erlaubte die kommunistische Partei (NPA), damit sie nicht weiter gewaltsam aus dem Untergrund agierten. Auch schloß
er mit der moslemischen Befreiungsbewegung (MLF) einen Friedensvertrag (vgl. Peters, 1998 S. 18
ff). Nach Ablauf der Legislaturperiode wurde Joseph Estrada 1998 neuer Präsident der Philippinen.
Er galt zunächst als Mann des Volkes, der bereits als Schauspieler nationales Ansehen erworben
hatte. Innenpolitisch versuchte er mit starker Hand zu regieren und ging auf Konfrontationskurs mit
den linken (NPA) und rechten (MLF) Parteien. Dies führte zum Ausbruch erneuter terroristischer
Aktivitäten. Mit der Entführung von Touristen im Süden des Landes machte die Rebellenbewegung
Abbu Sayaf im Jahre 2000 weltweit Schlagzeilen. Im Laufe der Zeit verstrickte Estrada sich immer
mehr in Korruptionsaffären und wurde abermals vom Volk im Januar 2001 zum Rücktritt gezwungen. People Power II hatte erneut gezeigt, dass die philippinsche Bevölkerung in der Lage ist, eine
hochbrisante politische Lage mit friedlichen Mitteln zu verändern. Gloria Macapagal- Arroyo vormalige Vizepräsidentin- ist seit dem 20. Januar 2001 neue Präsidentin der Philippinen.
Staat und Verwaltung
Nach der Verfassung ist die philippinsche Staatsform eine präsidiale Demokratie. Der Kongress (die
Legislative) setzt sich aus dem Senat (24 Senatoren) und dem Repräsentantenhaus (250 Mitglieder)
zusammen. Der Präsident wird für sechs Jahre vom Volk gewählt, eine Wiederwahl ist ausgeschlossen. Die Verwaltung der Republik Philippinen wird an dieser Stelle dargestellt, da sie Voraussetzung ist, um die Organisation des Gesundheitssystems zu verstehen. Das Land wird in zwölf Regionen unterteilt, die sich wiederum aus 76 Provinzen zusammensetzen. Jede Provinz hat eine eigene
35
Provinzhauptstadt und mehrere Stadt/Gemeindebezirke, die Municipalties. Die Municipalties gliedern sich wiederum in kleinere und größere Dorfgemeinschaften, die Barangays. Eine Barangay ist
die kleinste sozio- politische Verwaltungseinheit der Philippinen. Der Begriff Barangay stammt ursprünglich aus der Besiedlungszeit vor Christus und meint ein großes Auslegerboot. Seinerzeit kamen Malaien ins Land, vermutlich waren die Besatzungsmitglieder Großfamilien und kleinere
Dorfgemeinschaften.
Wirtschaft
Anfang der neunziger Jahre machte sich die Stabilitätspolitik der Ramos Regierung bemerkbar und
sorgte für ein beträchtliches Wirtschaftswachstum. Das Land überstand die Südostasienkrise 1997
ohne nennenswerte wirtschaftliche Einbußen. Im Laufe der letzten vier Jahre führte jedoch die allgemeine Rezession auf dem Weltmarkt zu erheblichen Inflationsraten. Um die hohe Auslandsverschuldung abzubauen, setzt die philippinsche Politik auf den Export. Dies führt dazu, dass verschiedene Exportprodukte für die eigene Bevölkerung nicht mehr bezahlbar sind. Nach wie vor zählen
die Philippinen zu den Entwicklungsländern, die Mehrheit der Bevölkerung kann sich nur das Notwendigste zum Leben leisten. Wichtige Einnahmequellen für den Eigenbedarf sind die Fischerei und
Landwirtschaft (Reis, Zuckerrohr). Exportiert werden hauptsächliche Früchte, Schnittblumen und
Produkte der verarbeitenden Industrie, z.B. Textilien, Lederwaren, Nahrungs- und Genußmittel. Ein
wichtiger Devisenbringer ist außerdem der Tourismus.
Overseas Filipino Workers (OFW)
Als Gastarbeiter im Ausland begehrte Devisen zu verdienen, ist auf den Philippinen eine lange Tradition. Mit der Öffnung des Suezkanals 1869 strömte die erste Welle Filipinos in andere Länder der
Welt, um dort zu studieren und zu arbeiten. Derzeit arbeiten etwa 4,2 Millionen Filipinos im Ausland. Da sie zweisprachig aufwachsen und ihre Ausbildung z.T. internationalen Standards entspricht, finden sie begehrte Arbeitsplätze im Ausland, die ihnen ein hohes Einkommen sichern. Offiziellen Angaben zufolge überweisen die Overseas Filipino Workers jährlich etwa sieben Milliarden US- Dollar in ihre Heimat. Häufig sind sie dort als Seemann, Hausmädchen, Krankenschwester
oder Entertainer tätig und tragen damit maßgeblich zum Lebensunterhalt ihrer Familien bei. Der
Export von Arbeitskräften ist nach wie vor für die Philippinen ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor
(vgl. Peters 1998, S. 28 f).
36
Lebensart
Auf die über 400 Jahre dauernde spanische Herrschaft ist die ungewöhnlich hohe Christianisierungsrate in einem asiatischen Land zurückzuführen. 90% der Bevölkerung bekennt sich zum christlichen
Glauben, davon sind 80% römisch- katholisch. Im Süden des Landes bilden ca. 8% Moslems den
islamischen Block. Typisch spanischstämmige Vor- und Familiennamen, Regionsbezeichnungen,
die Währung in Peso, zahlreiche spanische Begriffe im Dialekt und einige herrschaftliche Kolonialbauten sind Zeugen dieser Zeit. Wesentlicher amerikanischer Einfluß, der noch auf die Besetzungszeit zurückzuführen ist, ist die Erhaltung der Amtssprache englisch. Auch orientiert sich das Schulund Bildungssystem am nordamerikanischen Modell. Der sechsjährigen, gebührenfreien Elementary
School folgt die vierjährige High School. Die ersten sechs Schuljahre sind Pflicht. Für weiterführende Einreichungen wie High School, College und Universitäten muss ein Schulgeld entrichtet werden. Westliche Konsumgüter, die vor allem dem amerikanischen Vorbild entlehnt sind, stehen hoch
im Kurs (Actionfilme, Basketball als Nationalsport, Coca – Cola, die billiger ist als eine vergleichsweise große Flasche Mineralwasser, Fast- food Ketten in Städten).
Eine weitere philippinsche Leidenschaft ist das Glücksspiel und Wetten. Diese sind vom Staat legalisiert, so dass selbst Vorschulkinder beim Glücksspiel Geld einsetzten können.
Erwachsene investieren z.T. existenzgefährdende Summen in Hahnenkämpfe. Frauen gelten auf den
Philippinen als gleichberechtigt und besetzen nicht selten in Politik und Wirtschaft leitende Positionen.
Peters (1998) ein langjähriger Philippinenkenner und Reisebuchautor beschreibt anschaulich, dass
das philippinsche Leben nach gegenwärtigen Situationen und augenblicklichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. „Filipino Time bedeutet Unpünktlichkeit und Geduld. Entweder man wartet oder läßt
warten. Auch halten Filipinos vom Sparen nicht viel. Sparen bedeutet, Vorsorge zu treffen und das
würde wiederum bedeuten, sich vorher um etwas zu sorgen. Aber kaum ein Filipino wird sich aus
freien Stücken Sorgen darüber machen, was nicht tatsächlich, aktuell ansteht. „Study Now, Pay Later“, diese Empfehlung steht auf dem 500 Peso Schein unterstreicht die allgemeine philippinsche
Einstellung zum Geld“ (vgl. Peters 1998, S. 71). Beobachtet wurde auch, dass beispielsweise nur
für den aktuellen Tagesbedarf eingekauft wird. Zigaretten werden einzeln verkauft, Nahrungsmittel
sind in kleinsten Rationen verpackt, z.B. in kleinen Plastiktüten zu 10 ml Speiseöl, einigen Gramm
Salz oder Shampoo. Großpackungen sind im Umkehrschluß proportional nicht günstiger als Kleinpackungen, so dass angenommen wird, die Hersteller stimmen ihr Angebot auf die Lebensart der
Menschen ab.
37
6.2 Die nationale Gesundheitssituation
Demographisches Profil
Die philippinsche Bevölkerung ist im Durchschnitt jung an Lebensjahren. 39% der Geamtbevölkerung ist unter 14 Jahren alt und nur 5% ist älter als 60 Jahre. Der Anteil der Menschen im
reproduktionsfähigen Alter ist damit hoch und entsprechend rapide steigt die jährliche Bevölkerungsrate um 2,3 %. Im Durchschnitt bringt eine Filipina vier Kinder zur Welt. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 66 Jahre, wobei Frauen etwa vier Jahre länger als Männer leben
(DOH, 1995 in Cruz/Maglaya 2000, S.3). Aufgrund besserer Arbeitsmöglichkeiten ist eine vermehrte Ansiedlung der Menschen in Großstädten zu verzeichnen. Dies hat in einigen Städten, vor allem
in Metro Manila zu enormen Bevölkerungsverdichtungen geführt. Viele Filipinos haben keine angemessene Wohnung, das Müllbeseitigungssystem ist vollkommen unzureichend, in den Straßen
staut sich der Verkehr. Dem steigenden Bedarf an sozialen Leistungen wie Ausbildung und Versorgung mit Gesundheitseinrichtungen kann der Staat nicht angemessen Rechnung tragen. So ist beispielsweise mit der hohen Bevölkerungsdichte ein Anstieg übertragbarer/ infektiöser Erkrankungen
verbunden. Armut in der Bevölkerung ist nach Cruz (2000) die Hauptursache für gesundheitliche
Probleme. Nach Angaben des Healthcare Factbook fallen etwa 40% der Bevölkerung unter die Armutsgrenze. Der Mindestlohn für eine erwachsene Person wurde im Februar 1996 zwischen 140 und
160 P (Peso) am Tag festgelegt (Healthcare Factbook 1990 in Cruz/ Maglaya, 2000, S. 4). Oftmals
ist dieser Lohn von umgerechnet 7-8 DM jedoch für eine mehrköpfige Familie vorgesehen und
deckt in keinster Weise die täglichen Kosten. Ein ungesunder Kreislauf entsteht: Die Kinder können
nur eingeschränkt die Schule besuchen und verfügen z.T. nur über eine elementare Schulbildung.
Ihnen und ihren Eltern fehlt somit nicht allein das Wissen um gesundheitserhaltende und fördernde
Maßnahmen, sondern auch das Geld, um Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen. Zudem führen
unzureichende Ernährung, überfüllte Wohnungen, schlechte sanitäre Bedingungen und hygienisch
bedenkliche Wasserversorgungen zu weiteren gesundheitlichen Problemen. Gründe für die Armut
der philippinischen Bevölkerung sind schwierig zu fassen. Ein wesentlicher Grund wird in der ungerechten Verteilung des Totalen Einkommens gesehen. Dem Medium Term Development Plan
zufolge fließen mehr als die Hälfte des erwirtschafteten Einkommens den Wohlhabenden zu, einem
kleinen Teil von 20% der Bevölkerung. Die übrigen 80% der Filipinos werden mit dem verbleibenden Rest bedacht (vgl. Medium Term Development Plan 1993- 1998, in Cruz, in Maglaya 2000).
Die Priorisierung von Lebensbedürfnissen und Lebensqualität ist einer Untersuchung zufolge daher
38
eher auf die tägliche Sorge gerichtet, genügend Essen und ausreichend Brennholz zur Verfügung zu
haben als sich mit den Risiken eines Krieges auseinanderzusetzen (vgl. Independent Commision on
Population and quality of Life 1996, Cruz in Maglaya 2000, S.5). Obwohl es eine Deklaration zu
den elementaren Menschenrechten auf den Philippinen gibt, kann dieser Anspruch nicht erfüllt werden.
Gesundheitsstatistiken
Die Philippinen besitzen exakte Aufzeichnungen über den Gesundheitsstatus ihrer Bevölkerung,
Zahlen über führende Gesundheitsprobleme, Krankheitshäufigkeiten und Todesursachen. Diese
fließen in den nationalen Gesundheitsplan ein, wie später noch ausführlicher berichtet wird. Die
zehn häufigsten Krankheiten mit Todesfolge sind Infektionserkrankungen (Tuberkulose, Durchfall,
Pneumonien) sowie den Lebensstil betreffende Krankheiten, wie Krebs, Herz- und Gefäßerkrankungen. Zahlen zur Kindersterblichkeit werden als sensibler Indikator für den Gesundheitsstatus eines
Landes betrachtet. Sie geben Aufschluß darüber, wie ein Staat die gesundheitliche Situation einer
heranwachsenden Generation sichert. Die häufigsten Gründe zur Kindersterblichkeit sind:
1.
Pneumonien
2.
Atemnotzustände des Fetus und Neugeborenen
3.
Angeborene Anomalien
4.
Durchfallerkrankungen
5.
Sepsis
6.
Komplikationen unter der Geburt
7.
Avitaminosen und andere Ernährungsdefizite
8.
Masern
9.
Schilddrüsenerkrankungen
10. Andere Erkrankungen des respiratorischen Systems
(vgl. DOH, 1993 in Cruz, Maglaya 2000, S. 9)
Diese Statistik zeigt in erschreckender Weise, dass viele Krankheiten durch präventive Maßnahmen,
angemessene Personalhygiene und ausgewogene Ernährung vermeidbar wären.
Die Zahl übertragbarer Krankheiten ist in den letzten Jahren durch Impfprogramme in einigen Bereichen eingedämmt worden, sie stellen jedoch wie die Zahlen belegen, immer noch ein großes
Problem im Lande dar. Mit der Zerstörung der Umwelt und den vielfach noch unzureichenden sanitären Anlagen und Wohnungen treten gleichzeitig neue Infektionskrankheiten auf. Cholera und Typhus sind nach wie vor in vielen Gegenden verbreitet, jeder dritte Filipino ist mit Tuberkulosebakterien infiziert. Aufgrund der Stigmatisierung leiden einige Menschen an Lepra. Trotz guter Hei-
39
lungsmöglichkeiten konsultieren die Betroffenen häufig zu spät einen Gesundheitsdienst (17 von
100.000 Menschen sind an Lepra erkrankt). Mit dem Tollwutvorkommen liegen die Philippinen an
5. Stelle in der Welt, eine ernste Erkrankung, die häufig durch Bisse von Straßenhunden übertragen
wird. Die durch Mosquitostiche übertragenen Krankheiten Malaria, Filariasis und Dengue Fieber
sind in einigen Regionen endemisch. Die tödlichen Folgen von Masern im Kindesalter übernehmen
die Spitze bei den durch Impfungen vorzubeugenden Krankheiten. In den letzten Jahren verzeichnen
Gesundheitsbehörden erste Resistenzen gegenüber Antibiotika (TB und Lepra) und stellen die Gesundheitsdienste vor noch größere Probleme.
Fehlerernährung ist unter den Kindern weit verbreitet. Etwa 12% der Schulkinder sind untergewichtig. Andererseits wird in einigen Privatschulen Metro Manilas festgestellt, dass 50% der Jungen übergewichtig sind. Die Philippinen haben die höchste Blindheitsrate in der Welt, oftmals als Folge
eines Vitamin A Mangels. Ebenso besorgniserregend sind die verbreiteten Schilddrüsenerkrankungen unter Kindern die aufgrund eines chronischen Jodmangels entstehen und langfristige zu einem
verminderten IQ führen können.
Weitere gesundheitliche Probleme, die als Folge sozio-ökonomischen Schwierigkeiten im Umfeld
der Kinder entstehen, werden an Symptomen der Schulkinder deutlich:
Zahnkaries, chronische Bronchitis, entzündete Füße, Fehlstellungen nach Knochenbrüchen, ReFrakturen sowie häufigen Mittelohrentzündungen. Als weiterer Indikator für die Volksgesundheit
sind Statistiken zur Müttersterblichkeit angeführt. Die Müttersterblichkeitsrate lag nach Angaben
des philippinschen Departments of Health 1995 bei 1,8/ 1000 Lebendgeburten d.h. 180 von 100.000
Müttern sterben an den Komplikationen einer Geburt. Im Vergleich dazu meldete das statistische
Bundesamt im Jahr 1995 für die Bundesrepublik Deutschland 5,4 Müttersterbefälle auf 100.000
Lebendgeborene in den Ländern (vgl. Bundesministerium für Gesundheit, 1999 S. 217). Oftmals
kommen Filipinas, die an den Komplikationen einer Geburt sterben aus armen Verhältnissen, haben
eine geringe Schulbildung und sind bereits gesundheitlich vorbelastet, z.B. durch chronische Anämien aufgrund eines Eisenmangels. Sie kommen oftmals aus Regionen, in denen professionelle
Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen sowie die Betreuung während und nach der Geburt unzureichend ist, wenig Transportmöglichkeiten bestehen und die Versorgung mit Blut und verfügbaren
Medikamenten nicht ausreichend gewährleistet ist
(vgl. Cruz in Maglaya 2000 S. 1 ff).
40
6.2.1 Der nationale Gesundheitsplan des philippinschen Department of Health
Wenn das weltweit anerkannte, von der WHO formulierte Ziel „Health for All by the Year
2000“ zugrunde gelegt wird, darf angesichts dieser Situationsbeschreibung für die Philippinen festgestellt werden, dass dieses Ziel nicht erreicht wurden und der Gesundheitszustand der Bevölkerung
nach wie vor bedenklich ist. Die gesundheitliche Situation vieler philippinscher Menschen ist durch
unzulängliche Umgebungsfaktoren und mangelnde gesundheitliche Aufklärung bedroht. Fehlende
finanzielle Mittel verhindern sowohl eine gesunde Lebensweise in der Familie als auch den Zugang
zu Bildung und gesundheitlichen Einrichtungen und Hilfsmitteln. Das Department of Health entwickelte einen langfristig angelegten, nationalen Gesundheitsplan, um die führenden Gesundheitsprobleme über eine Stärkung der primary health care strategy zu kontrollieren und eine Verringerung der
durch Prävention vorzubeugenden Krankheiten zu erreichen. Das übergeordnete Ziel des National
Health Plans lautet: „to enable the Filipino population to achieve the level of health that will allow
them to lead a socially productive life, with longer life expectancy, low infant mortality and less
disability through measures that will guarantee access of everyone to essential health care...“ (National Health Plan 1995-2020 in Cruz/ Maglaya 2000, S. 12). Die 11 Programme des DOH lauten im
einzelnen:
-
Comprehensive/Integrated Maternal Child Health Program
-
National Tuberculosis Program (NTP)
-
Control of Diarrheal Diseases (CDD)
-
Cholera Control Program
-
Leprosy Control Program
-
National Aids Program
-
Generics Act of the National drug policy (NDP)
-
Herbal and Philippine Traditional Medicines
-
Philippine Nutritional Program
-
Control of Acute Respiratory Infection (CARI)
-
Family Planning Program
(vgl. DOH, 1995 in Cardinal et al, 2000 unveröffentlichte Undergrate Thesis, BSN).
Insgesamt hat sich nach Angaben des DOH die Gesundheitssituation der philippinschen Bevölkerung verbessert. Die Lebenserwartung ist in den vergangenen 30 Jahren von 57 auf 65 Jahre angestiegen. Einige Erkrankungen wie Poli und neonataler Tetanus sind nahezu ausgerottet. Die Anwendung von pflanzlichen Heilmitteln wird in Teilen der Bevölkerung praktiziert und das Bewußtsein
für Prävention in Familien und Communities ist größer geworden. Zu Besorgnis veranlasst dennoch
die schnell wachsende Bevölkerung und die unmittelbar damit verbundene Gesundheitssituation von
41
Frauen und Kindern. Sogenannte life-style Erkrankungen (kardiovaskuläre und bösartige Erkrankungen) mit Todesfolge sowie Verkehrsunfälle sind sprunghaft angestiegen. Neben den bereits zuvor erwähnten Gesundheitsproblemen, die auf hygienische und ernährungsbedingte Verhaltensweisen zurückzuführen sind, wird das mangelnde Bewußtsein für Gesundheit thematisiert. Die Bürger
aber auch der Staat und andere Sektoren investieren zu wenig finanzielle Mittel in health care, was
an der geringen Mitgliederzahl im Krankenversicherungssystem zum Ausdruck kommt. Aufgrund
steigender Kosten für Medikamente und Hospitalisierung sind nur wenige Familien in der Lage,
eine qualitative Gesundheitsversorgung zu bezahlen. Zudem ist die Versorgung mit Gesundheitseinrichtungen und Gesundheitspersonal in vielen Regionen unzureichend (vgl. DOH in Committee of
Community Health Nursing 1995, S.7 f).
