Das Chemische Gleichgewicht und seine Anwendungen

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Das Chemische Gleichgewicht und seine Anwendungen
Das Chemische Gleichgewicht
und seine Anwendungen
1. und 2. Seminar des zweiten Blocks
im Integrierten Praktikum “Praktische
Einführung in die Chemie“
Dr. Ingo Hartenbach
Institut für Anorganische Chemie, Universität Stuttgart
Pfaffenwaldring 55, D–70569 Stuttgart, Germany
[email protected]
2
1 Das Chemische Gleichgewicht
1.1 Herleitung und allgemeine Betrachtungen
Unter einer Stoffumwandlung versteht man eine Reaktion bzw. chemische Reaktion. Diese
wird beschrieben durch die Reaktionsgleichung:
A+B ⇌ C +D
Hierbei werden A und B als die Ausgangsstoffe (die sog. Edukte) und C und D als die
Produkte bezeichnet. Eine gezielte chemische Reaktion (die sog. Synthese bzw. Darstellung)
führt dann zu den Zielverbindungen.
Gesetz: Bei einer chemischen Reaktion bleibt sowohl die Teilchenzahl als auch die Masse
erhalten (Massen- bzw. Teilchenerhaltungsgesetz; gilt nicht für Kernreaktionen). Eine
Teilchensorte kann hierbei mehrfach vorkommen. Die Reaktionsteilnehmer können im
gleichen (homogene Reaktion) oder in verschiedenen Aggregatszuständen (heterogene
Reaktion) vorkommen.Die Anzahl der Einzelmoleküle einer Sorte, die zur korrekten
Beschreibung der Reaktion, für einen Formelumsatz, benötigt werden, bezeichnet
man als stöchiometrische Koeffizienten.
Es wird der Anschein erweckt, dass die Reaktionen vollständig (quantitativ) ablaufen,
aber:
• das ist meist nicht der Fall, und
• auf molekularer Ebene nie der Fall
• allerdings erwünscht bei gezielten Synthesen
In Wirklichkeit stellt sich jedoch ein Gleichgewicht zwischen Produkten und Edukten
ein. Die Lage des Gleichgewichts wird durch die Gleichgewichtskonstante angegeben. Bei
Erreichen des Gleichgewichts wird der Anschein erweckt, dass dies den völligen Stillstand
der Reaktion bedeuten würde. Das stimmt zwar für den Nettoumsatz (bei konstanten
äußeren Bedingungen), jedoch nicht für die Betrachtung der molekularen Ebene. Hier
findet ständig fortschreitender Umsatz in beide Richtungen, eine ständige Umwandlung
statt.
Herleitung der Gleichgewichtskonstanten:
Beispiel: N2 + 3 H2 ⇌ 2 NH3
Die Reaktionsgeschwindigkeit v ist proportional zum Produkt der Konzentrationen der
Reaktionspartner, k ist der entsprechende Proportionalitätsfaktor. Dieser beschreibt den
Zusammenhang zwischen der Entstehung des Produkts bzw. der Vernichtung der Edukte
und der messbaren Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeitsgesetze lauten folgendermaßen:
3
Hinreaktion:
Rückreaktion:
v1 = k1 ⋅ c(N2 ) ⋅ c(H2 )3
v2 = k2 ⋅ c(NH3 )2
im Gleichgewicht gilt v1 = v2 , daraus folgt:
k1
k2
=
c(NH3 )2
c(N2 )⋅c(H2 )3
=K
Dies ist das Massenwirkungsgesetz:
• 1867 von Guldberg und Waage formuliert
• 1873 von Bodenstein experimentell bewiesen
• 1883 von van t’Hoff theoretisch abgeleitet
Definition: Die Gleichgewichtskonstante ist das Verhältnis aus den Proportionalitätsfaktoren für die Hin- und Rückreaktion. Dieses ist definiert als:
K=
Produkt der Konzentrationen der Produkte
Produkt der Konzentrationen der Edukte
Die stöchiometrischen Koeffizienten gehen hierbei als Exponenten ein.
Wird die Reaktionsrichtung vertauscht (Produkte ⇄ Edukte) wandelt sich die Gleichgewichtskonstante in ihren Kehrwert um (s. nachfolgendes Beispiel).
H2 O + CO2 ⇌ H2 CO3
KAss =
H2 CO3 ⇌ H2 O + CO2
[H2 CO3 ]
[H2 O][CO2 ]
−1
KAss = KDiss
KDiss =
[H2 O][CO2 ]
[H2 CO3 ]
−1
KDiss = KAss
Schreibweise: [X] = c(X)
Bei Gasreaktionen, wie bei der Ammoniaksynthese, wird anstelle der Konzentration des
Stoffes sein Partialdruck verwendet. (Partialdruck = Druckanteil eines bestimmten Stoffes
am Gesamtdruck der Gasmischung). Der Partialdruck hängt mit der Konzentration über
das ideale Gasgesetz:
p⋅V =n⋅R⋅T
p
zusammen. Mit c = Vn gilt hierfür: c = RT
, das heißt für eine konstante Temperatur ist
c ∼ p. Unterscheiden sich die Summen der stöchiometrischen Koeffizienten rechts und links
vom Reaktionspfeil, so hat K eine Dimension.
1.2 Thermodynamische Betrachtungen
Die Gleichgewichtskonstante K steht in direktem Zusammenhang mit einer wichtigen
thermodynamischen Größe: der freien Reaktionsenthalpie G:
∆G = −R ⋅ T ⋅ ln K
4
Es werden zwei Typen von Reaktionen unterschieden:
1. Exergonische Reaktionen → diese Reaktionen laufen spontan ab:
∆G < 0 ⇒ ln K > 0 ⇒ K > 1, was bedeutet ΠP rodukte > ΠEdukte
⇒ das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Produkte
2. Endergonische Reaktionen → diese Reaktionen laufen nicht spontan ab, sondern nur
unter Zugabe von Energie:
∆G > 0 ⇒ ln K < 0 ⇒ K < 1, was bedeutet ΠP rodukte < ΠEdukte
⇒ das Gleichgewicht liegt auf der Seite der Edukte
∆G und damit auch ∆K sind sowohl temperatur- als auch druckabhängig. Die Abhängigkeit von ∆G wird durch der Gibbs-Helmholtz-Gleichung ∆G = ∆H − T ⋅ ∆S
beschrieben:
∆G = ∆H − T ∆S = −R ⋅ T ⋅ ln K
−∆H
∆S
↪ ln K = R + R⋅T
∆S
−∆H
∆S
↪ K = e( R ) ⋅ e( R⋅T ) ;
e( R ) ist temperaturunabhängig
−∆H
↪ K ∼ e( R⋅T )
Ist eine Reaktion exotherm, d.h. ∆H < 0, so wird bei steigender Temperatur der obige
Exponent und daher K kleiner, somit wird die Reaktion weniger exergonisch, weniger
spontan.
Ist eine Reaktion endotherm, d.h. ∆H > 0, so wird bei steigender Temperatur der obige Exponent und daher K größer, somit wird die Reaktion weniger endergonisch, spontaner.
Anmerkung: Vorsicht mit dem Begriff ”spontane Reaktion”, darunter versteht man in
der Thermodynamik alle exergonischen Reaktionen, also diejenigen, die keine Energiezufuhr benötigen.
1.3 Kinetische Betrachtungen
K ≫ 1 (≡ ∆G ≪ 0) bedeutetet nicht zwingend, dass die entsprechenden Reaktionen sofort
ablaufen, wenn die beiden Reaktanden sich begegnen (wenn dem so wäre gäbe es keine
Leben auf der Erde, da alle Kohlenwasserstoffe eine negative Reaktionsenthalpie mit dem
Reaktionspartner Sauerstoff (Verbrennungsenthalpie) besitzen).
5
Beispiel: Disproportionierungsreaktion von H2 O2 :
2 H2 O2 ⇌ 2 H2 O + O2
kJ
∆G = −195 mol
J
↪ −R ⋅ T ⋅ ln K = 1, 95 ⋅ 105 mol
1,95⋅105 J⋅K⋅mol
↪ ln K = 8,314
J⋅298 K⋅mol = 78, 7
↪ K = 1, 5 ⋅ 1034
Diese stark exergonische Reaktion läuft unter staubfreien, leicht sauren Bedingungen nicht
ab, sondern startet erst in Gegenwart von Metallsalzen.
