JiO – Reise 2009

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JiO – Reise 2009
JiO – Reise 2009
24. Oktober – 1. November 2009
„Mach Kranke gesund“ (Mt 10,8):
Die Herren Kranken im Heiligen Land
JiO Reise 2009
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................... 1
Grußwort des Ordenskanzlers ................................................................................................................. 2
Vorwort ................................................................................................................................................... 3
Programmübersicht................................................................................................................................. 4
Tag 1 – Ankunft und erste Schritte in Jerusalem..................................................................................... 6
Tag 2 – Jerusalem und Tanz..................................................................................................................... 8
Tag 3 – Abu Gosh und die Anastasis...................................................................................................... 11
Tag 4 - Yad Vashem, Betlehem und Herodion....................................................................................... 14
Tag 5 – Jericho, Kloster der Versuchung und Festung Belvoir .............................................................. 19
Tag 6 – Israel mit dem Rad, Regen, Kapernaum und Bethsaida ........................................................... 21
Tag 7 – Akko und Caesarea.................................................................................................................... 23
Tag 8 – Golan Höhen, wieder Regen und Kursi ..................................................................................... 26
Tag 9 – Abschied aus Tabgha, Fahrt nach Tel Aviv, Nazareth ............................................................... 29
Impressum ............................................................................................................................................. 32
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JiO Reise 2009
Grußwort des Ordenskanzlers
Liebe JiO-Pilger,
liebe Leser dieses Heftes!
Zu den traditionellen Aufgaben des Johanniterordens gehört die Vertiefung des christlichen
Glaubens und seiner Werte. Aus diesem Selbstverständnis heraus will der Orden dazu
beitragen, dass das Grundwissen um Fragen des Glaubens gefestigt wird. Wo kann man
dieses Wissen nicht besser vertiefen als an der Quelle des Geschehens und wo kann man
nicht besser Fragen stellen als am Ort des Geschehens?
Ein wesentliches Ziel dieser Reise ins Heilige Land ist es, allen Beteiligten den
Doppelauftrag des Ordens - Eintreten für den Glauben und Einsatz für den Kranken und
Hilfsbedürftigen - zu verdeutlichen, ihn mit neuen Aspekten zu bereichern und ihn dadurch
als Maßstab für das eigene Handeln zu verinnerlichen. Sie werden damit dem Doppelgebot
der Liebe Jesu folgen: "Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und Du sollst Deinen
Nächsten lieben wie Dich selbst."
Dieses Doppelgebot wird an der Historie unseres Ordens aufgezeigt. In welchem Rahmen
hat Meister Gerhard vor und nach dem ersten Kreuzzug agiert, als er den Hospitalerorden in
Jerusalem gründete. Auf welche Tradition bauen wir heute auf, wenn wir uns um den Herren
Kranken kümmern. Wie wirkt sich diese Tradition auf unsere heutigen Ordenswerke aus.
Ein weiteres Ziel einer solchen Reise ist es, die verschiedenen Religionen, die sich alle im
Heiligen Land vereinigen, kennenzulernen. Dabei geht es nicht nur um den Kontakt zu den
jüdischen oder islamischen Religionsgemeinschaften, sondern auch zu den verschiedenen
christlichen Gemeinschaften, die alle im Heiligen Land, repräsentiert sind. Auch dieser
Austausch, gerade mit der griechisch-orthodoxen Kirche, ist für uns Johanniter von
besonderer Bedeutung, da er uns aufzeigt, dass die lateinische Kirche und die Kirchen der
Reformation viel ältere, ehrwürdige Geschwister haben. Von ihnen können wir lernen, wie
man der Tradition im Glauben und in der Liturgie treu bleiben kann.
Ich sehe dieses Heft als ein wichtiges Element, um die Arbeit der Jugend im Orden
darzustellen und auch immer weitere aktive Johanniterfrauen und -männer für den Dienst im
Orden zu begeistern. Die Reise ins Heilige Land ist ein wesentlicher Baustein der JiO neben
den Behindertenfreizeiten und den Einkehrtagungen, um dem Doppelauftrag im
21. Jahrhundert gerecht zu werden. Es freut mich daher außerordentlich, dass wir eine
aktive Jugend im Orden haben, die sich für diese Tradition interessiert und diese auch leben
will. Die Besinnung auf die Grundlagen unseres christlichen Glaubens, das Bekenntnis zu
Gott, dem Vater Jesu Christi, und die aktive Mitarbeit in der Kirche gehören zu den
wesentlichen Voraussetzungen einer erfolgreichen Ordensarbeit. Spiritualität und Hospitalität
bilden dabei eine einheitliche Grundlage.
Mögen alle diesjährigen Reisenden von ihren individuellen Erfahrungen berichten und somit
als Multiplikator für den Dienst am Herren Kranken wirken sowie diese individuellen
Erfahrungen als Impulse für ihr eigenes Leben erfahren.
Hans-Dieter v. Meibom
Ordenskanzler
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JiO Reise 2009
Vorwort
Liebe Pilgergemeide,
Was war dies für ein Erlebnis: Zum vierten Mal nach der zweiten Intifada ist eine Gruppe von
jungen Johannitern ins Heilige Land gepilgert, um sich auf die Suche nach dem Ursprung
unseres Glaubens sowie unseres Ordens zu begeben. Für alle Beteiligten war es ein
gemeinschaftliches, spirituelles Erlebnis. Es stellte einen weiteren wichtigen Baustein in der
Vertiefung unseres Glaubens dar. In Jerusalem wie auch am See Genezareth kann man
wahrhaben, wo Jesus gewirkt hat und dadurch einen persönlichen Bezug zu den Texten der
Bibel aufbauen. Aber auch der Bezug zu der Geschichte des Johanniterordens im Heiligen
Land und seine heutige Stellung in Israel waren wichtige Bausteine dieses Erlebnisses. Der
Einsatz für den christlichen Glauben und auch das Wohlergehen der Christen im Heiligen
Land, welches auch schon der ursprüngliche Auftrag des Ordens im Heiligen Land war, sind
heute genauso aktuell wie bei seiner Gründung noch vor dem ersten Kreuzzug. Dies alles
war verbunden mit einem Grundkurs in Geschichte und den vielfältigen kulturellen Facetten
des Landes Israel. Der Kontakt zu den verschiedensten christlichen Kirchen sowie zu der
jüdischen und der muslimischen Religion im Brennpunkt Jerusalem‘s runden dieses Erlebnis
ab.
Eine solche Reise kann nicht ohne die tatkräftige Unterstützung von erfahren Israelkennern
erreicht werden. Zwei Personen möchte ich ganz besonders herzlich für Ihren Einsatz und
dadurch für das Gelingen dieser Reise danken: Frau Pastorin Dr. Petra Heldt und Herrn RR
Dr. Jörg Bremer. Gemeinsam haben Sie das Programm der Pilgerreise erstellt und uns als
Gruppe durch diese Woche geführt. Beide waren ein wunderbares Team, das sich bestens
ergänzt hat. Sie vermochten immer unterschiedliche Facetten eines beliebigen Ereignisses
sehr spannend und einander ergänzend darzulegen. Ein Dank geht auch an alle Personen,
die uns in Israel empfangen und sich die Zeit genommen haben, ihre Geschichte zu erzählen
und sich unseren Fragen zu stellen. Frau Monika Hazboun möchte ich für Ihren Einsatz und
Hilfestellung bei der Einsatzplanung vor Ort und der Organisation aller Reisen danken.
Abschließend möchte ich mich bei allen beteiligten Pilgern für die wunderbare Woche
bedanken, in der alles so reibungslos geklappt hat. Den Austausch unter den Pilger als
wesentlichen Bestandteil einer solchen Reise werde ich sehr gerne in bester Erinnerung
behalten.
Dieses Heft soll Ihnen als Leser einen Eindruck von der Vielfalt des Landes sowie der
Möglichkeit des individuellen Erlebens aufzuzeigen und allen Teilnehmern eine schöne
Erinnerung darstellen. Ich wünsche allen Lesern viel Freude bei der Lektüre und ich würde
mich freuen, wenn möglichst viele sich danach für eine Reise ins Heilige Land begeistern
könnten.
ER Vincent v. Walcke-Wulffen
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JiO Reise 2009
Programmübersicht
Samstag 24.10.2009
•
Ankunft in Tel Aviv und Transfer zum Hotel
•
18:00 Einführung in das Thema der Reise (Dr. Jörg Bremer und Pfarrerin Dr. Petra
Heldt)
•
Nachtspaziergang durch die Via Dolorosa zur Anastasis
Sonntag 25.10.2009
•
10.30 Uhr Gottesdienst in der Erlöserkirche (unter Mitwirkung des Ordens)
•
12.15 Uhr Mittagessen im Restaurant „Bulghurji“
•
13.45 Uhr – 14.45 Uhr St. Josphs Krankenhaus: Gespräch mit der Direktorin, Sr.
Monika Dullmann, SJA
•
15.00 – 17.45 Uhr Zionstor. Dr. Shimon Gibson führt durch seine archäologischen
Ausgrabungen am Zionsberg und erklärt die neuen Forschungsergebnisse über die
Entwicklung der Stadt und die Lage von Kaiaphas Haus, der Marienkirche auf dem
Zion, die Geschichte von Davids Grab und dem Praetorium. Zurück zum Jaffator.
•
18.00 – 19.30 Uhr Besuch der Himmelfahrtkirche; Gespräch mit dem Pfarrerehepaar
Ulrike und Michael Wohlrab
•
20.00 Uhr Österreichisches Hospiz. Feier aus Anlass des österreichischen
Nationaltags.
Mo. 26. Oktober
•
08.30 Uhr Besuch der christlichen Stätte auf dem Ölberg
•
10.30 Uhr Besuch in Abu Ghosh – Johanniterkirche und Benediktinerkloster;
Gespräch mit dem Abt Charles Galichet OSB, Ehren-General-Priester des
Malteserordens.
