Die Adoptivkaiser - utb-Shop
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1 Die Adoptivkaiser Übersicht: 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen und politische Voraussetzungen - Quellenüberblick 2. Nerva und Traian: Ideologie der Adoption und Imperialismus 3. Hadrian: immer auf Reisen 4. Antoninus Pius: immer in Italien 5. Marc Aurel und Lucius Verus: Organisation von Herrschaft und Philosophie 6. Problematisches Nachspiel: Commodus 7. Kaiserkult, Juden und Christen 8. Senatoren und Ritter im Dienste des Kaisers 9. Die Armee an den Grenzen 10. Bauboom: das veränderte Gesicht von Rom 11. Bauboom: blühende Städte in den Provinzen 12. Bildung und Literatur 13. Epilog: erneute Dynastiebildung durch Septimius Severus Kaiserliste (Adoptivkaiser 96-180): ... Nero (54-68) Galba (68/69) Otho (69) Vitellius (69) Vespasian (69-79) Titus (79-81) Domitian (81-96) Nerva (96-98) Trajan (98-117) Hadrian (117-138) Aelius Caesar (136-138) Antoninus Pius (138-161) Marc Aurel (161-180) Lucius Verus (161-169) Avidius Cassius (175) Commodus (180-192) ... Septimius Severus (193-211) ... © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 2 Literatur: - Bowman, A.K./ P. Garnsey / D. Rathbone (edd.): The Cambridge Ancient History XI: The High Empire A.D. 70 - 192. Cambridge 2000. (grundlegend) - Christ, K.: Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis Konstantin. München 1988. (sehr gute Einführung) - Christ, K.: Die römische Kaiserzeit. Von Augustus bis Diokletian. München 2001. (nur als erste Einführung) - Dahlheim, W.: Geschichte der Römischen Kaiserzeit. München 21989. - Hahn, U.: Die Frauen des römischen Kaiserhauses und ihre Ehrungen im griechischen Osten anhand epigraphischer und numismatischer Zeugnisse von Livia bis Sabina. Saarbrücken 1994. - Halfmann, H.: Itinera pricipum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im Römischen Reich. Stuttgart 1986. - Kienast, D.: Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie. Darmstadt 2 1996. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 3 1) Verfassungsrechtliche Grundlagen und politische Voraussetzungen Quellenüberblick Zusammenfassung: Vorläufer der Adoptivkaiser im 1. Jhdt.n.Chr.: Galba adoptiert 69 n.Chr. L. Calpurnius Piso (beide kurz darauf ermordet) Berichterstattung des Tacitus: „Adoptionsprogramm“ (Der bestmögliche optimus - Nachfolger werde ausgewählt.) Grundlinien der römischen Kaiserherrschaft Augustus als Begründer der Kaiserherrschaft: Parole der „wiederhergestellten Republik“ (res publica restituta); Machtinstanzen im Prinzipat: Militär Gefolgschaft Nötigungspotential Oberkommando stellt einen Teil der Kommandan ten Prinzeps Legitimation Kontrolle Senat ____________ populus Romanus (Volksversammlung) © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 4 Gewalten des Kaisers: imperium proconsulare und tribunicia potestas Kaisertitulatur: IMP(ERATOR) CASAR VESPASIANVS AVGVSTVS (Kaiser Vespasianus) Kaiser auch pontifex maximus („höchster Priester“: Oberhaupt des römischen Kultwesens) Senatoren und Ritter als soziale Eliten Funktionen in der Administration und im Militär; Karrieren, die überdurchschnittliche Mobilität erfordern; Ritter konnten auch in den Senat (und damit in den Senatorenstand) aufgenommen werden. Heer Konzentration an den Reichsgrenzen; unterschiedliche Truppendichte in den ca. 40 Provinzen; insgesamt knapp 30 Legionen (zu je 5000 Mann), dazu Auxiliartruppen („Hilfstruppen“); außerordentliche Einflußmöglichkeiten der in Rom stationierten Prätorianerkohorten; QUELLENLAGE (zum 2. Jhdt.n.Chr.) relativer Mangel an detaillierten historiographischen Darstellungen Cassius Dio (wichtigster Quellenautor zu den Adoptivkaisern) ca. 165 in Nikaia geboren; senatorische Laufbahn „Römische Geschichte“ in 80 Büchern, in