Erklärung: Damit eine Reaktion zustande kommt, müssen Bindungen geknüpft, andere
Bindungen gebrochen werden. Dazu ist zunächst eine Energiezufuhr, die sog. Aktivierungsenergie nötig. Genügt die Umgebungswärme zur Aktivierung, läuft die Reaktion
sogleich nach Zusammengabe der Reaktionspartner ab. Ist die Energiebarriere (d.h.
der Punkt höchster Energie auf dem energetisch günstigsten Weg vom Edukt zum
Produkt) verhältnismäßig hoch, dann läuft auch eine stark exergonische Reaktion
nicht von selbst ab (s. Abbildung, nachfolgende Seite).
Bei einer bestimmten gegebenen Temperatur T liefert die Umgebung eine Wärmeenergie
kJ
von E = 12 ⋅ R ⋅ T mol
(mit E = 12 ⋅ k ⋅ T und k = NRA ). Ist ∆G‡ wesentlich größer wird
die Reaktion nicht ablaufen, auch wenn ∆G sehr negativ ist. Allerdings gibt es Stoffe,
die als Aktivatoren dienen und eine solche Reaktion ermöglichen: die Katalysatoren. Ein
Katalysator beschleunigt eine Reaktion, durch Öffnung von Reaktionswegen mit geringerer
Aktivierungsenergie (s. Abbildung, gestrichelte Linie). Die relative Lage der Edukte
und Produkte auf der Energieskala und damit die Lage des Gleichgewichts wird dadurch
allerdings NICHT verändert. Umgekehrt gibt es auch Stoffe, die eine bei Raumtemperatur
begünstigte Reaktion unterdrücken, indem Sie beispielsweise notwendige Zwischenprodukte
abfangen etc. Diese Stoffe werden dann Inhibitoren genannt.
6
1.4 Veränderungen der Lage des Gleichgewichts
Es ist möglich durch Modifizierung der äußeren Bedingungen, namentlich Konzentration,
Temperatur und bei Gasreaktionen auch Druck, die Lage des Gleichgewichts in eine
gewünschte Richtung zu verändern.
1.4.1 Abhängigkeit des Gleichgewichts von der Konzentration
Für eine Reaktion des Typs a A + b B ⇌ c C + d D lautet das Massenwirkungsgesetz:
K=
[C]c ⋅[D]d
[A]a ⋅[B]b
= const.
bei konstantem Druck und Temperatur
Frage: Wie kann bei K < 1 (endergonische Reaktion) die Ausbeute (und damit die
Konzentration) an C und D nur durch Konzentrationsänderungen erhöht werden?
Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Erhöhung der Konzentration von A und/oder B, dadurch werden dann auch die
Konzentrationen von C und D größer: [C]c ⋅ [D]d = K ⋅ [A]a ⋅ [B]b ;
sog. ”Drücken des Gleichgewichts”
2. Die im Reaktionsraum bzw. -medium verbleibende (gelöste) Menge, sprich die
Konzentration an C und D verringern;
sog. ”Ziehen des Gleichgewichts”
Diese Methode funktioniert fast automatisch, wenn C oder D leicht flüchtig sind und
während der Reaktion (z. B. als Gase) entweichen, oder schwer löslich sind und aus
dem Reaktionsmedium ausfallen.
Beispiele für das ”Ziehen des Gleichgewichts”:
K2 CO3 + 2 HCl
Na2 SO3 + 2 HOAc
NH4 Cl + NaOH
KCN + HCl
SO2 Cl2 + H2 O
Na2 CO3 + BaCl2
⇌
⇌
⇌
⇌
⇌
⇌
2 KCl + H2 O + CO2 ↑
2 NaOAc + SO2 ↑ + H2 O
NaCl + H2 O + NH3 ↑
KCl + HCN ↑
SO3 + 2 HCl ↑
2 NaCl + BaCO3 ↓
Prinzip des CO2–
3 -Nachweises
HOAc = Essigsäure, OAc = Acetat
Prinzip des NH+
4 -Nachweises
sehr giftig
Einsatz als Trocknungsmittel
Prinzip des CO2–
3 -Nachweises
Exergonische Reaktionen (∆G < 0 und daher K ≫ 1) werden eher durch niedrige Konzentrationen der Edukte erleichtert. Für Nachweisreaktionen später interessant, da diese
überwiegend exergonische Reaktionen sind. Das Ziehen des Gleichgewichts funktioniert
hierbei ebenso, ist aber nicht unbedingt nötig.
7
1.4.2 Abhängigkeit des Gleichgewichts von der Temperatur
Exotherme Reaktionen setzen Energie in Form von Wärme frei, die wie ein Reaktionspartner
aufgefasst werden muss:
a A + b B ⇌ c C + d D + ∆Q
mit ∆Q ≡ Wärmemenge, hier diejenige, die bei der Reaktion entsteht
Das bedeutet durch Abgabe der Wärmeenergie an die Umgebung kann das Gleichgewicht
”gezogen” werden. Gibt man allerdings hierbei Wärmeenergie (durch Temperaturerhöhung)
zu oder hindert die entstehende Reaktionswärme am Abfließen drückt man das Gleichgewicht auf die Seite der Edukte. Das Umgekehrte gilt für endergonische Reaktionen, da
diese Energie benötigen, damit sie überhaupt ablaufen können:
a A + b B + ∆Q ⇌ c C + d D
mit ∆Q ≡ Wärmemenge, hier diejenige, die bei der Reaktion benötigt wird
Erhöhung der Temperatur (und damit der Energie) verschiebt das Gleichgewicht in Richtung der Produkte; Energieentzug bewirkt das genaue Gegenteil.
Temperaturerhöhung: Begünstigung endothermer Reaktionen (hier: ∆G wird verringert,
Spontaneität wird erhöht), Benachteiligung exothermer Reaktionen (hier: ∆G wird
erhöht, Spontaneität wird verringert).
Temperaturverringerung: Begünstigung exothermer Reaktionen (hier: ∆G wird verringert, Spontaneität wird erhöht), Benachteiligung endothermer Reaktionen (hier: ∆G
wird erhöht, Spontaneität wird verringert).
Konvention: Ist der Energiewert einer beschriebenen Reaktion mit negativem Vorzeichen
versehen, so wird diese Energie bei der Reaktion abgegeben, bei positivem Vorzeichen
wird die entsprechende Energiemenge benötigt.
Beispiel:
kJ
N2 O4 ⇌ 2 NO2
∆H = 57, 2 mol
für T = 373K(= 100○ C) ist [NO2 ] > 89%
für T = 300K(= 27○ C) ist [NO2 ] ≈ 20%
1.4.3 Abhängigkeit des Gleichgewichts vom Druck
Diese Abhängigkeit ist für Reaktionen wichtig, die mit einer starken Volumenänderung
einhergehen, also hauptsächlich für Reaktionen in der Gasphase. Hierbei begünstigt
ein hoher Druck Reaktionen, die mit der Verminderung der Teilchenzahl und damit
der Verminderung des Volumens einhergehen, Druckverminderung bewirkt das genaue
Gegenteil. [Zur Erinnerung: Eine bestimmte Teilchenanzahl eines Gases nimmt bei einem
vorgegebenen Druck und einer vorgegebenen Temperatur immer das gleiche Volumen ein,
z.B. 1 mol eines Gases nimmt bei Standardbedingungen (1013 HPa, 298 K) ein Volumen
von 22,4 l ein.]
8
Beispiele:
N2 + 3 H2 ⇌ 2 NH3
Reduktion von 4 auf 2 Teilchen wird durch Druckerhöhung begünstigt
N2 O4 ⇌ 2 NO2
Erhöhung von 1 auf 2 Teilchen wird durch Druckverminderung begünstigt
1.4.4 Zusammenfassung
Die Beeinflussung der Gleichgewichtskonzentrationen durch Druck-, Temperatur-, oder
Konzentrationsänderung werden unter dem ”Prinzip des kleinsten Zwanges” von Le
Châtelier zusammengefasst. Die Verschiebung des Gleichgewichts geht immer nach dem
Weg des kleinsten Zwanges (geringsten Widerstands) vonstatten.