•
Mittagessen in Abu Ghosh
•
15.30 Uhr Gespräch mit Propst Dr. Uwe Gräbe
•
16.00 UhrFührung durch die Anastasis (Dr. Petra Heldt)
•
18.00 Uhr Besuch im Johanniter Hospiz (Dirk und Steffi Klingelhöfer, Leiter des
Johanniter Hospizes)
•
20.00 Uhr Herr Hans-Christian Rößler, Korrespondent der FAZ: Einschätzung der
politischen Entwicklung in Israel
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JiO Reise 2009
Di. 27. Oktober
•
9.00 Uhr Yad Vashem – Führung
•
11.30 Uhr Abfahrt nach Bethlehem – Besuch der Geburtskirche
•
13.00 Uhr Mittagessen im Restaurant Al Andalus
•
13.45 Uhr Abfahrt zum Herodion
•
19.00 Uhr Abendessen bei Rechtsanwalt Elias Khoury: Ein Gespräch über Jerusalem
Mi. 28. Oktober
•
9.00 Uhr Abfahrt nach Jericho, Besuch des Kloster der Versuchung
•
13.00 Uhr Weiterfahrt zur Festung Belvoir
•
17.00 Uhr Ankunft zur Übernachtung mit Abendessen im PILGERHAUS TABGHA
•
20.00 Uhr Gespräch mit Abt Benedikt
Do. 29. Oktober
•
09.00 Uhr Tagestour zu den christlichen Stätten um und am See Genezareth:
Kapernaum, Beit Saida, Kursi, Hazor, Gamla, Berg der Seligpreisungen (mit dem
Boot nach Kursi und von dort mit dem Fahrrad– Dr. Jörg Bremer)
•
20.00 Uhr Politische Lage in Jerusalem und Rom – Dr. Jörg Bremer
Fr. 30. Oktober
•
08.00 Uhr Akko und Caesarea
•
20.00 Uhr Gespräch über die Christen in Galiläa – Petra Heldt
Sa. 31. Oktober
•
Tagestour nach Obergaliläa und in den Golan: Nazareth, Safed, Mt. Merom,
BanyasQuellen (Jesus: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“) (Dr. Petra
Heldt)
So. 1. November
•
Besuch von Nazareth
•
Transfer zum Flughafen
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JiO Reise 2009
Tag 1 – Ankunft und erste
Schritte in Jerusalem
Moderne Pilger reisen mit dem Flugzeug,
aber auch wenn dies deutlich einfacher ist,
als vor einigen Jahrhunderten, so ist auch
modernes Reisen nicht ohne Tücken und
Lufthansa und der Nebel dezimierten
unsere Gruppe ab Frankfurt um 4
Personen. Aber auch über Zürich geht es
nach Jerusalem und mit Bonusmeilen für
die Business Class kann man sich auch
auf ausgebuchten Folgefliegern Zugang
verschaffen. Oder man kennt über Ecken
den Piloten der Abendmaschine, der Platz
auf den „Jumpseats“ im Cockpit schafft.
Diejenigen, von uns, die in Frankfurt
zusammentrafen hatten nur die Hürde des
Findens der ja noch weitgehend
unbekannten Mitreisenden zu überwinden,
was sich mit zunehmender Gruppengröße
und analog wachsender Dichte an
Wachsjacken und Bootsschuhen leichter
gestaltete. Nach der Landung in Tel Aviv
folgte
vor
dem
Passieren
der
Einreisebehörden
eine
profunde
Unterweisung durch Vincent – die Einreise
als erste kleine Herausforderung, die aber
durchaus zum schnelleren Kennenlernen
beitrug.
Im Ankunftsbereich erwartete uns Frau
Hazboun, die lokale Reiseplanerin, sonnig
mildes israelisches Wetter und ein etwas
müder Busfahrer, der uns gen Jerusalem
fahren sollte. Wie uns Frau Hazboun
erklärte,
bereisten
wir
Israel
zur
touristischen Hochsaison – zumal Israel
durch die etwas stabilere politische Lage
ein Rekordjahr im Tourismus erlebe –
Flüge, Busse und Hotels seien völlig
ausgebucht. Auch von letzterem waren wir
betroffen und vieren von uns wurde für die
ersten Nächte Quartier im Partnerhotel
unserer Herberge zugewiesen. Das
sympathische Knights Palace war aber für
alle von uns ein komfortabler und zentraler
Ausgangspunkt für die Erkundung der
heiligen
Stadt
und
unsere
Vorstellungsrunde.
Hier
wurde
aus
unseren
beiden
Israelexperten Dr. Petra Heldt und Dr. Jörg
Bremer „Jörg“ und „Petra“ und unsere
Mitpilger
bekamen
durch
Namen,
Reisemotivation, Berufe und Wohnorte ein
erstes zartes Profil, welches sich schon
beim Probieren des schmackhaften
israelischen Bieres vertiefte.
Nach einer Stärkung am Hotelbüffet, das
mit landestypischen Köstlichkeiten wie
Humus oder Auberginenpaste aufwartete,
begaben wir uns auf unsere erste Tour
durch das abendliche Jerusalem. In
lockeren Grüppchen schlängelten wir uns
über den Basar und staunten fleißig über
das unüberblickbare Angebot. Viele
Touristen und Pilger waren um diese
Uhrzeit nicht mehr auf den Beinen, was
ein relative schnelles Durchkommen auf
dem Weg vom christlichen, über das
muslimische
zum
jüdischen
Viertel
ermöglichte. Zwischendurch hielten wir
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JiO Reise 2009
immer wieder inne und lauschten
Erläuterungen und Anekdoten von Jörg
und Petra zu Architektur, Kultur und
Lebensweise
der
verschiedenen
Bewohner vor Ort. Schnell wurde klar: in
dieser Stadt ist kaum ein Stein ohne
Bedeutung, aber über diese Bedeutung
kann man gepflegt debattieren – was Jörg
und Petra auch zur Unterhaltung der
Gruppe „gelegentlich“ taten. Außerdem
hatte der ein oder andere die Erkenntnis,
das ein kurzfristiges Reiseführerstudium
nur ein unzureichender Schlüssel zum
Verständnis dieser Diskurse sein könnte.
angestrahlten Formation des jüdischen
Friedhofs.
Vom Königstor gingen wir durch die Via
Dolorosa die 14 Stationen entlang, mit
einem kurzen Halt an der achtem beim
Johanniter
Hospiz,
Ein erstes großes Highlight war das
Erreichen der Klagemauer. Vor der großen
Menge jüdischer Gläubiger erklärten uns
Jörg und Petra geschichtliche als auch
theologische und politischen Hintergründe,
die
zu
der
augenblicklichen Situation von diesem in
helles Scheinwerferlicht getauchten Ort
führen. Jeder von uns nutzte die
Gelegenheit die Mauer näher zu
besichtigen, nach jüdischer Tradition
getrennt aber mit gemischten Gefühlen die
Damen die südliche und Herren die
nördliche Hälfte. Durch das Dungtor
verließen wir die Altstadt auf dem Weg
zum Königstor und kamen vorbei an vielen
Ausgrabungsstellen
des
Jerusalemer
Archäologischen Parks rund um den
Tempelberg und gewannen einen ersten
Eindruck von der Stadt Davids, dem
Garten Gethsemane mit seinen Kirchen,
dem Ölberg und auch der faszinierend
welches wir noch ausführlicher in der
kommenden Woche zu sehen bekommen
sollten. Der Weg durch erstaunlich leere
Gassen führte uns vorbei an der
Erlöserkirche
bis
schließlich
zur
Grabeskirche. Nach Mitternacht war eine
besondere Stimmung in der Kirche zu
spüren, die jedem die Möglichkeit gab auf
seine
persönliche
Weise
auf
Entdeckungsreise an der Stelle zu gehen,
wo Jesus Christ wahrscheinlich seinen
letzten Stunden verbrachte. Wir waren tief
beeindruckt vom Geist dieses Ortes und
den gleichzeitig hier versammelten
unterschiedlichen
christlichen
Glaubensrichtungen.
Nach
diesem
intensiven ersten Abend kehrten wir mit
vielen
neuen
Gedanken
zur
wohlverdienten Nachtruhe in unsere
Herbergen zurück.
Christine Trotha, Alexander Sassenberg
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JiO Reise 2009
Tag 2 – Jerusalem und Tanz
3 Uhr morgens. Pilgerbruder Martin
Rothfuchs kommt an, legt sich in sein Bett
und schnarcht leise, überglücklich dem
Nebel in Deutschland entkommen zu sein.
6.30 Uhr. Es ist hell und wir haben uns
verabredet vor dem Frühstück den
Tempelberg anzusehen. Wir treffen uns
vor unserem Hotel, dem Knights Palace.
Der Morgen ist warm und die Luft
schmeckt ganz anders als in Frankfurt:
Wonach? Ich habe keine Ahnung,
jedenfalls nach Vorfreude und, ich bilde
mir ein, nach Orient, vielleicht ein wenig
nach
Kardamon.
Auf
den
durch
Jahrhunderte
langes
Begehen
abgeschliffenen Steinplatten laufen wir
durch die engen Gassen von Jerusalem.
Die
kleinen
Läden
mit
den
Paschminaschals, Kreuzen aller Größen
und Geschmäcker, mit Anhängern und
Ketten schlafen noch, ihre Eisentüren sind
wohl
verschlossen.
Irgendwie gelangen wir durch das
Gassengewirr
zum
Einlaß
des
Tempelbergs.
Zwei
gelangweilte
Israelische Soldaten lassen uns nach
kurzem Warten durch den Metalldetektor
passieren. Vor uns öffnet sich der große
Platz mit der weltberühmten Klagemauer,
der Westmauer des zweiten Tempels. Hier
stand einst, wie Jörg berichtet hatte, das
marokkanische Viertel. Teddy Kollek,
Jerusalems bekannter Bürgermeister, ließ
es abräumen, damit die Klagemauer
besser zugänglich ist. Die Schlange an
Menschen vor der Rampe, die hoch zum
Tempelberg führt, war bereits mehr als
hundert Meter lang. Die Sonne mittlerweile
gleißend. Nach einigem Warten hörten wir,
dass der Tempelberg geschlossen sei. Es
gebe Unruhen oben. Palästinenser hatten
eine Patrouille israelischer Soldaten mit
Steinen und einem Brandsatz beworfen –
wohl aus Ärger, weil von jüdischer Seite
immer wieder Ansprüche auf den
Tempelberg erhoben werden und Muslime
an der Wallfahrt dorthin gehindert worden
sein sollen. Die israelische Patrouille
antwortete
mit
Blendgranaten
und
Festnahmen auf die Steinewerfer.
Wir zogen enttäuscht zur Klagemauer. Die
orthodoxen Juden mit den lustigen großen
Fellmützen waren nicht zugegen wie am
Abend zuvor. Dennoch waren auch jetzt
schon viele Betende da. Was für ein Ort.
Er machte mich Stauen, nachdenklich und
andächtig.
Aber weiter. Wir beschlossen zur St. Anna
Kirche auf der Via Dolorosa zu gehen. Der
direkte Weg dorthin war uns allerdings
abgeschnitten,
da
wegen
der
Auseinandersetzung auf dem Tempelberg
eine Gasse in der Altstadt gesperrt war.
