Fragen-Antworten-FINAL - Kompetenznetz Maligne Lymphome
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Fragen-Antworten-FINAL - Kompetenznetz Maligne Lymphome
LYMPHOME Patienten fragen – Experten antworten Telefonaktion anlässlich des WELT-LYMPHOM-TAGs am 15.9.2010 Aufbereitung von Fragen und Antworten Anlässlich des diesjährigen Welt-Lymphom-Tags hat die DLH am 15. September 2010 zum dritten Mal in Kooperation mit dem Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V. (KML) eine bundesweite Telefonaktion durchgeführt. Sieben Experten des KML beantworteten zwischen 18 und 20 Uhr Fragen zu den Themen Hodgkin Lymphom, langsam und schnell wachsende Lymphome, Plasmozytom/Multiples Myelom und Chronische Lymphatische Leukämie: - Prof. Dr. Volker Diehl (Deutsche Hodgkin Studiengruppe, Köln) Prof. Dr. Hermann Einsele (Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom, Würzburg) Prof. Dr. Bertram Glaß (Deutsche Studiengruppe Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome, Hamburg) Prof. Dr. Michael Hallek (Deutsche CLL-Studiengruppe, Köln) Prof. Dr. Michael Herold (Ostdeutsche Studiengruppe für Hämatologie und Onkologie e.V., Erfurt) Prof. Dr. Wolfgang Hiddemann (Deutsche Studiengruppe Niedrigmaligne Lymphome, München) Priv.-Doz. Dr. Ralf Ulrich Trappe (Deutsche Studiengruppe Posttransplantationslymphome, Kiel) Einige Fragen und Antworten sind im Folgenden exemplarisch aufbereitet. Fragen zum Follikulären Lymphom Frage: Ich habe seit 9 Jahren ein follikuläres Lymphom im Stadium IVA. Bisher hatte ich keine Beschwerden, und es ist auch noch keine Therapie durchgeführt worden. Seit ca. einem Jahr habe ich einen Befall am Schädelknochen. Wie sollte jetzt weiter vorgegangen werden? Antwort: Es sollte eine Gewebeprobe entnommen werden, um auszuschließen, ob das Lymphom evtl. in eine aggressivere Form übergegangen ist. Frage: Ich habe ein follikuläres Lymphom Grad 1. Das Lymphom wurde zufällig bei einer Prostataoperation entdeckt. Was wird jetzt gemacht? Antwort: Zunächst wird eine vollständige Stadiendiagnostik durchgeführt. In Abhängigkeit vom Ergebnis wird über das weitere Vorgehen entschieden. Frage: Ich bin 66 Jahre alt und habe ein follikuläres Lymphom. Die Diagnose wurde 2002 gestellt. Leider sind seitdem trotz Therapie mehrere Rückfälle aufgetreten. An Therapien wurde bisher durchgeführt: Bendamustin, Cyclophosphamid in Kombination mit Rituximab, Bendamustin in Kombination mit Rituximab, CHOP. Von Januar 2009 bis Februar 2010 habe ich eine Erhaltungstherapie mit Rituximab bekommen, aber die Lymphome sind weiter gewachsen, wenn auch langsam. Der Versuch, Stammzellen zu sammeln, war erfolglos. Zurzeit werde ich lediglich regelmäßig kontrolliert. Was könnte man noch in dieser Situation tun? Antwort: Es sollte weiter der Verlauf beobachtet werden (wait & watch). Bei deutlichem Fortschreiten der Erkrankung mit Beschwerden durch die Lymphome kommt eine milde Chemotherapie, z.B. mit den Wirkstoffen Trofosfamid oder Chlorambucil, in Frage. Frage: Ich bin 64 Jahre alt und hatte vor 14 Jahren ein niedrig malignes Lymphom. Vor einigen Monaten wurde ein Rückfall diagnostiziert. Als Rückfalltherapie war geplant: 6 x Rituximab + Chemotherapie. Nach dem 4. Zyklus traten schwere Komplikationen mit Herpes zoster, Nierenversagen und Lungenentzündung auf. Die Behandlung wurde daraufhin abgebrochen. Meine Frage ist nun: Wie kann mein Immunsystem wieder aufgebaut werden? Antwort: Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, das Immunsystem gezielt zu stärken. Es besteht vielmehr die Gefahr, beim Einsatz von immunstimulierenden Substanzen wie Mistelextrakt das Wachstum des Lymphoms zu fördern. Da die viermalige Rituximab-Chemotherapie zu einem deutlichen Rückgang des Lymphoms geführt hat, besteht aktuell keine Notwendigkeit, diese Behandlung fortzuführen. Aus diesem Grunde sollte