9
2 Säure-Base-Gleichgewichte
2.1 Eigendissoziation des Wassers
H2 O ist ein schwach amphoterer Elektrolyt (Ampholyt) und kann daher sowohl als Säure,
als auch als Base reagieren. Die Dissoziation erfolgt in hydratisierte H+ und OH– -Ionen.
H2 O ⇌ H+ + OH–
−
+
]
Für reinstes Wasser gilt bei 298 K (25°C): K = [H[H][OH
O]
2
Das Gleichgewicht liegt hierbei so weit auf der Seite des Edukts, dass die Konzentration
von H2 O durch die Autoprotolyse nicht beeinflusst wird.
c(H2 O) ≡ [H2 O] = Vn (Einheit: mol
l )
1l H2 O ≈ 1000g; 1 mol H2 O ≈ 18g
[H2 O] = 55, 52 mol ≈ const.
K ⋅ [H2 O] = KW = [H+ ] ⋅ [OH− ]
⇒
⇒
1l H2 O = 1000g H2 O = 55, 52 mol H2 O
−
+
]
K = [H[H]⋅[OH
⇒ K ⋅ [H2 O] = [H+ ] ⋅ [OH− ]
O]
KW = 10−14
2
mol2
l2
H+ - und OH– -Ionen entstehen hierbei immer im gleichen Verhältnis (⇒ [H+ ] = [OH– ])
woraus sich folgende Konzentrationen von H+ und OH– in Wasser ergeben:
√
KW = [H+ ] ⋅ [OH− ] = [H+ ]2 = [OH− ]2 ⇒ [H+ ] = [OH− ] = KW = 10−7 mol
l
KW wird als das Ionenprodukt des Wassers bezeichnet.
Vereinfachungen:
1. Für die Angabe der Konstanten werden die 10er Logarithmen verwendet, das heißt
für KW = 10−14 ergibt sich log(KW ) = −14
2. In wässriger Lösung sind die Konzentrationen meist kleiner als 1 mol
l , ebenso sind die
Dissoziationskonstanten überwiegend < 1, daher ist der log(K) < 0, und deswegen
wird auch das (−)-Zeichen abgekürzt.
Schreibweise: − log(KW ) = 14 = pKW
bzw. generell
− log(Kx ) = pKx
So gilt für reines Wasser (unabhängig von der Menge extern zugegebener H+ - und
OH– -Ionen):
KW = [H+ ] ⋅ [OH− ] ⇒ − log(KW ) = − log([H+ ] ⋅ [OH− ]) ⇒ − log(KW ) =
− log[H+ ] − log[OH− ] ⇒ pKW = pH + pOH.
analog: KW = [H+ ] ⋅ [OH− ] = [H+ ]2 = [OH− ]2 ⇒ − log(KW ) = − log[H + ]2 = − log[OH− ]2 ⇒
pKW = 2 pH = 2 pOH ⇒ pH = pOH = 21 pKW (= 7)
Die Autoprotolyse ist ein endothermer Prozess, d.h. die Temperaturabhängigkeit der
Gleichgewichtskonstanten ist dahingehend, dass KW bei steigender Temperatur größer wird.
10
T [°C]
0°C
20°C
50°C
100°C
pKW
pH = pOH
14, 89
14, 07
13, 26
12, 26
7, 45
7, 04
6, 63
6, 13
KW
0, 13 ⋅ 10−14
0, 86 ⋅ 10−14
5, 47 ⋅ 10−14
5, 45 ⋅ 10−13
Weitere Substanzen, die Autoprotolyse zeigen:
H2 SO4 :
H3 PO4 :
HF:
NH3 :
HOAc:
–
2 H2 SO4 ⇌ H3 SO+
4 + HSO4
KAP = [H3 SO+4 ] ⋅ [HSO−4 ] = 2, 7 ⋅ 10−4
–
2 H3 PO4 ⇌ H4 PO+
4 + H2 PO4
3 HF
⇌ H2 F+ + HF–2
–
2 NH3
⇌ NH+
4 + NH2
2 HOAc ⇌ H2 OAc+ + OAc–
pKH2 SO4 = 3, 6
pKH3 PO4 = 2, 0
pKHF = 11, 1
pKNH3 = 33, 0
pKHOAc = 14, 5
2.2 Säuren, Basen, pH-Wert-Berechnung, pKS -, pKB -Wert
2.2.1 Säure-Base Definitionen
- nach Arrhenius:
Säuren sind H+ -Donatoren (oder Donoren)
Basen sind OH– -Donatoren (oder Donoren)
beschränkt auf die wäßrige Lösung
- nach Brønstedt:
Säuren sind H+ -Donatoren (oder Donoren)
Basen sind H+ -Akzeptoren
gilt auch in der Gasphase: HCl + NH3 ⇌ NH4 Cl
- nach Lewis:
Säuren sind Elektronenpaarakzeptoren
Basen sind Elektronenpaardonatoren (bzw. -donoren)
2.2.2 Die Brønstedt-Theorie
In wässriger Lösung wird als Säure diejenige Substanz bezeichnet, die die Konzentration
an H+ -Ionen erhöht (und da [H+ ] ⋅ [OH− ] = 10−14 , automatisch die Konzentration an
OH– -Ionen absenkt). Für die Base gilt das Umgekehrte.
Konstitutionelles Merkmal von Brønstedt-Säuren bzw. -Basen:
• Die Säure enthält mindestens 1 Proton (abzuspaltendes H-Atom)
• Die Base enthält mindestens ein freies Elektronenpaar.
−
+
In der sauren Lösung ist daher [H + ] > 10−7 mol
l ; d.h. pH < 7([H ] > [OH ]) und
−
+
in der alkalischen Lösung ist dann [H + ] < 10−7 mol
l ; d.h. pH > 7([H ] < [OH ])
11
Definition: Nach Hydrolyse einer Säure entsteht die deprotonierte Form, die potentiell
selbst wieder ein Proton aufnehmen kann, also eine Base ist; man bezeichnet diese
als die zur Säure HA konjugierte Base A− . Umgekehrt nennt man die aus einer Base
B hervorgehende Säure HB + , die zur Base B konjugierte Säure. Es gilt:
Je stärker die Säure, desto schwächer die konjugierte Base
Je schwächer die Säure, desto stärker die konjugierte Base
Eine Säure HA reagiert in H2 O wie folgt:
Eine Base B reagiert in H2 O wie folgt:
HA + H2 O ⇌ A− + H3 O+
B + H2 O ⇌ HB + + OH–
Annahme: es ist immer sehr viel mehr Wasser als Säure bzw. Base vorhanden, daher wird
sich die Konzentration des Wasser so gut wie nicht ändern. Aus diesem Grund wird [H2 O]
in die Gleichgewichtskonstante mit einbezogen und diese dann KS bzw. KB genannt.
K ⋅ [H2 O] = KS =
K ⋅ [H2 O] = KB =
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
[HB + ]⋅[OH−]
[B]
In wässriger Lösung gilt: pKS + pKB = pKW . Dies ist folgendermaßen zu erklären:
HA + H2 O ⇌ H3 O+ + A−
A− + H2 O ⇌ HA + OH–
KS =
KB =
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
⋅ [HA]⋅[OH
[A− ]
= [H3 O+ ][OH− ]
↪
KS ⋅ KB =
↪
KS ⋅ KB = KW bzw. pKS + pKB = pKW
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
−
]
[HA]⋅[OH− ]
[A− ]
Je nach Lage des Gleichgewichts werde Säuren bzw. Basen in Kategorien unterteilt, jedoch
nicht scharf voneinander abgegrenzt.
2.2.3 Sehr starke Säuren und Basen
Bei diesen Säuren bzw. Basen findet ein vollständiger Übertrag des Protons (Protolyse)
statt. Daraus ergibt sich: [H+ ] = c0 (HA) bzw. [OH− ] = c0 (B), mit c0 (X) = Ausgangskonzentration von X.
−
−7 mol + c (B).