Über die Via Dolorosa gelangten wir nahe
zu Sankt Anna, als wir vor uns plötzlich
eine Straßensperre auftauchte und
Polizisten mit schwarzen Helmen und
schwarzem
gepanzertem
Anzug
–
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JiO Reise 2009
moderne Ritter – in ihre Richtung flog von
irgendwoher eine Flasche und ein Stein.
Wir wagten uns nach anfänglichem
Zögern dennoch vor. Die Polizisten an der
Sperre ließen uns passieren, die
Palästinenserinnen, die die Polizisten
anschrien auch.
In großen Innenhof von St. Anna war es
still. Der wunderschöne Garten lag in der
Morgensonne. Wir betraten die Kirche,
sangen einen Kanon. Anschließend
blickten ehrfurchtsvoll runter in die leeren
Bethesda
Teiche.
Nach
dem
morgendlichen
Ausflug
versammelten wir uns alle vor der
Erlöserkirche unweit der Grabeskirche. Mit
einem großen Kruzifix vorneweg zogen wir
in die Kirche ein. Petra hielt eine
berührende Predigt über das Miteinander
in der Ehe und über Trennung.
In dem Gebäude der Erlöserkirche
besuchten wir noch eine Kapelle, die auch
den Johannitern heute zur Andacht dient.
Bei strahlender Sonne marschierten wir zu
einem nahen armenischen Restaurant.
Kaltes Wasser, Brot mit Humus,
eingelegtes
Gemüse,
viele
kleine
Leckereien verschwanden schnell.
Mit schnellem Schritt eilten wir aus der
Altstadt
heraus
zum
Josephs
Krankenhaus. Auch auf diesem kurzen
Weg brannte die Sonne und wir waren
dankbar für den erfrischenden Saft im
Krankenhaus.
Schwester
Monika
berichtete uns anrührend über ihre Arbeit
mit todkranken Menschen aller Religionen,
bei denen die sonst unüberwindlichen
Grenzen zwischen den konfessionellen
Gruppen aufgehoben sind. Schwester
Monika, das zeigten ihre Erzählungen,
über die Menschen in ihrem Krankenhaus,
war nicht nur mit Leidenschaft bei der
Pflege sondern auch mit Humor. Sie
erzählte von einer Nonne, die beim
Nießen am Fenster ihr Gebiss verlor. Es
purzelte auf die unter dem Fenster
befindliche Straße. Diese war damals, als
die Altstadt noch palästinensisches Gebiet
war Niemandsland. Um beim Bergen des
Gebisses nicht erschossen zu werden,
wurde
ein
kurzfristiger
Frieden
ausgehandelt.
Nach diesem beeindruckenden Gespräch
führte uns der englische Archäologe
Shimon Gibson in die biblische sowie die
byzantinische Zeit, zeigte uns seine
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JiO Reise 2009
Ausgrabungen vor den Mauern der
Altstadt. Er hatte die Gabe über den Sand
und die Steine zu unseren Füßen mit
solcher Hingabe und Kenntnisreichtum zu
sprechen, dass es ganz still war.
Wir lachten über seine Geschichten:
Früher gab es in Jerusalem kein frisches
Wasser aus der Leitung, da sich
Trinkwasser
und
Abwasser
im
Leitungssystem trafen. Die englischen
Archäologen
Anfang
des
letzten
Jahrhunderts behalfen sich daher und
tranken Bier. Die leeren Bierflaschen, so
Shimon, finde er ab und zu in den
Grabungsgängen, die seine Vorgänger
aushoben. Am Ende seiner Führung
entlang der Stadtmauer kam es zu einem
wunderbaren Streitgespräch zwischen ihm
und Petras Mann, darüber wo über Jesus
Gericht gehalten wurde und die Via
Dolorosa wirklich verlief.
Mit dem Bus gelangten wir zur
Himmelfahrtskirche,
vor
der
einen
steinerne Reichsadler grüßen. Innen wie
außen ist sie ein imposanter gleichwohl
ein wenig manierierter und trutziger Bau.
Pfarrer Wohlrab berichtete uns sehr
kenntnisreich über ihre Geschichte sowie
darüber, dass die Kirche mit ihrem
Gelände benachbart auf der einen Seite
zu einer jüdischen Siedlung und auf der
anderen
Seite
zu
einem
armen
palästinensischen Wohnviertel geradezu
ein Symbol der Wehrlosigkeit der
christlichen Kirche sei.
österreichischen Hospiz. Ein Kontrapunkt
vielleicht zu dem zuvor erlebten und
gerade deswegen umso beeindruckender.
Wir schauten ein Glas österreichischen
Wein in der Hand unter Palmen stehend
auf die nächtliche Via Dolorosa oder
blickten gebannt mit einem kühlen Taibeh
versorgt von der Dachterasse des
Pilgerhospizes auf die erleuchtete Kuppel
des Felsendoms. Diese Nacht war einfach
märchenhaft.
Die
Militärkapelle
aus der Steiermark, die hier unerwartet
Live Musik machte, trug zu dem Gefühl
bei, daß sei alles unwirklich hier in
Jerusalem.
Nur Ein Tag – so angefüllt wie eine ganze
Woche!
Benedict von Saint Andre, Friedrich von
Massow
Dieser Tag war noch nicht zu Ende – nein.
Er endete mit Walzer und Friesenrock im
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JiO Reise 2009
Tag 3 – Abu Gosh und die
Anastasis
Wittigos Geburtstag zog sich wie ein roter
Faden durch diesen Montag, der durch ein
Geburtstagsständchen eingeleitet/-läutet
wurde.
Nach dem Frühstück ging es mit dem Bus
auf den Ölberg, wo wir uns im Stau und
zwischen
dutzenden
anderen
Reisebussen und hunderten von Touristen
wiederfanden.
Wir
genossen
den
unverbauten Blick vom Ölberg auf den
Tempelberg und die Altstadt, bevor wir
uns
an
den
Abstieg
machten.
Fast zufällig verließen wir den mit
Touristen gefüllten Fahrweg, um abseits
Petras und Jörgs Ausführungen in Ruhe
lauschen zu können; wir kamen neben
dem Eingang zur Höhle der Gräber der
Propheten im Schatten zum Stehen. Petra
und Jörg erzählten, dass diese Höhle
bisher immer verschlossen war, wenn sie
dort gewesen waren – und dass auch der
Schlüssel, entgegen der Ankündigungen
auf einer Tafel, nicht zugänglich sei. Just
da näherte sich ein Mönch dem Eingang
zur Höhle und somit unserer Gruppe, der
einen großen Schlüsselbund und eine
professionelle Taschenlampe bei sich trug
– und der den Eingang zur Höhle öffnete
und uns einließ!
Wie sich herausstellte, war es ein
französischer Mönch, der vom nahe
gelegenen russischen Kloster kam. Im
Hauptraum der Höhle stehend erklärte er
uns auf Englisch, dass in den Gräbern die
Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi
(6.-5. Jh. v. Chr.) ruhen sollen. Im kleinen,
älteren Teil der Höhle befinden sich
jüdische Gräber, in denen nur jeweils ein
Körper bestattet wurde. Im neueren,
christlichen Teil wurden in einem Grab
jeweils drei Leichen in drei Lagen
begraben, die mithilfe von Steinplatten
getrennt wurden.
Dann verteilte er Kerzen an uns, mithilfe
derer wir die stockdunkle Höhle erkunden
konnten: Sie besteht aus einer Rotunde, in
welche die Zugangstreppe mündet und in
die somit Tageslicht fällt. Daran schließen
sich zwei halbrunde Galerien an, in denen
sich die Gräber (Schiebestollen) befinden,
die z.T. mit alten, in den Fels geritzten
Inschriften versehen sind. An einem Grab
ließen sich die drei Lagen erkennen.
Es war spannend, sich mit Hilfe der
Kerzen voran zu tasten in der völligen
Finsternis. Welch Geschenk, dass sich der
Zugang zu diesen Gräbern für uns
ergeben hat.
Zurück im Sonnenlicht ging es weiter den
Ölberg herab, zwischen Olivenhainen und
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JiO Reise 2009
jüdischem Friedhof, vorbei am Garten
Getsemani, alten Grabanlagen, der
Franziskanerkapelle Dominus Flevit, der
russischen Maria-Magdalenen-Kirche bis
hinunter
zu
all
den
wartenden
Reisebussen…
Mit unserem Bus ging es nun nach
Westen Richtung Abu Gosh. Hier befindet
sich eine Quelle, die mehrfach in der Bibel
erwähnt wird und die sich an einem alten
Weg von der Küste nach Jerusalem
befand.
auf
französisch
gehaltenen
Messe
teilnehmen und das Abendmahl mit den
Ordensbrüdern und -schwestern und den
Besuchern
gemeinsam
feiern,
ein
wunderbares
Zeichen
und
eine
überzeugende Erfahrung für gelebte
Ökumene, die sich durch unsere gesamte
Reisezeit
hindurch
zog.
Es wird angenommen, dass Jesus hier mit
den
Emmausjüngern
nach
der
Auferstehung das gemeinsame Mahl
eingenommen haben soll.
An
dieser
Stelle
errichteten
die
Kreuzfahrer eine dreischiffige Kirche, die
zu den besterhaltenen Kreuzfahrerkirchen
im Heiligen Land zählt: Es handelt sich um
eine Basilika im romanischen Stil (12. Jh.)
mit bis zu 4 m dicken Außenmauern, die
auf dem Gelände des einstigen römischen
Kastells der X. Legion Fretensis errichtet
wurde
(siehe
Inschrift
neben
Kirchenportal). Im Hauptschiff konnten wir
byzantinische Fresken bewundern; in der
Krypta entspringt die oben erwähnte
Quelle, die noch heute fließt und die
Gärten bewässert.
Doch neben all diesen baulichen und
historischen
Aspekten,
waren
es
Schwester Marie Madeleine und der
Benediktinerorden, die uns beeindruckten:
Wir wurden mit einer wunderbaren
Offenheit empfangen und durften an der
Anschließend genossen einige von uns
eine
stärkenden,
frisch
gepressten
Granatapfelsaft, bevor es im Bus zurück
nach Jerusalem ging. Dort haben wir in
verschiedenen
Gruppen
zu
Mittag
gegessen; und mehrere von uns haben
den von Jörg empfohlenen Stoffladen
aufgesucht, der Stoffe und Tücher wie aus
1001 Nacht verkauft und damit sowohl
weibliche als auch männliche Teilnehmer
unserer Gruppe in seinen Bann zog. Und
als der Besitzer des Landes uns als
„Jörg’s friends„ identifizierte, wurden
Schals und Stoffe heraus gezaubert, die
wir dann für „Jörg’s friends Preise“
erwerben konnten. Das wurde stark
genutzt. Die gezeigten Brokatstoffe waren
zum Teil traumhaft
Dann ging es im Laufschritt weiter zur
„Anastasis“,
der
Grabeskirche.