6.3 Community Health Nursing auf den Philippinen
6.3.1 Die Entwicklung von Community Health Nursing auf den Philippinen- historisch betrachtet
Die historische Entwicklung von Community Health Nursing2 auf den Philippinen ist eng mit
der Entwicklung des Gesundheitsministeriums verknüpft. Die ersten offiziellen Quellen stammen
aus der amerikanischen Besetzungszeit. 1901 gründeten Filipinos und Amerikaner ein Gesundheitsministerium, in dem beide Völker als Mitglieder vertreten waren. Der erste Schritt zur Verwirklichung gemeindenaher pflegerischer Versorgung wurde 1911 in die Wege geleitet. Die gesundheitliche Verwaltung von mehreren Stadtbezirken (Municipalties) wurde männlichen Pflegenden übertragen, da keine Ärzte verfügbar waren. 1912 wurden vom Gesundheitsministerium Pflegende ausgeschickt, die sich um Mütter und Säuglinge kümmern und Hausbesuche durchführen sollten. 1915
wurde ein erstes zweimonatliches Praktikum im Anschluß an die Pflegeausbildung angeboten, das
auf pflegerische Belange in Public Health vorbereiten sollte. Zu dieser Zeit standen die Pflegenden
noch unter der Aufsicht amerikanischer Pflegenden. Seit 1939 waren die Filipinos in der Lage, unabhängig von den Amerikanern Public Health Nurses zu qualifizieren und ihre Arbeit zu organisieren. Bis zum Jahre 1926 etablierte sich ein von oben nach unten gesteuertes Gesundheitssystem. An
oberster Stelle stand das Gesundheitsministerium. Dem Minister war direkt eine pflegerische Lei2
Community Health Nurses auf den Philippinen werden offiziell Public Health Nurses genannt
42
tung (Nurse supervisor) unterstellt. In den Anfängen gab es fünf Gesundheitsstationen (health stations), in den 84 Public Health Nurses tätig waren. In den Folgejahren wurden die Aufgabenfelder,
Qualifikationen und Organisationsstrukturen weiter ausgebaut. Angesichts einer sich wandelnden
Gesellschaftsstruktur und veränderten Gesundheitsproblemen wurde eine Umstrukturierung der Gesundheitsdienste erforderlich. Durch die 1959 stattfindende Dezentralisierung wurden Entscheidungs- und Verantwortungskompetenzen auf regionale Ebene verlagert. Eine erneute Restrukturierung fand 1975 statt. Es sollten alternative Ansätze verfolgt werden, um die Basisgesundheitsversorgung der Menschen auf Community Level zu akzeptablen Kosten zu gewährleisten. Die Primary
Health Care Strategie bezog sich auf die vorrangingen Public Health Services für die Community (s.
National Health Plan). Seit 1975 wird das Netzwerk von Gesundheitseinrichtungen auf drei Ebenen
ausgewiesen und als Health Care Delivery System bezeichnet werden.
1. Primary Health Care: diese werden sowohl von den Gesundheitseinrichtungen der Barangays/Health Stations, dem übergeordneten Main Health Center und dem Community Hospital
bereitgestellt, als auch von privaten, bzw. halbprivaten Einrichtungen
2. Secondary Health Care: wird geleistet, wenn eine Hospitalisierung erforderlich ist, d.h. in Krankenhäusern der näheren Umgebung (Provincial,- Regional- oder private Hospitäler)
3. Tertiary Health Care: hierbei handelt es sich um die Erbringung von Gesundheitsdiensten, wenn
höchst spezialisierte medizinische Betreuung in Spezialkliniken erforderlich ist
(vgl. Comittee of Community Health Nursing, 1995 S. 11 ff).
Das Department of Health (DOH) übt regulative Kraft über Gesundheitseinrichtungen und die Bereitstellung und Ausübung von Gesundheitsdiensten aus (Erstellung von Standards und Gesundheitsprogrammen). Es unterstützt die nach der Dezentralisierungsphase gegründeten local government units. Zuletzt wurde 1993 ein Erlaß formuliert, indem die local government units als selbstbestimmte Einrichtungen und aktiver Partner des DOH im Erreichen der nationalen Ziele anerkannt
wurden (RA 7160: local government Code in Cruz/Maglaya 2000 S. 12). Das local government unit
ist bevollmächtigt, das jährliche Budget vorzuschlagen, das für den Erhalt der Gesundheitseinrichungen und ihren Service erforderlich sind.
43
Department of Health
Office of Public Health Services
Nursing Program Supervisor in
different Services
Regional Health Office
Regional Nurse Supervisor
Regional Health Office
Regional Nurse Supervisor
Provincial Health Office
Supervising Public Health
Nurse
(Local Government units)
City Health Officer
Senior Public Health
Nurse
Main Health Center
Provincial Health Office
City Health Officer
Senior Public Health
Nurse
Main Health Center
Rural Health Units
Public Health Nurse
(evt. Arzt)
Rural Health Units
Public Health Nurse
Barangay Health
Stations /PHN or
Midwife
Barangay
Health
Worker
Regional Health
Office
Barangay Health
Stations, PHN or
Midwife
BarangayHealth
Worker
Sanitary
Inspektor
C
O
M
M
U
N
I
T
Y
City Health Office
Rural Health Units
Public Health
Nurse
Barangay Health
Stations
Hilots
Midwifes
Abb.1 Die Struktur von Community Health Nursing von nationaler zur lokalen Ebene
In Anlehnung an: Organiziation Chart of Community Health Nursing services in the Philippine Department of Health. In: Committee of Community Health Nursing, 1995 S. 32
44
6.3.2 Der Auftrag von Community Health Nursing
Der Definition von Dr. C. E. Winslow zufolge ist Public Health die Wissenschaft, um
Krankheiten vorzubeugen, Leben zu verlängern und Gesundheit zu fördern. Sie beschäftigt sich mit
der Schaffung einer gesundheitsfördernden Umgebung, der Kontrolle von übertragbaren Krankheiten und Schulung des Individuums in persönlicher Hygiene. Durch die Organisation von medizinischer und pflegerischer Dienste können Krankheiten vorgebeugt oder im Frühstadium aufgespürt
und einer Behandlung zugeführt werden. Die Entwicklung eines sozialen Systems soll jedem Menschen den gesundheitserhaltenden Lebensstandard sichern, damit sein Geburtsrecht auf Gesundheit
und ein langes Leben erfüllt werden kann (vgl. Committee of Community Health Nursing 1995, S.
21).
Dieser Definition folgend wird Community Health Nursing auf den Philippinen als Antwort auf die
gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung verstanden. Ihre Spezialität zeichnet sich durch den
bevölkerungsorientierten Fokus aus, indem sie mit Individuen, Familien, Gruppen und Gemeinschaften arbeitet. Damit ist Community Health Nursing einzigartig und unterscheidet sich von anderen Bereichen der Pflege folgendermaßen:
-
CHN ist eher auf den Gesundheitsstatus von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gerichtet
ist, als auf eine individualisierte Betreuung (care)
-
CHN ist auf persönliche und Umgebungsfaktoren gerichtet, die sowohl ein gesundes Leben verhindern als auch ermöglichen können.
-
In einem partnerschaftlichen Ansatz wird die Priorisierung von Gesundheitsbedürfnissen und
Gesundheitsdiensten (health services) durch den Klienten mitbestimmt (vgl. Cruz in Maglaya
2000, S. 14).
Community Health Nursing wird als Spezialgebiet pflegerischer Praxis verstanden. Community
Health Nursing integriert allgemeine Aspekte und Prinzipien von Pflege, die auf Pflegetheorien
gründen und in der Anwendung des Pflegeprozesses zum Ausdruck kommen mit wichtigen Konzepten von Public Health. Folgende Konzepte aus Public Health sind richtungsweisend:
-
Die Hervorhebung der Wichtigkeit „des größten Wohls für die größte Anzahl“,
-
die Anwendung des Instrumentariums (Assessment, planning, implementation, evaluating) bei
der Erbringung von Gesundheitsdienste (health- services)
-
die Vorrangigkeit von Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention vor curativen Interventionen,
45
-
die Nutzung von Instrumenten zur Messung und Analyse von Gesundheitsproblemen in der
Community,
-
die Anwendung von Management Prinzipien und Organisation in der Bereitstellung und Ausführung von Gesundheitsdiensten innerhalb der Community
(vgl. Cruz in Maglaya 2000 S. 13 f ).
Die Klientel
Community Health Nursing beschäftigt sich neben der Bereitstellung von Health Services vor allem
mit Familien, Bevölkerungsgruppen und Communities. Die Familie gilt als Basiseinheit für Community Health Nursing. Es wird eine erweiterte Definition von Familie zugrundegelegt, die über das
allgemeine Verständnis von Blutsverwandtschaft und ehelichen Verhältnissen hinausgeht. Nach
Frieman (1992) ist eine Familie eine Gemeinschaft von zwei oder mehreren Personen, die sich emotional verbunden fühlen und sich selbst als Teil einer Familie definieren. In ihr findet Gesundheitsförderung und Krankheitsverhinderung statt, z.B. durch die Gesundheitserziehung von Kindern
durch ihre Eltern. Ebenso trägt die Familie wissentlich oder unbewußt zur Entstehung von Gesundheitsproblemen bei (z.B. durch einseitige Ernährung verursachte Gesundheitsprobleme), die in das
Gebiet von CHN fallen. Bevölkerungsgruppen sind gekennzeichnet durch allgemeine Charakteristika. Diese sind beispielsweise determiniert durch das Ausgesetztsein bestimmter Situationen (Frauen,
Kinder, Fabrikarbeiter, Prostituierte).
Als Community werden sowohl Gruppen von Menschen verstanden, die auf einem eingegrenzten
geographischen Gebiet zusammenleben als auch Gemeinschaften, die bestimmte Werte und Interessen teilen. Die Gemeinschaft funktioniert innerhalb eines bestimmten sozio-kulturellen Kontextes,
wobei stets individuelle Unterschiede vorhanden sind (vgl. Cruz in Maglaya 2000, S. 15).
6.3.3 Rollen und Funktionen von Community Health Nurses
In der Literatur werden Community Health Nurses auf den Philippinen fünf wesentliche Rollen und
Funktionen zugeschrieben. Demnach erfüllt eine Community Health Nurse:
-
pflegerische Rollen (clinical role), indem sie sich um Kranke in ihrem Zuhause oder im Gesundheitsoffice kümmert,
-
Ausbildungsfunktionen (Schulungsprogramme für die Mitarbeiter und Aufklärungsprogramme
für die Bevölkerung),
46
-
Führungs- und Managementfunktionen (Führung und Organisation der Gesundheitseinrichtung,
Beaufsichtigung der Hebammen u. Barangay-Heath Worker),
-
Anwaltschaft (Advocat), da sie sich für die Lösung von Gesundheitsproblemen in der Bevölkerung einsetzt und
-
Vermittlungsfunktionen, indem sie Klienten zu anderen Gesundheitseinrichtungen vermittelt.
Auf individueller Ebene
-
Betreuung und Überwachung von Frauen während der Schwangerschaft, Geburt und der postnatalen Zeit,
-
Untersuchung von Schwangeren, Lagekontrolle des Kindes sowie die Ausführung entsprechender Wendemanöver (Leopoldsches Manöver),
-
Die Versorgung von Dammrissen, im Falle der Abwesenheit eines Arztes,
-
Beratung, Verhaltensschulung im Umgang mit kindlicher Entwicklung und übertragbaren
Krankheiten,
-
Kriseninterventionen,
-
Erste Hilfe und Notfallversorgung,
-
Primäre, secundäre und tertiäre health care,
-
Empfehlungen in der Zubereitung und Anwendung von Kräutern und Heilpflanzen bei best.
Symptomen und Leiden.
Auf familiärer Ebene
-
die Familie dabei zu unterstützen, ihr spezielles Gesundheitsproblem zu identifizieren sowie die
Anleitung zu einem entsprechenden Umgang damit (z.B. persönliche Hygiene),
-
die Bereitstellung von primary care, soweit die Familie diese benötigt.
Auf Community Ebene
-
Community Organizing, d.h. die Erschließung einer Gemeinschaft mit dem Ziel den Gesundheitsstatus der Mitglieder zu erheben, Ursachen für Gesundheitsprobleme zu identifizieren und
die Erarbeitung von Strategien für eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation,
-
Edpidemiologische Untersuchungen,
-
Vorsprache und Einflußnahme bei lokalen Führungspersonen des Gesundheitswesen (Ausschöpfen der gesetzliche Rahmenbedingungen).
Neben diesen Aufgaben von health care werden die Verantwortungsbereiche von Public Health
Nurses vom Department of Health (DOH) festgelegt:
47
-
die Beaufsichtigung der Hebammen,
-
die Vertretung von Municipal Health Officer (Stadtbezirksarzt) in seiner Abwesenheit,
-
Assistenz bei der Entwicklung des Barangay Health Plans,
-
Prüfung und Überwachung der Einhaltung von Curricula für Barangay Health worker (freiwillig
arbeitende Bürger der Gemeinden),
-
die Ausbildung von hilots (Frauen, die zur Durchführung einer Geburt angelernt werden),
-
den Berichterstattungen der Barangay-Health Worker und Hebammen prüfen (ggf. sich um Fälle
in der Gemeinde kümmern),
-
Hebammen im Verfassen von Ausführungsberichten zu schulen,
-
Aktive Mitwirkung bei Gesundheitsprogrammen des DOH , z.B. beim Impfprogramm (EPI)
Assistenz des Arztes beim Bereitstellen und Vorbereiten der Impfstoffe, die Überwachung der
Hebammen, Anfertigen von Berichten über durchgeführte Impfungen, Krankheitsfälle überwachen,
-
die Vermittlung von Klienten in andere Einrichtungen z.B. Krankenhäuser
(vgl. Cruz in Maglaya 2000, S. 22 ff).
Zusammenfassung
Community Health Nursing ist auf den Philippinen ein seit vielen Jahrzehnten etabliertes berufliches
Feld. Konzeptionell vereint es Elemente von Pflege und Public Health. Damit leistet Pflege einen
erheblichen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation in der Bevölkerung. Durch
organisierte, gemeindebezogene Maßnahmen trägt die Community Health Nursing dazu bei, Krankheiten zu verhüten, Gesundheit zu fördern und das Leben zu verlängern. Die Pflegenden sind in das
Netzwerk staatlicher und nichtstaatlicher Gesundheitsdienste eingebunden, so dass ihre Aktivitäten
überwiegend von einem zentral gesteuerten Handlungsrahmen (Standards, Gesundheitspläne, Gesetze) vorgegeben sind. Mit einer Dezentralisierung der Gesundheitsdienste erhoffen sich die philippinschen Behörden eher den Gesundheitsproblemen der Klienten auf Community Level entsprechen
zu können. Über ein differenziertes Rapportsystem wird der lokale Gesundheitsbedarf in einer Region ermittelt und mit entsprechend priorisierten und vom Staat bezuschussten Programmen beantwortet. Die Community Health Nurse arbeitet je nach Qualifikation in einer überregionalen oder lokalen
Gesundheitseinrichtung (health unit) in einem multidisziplinären Team (Arzt, Hebammen, Sanitary
Inspectors, Barangay Health Worker). Einen direkten Bezug zu den Bewohnern der Barangays haben in erster Linie Barangay Health Worker und Hebammen. Sie werden von der Community
48
Health Nurse instruiert, geschult und beaufsichtigt. Damit besitzt eine Community Health Nurse
vielfältige Funktionen. Sie hat den pflegewissenschaftlichen Hintergrund, um den Gesundheitsbedarf einer Community festzustellen und bei der Entwicklung und Implementation von Gesundheitsprogrammen verantwortlich mitzuwirken. Neben dem betreuenden (caring) Aspekt ihrer Arbeit hat
sie Unterweisungsfunktionen (teaching) zu erfüllen, die sowohl Klienten als auch ihr unterstellte
Mitarbeiterinnen betreffen. Sie besitzt Management und Führungsqualitäten, damit sie die Organisation des Health Offices und der Health Services koordinieren kann. Schließlich steht sie in der
Strukturierung der philippinschen Gesundheitsdienste an einer Position, die sie als Vermittlerin zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Zuteilung adäquater Ressourcen durch lokale und
zentrale Gesundheitsbehörden auszeichnet.
6.4 Die Praxissemesterstelle: West Visayas State University- College of Nursing - Iloilo City/Philippinen
Iloilo ist eine mittelgroße Stadt von ca. 370.000 Einwohnern. Iloilo meint im Dialekt der Region „wie eine Nase“ und beschreibt die nasenförmige Form der Küste. Die Region Panay gehört
zur Inselgruppe der Visayas, eine von vier großen philippinschen Gebieten (vgl. Peters, 1998 S.
561). In Iloilo City gibt es zahlreiche Colleges of Nursing, die überwiegend privat geführt sind. Die
Central Phillipine University (CPU) ist besonders erwähnenswert, da sie 1907 das erste philippinsche Ausbildungszentrum für Pflege gründete (GN 1, 3.1.01).
Das College of Nursing - als ein integraler Bestandteil der West Visayas State University- bildet seit
1978 junge Frauen und Männer in einem vierjährigen Studium zum Bachelor of Sience in Nursing
aus. Als staatliche Einrichtung verpflichtet sie sich, begabten und finanziell gehandikapten Bewerbern einen Studienplatz anzubieten. Kriterien für die Vergabe von Stipendien sind u.a. ein exzellenter High School Abschluß oder das Kind eines Staatsbediensteten (z.B. Veteranen des Militärs, Gemeindevorsitzende) zu sein. Im Gegensatz zu anderen Colleges erläßt die West Visayas State University nach eingehender Prüfung i.d. R. die Unterrichtsgebühren (vgl. Student Handbook, College
of Nursing WVSU).
Der Auftrag des College wird darin gesehen, ein Zentrum für hervorragende Leistung in der Pflegeausbildung zu sein Sie wollen Pflegende ausbilden, wie sie von der philippinschen Gesellschaft benötigt wird: „ nurses who are scientifically informed, socially aware, committed and technically
competent“ (Student- handbook, College of Nursing West Visayas State University S. 5).
49
In der Mission des Colleges heißt es: „The West Visaya State Univerity, College of Nursing is
committed to the advancement of knowledge, the preservation of cultural heritage and the promotion of the total development of the individual through qualitiy eduacation, research and community
service, in order that one can lead a useful and productive life as an individual and a nurse“ (vgl.
Bulletin of Information, WVSU, College of Nursing).
Der Ausbildungsprozeß soll darauf ausgerichtet sein, einen Wandel in Einstellung und Verhalten der
Studierenden zu erreichen, so dass Pflege als selbstbestimmte, integrierte Disziplin den Gesundheitsbedürfnissen der Menschen und ethischen Normen entspricht. (vgl. Bulletin of Information,
WVSU, College of Nursing).
6.4.1 Die Organisation des Studiums
Das Studium ist in vier Abschnitte/Level gegliedert, wobei jeder Level einem Studienjahr
entspricht. Die theoretischen Unterrichte am College werden kombiniert mit praktischen Ausbildungsteilen (Related- learning- experiences). Diese werden in den der Universität angegliederten
Hospitälern, in Gemeinden, Schulen, Betrieben und anderen Einsätzen des Gesundheitsdienstes (social- hygiene clinic) durchgeführt. Die praktischen Einsätze sind in kleinen Gruppen organisiert und
werden grundsätzlich von Praxisanleitern (perceptor, clinical instructor) didaktisch aufbereitet, kontinuierlich begleitet und an Ziele und Inhalte des Curriculums gebunden. Der Anteil von theoretischer Ausbildung und Praxiseinsätzen variiert je nach Ziel der Studiensequenz. Es werden im gesamten Studium mindestens 510 Unterrichtsstunden in der Theorie, sowie 1785 Stunden praktische
Anleitung bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche angeboten. Diese Zahlen
beziehen sich auf die Präsenszeit; zusätzlich haben die Studierenden vertiefende Arbeiten im Eigenstudium sowie das Abfassen von Berichten und Hausarbeiten zu leisten (vgl. Course Diskription,
Auszug aus collegeinternen Studiengrundlagen).
Zuständig für die Lehre sind Professorinnen der Pflege, die den Masterstudiengang absolviert haben
und in der Regel eine Promotion aufweisen, sowie Teilnehmerinnen des postgradualen Masterstudienganges Sience of Art in Nursing. Männliche Pflegende stellen auf den Philippinen eine kleine
Gruppe von geschätzten 5% der Berufsangehörigen dar (vgl. GN u. FB 8.1.01).
Aufnahmebedingungen
Die Bewerberinnen müssen einen abgeschlossenen High- School Abschluß vorweisen und zum oberen Level der schulischen Leistungen gehören (upper 40% of graduating class). Ihr Aufnahmealter
50
beträgt zwischen 16 und 17 Jahre, so dass sie während der Teilnahme nicht älter als 21 Jahre sind.