Allgemein gilt: [H + ] = 10−7 mol
0
l + c0 (HA) bzw. [OH ] = 10
l
Wenn bei sehr starken Säuren oder allerdings gilt, dass c0 (HA) bzw. c0 (B) ≫ 10−7 mol
l ,
−
+
kann folgende Vereinfachung getroffen werden: [H ] = c0 (HA) bzw. [OH ] = c0 (B).
Daraus ergibt sich: pH = − log[H + ] = − log c0 (HA) für Säuren bzw. pH = − log[H + ] =
14 + log[OH− ] = 14 + log c0 (B) für Basen.
Beispiele für sehr starke Säuren bzw. Basen:
HCl, HBr, HI, HNO3 , H2 SO4 , HClO4 , HBF4 , HMnO4 , H2 CrO4 ; NaOH, KOH
12
2.2.4 Mäßig starke bzw. schwache Säuren und Basen
Bei diesen Säuren/Basen findet weitgehende bis teilweise, aber immer unvollständige
Protolyse statt.
Für die Säure gilt: HA + H2 O ⇌ H3 O+ + A− mit KS =
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
Nach der Einstellung des Gleichgewichts liegt folgendes vor:
[H3 O+ ] = [A− ] = α ⋅ c0 (HA) und [HA] = c0 (HA) − α ⋅ c0 (HA), mit α = Protolysegrad
↪ KS =
α2 ⋅c20 (HA)
(1−α)⋅c0 (HA)
↪ (1 − α) ⋅ KS = α2 ⋅ c0 (HA)
↪ α2 ⋅ c0 (HA)
+ α ⋅ K S − KS = 0
√
↪α=
−KS ±
KS2 +4⋅KS ⋅c0 (HA)
2⋅c0 (HA)
, wobei α nur Werte 0 < α < 1 annehmen kann.
Diese exakte Ableitung gilt nur für Säuren mit
bzw. für Basen mit
KB
c0 (B)
> 10−2 . Für
KS
c0 (HA)
KS
c0 (HA)
> 10−2 , z.B. HClO, H2 SO3 , H3 PO4
< 10−2 vereinfacht sich die Rechnung, da die
Protolyse nur in sehr geringem Umfang stattfindet und dabei gilt: [HA] ≈ c0 (HA). Die
gleiche Vereinfachung gilt für Basen mit
Säure: HA + H2 O ⇌ A− + H3 O+
↪ KS =
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
≈
KB
c0 (B)
< 10−2 .
[H3 O+ ]2
c0 (HA)
↪ [H3 O+ ]2 = KS ⋅ c0 (HA)
√
↪ [H3 O+ ] = KS ⋅ c0 (HA)
↪ − log[H3 O+ ] = − 21 log(KS ⋅ c0 (HA))
↪ pH = 21 (pKS − log(c0 (HA)))
Der Protolysegrad α (mit [H3 O+ ] = α ⋅ c0 (HA)) vereinfacht sich dadurch zu:
0
↪ KS = c0 (HA)
= α2 ⋅ c0 (HA)
√
S
↪ α = c0 K
(HA)
α2 ⋅c2 (HA)
Base: B + H2 O ⇌ HB + + OH−
↪ KB =
[HB + ]⋅[OH− ]
[B]
≈
[OH− ]2
c0 (B)
↪ analog zur obigen Rechnung für die Säure ergibt sich: [OH− ] =
↪ − 21 log(KB ⋅ c0 (B)) = − log[OH− ]
↪ pOH = 21 (pKB − log(c0 (B)))
↪ mit pH = 14 − pOH ergibt sich pH = 14 − 12 (pKB − log(c0 (B)))
√
KB ⋅ c0 (B)
13
Beispiele für die pH-Wert-Berechnung:
1. Bestimmung des pH-Werts von 0,01 M Essigsäure:
KS
mit KS = 1, 75 ⋅ 10−5 ergibt sich c0 (HOAc)
= 1, 75 ⋅ 10−3 < 10−2
↪K≈
[H3 O+ ]2
c0 (HOAc)
√
O+ ] = K
−4 mol
↪ [H3
S ⋅ c0 (HOAc) = 4, 138 ⋅ 10
l
daraus ergibt sich ein pH-Wert von pH = 3, 38.
oder: pH = 12 (pKS − log(c0 (HOAc))) = 12 (4, 75 + 2) = 3, 38
2. Bestimmung des pH-Werts einer 0,2 M Lösung von Methylamin (H3 CNH2 = B)
10−14
−4
mit KS = 2, 3 ⋅ 10−11 ergibt sich für KB = 2,3⋅10
−11 = 4, 35 ⋅ 10
B
und damit c0K(B)
= 2, 1 ⋅ 10−3 < 10−2
↪ KB =
−
[H3 CNH+
3 ]⋅[OH ]
[H3 CNH2 ]
≈
[OH− ]2
c0 (B)
√
↪ [OH− ] = KB ⋅ c0 (B) = 9, 33 ⋅ 10−3 mol
l
daraus ergibt sich ein pOH-Wert von pOH = 2, 03
und damit ein pH-Wert von pH = 14 − 2, 03 = 11, 97.
oder: pH = 14 − 21 (pKB − log(c0 (B))) = 14 − 21 (3, 36 + 0, 70) = 11, 97
3. Bestimmung des pH-Werts einer 0,2 M HClO2 -Lösung
KS
mit KS = 1, 12 ⋅ 10−2 ergibt sich c0 (HClO
= 0, 056 > 10−2
2)
Berechnung des pH-Werts unter Verwendung des prozentualen Dissoziationsgrades α
↪ HClO2 + H2 O ⇌ ClO−2 + H3 O+ , mit c0 (HClO2 ) = c0 = [HClO2 ] + [ClO−2 ]
+
[ClO−
2 ]⋅[H3 O ]
↪ KS = [HClO
]
2
mit [ClO−2 ] = α ⋅ c0 und [HClO2 ] = c0 − α ⋅ c0 = (1 − α) ⋅ c0
2 ⋅c
(α⋅c0 )2
0
ergibt sich KS = (1−α)⋅c
= α1−α
0
↪ α2 ⋅ c0 = (1 √
− α) ⋅ KS und somit 0 = c0 ⋅ α2 + KS ⋅ α − KS
KS2 + 4⋅KS ⋅c0
√
−1,12⋅10−2 ± 1,122 ⋅10−4 + 4⋅1,12⋅10−2 ⋅2⋅10−1
2⋅2⋅10−1
↪ α1,2 =
=
2⋅c0
↪ α1 = 0, 21 (und α2 = −0, 27)
↪ [H3 O+ ] = α ⋅ c0 = 0, 042, der pH-Wert ergibt sich zu pH = − log[H3 O+ ] = 1, 38
Die Gleichung für schwache Dissoziation würde in diesem Fall folgenden pH-Wert
liefern: pH = 12 ⋅ (pKS − log(c0 )) = 21 ⋅ (1, 95 + 0, 70) = 1, 325
−KS ±
2.2.5 Puffersysteme
Definition: Ein Puffer ist eine Mischung aus Säure und ihrer konjugierten Base (bzw.
einer Base und ihrer konjugierten Säure). Puffergemische haben große praktische
Bedeutung, da sie den pH-Wert bei Säure-bzw. Basenzugabe nur wenig ändern.
Der pH-Wert von Puffersystemen wird durch die Henderson-Hasselbalch-Gleichung
beschrieben (entspricht dem Massenwirkungsgesetz (MWG) für die Protolyse der Säure
HA in Gegenwart ihrer konjugierten Base A− ):
14
HA + H2 O ⇌ H3 O+ + A−
mit KS =
[A ]
↪ − log KS = − log[H3 O+ ] − log [HA]
[A− ]
↪ pH = pKS + log [HA]
[H3 O+ ]⋅[A− ]
[HA]
−
im Zähler steht hierbei IMMER c(Base), im Nenner IMMER c(Säure)
Analog gilt für Basen:
HB + + H2 O ⇌ H3 O+ + B
mit KS =
[H3 O+ ]⋅[B]
[HB + ]
[B]
↪ − log KS = − log[H3 O+ ] − log [HB
+]
[B]
↪ pH = pKS + log [HB
+]
Regel: Für äquimolare Mengen an [A− ] und [HA] gilt: [A− ] = [HA], daraus ergibt sich
mit der Henderson-Hasselbalch-Gleichung pH = pKS . Werden also äquimolare
Mengen einer Säure und ihrer konjugierten Base (oder umgekehrt) gemischt, so
entspricht der pH-Wert der Lösung dem pKS -Wert der Säure, unabhängig von der
Konzentration.