auf die Regeneration des Immunsystems gewartet und das Lymphom lediglich kontrollierend beobachtet werden. Frage: Ich habe ein follikuläres Lymphom und bin 45 Jahre alt. Die Diagnose wurde 2007 gestellt, anschließend erfolgte eine Behandlung mit Rituximab und Chemotherapie. Ich bin dann in eine Impftherapie-Studie eingeschlossen worden. Ist es sinnvoll, jetzt mit einer Erhaltungstherapie zu beginnen? Antwort: Eine Erhaltungstherapie zum aktuellen Zeitpunkt, d.h. 3 Jahre nach Therapieende, ist nicht sinnvoll. Als Erhaltungskonzept ist bereits die Impftherapie erfolgt. Bei dieser sog. „Vakzinierungstherapie“ wird das Immunsystem des Patienten mit einem individuell hergestellten Impfstoff (Vakzine) gegen das Lymphom aktiviert. Eine weitere Behandlung ist aktuell nicht anzuraten. Frage: Ich habe ein follikuläres Lymphom im Dünndarm und ein erhöhtes Immunglobulin M (IgM), ein Eiweiß, das von den Lymphomzellen gebildet wird. Mein Onkologe empfiehlt ein abwartendes Verhalten. Was meinen Sie? Antwort: Beim follikulären Lymphom im fortgeschrittenen Stadium ist es ein gängiges Vorgehen, zunächst mit der Therapie abzuwarten. Zur Absicherung sollte bei einem Lymphomspezialisten in der näheren Umgebung eine Zweitmeinung eingeholt werden [Zentrensuche siehe www.lymphome.de]. Frage: Meine Frau hat ein niedrig malignes B-Zell-Lymphom und wurde mit COP [Cyclophosphamid, Vincristin, Prednison] in Kombination mit Rituximab behandelt. Jetzt hat sie einen Rückfall. Welche Studie kommt für sie in Frage? Antwort: Die Deutsche Studiengruppe Niedrig Maligne Lymphome mit Sitz in München-Großhadern führt Studien bei diesem Lymphom-Typ durch. Es wäre sinnvoll, sich dort eine Zweitmeinung einzuholen. Frage: 1996 wurde bei mir ein follikuläres Lymphom im Stadium IV B festgestellt. Es wurde dann eine Therapie mit Mitoxantron, Chlorambucil und Prednison (MCP) durchgeführt mit anschließender Interferon-Erhaltungstherapie über weitere 2 Jahre. 2005 wurden hinter der Speiseröhre erneut vergrößerte Lymphknoten entdeckt (ca. 2 cm). Muss jetzt wieder eine Therapie eingeleitet werden? Wenn ja, welche (ich bin jetzt 69 Jahre alt)? Antwort: Zunächst muss gesichert sein, dass es sich um einen Rückfall des vorbestehenden Lymphoms handelt. Mit einer Therapie sollte begonnen werden, wenn die Erkrankung mit Beschwerden einhergeht, wie z.B. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, oder wenn die vergrößerten Lymphknoten andere innere Organe beeinträchtigen. Für diese sog. Zweitlinien-Therapie kommen neben der ursprünglichen Therapie auch folgende Therapien in Frage: CHOP [Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison], FCM [Fludarabin, Cyclophosphamid, Mitoxantron], Bendamustin und CVP [Cyclophosphamid, Vincristin, Prednisolon], jeweils in Kombination mit Rituximab (R). Bei Ansprechen auf diese Therapie sollte eine Erhaltungstherapie mit Rituximab angeschlossen werden. Frage: Ist eine Bestrahlung im Stadium I eines follikulären Lymphoms sinnvoll und ausreichend? Antwort: Eine Bestrahlung wird im Stadium I immer noch als Standardbehandlung empfohlen. Mit dieser Therapie wird in dieser Situation das Ziel der Heilung verfolgt. I II III IV A/B N/E Befall einer Lymphknotenregion oder eines extralymphatischen Organs oder Gewebes Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen oder extralymphatischen Organen oder Geweben nur ober- oder unterhalb des Zwerchfells Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen oder extralymphatischen Organen oder Geweben ober- und unterhalb des Zwerchfells Diffuser oder disseminierter Organbefall mit oder ohne Lymphknotenbefall Diagnosezusatz A ohne Vorliegen vom B-Symptomen, B beim Vorliegen einer B-Symptomatik Diagnosezusatz N bei Lymphknotenbefall, E beim Vorliegen eines Organbefalls Tab. 1: Stadieneinteilung nach Ann Arbor Fragen zum Mantelzell-Lymphom Frage: Ich