griechischer Sprache z.T. nur in byzantinischen Exzerpten erhalten (z.B. Exzerptsammlung des Konstantinos VII. Pophyrogennetos; Xiphilinos); Berichterstattung zu Antoninus Pius fast völlig verloren Historia Augusta spätantike Sammlung von Kaiserbiographien zahlreiche ungeklärte Fragen: Verfasser, Datierung, Fälschsungstendenzen (Eindeutig falsche Dokumente sind in den Text eingestreut.); Quellenwert; benutzte Quellen (z.B. Marius Maximus, dessen Biographiensammlung verloren ist) Spätantike kursorische Geschichtswerke: Aurelius Victor, Eutrop, Epitome de Caesaribus Literatur: - Bleicken, J.: Verfassungs- und Sozialgeschichte des Römischen Kaiserreiches, 2 Bde. Paderborn 1978. - Chastagnol, A.: Histoire Auguste. Les empereurs Romaines des IIe et IIIe siècles. Paris 1994. - Christ, K.: Geschichte der Römischen Kaiserzeit. München 1988. - Christ, K.: Die Römische Kaiserzeit, von Augustus bis Diokletian. München 2001 (als erste Einführung geeignet) © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 5 - Jacques, F./ J. Scheid: Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit, 44 v.Chr. - 260 n.Chr., Bd.1: Die Struktur des Reiches. Stuttgart / Leipzig 1998. - LeBohec, Y.: Die römische Armee, von Augustus zu Konstantin d. Gr. Stuttgart 1993. - Libero, L. de: Der Neue Pauly 10 (2001), Sp.328-331, s.v. Princeps. - Lippold, A.: Die Historia Augusta (herausgeg. von G.H. Waldherr). Stuttgart 1998. - Pflaum, H.G.: Nouvelle inscription sur la carriere de Suetone l'historien. In: Afrique Romaine, Scripta Varia I. Paris 1978, S.9-18. - Sallmann, K.: § 405.1 (L. Marius Maximus) in: Handbuch der lateinischen Literatur der Antike, Bd.4. München 1997, S.53-56. - Schmidt, M.G.: Politische und persönliche Motivation in Dios Zeitgeschichte. In: Zimmermann, M. (ed.): Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh.n.Chr. Stuttgart 1999, S.93-117. - Syme, R.: Tacitus. Oxford 1958. - Wellesley, K.: The long year A.D.69. London 1975. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 6 2) Nerva und Traian: Ideologie der Adoption und Imperialismus Zusammenfassung: 18.9.96: Attentat gegen Kaiser Domitian (Unterstützung des Komplotts durch Prätorianerpräfekten, Kaiserin Domitia Longina) Æ Senat verfügt damnatio memoriae („Auslöschung des Andenkens“) über Domitian. Zunächst Unklarheit über die Nachfolge, dann Einigung der Entscheidungsträger auf M. Cocceius Nerva (zweimaliger Konsul, ohne Nachkommen) Nerva (96-98): Münzen mit den Parolen PROVIDENTIA SENATVS, LIBERTAS; offensichtlich Autoritätsdefizite Nervas: - mangelnde Loyalität des Statthalters Syriens - forsches Auftreten der Prätorianergarden M. Ulpius Traianus seit 97 Statthalter in Germania Superior Initiativen Nervas in Sozial-/Finanzpolitik: Konsolidierung der Staatskasse, Landverteilungen, Maßnahmen zur Alimentation von Kindern aus verarmten Familien, Regulierung der jüdischen Sondersteuer Spätherbst 97: Adoption Traians durch Nerva Traian wird tribunicia potestas und Caesartitel übertragen. Ende Januar 98: Tod Nervas Æ Vergöttlichung: Divus Nerva Traian (98-117): stammt aus Italica (Südspanien); Vater hochrangiger Senator 98/99: Aufenthalt an Rhein und Donau Neuorganisation der Prätorianer ostentative civilitas („Bürgernähe“; Zurückhaltung in der Inszenierung der Macht) Traians und seiner Gattin Plotina 100: Panegyricus (Preisrede) des Plinius auf Traian: civilitas des Kaisers; Traian als der beste (optimus) Kaiser; Legitimierung seiner Herrschaft durch Konsens von Göttern und Menschen 101/102 und 105/107: Feldzüge gegen die Daker: Reliefs der Traianssäule als wichtige Quelle Konflikte mit dem Dakerkönig Decebalus schon unter Domitian 101/2: Vormarsch der Römer auf die dakische Residenz Sarmizegetusa Æ Friedensschluß zwischen Dakern und Römern (Abrüstung der Daker) 105/7: erneute Offensive der Römer nach Aufrüstung des Decebalus Æ Eroberung von Sarmizegetusa, Selbstmord des Decebalus (vgl. Grabstein des Soldaten, der Traian den Kopf des Decebalus überbrachte) Konstituierung der Provinz Dacia (nördlich der Donau!); Siegesdenkmal Traians bei Adamclisi; in Rom Errichtung des Traiansforums Alimentarprogramm zur Versorgung von Kindern aus verarmten Familien in ganz Italien: Kredite an Grundeigentümer Æ Zinsen fließen in die Alimentation. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 7 Briefwechsel des Plinius mit Traian 106: Konstituierung der Provinz Arabia auf dem Boden des ehemaligen Königreiches der Nabatäer: Statthaltersitz Bostra 113: Aufbruch Traians in den Partherkrieg Konstituierung der Provinzen Armenia, Mesopotamia und Syria Vorstoß in die parthische Residenz Ktesiphon Traian ausgestattet mit den Titeln Germanicus, Dacicus, Parthicus; zudem vom Senat zum Optimus ernannt Aufstände der Juden in Zypern, Cyrenaica, Ägypten 117: Tod Traians in Selinus (Südküste Kleinasiens) Literatur: - Bennett, J.: Trajan, optimus princeps. Bloomington / Indianapolis 22001. - Huttner, U.: Recusatio imperii. Ein politisches Ritual zwischen Ethik und Taktik. Hildesheim 2004. - Kienast, D.: Nerva und das Kaisertum Trajans. Historia 17 (1968), S.51-71. - Masi, F.: Traiano. Il principe che portò l'impero Romano alla massima espansione. Roma 1993. - Nünnerich-Asmus, A. (ed.): Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit? Mainz 2002. - Seelentag, G.: Taten und Tugenden Traians. Herrschaftsdarstellung im Prinzipat. Stuttgart 2004. - Soricelli, G.: I proprietari fondiari e gli alimenta Traianei: una partecipazione forzara? ZPE 140 (2002), S.211-226. - Speidel, M.P.: The captor of Decebalus: a new inscription from Philippi. JRS 60 (1970), S.142153. - Strobel, K.: Untersuchungen zu den Dakerkriegen Trajans. Bonn 1984. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 8 3) Hadrian: immer auf Reisen Zusammenfassung: Adoption Hadrians (P. Aelius Hadrianus) durch Traian unter ungeklärten Umständen (Einfluß der Plotina? Vergiftung Traians?) Karriere Hadrians vor der Adoption: Herkunft aus Italica (Provinz Baetica / Spanien); Heirat mit Sabina (Großnichte Traians) während der Dakerkriege Berater Traians und Legionskommandeur 108: Konsul 112: Archon eponymos in Athen 117: Statthalter in Syrien (Partherkriege!) Hadrian als Kaiser (11.8.117 - 10.7.138) Porträt Hadrians mit Bart Æ Affinität zur griechischen Kultur Abzug der Truppen aus den Provinzen Armenia, Mesopotamia, Assyria Hinrichtung von vier Senatoren, danach Versöhnungsgesten gegenüber dem Senat 118: Triumphzug zur Feier der Erfolge Traians Umschichtungen im Behörden-/Militärapparat: Septicius Clarus als Prätorianerpräfekt; Sueton als ab epistulis 121-125: erste Reise: Gallien; Donauraum: Truppenbesuche, Verstärkung des Limes Britannien: Grenzsicherung durch „Hadrianswall“ Westprovinzen: u.a. Aufenthalt in Tarraco Syrien: Treffen mit dem Partherkönig Kleinasien: Besuch Troias, Stadtgründungen (u.a. Hadrianotherai) Griechenland: Aufenthalt in Athen, Einweihung in die Mysterien von Eleusis, Einleitung eines ambitionierten Bauprogramms; Route durch Mittel/Südgriechenland. ausgeprägtes historisches Bewußtsein Hadrians Sizilien: Besteigung des Ätna 125-128: in Rom / Italien: Bau einer großen Villa bei Tibur (Tivoli) 128-132: zweite Reise: Nordafrika: Besichtigung von Truppenmanövern in Numidien Athen, Kleinasien (Besuch des Grabes des athenischen Feldherrn Alkibiades; Gesandtschaften, Truppenbesuche) Jerusalem: Neugründung als Colonia Aelia Capitolina; Einrichtung eines Iupitertempels, Beschneidungsverbot Æ Unruhen Ägypten: Besuch des Mouseion in Alexandreia; „Nilkreuzfahrt“ (Besuch der Pyramiden) Tod des Antinoos: Geliebter Hadrians, ertrinkt