12
JiO Reise 2009
Hier durften wir mit Petra eine exklusive
Führung erleben. Petra zeigte uns die
Stellen in der Grabeskirche, die für sie
einen besonderen Stellenwert haben.
Diese persönliche und gezielte Führung
war für uns alle hochinteressant. (Die
Details aus dem Reiseführer möchten wir
hier
allen
ersparen.)
bevor Herr Rössler zu uns stieß, der seit
Februar 2009 die Nachfolge als FAZKorrespondenz in Jerusalem angetreten
hat. Er berichtete über seine Einschätzung
der politischen Lage in Israel und die
weitere Entwicklung. Dabei wurde noch
einmal deutlich, wie gespannt das
politische Verhältnis zwischen Israelis und
Palästinensern ist.
Nach
der
Rückkehr
ins
Hotel
versammelten wir uns im Innenhof zum
gemütlichen
Geburtstagsumtrunk
anlässlich
Wittigos
50. Geburtstag;
einziges Handicap waren hier die frühe
Zeit des „last call“ und die anschließend
tatsächlich verschlossene Bar.
Petra erzählte so spannend, dass wir über
die Führung die Zeit vergaßen und mit
Verspätung zum Johanniterhospiz eilten.
Im Johanniter Hospiz empfingen uns das
Ehepaar Klingelhöfer, das uns nach
köstlicher Bewirtung mit Spätzle über die
Arbeit im Johanniter Hospiz informierte
und bereitwillig alle unsere Fragen
beantwortete,
Danach
selbstständiges
verbunden mit Nachtruhe ☺
Heide
Neitzel
Zubettgehen
Schulze-Gattermann,
Christian
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JiO Reise 2009
Tag 4 - Yad Vashem, Betlehem
und Herodion
Nach
unserem
all
morgendlichen
Frühstück im Hotel Knights Palace
brachen wir am vierten Tag unserer Reise
zu unserem Besuch von Yad Vashem auf.
Die Abfahrt war um 8.20h mit unserem
Reisebus von der Bushaltestelle an der
Ha`Emeq. Zur Einstimmung auf unser Ziel
gab uns Vincent vorab einige Infos im Bus.
Bei unserer Fahrt schlängelte sich unser
Bus
im
Berufsverkehr
durch
die
israelischen Außenbezirke von Jerusalem
und wir erreichten um 8.40h unser Ziel.
Nach unserem Eintreffen in Yad Vashem
standen wir vor einem modernen Komplex
von
Museumsarchitektur.
Auch an diesem Morgen war es
sommerlich warm und die kleine
Verspätung unserer Museumsführung gab
uns Gelegenheit, uns mit Trinkbarem (zu
dieser Stunde natürlich noch kein GinTonic) zu versorgen und das Diorama der
Gedenkstätte anzusehen.
Wir hatten ja alle bereits von Yad Vashem
gehört
oder
gelesen,
aber
die
herausragende Stellung diesen für das
jüdische Volk so bedeutsamen Ortes, lässt
sich für einen Nichtjuden wohl kaum
ermessen. Viele von uns kennen bereits
Museen und Gedenkstätten wir z.B.
Dachau,
aber
bereits
in
der
ausdrucksstarken Architektur wird die tief
im
Nationalbewusstsein
verwurzelte
Bedeutung des Holocaust betont.
Doch bevor ich mit meinem Bericht
fortfahre, noch einige Details zu Yad
Vahem: Yad Vashem, die staatliche
Gedenkstätte
der
Märtyrer
und
Widerstandskämpfer
des
Holocaust,
wurde am 19.08.1953 durch den
Beschluss des israelischen Parlaments,
der Knesset, gegründet. Der Name leitet
sich aus Jesaia 56,5 ab: „Ihnen allen
errichte ich in meinem Haus und in meinen
Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen
einen Namen, der mehr wert ist als Söhne
und Töchter. Einen ewigen Namen gebe
ich ihnen, der niemals getilgt wird."
Die Stätte hat als Aufgabe, der sechs
Millionen jüdischer Männer, Frauen und
Kinder zu gedenken, die von den
Nationalsozialisten
und
ihren
Kollaborateuren zwischen 1933 und 1945
ermordet wurden. Sie erinnert darüber
hinaus aber auch an die Tapferkeit, Mut
und
Standhaftigkeit
der
jüdischen
Partisanen
und
Kämpfer
in
den
Ghettoaufständen sowie an die Taten der
„Gerechten unter den Völkern", die das
Leben von Juden gerettet haben. Yad
Vashem hat darüber hinaus die Aufgabe,
die Erinnerung an den Holocaust und
seine Lehren für künftige Generationen
wach zu halten und zu wahren.
Unsere Führung begannen wir an der
„Allee der Gerechten unter den Völkern".
Dieser von Bäumen gesäumte Weg wurde
zu Ehren von nichtjüdischen Männern und
Frauen angelegt, die unter Gefährdung
ihres eigenen Lebens versucht haben,
Juden vor den Verfolgungen im Holocaust
zu retten. Ihre Namen und Herkunftsländer
sind auf Tafeln neben den Bäumen
vermerkt.
14
JiO Reise 2009
Beispiele hierfür sind Oskar Schindler,
Chiune Sugihara, Berthold Beitz oder
Giorgo Perlasca, insgesamt ca 16.000
Menschen. Das Projekt wurde 1963
begonnen.
Weiter gingen wir zur „Halle der
Erinnerungen" mit der Gedenkflamme für
die Opfer des Holocaust. Diese Flamme ist
in Form eines zerbrochenen Bronzekelchs
ausgeführt und steht in der Mitte der Halle.
Davor befindet sich eine Steinplatte, unter
der
die
Asche
aus
den
Konzentrationslagern begraben ist. In der
Halle sind die Namen der 21 größten
Konzentrationslager
in
den
Boden
eingraviert, die exemplarisch für alle Orte
der Vernichtung stehen. Hinter der „Halle
der Erinnerungen" traten wir vor das
„Denkmal für die Kinder", welches an die
1,5 Millionen von den Nationalsozialisten
ermordeten Kinder und Wehrlose gedenkt.
Die vom Architekten Moshe Safdie
errichteten gebrochenen „Lebenssäulen"
sind mit den Namen und Bildern von
ermordeten Kindern versehen.
Im Anschluss erreichten wir das Museum
zur Geschichte des Holocaust. Das
Museum dokumentiert in neun Galerien
die Geschichte der Judenverfolgung.
Anhand
von
Videoinstallationen,
Fotografien, Exponaten, Dokumenten und
Kunstwerken wird der Völkermord an den
europäischen
Juden
eindrücklich
dargestellt.
Die
Ausstellung
ist
chronologisch geordnet und beginnt beim
jüdischen Leben in Europa vor dem
Holocaust,
geht
dann
über
dem
aufkommenden Nationalsozialismus in
Deutschland
(wie
z.B.
Die
Bücherverbrennung , Reichskristallnacht),
den Antisemitismus in Europa (beginnend
im Mittelalter bis in die Mitte des
19.Jahrhunderts), Judenverfolgung und diskriminierung in Deutschland (z.B. durch
Rassenkunde,
Rassentrennungsmaßnahmen,
Beschlagnahme
von
Vermögen, etc.), dem Zweiten Weltkrieg
und die Zerstörung jüdischen Lebens in
Polen, die Ghettos (u.a. Mit einem
Nachbau
der
Hauptstraße
des
Warschauer Ghettos) bis zur Vernichtung
in den Konzentrationslagern. Hieran
schließen sich der Widerstand und die
Todesmärsche an. Die Ausstellung endet
mit der Situation der Überlebenden, ihrer
Suche nach Angehörigen, dem Leben in
den Camps der displaced persons (DPCamps) und der Auswanderung nach
Israel oder in andere Länder. Den
Abschluss bildete eine Rotunde, die Halle
der Namen, mit 3,3 Millionen Namen und
Bildern von Überlebenden. Das Museum
wurde ebenfalls von dem Architekten
Moshe Safdie gebaut und im März 2005
eröffnet.
Am Ende unseres Rundganges sah ich in
stille Gesichter, Sprachlosigkeit, und
spürte bewegte Herzen über die
Darstellung der Gräuel, das Leid und das
Elend der Menschen, denen dies Museum
gewidmet ist.
15
JiO Reise 2009
Aber uns blieb keine Zeit, lange in unseren
Gedanken zu verweilen, denn es war
bereits spät und Vincent erinnerte uns zu
Recht an die Einhaltung unseres
Zeitplanes. Unsere Reise musste ja
schließlich
weiter
gehen,
aller
Nachdenklichkeit und Betroffenheit zum
Trotz. Wir wollten ja nach Bethlehem.
Also ab in den Bus und weiter ging´s um
kurz
nach
12.00h
durch
den
Mittagsverkehr
und
in
Richtung
Bethlehem. Zuvor müssten wir jedoch eine
Mauer überwinden. Die Mauer, die Israel
von den palästinensischen Gebieten trennt
ist ein gewaltiges Bauwerk, so als hätten
dafür die Burgen der Kreuzfahrer Pate
gestanden. Irgendwie fühlt man sich an
Berlin vor 1989 erinnert. War schon ein
eigenartiges
Gefühl,
so
eine
innerdeutsche Mauer mitten in Israel zu
finden. Doch es ging am Checkpoint recht
schnell hindurch und weiter ging´s zur
Stadt Davids, die sich am Rande der
Judäischen Wüste an einen Berghang
schmiegt. Zu Kreuzfahrerzeiten war
Bethlehem ein bedeutender Wallfahrtsort
mit einer stattlichen Einwohnerzahl, doch
danach sank die Bevölkerung immer
weiter ab, bis nach dem Krieg 1948
Tausende
von
palästinensischen
Flüchtlingen dort eine neue Heimat
fanden. Seit 1995 steht Bethlehem unter
palästinensischer Verwaltung, die ein
Programm für wirtschaftlichen Aufschwung
und Tourismus lanciert hat.
An unserem Ziel angekommen, begaben
wir uns schnurstracks zur Geburtskirche
aus römisch-byzantinischer Zeit. Schon
326 ließ Kaiser Konstantin hier eine Kirche
bauen, die Kaiser Justinian 530 erneuerte.
Die Kreuzfahrer gestalteten das Innere der
Kirche neu und die Osmanen statten die
Kirche später mit Marmor aus. 1852 wurde
die Kirche unter gemeinsame Obhut der
römisch-katholischen, armenischen und
griechisch-orthodoxen Kirche gestellt.
