Sturm und Drang Dauer der Epoche: 1765

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Sturm und Drang Dauer der Epoche: 1765
Epoche: Sturm und Drang
Dauer der Epoche: 1765 - 1785
Beschreibung:
Der Sturm und Drang ist eine verhältnismäßig kurze Literaturepoche, die auch nur von wenigen,
vor allem jungen Autoren, getragen wurde. Sie begann mit Herders „Fragmenten über die neuere
deutsche Literatur“ (1767) und endete mit Goethes und Schillers Wandel zu Klassikern.
Bei Goethe geschah dies durch seine Reise nach Italien und bei Schiller mit seinen Kant-Studien.
Historischer/Politischer Hintergrund:
Der Sturm und Drang und die Aufklärung überschneiden sich zeitlich, dadurch deckt sich das
politische System in Deutschland zur Zeit des Sturm und Drang mit dem der späten Aufklärung.
Es handelt sich um den aufgeklärten Absolutismus, der sich beispielsweise durch die Äußerung
Friedrich II., er fühle sich als „erster Diener des Staates“, kennzeichnet.
Es vollzieht sich ein Wandel von einer höfischen zu einer aufgeklärten absolutistischen
Herrschaftsform, die trotz ihrer relativ fortschrittlichen Haltung bei den Sturm-und-Drang-Autoren
ein Ungenügen an den sozialen Verhältnissen bemängeln lässt.
Kulturelle Voraussetzungen:
Die kulturellen und geistigen Voraussetzungen sind beim Sturm und Drang die selben wie in der
Aufklärung. Allerdings hält die junge Generation die Vernunftorientierung der Aufklärung für zu
einseitig. Sie bemängeln die Unwirksamkeit und die Erstarrung der Spätaufklärung.
Vor allem Jean-Jacques-Rousseau beeinflusste sie mit seinen gesellschaftskritischen, aber auch
emotionalen Abhandlungen. Die Stürmer und Dränger fühlten sich von Rousseau bestätigt und
betonten, dass jeder Mensch über Gefühle verfüge, die er auch zeigen solle. Dies führte zu einer
subjektivistischen Dimension in der Literatur, die die Bevölkerung emotional stärker ansprach als
die herkömmliche Kunst.
Epochenmotive:
Geniekult:
Die Vorstellung der autonomen, nur sich selbst verantwortlichen Persönlichkeit, übernahm Goethe
von Herder. Dieses Originalgenie bot einen Ausweg aus der absolutistischen Enge. Die Autoren
des Sturm und Drang sahen sich bald selber als „Genies“ und befanden sich daher in Konflikt zu
den realen gesellschaftlichen Zuständen. Von ihrem übergeordneten Standpunkt konnten sie dann
an den bestehenden Verhältnissen Kritik üben.
Bezug zu Shakespeare:
Die „Regellosigkeit“ seiner Werke inspirierte viele Schriftsteller zu einer Abkehr vom 3- oder 5aktigen Aufbau und zu einem schnellen Personal- und Schauplatzwechsel.
Kraftausdrücke, Neologismen und volkstümliche Wendungen fanden ihren Einzug in die Dramen.
Ossian:
Der Schotte James Macpherson veröffentlichte 1760 angeblich bislang verschollene Lieder des
altgälischen Bardens Ossian. Trotz der Tatsache, dass sich bald herausstellte, dass es sich um
Fälschungen handelte, zitierte sie Goethe in „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774)
„Zurück zur Natur“:
Ein Zitat Rousseaus betonte den Gegensatz Natur (Sturm und Drang) und Vernunft (Aufklärung).
Bewusstsein für die eigene nationale Kultur:
Herders Theorie, dass jedes Volk eine eigene Kultur, besitzt, die der jedes anderen Volkes
prinzipiell gleichwertig ist. Er warb für eine Rückbesinnung auf die eigene nationale Kultur und
für eine Abkehr von klassizistische französischen Vorbildern.
