Wiedergabe einer privaten E-Mail von Integrationsministerin Öney in
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Wiedergabe einer privaten E-Mail von Integrationsministerin Öney in
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1959 15. Wahlperiode 26. 06. 2012 Antrag der Abg. Dr. Bernhard Lasotta u. a. CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Integration Wiedergabe einer privaten E-Mail von Integrationsministerin Öney in türkischen Medien? Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1.ob es zutrifft, dass Integrationsministerin Öney nach Bekanntwerden ihrer Äußerungen über einen „tiefen Staat“ und in Bezug auf die sich anschließende Diskussion der Äußerung eine – in der Zeitung „Stuttgarter Nachrichten“ wiedergegebene – E-Mail verfasst hat, in der sie ausführt: „Bei Anfragen, die mir zu den Nazimördern gestellt wurden, habe ich gesagt, dass wir, also die deutschen Behörden, genauer die V-Leute (Verfassungsschutz) den Neonazis Geld gegeben haben und im Gegenzug dazu falsche Informationen bekommen haben. Das Geld ist teilweise an die Neonazis geflossen. Diese Vorgänge sind bekannt und von mir nicht erfunden worden. Es gibt einen Bericht, der den Zusammenhang zwischen Thüringens Verfassungsschutz und den Neonazis erklärt (Schäfer-Bericht, Seite 242). In diesem Zusammenhang hatte ich gesagt: ‚Hier gibt es auch einen tiefen Staat.‘ Die CDU stellt nun mit Wortspielen meine Loyalität infrage und behauptet, ich schade der Integration. Diese Vorwürfe sind nicht wahr und geben das eigentliche Problem nicht wieder. Das eigentliche Problem ist, dass die CDU keine kritische Sicht von einer türkischstämmigen Ministerin wünscht. Dabei haben deutsche Medien und Politiker diese Kritiken bereits längst geäußert. Schließlich bin ich eine deutsche Ministerin und muss mich um die Probleme in Deutschland kümmern. Daran sollte sich niemand stören. Genau wie die CDU sage ich auch, dass es hier keinen ‚tiefen Staat‘ gibt. Aber es wurden Fehler gemacht. Weil Fehler gemacht wurden, gibt es mittlerweile drei Untersuchungsausschüsse und deshalb hat sich Kanzlerin Merkel vor 80 Millionen Bürgern bei den (Opfer-)Familien entschuldigt. 1 Eingegangen: 26. 06. 2012 / Ausgegeben: 25. 07. 2012 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1959 Meine Wortwahl war nicht richtig, deshalb entschuldige ich mich. Aber die Vorgänge (NSU-Mordserie) kritisiere ich weiterhin, schließlich sind Menschen gestorben und es wurden Fehler gemacht. Von meinem iPhone gesendet.“; 2.ob das vorstehende Zitat die E-Mail vollständig wiedergibt oder ob die E-Mail weitere Textpassagen enthält und was gegebenenfalls deren Inhalt ist; 3.wie der türkische Originaltext der E-Mail lautet; 4.worauf der Umstand zurückzuführen ist, dass die wörtliche Übersetzung des in der türkischen Presse als Stellungnahme des Ministeriums gekennzeichneten Texts nicht vollständig mit der Übersetzung der angeblich privaten E-Mail übereinstimmt; 5.wann die E-Mail abgesendet wurde und an wen sowie woraus ihr privater Charakter folgen soll; 6.ob bei Versendung der E-Mail den Umständen nach absehbar war, dass die E-Mail von türkischen Medien verwendet werden würde oder ob umgekehrt bestimmte Umstände dafür sprachen, dass eine Veröffentlichung nicht erfolgen würde und welche dies gegebenenfalls waren; 7.ob die E-Mail nur von einem mobilen Endgerät aus versandt wurde, wie es der Text nahe legt, oder ob auch ein Versand von einem Arbeitsplatzrechner im Ministerium für Integration erfolgt ist und – falls dies verneint wird – ob ein solcher Versand von einem Arbeitsplatzrechner im Gegenteil sicher ausgeschlossen werden kann; 8.wie nach ihrer Auffassung das im Text enthaltene Belegzitat aus dem Thüringer „Schäfer-Bericht“ und das Fehlen von Grußformel und Name der Absenderin vor der systemgenerierten Fußzeile „Von meinem iPhone gesendet.