Bewerberinnen dürfen nicht verheiratet sein und müssen eine schriftliche Bestätigung über einen
guten moralischen Charakter vorweisen. Sie sollen spezielle Aufnahmetests mit einem überdurchschnittlich guten Ergebnis absolvieren und über eine gute Gesundheit verfügen. Schließlich dürfen
die Bewerberinnen nicht einen anderen College Kurs belegen, bzw. abgeschlossen haben. Als Teilnehmerinnen des Studienganges zahlen sie, sofern sie kein Stipendium haben, Gebühren für Unterrichte am College, für die praktische Ausbildung und für weitere Aktivitäten und Registrierungen
(vgl. Student – Handbook S. 7 ff).
6.4.2 Die curriculare Gestaltung des Studiums
The Revised BSN Curriculum
Dem Studium liegt das überarbeitete Curriculum zum Bachelor of Science in Nursing
zugrunde (gemäß CHED Memorandum Order No.10 Series of 1998), das ursprünglich 1990 entwickelt und für das philippinische Pflegestudium verbindlich ist. Zur Philosophie des Curriculums
gehören ein ausgewiesenes Menschenbild sowie ein definiertes Gesundheits,- Pflege - und Bildungsverständnis.
Pflegeverständnis
Pflege wird als eine dynamische Disziplin verstanden, die als Geisteswissenschaft (art and science)
auf die Pflege von Individuen, Familien, Gruppen und Gemeinden abgestimmt ist. Pflege ist darauf
gerichtet, Gesundheit zu fördern und wiederherzustellen, Krankheiten vorzubeugen, Leiden zu lindern und dem Klienten ein Sterben in Würde und Frieden zu ermöglichen. Die pflegerische Assistenz bezieht sich auf die Reaktion des Klienten, (auf das Erleben seiner Gesundheits, bzw. Krankheitssituation, sic) unter Nutzung des Pflegeprozesses und Maßgabe ethisch- rechtlicher und moralischer Prinzipien“ (vgl. Laurente, 1993, S. 5 Übersetzung M.H.).
Bildungsverständnis
„Nursing Education stimmt mit der Philosophie der höheren Bildung (higher education) überein und
verpflichtete sich zu einer qualifizierten Ausbildung. Pflegeausbildung ist aktives Lehren und Lernen, multidisziplinär und verläuft in einem zyklischen Prozeß, der auf die Suche nach Wahrheit/Wirklichkeit gerichtet ist. (...) Nursing education will professionelle Pflegende bereitstellen, die
verantwortlich, nationalistisch und kreativ sind. Eine kritisch denkende Generalistin, die über Einstellungen, Wissen und Fähigkeiten in Kommunikation, Pflege, Forschung und Führungsqualitäten
51
verfügt. Pflege ist im Lichte globaler Belange an die Bedürfnisse der philippinischen Gesellschaft
ausgerichtet“( vgl.Laurente, 1993 S. 5 Übersetzung M.H.).
Abb. 2 Conceptual Framework of the BSN Curriculum. In Laurente 1993, S.3
Wie im Schaubild ersichtlich, wurden bei der Entwicklung des BSN Curriculums Faktoren berücksichtigt, die den Lehr- Lernprozeß beeinflussen: Gesundheit und gesundheitliche Probleme, lokale,
politische, soziale und ökonomische Bedingungen sowie gesetzliche und professionelle Standards.
Das Curriculum basiert auf den Merkmalen „Competency based und Community - centered“. Professionelle Kompetenzen werden als gewünschtes Verhalten verstanden, wie sie in der Darbietung
von Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen zum Ausdruck kommen ( K-S- A, Knowledge, Skills,
Attitude). Community – centered bedeutet, dass während des gesamten Studienprogramms LehrLernerfahrungen angeboten werden, die sich auf die Unterstützung von Gesundheit, Krankheitsprävention und Rehabilitation mit Klienten in der Community beziehen (vgl. ebenda, S. 4).
Im Studium werden drei Lehrbereiche angeboten, die je nach Ausbildungsstand inhaltlich und zeitlich variieren. Es handelt sich um General Education Courses, d.h. um allgemeinbildende Fächer
52
wie Kommunikation, Mathematik und Geschichte und speziell vom College verordnete Bereiche,
Professional Courses wie Biochemie und Statistik. Schließlich ziehen sich Nursing Courses, die
speziell auf die Pflege ausgerichtet sind, durch das gesamte Studienprogramm. Im Curriculum werden differenziert die zu erzielenden Kompetenzen je Sequenz vorgestellt. An dieser Stelle wird darauf nicht näher eingegangen, sondern Bezug auf übergeordnete Ziele der 4 Studienabschnitte genommen.
Level 1: Grundlagen der Pflege
Am Ende des ersten Jahres haben die Studentinnen ein Verständnis und Bewußtsein von sich selbst
als Individuum, als Mitglied der Familie, Gemeinde und der Welt erworben. Sie wissen um ihre
Verantwortung und Rechte und sind sich ihrer körperlichen, sozialen und kulturellen Umgebung
bewußt.
Level 2: Konzept von Gesundheit und Wohlbefinden
Am Ende des zweiten Jahres haben die Studentinnen
a. Auf der Grundlage des Konzeptes Gesundheit ein ganzheitliches Verständnis vom Menschen als
bio-psycho- soziales und kulturelles Wesen erworben.
Sie kennen Hintergründe zur politischen Geschichte des Landes und verstehen ihre Verantwortung als Bürger, als Mitglied einer Familie, des Gesundheitssystems (health care system) und der
pflegerischen Profession.
b. Sie erwerben erste Fähigkeiten in der Anwendung des Pflegeprozesses, der als Grundlage für
Pflege erachtet wird.
Level 3: Krankheitskonzept
Am Ende des dritten Jahres haben die Studentinnen ein mehrperspektivisches und umfassendes
Konzept von Krankheit erworben (soziale, ökologische, ökonomische und kulturell). Sie kennen
sowohl pathologische Prozesse als auch Copingstrategien des Individuums, der Familie, der Community unter Nutzung des Pflegeprozesses.
Level 4: Pflegemanagement
Am Ende des vierten Jahres haben die Studentinnen entsprechende Fähigkeiten für die professionelle Praxis erworben. Sie arbeiten unabhängig und/ oder in Zusammenarbeit mit anderen. Sie fördern
in jedem Setting Gesundheit, verhüten und kontrollieren Krankheiten, ob in einem Krankenhaus
oder im Community Health Center.
(vgl. Bulletin College of Nursing WVSU, Übersetzung M.H.)
53
Wie eine Spirale durchziehen vier Schlüsselkonzepte das Ausbildungsprogramm. Dabei handelt es
sich um die Konzepte Pflege, Kommunikation, Forschung und Führung. Im ersten Level werden
Grundlagen eines Schlüsselkonzeptes gelegt und in den Folgejahren weiter vertieft und erweitert. In
ähnlicher Weise wird der Erwerb von Kompetenzen in praktische Anleitungssituationen überführt
und evaluiert. Die weiteren Inhalte des Curriculums sind anhand der ausgewiesenen Schlüsselkonzepte übersichtlich gegliedert. Je Level werden die angestrebten Kompetenzen ausgewiesen, d.h. die
Beschreibung des gewünschten Verhaltens in einer gegebenen Situation. Ziele sind auf mittlerer und
hoher Abstraktionsebene operationalisiert und werden im letzten Teil des Curriculums mit methodischen Anregungen und entsprechenden Inhalten dokumentiert (vgl. Laurente, 1993).
Nachstehend ist zur Veranschaulichung das Schlüsselkonzept Nursing aus dem BSN Curriculum
aufgeführt.
Terminal and Level Competencies by Key Concepts
Key Concept 1: Nursing
The Student
Terminal Competency: Given a client in any health care situation, provides nursing care utilizing nursing process.
1.
Assesses client`s condition (health and health- related needs)
2.
Plans with clients and significant others appropriate nursing actions.
3.
Implements plan of car.
4.
Evaluate the effectiveness of care.
Level I: Given an actual situation, demonstrates ability to care for self, family or significant others
Level II: Given a healthy client and client with simple health needs/problems.
1.
Demonstrates competence in the promotion/maintenance of health and prevention of illness
2.
Demonstrates beginning competence in the utilization of the nursing process.
Level III: Given a client with complex health problems and life-threatening conditions in any health situation,
vides nursing care utilizing the nursing process.
3.
Given a group at risk, utilizes competence in the promotion, maintenance of health/ delay of onset of illness.
The Student
Level I: Given an actual situation, demonstratrates ability to care for self, family and significant others.
pro-
54
Attidtudes
Knowledge
Appreciates the importance of the Concepts of man, family, groups,
following
community
1. Concern for self and others
Culture
2. open-mindedness
Societey
3. simplicity
Care
4. modesty
Change
5. honesty
Spiritual Care
6. self-discipline
Quality of life
7. respect for the rights and re- Environment
sponsibilities of man
Health-illness continuum
Mental health
Stress
Adaptation
Concept of responsible citizen
Historical development of nursing
Scope of Prof. Nursing
Theories of Nursing
Overview of Nursing process
Nursing Ethics
Skills
Critical Thinking
Simple problem- solving
Interpersonal skills
Self-care
Level II: Given a healty client and clients with simple health needs and problems.
1. Deonstrates competence in the promotion/maintenance of health and prevention of illness
2. Demonstrates beginning comptence in the utilization of nursing process
Attitudes
Values the importance of:
1. Honesty
2. Accuracy
3. Discipline
4. Open-mindedness
5. Concern for the safety of clients
Knowledge
1. Care of healthy clients and
client with simple health
needs/problems
A. Nursing Process
1. Definition
2. steps: assessment, planning,
implementation and evaluation
B. Physical Assessment
Skills
-
6.
-
C. Comfort and Hygiene measures
Medical Aspesis
D. Environmental health promoInfection control to self, family
tion, prevention of illness,
and groups
health maintenance, zero waste
Safety measures
management
Infection prevention
E. Adminstration of drugs: oral
meds, vaccines
-
F.
Appreciates the importance of the 1.
interrelatedness of health to socio- 2.
cultural, political and economic
factors
G.
1.
Philippine health situation
Health profile
Socio-cultural, political, eco- nomic factors affecting health
Philippine Health Care Delivery System
health services (e.g. /23 of 93) OPLAN ALIS Disease
History taking
Taking of vital signs
Conducting physical exam
Giving of bed bath, sponge
bath, massage
Bed making, oral hygiene, care
of eyes and ears, hot and cold
therapy
safety measures handwashing
techniques
positioning
body mechanics
conducting health teaching
environmental health
Locating the sites
Preparing of drugs
Compute dosages
Injection
Critical thinking
Analytical
Synthesizing
Teaching Skills
55
2.
3.
Hilot (Finger pressure)
Program /projekcts of DOH
Health care structure e.g. DevoPreparing medicinal plants
lution
H.
1.
2.
3.
Primary Health
comcepts/ principles
Ex. Appropriate technology
Elements of PHC e.g. Health
Education Immunization People`s participation
I.
1.
Values of teamwork
2.
Accuracy
3.
Honesty
4.
Commitment
Appreciates the uniqueness of indi- a.
viduals, groups, famlies and community
Care of the community
nature and scope
roles, responsibilities, functions
community visit
home visits
Nursing process- CHN
assessment- community profile,
spot mapping, data presentation,
simple
analysis/interpretation
program planning, prioritizing
objectives strategies
implementation
evaluation
b.
c.
d.
5.
Assertiveness
Confidence
Courage
-
Home visit
Bag technique
Community Diagnosis
Critical thinking
Problem- solving
Presenting data in tables/graph
Analyzing data
Objective formulation
Community assembly
Teaching skills
Handling small groups
Community dynamics e.g. how
to conduct, group meetings
Techniques
6. Other specialized fields in CHN
6.1. School nursing
6.2. Community mental health nursing
6.3. Occupational health nursing
J.
1.
Values:
- The importance of the role of
2.
the family in health care
- Family life
3.
Family Health Nursing
Family as a unit of care in
community health nursing
Concepts of family-centered
care
Roles and functions of the
nurse in family care practice
4. Family health nursing process
4.1. assessment of family`s health
and nursing needs
4.2. Health tasks of a family
4.3. Strategies for increasing family`s capability for health care
4.4. Family Nursing Care Plan
Family Nursing Care Plan
Assesment of Family
Prioritizing of Family Health/
Nursing needs
Strategies
Evaluation of Care
Critical Thinking Skills
K. Maternal Child Health Care
(NP)
Values the importance of Life, Safe 1. Review of Anatomy & PhysiOB History- AOG; EDG computaologie
motherhood, Safe Sex
tion
2. Human sexuality
3. Responsible parenthood, safe Leopold`s manuever
56
motherhood, health benefits,
risks
4. Care of pregnant woman
4.1. Prenatal
4.2. Intra- natal
5. Post- partum care
5.1. breast feeding
5.2. care of the newborn
FHT;TT, Fundic HAT
Urinanalysis, weighing PE, enema,
handle acutal deliveries: home and
hospital
Perineal care, perilight care of episiotomy wound breast care, Apgar
score, cord care, monitoring vs.
aseptic technic
L. Growth and Development
1. infancy
Assessment skills
2. toddlers
Values the uniqueness of individu- 3. pre-schoolers
als and groups
Health teaching skills
4. schoolers
5. adolescents
6. adults
6.1. early
6.2. middle
6.3. late
- needs, poblems
- health promotion, maintenance
and disease prevention
- groups e.g. mothers, preschoolers
Caring
Genuine concern for others
Recognize individual differences in
responding to stress/illness
Open mindedness
Accepts limitation, humility
Accountability, commitment, responsiblility
Sensitivity to needs of others
Active listening, acceptance
Non-judgmental, objectivity
Confidentiality
Compassion
Always has time for people
Others before self
Conscientious
Honesty
Good role model
Assertive
Concern for safety, privacy and
comfort of patients in any procedure
Health- Illness continuum
Levels of Prevention
Levels of Care
Epidemeology
Significant risk factors
Effects of stress, adaptation and
management of stress
Disease causation
Pathophysilogy (disturbances in
02/F&E/Metab/Repro, etc.)
Psychosocial adjustment reaction
Anticipatory guidance
Maladaptive patterns of behavior
(Development Stages)
Crisis intervention
Therapeutic communication
Therapeutic N-P relationships
Death and dying
(Spiritual, cultural, psychosocial,
physical)
Life threatening situations (Biologic
crisis critcal care)
Prepared during emergencies (decision-making)
Bioethical, legal, moral coniderations
Nursing Process
- Assessment: significant data
derived from history, P.E., Laboratory/Diagnostic
exams.,
Nursing typology
Cognitive
Investigation skills
Problem-solving (inc.drug/dosage
comp.)
Assessment (inc. psychosocial assessment)
Critical thinking
Decision-making
Interpersonal
Communication
Counselling
Crisis Intervention
Teaching
Assertiveness
Psychomotor
Assessment skills (PE. Hx taking,
observation, considering all age
groups)
Emphasis on deviations
Indigenous/Appropriate tech
Preparation of herbal medicine
Accupressure, etc.
Nursing Process/ Techniques
02 Inhaltion
Sunctioning (oral, pharyngeal, etc.)
Pulmophysioty; CPR; IV therapy,
57
-
Mental and Psychosocial
CUP, Tube feedings, srubbing,
gloving, gowning, cardiac monitorPlanning: priority- setting, goal- ing, post-mortem care
setting (short, long term)
Documentation
Implementation:
Independent,
interdependent collaborative (health Actual Client Care
education, nursing procedures)
Utilizing the nursing process
Evaluation: Based on objective,
discharge planning
Therapeutic strategies (Pharmacotherapeutic,
Psycho-therapy,
Activity, Treatments, etc.)
Appropriate/Indigenous
(Herbal,
accupressure,
healing, etc.)
tech.
pranic
Community organizing-including
community program planning
Peri- operative care
Documentation
Abb.: 3 Schlüsselkonzept Nursing, als Beispiel für den inhaltlichen und strukturellen Aufbau des BSN
Curriculums
Quelle: Laurente, 1993, S. 30 ff
Die Einbettung von Community Health Nursing in das BSN Curriculum
Das BSN Curriculum basiert auf die Entwicklung von professionellen Kompetenzen. Die
Studentinnen werden dazu befähigt werden, die fundamentalen Schlüsselkonzepte Pflege, Kommunikation, Forschung und Führung in jedem pflegerischen Setting, d.h. sowohl in der Klinik als auch
in der Community anzuwenden. Damit ist Community Health Nursing ein integraler Bestandteil des
Studiums. Entsprechende Lehr- Lernelemente sind in jedes Schlüsselkonzept des Curriculums eingebettet. Daher erscheint es wenig sinnvoll, die entsprechenden Ziele und Inhalte des Bereiches
Community Health Nursing herauszufiltern und an dieser Stelle vorzustellen. Im folgenden Schritt
wird daher auf colleginterne Unterlagen Bezug genommen. Diese Lehrpläne (teaching – plan) geben
einen kurzen Abriß darüber, wie das College ihre Studentinnen theoretisch auf praktische Anleitungen vorbereitet und wie diese Inhalte in konkrete Anleitungssituationen überführt werden. Schließlich wird eine ausführlichere Darstellung des letzten praktischen Einsatzes in der Community vor-
58
genommen, da ein Großteil des Praxissemesterprojektes in der Teilnahme an dieser ausgewiesenen
Studieneinheit bestand.
6.4.3 Die Gestaltung praktischer Studiensequenzen im Bereich Community Health Nursing
Das College der WVSU sieht den ersten praktischen Community Einsatz im zweiten Level
vor. Ausgewiesenes Ziel ist es, den Studentinnen Lernerfahrungen anzubieten, damit sie innerhalb
der Familie und Gemeinde sowohl zur Erhaltung und Förderung von Gesundheit beitragen als auch
Krankheiten vorbeugen können.
Level II (Concept of CHN in nursing healthy individuals across the lifespan)
Über theoretische Einführungen werden die Studentinnen auf die Aktivitäten während des Einsatzes
in einem nahegelegenen Stadtteil vorbereitet. Sie halten sich in Begleitung der Anleiter ca. 8 Tage
(laut Unterrichtsplan 48 Stunden) in der Community auf. Dieser Einsatz zielt darauf ab, den
Studentinnen ein generelles Bewußtsein für die Arbeit in der Community zu verschaffen. Sie
erkennen die Familie als Basiseinheit von Pflege im Bereich Community Health Nursing. Die
Studentinnen führen erste Hausbesuche durch und lernen dabei, die gesundheitliche Situation einer
Familie zu erfassen. Dazu nutzen sie den ersten Schritt des Pflegeprozesses, das Assessment und
erstellen ein Familienprofil (s. Abb. 4). Sie sammeln Erfahrungen im Umgang mit der bag
technique, wobei es sich um eine Pflegetasche handelt, die notwendigste Utensilien für eventuell
anfallende
Pflegeverrichtungen
enthält
(z.B.
Abdeckmaterial,
Seife,
Desinfektionsmittel,
Thermometer, Verbandmaterial, Hilfsmittel für eine Entbindung). Die Ergebnisse der home- visits
führen zur Identifikation vorrangiger Health Teaching Themen, die in ersten Ansätzen vorbereitet
und im Laufe des Einsatzes praktiziert werden. Die Erfahrungen werden zwischenzeitlich unter
pädagogischer Leitung der Anleiter ausgewertet. Schließlich findet im College eine ausgewählte
Family Case – Präsentation statt. Der Einsatz endet mit einer Evaluation durch die Studentinnen und
Anleiter (vgl. Colleginterner Teaching Plan: N- 201 A: Related Learning Experience (RLE)
Concept: Community Health Nursing).
Level III (Conept of Nursing Process)
In diesem Projekt verbringen die Studentinnen drei Tage in einem zugewiesenen Stadtteil innerhalb
einer Familie. Wie bei allen praktischen Einsätzen üblich, werden offizielle Besuche mit Vertretern
der Stadtteile und Mitarbeitern der zuständigen Gesundheitseinrichtung (Health Office) vorgeschal-
59
tet. Zentrales Anliegen des Projektes ist, die Schritte des Pflegeprozesses in einer Familie mit gesundheitlichen Problemen anzuwenden. Das Konzept der Familien Pflegeplanung unterscheidet sich
von der herkömmlichen Pflegeplanung dadurch, dass der Klient die ganze Familie und nicht das
einzelne Individuum ist. In einem feinschrittigen Phasenverlauf werden die einzelnen Schritte erarbeitet (Beziehungsaufnahme zu den Familienmitgliedern, Datensammlung für das Assessment, die
Identifizierung des Familienpflegeproblems einschließlich der Ressourcen, die Einteilung der Probleme in Prioritäten, die Formulierung von Zielen und schließlich die Planung der Maßnahmen). Unter Anwendung der bag – technique werden entsprechende pflegerische Verrichtungen durchgeführt.