Änderung des pH-Werts bei Zugabe von starker Säure/Base zu einem Puffersystem:
Zugabe von starker Säure:
Zugabe von starker Base:
A− + HX ⇌ HA + X −
B + HA ⇌ HB + + A−
↪
[A− ]
[HA]
wird kleiner,
↪
[A− ]
[HA]
wird größer
[A ]
↪ log [HA]
wird kleiner,
[A ]
↪ log [HA]
wird größer
↪ pH-Wert sinkt
↪ pH-Wert steigt
−
−
Die Funktionsweise eines Puffers aus HA und der konjugierten Base A− ist es also externe,
stärkere Säuren HX bzw. Basen Y durch die Reaktionen A− + HX ⇌ HA + X − bzw.
[A− ]
Y + HA ⇌ HY + + A− abzufangen. Für jede 10-fache Veränderung des Verhältnisses [HA]
ändert sich der pH-Wert nur um eine Einheit. Es gilt nach Henderson-Hasselbalch:
[A− ]
Bei Grenzen für [HA]
von 10:1 bis 1:10 gilt:
1
pH = pKS + log 10 bzw. pH = pKS + log 10 ⇒ pH = pKS ± 1
[A− ]
Bei Grenzen für [HA]
von 100:1 bis 1:100 gilt:
1
pH = pKS + log 100 bzw. pH = pKS + log 100 ⇒ pH = pKS ± 2
Definition: Ein Maß für die Fähigkeit eines Puffers externe Säuren und Basen gleichermaßen abzufangen ist die Pufferkapazität. Sie entspricht der Anzahl der Mole eine
starken Säure bzw. Base die man zu einem Puffer zugeben kann, ohne dass sich der
pH-Wert um mehr als eine Einheit ändert. Die Pufferkapazität ist am höchsten, bei
[A− ]
[A− ] = [HA]. Dann gilt: pH = pKS + log [HA]
und mit [A− ] = [HA] folgt pH = pKS .
15
Aus diesem Grund sollte man sich bei der Wahl eines Puffers für Substanzen entscheiden,
deren pKS -Wert möglichst nahe am erforderlichen pH-Wert liegt. Einige der wichtigsten
Puffer sind:
H3 PO4 / H2 PO–4
H2 PO–4 / HPO2–
4
3–
/
PO
HPO2–
4
4
HCOOH / COO–
H3 CCOOH / H3 CCOO–
NH3 / NH+
4
pKS
pKS
pKS
pKS
pKS
pKS
= 2, 15
= 7, 20
= 12, 15
= 3, 74
= 4, 76
= 9, 24
Bedeutung von Puffern im chemischen Praktikum: Sehr häufig kann man sich die Schwerlöslichkeit von Verbindungen zum Abtrennen und späteren Identifizieren zunutze machen.
Oft hängt die Konzentration der zur Fällung erforderlichen Gegenionen vom pH-Wert ab.
Beispiele:
- CrO2–
4 :
2–
-S :
+
–
CrO2–
4 + H3 O ⇌ HCrO4 + H2 O
S2– + H3 O+ ⇌ HS– + H2 O
HS– + H3 O+ ⇌ H2 S + H2 O
H2 S in 2 M HClaq (pH = −0, 3!), Hg, PbS etc. fallen aus der Lösung aus.
H2 S in NH3 / NH+
4 (pH = 9, 2), CoS, ZnS etc. fallen aus der Lösung aus.
Beispiel zur Berechnung der Pufferkapazität:
Wie hoch ist die Pufferkapazität von 1l Pufferlösung mit einer Konzentration der
Puffersäure und ihrer korrespondierenden Base von jeweils c = 0, 5
Säure?
[A ]
pH = pKS + log [HA]
= pKS + log 0,5
0,5
−
Zugabe von Säure: A− + HX ⇌ HA + X −
↪ [HA] = 0, 5 + [HX] und [A− ] = 0, 5 − [HX]
0,5−[HX]
↪ pH = pKS + log 0,5+[HX]
,
wobei gelten soll:
↪ 10 ⋅ (0, 5 − [HX]) = 0, 5 + [HX]
0,5−[HX]
0,5+[HX]
=
1
10
↪ 5 − 10 ⋅ [HX] = 0, 5 + [HX]
↪ 11 ⋅ [HX] = 4, 5 und damit: [HX] = 0, 409 mol
l
Daraus folgt: die Pufferkapazität ist 1l einer 0,409 M Säure.
mol
l
bei Zugabe von
16
mol
Bei Anfangskonzentrationen der Pufferlösung von [A− ] = 0, 3 mol
l und [HA] = 0, 7 l
↪
0,3−[HX]
0,7+[HX]
=
1
10
↪ 3 − 10 ⋅ [HX] = 0, 7 + [HX]
↪ 11 ⋅ [HX] = 2, 3 und damit [HX] = 0, 209 mol
l
Daraus folgt: die Pufferkapazität ist hier 1l einer nur 0,209 M Säure.
2.2.6 Indikatoren
Definition: Indikatoren sind meist organische Farbstoffe, die selbst mittelstarke oder
schwache Säuren bzw. Basen sind und bei denen sich entweder die protonierte und
die deprotonierte Form farblich voneinander unterscheiden (zweifarbige Indikatoren)
oder nur eine der beiden Formen farbig ist (einfarbiger Indikator).
Der pH-Wert bei dem der Farbumschlag erfolgt hängt dabei vom pKS -Wert der Indikatorsäure bzw. vom pKB -Wert der Indikatorbase ab. Bei zweifarbigen Indikatoren erfolgt
[In− ]
1
der Umschlag innerhalb eines Konzentrationsintervalls 10
≤ [HIn]
≤ 10
1 , bei einfarbigen
Indikatoren ist der Farbumschlag durch den Wegfall oder das Auftreten der Farbe meist
schärfer.
17
3 Fällungs- und Löslichkeitsgleichgewichte
Dieser Anwendungsbereich des Massenwirkungsgesetzes ist besonders wichtig beim qualitativen und quantitativen Nachweis von Ionen, da die Fällung ganzer Gruppen von
verschiedenen Ionen vom Löslichkeitsprodukt der gefällten Verbindungen abhängt. Die
Schwerlöslichkeit gewisser Verbindungen ist ein Garant dafür, dass diese Verbindungen als
Gesteine/Mineralien in der Natur vorkommen.
3.1 Herleitung des Löslichkeitsproduktes aus dem
Massenwirkungsgesetz:
Allgemein gilt, dass Ionen der Sorte Am+ und B n− nur bis zu einer bestimmten Konzentration zusammen in Lösung gehalten werden können. Steigt die Konzentration einer
dieser Komponenten über diesen Punkt hinaus an, dann bildet sich ein Niederschlag An Bm
(sog. Fällung). Es wird ein fester Bodenkörper gebildet und damit ist die Lösung mit
Am+ - und B n− -Ionen gesättigt. Der Punkt an dem die Fällung eintritt, wird durch das
Löslichkeitsprodukt bestimmt. Als Löslichkeit (L) eines Salzes An Bm bezeichnet man die
im Lösungsmittel gelöste Menge (nicht scharf als Teilchenzahl oder Masse definiert) des
betrachteten Stoffs.
An Bm ⇌ n ⋅ Am+ + m ⋅ B n−
K=
[Am+ ]n ⋅[B n− ]m
[An Bm ]
Sobald ein fester Bodenkörper vorhanden ist, bleibt damit die Konzentration an An Bm
konstant und kann in die Gleichgewichtskonstante K mit einbezogen werden, bzw. [An Bm ]
wird zu 1 gesetzt.