im Nil Æ Gründung von Antinoopolis, kultische Verehrung des Antinoos deutliches Indiz für die Homosexualität Hadrians Syrien, Kleinasien Athen: Fertigstellung des Tempels des Zeus Olympios © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 9 Identifizierung Hadrians mit Zeus Begründung des Panhellenion: „Versammlung der griechischen Städte“ zur Feier der Panhellenia („allgriechische“ Festspiele) 132-135: Bar Kochba - Aufstand: Simon Bar Kosiba (= Bar Kochba) als General einer jüdischen Rebellionsbewegung: eigene politische Organisation der Juden (z.B. Münzen mit hebräischer Legende: „Simon, der Fürst Israels“) Guerillakrieg schließlich Tod Bar Kochbas, Sieg der römischen Armee Provinz Iudaea umbenannt in Syria Palaestina 136: Hadrian adoptiert L. Ceionius Commodus Æ L. Aelius Caesar: Ausstattung des Aelius Caesar mit der tribunicia potestas Kommandoposten des Aelius Caesar in Pannonien (Donauraum) (inzwischen Thematisierung der Reisetätigkeit Hadrians auf den Münzen) Tod und Vergöttlichung Sabinas, monumentales Mausoleum („Engelsburg“) 138: Tod des Aelius Caesar schwere Krankheit Hadrians Hadrian adoptiert Aurelius Antoninus (hochrangiger Senator ohne nennenswerte militärische Erfahrung). Antoninus erhält Weisung, seinerseits zwei Söhne zu adoptieren: die späteren Kaiser M. Aurelius (verlobt mit Tochter des Aelius Caesar) und L. Verus (Sohn des Aelius Caesar) Literatur: - Birley, A.R.: Hadrian, the restless emperor. London / New York 1997. - Ders.: Hadrian and Greek senators. ZPE 116 (1997), S.209-245. - Ders.: Hadrian. Der rastlose Kaiser. Mainz 2006. - Coarelli, F.: Guide archeologiche Laterza: Lazio. Roma / Bari 1984. - Gascou, J.: Hadrien et le droit latin. ZPE 127 (1999), S.294-300. - Højte, J.M.: The epigraphic evidence concerning portrait statues of Hadrian´s heir L. Aelius Caesar. ZPE 127 (1999), S.217-238. - Nadig, P.: Antinoos - Ein Paradigma der heidnisch-christlichen Auseinandersetzung. In: Haehling, R. v.: Rom und das himmlische Jerusalem. Die frühen Christen zwischen Anpassung und Ablehnung. Darmstadt 2000, S.237-256. - Weber, W.: Untersuchungen zur Geschichte des Kaisers Hadrianus. Leipzig 1907. - Willers, D.: Hadrians panhellenisches Programm. Basel 1990. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 10 4) Antoninus Pius: immer in Italien Zusammenfassung: defizitäre Quellenlage, keine Feldzüge des Kaisers Herkunft der Familie aus Nemausus/Nimes verheiratet mit Faustina (I.); eine Tochter: Faustina (II.) Regierungsantritt Sommer 138: Konflikte mit dem Senat wegen der Vergöttlichung Hadrians (Æ Bau eines Hadrianstempels in Rom) - später gut funktionierende Kooperation mit den Senatoren (auch wegen der demonstrativen civilitas des Kaisers) Antoninus erhält vom Senat des Beinamen PIVS (pietas: Pflichtbewußtsein gegenüber Göttern, Familie, Vorfahren, Staat) Legitimation durch Einbindung in die Kaiserdynastie: ILS 332 (Inschrift aus Sipontum): „Imp(eratori) Caesari divi Hadriani f(ilio), divi Traian(i) Parthic(i) n(epoti), divi Nervae pron(epoti) Tito Aelio Hadriano Antonino Aug(usto) Pio pont(ifici) maximo, tri(bunicia) pot(estate), co(n)s(uli), Sipunt(ini) publice, d(ecreto) d(ecurionum).“ Die Adoptivsöhne: Ausbildung durch gelehrte Spezialisten (u.a. Herodes Atticus und Fronto [Teile der Korrespondenz mit Fronto erhalten]) L. Aelius Aurelius Commodus (später: L. Verus): rasche senatorische Karriere M. Aurelius: heiratet Faustina II., erhält Caesartitel, Münzen Tod der Faustina (I.): Vergöttlichung, Tempel am Forum zum Gedenken Förderung von sog. „Faustinamädchen“ im Rahmen von Alimentarstiftungen Aus der offiziellen und privaten Korrespondenz des Antoninus Pius: - Brief des Kaisers an den Weltverband der Athleten von 143 (inschriftlich dokumentiert) - Briefwechsel des Kaisers mit