Am letzten Tag findet mit der Familie eine Evaluation der Familienpflegeplanung statt. Die Familienangehörigen sollen sich mit ihren Gesundheitsproblemen identifizieren und die gemeinsam entwickelten Strategien anwenden können. Im College wird erneut eine ausgewählte Familienpflegeplanung vorgestellt und mit der Studentinnengruppe ausgewertet. Schließlich findet die Bewertung des
Einsatzes statt. (vgl. Collegeinterner Teaching Plan N- 301: Related Learning Experience (RLE)
Neben den Einsatzorten Familie und dörfliche Gemeinschaft (4. Level) sammeln die Studentinnen
ausgewählte Lernerfahrungen in Schulen (school nursing), Betrieben (occupational nursing) und
Gesundheitseinrichtungen (hygienic clinic). An dieser Stelle wird keine weitere Beschreibung dazu
vorgenommen.
Level 4 (Community Organizing)
Der letzte praktische Einsatz in der Community dauert vier Wochen. Dieser findet bewußt in einer
ländlichen Region statt und soll den Studentinnen verschiedenste und komplexe Lehr- Lernsituationen eröffnen, in denen sie ihr bisher erworbenens Wissen, ihre Fähigkeiten und Einstellungen selbständig anwenden können. Die Praxisanleiterinnen begleiten ständig das Projekt. Sie halten sich
jedoch im Hintergrund auf, da die Studentinnen das Projekt selbständig organisieren und durchführen sollen. Im Mittelpunkt steht die Community Organisation, wozu vor allem Management und
Führungsqualitäten sowie die Zusammenarbeit im Team erforderlich sind. Vorgeschaltet ist ein
mindestens 80 Stunden umfassender Theorieteil in dem die nationale Gesundheitssituation des Landes erörtert und die Bedeutung von Gesundheit für die Entwicklung eines Landes festgestellt wird.
Im Unterricht werden die Rollen und Funktionen von Pflegenden im spezifischen Aufbau des philippinischen Gesundheitssystems identifiziert und das Anliegen des DOH Plans kritisch betrachtet.
Schließlich werden sie auf das Konzept der Community Organisation und die Bedeutung der Parti-
60
zipation aller Gemeindemitglieder bei dieser Aktivität vorbereitet (vgl. Colleginterner Teaching Plan
N- 401 Management of clients with altered Health Patterns).
Community Organisation bedeutet das Erschließen einer Gemeinde. Zunächst ist es Aufgabe der
Studentinnen, die organisatorischen Strukturen von Health Care in dieser Region zu erfassen. Sie
sprechen bei offiziellen Vertretern der Gesundheitsbehörde (local government unit) vor und holen
die offizielle Erlaubnis zum geplanten Projekt in der ihnen zugewiesenen Bevölkerungsgruppe ein.
Außerdem sollen die Studentinnen die Funktionen der jeweiligen Personen in der Bereitstellung von
Health Care in Erfahrung bringen. Im nächsten Schritt bauen sie eine Arbeitsbeziehung zu Mitarbeitern des Rural Health Office, einem öffentlichen Gesundheitszentrum dieser Region auf. In einem
offenen Forum besteht Gelegenheit zum persönlichen Kennenlernen, zur Darstellung von Aufgaben
und Funktionen der zuständigen Mitarbeiter: Arzt, Hebamme Public Health Nurse und Barangay
Health Worker. Ebenso sollen die Studentinnen Ziele und Inhalte des geplantes Projektes vorstellen
und Möglichkeiten der Kooperation erarbeiten. In der Community, einem ausgewählten dörflichen
Bereich von etwa 100 Haushalten verweilen die Studentinnen mit ihren Anleitern für die gesamte
Zeit des Projektes. Bislang war es üblich, auch in der Gemeinde zu übernachten, um einen tiefen
Eindruck vom ländlichen Leben und den Gesundheitsproblemen der Bewohner zu erhalten. Dieses
Vorhaben wurde erstmalig 2001 verändert, so dass die Studentinnen und Anleiter abends wieder in
ihre eigenen Familien und Haushalte zurückkehrten. Ein wichtiger Teil von Community Organizing
ist die Datenerhebung zum Gesundheitsstatus der Community. Dazu sollen sich die Studentinnen
unterschiedlichster Werkzeuge bedienen. Sie erstellen eine Spot Map, die zur Aufzeichnung der
geographischen Lage der Haushalte und zugehöriger Familienmitgliedern dient. Die Datensammlung wird erweitert durch Befragung des Gesundheitspersonals und Sichtung evt. vorhandener Dokumente (Sekundäranalysen). Den Hauptteil der Datenerhebung stellen Hausbesuche dar (Primärerhebung). Jeder Haushalt der zugewiesenen Barangay wird von den Studentinnen aufgesucht. Die
Familienmitglieder werden mit Hilfe eines strukturierten Fragebogens zu ihrer gesundheitlichen
Situation im Kontext von ökonomischen, ökologischen und kulturellen Bedingungen befragt. Erweitert wird die Erhebung durch gezielte Beobachtungen im häuslichen Umfeld (s. Abb. 4). Die gesammelten Daten ergeben schließlich eine Fülle demographischer, sozio- ökonomischer, politischer
und gesundheitsbezogener Daten. Die Ergebnisse des Community Assessments werden von den
Studentinnen statistisch ausgewertet und sollen- wie im Lehrplan ausgewiesen- für die Erstellung
einer Community Diagnose genutzt werden. In einer Gemeindeversammlung werden die Ergebnisse
der Bevölkerung und den Vertretern der Gesundheitsdienste präsentiert und ein gemeinsamer Plan
61
für Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. In der verbleibenden Zeit begleiten die Studentinnen in
Arbeitsgruppen die Gemeindemitglieder, um die erarbeiten Ziele und Inhalte umzusetzen. In einer
abschließenden Gemeindeversammlung sollen die Aktivitäten in der Community evaluiert werden.
Das gesamte Projekt wird am letzten Tag im College qualitativ ausgewertet und endet mit einer
schriftlichen Beurteilung (vgl. Colleginterner Teachning Plan N-401 Realted Learning Experience
(RLE) Concept Community Organizing).
Nachstehend ist der von den Studentinnen verwandte, strukturierte Fragebogen zur Datenerhebung
vorgestellt. Die statistische Auswertung der Daten ermöglicht Rückschlüsse sowohl zum Profil einer
einzelnen Familie als auch zum Profil einer Community (Community Assessment). Quantitative
Ergebnisse geben wie bereits erwähnt, Aufschluß darüber, wie der aktuelle Gesundheitsstatus der
Bewohner unter Berücksichtigung zahlreicher Einflußfaktoren determiniert ist. Im Idealfall sollen
mit den Gemeindemitgliedern und den Verantwortlichen der Gesundheitseinrichtungen Ursachen für
die häufigsten und dringlichsten Gesundheitsprobleme identifiziert und Konzepte zur Verbesserung
erarbeitet werden. Für die Studentinnen liefern diese Daten darüber hinaus Entscheidungskriterien
für die Auswahl von Themen der Health Classes (diese Unterrichte zu gesundheitsspezifischen
Themen werden während des Projektes kontinuierlich angeboten). Das College hält die
Studentinnen ferner dazu an, Familienpflegeplanungen zu erstellen, sofern sie dies für erforderlich
halten. Auch sollen sie während der Hausbesuche Health Services durchführen, die im Rahmen ihrer
Möglichkeiten stehen (Vitalzeichenkontrolle, gesundheitliche Aufklärung, kleinere Verbände,
Untersuchung von Schwangeren und Kindern, Entbindungen, Anleitung zur Nutzung von
Heilpflanzen etc.) Da dieser letzte Community Einsatz von den Studentinnen als eigenständiges
Projekt vorbereitet und selbständig durchgeführt wird (d.h. die Anleiterinnen stehen als
Ansprechpartner zur Verfügung, halten sich aber ansonsten zurück) ist den Studentinnen nur der
konzeptionelle Rahmen vorgegeben, die inhaltlichen Entscheidungen haben sie selbst zu treffen und
zu legitimieren. (GN. 10.1. 01)
62
West Visayas State University, College of Nursing
La Paz, Iloilo City
Community Health Survey FormFamily Profile
Name of Family Realtisonship
Member
to
Sex Age Civil
household
Educational/ Occupation Monthly
Status Attainment
head
1.
2.
3.
4.
Approximate monthly income: __________________________
Source/s of income: ___________________________________
II. Environmental Sanitation
A. Source of Water Supply
•
For drinking:
•
For bathing and
washing purposes:
_____________________________
_____________________________
Method/s of making
water:
_____________________________
B. Method of Garbage Disposal
•
for biodegradable wastes: ____________________________
•
for non- biodegradable
wastes:
_____________________________
C. Method of Human Excreta Disposal
_____________________________
Income
Religious
Affilitation
63
III. Health Status/Practices
A. Present health problem/s in the family (rank according to prioritiy)
1.
2.
3.
Name of the family member and illness ____________________
Attended by whom: ____________________________________
If not, give the reason: __________________________________
B. Health habits: (specify number of members)
________smoking
________ drinking alkohol
others, specity: ______________
________ eating raw food (fish for example)
C. Person/s consulted when with health problem/s (rank according to priority), and reason/s for choice
________ health professionals
________ folk healer
________ religoius goup
________ spiritualist
________ others, specifiy: ______________________
D. Pracites related to health promotions/disease prevention and cure (rank according to piority) and reasons
______ use of herbal medicines
______ use of prescribed meds
______ self- medication
______ religious practices
______ follow- up of health professional
E. Sources of health information
______ family
______ print media
______ health professionals
______ TV
______ friends
______ neighbors
______ radio
64
F. Immunization status of children (1 year- old and below)
______ Complete
______ Incomplete, type and number of immunizations to be
completed
Reason/s of non-completion: _____________________________________________
G. Mode of feeding (youngest child) _________________________________________
H. Immunization status of mother (15-49 years old) _____________________________
I.
Prenatal care (as of last pregnancy),
Place of prenatal ___________________ by whom? ___________________________
If wiht no prenatal, why? _________________________________________________
J.
Attendant at birth/delivery: ___________________ Place: _______________________
K. Family planning method used (for those practicing family planning method)
___________________________________________________________
Reason for choise ____________________________________________
Source of information about the method __________________________
Reason for not practicing (for non-practicing): _____________________
__________________________
Interviewer/ Date
Abb. 4: Colleginterner Fragebogen für die Datensammlung (Community Organization)
6.5 Zusammenfassung und erste Bewertung
Das BSN Curriculum ist ein transparentes und pädagogisch anspruchsvolles Curriculum. Ohne eine
vertiefende qualitative Analyse vornehmen zu wollen, darf festgestellt werden, dass das BSN Curriculum überwiegend den Anforderungen an ein Curriculum- wie es im deutschen Bildungssystem
verstanden wird- entspricht. Nach Knigge- Demal mit Bezug auf Robinsohn soll Bildung, hier verstanden als berufliche Bildung, auf die Bewältigung von gegenwärtigen und zukünftigen Situationen
des Berufes vorbereiten (vgl. Knigge- Demal in Sieger 2001, S. 43). Berufliche Handlungsfähigkeit
ist mehr als das beziehungslose Nebeneinander einzelner Fertigkeiten und Kenntnisse. Vielmehr
wird darunter die Fähigkeit zur vollständigen Handlung verstanden, also neben der Ausführung der
65
Arbeit auch die selbständige Vor- und Nachbereitung. Der Kreislauf der vollständigen Handlung,
der mindestens den Dreischritt „selbständiges Planen- Ausführen- Kontrollieren“ beinhaltet, ist zentraler Bestandteil der Ausbildung im deutschen Bildungssystem (vgl. Ott et al. 1999, S. 61). Dieser
Dreischritt kommt insbesondere in der didaktischen Verlaufsplanung des collegeinternen TeachingLehrplans (Community- Organizing) zum Tragen. Die konzeptionelle Version des BSN Curriculums
trägt m.E. dazu bei, die Ziele einer beruflichen Handlungsfähigkeit zu fördern und zu erreichen. Das
BSN Curriculum stellt sowohl die Entwicklung des Individuums als Mitglied der philippinischen
Gesellschaft als auch als Angehörige der Pflegeprofession in den Vordergrund. Bisherige Recherchen lassen zwar keinen Rückschluß auf eine ausgewiesene, dem Curriculum zugrundeliegende Didaktik erkennen, jedoch sind Beziehungen zu den klassischen didaktischen Fragen „Was, Wie und
Warum gelehrt und gelernt werden soll“ herzuleiten. Eine erste qualitative Bewertung zur Verzahnung von theoretischen Elementen mit praktischen Ausbildungssituationen kann an dieser Stelle
geleistet werden, da die Begleitung der Studentinnen in der Community und die Interaktion mit Lehrenden des Colleges einen erheblichen Raum während des Praxissemesters einnahmen. Bereits in
der Verwendung des Begriffes „related learning experiences“ kommt die enge Anbindung praktischer Ausbildungssituationen an Ziele und Inhalte des Curriculums zum Ausdruck. Die Praktischen
Einsätze werden von Lehrenden des Colleges konzipiert, kontinuierlich begleitet und ausgewertet.
Dadurch ist eine optimale Nutzung praktischer Lehr- Lernsituationen gewährleistet. Umgekehrt
werden ausgewählte Praxiserfahrungen (Fallbesprechungen) als Ausschnitte der Wirklichkeit in
schulische Lernsituationen überführt. Damit bereitet das philippinische Pflegestudium wissenschaftlich fundiert und an Ausschnitten der Berufswirklichkeit orientiert, Studierende auf den Beruf vor.
7 Empirische Ergebnisse
7. 1 Das Pflegestudium – ein Beitrag für eine bessere Zukunft der Filipinos
7.1.1 AIDS: „Acute Income Deficiency Syndrome“
Mit der Abkürzung „AIDS“ bringen philippinsche Collegemitglieder auf einer ironischen
Weise zum Ausdruck, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung unter Armut leidet. Bildung wird
als wichtige Chance erachtet, diesem Zustand wirkungsvoll zu entgegnen. So sieht sich das College
als staatliche Einrichtung verpflichtet, finanziell gehandikapten Bewerberinnen einen Studienplatz
66
bereitzustellen. Das College der West Visayas State Univerity hat im Vergleich zu anderen Einrichtungen in der Stadt die höchsten Teilnehmerzahlen. Der Staat zahlt in bestimmten Fällen ein Stipendium, so dass zumindest die Unterrichtsgebühren von etwa 250 P (13 DM) monatlich erlassen werden. Als Gegenleistung verpflichteten sich die Studentinnen über ein mündliches Abkommen, weitere zwei Jahre nach dem Examen im Land zu bleiben „to serve the country first“, bevor sie erwägen
ins Ausland abwandern. Die Aufnahmebedingungen am College sind eng gefasst und schließen die
Aufnahme von verheirateten, ausländischen und über achtzehnjährigen Bewerberinnen aus. Ebenso
dürfen Bewerberinnen keinen weiteren Collegekurs absolvieren oder abschlossen haben. Diese
Auswahlkriterien sollen jungen Filipinos die größtmögliche Chance auf einen abgeschlossenen Beruf ermöglichen. Im Falle einer Heirat und Elternschaft wird davon ausgegangen, dass sich die Studierenden nicht ausreichend auf das Studium einlassen können. Jeder Pflegestudentin ist bewusst,
dass sie nach dem Studium zunächst arbeitslos sein wird. Es gibt keine offenen Stellen für Pflegende
im Land. Damit wird an dem aktuellen Bedarf an Pflegenden im Land vorbei ausgebildet. Dennoch
erachten philippinsche Behörden es als bedeutsamer, möglichst vielen jungen Menschen die Chance
auf ein abgeschlossenes pflegerisches Grundstudium zu geben. Die dem Studium zugrundeliegenden
Ziele und Inhalte sollen die Studentinnen dazu befähigen, professionelle Pflege auf der Grundlage
von Wissenschaft bereitzustellen. Der Pflegeprozeß nimmt in dieser Hinsicht eine zentrale Stellung
im Studium ein. In Hospitälern erstellen Studierende für jeden Klienten eine individuelle Pflegeplanung, in Communities legen sie das Konzept der Familienpflegeplanung zugrunde. Am Ende eines
Praxiseinsatzes werden Fallbesprechungen im Unterricht präsentiert und ausführlichst besprochen.
Die Collegemitarbeiter wissen, dass Studentinnen nach dem Examen oftmals nicht mehr mit Pflegeplanungen arbeiten können. So ist ein familienprozeßhaftes Vorgehen in der Community nicht
möglich, da eine Community Health Nurse u.U. mit mehr als 20.000 Menschen arbeitet. Die Lehrende des College hoffen dennoch auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes.
Wenn sich die Arbeitsbedingungen im Land für Pflege verbessern und der Staat mehr Pflegende in
der Community einstellen kann, können Pflegende ihr Wissen anwenden.
7.1.2 Situation von Pflege
Die Zahl arbeitsloser Pflegenden auf den Philippinen ist hoch. Hospitäler und Communities
beklagen einen erheblichen Personalmangel, doch der Staat kann keine weiteren Stellen finanzieren.
Das örtliche Rural Health Unit beziffert die Zuständigkeiten von Health Professionals für Bevölkerungsanteile wie folgt: ein Arzt ist für 20.000, eine Public Health Nurse für 10.000 und eine He-
67
bamme für 5000 Menschen zuständig. So erklärt sich die lange Verweildauer von befragten Community Health Nurses an ihren Arbeitsplätzen, wobei die Hebamme bereits 24 Jahre und die Community Health Nurses 23 und 18 Jahre lang ihre Funktion in selbiger Gesundheitseinrichtung ausüben. Im ganzen Land sind Pflegende unterbezahlt. Oftmals arbeiten sie zeitgleich als „Volunteer“
in Hospitälern oder sonstigen Gesundheitseinrichtungen. Volunteertätigkeit auf den Philippinen bedeutet, als graduierte Nurse unentgeltlich zu arbeiten. Für die berufliche Zukunft ist das Vorweisen
pflegerischer Erfahrungen in Hospitälern wichtig. Diese Referenz verspricht ihnen größere Chancen
bei Bewerbungen im In- und Ausland. Zwar finden Graduierte in privaten Einrichtungen eher einen
Arbeitsplatz, doch ist das Gehalt in diesen Einrichtungen geringer als in staatlichen. Sofern Pflegende im Inland einen Arbeitsplatz finden, ist dieser häufig zeitlich befristet. Daher arbeiten sie zeitgleich als Volunteer in einer Klinik und kombinieren diese Tätigkeit beispielsweise mit Praxisanleitertätigkeiten am College of Nursing. Das häufig geäußerte Zauberwort für die Lösung ihres Problems lautet „greener pasture“. Dabei handelt es sich um Orte, die ein besseres Gehalt versprechen.
„Greener pasture“ ist das Hauptmotiv für eine Bewerbung ins Ausland. Pflegende auf den Philippinen haben nur wenig Wahlmöglichkeiten; denn im ganzen Land werden Pflegende unterbezahlt und
dies, obwohl die Hospitäler viel erwirtschaften. Die Berufsgruppe der Pflegenden erachtet sich als
die am meisten ausgebeutete Berufsgruppe auf den Philippinen. So besteht der ausdrückliche
Wunsch für die Zukunft von Pflege, dass graduierte Nurses nicht nur einen Arbeitsplatz im eigenen
Land erhalten, sondern auch, dass sich der Status von Pflege verbessert. Pflege soll im Department
of Health ein eigenes Sekretariat bekommen, das bisher von Ärzten besetzt ist. Mit der Einrichtung
eines Untersekretarites für Pflege, können die Belange der Berufsgruppe besser vertreten werden.
Auch wünschen sich Hebammen eine vom Staat bezuschusste, fortschrittlichere Ausbildung, die
dem Bachelor Degree angegelichen ist.