bin 55 Jahre und habe ein Mantelzell-Lymphom seit 1997. Im April 2010 wurde ein Befall der Hirnhäute (Meningeosis) festgestellt. Ich wurde nach dem B-ALL-Protokoll + Rituximab behandelt. Geplant ist nun eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation. Sollte ich das machen? Antwort: Ja, dieser Therapievorschlag ist sicherlich sinnvoll. Frage: Ich bin 70 Jahre alt und habe ein Mantelzell-Lymphom im Stadium IVA. Die Diagnose wurde im April 2010 gestellt. Beschwerden habe ich nicht. Die Blutplättchen (Thrombozyten) liegen bei 80.000. Zurzeit wird nur beobachtet (wait & watch). Ist das so in Ordnung? Antwort: Bei gutem Befinden und offenbar langsamem Fortschreiten der Erkrankung ist dieses Vorgehen beim Mantelzell-Lymphom im Einzelfall gerechtfertigt, aber es sollten engmaschige Kontrollen durchgeführt werden. Bei einem weiteren Abfall der Thrombozyten sollte eine Therapie eingeleitet werden (Rituximab in Kombination mit Chemotherapie). Frage: Ich habe ein Mantelzell-Lymphom und bin 71 Jahre alt. Zunächst wurde eine Behandlung mit 4 x Rituximab und Bendamustin durchgeführt – mit bescheidenem Erfolg. Anschließend bekam ich Bortezomib [Velcade®] und Dexamethason, aber auch das hat nicht viel gebracht. Die HalsLymphknoten wurden bestrahlt. Was kommt sonst noch an Therapie in Frage? Antwort: Denkbar wären ansonsten die Kombinationstherapien R-FC oder R-CHOP. Sehr empfehlenswert wäre in Ihrem Fall, dass Sie sich in einem Zentrum mit großer Erfahrung im Bereich der Lymphomtherapie vorstellen [Zentrensuche siehe www.lymphome.de] Frage: Ich habe ein Mantelzell-Lymphom und bin 72 Jahre alt. Die Diagnose wurde 2008 gestellt, die 90 Behandlung bestand aus R-CHOP und anschließend Zevalin® [ Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan]. 2010 wurde ein Rückfall festgestellt. Dieser wurde zunächst mit Rituximab und Bendamustin behandelt, ohne Erfolg. Derzeit werde ich mit Temsirolimus [Torisel®] behandelt, aber auch das hat bisher außer Nebenwirkungen nichts gebracht. Welche weiteren Therapiemöglichkeiten gibt es? Antwort: Grundsätzlich käme eine Behandlung mit der Kombination DHAP [Dexamethason, Cytarabin, Cisplatin] und anschließend eine autologe Transplantation mit eigenen Blutstammzellen in Frage. Das sollte mit den behandelnden Ärzten besprochen werden. Prof. Dr. Alfred Feller Institut für Pathologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, (UKSH, Campus Lübeck) Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck Prof. Dr. Andreas Rosenwald Universität Würzburg, Institut für Pathologie Josef-Schneider-Str. 2 97080 Würzburg Prof. Dr. Martin-Leo Hansmann Universität Frankfurt, Senckenbergisches Institut für Pathologie Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt Prof. Dr. Harald Stein Praxis für Pathologie Hindenburgdamm 30 12200 Berlin Prof. Dr. Peter Möller Universitätsklinikum Ulm, Institut für Pathologie und Rechtsmedizin Albert-Einstein-Allee 11 89081 Ulm Priv.-Doz. Dr. Wolfram Klapper Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, (UKSH, Campus Kiel), Institut für Hämatopathologie und Lymphknotenregister Kiel Niemannsweg 11 24105 Kiel Tab. 2: Referenzpathologen für die Lymphomdiagnostik in Deutschland. Frage: Bei mir wurde im März 2010 ein Mantelzell-Lymphom diagnostiziert. Die Lymphknoten am Hals waren vergrößert, und das Knochenmark war befallen. Behandelt werde ich zurzeit im Rahmen der Studie „MCL elderly“ mit 6 x R-FC. Jetzt, nach dem 4. Zyklus, sind die Thrombozyten sehr niedrig (28.000). Wie geht man weiter vor? Antwort: Wenn die Thrombozyten zu weit abgesunken sind, wird im Folgezyklus die Therapiedosis angepasst. Bei aktuell 28.000 Thrombozyten besteht keine akute Blutungsgefahr. Eine Substitution ist daher nicht erforderlich. Es kann deshalb der Wiederanstieg abgewartet werden. Es sind jedoch regelmäßige Blutbildkontrollen erforderlich, um