Kostüme des Hessentagspaares 2016
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Kostüme des Hessentagspaares 2016
Kostüme des Hessentagspaares 2016 - Historische Hintergrund Zum Hessentag in Herborn im Jahre 1986 stand bereits die Frage an, wie die Kostüme des Hessentagspaares aussehen sollten. Damals wählte man eine Tracht als Vorlage, die zwar kleidsam erschien, jedoch mit dem Herborner Raum und seiner Kulturgeschichte kaum Verbindung zeigte. Diese Verlegenheitslösung ergab sich aus der Tatsache, dass für Herborn und sein heutiges Stadtgebiet keine Trachtenüberlieferung vorliegt. Schon 1905 lieferte der Geschichtsverein der Stadt mit seinem Museum wichtige Beiträge zum Nassauischen Trachtenbuch, konnte jedoch für die eigene Stadt keinerlei verwertbare Trachtenüberlieferung, wie sie z.B. die damals dafür bereits berühmte Schwalm kannte, vorweisen. Dies deckt sich mit der Kulturgeschichte Herborns. An der Kreuzung zweier Fernstraßen gelegen, der Leipziger und der Frankfurter Straße und durch lebhaften Besuch der Messen eng mit Frankfurt verbunden, öffnete sich Herborn seit Jahrhunderten aktuellen Moden, nicht nur in der Kleidung, sondern auch in der Architektur. Betrachtet man Schattenrisse und frühe Photographien stellt man fest, dass die Erinnerungen eines Herborner Studenten an die Zeit um 1800 zutreffen: Die Herborner griffen den Modewandel rasch auf. Die Männer trugen seit der Herrschaft Napoléons lange Hosen und Fräcke statt Kniebundhosen und Schoßröcke, sowie imposante Dreimaster, später Zylinder, anstelle niedriger Dreispitze. Die Frauenmode übernahm entsprechend die Kostüme des Empire und Biedermeier. Damals blieb die Modeentwicklung in der Schwalm auf dem Stand der Zeit vor Napoléon stehen. Soll man hieraus den Schluss ziehen, dass das Hessentagspaar 2016 in der angesagten Mode von heute auftreten soll? Das kann kaum angehen, weil das Paar, als Vertreter der Stadt, bereits in Auftreten und Erscheinungsbild herausragen und eine Botschaft übermitteln soll. Mit zeitgenössischer Kleidung angezogen wäre diese Aufgabe schwerer zu bewältigen. Es lag nahe, die Begründung der Kostümwahl des benachbarten Wetzlar für den Hessentag 2012 auf zu greifen. Hier nahm man die Mode der Zeit, als das Reichskammergericht das Gesicht der Stadtkultur geprägt hatte. Dem entsprechend kommen für Herborn Kostüme aus der Blütezeit der Hohen Schule in Frage. Die Hohe Schule stellt für unsere Stadt ein Alleinstellungsmerkmal höchster Qualität dar. Zugleich ist die Epoche der Blütezeit um 1600 kostümgeschichtlich gut dokumentiert. Rechnungen und Landesbeschreibungen stimmen darin überein, dass damals in Nordnassau Kostüme üblich waren, wie man sie überall in Mitteleuropa hatte und dass auch hier die Standesunterschiede in der Kleidung nicht mehr streng beachtet wurden. 1617 brachte der Stadtschreiber im benachbarten Haiger, Johann Textor, der an der Hohen Schule studiert hatte, in seiner in Herborn gedruckten Nassauischen Chronik den Reim: Bauer, Bürger, Edelmann am Kleid man oft nicht kennen kann! Gefertigt wurde die Kleidung in Herborn damals nach Maß vom Schneider, meist aus am Ort hergestellten Stoffen. Auch Schuhe und Hüte waren von hier. Von individuellen Gestaltungen im Rahmen des Zeitgeschmacks kann man ausgehen. Damit besteht in den Einzelheiten genug Spielraum, um die für das ausgewählte Hessentagspaar kleidsamste Lösung zu finden. Die angefertigten Kostüme kann man als gehobene, nicht aber als luxuriöse Kleidung ansehen. Nach Textor wurden damals vielfältige Farben bei den Stoffen verwendet, wobei er eine gewisse Vorliebe für das Blau notierte. Es lag nahe, für das Hessentagspaar die Herborner Stadtfarben1 Blau, Gelb und Rot zu wählen. Dabei zeichnet sich das Kostüm der Frau mit köchellangem Faltenrock durch Farbenvielfalt aus, das in blau gehaltene des Mannes durch dekorative Knopfleisten für Überrock und Weste. verfasst von Rüdiger Störkel 1 abgeleitet von den Farben des Stadtwappens.