7.1.3 Ausbildung für den Export
Etwa 60% der philippinschen Pflegenden wandert nach Schätzungen der Collegemitarbeiter
ins Ausland ab. Die starke Familienorientierung verpflichtet sie, jede Möglichkeit zu nutzen, um
finanziell zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Da auch der Staat Steuern auf ausländische
Einkommen erhebt, tragen Over Sea Worker erheblich zur Stabilisierung der inländischen Wirtschaft bei. So schwanken die Teilnehmerzahlen am College zwischen 400 und 600 Studentinnen der
Pflege. Die Anzahl der Studierenden hängt von der ausländischen Nachfrage ab. In den achtziger
und neunziger Jahren warben die USA, Europa, Kanada und der Mittleren Osten um philippinische
68
Pflegende. In den späten neunziger Jahren stellte die USA die Anwerbung ausländischer Pflegende
ein. Damit ging eine Reduzierung der Studienplätze an philippinischen Colleges einher. In den letzten zwei Jahren wurden die Studienplätze wieder aufgestockt, da erneuter Bedarf aus Kanada, Australien, Neuseeland, den USA, Irland und England zu vermelden ist. Dieser Zustand verursacht bei
Mitarbeitern des College und Pflegende ambivalente Gefühle. Pflegerisches know- how und wirkungsvolle Potentiale, die zur Veränderung der gesundheitlichen Situation im eigenen Land erforderlich sind, wandern ins Ausland ab. Es stimmt sie traurig, weil so viele gute Pflegende das Land
verlassen. Es sind Freunde, fähige Lehrerinnen, Anleiterinnen und Pflegende aus den Fachbereichen
Intensiv, Kinderintensiv und aus dem Operationsdienst. Die Studentinnen und das Land benötigen
die Erfahrung und den Einfluß dieser Menschen. Doch die Entscheidung ins Ausland zu gehen, kann
den Over Sea Workern nicht verübelt werden, es ist ihre persönliche Chance. Jede von ihnen hat
bereits mehrmals über die Möglichkeit nachgedacht, ins Ausland zu gehen. Sie wissen, Pflegende
im Ausland sind einerseits glücklich, sie haben ein gutes Gehalt und können sich kaufen was sie
wollen, andererseits möchten sie auch nahe an der Familie auf den Philippinen sein. Die Entscheidung zu gehen oder zu bleiben fällt sehr schwer. Viele die das Land verlassen haben, versprachen
ihnen, nur für eine kurze Zeit zu bleiben, nur um Geld zu verdienen. Doch heimgekehrt sind sie
nicht, nur manche, aber erst im hohen Alter.
Philippinsche Pflegestudentinnen schätzen sich anpassungsfähig und flexibel ein, so dass sie überall
arbeiten können „Philippine nurses are well adapted and can work anywhere“. Sie werden zu ihren
Interessen und Motiven an einem späteren Arbeitsplatz im Ausland befragt. Von sechzehn befragten
Studentinnen können vierzehn Erhebungen ausgewertet werden. Dreizehn Studentinnen bestätigen,
dass sie sich um einen Arbeitsplatz im Ausland bewerben möchten. Nur eine Studentin verneint
dies, da philippinschen Menschen ihre Hilfe für die Verbesserung von Gesundheit benötigen. Elf
Befragte haben bereits konkrete Pläne als graduierte Nurse in den Vereinigten Staaten Amerikas zu
arbeiten. Gründe sind überwiegend familiäre Anbindungen (Tanten, Onkel, Cousinen), geringe
Sprachbarrieren und fortschrittliche medizinische Technologie. Sie geben an, dass Pflegende in den
USA und Europa als Berufsgruppe anerkannter sind. In zwei Fällen wird die Bundesrepublik
Deutschland als gewünschtes Zielland für eine Tätigkeit in der Pflege genannt. Das Zusammensein
mit der Gaststudentin und die deutsche Geschichte haben ihr Interesse geweckt. Jeweils einmal wird
Österreich und England (London) als bevorzugtes Land genannt, dies wiederum aus familiären
Gründen. Eine Tätigkeit im Mittleren Osten wird in einem Fall ausgeschlossen, da die Araber zu
streng seien.
69
Ein wichtiger Grund für eine Tätigkeit im Ausland stellt überwiegend das zu erwartende hohe Gehalt dar. Damit möchten sie ihre Familien auf den Philippinen unterstützen. Ihre Eltern und jüngeren
Geschwister benötigen finanzielle Zuwendungen für den täglichen Lebensunterhalt, Schulausbildungen und für die Sicherung der Zukunft. Sie versprechen sich von einem Aufenthalt in einem anderen Land neben der Erweiterung beruflicher Kompetenzen, das Kennenlernen anderer Kulturen
und persönliche Unabhängigkeit.
Für eine bessere Zukunft von Pflege auf den Philippinen wünschen sich die Studentinnen in allen
Fällen ein besseres Gehalt. So müssen sie nicht mehr als Pflegende im Ausland arbeiten, sondern
können die eigene Bevölkerung versorgen. Das Gehalt soll sowohl den geleisteten Diensten, als
auch im Verhältnis Pflegende – Patient angemessen sein. Weiterhin fordern die Studentinnen mehr
fortschrittliche Technologie in den Hospitälern, damit eine bessere Pflege der Menschen im eigenen
Land gewährleistet ist. Auch sollen genügend Medikamente bereitgestellt und die flächendeckende
Ausstattung mit Gesundheitseinrichtungen wie Hospitäler und Health Units verbessert werden. In
den Gesundheitseinrichtungen müssen mehr Pflegende eingestellt werden, damit Community Health
Nursing wirklich möglich ist; eine effektive und menschliche Pflege, die an den Bedürfnissen und
Glaubensvorstellungen der Menschen im Land ausgerichtet ist. Mit der Zielvorgabe des Department
of Health „Gesundheit für jeden Filipino“ ist die Lösung der Probleme Armut und Fehlernährung
verbunden. Schließlich soll sich der Staat um arbeitslosen Pflegende kümmern und die Praktik der
Volunteertätigkeit verändern. Arbeitslosigkeit der Pflegenden bedeutet Stagnation und steht in
keinem Verhältnis zum vierjährigen Pflegestudium.
7.1.4 Attraktivität von Community Health Nursing auf den Philippinen
Die Collegemitarbeiter gehen davon aus, dass die Tätigkeit in der Klinik bei den
Studentinnen beliebter ist, als die in der Community. Klinikerfahrungen sind in erster Linie für
Bewerbungen im In- und Ausland wichtig. Mit dem Communityeinsatz verbinden zahlreiche
Studentinnen negative Einstellungen, die vor allem an der körperlichen Belastung und den einfachen
Verhältnissen in der Community festgemacht werden. Erinnert werden Aussagen wie: „I could not
imagine myself walking in the maddy pat way on the rice fields.“, „...just like that eating grass, or
have to walk long distances under the heat of the sun“.
Die Studentinnen werden nach ihren persönlichen Erfahrungen während ihres Communityeinsatzes
befragt. In drei Fällen werden unangenehme Begleiterscheinungen des Communityeinsatzes an
staubigen Straßen und beschwerlichen langen Wegstrecken „under the heat of the sun“ festgemacht.
70
Als belastend werden auch Erfahrungen im zwischenmenschlichen Bereich beschrieben: „ ... when
families depent on you so much and ask for things for expample financially. My partner and me had
one family. We gave them some goods, we bought at a store. I think they were expecting we bring
them something everyday. When we didn`t bring anything the next day, they weren`t happy with me
and weren`t so friendly like the day before“ Eine andere Erfahrung bezieht sich auf störendende
Gefühle: „ I hate beeing emotional, like for exapmle the poor people and you feel ptiy“. Die Mehrheit der Studentinnen findet den Einsatz in der Community jedoch schön (it`s nice) und haben nichts
zu beanstanden. Anleiterinnen sehen die Belastungen während des praktischen Einsatzes im körperlichen Stress. Die langen Strecken über Berghänge und matschige Wege werden als beschwerlich
empfunden. Auch ist das häufige Nichtvorhandensein von Toilettenanlagen ein Grund dafür, während des Einsatzes wenig zu trinken und zu essen. Als die Studentinnen noch in der Community
übernachteten, gab es weitere Probleme. Sie hatten mit sechsunddreißig Studentinnen in einem kleinen Haus zu übernachten. Manche Studentinnen teilten sich eine Matratze, so dass der Schlafkomfort erheblich eingeschränkt war. Zusätzliche Probleme entstanden bei Krankheit der Studentinnen.
Die jetzige Situation, nach den Communityeinsätzen abends in die Stadt zurückzukehren ist eine
bessere Lösung für alle.
Lehrende finden es problematisch, Studentinnen für die Arbeit in der Community zu motivieren.
Zwar möchten sie Pflegende in ihrer Verantwortung für die gesundheitliche Entwicklung in der
Community stärken, doch ist dieser Anspruch schwierig umzusetzen. Es kann lange dauern bis
Pflegende eine Anstellung bekommen. In Wirklichkeit gibt es keinen offenen Stellen für
Community Health Nurses.
Um die Attraktivität von Community Health Nursing besser verstehen zu können, werden die
Studentinnen befragt, ob sie nach ihrem Studienabschluß als Community Health Nurse arbeiten
möchten. Fünf von vierzehn befragten Studentinnen antworteten mit Nein. Gründe für diese
ablehnende Haltung sind Pläne ins Ausland zu gehen, die Erkenntnis, dass die Arbeit in einem
Hospital angenehmer ist oder lieber in anderen Bereichen, z.B. als Militär Nurse arbeiten zu wollen.
Fünf Studentinnen würden gern als Community Health Nurse arbeiten, wissen aber, da es keine
offenen Stellen in der Community gibt und sie daher in einem Hospital arbeiten werden.„No, I have
to work in a hospital. But if there is a chance to work with people in the Community, it would be a
privilege for me“. Vier weitere Studentinnen zeigten deutliches Interesse, künftig als Community
Health Nurse zu arbeiten: „Yes, I would like to work as a Community Health Nurse. I would like to
help Communities and families in coping with their health problems“.
71
Für eine Community Health Nurse, die im Office arbeitet wird das Hauptproblem darin gesehen, mit
den vielen Unzulänglichkeiten umzugehen. Sie sieht eine Menge Probleme in der täglichen Arbeit,
am schlimmsten aber ist, dass sie nichts dagegen tun kann. Werden beispielsweise Medikamente
benötigt, kann sie diese nicht austeilen, da sie gar nicht verfügbar sind, selbst wenn sie willens
genug wäre, diese aus eigener Tasche für die Klienten zu kaufen. Auch ist es problematisch, dass
Menschen - vor allem in den Dörfern - an Praktiken traditioneller Wunderheiler glauben. Es dauert
lange, diese Ansichten zu ändern. Traditionelle Wunderheiler, auch „Quackdoktor“ genannt, sind
auf den Philippinen verbreitet. Spirituelle Glaubensvorstellungen herrschen vor allem in Dörfern,
die an Bergen gelegen sind vor. Menschen gehen u.a. zum Quackdoktor, weil sie für einen
Schulmediziner kein Geld haben. Allgemein wird von Community Health Nurses der Mangel an
materieller Ausstattung der Gesundheitseinrichtungen, unzureichende Lieferungen mit Hilfsmitteln
und Medikamenten, sowie das geringe finanzielle Budget beklagt. Sie vermissen außerdem die
Unterstützung durch Barangay Vorsitzende. Es ist zu wenig Gesundheitspersonal vorhanden und
schwierig, alle Aufgaben im Blick zu behalten. Einen Großteil ihrer Zeit nehmen Schreibarbeiten in
Anspruch. Vor allem das Anfertigen von Berichten bedeutet „paperwork“ „All we have to do is
paperwork, paperwork“. Die Community Health Nurse hat neben der Anfertigung von Berichten
noch andere Funktionen. Der Umgang mit diesen Belastungen ist abhängig vom Zeitmanagement
und den kommunikativen Fähigkeiten. Eine Community Health Nurse muß ihre Arbeit organisieren,
ihre Zeit einteilen und Aufgaben delegieren, damit sie ihre Arbeit erfolgreich bewältigen kann.
Andererseits wird kritisch angemerkt, dass Pflegende sich zu sehr als Manager des Rural Health
Office und als Supervisor der Hebammen verstehen und sich deshalb immer im Office aufhalten.
Dies wird als Fehlkonzeption im Bereich Public Health Nursing erachtet. Wenn eine Community
Health Nurse in der Lage ist, ihre Aufgaben zu überblicken, kann sie auch persönlich Familien
aufsuchen. Als Pflegende sollte sie sich ein eigenes Bild von Familien mit Krankheiten und hohem
Risiko machen. Sie kann sich nicht allein auf Berichte der Hebammen und ein einfaches Blatt Papier
verlassen. Sie muss in die Familien gehen und sich selbst von ihrem Zustand überzeugen.
7.1.5 Ausgewählte Lehr- Lernsituationen im Bereich Community Health Nursing
Praxisanleiterinnen vermitteln professionelle Fähigkeiten in pflegerischen Handlungsfeldern.
Sie erstellen einen Lehrplan, der an den Bedürfnissen der Studentinnen und den Zielen des Curriculums ausgerichtet ist. Der Lehrplan entspricht der Mission des Colleges sowie den Zielsetzungen der
WHO, den Vorgaben des Departments of Health und dem Board of Nursing. Für die praktische
72
Ausbildung in Community Health Nursing erschließen Anleiterinnen Communities und binden diese
für eine geraume Zeit an das College. Seit 1998 wird vom College das Konzept verfolgt, Praxiseinsätze des zweiten und dritten Semesters auch in der Stadt stattfinden zu lassen. Die Studentinnen
lernen den pflegerischen Auftrag in der Community kennen, wenden Instrumente des Community
Assessments an und erstellen Community Diagnosen. Im vierten Level ist das Konzept Community
Organizing. Dazu sind vor allem Führungskompetenzen und kommunikative Fähigkeiten erforderlich. Dazu bringen sie Studierende bewußt an Orte, wo sie Erfolge erleben. Falls die Studentinnen
mit den Aufgaben des vierten Levels in der Stadt beauftragt werden würden, haben sie Sorge, dass
die Studentinnen aufgrund mangelnder Begeisterung und Anteilnahme der städtische Familienmitglieder frustriert werden. Zwar ist die Akzeptanz einer Community Health Nurse sowohl von Einwohnern städtischer als auch ländlicher Regionen hoch geschätzt, doch gibt es Unterschiede auf der
Beziehungsebene. Im dörflichen Setting ist die Pflegende näher an der Community, es ist eine persönliche Ebene. Auch kann die Pflegende in einer Kleinstadt umhergehen und mit den Menschen an
der Straßenecke und in Geschäften in Beziehung treten. In größeren Städten ist das nicht mehr möglich. Die Community Health Nurse kann nicht tiefer in das Familienleben eindringen, weil jeder so
beschäftigt ist „everybody ist catching time“. Die Menschen kümmern sich eher um ihre eigenen
Angelegenheiten, als sich mit den Studentinnen auseinanderzusetzen. Teilweise haben die Studentinnen negative Erfahrungen bei Hausbesuchen in der Stadt gemacht. Als beispielsweise eine Studentin an die Haustüre einer Stadtwohnung klopfte, entgegnete die Bewohnerin: „again, you have to
interview us again, we are pissed of“. Es ist schwierig, die Menschen in der Stadt zu erreichen, besonders in einigen Bezirken, wo die Eltern tagsüber arbeiten und die Kinder im Haus zurückgelassen
werden. Stadtbewohner können außerdem im Falle eines Gesundheitsproblems direkt ein Krankenhaus aufsuchen, da um sie herum genügend Einrichtungen vorhanden sind. In dörflichen Regionen
sieht das ganz anders aus. Die Anleiterinnen haben Kriterien für die Auswahl von ländlichen Communities erstellt, die sie für ihre Projekte ans College binden möchten. Sie sollten zu den ärmsten
der Armen gehören, d.h. das Einkommen der Familien liegt in vielen Fällen unterhalb der Armutsgrenze. Es handelt sich um entlegene Dörfer, so dass die Bewohner einen weiten Weg zurücklegen
müssen, um einen Arzt, eine Pflegende oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Auch soll ein echter
Bedarf an Gesundheitsfürsorge vorhanden sein, der über Informationen zur Verbreitung von Krankheiten, dem Vorhandensein von sanitären Einrichtungen und dergleichen eingeholt wird. So kann
das Projekt einen zusätzlichen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation in der
Community leisten. Schließlich prüfen die Anleiterinnen, ob die Sicherheit der Studentinnen in der
73
Region gewährleistet ist. Bei diesem Projekt handelt es sich um die Fortsetzung der Projektarbeit
einer Studentinnengruppe des Vorjahres. Die Inhalte beziehen sich auf die von der Vorjahresgruppe
ermittelten Probleme und Bedürfnisse. Bestimmte Themen wurden von den Bewohnern der Barangay gewünscht, wie beispielsweise die Ermittlung von Vitalwerten, die Durchführung von Entspannungsmaßnahmen oder die Selbstuntersuchung der Brust zur Krebsvorsorge. Da die Erteilung von
Health Classes ein Weg ist, Prinzipien von Community Organizing anzuwenden, werden diese
Themen in das aktuelle Programm der Studentinnengruppe aufgenommen.
7.2 Community Organizing- ein Konzept zur Verbesserung des Gesundheitszustandes in der
Community
Community Organizing meint ein weites Konzept zur Erhebung und Verbesserung des
Gesundheitszustandes einer Community. Es wird auch als „participatory action research“
bezeichnet, da Communitymitglieder in Ziele und Aktivitäten des Projektes eingebunden werden
müssen. Erst wenn die Community die Ziele wirklich versteht und sich damit identifiziert, kann sie
die Pflegenden unterstützen. In einem Beispiel wird dargelegt, wie von einer Non Government
Einrichtung Aktivitäten und Ziele an den Möglichkeiten und Bedürfnissen einer Gemeinschaft
vorbei entwickelt wurden. Dabei handelte es sich um ein Projekt zur Aufforstung einer bestimmten
Region. Es wurden Bäume gepflanzt, doch bereits nach kurzer Zeit gingen diese Bäume Zeit ein.
Niemand hatte die Pflanzen bewässert. In dieser Region leben Menschen unter einfachen und armen
Bedingungen. Wie sollten sie unter diesen Umständen die Energie dafür aufbringen, Pflanzen zu
bewässern, da sie selber nicht einmal genug zu essen hatten.
Community Organization zählt zu den wichtigsten Erfahrungen der Studentinnen. Sie lernen, wie
die diagnostischen Instrumente im Community Setting einzusetzen sind, wie ein Programm zu
organisieren ist, wie offizielle Briefe verfaßt werden und wie der Prozeß der Familienpflegeplanung
genutzt wird. Sie arbeiten als Team zusammen und haben ihre Arbeit selbst zu organisieren. So
können die Studentinnen dazu beitragen, dass die Gemeindemitglieder ihre Probleme erkennen und
lernen mit ihnen umzugehen. Sie lernen bei weniger ernsthaften Krankheitssymptomen für sich
selbst und ihre Familienmitglieder zu sorgen.
7.2.1 Rituale und Regeln geben Orientierung und schaffen Verbundenheit
Bereits in den ersten Tagen der Teilnahme am studentischen Projekt fällt auf, dass das Projekt wie von Geisterhand gesteuert läuft. Die Studentinnen wissen überwiegend, was wann, wo und
74
wie zu tun ist. Die Anleiterinnen halten sich fast immer im Hintergrund und beobachten die studentischen Aktivitäten. Dies zeugt von einer dezidierten Vorbereitung des Projektes und einer kollektiven Verantwortung für die Umsetzung des Vorhabens. Die Studentinnen bestätigen diesen Eindruck
und erklären, dass sie auch an den Wochenenden, gelegentlich bis spät abends und mit Unterstützung von Freunden diverse Vorbereitungen treffen. Ihre Eltern und sie selbst sind stolz an diesem
College das Studium absolvieren zu können. Mit der erfolgreichen Teilnahme ist aber auch eine
Menge Fleiß und Engagement verbunden, da die Leistungsanforderungen des Studiums hoch sind.
Da sie einen guten Studienabschluß schaffen möchten, akzeptieren sie die Regeln des College und
arbeiten viel „to do all the requirements“. Ihren Lehrerinnen und Anleiterinnen gegenüber zollen sie
Respekt und bringen diesen mit der Anrede Ma`am offiziell zum Ausdruck (Ma`am: amerikanisch:
Madam: eine geschätzte, respektierte Person). Bereits am Orientierungstag des Projektes im College
of Nursing wird den Studentinnen Strenge angekündigt, die – wie sie selbst im nachhinein feststellen werden – zu ihrem Besten sei. Verstöße gegen die Kleidervorschrift werden direkt angemahnt
und notfalls sanktioniert. Die Studentinnen der Communitygruppe tragen sowohl während ihrer Zeit
im College als auch in der Community tadellos gepflegte Uniformen. Dabei handelt es sich um
dunkelblaue Hosen und blau- weiß gestreifte Oberteile, an denen eine Identitätskarte mit Namen,
Berufsbezeichnung, Paßfoto und Institution befestigt ist. Die Schuhe sind schwarz, geschlossen und
stets sauber geputzt. Die Studentinnen tragen ihr Haar hochgesteckt und mit einem Haarnetz versehen. Von den Anleiterinnen werden Hinweise zum Tragen der Communitytasche erteilt und der Inhalt auf Vollständigkeit geprüft. Die Studentinnen legen Wert auf ein korrektes Erscheinungsbild.
Sie betonen, in der Community einen guten Ruf zu vertreten. Indem sie sich sorgfältig kleiden und
gesundheitsbewußt verhalten, wollen sie als Gesundheitspersonal erkannt werden. In öffentlichen
Verkehrsmitteln, sowie beim Fegen von Böden schützen sie sich vor aufwirbelnden Staub, indem sie
kontinuierlich ein Taschentuch vor Mund und Nase halten. Sie kämmen oftmals ihr Haar und putzen
mehrmals täglich ihre Zähne. Bei Reinigungs- und Kocharbeiten legen sie ihre Uniformen ab und
schützen sich mit Schirmen vor Sonne und Regen.