Nachdem wir durch den von den
Osmanen verkleinerten Eingang in das
Innere der Kirche gelangten, erhielten wir
von
„Onkel
Jörg"
sogleich
eine
umfassende Führung über die bemalten
Säulen, die Mosaikböden aus dem 4.
Jahrhundert und die Wandmosaiken aus
dem 11. Jahrhundert. Unterhalb der
Hauptkirche
befindet
sich
die
Geburtsgrotte, das Herzstück der Kirche.
Leider war die Grotte so überfüllt, so dass
ein Besuch nicht möglich war.
Durch einen seitlichen Durchgang kamen
wir in das angrenzende Katharinenkloster
mit der Katharinenkirche der Franziskaner,
in der der Heilige Hieronymus (um 342 420) die vielen verschiedenen Bibeltexte
die kursierten zusammenfasste und eine
neue Version der Bibel, die Vulgata, vom
griechischen ins Lateinische übersetzte
und vollendete. Von Petra erfuhren wir
vom Leben des Heiligen und auch von der
Besetzung
der
Kirche
durch
palästinensische Extremisten und deren
39-tägige Belagerung durch die Israelis.
Auch erklärte uns Petra, dass sich das
Bevölkerungsverhältnis
sehr
stark
verändert hat. Früher lebten in Bethlehem
80% Christen und 20% Moslems, heute ist
das Verhältnis 5% Christen zu 95%
Moslems. Von der Katharinenkirche aus
haben wir die Grotte (das Arbeitszimmer)
des Heiligen Hieronymus besichtigt.
Anschließend hatten wir auf dem Weg
zum
Mittagstisch
noch
ausgiebig
Gelegenheit,
in
den
zahlreichen
Souvenirläden das ein oder andere
16
JiO Reise 2009
Reiseandenken zu erstehen oder uns an
köstlichem, gepresstem Fruchtsäften zu
laben. Zum Mittag erfreuten wir uns an
den landesüblichen Köstlichkeiten und
nutzten
die
Zeit
für
engagierte
Diskussionen über den ereignisreichen
Vormittag.
II.
Herodion
Herodion,
eine
Festungsund
Palastanlage,
im
heutigen
Westjordanland, ist von Herodes dem
Großen (74-4 v. Chr.) in der Zeit 24-12 v.
Chr.
errichtet
worden.
Danach ging es weiter zu unserer
nächsten Etappe, zum Palast von Herodes
dem Grossen, Herodion, aber ........... Das
ist eine andere Geschichte.
Herodes
I.
•
•
•
•
•
•
•
Auf der Fahrt zum Herodion
wurden wir über die verschiedenen
"Herodese" aufgeklärt:
Herodes der Große (Herodes I.)
(ca. 73 v. Chr. - 4 v. Chr.), Erbauer
des herodianischen Tempels in
Jerusalem,
das
Matthäusevangelium schreibt ihm
den Kindermord in Bethlehem zu
Herodes Archelaus (23 v. Chr - ca.
18 n. Chr), Ethnarch von Samaria,
Judäa und Idumäa
Herodes Boethos (* ca. 22 v. Chr.),
erster Ehemann der Herodias,
Vater von Salome
Herodes Antipas (20 v. Chr. - ca.
40 n. Chr.), Tetrarch in Galiläa und
Peräa, im Neuen Testament lässt
er Johannes den Täufer hinrichten
und spielt eine Rolle im Prozess
Jesu
Herodes Philippos (ca. 20 v. Chr. 34 n. Chr.), Tetrarch in Ituräa und
Trachontis
Herodes Agrippa I. (ca. 10 v. Chr. 44 n. Chr.), König von Judäa;
erscheint in der Apostelgeschichte
als König Herodes
Herodes von Chalkis (ca. 12 - 48 n.
Chr.), Tetrarch von Chalkis
Herodes erhöhte eigens den vorhandenen
Berg um ein Drittel, um die umgebenden
Anhöhen zu überragen. Von Jerusalem ist
der Berg zu sehen. Er bietet Ausblick bis
nach Bethlehem. Wesentliche Gebäude
sind die Zitadelle auf dem Plateau sowie
das Mausoleum. Am Fuß errichtete
Herodes einen weiteren Palast mit
zahlreichen Gebäuden, Ställen und
Lagerräumen. Hervorzuheben ist ein
künstliches Wasserbassin mit Insel, das
vermutlich
für
erfrischende
Badevergnügen und Wasserspiele genutzt
wurde.
Das Wasser dazu wurde durch einen
Kanal aus Jerusalem herangeführt. Zweck
des
Gebäudes
war
wahrscheinlich
strategischer Natur (Lage, Höhe) sowie
Sicherheit für Herodes, der offenbar unter
Verfolgungswahn litt. Nach historischen
17
JiO Reise 2009
Quellen (Flavius) ist Herodes an dieser
Stelle auf der Flucht von den angreifenden
Parthern eingeholt und konnte sie trotz
Überzahl schlagen.
III.
Bundesregierung
zahlt
5
Lehrer.
Talitha Kumi
Talitha Kumi ist eine Mädchenschule, die
älteste Privatschule in der Westbank mit
einem deutschen Direktor. Verwaltung und
Kinder sind überwiegend christlich. Mit
umfasst ist ein Kindergarten sowie ein
Internat für Kinder aus sozial schwierigen
Verhältnissen. Insgesamt sind dort etwa
800
Kinder
untergebracht.
Bis zum Abitur können die Mädchen die
Schule besuchen. Unterrichtssprache ist
deutsch, arabisch und englisch. Die Kinder
stammen aus Jerusalem und den Dörfern
aus der Umgebung. Die Schule wird
finanziert von Spenden, Schulgeld (es gibt
auch Stipendien, etwa 3 vom Land BadenWürttemberg), dem Träger in Kaiserswerth
und eigener Erwirtschaftung (Olivenöl;
Hotel,
Tagungsraum).
Die
IV.
Gespräch über Jerusalem mit RA
Elias Khoury
Abends waren wir privat zu Gast bei dem
Palästinenser Elias Khoury. Wir sprachen
über die Rolle des Rechts im Konflikt
Israel Palästina.
Der
Konflikt sei
politischer, nicht rechtlicher Natur. Das
israelische Recht sei teilweise dazu
geschaffen, israelische Staatsziele zu
verwirklichen. Dies präge die Auslegung
des Rechts in Fällen, in denen es auch
gegen israelische Interessen ginge. Wir
sprachen über den Status der besetzten
Gebiete. Diese seien nicht annektiert
worden, denn dann hätte es eine
Entschädigung für Enteignung gewesen.
Wir sprachen über den Oslo-Prozesse und
über die Siedlungspolitik. Diese wären
nach geltendem Recht legal, wenn sie
vorübergehend und zu militärischen
Zwecken errichtet sind.
Dirk Schwalm, Martin Rothfuchs
18
JiO Reise 2009
Tag 5 – Jericho, Kloster der
Versuchung und Festung
Belvoir
7.00 Uhr Aufbruch zum Tempelberg,
Klappe die zweite: nachdem der Versuch
am Montag aufgrund von Unruhen
fehlgeschlagen ist, waren wir nun
erfolgreich. Wir hatten ca. 1,5 Stunden
Zeit uns das großzügige Gelände mit
Felsendom, Goldenem Tor und Al Aqsa
Moschee
anzuschauen.
9.00 Uhr Abfahrt vom Jaffator. Wir
verließen Jerusalem gen Osten und fuhren
die verträumte Straße nach Jericho. Nach
einem letzten Blick auf die Erlöserkirche,
gelangten wir schnell in Wüstengelände,
passierten sesshafte Beduinen und einen
Checkpoint am Straßenrand. Vorbei am
Ort, wo die Geschichte des barmherzigen
Samariters geschehen sein soll und am
vermeintlichen Grab von Moses. Nachdem
wir Jerusalem auf einem Niveau von 800
Metern ü.NN verlassen hatten, befanden
wir uns mit Blick auf das Tote Meer bei
400 Metern unter NN. Durch die Oase
Jericho, die für viele die älteste, heißeste
und fruchtbarste Stadt der Welt ist, führte
uns unser Weg „hinauf“ zum Kloster der
Versuchung.
Nach einem kurzen, aber anstrengenden
und steilen Aufstieg in der Mittagshitze
standen wir nur kurz vor verschlossener
Tür. Petra hatte bereits erfolgreich alles in
die Wege geleitet, um uns einen Besuch
des griechisch-orthodoxen Klosters der
Versuchung zu ermöglichen. Dieses
befindet sich an der Spitze des Berges der
Versuchung. Hier hat Jesus 40 Tage und
40 Nächte gefastet und wurde vom Teufel
in Versuchung geführt (Matthäus IV, 1-11).
Auf dem Abstieg blieb uns ein wenig Zeit,
um uns Antioxidantien in Form von
Granatapfelsaft
zuzuführen.
12.00 Uhr Markt in Jericho. Wir legten eine
kleine Zwischenrast ein und versorgten
uns kiloweise mit frischem Obst und
heißem Brot für ein Picknick im Bus.
Während der Fahrt entlang des Jordans
zur Kreuzfahrerfestung Belvoir kamen wir
an dem Ort vorbei, an dem Jesus von
Johannes getauft wurde. Außerdem
passierten wir die Burg, auf der Salome
die Stieftochter des Herodes getanzt hatte,
nachdem man ihr den Kopf des Johannes
brachte.
19
JiO Reise 2009
14.00 Uhr Ankunft in Belvoir. Belvoir ist
eine Kreuzfahrerfestung aus dem 12 Jhd.,
die imposanten Ruinen vermitteln noch
heute eindrucksvoll ihre damalige Stärke.
Im Jahre 1168 ging die Anlage an den
Johanniterorden über, der aus ihr eine der
mächtigsten Burgen des Heiligen Landes
machte. Nach der Niederlage des
christlichen Heeres in der Schlacht bei
Hattin 1187 hielt die Besatzung von
Belvoir noch einer 18 Monate währenden
Belagerung durch die Truppen Saladins
stand. 1189 übergaben die Kreuzfahrer
die Burg kampflos an die Muslime und
erhielten im Gegenzug freien Abzug. Zum
Abschluss genoßen wir noch einmal den
traumhaften Blick über das Jordantal nach
Syrien und zum See Genezareth.
16 Uhr Ankunft im Pilgerhaus Tabgha.
Wir hatten Zeit uns ein erstes Mal im See
zu
erfrischen.
Und
nach
einem
gemütlichen Abend mit GinTonic auf der
traumhaften Terrasse direkt am See,
ließen wir den Tag mit einem Vortrag von
Jörg
über
die
Geschichte
des
Johanniterordens
ausklingen.