KL(An Bm ) = cn (Am+ ) ⋅ cm (B n− ) = [Am+ ]n ⋅ [B n− ]m
m+n
Dimension des Löslichkeitsproduktes: ( mol
l )
3.2 Berechnung der Löslichkeit in Abhängigkeit des
Löslichkeitsprodukts
1:1-Elektrolyt
Allgemein
KL = [A+ ] ⋅ [B − ]
L = [A+ ] = [B − ] (in
↪ K L = L2
√
↪ L = KL
mol
l )
Beispiel: AgCl ⇌ Ag+ + Cl–
KL = [Ag+ ] ⋅ [Cl− ]
L = [Ag+ ] = [Cl− ]
KL(AgCl) = 1, 7 ⋅ 10−10
√
L = 1, 7 ⋅ 10−10 = 1, 3 ⋅ 10−5
18
2:1-Elektrolyt
Allgemein
KL = [A2+ ] ⋅ [B − ]2
L = [A2+ ], da [B − ] = 2 ⋅ [A2+ ] (in
↪ [B − ] = 2 L
↪ KL = L ⋅ (2 L)2 = 4 L3
√
↪ L = 3 K4L
mol
l )
Beispiel: CaF2 ⇌ Ca2+ + 2 F–
KL = [Ca2+ ] ⋅ [F− ]2
L = [Ca2+ ] = 12 [F− ]
↪ [F− ] = 2 L
KL(CaF2 ) = 3, 9 ⋅ 10−11
√
−11
L = 3 3,9⋅10
= 2, 14 ⋅ 10−4
4
3:1-Elektrolyt
Allgemein
KL = [A3+ ] ⋅ [B − ]3
L = [A3+ ], da [B − ] = 3 ⋅ [A3+ ] (in
↪ [B − ] = 3 L
↪ KL = L ⋅ (3 L)3 = 27 L4
√
↪ L = 4 K27L
mol
l )
Beispiel: Fe(OH)3 ⇌ Fe3+ + 3 OH–
KL = [Fe3+ ] ⋅ [OH− ]3
L = [Fe3+ ] = 13 [OH− ]
↪ [OH− ] = 3 L
KL(Fe(OH)3 ) = 5, 0 ⋅ 10−38
√
−38
L = 4 5,0⋅10
= 2, 07 ⋅ 10−10
27
3:2-Elektrolyt
Allgemein
KL = [A2+ ]3 ⋅ [B 3− ]2
L = 2 ⋅ [B 3− ] = 3 ⋅ [A2+ ] (in mol
l )
↪ KL = (3 L)3 ⋅ (2 L)2 = 108 L5
√
KL
↪ L = 5 108
Beispiel: Ca3 (PO4 )2 ⇌ 3 Ca2+ + 2 PO3–
4
2+ 3
3− 2
KL = [Ca ] ⋅ [PO4 ]
2+
L = 2 ⋅ [PO3−
4 ] = 3 ⋅ [Ca ]
KL(Ca3 (PO4 )2 ) = 1, 3 ⋅ 10−32
√
−32
L = 5 1,3⋅10
= 1, 04 ⋅ 10−6
108
3.3 Thermodynamik des Löslichkeitsprodukts
Der Wert von KL hängt thermodynamisch gesehen von der relativen Größe der Gitterenergie
(diese beschreibt energetisch den ”Zusammenhalt” der Ionen im Festkörper) und der
Summe der Solvatationsenergien (in wässriger Lösung: Hydratationsenergie) ab. Wie jede
Gleichgewichtskonstante ist auch KL entsprechend der Gibbs-Helmholtz-Gleichung
∆G = ∆H − T ⋅ ∆S von der Temperatur abhängig. Es gilt:
• Ist die Solvatationsenergie größer als die Gitterenergie des zu lösenden Stoffes wird
Energie beim Lösungsvorgang frei (Reaktionsgefäß erwärmt sich).
• Ist die Solvatationsenergie kleiner als die Gitterenergie des zu lösenden Stoffes wird
Energie beim Lösungsvorgang benötogt (Reaktionsgefäß kühlt sich ab), somit würde
eine Energiezufuhr in Form von Wärme das Reaktionsgleichgewicht auf die Seite des
gelösten Produkts ”drücken” und die Löslichkeit der Substanz würde sich erhöhen
(in der Praxis von erheblicher Bedeutung)
19
Die Stärke der Temperaturabhängigkeit ist von der relativen Größe von ∆H und ∆S
abhängig, dabei gilt, je größer ∆S; desto größer die Temperaturabhängigkeit. Grobe
Einteilung von Salzen nach Löslichkeit:
leicht löslich:
mäßig löslich:
schwer löslich:
0, 1 mol
l
≤
L
L
L
> 1 mol
l
≤ 1 mol
l
< 0, 1 mol
l
3.4 Weitere Faktoren, die die Löslichkeit beeinflussen
Gleichioniger Zusatz:
Zur einer Lösung des Salzes An Bm werden Ionen der Sorte A (oder B) zugegeben.
Ergebnis: Nach Le Châtelier wird das Gleichgewicht in die Richtung verschoben,
die zum Verbrauch des Zusatzes A (oder B) führt, daraus folgt: Es fällt weiteres Am Bn aus.
Fremdioniger Zusatz:
Einschub Aktivität: Wird die Löslichkeit einer Verbindung nicht in reinem Wasser
betrachtet, sondern in einer wäßrigen Lösung, die größere Mengen anderer (fremder)
Ionen als die der betrachteten Verbindungen enthält, wird ihre Löslichkeit erhöht.
Dies liegt daran, das die Ionen der betrachteten Verbindungen nicht mehr ideal
hydratisiert und und unabhängig voneinander vorliegen, sondern sich zu Aggregaten
zusammenlagern, was eine scheinbar geringere Konzentration zur Folge hat. Diese
scheinbaren Konzentrationen werden als Aktivitäten bezeichnet und sind als effektive
oder wirksame Konzentrationen zu verstehen. Nach der Debye-Hückel-Theorie
über die elektrostatischen Wechselwirkungen von Ionen und Elektrolyten gilt
ax = fx ⋅c(x) (a = Aktivität, fx = Aktivitätskoeffizient von x mit 0 ≤ fx ≤ 1). Für ideal
verdünnte Lösungen wird der Aktivitätskoeffizient zu 1 und die Aktivität entspricht
genau der Konzentration (a(x) = c(x)). Abweichungen von diesem Idealverhalten
wird durch einen kleiner werdenden Aktivitätskoeffizienten berücksichtigt. Das
Massenwirkungsgesetz gilt streng genommen nur für Aktivitäten:
Πn
⋅fEd2
K
i fi (Edukte)
⇒
=
K = Kc ffEd1
Kc
Πm fj (P rodukte)
P r1 ⋅fP r2
da fi,j < 1 gilt für n > m ⇒
K
Kc
< 1 und für n < m ⇒
j
K
Kc
>1
Für das Löslichkeitsprodukt ergibt sich also KL = an (Am+ ) ⋅ am (B n− ). Mit wachsender
Ionenkonzentration sinkt fx also zunehmend unter den Wert von 1, also nimmt die
Löslichkeit L zu.
20
Beeinflussung durch weitere Gleichgewichte:
Komplexbildung: Bisweilen löst sich ein Niederschlag, insbesondere von Übergangsmetallsalzen, bei Zugabe größerer Mengen des Anions (besonders mit Cl– , CN– , SCN– ,
PO3–
4 als Anionen) unter Komplexbildung wieder auf.
Beispiel:
Ag+ + Cl–
AgCl + Cl–
Pb2+ + 2 I–
PbI2 + 2 I–
⇌
⇌
⇌
⇌
AgCl ↓
–
[AgCl2 ] aq
PbI2 ↓
2–
[PbI4 ] aq
(analog mit CN– )
(analog mit Hg2+ )
Abhängigkeit vom pH-Wert: Die Abhängigkeit der Löslichkeit eines Salzes vom pHWert der Lösung ist immer dann von Bedeutung, wenn das Salz Ionen enthält,
die Anionen oder Kationen schwacher Säuren bzw. Basen sind (z.B.: S2– (hier:
Freisetzung von H2 S, OH– , O2– , CN– (hier: Freisetzung von HCN), CrO2–
4 (wichtig
2+
2+
2–
–
für Trennung von Sr / Ba ), CO3 (hier: Freisetzung von CO2 ), F , etc.). Diese
können durch starke Säuren oder Basen protoniert bzw. deprotoniert und damit dem
Löslichkeitsgleichgewicht entzogen werden.