Christliche Wertorientierungen und katholisch geprägte Rituale begleiten alle Aktivitäten. Allmorgendlich singen die Studentinnen im Jeepney (öffentliches Verkehrsmittel) gemeinsam das Lied
„Teach me O Lord“. Bei der Vorbeifahrt an Kirchen bekreuzigen sich bekennende Christen. Problematische Alltagssituationen, die im Vertauen auf Gott eine positive Wende erfahren haben, werden den Gruppenmitgliedern mitgeteilt. Auch Anleiterinnen und Lehrende beteiligen sich an diesen
Gesprächen. Es kommt vor, dass diese Erfahrungen über Mikrophon den Versammelten mitgeteilt
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und vertiefend besprochen werden. Zum Abschluß des studentischen Projektes pilgert die Studentinnengruppe stets zu einer Muttergottesstatue auf einem heiligen Berg in dieser Region. Sie vertrauen darauf, mit dem Segen der Jungfrau Maria das Examen erfolgreich zu bestehen. Auch in der
Community werden katholische Rituale gepflegt. Nach der Begrüßung der Gemeindemitglieder beten die Versammelten gemeinsam, bei Anwesenheit offizieller Vertreter wird zusätzlich die Nationalhymne gesungen. Ein klassisches Ablaufschema der Health Classes vermittelt den Besuchern
recht bald Orientierung. Zunächst wird mit einem Pre- Test (schriftlich zu beantwortende Fragen)
der Kenntnisstand der Besucher ermittelt. Danach erläutern die Studentinnen anhand von Postern
theoretische Informationen zum Thema. Sie demonstrieren entsprechende Maßnahmen mit einfachen Hilfsmitteln oder an mitgeführten Modellen. Anschließend leiten sie die Besucher zum Üben
einzelner Verrichtungen an. Besondere Bewunderung und Beifall erhält in diesem Zusammen der
Beitrag einer Studentin zum Thema Erste Hilfe. Sie erteilt den mitwirkenden Studentinnen klare
Anweisungen zum Schienen, Lagern und Transport von Verletzten. Die Anweisungen gleichen
Kommandos, sie werden zuvor einstudiert und während der Demonstration einhellig befolgt. So
kommt beispielsweise der von drei Personen durchgeführte Liegendtransport einer gelungenen Vorstellung gleich. Während der Feldphase in der Community halten sich die Anleiterinnen, wie bereits
berichtet, fast immer im Hintergrund. Die Studentinnen erstatten regelmäßig über durchgeführte
Aktivitäten Bericht. Lediglich an den Auswertungstagen im College regen die Anleiterinnen zu gelenkten Lehr- Lernaktivitäten an. Die Studentinnen erfüllen ihnen erteilte Arbeitsaufträge direkt aus
und finden sich rasch zu Gruppenarbeiten zusammen. In der Auswertungsphase des studentischen
Projektes wird die konstruktive Zusammenarbeit der Studentinnengruppe gelobt. Gleichzeitig erfahren sie eine scharfe Kritik an ihrer Leistung und ihrem Verhalten. Die Studentinnengruppe nimmt
diese Kritik ohne Einwände an. Für eine kurze Zeit schauen sie betroffen zu Boden. Doch bereits
einige Minuten später nehmen sie wieder offen und lachend an spielerischen Aktivitäten des Seminars teil. Diese bestehen aus Singen und Papierballwerfen zur Lernzielkontrolle.
7.2.2 Das Projekt der Studentinnen, kreatives Lernen in wenig vertrauten Welten
Pflegestudentinnen mit vielseitigen Fähigkeiten
Bereits im Vorfeld ihres Communityeinsatzes organisieren die Studentinnen diverse Einkäufe (Mineralwasser, Plätzchen, Obst), stellen technische Hilfsmittel bereit (Verstärker, Mikrophon),
malen Poster, fertigen Dekorationsmaterial an, erstellen Programmübersichten, Zertifikate und hal-
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ten Schreibwaren, Plastikstühle, Zeltplane und Putzmittel bereit. Bei der Anreise in die Community
wird alles mitgeführt, sogar eine Schreibmaschine, mit der offizielle Briefe an jeweils zu besuchende Einrichtungen verfasst werden. Alle Aufgaben scheinen verteilt zu sein. Die Studentinnen stellen
sich in den ersten Projekttagen als Gruppe in offiziellen Einrichtungen vor, wobei eine Sprecherin
die Absichten des Projektes darlegt. In Gruppen mit wechselnden Aufgabenstellungen planen, organisieren und führen sie Aktivitäten innerhalb der Community aus. Es gibt eine Gruppe, die eine
Spot- Map erstellt, andere nehmen Hausbesuche vor, die an verschiedenen Tagen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden. Als Gesamtgruppe haben sie Themen der Health Classes bestimmt und bereiten diese in Kleingruppen inhaltlich und methodisch vor. Gleichzeitig werden Kinderbeschäftigungsprogramme und Essenpläne für die Zeit in der Community erarbeitet und Zuständigkeiten geklärt.
In der Community gibt es zwei Aufenthaltsorte für die Zeit des Projektes. Während der ersten beiden Tage finden offizielle Einführungsveranstaltungen in einer Barangay Hall (Gemeindehaus) statt.
Mitarbeiter des Rural Health Unit (Arzt, Hebamme, Public Health Nurse) sowie der Bürgermeister
der Barangay sind geladen. Es werden sowohl Informationen zum geplanten Projekt der Studentinnen als auch Aufgaben und Verantwortungsbereichen der geladenen Gäste ausgetauscht. Die Studentinnen bereiten den Ort sorgfältig vor (reinigen den Boden, richten Stühle, bereiten technische
Hilfsmittel vor). In den Pausen sorgen sie für das leibliche Wohl und bieten Unterhaltung durch Gesangseinlagen. Der zweite Ort, ein von Privatpersonen zur Verfügung gestellter Vorplatz ihres Hauses dient in den folgenden vier Wochen als ständiger Aufenthaltsort. Die Studentinnen holen Hilfe
aus dem Dorf, um auf diesem Platz eine Zeltkonstruktion zu errichten. Die Dekoration wird befestigt, Stühle gereinigt und aufgestellt, sowie technische und visuelle Medien angebracht. Zwischenzeitlich nehmen andere Studentinnen Hausbesuche vor und erteilen Health Services, soweit diese
erforderlich sind. Diese bestehen aus Vitalzeichenkontrollen, vor allem Blutdruckmessen und dem
Feststellen der Körpertemperatur bei einer asthmakranken Familie (unter Einsatz der bag technique).
Eine Mutter bittet um die Reinigung des Bauchnabels ihres vier Wochen alten Babys. Das Kind
wird gleichzeitig gebadet, untersucht und Fragen zum Stillen geklärt. Eine Gruppe bereitet sich auf
das Wenden eines in Steißlage liegenden, ungeborenen Kindes vor. Die palpatorische Lagekontrolle
ergibt, dass sich das Kind in einer normalen Geburtsposition befindet. Zusätzlich wird bei dieser
Mutter eine Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung durchgeführt, die aus einer Bauchumfangkontrolle und der Ermittlung von Vitalzeichen besteht. Im Rahmen der Hausbesuche finden Beratungsgespräche zur Müllbeseitigung und zum korrekten Umgang mit Trinkwasserquellen statt. Ein ster-
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bender Mann wird besucht. Er ist zweiundfünfzig Jahre alt und leidet an starken Atembeschwerden
sowie Flüssigkeitseinlagerungen am gesamten Körper. Er ist hinter dem Wohnhaus unter einem
Baum auf einer Bambuskonstruktion gebettet. Ein Moskitonetz schützt ihn vor Insekten. Einige
Frauen mit Kindern halten sich in der Nähe auf. Er zeigt den Studentinnen seine bläulich verfärbte
und gespannte Haut. Sie richten die Kissen, lagern die Extremitäten und führen ein Gespräch. Er sei
bei einem Quackdoktor gewesen und werde bald sterben. Den Angehörigen empfehlen die Studentinnen zur Dekubitusprophylaxe die Verwendung junger Bananenblätter. Sie befinden, dass der
Mann von seinen Angehörigen gut gepflegt wird. Haben die Bewohner einen Kräutergarten angelegt, ist dies auf das erfolgreiche Projekt der Studentengruppe des Vorjahres zurückzuführen. Die
Familienmitglieder werden zu Erfahrungen in der Anwendung von Heilpflanzen befragt und erhalten gegebenenfalls weiterführende Informationen zur Anwendung. Eine Bewohnerin berichtet, wie
sie von den Unterrichten der letzten Studentinnengruppe profitiert hat. Seitdem konnte sie erfolgreich einen Infekt im Urogenitaltrakt mit Heilpflanzen bekämpfen. Das philippinische Department
of Health hat die Wirkung von zehn heilkundlichen Pflanzen anerkannt und ein Programm zu Verbreitung der Anwendungsmöglichkeiten entwickelt. Das traditionelle Wissen um heilkundliche
Pflanzen wurde wieder kultiviert, da finanzielle Probleme die Leistungen von Gesundheitsdiensten
behindern und Menschen es sich selten leisten können, die vom Arzt verordneten Medikamente zu
kaufen. Gleichermaßen betont das Gesundheitsministerium den Wert von Heilpflanzen, weil sie im
Gegensatz zu pharmazeutischen Produkten geringere Nebenwirkungen hervorrufen. So wird beispielsweise der Wirkstoff der am Wegesrand wachsende Pflanze Ampalaya erfolgreich zur Senkung
des Blutzuckerspiegels eingesetzt. Von der wild wachsenden Lagundi- Pflanze werden Früchte oder
Blätter zu Tee verarbeitet und zur Linderung von Asthma, Husten und hohem Fieber eingenommen.
Bei Hautpilzerkrankungen, Krätze und Ringwürmern ist die äußerliche Anwendung des Saftes frischer Akapulcoblätter erfolgversprechend.
Am Nachmittag finden gewöhnlich Health Classes statt. Die Themen werden bei der
Gemeindeversammlung oder während der Hausbesuche angekündigt. An jeweils einen Nachmittag
wird ein Thema exemplarisch behandelt und am nächsten Tag weitergeführt, sofern es nicht
abgeschlossen werden konnte. Die Themen lauten:
-
Vitalwerte (Temperatur, Atmung, Puls, Blutdruck)
-
Der Umgang mit dem Fieberthermometer, der Einsatz von Wärme und Kältemethoden sowie das
Blutdruckmessen
-
Dengew- Fieber
78
-
Durchfallerkrankungen: Ursachen, Prävention, Gefahren und Verhalten bei Druchfallerkrankungen
-
Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen und Krebs
-
Entspannungsmaßnahmen
-
Erste Hilfe
Die Studentinnen sprechen mit der Bevölkerung Tagalog, einem regionsspezifischen Dialekt. Damit
möchten sie ihre Kommunikation auf die Gewohnheiten der Community abstimmen und
sicherstellen, dass die von ihnen dargebotenen Inhalte verständlich sind. Die Präsentation der
Themen findet an anschaulichen Beispielen und Demonstrationsmitteln, sowie akustisch verstärkt
über Mikrophon statt. Die Studentinnen sprechen frei und dem Publikum zugewandt. Sie erklären,
dass es ihre Natur ist zu entertainen und es ihnen wenig ausmacht, vor einer Gruppe zu sprechen zu
singen oder zu beten. Bewegungsspiele und Zwischengesänge lockern die Pausen auf. Gelegentlich
tritt eine Bewohnerin vor und singt für die Gruppe ein Lied.
Viel Freude und Begeisterung löst bei den Besuchern der sogenannte Post- Test am letzten Tag des
Projektes aus. Die Gruppenfindung der Teilnehmerinnen erfolgt über Tiernamen und Tierlaute, die
von den Anwesenden nachgeahmt werden. In der Gruppe erhalten sie unterschiedliche Aufträge, die
sich auf die Inhalte der bisherigen Unterrichte beziehen, z.B. die Zubereitung einer Elektrolytlösung
gegen Durchfall, das Schienen eines Armes, die Ermittlung der Körpertemperatur mit dem Thermometer oder die Anwendung einer Massage. Von den Studentinnen wird die Darbietung bewertet
und die beste Teilnehmerin ermittelt. Im Stile eines Wettbewerbes werden Preise und Urkunden für
den besten Pre- Test, die beste Darbietung im Post- Test und die häufigste Teilnahme an den Health
Classes verliehen. Erwachsene Teilnehmer erhalten am Abschlußtag ein Zertifikat, das von einer
Professorin des College mit Bekanntgabe der Unterzeichnenden verliehen wird. Die versammelten
Kinder erhalten eine Urkunde mit der Aufschrift „well – behaved“. Sie haben parallel zu den Health
Classes der Erwachsenen am Kinderbetreuungsprogramm teilgenommen. Die Kinder werden von
den Studentinnen mit Malen, Singen und Bewegungsspielen sowie kleinen Wettbewerben beschäftigt, damit Mütter und Väter ungestört an den Health Classes teilnehmen können. Weinende Kinder
werden von den Studentinnen getröstet und ihren Müttern zum Stillen gebracht. Die Studentinnen
vermitteln in diesem Rahmen auch gesundheitserzieherische Themen. Sie unterrichten Vorschüler
im ABC, unterweisen die Kinder in der Reinigung von Händen, Füßen und Zähnen sowie in der
Bedeutung des Tragens von Schuhen. Die Kinder haben die Studentinnen sehr gern. Abends rennen
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sie lachend und winkend hinter dem Jeepney her, das die Studentinnen, Anleiterinnen und Gaststudentin in die Stadt bringt.
7.2.3 Hausbesuche, ein Instrument zur Erfassung des Gesundheitszustandes und ein Ausflug
in fremde Welten
Nach einer etwa einstündigen Anreise mit dem Jeepney biegt das Verkehrsmittel von der
Hauptverkehrsstraße ab. Bislang säumten unendliche Reisfelder, in denen gelegentlich Wasserbüffel
grasten und riesige Zuckerrohrfelder die zweispurige Straße. Ein holpriger Feldweg und die Fahrt
durch riesige Wasserpfützen lassen den Motor des robusten Jeepneys gelegentlich aufheulen. Nach
etwa 500 Metern teilt sich der Weg in zwei Äste. Einige Männer sitzen rauchend auf einer Bambuskonstruktion und blicken den Anreisenden hinterher. Schließlich hält das Jeepney an einem Steinhaus, das Ziel für die nächsten Wochen des Projektes. Die Besitzer haben sich bereit erklärt, die
Health Classes vor ihrem Haus stattfinden zu lassen und einen Wohnraum für die Studentinnengruppe zur Verfügung zu stellen. Bald macht sich die Studentinnengruppe in Begleitung einer ortskundigen Dorfbewohnerin auf den Weg. Sie erstellen eine Spot- Map (Karte), die zur geographischen Lageorientierung der Haushalte und den zugehörigen Familienmitgliedern dient. So können
später die Haushalte gezielt aufgesucht und ein Familienverzeichnis erstellt werden. Erste Hausbesuche werden am folgenden Tag vorgenommen. Die Studentinnen sind mit der Community -bag,
Regenschirmen und einem strukturierten Fragebogen ausgestattet. Dieser Fragebogen wurde vom
Government konstruiert und wird vom College zur Datensammlung genutzt.. Er stellt ein Instrument
zur Erhebung des Gesundheitsstatus der Bevölkerung dar (s. Abb. ). Die Hausbesuche führen zu
Menschen in unterschiedlichsten Gebieten, Wohnungen und Ausstattungen. Überwiegend sind die
Haushalte entlang der beiden Hauptwege dieser Barangay angesiedelt. Einige Familien wohnen entlegen, sowohl von der Hauptverkehrsstraße entfernt, aus auch vom eigentlichen Zentrum der Barangay. Lange Wanderungen führen sowohl über Reis- und Zuckerrohrfelder als auch Berghänge, um
sie zu besuchen. Zwei kleine Sari- Sari Shops (eine Art Kiosk) dienen als Landmarks in der erstellten Spot- Map. Auf den Feldern findet gerade die Zuckerrohrernte statt. Die geschnittenen Zuckerrohrpflanzen werden von Frauen und Männer auf LKW geladen und später in Fabriken weiterverarbeitet. Die Erträge der Reis- und Zuckerrohrwirtschaft stellen die Haupteinnahmequellen dieser Region dar. An einer öffentlichen Waschstelle, etwas außerhalb des Dorfzentrums sind einige Frauen
und Kinder beschäftigt. Studentinnen und Anleiterinnen erklären verschiedene Pflanzen am Wegesrand, die als Heilmittel verwendet werden können. Einige in Uniformen gekleidete Kinder haben die
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Schule verlassen und suchen die elterliche Wohnung auf. Hier und da stehen Frauen und Männer in
Grüppchen beisammen und plaudern miteinander. Streunende Straßenhunde schnuppern an Müllresten, werden aber sofort von den Einwohnern verscheucht. Die Studentinnen kündigen sich freundlich rufend „is anybody around“ in den Häusern an. Gelegentlich verfügen die Bewohner über
Steinhäuser mit westlicher Innenausstattung wie Polstermöbel, elektrischen Haushaltsgeräten, westlicher Toilette und Garten. Überwiegend wohnen die Menschen jedoch in Bambushütten mit Wellblechdächern. Der Wohnraum ist mit Flechtmattenwänden unterteilt, hin und wieder führt eine Leiter auf eine zweite Ebene, die als Schlafstätte dient. In jeder besuchten Wohnung ziert ein Marienbild, eine Jesusstatue oder ein Kalender die ansonsten kahlen Wände. Manchmal ist im Wohnraum
kein befestigter Boden (Holz, Bambus oder Fliesen) vorhanden, sondern nur der festgestampfte Boden. Auf einer offenen Feuerstelle wird in einigen Wohnräumen das Essen zubereitet. Nicht selten
dient den Bewohnern eine Bambuskonstruktion oder ein Bettgestell ohne Matratzenauflage als
Schlafstätte. Babys und Kleinkinder sitzen in selbstgebauten Laufställen aus Bambus oder liegen in
einer aus Kokos geflochtenen Hängematte. Vereinzelt halten sich Haustiere wie Hühner, Küken und
Enten im Wohnraum auf. Hinter den Häusern befinden sich in Stallkonstruktionen einige Schweine.
Außerhalb des Hauses wird die Wasserversorgung überwiegend mit Pumpen geregelt, von denen
z.T. das Wasser über Bambusrohre zu den Haushalten geleitet wird. Sofern die Bewohner über keine
Toilette im Haus verfügen sind Toilettenhäuschen aus Bambus, Holz oder Beton hinter dem Wohnhaus errichtet. Auch gibt es Haushalte in dieser Barangay, die über keine installierte Toilette verfügen. Sie haben ein Erdloch ausgehoben und eine Zeltkonstruktion als Sichtschutz darum gespannt,
das sogenannte Katzenloch. Die Hausbesuche finden in einer offen Atmosphäre statt. Häufig sind
Nachbarinnen oder weitere Familienmitglieder bei der Befragung zugegen. Es wird Tagalog geredet,
gelacht, erklärt, gezeigt, verstanden, zugestimmt oder verneint. Die Studentinnen inspizieren das
Umfeld der Wohnungen und empfehlen im gegeben Fall bestimmte Vorkehrungen und Maßnahmen.
Dabei handelt es sich um Vorschläge wie das Wasser aufzubereiten ist, die korrekte Entfernung von
Toilette oder Müllbeseitigungsplatz zur Trinkwasserquelle- nämlich 25-30 Meter. Auch wird von
den Folgen des letzten Taifuns berichtet. Vor einem Monat fegte ein starker Taifun über diese Region. Der danach einsetzende, heftige Regen führte zu Überschwemmungen und zahlreichen Schäden.
Einige Menschen kamen dabei ums Leben. Das stehende Wasser begünstigt die Ausbreitung von
Degew- Fieber, eine durch Mosquito übertragende Krankheit, die zu lebensbedrohlichen hämorrhagischen Diathesen führen kann. Da bereits einige Menschen dieser Region erkrankt sind, wird das
Thema Dengew- Fieber aus aktuellem Anlaß in das Programm der Health Classes aufgenommen.