auszuschließen, dass die Thrombozyten auf einen Wert <10.000 abfallen. Fragen zu Morbus Waldenström/Immunozytom Frage: Ich habe Morbus Waldenström seit 2007. Das Albumin ist jetzt abgefallen, das IgM ist angestiegen, der Hämoglobin-Wert liegt bei < 10g/dl. Zurzeit wird nur beobachtet (wait & watch). Wie sollte weiter verfahren werden? Antwort: Die Durchführung einer Immunchemotherapie (Rituximab in Kombination mit Chemotherapie) kommt jetzt in Betracht, da eine ausgeprägte Anämie vorliegt. Frage: Ich bin 67 Jahre alt und habe Morbus Waldenström. Die Diagnose wurde vor einem halben Jahr gestellt. Die Blutarmut war schon so ausgeprägt, dass Transfusionen notwendig waren. Ansonsten wurde bisher keine Therapie durchgeführt. Wann sollte mit einer Therapie begonnen werden? Antwort: Die Therapie ist abhängig vom Ausmaß der Erkrankung und den erforderlichen Bluttransfusionen. Bei ausgeprägten Zeichen einer Anämie, wie sie bei Ihnen vorzuliegen scheinen, ist es sinnvoll, mit einer Therapie zu beginnen. Frage: Ich habe Morbus Waldenström und bin 59 Jahre alt. Die Diagnose wurde bisher lediglich anhand der erhöhten IgM-Werte gestellt. Ist eine Knochenmarkpunktion zur endgültigen DiagnoseSicherung unbedingt erforderlich? Antwort: Bei einem relativ gering erhöhten IgM-Wert von ca. 2,3 g kommen auch alternative Diagnosen in Frage. Es wäre daher empfehlenswert, eine Knochenmarkpunktion durchführen zu lassen. Frage: Ich bin eine 55 Jahre alte Patientin, und in 2009 wurde bei mir ein Immunozytom diagnostiziert. Bisher wurde noch keine Therapie durchgeführt. Ich habe aber Schweißausbrüche und Schmerzen im Hüftbereich. Müsste jetzt nicht mit einer Therapie begonnen werden? Antwort: Es ist nicht ganz klar, inwieweit die geschilderten Beschwerden durch das Lymphom bedingt sind. Es sollte eine Zweitmeinung eingeholt werden, um zu klären, ob eine Therapie angezeigt ist. Fragen zu aggressiven B-Zell-Lymphomen Frage: Ich (71) habe ein diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom, Stadium III AE [vgl. Tab. 1]. Ich habe die Chemotherapie in Kombination mit dem Antikörper Rituximab abgeschlossen. Jetzt ist noch eine Bestrahlung geplant. Ist danach eine PET sinnvoll? Was würden Sie vorschlagen, wenn ein Rückfall auftritt? Antwort: Eine PET ist sinnvoll bei Restbefall im CT. Wenn das PET negativ ausfällt, wäre es gut. Wenn es positiv ausfällt, muss eine Biopsie durchgeführt werden. Wenn dann tatsächlich Lymphom nachweisbar ist, ist die Behandlung sehr schwierig. Eine allogene Stammzelltransplantation [Stammzellübertragung von einem Familien- oder Fremdspender] ist bei einem unmittelbaren Versagen von R-CHOP vielleicht die einzige Möglichkeit, mit der eine Heilung erreicht werden kann. Im Alter von 71 Jahren muss hier aber natürlich sehr gut abgewogen werden zwischen den Möglichkeiten und den Risiken dieser Therapiemethode. Bei einem späten Rückfall käme eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation in Frage. Frage: Ich habe ein aggressives Lymphom im Magen mit niedrig malignen Anteilen. Wie bemerkt man einen Rückfall? Wie wird ein Rückfall behandelt? Antwort: Einen Rückfall erkennt man u.a. daran, dass erneut B-Symptomatik auftritt (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust). Außerdem können lokale Beschwerden auftreten, die abhängig davon sind, wo der Rückfall genau aufgetreten ist. Die Behandlung richtet sich danach, wann genau der Rückfall aufgetreten ist und ob eher die aggressive oder die niedrig-maligne Komponente im Vordergrund steht (für die Beurteilung ist eine Biopsie erforderlich). Stehen die aggressiven Anteile im Vordergrund, wird eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation durchgeführt. Stehen die niedrig-malignen Anteile im Vordergrund, stehen verschiedene Therapieoptionen je nach Ort und Dynamik der Erkrankung zur Verfügung. Frage: Ich (76) habe ein B-Zell-Lymphom in den Gefäßen (intravaskulär), Stadium IV B (d.h. mit BSymptomatik). Ich wurde mit 6 x R-CHOP behandelt. Zehn Monate nach Therapieende ist ein Lymphknoten von 15 auf 18 mm gewachsen (gemäß CT-Untersuchung). Deutet das auf einen Rückfall hin? Antwort: Ein Rückfall ist denkbar, aber sicherlich nicht bewiesen. Dagegen spricht, dass initial BSymptomatik aufgetreten ist, jetzt aber nicht. Zunächst kann abgewartet werden. Später ist eine erneute CT-Kontrolle gerechtfertigt. Frage: Ich (77) habe ein aggressives B-Zell-Lymphom. Es wurden 6 Zyklen R-CHOP durchgeführt. Die PET-Untersuchung war nach Abschluss der Therapie positiv. Ist eine Biopsie sinnvoll? Wie sehen im Falle eines Rückfalls die Behandlungsoptionen aus? Kommt eine Studie in Frage? Antwort: Vor dem Beginn einer Behandlung ist eine Biopsie auf jeden Fall sinnvoll, denn möglicherweise war die PET „falsch-positiv“ oder es gibt einen bisher unbekannten niedrig-malignen Anteil. Studien im Rückfall sind in diesem Alter zurzeit nicht verfügbar. Als Behandlungsmöglichkeiten kommen je nach körperlichem Zustand in Frage: Gemcitabin/Oxaliplatin, Bendamustin, Etoposid oder Lenalidomid. Frage: Ich bin 54 Jahre alt und habe ein T-Zell-Lymphom (AILD). Als Behandlung wurde CHOP21 empfohlen, aber 3 Wochen nach erstem Zyklus habe ich Hautausschlag bekommen. Unter dem zweiten Zyklus wurde der Ausschlag stärker, und jetzt, nach weiteren 3 Wochen, ist er immer noch vorhanden. Kann es sein, dass es sich um eine Allergie auf CHOP handelt? Wäre eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation sinnvoll? Antwort: Der Befund an der Haut sollte durch einen Hautarzt mit Hilfe einer Biopsie abgeklärt werden. Der Verlauf spricht eher gegen eine Allergie. Eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation ist vermutlich sinnvoll und wird überwiegend als Standard angesehen, wenngleich beweiskräftige Studienergebnisse hierzu nicht vorliegen. Frage: Bei mir wurde im Juni 2010 ein diffus großzelliges Lymphom, Stadium II AE [vgl. Tab. 1] festgestellt. Ich bin 52 Jahre alt und wurde mit R-CHOP-14 behandelt. In der PET nach dem 4. Zyklus wurden keine vermehrt speichernden Herde festgestellt. Könnte die Zyklenzahl nicht reduziert werden? Antwort: Studien, die diese Fragestellung zum Gegenstand haben, laufen noch. Der derzeitige Therapiestandard lautet: 6 x R-CHOP14 gefolgt von 2 abschließenden Gaben Rituximab. Mit dieser Therapie konnten die bisher besten Heilungserfolge überhaupt beim diffus großzelligen Lymphom erzielt werden. Eine Verringerung der Therapiezyklen birgt das Risiko einer Erhöhung der Rezidivrate. Ob der positive Vorhersagewert eines negativen PET nach 4 Zyklen dieses Risiko aufwiegt, ist immer noch unklar. Aufgrund der aktuellen Datenlage ist Ihnen deshalb die Therapiefortführung zu empfehlen. Wenn ein Rezidiv auftritt, ist dies mit einem hohen Risiko für Sie behaftet. Frage: Ist die Hochdosistherapie noch Standard beim diffus großzelligen Lymphom? Antwort: Grundsätzlich sollte bei allen Patienten mit Rückfall eine Hochdosistherapie angestrebt werden. Das Gesamtüberleben war und ist im Vergleich zu einer konventionellen Therapie deutlich besser. Bei älteren Patienten, bei denen wegen schwerer Begleiterkrankungen eine Hochdosistherapie nicht in Frage kommt, können weniger toxische (konventionelle) Therapieregime wie Gemcitabin/Oxaliplatin in Kombination mit Rituximab als Therapieoption in Betracht gezogen werden. Fragen zum Hodgkin Lymphom Frage: Ich bin 44 Jahre alt. Im Februar 2010 wurde bei mir ein Hodgkin Lymphom im Stadium III B festgestellt. Die Behandlung erfolgte im Rahmen der HD18-Studie. Ich habe folgende Fragen: 1) Wie schnell erholt sich die Spermienbildung? 2) Ist eine vollständige Regeneration des Knochenmarks – und damit der Blutbildung – zu erwarten? 