“ mit dem vorgeblich privaten Charakter der E-Mail vereinbar sind. 26. 06. 2012 Dr. Lasotta, Deuschle, Gurr-Hirsch, Paal, Viktoria Schmid, Schütz CDU Begründung Am 15. Juni 2012 berichteten die „Stuttgarter Nachrichten“ unter der Überschrift „Ministerin Öney rechtfertigt Aussage zu Schattenstaat“ über Äußerungen von Integrationsministerin Öney, die in der türkischen Presse wiedergegeben worden waren. In einem weiteren Bericht der Zeitung wird unter der Überschrift „Landete die private E-Mail bei ‚Hürriyet‘?“ thematisiert, wie die Äußerungen von Integrationsministerin Öney den türkischen Medien zur Kenntnis gelangt sind. Hierzu führen die „Stuttgarter Nachrichten“ u. a. Medien aus: „Wie das genau geschah, ist ungeklärt: In mehreren türkischen Zeitungsartikeln wird auf eine Pressemitteilung diesen Inhalts aus dem Integrationsministerium verwiesen, die Blättern in türkischer Sprache zugestellt worden sei. Öneys Sprecher hingegen verweist auf eine private E-Mail, die seine Chefin einem Freund zugesandt habe und die auf mysteriöse Weise zunächst ihren Weg in die ‚Hürriyet‘ und ‚Eurozaman‘ gefunden habe.“ Offenbar veröffentlichte das Ministerium für Integration dann noch am 15. Juni 2012 den Wortlaut der vorgeblich privaten E-Mail. Dieser wurde am 16. Juni 2012 unter der Überschrift „Öneys Mail im Wortlaut“ von den „Stuttgarter Nachrichten“ abgedruckt: 2 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1959 „Bei Anfragen, die mir zu den Nazimördern gestellt wurden, habe ich gesagt, dass wir, also die deutschen Behörden, genauer die V-Leute (Verfassungsschutz) den Neonazis Geld gegeben haben und im Gegenzug dazu falsche Informationen bekommen haben. Das Geld ist teilweise an die Neonazis geflossen. Diese Vorgänge sind bekannt und von mir nicht erfunden worden. Es gibt einen Bericht, der den Zusammenhang zwischen Thüringens Verfassungsschutz und den Neonazis erklärt (Schäfer-Bericht, Seite 242). In diesem Zusammenhang hatte ich gesagt: ‚Hier gibt es auch einen tiefen Staat.‘ Die CDU stellt nun mit Wortspielen meine Loyalität infrage und behauptet, ich schade der Integration. Diese Vorwürfe sind nicht wahr und geben das eigentliche Problem nicht wieder. Das eigentliche Problem ist, dass die CDU keine kritische Sicht von einer türkischstämmigen Ministerin wünscht. Dabei haben deutsche Medien und Politiker diese Kritiken bereits längst geäußert. Schließlich bin ich eine deutsche Ministerin und muss mich um die Probleme in Deutschland kümmern. Daran sollte sich niemand stören. Genau wie die CDU sage ich auch, dass es hier keinen ‚tiefen Staat‘ gibt. Aber es wurden Fehler gemacht. Weil Fehler gemacht wurden, gibt es mittlerweile drei Untersuchungsausschüsse, und deshalb hat sich Kanzlerin Merkel vor 80 Millionen Bürgern bei den (Opfer-)Familien entschuldigt. Meine Wortwahl war nicht richtig, deshalb entschuldige ich mich. Aber die Vorgänge (NSU-Mordserie) kritisiere ich weiterhin, schließlich sind Menschen gestorben und es wurden Fehler gemacht. Von meinem iPhone gesendet.