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Die Ergebnisse der Hausbesuche ergeben einen ersten Eindruck zur Situation der Community:
Von den zugewiesenen 83 Haushalten werden 77 besucht. Das durchschnittliche monatliche
Einkommen von 34 Familien liegt mit 500- 1000 Peso (25-50 DM) unterhalb der Armutsgrenze. 28
Familien verfügen über 1000 – 5000 Peso (50- 250 DM) und 15 Familien haben mehr als 5000 Peso
(mehr als 250 DM) für den monatlichen Lebensunterhalt zur Verfügung. Anhand dieser Zahlen kann
bereits festgestellt werden, dass 44% der Haushalte deutlich unterhalb der Armutsgrenze lebt. Um
ein Verständnis von den üblichen philippinischen Lebenshaltungen zu erhalten, sind nachstehend
einige Preisbeispiele aufgeführt:
1 kg Reis oder Tomaten kosten etwa 20 Peso (1DM)
1 kg Mango: 40 Peso (2 DM)
1 kg Geflügel: 80 Peso (4 DM)
1 Flasche Cola 7 Peso (0,35 DM)
1 l Rum: 30 Peso (1,50 DM)
1 T- Shirt etwa: 90 P (4,50 DM)
1 Schachtel philipp. Zigaretten 10 Peso (0,50 DM)
(Marktpreise in der Provinz Guimaras, Stand Januar 2001)
An dieser Auflistung wird deutlich, dass lebensnotwendige Produkte wie Nahrungsmittel und
Bekleidung verhältnismäßig teuer und Konsumgüter eher billig sind.
Die Entsorgung menschlicher Exkremente erfolgt in 42 Haushalten über ein geschlossenes
Wassersystem (Toilette, bei der nach dem Toilettengang Wasser von Hand aus einem großen
Behälter in die Toilette geschöpft wird), 10 Haushalte verfügen über eine Toilette mit westlicher
Wasserspülung. 24 Haushalte besitzen keine installierte Toilettenanlage, sondern ein pit privy, das
sogenannte Katzenloch und eine Familie führt die Notdurft im Bach durch. Unzureichende
Toilettenanlagen sind der Grund für zahlreiche Krankheiten. So stellt ein offenes, stehendes
Gewässer eine Brutstätte für Moskitos dar. Haustiere können das mit Erde zugeschüttete Katzenloch
aufkratzen und Krankheiten übertragen. Die Entstehung von Durchfallerkrankungen, Malaria und
Tuberkulose wird so begünstigt.
Die bei den Home Visits ermittelten Gesundheitsprobleme bestehen der Häufigkeiten nach in
Krankheiten wie Bluthochdruck, Fieber, Husten, Asthma, Tuberkulose und Durchfall. In der
Barangay gibt es gibt einen aktuellen Todesfall zu vermelden.
Bei bestehenden Gesundheitsproblemen sucht die Mehrzahl der Befragten (49) Health Professionals
auf, 28 Personen Folk healer und religiöse Gruppen. 39 Personen geben an, zur Gesundheitsunterstützung pflanzliche Wirkstoffe zu benutzen. Von den unvollständig erhobenen Daten zum Impfstatus der Kinder haben über die Hälfte einen vollständigen Impfschutz, fast alle Kinder wurden ge-
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stillt. Methoden zur Familienplanung wenden 25 der befragten Paare an. Zu den Praktiken der
Schwangerschaftsverhütung geben die Mehrzahl natürliche Methoden an. 15 Paare bevorzugen den
Koitus interruptus, 4 Paare die Kalendermethode, 5 Frauen nehmen die Antibabypille und eine Frau
erhält Hormoninjektionen. Als Gründe für die Nichtanwendung von Verhütungsmethoden werden
Unverträglichkeiten der Pille und finanzielle Probleme angegeben (obwohl die Antibabypille vom
RHU kostenlos ausgegeben wird). Andere Paare finden Verhütungsmethoden nicht angenehm (vgl.
Results of survey done by the CHN batch III s. Anhang).
Nach Einschätzungen der Anleiterinnen hat sich der Gesundheitszustand der Gemeindemitglieder in
einigen Bereichen verändert. Sie beziehen sich damit auf die Erhebung der Vorjahresgruppe. Leider
können dazu keine Vergleichsdaten herangezogen werden. Die Präsentation im Vorjahr hatte
ergeben, dass zahlreiche Bewohner nicht um die Problematik eines Katzenloches wußten. Sie
wurden aufgeklärt und darin beraten, vom lokalen Government eine Toilettschüssel anzufordern und
kostenlos installiert zu lassen. Schwangere wurden dazu ermutigt, Vorsorgeuntersuchungen von
Hebammen und Pflegenden im Gesundheitsoffice durchführen zu lassen. Dazu zählen auch
Impfungen, Vitamin und Mineralstoffgaben. Mit Ausnahme des Impfstoffes gegen Hepatitis B sind
Impfungen für Kinder bis zum 5. Lebensjahr und Schwangere kostenlos.
Am letzten Tag des Projektes werden die Ergebnisse der Gemeindeversammlung und allen
geladenen offiziellen Vertretern präsentiert. Die Zahlen werden rasch verlesen und bleiben
unkommentiert. Von der Gemeindeversammlung und den offiziellen Vertretern gibt es keine
Bemerkungen und Nachfragen. Angekündigt wurde, dass die Versammlung aufgefordert werden
soll, die Ergebnisse unter Anleitung der Studentinnen zu interpretieren und einen Plan für ihre
Gemeinde entwerfen soll. Dazu kommt die Gruppe nicht mehr, weil die Zeit zu knapp bemessen ist.
Die Studentinnen werden später von den Anleiterinnen in der Durchführung und Qualität der
Ergebnispräsentation kritisiert. Sie wird schlecht bewertet, die Anleiterinnen verlangen eine
sorgfältige Überarbeitung und Auswertung der Ergebnisse am College.
Bedeutung des Einsatzes für die Studentinnen
Nach Einschätzungen der Anleiterinnen ist es für die Studentinnen eine besondere Erfahrung, in den
Dörfern gewesen zu sein. Da einige von ihnen in der Stadt aufwuchsen, hatten sie nie zuvor Gelegenheit, das Leben in dörflichen Regionen kennenzulernen. Sie leben z.T. in guten bis luxuriösen
Verhältnissen, in eigenen Häusern und haben genügend zu essen. In den Dörfern erkennen sie, dass
es eine Menge Menschen gibt, die weniger Wohlstand haben. So verstehen sie das wirkliche Leben.
83
Sie können auch die Lebensweisen von Patienten in Hospitälern besser verstehen. Während des Projektes sollen die Studentinnen auf ihre zukünftige Rolle als Community Health Nurse vorbereitet
werden. Eine Community Health Nurse ist in erster Linie ein Lehrer (educator) und Supervisor. Die
Studentinnen haben während des Projektes viel Zeit für Interaktionen mit der Bevölkerung und
wenden kommunikative Fähigkeiten bei der Durchführung der Health Classes an. Dadurch, dass sie
das gesamte Projekte selbst planen, organisieren und durchführen entwickeln sie Führungsqualitäten. Die Studentinnen selbst beschreiben ihre wichtigsten Lernerfahrungen besonders in den Bereichen Teamarbeit, Erteilen von Health Classes und in dem Erleben der Community. Sie erachten es
als Ehre, mit ihren Klienten zu sprechen und Health Classes zu erteilen. Damit erfüllen sie einen
wichtigen Beitrag, um das Verhalten der Klienten zu beeinflussen und ihre Fehlinterpretationen aufzuklären. Über Hausbesuche und Health Classes ist der Aufbau einer guten Nurse- Klient Beziehung
möglich. So verstehen die Studentinnen die Bedürfnisse und Gefühle der Community, etwa was sie
in der Schule nicht lernen. Sie können qualitative Health Services in individuellen Situationen anwenden und verbessern ihre kommunikativen Fähigkeiten. Es ist für sie schön zu sehen, wie die
zugeteilte Hilfe mit einem Lächeln von den Familien wertgeschätzt wird. Während der Hausbesuche
fühlen sich die Studentinnen sehr mit den Familien verbunden. Einige haben bei Arbeiten im Haushalt mitgeholfen und die Kinder gebadet. Einen bewegenden Eindruck vom Familienleben beschreibt eine Studentin: „It`s nice to be with the family. Most of the families I had visited could
hardly eat three times a day. When the mother told me the kind of living they have I can`t stop to
cry. But all I can do is to give health teachings and let them realize the positve aspect of live and just
don`t stop trying the best to give their children a better future“. Sie beschreiben die Zusammenarbeit
in den Gruppen als großes Erlebnis. Jede gibt ihr Bestes und so haben sie ein gutes Auskommen. Als
Team kooperieren sie gut, jede mit ihren besonderen Fähigkeiten. „We should be open to comments,
ideas, opinions and suggestions of other persons as the saying: two head are better than one.“ Die
Teammitglieder respektieren und vertrauen einander. Sie sind durch diesen Einsatz unabhängig geworden und haben selber Lösungen für Probleme entwickelt. Einige Studentinnen schlagen vor, den
Communityeinsatz zu verlängern, um noch intensiver mit den Bewohnern zusammen zu sein. Manche möchten auch in der Community übernachten, um den Familien besser helfen zu können. Sie
möchten ihnen beim Führen des Haushaltes behilflich sein und einen Kräutergarten anlegen.
7.2.4 Das Projekt der Studentinnen – ein Höhepunkt im Leben der Dorfbewohner
84
Die Menschen in den ländlichen Regionen lieben es, wenn die Studentinnen in die Communities kommen. Schon bei der Ankündigung des Projektes reagierten die Kinder erfreut und sagten,
wenn die Nurses wiederkommen, werden wir eine Menge Spaß haben. Das Projekt bedeutet den
Bewohnern der Barangay viel. Sie geben zu verstehen, dass sie Hilfe und Anleitung in Gesundheitsfragen benötigen. Ihr Wohnort liegt von Gesundheitseinrichtungen weit entfernt, so können sie direkte Hilfe von den Studentinnen und Anleiterinnen erbeten, z.B. bei einer Geburt. Ihr zahlreiches
Erscheinen in den bisher durchgeführten Health Classes von mehr als den üblichen 20% zeugt von
ihrem Interesse. Zu den Health Classes erscheinen immer neue Besucher, auch männliche Bewohner
des Dorfes. Die Menschen kleiden sich gut und stellen ihre Kinder vor. Eine alte Frau kommt auf
einen Stock gestützt täglich zu den Unterrichten. Sie muß einen langen und beschwerlichen Weg
über einen Berg zurücklegen. Die Bewohner fragen die Anleiterinnen, wann die Studentinnen zu
den Hausbesuchen kommen. Sie wollen ihr Haus in Ordnung bringen, es soll gesehen werden. Wenn
eine Pflegende an die Haustüre klopft, ist das schon was Besonderes: „I could talk with a real nurse“. Auch ist es etwas besonderes für die Menschen den Blutdruck gemessen zu bekommen. Für
Pflegende ist das nichts besonderes, doch für die Menschen ist das schon was. Die Barangaybewohner schildern überwiegend, dass das Projekt für sie sehr hilfreich ist und sie viel lernen. Es ist der
Umgang mit dem Fieberthermometer, wie im Krankheitsfall für die Kinder zu sorgen ist und wie sie
einfache Hilfsmittel einzusetzen können, z.B. nach Hundebissen. Auch wissen sie wie Medikamente
anzuwenden sind und im Notfall erste Hilfe zu leisten ist. Über ihre Erfahrungen tauschen sie sich
später mit den Nachbarinnen aus. Auch halten sie die Anwendung von Massagen für jeden von ihnen sinnvoll. Sie finden die Unterrichtssequenz der Gaststudentin zur indischen Babymassage und
Fußreflexzonenmassage interessant und möchten diese ausprobieren. Anregende Rahmenbedingungen schaffen Pausengetränke und Snacks, die aus der Stadt mitgebracht werden. Es handelt sich
dabei um Plätzchen, süße Getränke, Mineralwasser, Suppen, gebackene Bananen und Kuchen. In
den Gemeindeversammlungen besteht Gelegenheit in „face to face Interaktion“ mit Pflegenden zu
treten und mit offiziellen Vertretern der Behörden, des Rural Health Centers und der West Visaya
State University zu sprechen.
Für die Kinder stellen die Unterrichte eine Art Sozialisation dar. Eine Mutter berichtet von den Erfolgen der letzten Gruppe. Nie hatte sie den Kindern vermitteln können, nicht barfuß zu gehen.
Doch nach den Health Classes waren ihre Kinder diszipliniert. Sie trugen Schuhe und wuschen sich
die Füße, da sie die Autorität der Studentinnen anerkannten. Die Gemeindemitglieder loben die Studentinnen, es ist die besondere Art, wie sie mit ihnen sprechen und ihre Kinder unterrichten. Die
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Kinder haben auch gelernt, wie das Haus sauber zu halten ist. Eine Mutter bedankt sich für die zugeteilte Ehre, dass ihr Kind von einer deutschen Schwester gebadet wurde. Die Gemeinde fordert die
Gaststudentin auf, für sie zu tanzen und die gesamte Gemeinde zu fotografieren, damit sie alle mit
nach Deutschland nehmen kann.
7.3
Das Selbstverständnis einer Community Health Nurse im Netzwerk philippinischer
Gesundheitsdienste
7.3.1
Die Community Health Nurse als Generalistin
Eine Community Health Nurse auf den Philippinen wird mit ihren vielfältigen Zuständigkeits
– und Kompetenzbereichen als Generalistin charakterisiert. Mit ihrem pflegefachlichen Hintergrund
muss sie Konzepte aus zahlreichen pflegerischen Feldern wie Chirurgie, Psychiatrie, Medizin und
Geburtshilfe kennen und in jedes pflegerische Setting integrieren können. Hinzu kommen Konzepte
aus dem Bereich Gesundheitswissenschaft (Public Health), die auf den Philippinen insbesondere in
der Umsetzung des nationalen Gesundheitsplans des Departments of Health zum Tragen kommen.
In ihrer Funktion als Managerin der Gesundheitseinrichtung hat sie Führungs- und
Managementaufgaben, sowie Unterweisungsfunktionen (Teacher/Educator) zu erfüllen.
Die im Projekt der Studentinnen erlebten Health Services, Health Classes und Erhebungen bilden
nicht den pflegerischen Alltag einer Community Health Nurse ab. Diese Funktionen übernehmen
auf den Philippinen Barangay Health Worker und Hebammen. Sie sind direkt in den Familien und
leiten Informationen an die Community Health Nurse weiter, die im Office (Health Unit) ist.
Hebammen und Barangay Health Worker sind den Community Health Nurses unterstellt und
werden als ihr verlängerter Arm „extended arm“ erachtet.
Die
Bevölkerung
wird
angehalten,
zu
Aktivitäten
der
Gesundheitsfürsorge
und
Gesundheitsverbesserung direkt in die Gesundheitseinrichtung zu kommen. Das örtliche Rural
Health Unit ist eine Art Gesundheitshaus, in dem Allgemeinarzt, Public Health Nurse, Hebammen,
Sanitary Inspector und Barangay Health Worker unter einem Dach vereint sind. Die Wochentage im
Rural Health Unit haben feste Programmpunkte, an denen sich die Bevölkerung orientieren kann.
Montags
ist
beispielsweise
Impftag
für
Babys
und
Schwangere,
Dienstags
werden
Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere vorgenommen. Insgesamt bestehen die Aufgaben des
Rural Health Office zu 70% aus präventiven und zu 30% aus curativen Maßnahmen.
86
Kompetenzen, die eine Community Health Nurse auszeichnen
Attitude/ Einstellungen
Eine Community Health Nurse sollte einen offenen Geist (open- minded) haben, flexibel,
dynamisch und verantwortungsbewußt sein. Die richtige Einstellung zum Beruf ist mit der Arbeit an
der eigenen Persönlichkeit verbunden. Auf der Beziehungsebene ist es wichtig zu reflektieren, wie
auf Menschen und Communities zuzugehen ist und die kommunikativen Fähigkeiten auf ihre
Klienten abzustimmen..Von großer Bedeutung ist die Art mit den Klienten zu sprechen, die Tonlage
und Modulation der Stimme. Wenn sie den Familien das Gefühl gibt, Zeit für sie zu haben, erhält sie
ein wirkliches Bild von der Familie ihren Problemen und kann harmonisch mit ihnen
zusammenarbeiten. Sie muß ausdauernd sein und in jeder Lebenslage die richtigen Entscheidungen
treffen. Dies betrifft auch die Kooperation mit Vertretern der Municipalties und des Local
Government Unit.
Skills/ Fähigkeiten
Sie sollte über Wissen aus allen pflegerischen Bereichen verfügen und fachlich geschickt sein. Dies
betrifft sowohl die Durchführung medizinischer Abläufe wie das Verabreichen von Injektionen,
Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen, als auch die korrekte und aseptische Handhabung von
Geburten. Auf den Philippinen entbinden die meisten Frauen ihre Kinder zu Hause. Sie rufen
Pflegende, Hebammen oder Hilots, d.h. geschulte Frauen aus der Umgebung zu Geburten.
Teacher/ Educator.
Im Idealfall führt die Community Health Nurse Aktivitäten zur Gesundheitsaufklärung und
Gesundheitsfürsorge in den Communities durch, wie im studentischen Projekt erlebt. Dies kann sie
natürlich nicht täglich leisten. Sie kann es eigentlich gar nicht tun, bei einer Zuständigkeit für 10.000
und mehr Menschen. Was sie tun kann ist, Gesundheitserziehung und Schulungsprogramme im
Rural Health Unit durchzuführen. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört auch die Durchführung von
Paarseminaren. Philippinsche Behörden machen es heiratswilligen Paaren zur Auflage, vor der
Heirat ein Familienplanungsseminar zu besuchen; denn ohne Familineplanungszertifikat gibt es
keine offizielle Erlaubnis zur Heirat. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit stellt die Schulung von
Hebammen und Barangay Health Workern in den einzelnen Programmen des Department of Health
dar. Die aktuellen Programme für das Jahr 2001 lauten:
Expanded program on immunization: Mit Impfprogrammen sollen die folgenschweren Verläufe der
häufigsten Krankheiten im Kindesalter kontrolliert werden. Darunter fallen Impfungen gegen
Masern, Polio, Tuberkulose, Diphtherie und Tetanus.
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National Family Planning Program: Dieses Programm zielt auf Gesundheit und Wohlergehen von
Familien ab. Aufklärung und Informationen liefern einen Beitrag zur bewußten Familienplanung,
darüber hinaus werden Hilfsmittel zur Empfängnisverhütung bereitgestellt.
Prevention and control of cardiovaskulär diseases and cancer: Mit diesem Programm will das
Gesundheitsministerium
einen
Bluthochdruckerkrankungen
und
Beitrag
deren
dazu
leisten,
Komplikationen
den
zu
steigenden
entgegnen.
Zahlen
von
Aufklärung
zu
gesundheitsfördernden Verhalten sollen bösartige Erkrankungen, vor allem der Lunge, Brust, Leber,
Zervix und Bauchorgane vermeiden helfen und Hinweise zur Früherkennung vermitteln.
Environmental Health Program: Gesundheitsprobleme, die aufgrund von Luft, - Wasser und
Bodenverschmutzung entstehen, sollen mit den Aktivitäten dieses Programmes minimiert werden.
Hospital as Centers of Wellness: Dieses Programm des DOH ist eher auf Bereiche der Klinik
gerichtet. Programme zur Krankheitsprävention, Familienberatung und Gesundheitserziehung sollen
auch im klinischen Bereich implementiert werden.
Control of tuberculosis and other communicable diseases: Schon lange Zeit wird vom
Gesundheitsministeium dieses Programm verfolgt. Es richtet sich gegen die Bekämpfung von weit
verbreiteten Krankheiten mit Todesfolge wie Tuberkulose, Bilharziose (Schistosomiasis) und
Malaria.
Herbal and Philippine traditional medizine: Damit wird die Anwendung von pflanzlichen Produkten
und traditionellen Praktiken wie Akkupressur gefördert.
National drug policy program: Es zielt darauf ab, die Versorgung der Bevölkerung mit
lebensnotwendigen Medikamenten zu verbessern. Diese sollen zugänglich, bezahlbar und verfügbar
werden. Damit einher geht die Förderung der lokalen pharmazeutischen Industrie.
Nutrition program: Es richtet sich vor allem an das Problem der Fehlernährung von Müttern und
Kindern. In Health Center werden vor allem Defizite in der Versorgung mit Eisen, Jod und Vitamin
A durch Substitutionspräparate aufgefangen.
Safe water and sanitation. Weil immer noch viele Krankheiten aufgrund unzureichender sanitärer
Anlagen
und
verunreinigtem
Trinkwasser
entstehen,
werden
dazu
zahlreiche
Aufklärungskampagnen und Initiativen gestartet.
Araw Ng Sangkap Pinoy: Dieses Programm zielt darauf ab, den versteckten Hunger (hidden hunger)
aufgrund unzureichender Vitamin- und Mineralstoffaufnahmen zu beheben. Die Strategien erstrecken sich auf die Verabreichung von Vitamin und Mineralstoffsubstiutionspräparaten, Aufklärung
zu vollwertiger Ernährung, Nahrungsmittelzubereitung und Aufbewahrung. Die Bevölkerung wird
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dazu angehalten, angereicherte Lebensmittel in den Speiseplan aufzunehmen, z.B. mit Vitamin A
angereicherten Reis (vgl. The Government Health Programs www. doh. gov.ph).