3) Ist eine Bestrahlung unbedingt notwendig und kommt ggf. eine Bestrahlung mit Schwerionen in Frage? Antwort: Zu 1) Leider tritt bei 70-85% der Patienten nach 8 x BEACOPP Unfruchtbarkeit auf. Daher sollte 6 bis 12 Monate nach Therapieende eine Spermienanalyse durchgeführt werden und das FSH (Follikelstimulierendes Hormon) bestimmt werden. Zu 2) Wenn das Knochenmark keinen Befall mehr zeigt, ist eine volle Regeneration des Knochenmarks und somit der Blutbildung wahrscheinlich bis sicher. Zu 3) Beim Hodgkin Lymphom kommt die Bestrahlung mit Schwerionen nicht in Frage. Bestrahlt wird in fortgeschrittenen Stadien ohnehin nur, wenn die „PET“ bei Restbefall positiv ist. Damit können Nebenwirkungen und Langzeitfolgen durch die Bestrahlung vermieden werden. Frage: Ich hatte vor 5 Jahren ein Hodgkin Lymphom und gelte nach überstandener Chemo- und Strahlentherapie als geheilt. Mich beschäftigt die Frage, ob meine Angehörigen ein erhöhtes Risiko haben, ebenfalls an einem Hodgkin Lymphom zu erkranken. Gibt es genetische Ursachen? Antwort: Familiäre Häufungen wurden gelegentlich beobachtet. Sowohl genetische als auch äußere Faktoren können dafür verantwortlich sein. Im Rahmen der Zwillingsforschung ist die Frage nach genetischen Komponenten Gegenstand von Untersuchungen. Fragen zum Multiplen Myelom Frage: Welche neuen Substanzen beim Multiplen Myelom sind zurzeit besonders vielversprechend? Antwort: Die Substanzen Thalidomid, Lenalidomid und Bortezomib, die in der Myelomtherapie noch relativ neu sind, haben bereits einen gesicherten Stellenwert in der Therapie des Multiplen Myeloms und haben zu einer Verbesserung der Prognose geführt. Im Rahmen von klinischen Studien wird der genaue Stellenwert dieser Substanzen, z.B. im Rahmen von Hochdosistherapiekonzepten und der Erhaltungstherapie, weiter untersucht. Zahlreiche weitere neue Substanzen befinden sich in der klinischen Entwicklung [siehe nächste Antwort]. Frage: Rituximab hilft ja leider nicht beim Multiplen Myelom. Gibt es auch beim Multiplen Myelom einen vergleichbaren Antikörper? Antwort: Zahlreiche neue Substanzen werden zurzeit im Rahmen von Studien untersucht. Dabei handelt es sich z.T. um Nachfolger der Wirkstoffe Thalidomid, Lenalidomid und Bortezomib, aber auch um Substanzen mit anderen Wirkmechanismen, u.a. auch Antikörper. Einen Antikörper mit vergleichbarem Stellenwert wie Rituximab bei B-Zell-Lymphomen, gibt es aber noch nicht. Frage: Wie lange sollte eine Therapie mit Bisphosphonaten dauern? Wie wahrscheinlich sind Kieferosteonekrosen? Wenn welche auftreten, wie stellt man sie fest und was macht man dann? Antwort: Intravenöses Pamidronat, Zoledronat sowie Ibandronat werden nach den Empfehlungen beim Multiplen Myelom eingesetzt. Diese Medikamente sollten zwei Jahre lang gegeben werden, danach sollte eine individuelle Entscheidung über eine Fortsetzung getroffen werden. Dabei spielt u.a. die erreichte Krankheitskontrolle und das Ausmaß der Knochenbeteiligung eine Rolle. Bei einem Fortschreiten der Krankheit sollte mit der Bisphosphonattherapie wieder begonnen werden. Eine seltene Nebenwirkung der Bisphosphonat-Therapie sind Kiefer-Osteonekrosen [= Untergang von Knochengewebe im Kieferknochen]. Typische Beschwerden sind Schmerzen, geschwollenes und gerötetes Zahnfleisch, nicht heilende Wunden bis hin zu freiliegendem Knochen und Taubheitsgefühl. In einer aktuellen Studie war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Kieferosteonekrosen ca. 4 % unter Zoledronat und weniger als 1 % unter Clodronat (das Risiko unter Pamidronat liegt dazwischen). Patienten sollten vor Beginn einer Bisphosphonattherapie daher umfassend zahnärztlich untersucht und in optimaler Zahn- und Mundhygiene unterwiesen werden. Auffällige Befunde sollten zahnärztlich behandelt werden, bevor mit der Bisphosphonattherapie begonnen wird. Nach Beginn der Bisphosphonattherapie sollten Eingriffe wie