“ Auffällig am veröffentlichten Wortlaut ist einerseits das Belegzitat aus dem Thüringer „Schäfer-Bericht“, das für eine private E-Mail eher ungewöhnlich erscheint. Ungewöhnlich für eine private E-Mail ist weiterhin, dass der Text nicht mit einer Grußformel und dem Namen der vorgeblichen Urheberin abgeschlossen wird. Außerdem fehlen im veröffentlichten Wortlaut eine Anrede und eine Einleitung, die den Adressaten zum Gegenstand der E-Mail hinführt. Während es hinsichtlich Anrede und Einleitung denkbar erscheint, dass diese vom Ministerium für Integration oder von den „Stuttgarter Nachrichten“ weggelassen wurde, lässt sich das Fehlen von Grußformel und Name so nicht erklären, da die systemgenerierte Fußzeile angegeben ist, die im Regelfall die E-Mail abschließt. Mit dem vorliegenden Antrag soll aufgeklärt werden, ob die von den „Stuttgarter Nachrichten“ wiedergegebenen Äußerungen von Integrationsministerin Öney tatsächlich einer privaten E-Mail der Ministerin oder im Gegenteil einer Verlautbarung aus der Pressestelle ihres Ministeriums entstammen. Stellungnahme Mit Schreiben vom 17. Juli 2012 Nr. 3– nimmt das Ministerium für Integration zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1.ob es zutrifft, dass Integrationsministerin Öney nach Bekanntwerden ihrer Äußerungen über einen „tiefen Staat“ und in Bezug auf die sich anschließende Diskussion der Äußerung eine – in der Zeitung „Stuttgarter Nachrichten“ wiedergegebene – E-Mail verfasst hat, in der sie ausführt: „Bei Anfragen, die mir zu den Nazimördern gestellt wurden, habe ich gesagt, dass wir, also die deutschen Behörden, genauer die V-Leute (Verfassungsschutz) den Neonazis Geld gegeben haben und im Gegenzug dazu falsche Informationen bekommen haben. Das Geld ist teilweise an die Neonazis geflossen. Diese Vor- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1959 gänge sind bekannt und von mir nicht erfunden worden. Es gibt einen Bericht, der den Zusammenhang zwischen Thüringens Verfassungsschutz und den Neonazis erklärt (Schäfer-Bericht, Seite 242). In diesem Zusammenhang hatte ich gesagt: ‚Hier gibt es auch einen tiefen Staat.‘ Die CDU stellt nun mit Wortspielen meine Loyalität infrage und behauptet, ich schade der Integration. Diese Vorwürfe sind nicht wahr und geben das eigentliche Problem nicht wieder. Das eigentliche Problem ist, dass die CDU keine kritische Sicht von einer türkischstämmigen Ministerin wünscht. Dabei haben deutsche Medien und Politiker diese Kritiken bereits längst geäußert. Schließlich bin ich eine deutsche Ministerin und muss mich um die Probleme in Deutschland kümmern. Daran sollte sich niemand stören. Genau wie die CDU sage ich auch, dass es hier keinen ‚tiefen Staat‘ gibt. Aber es wurden Fehler gemacht. Weil Fehler gemacht wurden, gibt es mittlerweile drei Untersuchungsausschüsse und deshalb hat sich Kanzlerin Merkel vor 80 Millionen Bürgern bei den (Opfer-)Familien entschuldigt. Meine Wortwahl war nicht richtig, deshalb entschuldige ich mich. Aber die Vorgänge (NSU-Mordserie) kritisiere ich weiterhin, schließlich sind Menschen gestorben und es wurden Fehler gemacht. Von meinem iPhone gesendet.“; Zu 1.: Ja. 2.ob das vorstehende Zitat die E-Mail vollständig wiedergibt oder ob die E-Mail weitere Textpassagen enthält und was gegebenenfalls deren Inhalt ist; Zu 2.: Das vorstehende Zitat gibt die E-Mail vollständig wieder. 