Beispiel:
+
–
CO2–
3 + H ⇌ HCO3
HCO–3 + H+ ⇌ <H2 CO3 > ⇌ CO2 + H2 O
21
4 Komplexgleichgewichte
4.1 Das Säure-Base Konzept nach Lewis
Definition: Eine Lewis-Base ist ein Teilchen, welches ein Elektronenpaar zur Bindungsbildung zur Verfügung stellen kann. Die strukturelle Voraussetzung hierfür ist ein
freies, nicht bindendes Elektronenpaar (Beispiele: NH3 , NR3 , H2 O, H2 S, R2 O, Hal– ,
etc.). Kurz: Eine Lewis-Base ist ein e− -Paar-Donor.
Eine Lewis-Säure ist ein Teilchen, welches mit einem zur Verfügung gestellten
Elektronenpaar eine Bindung eingehen kann. Die strukturelle Voraussetzung hierfür
ist eine elektronisch ungesättigtes Atom oder ein Molekül mit elektronisch ungesättigtem Zentralatom (Beispiele: H+ , BF3 , AlCl3 , BH3 , Ag+ , Fe2+/3+ , Hg2+ , Zn2+ ,
etc.). Elektronisch ungesättigt bedeutet dabei:
• Kein Elektronenoktett für die Hauptgruppenelemente (≡ Summe aller bindenden
und nicht-bindenden Elektronenpaare < 4); weniger als 8 Valenzelektronen.
• Weniger als 18 Valenzelektronen für die Übergangsmetalle.
Kurz: Eine Lewis-Säure ist ein e− -Paar-Akzeptor.
Lewis-Säuren und -Basen reagieren zu sog. ”Addukten”, bei denen die Lewis-Basen
”freie” Elektronenpaare an die Lewis-Säuren zur Verfügung stellen, bis Sättigung erreicht
wird. Lewis-Säure/Base-Verbindungen werden als Koordinationsverbindungen bezeichnet,
den Bindungstyp bezeichnet man als koordinative Bindung.
4.2 Komplexverbindungen
Definition: Komplexe sind Koordinationsverbindungen in denen ein zentrales Kation
(meistens ein Haupt- oder Nebengruppenelement) als Lewis-Säure auftritt. Die an
dieses Zentralion koordinierenden Lewis-Basen bezeichnet man als Liganden (von
ligne ≡ binden). Die Anzahl der koordinierenden Teilchen (Koordinationszahl, KZ
oder CN) entspricht der Anzahl, der vom Zentralatom ausgehenden σ-Bindungen
(üblich sind Koordinationszahlen von 2 bis 12, am häufigsten 2, 4, 5, 6). Bei
Liganden, die nur über ein Atom an das Zentralkation koordinieren entspricht die
Koordinationszahl der Zahl der Liganden.
+
2–
3–
Beispiele: [Ag(NH3 )2 ] mit CN = 2; [Cu(CN)3 ] mit CN = 3; [FeF6 ] mit CN = 6
Komplexe werden innerhalb einer eckigen Klammer geschrieben, die Ladung wird
rechts oben hinter der Formel notiert.
22
Einschub Oxidationszahl: Als Oxidationszahl wird allgemein diejenige Ladung bezeichnet,
die die Elemente einer Verbindung nach heterolytischer Spaltung (Unter Berücksichtigung der Oktett-Regel und der Elektronegativität der einzelnen Partner) in die
Elemente aufweisen würde. Die Oxidationszahl kann sowohl in römischen, als auch
in arabischen Zahlen mit dem jeweiligen Vorzeichen über das entsprechende Element
geschrieben werden.
Als Oxidationszahl des Zentralatoms eines Komplexes ist diejenige Ladung definiert, die das
Zentralatom haben würde, wenn alle Liganden unter Mitnahme der mit dem Zentralatom
gemeinsamen Elektronenpaare entfernt würden. Die Oxidationszahl wird in römischen Zahlen angegeben und dem Namen des Komplexes nachgestellt. Die Oxidationszahl errechnet
sich am einfachsten aus der Differenz zwischen der äußeren Ladung des Komplexes und der
Summe aller einzelnen Ladungen der Liganden (positives Vorzeichen wird normalerweise
nicht geschrieben).
Beispiele:
3+
[Co(NH3 )6 ]
–
[CoCl4 ]
–
[MnO4 ]
+
[Fe(H2 O)4 Cl2 ]
4–
[Co(CN)5 F]
Oxidationszahl
Oxidationszahl
Oxidationszahl
Oxidationszahl
Oxidationszahl
=
=
=
=
=
3 − 0 = III
−1 − (4 ⋅ (−1)) = III
−1 − (4 ⋅ (−2)) = VII
1 − (4 ⋅ 0 + 2 ⋅ (−1)) = III
−4 − (5 ⋅ (−1) − 1) = II
4.3 Nomenklatur von Komplexen
1.
2.
Die Namen aller anionischen Liganden enden auf ”o”. Enden die Namen der den
Liganden zugrundeliegenden Anionen bzw. Molekülen auf ”-id”, ”-it” oder ”-at”,
werden sie in Komplexen mit ”-ido”, ”-ito’ oder ”-ato” bezeichnet. Leider gibt es hier
einige traditionell bedingte Ausnahmen:
Wichtige neutrale Liganden: H2 O – aqua, NH3 – ammin, NO – nitrosyl, CO –
carbonyl
Wichtige anionische Liganden: F– – fluorido (fluoro), Cl– – chlorido (chloro), Br– –
bromido (bromo), I– – iodido (iodo), O2– – oxido (oxo), OH– – hydroxido (hydroxo),
NO–2 – nitrito-N (nitro) bei Koordination über N bzw. nitrito-O (nitrito) bei Koordination über O, S2– – sulfido (thio), CN– – cyanido-C (cyano) bei Koordination
über C bzw. cyanido-N (isocyano) bei Koordination über N, SCN– – thiocyanato bei
Koordination über S bzw. isothiocyanato bei Koordination über N, C2 O2–
4 – oxalato,
H3 CCOO– – acetato.
Kommt ein Ligand mehrfach in einem Komplex vor, wird seine Häufigkeit mit
folgenden (griechischen) Vorsilben vor dem entsprechenden Liganden bezeichnet:
2 (di), 3 (tri), 4 (tetra), 5 (penta), 6 (hexa), 7 (hepta), 8 (octa), 9 (ennea)
23
3.
4.
In einem Komplex werden die Liganden alphabetisch geordnet, ohne die Häufigkeitsvorsilbe zu berücksichtigen.
Bei neutralen oder kationischen Komplexen endet der Name mit der Nennung des
Metalls, bei anionischen Komplexen endet der Name auf die Silbe ”-at”. Diese folgt
auf den Namen, den das entsprechende Metall in seiner Oxosäure besitzt (meist
Latein):
Al (-aluminat), As (-arsenat), Pb (-plumbat), Cd (-cadmat), Fe (-ferrat), Au (-aurat),
Cu (-cuprat), Hg(-mercurat), Ag (-argentat), V (-vanadat), Sn (stannat).
Beispiele:
+
[Ag(NH3 )2 ]
–
[Ag(CN)2 ]
2+
[Cu(NH3 )4 ]
3–
[FeF6 ]
3+
[Co(H2 O)6 ]
2–
[Fe(H2 O)2 Br2 (CN)2 ]
2+
[Fe(H2 O)5 NO]
2–
[HgI4 ]
[Cr(H2 O)3 Cl3 ]
3–
[Cu(CN)4 ]
[Co(SCN)3 ]
3–
[VS4 ]
–
[Ni(SCN)4 ]
2–
[SnS3 ]
Diamminsilber(I)
Dicyanidoargentat(I)
Tetramminkupfer(II)
Hexafluoridoferrat(III)
Hexaquacobalt(III)
Diaquadibromidodicyanidoferrat(II)
Pentaquanitrosyleisen(II)
Tetraiodidomercurat(II)
Triaquatrichloridochrom(III)
Tetracyanidocuprat(I)
Trithiocyanatocobalt(III)
Tetrasulfidovanadat(V)
Tetrathiocyanatonickelat(III)
Trisulfidostannat(IV)
Ausnahmen gibt es noch bei Komplexen der Anionen OH– und O2– , die oft einfach mit dem
Namen des Metalls auf die Endung ”-at” und der Oxidationsstufe in Klammern benannt
werden.