das Ziehen von Zähnen möglichst vermieden werden. Mindestens jährlich sollte eine zahnärztliche Kontrolle erfolgen. Wenn zahnärztliche Eingriffe notwendig werden, sollte möglichst zahnerhaltend vorgegangen werden. Wenn größere Eingriffe wie das Ziehen von Zähnen unumgänglich sind, sollte vorher und für mind. 6 Wochen im Anschluss die Bisphosphonattherapie unterbrochen werden. Die Bisphosphonattherapie wird dann erst nach Abschluss der Wundheilung erneut aufgenommen. Es wurde gezeigt, dass diese einfachen Maßnahmen die Rate der Kieferosteonekrosen auf ein Viertel senken. Wenn Kieferosteonekrosen aufgetreten sind, sollten diese von erfahrenen Zahnärzten und/oder Kieferchirurgen möglichst schonend behandelt werden (mit Antibiotika und Mundspülungen, ggf. mit schonenden Operationstechniken). Die Bisphosphonattherapie sollte in dieser Situation bis zur Abheilung unterbrochen werden. Die Entscheidung über eine Wiederaufnahme der Behandlung muss auf individueller Basis erfolgen. Hyperkalzämie (Kalziumerhöhung im Blut) Eingeschränkte Nierenfunktion (Kreatinin-Wert > 2mg/100ml) Anämie (Hämoglobinwert < 10g/100ml) Knochenläsionen (Befall des Knochens) C steht für Calcium, R für renal (die Niere betreffend), A für Anämie und B für bone (engl. für Knochen). Tab. 3: „CRAB-Kriterien“ für die Notwendigkeit eines Therapiebeginns beim Multiplen Myelom Frage: Welchen Stellenwert hat die allogene Stammzelltransplantation beim Multiplen Myelom? Antwort: Eine allogene Stammzelltransplantation, bei der Stammzellen von einem Familien- oder Fremdspender übertragen werden, bietet die Chance, von der Erkrankung dauerhaft geheilt zu sein. Da diese Therapiemethode allerdings aufgrund der damit einhergehenden Schwächung des Immunsystems und möglichen Abstoßungsreaktionen mit hohen Risiken behaftet ist, muss gut überlegt sein, welche Patienten damit sinnvollerweise behandelt werden. Offene Fragen, wie der genaue Stellenwert und der günstigste Zeitpunkt für die Durchführung einer allogenen Stammzelltransplantation werden zurzeit im Rahmen von Studien untersucht. Derzeit wird die Therapie vor allem jüngeren Patienten ohne Begleiterkrankungen empfohlen, die nach einer autologen Stammzelltransplantation relativ rasch einen Rückfall erleiden und auf die Rückfalltherapie gut ansprechen. Frage: Durch die Erkrankung bin ich inzwischen sehr infektanfällig. Was kann man vorbeugend tun? Antwort: Man sollte größere Menschenmengen meiden, insbesondere Personen mit Erkältungen oder anderen ansteckenden Krankheiten. Man sollte sich häufig die Hände waschen und Schnitt- und Schürfverletzungen meiden. Eine Grippe-Impfung ist bei einer chronischen Erkrankung wie dem Multiplen Myelom grundsätzlich sinnvoll. Da es sich um einen Totimpfstoff handelt, kann die Grippe durch die Impfung nicht ausgelöst werden, jedoch kann es bei Immunschwäche vorkommen, dass die Impfung nicht ausreichend wirksam ist. Insbesondere, wenn eine schwache Immunantwort zu erwarten ist, sollten sich sinnvollerweise auch die Angehörigen, mit denen man in einem Haushalt lebt, impfen lassen. Da Infektionen bei Immunschwäche mit einem hohen Risiko verbunden sind, sollte in dieser Situation unbedingt ohne Zeitverzug mit einer effektiven Behandlung der Infektion begonnen werden. Für Therapien aus dem alternativmedizinischen Bereich zur Stärkung des Immunsystems gibt es leider bislang keine stichhaltigen Wirksamkeitsnachweise. Frage: Welche Therapiemöglichkeiten kommen in Frage, wenn ein Rückfall aufgetreten ist? Antwort: Für die Rückfallsituation beim Multiplen Myelom sind derzeit folgende Arzneimittel zugelassen: - Bortezomib als Monotherapie - Bortezomib in Kombination mit liposomalem Doxorubicin bei Patienten, die zumindest eine vorangegangene Therapie erhalten haben und die sich bereits einer Stammzelltransplantation unterzogen haben bzw. dafür ungeeignet