Die Community Health Nurse vermittelt den ihr unterstellten Gesundheitspersonen Inhalte der
Programme und Möglichkeiten, diese in die Community hineinzutragen. Zur Illustration gibt das
Government zahlreiche Broschüren, Comics und Demonstrationsmittel aus. Die Schulungen der
Mitarbeiter in den Programmen des DOH sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung.
Bevor Hebammen und Barangay Health Worker ihre Aufgaben auf Community Level wahrnehmen,
versichert sich die Community Health Nurse von ihren Fähigkeiten. Sie läßt die Mitarbeiter üben
und beobachtet sie längere Zeit. Damit stellt sie sicher, dass diese Personen kompetent genug sind,
um qualitative Health Services auszuführen. Für die Community Health Nurse gehören Wissen,
Fähigkeiten und Einstellung zusammen. Erst in dieser Kombination können qualifizierte Health
Services erbracht werden.
Supervisorische Funktionen
Da Hebammen und Barangay Health Worker den Community Health Nurses unterstellt sind, ist die
Community Health Nurse dafür verantwortlich ihre Arbeiten zu überwachen und zu überprüfen. Sie
kontrolliert diese Aufgaben über die Berichterstattung der Hebammen und überwacht, ob weitere
Krankheitsepidemien auftreten. Sie selbst kann keine Hausbesuche vornehmen und betrachtet die
Hebamme als „frontliner of health services“.
7.3.4 Hebammen als „frontliner of health services“
Hebammen auf den Philippinen verfügen über eine zweijährige Ausbildung. Neben ihrer originären Aufgabe als Geburtshelferin erfüllt sie ein weites Aufgabengebiet. Zunächst aber ist sie die
Ansprechpartnerin für Paare in Fragen der Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsvorsorge und
Beratung sowie geburtshilfliche Aufgaben. Sie arbeitet in einem Team mit weiteren Hebammen
zusammen und führt sowohl Arbeiten im Gesundheitsoffice als auch in den Communities durch.
Diese bestehen in der Umsetzung des Government Health Plans, wie die Durchführung von Impfungen, das Wiegen von Kindern, die Verabreichung von Substitutionspräparaten und die Ausgabe von
Medikamenten wie beispielsweise die Multi- Drug Therapie bei Leprakrankheit. Bislang leben Leprakranke auf den Philippinen noch in eigenständigen Gemeinschaften, da sie von der Bevölkerung
ausgegrenzt werden. Seit einigen Jahren wird vom Gesundheitsministerium das Konzept verfolgt,
Leprakranken ein Leben im gewohnten familiären Umfeld zu ermöglichen und dies mit Aufklä-
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rungskampagnen zu unterstützen. So hoffen sie die Kosten der Unterbringung in Lepradörfern zu
reduzieren und die Stigmatisierung abzubauen.
Hausbesuche werden in jedem Distrikt von Hebammen und Barangay Health Worker als Team
durchgeführt. Sie erstellen Familienverzeichnisse, erheben den Gesundheitsstatus der Communities
und erteilen Health Classes, sowie Health Services. Alle erhobenen Daten, Ergebnisse und Berichte
müssen der Community Health Nurse vorgelegt werden. Jedoch können Hebammen nicht sehr viel
Feldarbeit leisten, da viele Menschen ins Health Center kommen. Hebammen sehen ihren
verlängerten Arm wiederum in den Barangay Health Workern. Diese arbeiten für etwa zwanzig
Familien, in der Regel unentgeltlich und erstatten Bericht über den Gesundheitszustand in der
Community. Schließlich laufen alle Informationen und Daten wieder im Office bei der Community
Health Nurse zusammen.
7.3.5
All we have to do is paperwork
Gesundheitsdaten als Meßlatte für pflegerischen Handlungsbedarf und Erfolge in der Arbeit
Der Aufbau und die Struktur philippinischer Gesundheitsdienste wurden bereits an anderer
Stelle beschrieben. Betrachtet wird nun der Informationsfluß und die Konsequenzen bestimmter
Ereignisse, die auf Daten und Berichte zurückzuführen sind. Auf städtischer Ebene ist das City
Health Office eine Einrichtung, in der alle anderen Community Health Services zusammenlaufen.
Leitende Mitarbeiter stehen in Kontakt zu übergeordneten Einreichungen wie das Regional Health
Office und das Department of Health. Vom City Health Office zu den Communities sind
Verantwortlichkeiten und Aufgaben wiederum Health Offices in einzelnen Stadtteilen (districts)
übertragen, denen eigene Barangay Health Stations angegliedert sind.
90
DOH
Regional Health Office, local
government unit
City health office Iloilo, geleitet vom City Health
Cofficer (Arzt) und 10 Senior Public Health Nurses
Health office für
jeden District der
Stadt, geleitet von
PHN
District
Barangay Health
Stations/Midwife
oder PHN
Barangay Health
Stations/ Midwife
oder PHN
Barangay
Health Worker
Barangay Health
Worker/Hilots
Barangay
Health Worker
Population/ Community
Abb. 5 Informations- und Aufgabenfluß im Netzwerk philippinsche Gesundheitsdienste
Jeder Distrikt einer Stadt hat sein eigenes Gesundheitspersonal, eigene Ziele und eigene
Entscheidungskompetenzen für ein Kalenderjahr. Im Jahre 2001 sind Aktivitäten vorgesehen, die
Lösungsansätze zu bestimmten Problemen der Morbidität und Mortalität angehen. So ist jede Senior
Public Health Nurse Inhaberin eines regionsspezifischen Programmes. Sie sorgt dafür, dass Inhalte
eines Programmes wie beispielsweise „Control of acut respiratory infections“ in der betreffenden
Stadt verbreitet und implementiert werden. Dabei geht es um Maßnahmen zur Reduktion der
Kindersterblichkeit an Pneumonien.
Eine der Hauptaufgaben von Public Health Nurses besteht jedoch darin, Daten über die Community
zu sammeln und zu diese verarbeiten. Sie fertigt wöchentliche, monatliche oder jährliche
Ausführungsberichten an. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Anzahl geimpfter Mütter und
Kinder, sowie um Fälle von Pneumonien im Kindesalter.
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Abb. 6 Monatlicher Ausführungsbericht. Quelle: Main Health Center Iloilo City
Diese werden zur jeweils nächsthöheren Behörde weitergeleitet und schließlich zum Department of
Health. Dort findet eine Analyse der eingereichten Daten satt, auf deren Grundlage ein neuer jährlicher Plan entwickelt wird, „so it`s search of bases, statistical repords“. Die Community Health Nurse verbringt viel Zeit mit diesen Berichten und weiß manchmal nicht mehr weiter „The role of a
Community Health Nurse is realy heavy about paperworks in our organisation“. Ein Computer
könnte bei der Bearbeitung der Daten hilfreich sein, doch im Office ist keiner vorhanden. Trotzdem
möchte sie nicht die Priorität auf ein Blatt Papier lenken, es ist die Erbringung von qualitativen
Health Services für die Community.
Evaluation/Überprüfung zur Wirksamkeit der Pflegearbeit
Die Community Health Nurse kann bereits anhand der Ausführungsberichte erkennen, wie effizient,
bzw. erfolgreich die Arbeit auf Community Level ist. Es gibt Anhaltszahlen dafür, wie eine Gesundheitssituation einzuschätzen ist. Am Beispiel des Ernährungszustandes der Kinder wird dieses
Verfahren erläutert. Wenn festgestellt wird, dass von zwanzig untersuchten Kindern fünf mangel-
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oder fehlernährt sind (25%), hat sie dieses Ergebnis dem nächstverantwortlichen (Municipal Health
Officer) weiterzuleiten und bestimmte Maßnahmen, z.B. Ernährungsprogramme in die Wege zu
leiten. Zudem gibt es Formeln, bzw. Richtlinien vom Department of Health zu bestimmten Programmen des nationalen Gesundheitsplans. Diese sind auf einzelne Barangays, die von einer Hebamme oder Public Health Nurse geleitet werden, zugeschnitten. Am Beispiel der Vorsorgeuntersuchung von Schwangeren wird diese Formel erklärt: Besteht eine Barangay aus etwa 2000 Einwohnern kann davon ausgegangen werden, dass 3,5% der Bevölkerung d.h. etwa 70 Frauen schwanger
sind. Anhand von Ausführungsberichten kann die verantwortliche Community Health Nurse am
Ende einer Periode prüfen, ob sie ihre Ziele erreicht hat. Neben diesen harten Daten wird jedoch als
bestes Qualitätsmerkmal für Gesundheitsleistungen die Zufriedenheit der Bevölkerung erachtet.
Wenn die Menschen in allen Programmen und Aktivitäten der Pflegenden mitarbeiten, zeugt dies
von Akzeptanz. Wenn es keine Klagen in der Community gibt und keine weiteren Probleme im Bereich Mortalität und Morbidität auftauchen, heißt das, sie haben eine ihrer wichtigsten Aufgaben
erfüllt. Zufriedenheit macht sich auch an der Frequentierung des Health Centers bemerkbar und ist
in den Gesichtern der Besucher sichtbar.
7.3.6 Krankheit können wir uns nicht leisten
„We can`t affort to get sick“, diese Aussage wird nicht nur von Studentinnen geäußert, sondern von vielen Menschen der philippinschen Bevölkerung. So ist zu beobachten, dass nur vereinzelte Regentropfen- und dies bei tropisch warmen Temperaturen - eine Art Fluchtreflex auslösen.
Menschen laufen los, suchen einen schützenden Unterstellplatz oder bedecken mit Taschen, übergestülpten T-Shirts oder sonstigen Hilfsmitteln den Kopf. Durchnässte Kleidung kann eine Erkältung
oder schlimmere Infektionen nach sich ziehen. Eine ernsthafte Krankheit bedeutet, ärztliche Hilfe in
Anspruch zu nehmen, die bezahlt werden muß. Diese finanziellen Mehrausgaben stellen jedoch viele Filipinos vor große Probleme. So berichtet eine Frau der besuchten Barangay, dass ihr einziger
Wunsch für die Zukunft ihrer Familie ist, ihren starken Körper für die tägliche Arbeit zu erhalten.
Sie verdient als Waschfrau 150 Peso (7 DM) täglich und hat davon ihre neun Kinder zu ernähren.
Ihr Ehemann trinkt und hat keine Arbeit. Im Projekt der Studentinnen erwecken Themen zur Prävention große Aufmerksamkeit. In der Health Class zur Selbstuntersuchung der weiblichen Brust sind
die anwesenden Frauen sehr engagiert, die im mitgebrachten Modell versteckten Knoten zu ertasten
und führen am eigenen Körper entsprechende Tastbewegungen aus. Das große Interesse wird mit
den Folgen von Krankheit erklärt. Im Falle einer bösartigen Erkrankung steht den Frauen meist nur
93
eine Radikaloperation zur Verfügung. Die Operation und ein damit verbundener Krankenhausaufenthalt bringt viele Familien bereits in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. An eine anschließende Aufbauplastik ist nicht zu denken. Ähnlich verhält es sich bei Darmkrebs. Ein einmal angelegter
Anus- Praeter wird selten zurückverlegt. Eine Kolostomie kann meistens nur mit einfachen Hilfsmitteln wie Nescafetüten versorgt werden. Treten Zahnprobleme auf, ist es bereits bei jungen Menschen
erforderlich, Zahnextraktionen vornehmen zu lassen, da diese mit einmaligen Kosten verbunden
sind.
Um Gesundheitsleistung auch armen Mensch zugänglich zu machen, gibt es in staatlichen Hospitälern einen Sozialservice. Finanziell gehandikapten Patienten kann ein Nachlaß gewährt werden, so
dass sie nur noch einen kleinen Beitrag für die Behandlung zahlen. Auch gibt es auf den Philippinen
ein Gesetz, dass arme Menschen ein Anrecht auf kostenlose Medikamentzuteilung haben. Doch diese Medikamente können nur dann ausgegeben werden, wenn sie tatsächlich verfügbar sind. Wenn
Medikamente nicht geliefert oder im Budget enthalten sind, dann „sorry“. Auch gibt es korrupte
Medikamentenzuteiler. Sie verteilen Medikamente unrechtmäßig an Freunde und Angehörige, egal
ob sie krank sind oder nicht.
Philippinsche Krankenversicherungen erstatten derzeit etwa 10- 20% der Arztkosten. Doch die
Mehrzahl der Bevölkerung besitzt keine Krankenversicherung. Im Krankheitsfall haben sie alle
Rechnungen zu zahlen oder gehen zu traditionellen Wunderheilern. Manche Menschen bleiben
krank zuhause und sterben unbehandelt. Die Mentalität vieler Filipinos ist davon geprägt, sich nicht
vorsorglich um etwas zu sorgen. Wenn sie nicht krank sind, können sie sich nicht vorstellen, dass
eine Krankenversicherung wichtig ist „Why I have to pay? What is that for?“ Filipinos geben ihr
Geld aus, wenn sie es besitzen. Mindestens 50% des Einkommens wird bereits für Essen ausgegeben. Die starke Inflationsrate und der drastische Anstieg an Lebenshaltungskosten führt dazu, die
Bedürfnisse zu priorisieren. Wenn Familien Geld erübrigen können, spielen sie damit, sie würden es
nicht für eine Krankenversicherung ausgeben. Es ist schwierig, bei diesem geringen Bewußtsein
über Prävention zu sprechen. Obwohl Prävention einfacher und billiger ist als zu heilen. Ärzte und
Pflegende können ein verändertes Bewußtsein für Prävention und Gesundheit schaffen, doch es wird
sich nichts ändern, solange Pflegende ins Ausland gehen.
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8 Schlußbetrachtungen
Der viermonatige Aufenthalt auf den Philippinen ermöglichte tiefere Einblicke in die philippinische Lebensart, Mentalität und vor allem Gesundheit und Pflege beeinflussende Faktoren. Im
Zentrum aller Eindrücke und Erfahrungen stehen komplexe Kreisläufe, die die gesundheitliche Situation der philippinischen Bevölkerung bedingen und aufrechterhalten. Die nationale Gesundheitssituation ist durch vielschichtige sozio- kulturelle, ökonomische und politische Faktoren determiniert
und wurde an anderer Stelle beschrieben. Community Health Nursing wird als pflegerische Antwort
auf die gesundheitlichen Bedürfnisse einer Bevölkerung verstanden und richtet sich vor allem an
Familien und Communities. Derzeit werden Rollen und Funktionen einer Community Health Nursing noch deutlich vom einem staatlich gelenkten Handlungsrahmen (Standards, Gesetzte, Programme) geprägt. Damit sollen die dringlichsten und bedrohlichsten Gesundheitsprobleme des Landes erfasst, gemindert oder gelöst werden. Ein Konzept, das bei geringen finanziellen Ressourcen
des Landes, begrenzten personellen und materiellen Ausstattungen von Gesundheitsdiensten sowie
zahlreichen erschwerenden Rahmenbedingungen Erfolge zeigt. Mit der Dezentralisierung gesundheitsbehördlicher Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche wird eine bessere Abstimmung des
lokalen Gesundheitssystems auf regionale Bedürfnisse verfolgt. Unterstützt wird dieser communityorientierte Ansatz durch den Einsatz professioneller Instrumente der Pflege- und Gesundheitswissenschaft. So hat sich die gesundheitliche Situation der philippinschen Bevölkerung in den letzten
Jahrzehnten verbessert. Dennoch gibt es ein erhebliches gesundheitliches Gefälle. Nach wie vor
leiden viele Menschen- vor allem aus armen Schichten- an Krankheiten, die durch Prävention und
verbesserte Lebensbedingungen vermeidbar wären. Es sterben Kinder an den Folgen von Durchfallerkrankungen, die Mütter und Säuglingssterblichkeitsrate ist hoch und Körperbehinderungen, die
aufgrund des versteckten Hungers (Vitamin- und Mineralstoffmangel) entstehen, sind weit verbreitet. Philippinsche Pflegende verfügen über ein ausgezeichnetes Studium und können zu einem veränderten Bewußtsein für Prävention und zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation des
Landes beitragen. Ihren Einfluß können sie jedoch nur in geringem Maße der eigenen Bevölkerung
zukommen lassen. So wie Gesundheit vielschichtig determiniert ist, ist davon auch das Wirkungsfeld Pflege betroffen. Es werden sowohl die schwierigen Arbeitsbedingungen als auch die unverhältnismäßige finanzielle Entlohnung beschrieben. Im Land gibt es nur begrenzt verfügbare Arbeitsplätze für Pflegende, die Ausstattung mit Gesundheitseinrichtungen ist nicht flächendeckend
(dies betrifft vor allem die Landbevölkerung), und die Versorgung mit technischen Hilfsmitteln und
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Medikamenten ist unzureichend. So ergreifen viele philippinsche Pflegende die Chance, ihre persönliche, familiäre und berufliche Situation über einen gut bezahlten Arbeitsplatz im Ausland zu
verbessern. Die Philippinen exportieren nicht nur wertvolle Vitaminspender wie Obst und Gemüse
ins Ausland, sondern auch menschliche Potentiale, Pflegende mit hohen Fach- und Sozialkompetenzen. In vielen Gesprächen wurde deutlich, wie schwierig die Entscheidung „zu gehen oder zu bleiben“ für philippinsche Pflegende ist. Die Entscheidung „zu gehen“ trägt hoffentlich dazu bei, die
gewünschte, langfristige Verbesserung der Lebensqualität ihrer Nation zu erreichen. Lebensbedingungen, die philippinische Bürger für die Philippinen und auf den Philippinen gestalten können.
Ein wichtiger Anspruch des Praxissemesters auf den Philippinen bestand darin, die dem Thema
zugrundeliegende Fragestellung -Was ist Community Health Nursing? - zu beantworten. Die Erfahrungen am philippinischen College of Nursing und das intensive Erleben in der philippinschen Kultur trugen dazu bei, das Verständnis über ein noch wenig vertrautes pflegerisches Berufsfeld zu vergrößern. Am Beispiel des philippinschen Pflegestudiums wurde darüber hinaus deutlich, dass Community Health Nursing neben Konzepten der Pflegewissenschaft besonders von denen der Gesundheitswissenschaften (Public Health) geprägt ist. Diese Kombination ist in der deutschen Pflege noch
wenig verbreitet. Wie bereits eingangs beschrieben, ist Pflege hierzulande noch klar auf kurative
Aspekte ausgerichtet. Es wurde die Vermutung geäußert, dass in Deutschland ein geringes Bewußtsein für Prävention vorliegt, weil ein noch funktionierendes Sozialversicherungssystem im nachweislichen Krankheits- bzw. Pflegefall für die Wiederherstellung von Gesundheit, Rehabilitation
und Pflege sorgt. Diese Annahme konnte durch die philippinischen Erhebungen teilweise bestätigt
werden. Viele Filipinos besitzen keine Krankenversicherung. Da sie sich Krankheit nicht leisten
können, achten viele - wenn auch nicht alle - vorsorglich auf ihre Gesundheit.
Aber auch in Deutschland sind grundlegende demographische Veränderungen in der Bevölkerung
zu verzeichnen und stellen das Sozialversicherungssystem und die Gesellschaft allgemein vor große
Probleme. Mit der Konzeptualisierung eines neuen Berufsbildes - die Familiengesundheitsschwester- will die WHO für die Region Europa dem veränderten Bedarf an Pflege, Gesundheitsförderung
und Prävention Rechnung tragen. Natürlich wird sich die Familiengesundheitsschwester in Deutschland mit anderen volksgesundheitlichen Problemen beschäftigen, als die Community Health Nurse
auf den Philippinen. Besonders interessant und aufschlußreich waren jedoch Erkenntnisse während
des Praxissemesters, die dem Konzept Community Organizing entstammen. In der Bundesrepublik
Deutschland liegt zwar eine Datenfülle zur Verbreitung von Erkrankungen und Todesursachen vor,
jedoch sind diese Erhebungen nicht auf den daraus resultierenden Pflege- und Betreuungsbedarf von
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kleineren Einheiten wie Familien, Communities oder Stadtteilbezirke ausgerichtet. Außerdem gibt
es Wissenslücken, die im Datenschutz begründet sind. Damit ist es derzeit schwierig, ein exaktes
Bild zum Gesundheitszustand deutscher Bevölkerungsgruppen zu zeichnen. Auch gibt es noch keinen pflegerischen Handlungsrahmen, der gezielt auf den Pflege- und Betreuungsbedarf von Familien und Bevölkerungsgruppen ausgerichtet ist. Diese Lücke könnte die zunkünftige Familiengesundheitsschwester schließen, indem sie auf der Grundlage wissenschaftlicher Instrumente eine bedarfsgerechte, communityorientierte Pflege anbietet.
97
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Student – Handbook, College of Nursing, West Visayas State University, La Paz, Iloilo City, Philippines