3.wie der türkische Originaltext der E-Mail lautet; Zu 3.: Der türkische Originaltext (geschrieben mit deutscher Tastaturbelegung) lautet wie folgt: „Bana Neonazi katillerle ilgili sorulan sorularda, bizim, yani Alman makamlarinin, istihbaratcilarinin Neonazilere para verip, karsiliginda yanlis bilgi aldigimizi ve bu paranin bir kisminin neonazilere gittigini söyledim. Bu bilinen bir sey ve benim basimin altindan cikan bir sey degil. Thüringen istihbaratcilarinin neonazilerle olan baglantilarini aciklayan bir rapor var (Schäfer-Bericht, sayfa 242). Ben bu baglamda ,derin devlet burda da varʻ demistim. CDU, kelime oyunu yaparak, benim devlete olan sadakatimi sorguluyor ve uyuma zarar verdigimi iddia ediyor. Bu iddialar cok asilsiz oldugu gibi, asil sorunu yansitmiyor. Asil sorun, CDU Türk kökenli bir bakandan elestirisel yaklasim istemiyor. Oysa bu elestirileri zaten hem Alman medyasi hem de politikacilar coktan dile getirdiler bile. Neticede Ben de bir Alman politikaci olarak Almanyaʼnin sorunlari ile ilgilenmek zorundayim. Bu durum kimsenin gücüne gitmemeli. CDU gibi ben de burda ,derin devletʻ olmadigini söylüyorum. Ama hata yapildi. Hata yapildigi icin zaten 3 arastirma komisyonu kuruldu ve bu yüzden Basbakan Merkel 80 milyon vatandas önünde ailelerden özür diledi. Benim kelime secimim dogru degildi belki, bu yüzden ben de özür diliyorum. Ama olaylari hala elestiriyorum, cünkü ortada ölen insan var ve hata var. Von meinem iPhone gesendet“. 4 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1959 4.worauf der Umstand zurückzuführen ist, dass die wörtliche Übersetzung des in der türkischen Presse als Stellungnahme des Ministeriums gekennzeichneten Texts nicht vollständig mit der Übersetzung der angeblich privaten E-Mail übereinstimmt; Zu 4.: Die beiden Texte stimmen inhaltlich überein. Geringfügige redaktionelle Unterschiede dürften möglicherweise auf die Verwendung unterschiedlicher Tastaturbelegungen (deutsch einerseits, türkisch andererseits) zurückzuführen sein. 5.wann die E-Mail abgesendet wurde und an wen sowie woraus ihr privater Charakter folgen soll; 6.ob bei Versendung der E-Mail den Umständen nach absehbar war, dass die E-Mail von türkischen Medien verwendet werden würde oder ob umgekehrt bestimmte Umstände dafür sprachen, dass eine Veröffentlichung nicht erfolgen würde und welche dies gegebenenfalls waren; 7.ob die E-Mail nur von einem mobilen Endgerät aus versandt wurde, wie es der Text nahe legt, oder ob auch ein Versand von einem Arbeitsplatzrechner im Ministerium für Integration erfolgt ist und – falls dies verneint wird – ob ein solcher Versand von einem Arbeitsplatzrechner im Gegenteil sicher ausgeschlossen werden kann; 8.wie nach ihrer Auffassung das im Text enthaltene Belegzitat aus dem Thüringer „Schäfer-Bericht“ und das Fehlen von Grußformel und Name der Absenderin vor der systemgenerierten Fußzeile „Von meinem iPhone gesendet.“ mit dem vorgeblich privaten Charakter der E-Mail vereinbar sind. Zu 5. bis 8.: Die ausschließlich vom Mobiltelefon der Integrationsministerin versandte E-Mail der Integrationsministerin vom 11. Juni 2012 war an eine Bekannte adressiert. Bei schriftlich festgehaltenen Mitteilungen besteht zwar immer die Möglichkeit, dass diese Informationen eventuell weitergegeben werden. Das ändert aber nichts am privaten Charakter von solchen Mitteilungen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, weshalb die in Frage 8. dargestellten Umstände dem privaten Charakter der E-Mail entgegenstehen sollten. Schließlich enthält die E-Mail auch keine neuen Aussagen. Vielmehr führt die Integrationsministerin aus, dass ihre Wortwahl nicht richtig war und dass sie sich dafür entschuldigt. Öney Ministerin für Integration 5