sind. - Lenalidomid in Kombination mit Dexamethason für Patienten, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben - Bendamustin für Patienten mit fortgeschrittenem Multiplen Myelom in Kombination mit Prednison Auch andere Kombinationen von Bortezomib oder Lenalidomid können im Rückfall erfolgreich eingesetzt werden. Bei gutem Allgemeinzustand und zumindest einer Remission von 18 Monaten nach Stammzelltransplantation kann eine (erneute) autologe Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen werden. Wenn möglich, sollte die Rückfall-Behandlung im Rahmen von Studien erfolgen. Fragen zur Chronischen Lymphatischen Leukämie Frage: Mir wurde zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion eine Radiojodtherapie empfohlen. Da ich aber auch eine CLL habe, möchte ich gerne wissen, ob etwas gegen die Durchführung einer Radiojod-Therapie spricht? Die Anzahl der Leukozyten liegt bei 70.000. Antwort: Eine gleichzeitig bestehende CLL spricht nicht gegen eine Radiojodtherapie. Frage: Ich bin 69 Jahre alt, und habe vor 3 Jahren Fludarabin in Kombination mit Cyclophosphamid (FC) bekommen. Vor 4 Monaten ist ein Rückfall aufgetreten mit Lymphknotenvergrößerungen im Bereich des Halses. Welche Therapie kommt jetzt in Frage? Antwort: Therapiemöglichkeiten in dieser Situation sind Rituximab/Bendamustin oder R-FC. Frage: Ich bin 66 Jahre alt und habe seit 6 Jahren eine CLL. Ich wurde vor 3 Jahren mit R-FC behandelt. Diese Therapie ist jetzt sogar noch einmal wiederholt worden, aber der Therapieerfolg hat nur ¼ Jahr angehalten. Kommt nun evtl. eine allogene Stammzelltransplantation mit dosisreduzierter Konditionierung in Frage? Antwort: In dieser Situation kann eine Stammzelltransplantation von einem Familien- oder Fremdspender mit dosisreduzierter Konditionierung eine sinnvolle Therapiemöglichkeit darstellen. Die allgemeine körperliche Verfassung sollte allerdings gut sein. Zur weiteren Abklärung und ggf. zur Einleitung einer Spendersuche sollten Sie sich in einem Transplantationszentrum vorstellen. Frage: Ich (60) habe eine CLL seit 4 Jahren. Vor Kurzem wurde festgestellt, dass sich die roten Blutkörperchen aufgrund einer Überaktivität des Immunsystems auflösen. Welche Behandlung kommt in Frage? Antwort: Eine autoimmun bedingte hämolytische Anämie (AIHA) oder Thrombozytopenie (ITP) treten häufig als Begleiterscheinung einer CLL auf. Bei alleinigem Auftreten einer AIHA oder ITP ohne sonstige Symptome einer behandlungsbedürftigen CLL wird mit Cortison behandelt. Wenn dies nicht hilft, kommt eine Chemotherapie in Frage. Das bei CLL häufig eingesetzte Fludarabin sollte allerdings bei aktiver AIHA nicht zum Einsatz kommen. Frage: Ich bin 60 Jahre alt und habe seit 1999 eine CLL. 2005 wurde eine Behandlung mit Fludarabin durchgeführt, 2009 folgten 6 Zyklen Bendamustin und Rituximab. Die Therapie hat allerdings nicht den gewünschten Erfolg gezeigt, die Lymphknoten haben sich weiter vergrößert. Die 17pVeränderung konnte nicht nachgewiesen werden, der Marker „ZAP70“ war positiv und der IgVHStatus ist unmutiert. Antwort: Therapiemöglichkeiten in dieser Situation sind: R-FC, Fludarabin + Alemtuzumab (FA) oder eine allogene Stammzelltransplantation. Die Einholung einer Zweitmeinung in einem spezialisierten Zentrum ist zu empfehlen. Stadium (nach Binet oder Rai) Lymphozytenverdopplungszeit Chromosomen-Veränderungen in den CLL-Zellen (insbesondere del[17p]) Fitness des Patienten Bei Therapie: Ansprechen auf die Behandlung Tab. 4: Wichtige Faktoren für die Einschätzung des Krankheitsverlaufs bei der Chronischen Lymphatischen Leukämie B COP CHOP DHAP FA FC R Bendamustin Cyclophophamid, Vincristin, Prednison Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison Dexamethason, Cytarabin, Cisplatin Fludarabin, Alemtuzumab Fludarabin und Cyclophophamid Rituximab Tab. 5: Abkürzungen und Kombinationstherapien