Kristina v. Hahn, Leonie Nagel
20
JiO Reise 2009
Tag 6 – Israel mit dem Rad,
Regen, Kapernaum und
Bethsaida
Donnerstag war der erste Tag ohne
Sonnenschein. Es war bedeckt, als wir mit
dem Bus von Tabgha um den See
Genezareth bis nach Ginosar fuhren. Dort
stiegen wir auf ein Holzboot – eine Kopie
von Booten aus der Zeit Jesu. 1986
fanden zwei Männer auf Grund des
niedrigen Wasserspiegels des See
Genezareths ein Boot aus der Zeit Jesu im
Morast in der Nachbarschaft. Das „JesusBoot“
aus
Zedernplanken
und
Eichenrahmen mit Ruder und einem
viereckigen Segel wurde nachgebaut. Das
Netz sollte nach links ausgeworfen
werden. Das Boot stamme aus der Zeit
zwischen 100 v. Chr. Bis 70 n. Christus
und befindet sich heute im Museum YigalAlion. Wir müssen uns ein großes Boot
vorstellen, wenn wir an die Fischereiflotte
von vor 2000 Jahren denken. Das 1986
gefundene Boot habe folgende Maße: 8,2
m lang, 2,3 m breit und 1,2 m tief.
dort kamen einige Jünger von Jesus – die
Apostel Petrus, Andreas und Philippus
waren dort geboren. In den 80ern des 20.
Jahrhunderts fand man die Ruinen des
antiken Ortes auf dem Hügel Et-Tel. Die
ersten Ausgrabungen zeigten, dass der
Ort in der frühen Bronzezeit, Eiszeit und
der hellenistisch-römischen Zeit besiedelt
war.
Wir genossen die Aussicht auf Landschaft
und Bauten vom Boot aus – am Ufer direkt
können Passagiere nicht entlanglaufen.
Dennoch muss die Uferpromenade für alle
erreichbar sein, da sich dort Taufstellen
und Andachtsplätze befinden.
Der Donnerstag ist der Tag der
Fortbewegung: Nach unserer Bootsfahrt
fuhren wir mit dem Bus nach Ramot. Dort
stiegen wir auf Mountainbikes und
erkundeten
ein
Naturschutzgebiet.
Wir fuhren auf dem See Genezareth in
Richtung
Kapernaum.
Vom Boot aus konnten wir einige Bauten
sehen, darunter das Frauenkloster, unser
Pilgerhaus in Tabgha, Kapernaum, das
sich im Bau befindliche Katholisches
Pilgerzentrum, für das der Papst 2008 den
Grundstein legte, sowie Bethsaida. Von
Zunächst ging es an einer langen Straße
steil berg ab, bis wir in die grüne Oase
abbiegen konnten. Entlang an Bäumen
und Sträuchern ging es über Stock und
Stein. Was für die israelischen Bauern
Gottes Segen war, wurde uns ein wenig
zum Verhängnis: Es begann zu schütten
und hörte auch so schnell nicht wieder auf.
Das hielt uns trotzdem nicht davon ab,
weiterzufahren,
an
Pampelmusenplantagen die Früchte vom
Baum zu pflücken und zu essen und
weiter durch Pfützen und Matsch zu
fahren. Auch als feststand, dass wir
unsere geplante dreistündige Tour nicht
fortführen können, begannen einige den
Regentanz aufzuführen – die Stimmung
21
JiO Reise 2009
war
trotz
des
miesen
Wetters
gut.
Zurück in unserem Pilgerhaus Tabgha
beschlossen wir, am Nachmittag nach
Kapernaum zu spazieren, um den Ort zu
besichtigen. Auf dem Weg kamen wir an
dem Franziskaner Kloster von Tabgha
vorbei. Tabgha liegt auf einem kleinen
Hügel und war ein Ort der Predigt. Tabgha
hat eine besondere Bedeutung: es wird
von den 7 Quellen gesprochen / 7 Tabgha
und ist dadurch eine der spirituellsten
Stellen im Heiligen Land. Für die
Benediktiner ist es der Ort der
Brotvermehrung; für die Franziskaner
bedeutet es der Ort, an dem Jesus Petrus
gesagt hätte: „auf diesem Berg [Land /
Volk] möchte ich meine Kirche bauen“.
Wenige Gehminuten von Tabgha entfernt,
liegt Kapernaum am Ufer vom See
Genezareth. Der Name Kapernaum
stammt aus „Kfar Nahum“ (Nahums Dorf)
und war eine bedeutende Bildungsstadt.
Zur Zeit Jesus war diese Stadt von den
Römern besetzt und bildete die Grenze
zwischen den Reichen von Herodes
Antipas und Herodes Philipus. In dieser
Stadt lag eine große Synagoge mit weißen
Steinen.
Jesus kam nach Kapernaum; kaum war er
in der Stadt eingetroffen, wurde er von
einem Römischen Soldat – sehr
wahrscheinlich auf Latein – angesprochen
und um Heilung gebeten. Das war ein
Zeichen der Ausbildung Jesus, der
womöglich neben Latein und Aramäisch
noch Hebräisch und Griechisch sprach.
Außerhalb der Synagoge lagen viele
Häuser; unter anderem wohnten die Eltern
von Petrus dort. Zur frühsten Zeit des
Christentums bildete sich zwischen der
Synagoge und dem Haus Petrus ein Ort
für Dialoge – zwischen frisch aufgeklärtem
Christentum und Judentum.
Die mit weißen Steinen erbaute Synagoge
bezog zwei Stockwerke. Auf dem zweiten
Stockwerk
befanden
sich
sehr
wahrscheinlich
Betten
und
Schlafmöglichkeiten für Pilger. Ganz in der
Nähe der Synagoge befand sich das Haus
der Schwiegermutter von Petrus. Rund um
dieses Haus formierte sich ein achtförmiger Wohnkomplex als Anbetungsort.
Das Haus als Anbetungsort wurde später
noch stärker verwendet, als die Christen
später verfolgt wurden.Am Ufer vom See
Genezareth versammelten wir uns unter
Olivenbäumen im Kreis, um zu singen und
zu beten. Auf dem Weg von Kapernaum
zurück nach Tabgha sahen wir noch
einige Ornamente in Kapernaum; unter
anderem eine mobile Abbildung der
Bundeslade. In Tabgha angekommen,
gingen wir ins Benediktinerkloster für die
Vesper.
Nach dem Abendessen sprachen wir auf
der Terrasse des Pilgerhauses Tabgha
über
die
evangelische
Kirche
in
Jerusalem,
deren
Aufbau
und
Organisation.
Verena v. Herwarth, Eric Mollaud
22
JiO Reise 2009
Tag 7 – Akko und Caesarea
Der Wecker klingelt, die Äuglein öffnen
sich und wir springen aus den Betten, um
uns zum allmorgendlichen Bad im See
Genezareth zu treffen. Auch bei Regen ist
es herrlich!
Nach einem köstlichen
Frühstück geht es dann in den Bus: der
Motor springt an… Jörg Bremer ruft sein
„Guten Morgen!“ durch das Mikrofon, der
Chor seiner Pilgerschar tönt dieses sehr
artig zurück….der Busfahrer stellt seine Air
Condition trotz mäßiger Temperaturen
unerbittlich auf höchste Stufe … und los
geht’s! Nach eineinhalb Stunden erreichen
wir Akko, dass etwa 70 km nördlich von
Caesarea und 20 km südlich der
libanesischen Grenze liegt. Die Altstadt
liegt auf einer Landzunge am Nordrand
der Bucht von Haifa. Von den Mauern der
Kreuzritterzeit umgeben, scheint Akko still
über die unendliche Weite des Mittelmeers
zu blicken. Kurz zur Geschichte: Unter
Balduin, dem jüngeren Bruder des
Gottfried von Bouillon, eroberten die
Kreuzfahrer 1104 die Hafenstadt Akko.
1187 fiel die Stadt zurück unter die
Führung Saladins und wurde dann im
Jahre 1191 von den Kreuzrittern unter
Richard Löwenherz zurückerobert und zur
Hauptstadt des Königreichs Jerusalem
gemacht. 1198 wurde der Deutsche Orden
(Deutschritterorden) hier gegründet. 1229
wurde Akko nach dem Frieden von Jaffa
zwischen Friedrich II. und dem Sultan AlKamil
unter
die
Verwaltung
des
Johanniterordens gestellt. Akko wurde zur
wichtigsten Verbindungsstadt nach Europa
für arabische Kultur, Wissenschaft und
Handel. Nach der Eroberung Jerusalems
durch die Moslems 1244 war Akko einer
der letzten Stützpunkte der Kreuzfahrer.
Nach dem Fall der Festung im Mai 1291
waren die Kreuzzüge definitiv gescheitert
und Akko wurde durch den ägyptischen
Mamelucken-Sultan
zurückerobert.
al-Malik
al-Asraf
Zurück in 2009: wir verlassen den Bus bei
nun ordentlich plätscherndem Regen und
wir folgen Jörg Bremer, der in seinem
kleidsamen knallroten Ritterregencape
nicht zu verlieren ist, durch die
verwinkelten engen Gassen der Altstadt.
Kleine,
eher
orientalisch
wirkende
Geschäfte säumen unseren Weg bis hin
zu der Al-Jazzar-Moschee, die wir kurz vor
der Gebetsstunde noch rasch besichtigen.
Weiter düsen wir – nun schon gut
durchnässt – zu unserem Hauptbesuchsziel: dem einstigen Hauptquartier
des Johanniterordens. Nach einem
süßlichen
Werbefilmchen
zu
den
Schönheiten Akkos und den dort zu
besuchenden Shopping-Highlights erobern
wir die bedeutendsten Johanniterfestung
im Heiligen Land. Wir laufen durch riesige
Hallen und Säle, deren bis zu acht Meter
hohen, imposanten Spitzbogengewölbe
auf meterdicken Säulen ruhen. All das
liegt mittlerweile etliche Meter unter
Straßenniveau und die einstige Funktion
der Räume ist kaum zu erahnen, da aus
23
JiO Reise 2009
dieser Zeit zwar das Mauerwerk, aber
kaum Hinweise auf ihre Nutzung erhalten
sind.
Die sog. Krypta des heiligen Johannes soll
das Refektorium, vielleicht auch der
Zeremoniensaal gewesen sein… es fällt
schwer, sich bei der „Nacktheit“ der Säle
vorzustellen, wie das Leben in der
damaligen Zeit wohl gewesen sein mag.