Bedeutende Dramen:
Das Drama war die am weitesten verbreitete Form im Sturm und Drang, besondere Werke sind
folgende:
- „Götz von Berlichingen“ (Goethe, 1773 / machte Goethe mit einem Schlag berühmt)
- „Die Kindermörderin“ (H. L. Wagner, 1776 / Gesellschaftskritik an Ständetrennung)
- „Die Soldaten“ (Lenz, 1776 / bürgerliches Trauerspiel / Handlung diente später Büchner als
Vorlage für „Woyzeck“)
- „Die Räuber“ (Schiller, 1781 / Sozialkritik)
- „Kabale und Liebe“ (Schiller, 1784 / bürgerliches Trauerspiel)
Bedeutende Epochenvertreter:
Johann Georg Hamann (1730-1788): Er verwendete erstmals den Genie-Begriff und entzog sich
bewusst dem Rationalismus der Aufklärung.
Johann Gottfried Herder (1744-1803): Ein Schüler Hamanns, der seine Genie-Vorstellungen
übernahm und stellte das sich von gesellschaftlichen Normen lösende und nur auf sich und seine
Erfahrung bauende Individuum in den Mittelpunkt (→ Umsetzung des Genie-Gedankens). Herder
reiste gerne und lernte dabei Lessing und Goethe kennen. Im Gegensatz zu Lessing, bei deren
Bekanntschaft sich keine nennenswerten Berührungspunkte ergaben, wurde Goethe für zwei Jahre
sein „Schüler“. Herder war eher wissenschaftlich interessiert, als dass er selber literarisch
wertvolle Werke geschaffen hätte.
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832): Goethe lernte in Straßburg 1770 Herder kennen und ließ
sich als literarischer Anfänger gerne von seinen Gedanken inspirieren. Ihre Bekanntschaft führte
zur Entstehung des Sturm und Drang als literarische Bewegung und beeinflusste auch noch spätere
Epochen. 1775 wurde Goethe vom Herzog Karl August nach Weimar gerufen und verbrachte dort
sein „erstes Weimarer Jahrzehnt“.
Friedrich Schiller (1759-1805): Aufgrund seines jungen Alters gehört er nicht zum eigentlichen
literarischen Kreis des Sturm und Drang, wird aber aufgrund seiner ersten Werke trotzdem dazu
gezählt. Ihm wurde ein Studium an der Militärakademie in Stuttgart ermöglicht, allerdings auf
Kosten des gewünschten Theologiestudiums. Er selber lehnte sich aber gegen diese militärische
Erziehung auf und las (verbotenerweise) Klopstock, Lessing und Goethe. Mit „Die Räuber“
(geschrieben mit 21 Jahren) gelang ihm zwar, das Publikum zu begeistern, doch der Herzog konnte
sich nicht so recht am sozialen Protest des Stücks erfreuen und verbot Schiller das Schreiben
weiterer Stücke. Er verließ Württemberg und zog nach Mannheim, wo er 1784 mit „Kabale und
Liebe“ das wohl letzte Drama des Sturm und Drang schrieb.
Außerdem gab es einige „Freundschaftsbunde“ wie beispielsweise den „Göttinger Hainbund“.
Sturm und Drang
Klassik
Selbstverständnis des
Dichters
Genie
Erzieher
Aufgabe der Dichtung
Veränderung, Sozialkritik
Bildung und Erziehung
Form
Regellosigkeit
Formstrenge, Regelhaftigkeit
Sprache
Geprägt durch Ausrufe, Ellipsen,
Inversionen, Kraftwörter, etc.
Hochsprache, „erhaben“,
Vergleiche, Metaphern
Rahmenbereiche der
Dichtung
Alltagsrealität der Gegenwart
Idealität der Antike
Bevorzugte Themen
Standesunterschiede, politische
Freiheit, Selbstverwirklichung
Humanität, Willensfreiheit,
Schuld und Läuterung
Bevorzugte Gattungen
Drama
Drama, Lyrik