–
Beispiele: [Al(OH)4 ]
–
[Pb(OH)3 ]
–
[MnO4 ]
[Sn(OH)6 ]
2–
[CrO4 ]
2–
2–
Aluminat(III);
[Zn(OH)4 ]
Zinkat(II);
2–
Plumbat(II);
[MnO4 ]
Manganat(VI);
Manganat(VII), auch ”Permanganat” genannt; die Vorsilbe
”per” bezeichnet ein hier ein Element in seiner höchstmöglichen positiven Oxidationsstufe;
2–
Stannat(IV);
[Sn(OH)4 ]
Stannat(II);
3–
Chromat(VI);
[SbO4 ]
Antimonat(V).
24
5 Redox-Gleichgewichte
5.1 Oxidation und Reduktion
Im Unterschied zu Säure-Base-Reaktionen (nach Brønstedt), handelt es sich bei RedoxReaktionen um Rektionen, die den vollständigen Übergang eines oder mehrerer Elektronen
von einem Reaktionspartner (üblicherweise dem weniger elektronegativen) zum anderen
(üblicherweise der elekronegativere Reaktionspartner) als Grundlage hat. Die RedoxReaktion besteht aus zwei Teilen, der Oxidation und der Reduktion, die immer zusammen
ablaufen, d. h. es ist nicht möglich, dass bei einer chemischen Redox-Reaktion nur eine
Oxidation oder nur eine Reduktion stattfindet. Die Definitionen für Reduktion und
Oxidation sind:
Oxidation: Die Oxidation beschreibt die Abgabe eines oder mehrerer Elektronen, die
Anzahl der Elektronen des betrachteten Atoms wird geringer, die Oxidationszahl
erhöht sich.
Reduktion: Die Reduktion beschreibt die Aufnahme eines oder mehrerer Elektronen, die
Anzahl der Elektronen des betrachteten Atoms wird größer, die Oxidationszahl
verringert sich.
Bestimmung der Oxidationszahl bei einem Molekül:
Die im betrachteten Molekül vorhandenen Bindungen zwischen zwei Atomen werden
(in Gedanken) heterolytisch gespalten (d. h. der elektronegativere Partner bekommt alle
Elektronen, der weniger elektronegative bekommt nichts). Die nach der Spaltung erhaltenen
Elektronen werden für jedes Atom abgezählt und mit der Elektronenzahl des Elements im
elementaren Zustand (dieser besitzt die Oxidationszahl oder -stufe ±0) verglichen. Zum
bestimmen der Oxidationszahl wird nun die Differenz gebildet:
Anzahl e−Element − Anzahl e−nach Spaltung = Oxidationszahl.
Bsp.: Im Ammoniak (NH3 ) ist der Stickstoff der elektronegativere Partner, der Wasserstoff
ist der weniger elektronegative Partner. Die Bindungen werden (in Gedanken) so gespalten,
dass der Stickstoff alle Bindungselektronen bekommt (Anzahl 8) und der Wasserstoff keines
(Anzahl 0). Die Anzahl der Elektronen im Element sind bei Stickstoff 5 und bei Wasserstoff
1, so dass nach obiger Formel für die Oxidationzahlen die folgenden Werte resultieren:
N: 5 − 8 = −3
H: 1 − 0 = +1
Die Summe der Oxidationsstufen in einem Molekül ist immer gleich der Ladung des
Moleküls, die nach außen spürbar ist (im Falle des Ammoniaks also 0).
25
5.2 Redox-Reaktionsgleichungen
5.2.1 Einfache Redox-Gleichungen
Für die Lösung einfacher Redoxgleichungen (Gleichungen in denen keine weiteren Reaktion
zu betrachten sind) ist es sehr einfach möglich Teilgleichungen für Oxidation und Reduktion
aufzustellen.
Bsp.: Reaktion von elementarem Natrium mit elementarem Chlor zu Natriumchlorid
Oxidation:
Reduktion:
Bilanz:
Na
Ð→ Na+ + e−
Cl2 + 2 e− Ð→ 2 Cl–
2 Na + Cl2 Ð→ 2 NaCl
5.2.2 Anspruchsvollere Redox-Gleichungen
Es werden in wäßriger Lösung vier Fälle unterschieden:
Saures Milieu - Oxid-Anionen werden benötigt: Werden bei einer Redox-Reaktion im
sauren Milieu für das Produkt gebundene Oxid-Anionen benötigt, so können diese
gemäß der folgenden, ”virtuellen” Gleichung erhalten werden: H2 O Ð→ O2– + 2 H+
Bsp.: Oxidation von Cr3+ durch S2 O2–
8 in saurer Lösung:
Oxidation:
Reduktion:
Bilanz:
−
2 Cr3+ + 7 O2–
Ð→ Cr2 O2–
7 + 6 e
−
S2 O2–
Ð→ 2 SO2–
8 + 2 e
4
3+
2–
2–
+
2 Cr + 3 S2 O8 + 7 H2 O Ð→ Cr2 O2–
7 + 6 SO4 + 14 H
Saures Milieu - Oxid-Anionen werden frei: Werden bei einer Redox-Reaktion im sauren
Milieu bei der Entstehung des Produkts Oxid-Anionen frei, so werden diese durch
die in saurer Lösung vorhandenen, überschüssigen H+ -Kationen abgefangen, Wasser
entsteht.
–
Bsp.: Reduktion von Cr2 O2–
7 durch I in saurer Lösung:
Oxidation:
Reduktion:
Bilanz:
2 I–
−
Cr2 O2–
7 + 6 e
–
+
Cr2 O2–
7 + 6 I + 14 H
Ð→ I2 + 2 e−
Ð→ 2 Cr3+ + 7 O2–
Ð→ 2 Cr3+ + 3 I2 + 7 H2 O
Alkalisches Milieu - Oxid-Anionen werden benötigt: Werden bei einer Redox-Reaktion
im alkalischen Milieu für das Produkt gebundene Oxid-Anionen benötigt, so können
diese gemäß der folgenden, ”virtuellen” Gleichung erhalten werden:
2 OH– Ð→ O2– + H2 O
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Bsp.: Oxidation von Cr3+ durch H2 O2 in alkalischer Lösung:
Oxidation:
Reduktion:
Bilanz:
−
Cr3+ + 4 O2–
Ð→ CrO2–
4 + 3 e
H2 O2 + 2 e−
Ð→ 2 OH2–
2 Cr3+ + 3 H2 O2 + 10 OH– Ð→ 2 CrO2–
4 + 8 H2 O
Alkalisches Milieu - Oxid-Anionen werden frei: Werden bei einer Redox-Reaktion im
sauren Milieu bei der Entstehung des Produkts Oxid-Anionen frei, so werden diese
durch Wassermoleküle gemäß nachfolgender Reaktionsgleichung abgefangen:
O2– + H2 O Ð→ 2 OH–
Bsp.: Reduktion von MnO–4 durch SO2–
3 in alkalischer Lösung:
Oxidation:
Reduktion:
Bilanz:
2–
−
SO2–
Ð→ SO2–
3 + O
4 + 2 e
MnO–4 + 3 e−
Ð→ MnO2 + 2 O2–
2–
–
2 MnO–4 + 3 SO2–
3 + H2 O Ð→ 2 MnO2 + 3 SO4 + 2 OH
5.2.3 Disproportionierung und Symproportionierung
Disproportionierung: Ein Element liegt vor der Redoxreaktion in einer ”mittleren” Oxidationsstufe vor und danach in einer höheren und einer niedrigeren Oxidationsstufe.
MnO2
Bsp.:
2 H2 O2 Ð→ 2 H2 O + O2
Synproportionierung bzw. Komproportionierung: Ein Element liegt vor der Reaktion
in einer hohen und einer niedrigen Oxidationsstufe vor und nach der Reaktion in
einer ”mittleren” Oxidationsstufe.
Bsp.:
2 MnO–4 + 3 Mn2+ + 4 OH– Ð→ 5 MnO2 + 2 H2 O