Heute wird die „Kreuzfahrerstadt“ nicht nur
für Führungen, sondern auch für Konzerte
und Feiern genutzt. Sogar einen Saal mit
Discobeleuchtung und Bar existiert. Wir
erträumen uns ein Fest der Jugend im
Orden in diesen Hallen! 1785 errichtete
Pascha Ahmed Jazzar- dem Akko sein
heutiges Aussehen verdankt- über dem
Johanniterzentrum
eine
40m
hohe
Zitadelle.
Da
die
Architekten
den
Kreuzfahrergewölben diese Last nicht
zumuten wollten, füllten sie sie mit
Sandsäcken und Bauschutt. Weitere Teile
der Anlage sind durch teilweise starke
Zerstörung noch unter einer 2–3 Meter
dicken Geröllschicht verborgen. Nach
diesem Rundgang stärken wir uns mit
Falafel&Co. auf dem Markt und verlassen
die Stadt dann gen Caesarea.
Von Akko fuhren wir über Haifa nach
Caesarea Philippi. In Haifa machten wir
einen kurzen Abstecher in die deutsche
Kolonie, welche sich auf dem Weg zu den
Bahai Gärten befindet. Die deutsche
Kolonie
wurde
1868
von
der
Tempelgesellschaft
gegründet.
Alex
Carmel (1931-2002) erforschte u.a. die
Kreuzritter in Israel, ihm ist es zu
verdanken, dass die deutschen Kolonien
in Israel erhalten blieben, somit konnte
auch
die
Bauweise
der
Templer
(Bruchstein, grüne Fensterläden, rote
Ziegeldächer,
Mauern und Gärten)
überliefert wurden. Gegen 13:30 kamen
wir in Caesarea Philippi an. Caesarea
Philippi ist heute eine Ausgrabungsstätte,
die Überreste aus etlichen Zeitepochen,
wie der römischen und byzantinischen
Epoche und der Kreuzfahrerzeit zeigt. Die
römische Stadt wurde unter Herodes dem
Großen ausgebaut. Römische Nachweise
sind der Palast der Herodes, das Theater
(welches heute für Konzerte und Festivals
genutzt
wird),
das
Amphitheater,
das
Hippodrom,
ein
(heute
24
JiO Reise 2009
überschwemmter) Hafen, das Aquädukt
und eine Thermenanlage, u.a. mit gut
erhaltenen
Mosaiken.
Caesarea Philippi war auch für Jesus und
seine Jünger von Bedeutung: Pilatus fällte
das Todesurteil über Jesus (Matthäus 27,
11-26), Petrus wurde festgenommen und
Apostel Paulus wurde ½ Jahr gefangen
gehalten, um dann nach Rom zum
Prozess
ausgeliefert
zu
werden
(Apostelgeschichte 25, 11-12). Den
entsprechenden Bibelstellen lauschten wir
an den markierten Orten in Caesarea
Philipp. In byzantinischer Zeit wurde
Caesarea Philippi ein christliches Zentrum,
so wurde die Feier des Osterfestes auf
einen Sonntag festgelegt. Überreste aus
dieser Zeit sind u.a. die Stadtmauer und
die Reste einer Kirche. Bis 1101 die
Kreuzfahrer die Stadt eroberten waren
Perser und Araber die Herrscher von
Caesarea Philippi. Aus der Kreuzfahrerzeit
sind
Reste
einer
Zitadelle,
des
Kreuzfahrerhafens und einer Kathedrale
zu sehen. 1265 wurde Caesarea Philippi
von den Mameluken erobert und 1291
zerstört. Heutzutage ist Caesarea ein
Villenvorort von Tel Aviv. Nachdem wir uns
im Cafe von Caesarea Philippi mit Blick
auf
das
wolkenüberhangene
Meer
mit Kaffee und Kuchen gestärkt hatten
fuhren wir zurück zu unserem Pilgerhaus.
Den Abend ließen wir mit Gesprächen und
einer Lesung von Petra ausklingen.
Sie berichtete über das Herzensgebet
und las aus der Johannesakte.
Dagmar v. Struensee, Sabine v. Loesch
25
JiO Reise 2009
Tag 8 – Golan Höhen, wieder
Regen und Kursi
Für das Tagesprogramm standen an:
Tagestour nach Obergaliläa und in den
Golan, Banyas Quellen (Jesus: `Auf
diesem Felsen will ich meine Kirche
bauen´), Burg Nimrod auf Mt. Merom
Leider war es an dem Tag recht
regnerisch und die Temperaturen etwas
niedriger und kühler, so dass wir uns für
Windund
Regenjacken
als
angemessenes ´Reise-Outfit´ entschieden.
Auf der Fahrt im Bus wurde von der
Gruppe
unisono
beschlossen,
ein
Nachtreffen in Rom im kommenden Jahr
stattfinden zu lassen, welches auf
Einladung und unter der Federführung von
Jörg Bremer stattfinden soll. Jörg konnte
dieser Idee angesichts der zustimmenden
überwältigenden
Mehrheit
wenig
entgegensetzen, so dass wir alle bereits in
großer Vorfreude auf die Tage in Rom
sind.
Während der Fahrt zum Golan erläuterte
Jörg, dass in dieser Region viele Drusen
leben. Zu den Drusen führte er aus: Die
Drusen heiraten grundsätzlich auf der
syrischen und nicht auf der israelischen
Seite ein. Sie seien ein muslimischer
Stamm, urspr. stammend von den
Schiiten, die aber von den Muslimen
getrennt leben und nicht von den
schiitischen Muslimen anerkannt werden
würden. Die Drusen besitzen eine eigene
Identität und die drusische Religion sei
eine ´Geheimreligion´.
Des Weiteren war der Golan später Teil
des osmanischen Reiches. In dieser Zeit
wurden im 19. Jhd. viele Tscherkesen aus
der Ukraine angesiedelt.
1948 wurde der Golan dem syr. Gebiet
unter frz. Mandat zugeordnet, seit 1967
gehört der Golan nun zu Israel.
Rechtsstatus des Golan: Der Golan ist
israelischem Recht unterworfen (´GolanGesetz´), ist also nicht annektiert wie z. B.
das Westjordanland.
Der Golan ist bekannt für den Weinanbau,
die
Apfelplantagen
und
der
Honigerzeugung. Zugleich ist es ein
Erholungsgebiet, welches für seine
Gastfreundlichkeit
gerühmt
wird.
Der Golan sei vulkanisches Gebiet mit
dem Hula Tal mit einem See in der
Tiefebene. Dieser See sei aufgrund von
großer Malaria – Verbreitung in den 50er
Jahren des 20. Jhds. Trockengelegt
worden.
Heute
sei
dies
ein
Naturschutzgebiet und ´Reaktivierung´ des
Sees der Tiere wegen, aber keine
landwirtschaftliche Nutzung.
Petra las dann aus dem 4. Buch Moses,
Kap. 32 vor, welches die Aufteilung der
Stämme im Golan thematisiert, die
integraler Bestandteil von Israel sind.
In der Archäologie wird dagegen die
einstige Bevölkerung des Golan von
Familienstämmen gebildet, die unter dem
Druck
der
damaligen
ägyptischen
Steuerlast im 11./12. Jhd. V. Chr. Unter
Pharao Echnaton entwichen sind. Dies
hatte einen starken Bevölkerungsschwund
und militärische Auseinandersetzungen
zur Folge. Die Landbevölkerung konnte
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JiO Reise 2009
ihre Steuern nicht zahlen, verlor daraufhin
ihr Land und als Folge zogen sie sich in
die Berge zurück. Dies hatte einen
Identitätswandel zur Folge, Denn z. B.
nahmen sie auf ihren Weg in die Berge
ihre Schweine mit, aber das Schwein an
sich ist kein bergtaugliches Tier. Darauf
beruht im Grunde auch das israelische
Gesetz, kein Schweinefleisch essen zu
dürfen.
Petra
führte
in
diesem
Zusammenhang aus, dass es 3 Arten
gebe, die Bibel zu lesen:
•
•
•
Logos und die Offenbarung
die kritische Vernunft
Verstand gegenüber Gott
In Israel pralle die 3. Art aufeinander, der
Verstand,
der
gegenüber
dem
Gottesgedanken steht. Nach einem kurzen
Stopp bei einem Markt der Drusen, um
sich zu stärken und dem Einkauf von
Honig (würde sich noch beim Abflug/
Kofferkontrolle rächen!) und Äpfeln ging
die Fahrt weiter zum Krater-See. Leider
konnte dieser nicht abgestiegen werden,
da es einfach zu regnerisch und nass war.
Weiter ging es zur Burg Nimrod. Diese
Burg wurde von den Kreuzfahrern zwecks
Widerstands gegen die Muslime im 12.
Jhd. Gebaut und wurde für ca. 200 Jahre
von
diesen
bewohnt.
Der Name Nimrod hat folgende Herkunft:
Nimrod war ein Urenkel Noahs. Während
der Sintflut flüchtete Noah mit seinen drei
Söhnen. Einer davon, Ham, zeugte einen
Sohn namens Kusch, der wiederum
Nimrod zeugte. Nach der biblischen
Erzählung im 1. Buch Mose (Genesis)
10,8-10 war Nimrod „der Erste, der Macht
gewann auf Erden“, also der erste
Mensch, der zur Königswürde gelangte.
Die Kreuzfahrer hatten den Wunsch,
genau so stark sein wie Nimrod, daher
wählten sie diesen Namen für ihre Burg.
Nach der Besichtigung der Burganlage
ging die Fahrt weiter zu den Banyas
Quellen. Banyas ist die arab. Form von
griech.
Pan.
Panjwar
ein griech.
Hirtengott, der als griechisches Heiligtum
ca. 200 v. Chr. Von den Seleukiden
verehrt wurde. Später wurden die Banyas
Quellen von den Römern als Badeanlage
genutzt. Später war Jesus hier mit seinen
Jüngern. Darauf nimmt das Matthäus
Evangelium, Kap. 16 Bezug, der einen
Dialog zwischen Jesus und seinem Jünger
Simon Petrus schildert. Es ist der Ort, an
dem Petrus Jesus als den Messias
bekannt hat (Matthäus 16,13ff.) Jesus
nennt Petrus daraufhin den Felsen, auf
den er seine Gemeinde bauen will, und
dem er die Schlüssel des Himmelreichs
überreicht. Das katholische Papsttum hat
damit mit Petrus in Banyas seinen
Ursprung.
Das Wetter veränderte sich in der
Zwischenzeit leider nicht zu seinem
Vorteil, was uns jedoch nicht abhielt, hoch
motiviert durch das Naturreservat um die
Banyas Quellen herum zu wandern. Über
mehrere Rundwege entlang des Flusses
Banyas und üppiger Vegetation hüpften
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JiO Reise 2009
und rutschten wir durch den Schlamm und
Pfützen und selbst als ein Teil der Gruppe
in den Wirren des Wetters kurzfristig
verloren ging, schmetterte der andere Teil
währenddessen ´Vom Aufstieg der
Sonne..´, um so die Wartezeit zu
überbrücken.
Zerstörung verursachte und das Kloster
daraufhin
aufgegeben
wurde.
Kursi ist der Ort, an dem die Heilung des
Besessenen stattgefunden haben soll.
Nachdem wir nach der Wanderung im
Hotel kurz die Kleidung gewechselt hatten,
ging es mit dem Bus wieder weiter. Unsere
Fahrt am Abend – inzwischen wieder bei
Sonnenschein – führte uns nach Kursi an
den östlichen Teil des Sees Genezareth.
In Kursi kann man die Ruinen eines
byzantinischen
Klosters
bewundern,
welche zufällig bei Bauarbeiten entdeckt
und in den 1970er Jahren erschlossen
wurden. Sehr gut erhalten ist ein
Originalweg aus Basaltstein aus dem 6.
Jahrhundert. Gut zu erkennen sind auch
noch ein Platz vor dem Kloster, sowie der
Innenraum der Kirche, bestehend aus dem
Hauptschiff und den durch Säulen
abgetrennten Nebenschiffen. An mehreren
Stellen im Boden sind Mosaike mit
verschiedenen Tier- und Pflanzenmotiven
zu
bewundern.
Eine
steinerne
Schutzmauer umgibt das Kloster, welches
vermutlich zur Erinnerung an Jesus
Schaffen erbaut wurde und als Stätte der
Andacht für Pilger gilt. Petra erzählte, dass
es durch einen Brunnen Zugang zu einer
unterirdischen Stadt gab, die als
Fluchtmöglichkeit diente. Das Kloster
wurde im 8. Jahrhundert zerstört. Der
Grund hierfür ist nicht ganz klar; es wird
jedoch vermutet, dass ein Erdbeben die
Zum Abschluss des Tages und der Reise
trafen wir uns nach dem Abendessen zu
einem
gemeinsamen
Abschlussgottesdienst.
Bei
dem
Gottesdienst wurde uns allen bewusst wie
sehr wir die gemeinsame Zeit genossen
haben, mit all den vielen Erlebnissen, den
interessanten Eindrücken und dem Leben
in
der
Gemeinschaft.
Petra legte uns in Ihrer Predigt ans Herz,
so viel wie möglich von der schönen Zeit
mit in unseren Alltag herüber zu tragen
und anderen von unseren Erlebnissen zu
berichten. In mehreren Fürbitten haben wir
für die schöne Zeit gedankt. Es war für
uns alle eine unglaublich schöne Reise,
die wir nicht vergessen werden!
Meike Dohngoergen, Dorothee Schmeidler
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JiO Reise 2009
Tag 9 – Abschied aus Tabgha,
Fahrt nach Tel Aviv, Nazareth
Unser letzter Tag am See Genezareth
begann - wie schon an den Tagen zuvor –
mit einem letzten Bad im See bei
Sonnenaufgang. Die Sonne meinte es
zum Abschied besonders gut mit uns, so
dass sich den Schwimmern ein herrliches
Bild des Sees mit leichten Morgennebeln
über dem Wasser bot, das mit Sicherheit
in Erinnerung bleibt.
Nach Kofferpacken, Begleichen der
erschütternden Getränkerechnungen und
dem Abfüllen von mehreren Kanistern
Jordanwasser (Ja, das Wasser des Sees
ist auch Jordanwasser, nicht wahr Daggi.)
sowie einem tränenreichen Abschied von
Petra, bestiegen wir ein letztes Mal
unseren Bus, um nach Tel Aviv zum
Flughafen zu fahren.
Auf unserem Weg machten wir noch einen
Abstecher nach Nazareth, Heimatort und
Vaterstadt Jesus. Die Altstadt von
Nazareth liegt in einer Geländemulde. Die
Mulde liegt knapp 100 m tiefer als der
Hügelzug, der die Stadt hufeisenförmig
umsäumt. Nazareth ist heute die Stadt mit
der größten Gemeinschaft israelischer
Araber in Israel. Die Stadt besteht im
Altstadtbereich vor allem aus kleinen
Gassen mit einem arabischen Markt.
Die Abhänge um die Altstadt steigen
mäßig steil an und sind heute fast
vollständig überbaut. Wie Jörg uns
erklärte, versucht der Israelische Staat seit
langem die arabisch dominierte Altstadt
(das eigentliche Nazareth) durch einen
Ring von israelischen Siedlungen mit
eigener Verwaltung (u.a. Nazareth-Illit) zu
isolieren. Diese Taktik hat unter anderem
dazu geführt, dass – da ein Wachstum um
den Altstadtkern nicht mehr möglich ist die arabische Stadtverwaltung von
Nazareth in 15 km Entfernung ein
Industriegebiet für die arabische
Bevölkerung gebaut hat, welches keine
Verbindung zum eigentlichen Nazareth
hat.
Die besondere Bedeutung von Nazareth
liegt bis heute darin, dass es für Christen
als Ort der Verkündigung des Herrn gilt,
als Heimatort und Vaterstadt des Jesus
von Nazareth.
Nach Darstellung der Evangelien lebten
hier seine Eltern Maria und Josef der
Zimmermann. In Nazareth kam der
Erzengel Gabriel zu Maria und kündigte ihr
die Geburt des künftigen Erlösers an
(Verkündigung des Herrn). Da zu dieser
Zeit der Zensus des Römischen Reiches
(...auf dass sich jeder schätzen ließe,
jeder in seiner Stadt...) stattfand, mussten
sich alle Familienoberhäupter in ihren
Geburtsort begeben, weshalb Josef mit
der hochschwangeren Maria nach
Bethlehem zog, wo Jesus geboren wurde.
Nach den Evangelien wuchs er aber in
Nazareth auf, wohin seine Familie
zurückkehrte.(Mt 2,23; Lk 2,39) In den
Evangelien und der christlichen Tradition
wird Jesus selbst daher auch als
„Nazarener“ bezeichnet, womit seine
Herkunft „aus Nazareth“ gemeint ist.
An der Stelle in Nazareth, an der nach
römisch-katholischer Tradition der
Erzengel Gabriel Maria die Geburt des
künftigen Erlösers ankündigte steht die
Verkündungsbasilika.
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JiO Reise 2009
Eine Kirche wird an dieser Stelle zum
ersten Mal im Jahr 570 erwähnt,
wahrscheinlich bestand schon seit dem 4.
Jahrhundert ein Kirchengebäude. Zur Zeit
der Kreuzfahrer waren jedoch alle
christlichen Stätten in Nazareth verwüstet.
Die Kreuzfahrer errichteten eine neue
Kathedrale. Im Jahr 1263 wurde die Stadt
erneut geplündert und die
Verkündigungsbasilika wie alle anderen
Kirchen auf Befehl von Sultan Baibars
zerstört. Erst 1620 konnten die
Franziskaner die Ruinen der
Kreuzfahrerkathedrale und der Grotte
erwerben. 1730 wurde eine Kirche
errichtet, die 1877 vergrößert und ab 1955
durch einen Neubau ersetzt wurde. Sie
wurde von Papst Paul VI. 1964 gesegnet
und 1969 geweiht.
„bösartigen“ Bewohnern der verhassten
Stadt ein halber Liter türkischer Kaffee im
Wasserglas serviert wurde – zu 10
Schekel.
Erwähnt werden kann noch, dass
gegenüber von dem Kaffee in
unmittelbarer Nähe der
Verkündigungsbasilika der Bau einer
großen Moschee geplant war, so dass es
in den zurückliegenden Jahren mehrfach
zu teilweise gewaltsamen
Auseinandersetzungen in Nazareth kam.
Insofern konnte auch die Verortung des
Kaffees Jörgs Laune nicht heben.
Nachdem alle Pilger nach einer Stunde
wieder den Bus bestiegen hatten – mit
Tüten voll Verpflegung, Kreuzsplittern,
Verkündungsbasilika-Schneekugeln und
echt palästinensischen Kuckucksuhren,
ging es weiter zum Flughafen.
Dort gab es den zweiten tränenreichen
Abschied des Tages, diesmal von Jörg
und Christiane. Jörg war heilfroh uns
endlich los zu sein, musste dann aber zu
seinem Erschrecken vor dem Gate
feststellen, dass wir erstaunlich anhänglich
sein können.
Die Kirche, die das größte christliche
Gebäude im Mittleren Osten ist, ist
architektonisch von besonderer
Scheußlichkeit, was durch ihre
gigantischen Ausmaße nicht unbedingt
besser wird.
Jörg, der mehrfach allzu deutlich machte,
dass er kein Freund der Stadt Nazareth
ist, lief dann auch zur Höchstform auf, als
es darum ging auf jedes, noch so kleine
Detail des Baus der fehlgeleiteten
Architekten hinzuweisen (Allerdings nur
von außen, da er das Schreckensbauwerk
nicht betreten wollte.). Gedankt wurde es
ihm umgehend dadurch, dass ihm bei dem
Versuch einen ordentlichen arabischen
Kaffee zu bekommen, von den
Der folgende von den israelischen
Sicherheitskräfte aufgestellte AntiterrorParcours wurde von allen
Reiseteilnehmern erfolgreich absolviert –
trotz der erheblichen Probleme, die dabei
der Honig von den Golanhöhen und der
mitgeschleppte Matsch diverser
Wanderungen verursachten – so dass wir
tatsächlich vollzählig den Flieger nach
Frankfurt boarden konnten. Nach einer
Woche ständiger Pilgergemeinschaft war
die Gruppe noch so abhängig
voneinander, dass die Rückreise, zum
Leidwesen des Flugpersonals
hauptsächlich gemeinsam in der Bordbar
bei der Reisenachbereitung verbracht
wurde.
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Nach der Heimkehr stellte sich dann bei
den meisten Teilnehmern prompt
Sozialkater und Wehmut ein, was vor dem
Hintergrund der herrlichen Reise und der
großartigen Pilgergemeinschaft nur
verständlich ist.
Ich möchte mich noch einmal von Herzen
bei Petra, Jörg, Vincent und den
Pilgerschwestern und –brüdern bedanken.
Es war eine großartige Reise, die spirituell,
theologisch und historisch ein
unvergessliches Erlebnis darstellt. Selten
habe ich so gute Gespräche geführt und
bin in einer so engen, begeisterten und
befruchtenden Gemeinschaft mit einer so
tollen Führung gereist.
Wolfram Böge
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Jugendarbeit im Orden, Hamburg
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Redaktion:
Conrad Riedesel Freiherr zu Eisenbach
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