M. Cornelius Fronto (consul 143) z.B. Fragmente eines Briefes des Kaisers nach einer Dankrede Frontos Administration / Militärpolitik: - Vorstoß in Nordbritannien durch Q. Lollius Urbicus: Errichtung des Antoninuswalles, später wieder Rückzug des Militärs zum Hadrianswall Antoninus zum imperator II ausgerufen - Klientelkönige bei den Quaden (mittlere Donau) und in Armenien installiert - Spannungen in den Beziehungen zu den Parthern Romrede des Aelius Aristeides (143/144?): © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 11 Aelius Aristeides zählt zu den „Sophisten“. Inhalt der Rede: Größe und Reichtum Roms, Vorzüge römischer Herrschaftsspraxis, Verfassungsstruktur (Gleichgewicht unterschiedlicher Verfassungstypen), von den Göttern geordnete Weltherrschaft, Kaiser als Garant römischen Wohlstandes 148: 900-Jahrfeier der Stadt Rom Festspiele, insb. venationes („Tierhetzen“) Münzen mit der Legende MVNIFICENTIA AVG. („Freigebigkeit des Kaisers“) Geldgeschenke (liberalitates) an die römische Bevölkerung Vgl. zur „Romideologie“ auch Münzen mit Bezug auf Geschichte und Topographie Roms (Wölfin mit Romulus und Remus, Tiber) 161: Tod des Antoninus Pius Literatur: - Hüttl, W.: Antoninus Pius, 2 Bde. Prag 1933. - Klein, R.: Die Romrede des Aelius Aristides. Einführung. Darmstadt 1981. - Rémy, B.: Remarques sur la date de renouvellement de la puissance tribunicienne d’Antonin le Pieux. ZPE 142 (2003), S.269-272. - Rémy, B.: Antonin le Pieux. Le siècle d'or de Rome (138-161). Paris 2005. - Strack, P.L.: Untersuchungen zur römischen Reichsprägung des 2. Jahrhunderts III: Die Reichsprägung zur Zeit des Antoninus Pius. Stuttgart 1937. - Walentowski, S.: Kommentar zur Historia Augusta 3: Antoninus Pius. Bonn 1998. - Wallace-Hadrill, A.: Civilis Princeps: Between Citizen and King. JRS 72 (1982), S.32-48. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 12 5) Marc Aurel und Lucius Verus: Organisation von Herrschaft und Philosophie Zusammenfassung: Vorrangstellung des M. Aurelius: ILS 359 (zwei Ehreninschriften aus Otranto/Süditalien): „Imp(eratori) Caes(ari) M(arco) Aurelio Antonino Aug(usto), trib(unicia) pot(estate) XVI, co(n)s(uli) III, divi Antonini f(ilio), divi Hadriani nep(oti), divi Traiani Parthic(i) pro(nepoti), divi Nervae abnepot(i) ...“. Zugleich Parole der „Eintracht der Kaiser“ (concordia Augustorum) Vergöttlichung des Antoninus Pius Tempel am Forum für Divus Antoninus und Diva Faustina Partherkrieg Einmarsch der Parther in Armenien und Installierung eines Königs, Niederlage des römischen Statthalters der Provinz Cappadocia Æ Einmarsch der Parther in der römischen Provinz Syria Æ 162: Kommando des L. Verus im Osten (Hauptquartier in Antiocheia/Syrien), Verlagerung dreier Legionen in den Osten Æ Eroberung der armenischen Residenzstadt Artaxata durch die Römer (Æ Armeniacus Bestandteil der kaiserlichen Titulatur), Installierung eines romfreundlichen Königs in Armenien; Hochzeit des L. Verus mit Lucilla (Tochter des M. Aurel) in Ephesos; Invasion der römischen Truppen in Mesopotamien (Kommando des Avidius Cassius), Vorstoß zur parthischen Königsresidenz in Ktesiphon, weiterer Vorstoß über den Tigris auf iranisches Territorium (Parthicus und Medicus Bestandteil der kaiserl. Titulatur); Ergebnisse: insgesamt kaum territorialer Zugewinn für Rom - keine neuen Provinzen Avidius Cassius als Statthalter in Syria 166: Triumphzug der Kaiser in Rom Ausbreitung einer verheerenden Seuche Donaukriege Ansiedlung germanischer Stammesgruppen auf römischem Hoheitsgebiet Æ Konflikte nach Raubzügen der Germanen 168: Hauptquartier von M. Aurelius und L. Verus in Aquileia (nördliche Adria) Tod des L. Verus bei Altinum (Æ Vergöttlichung) Æ dynastische Pläne des M. Aurelius: Ausstattung seiner Söhne Commodus und M. Annius Verus (+ 169) mit dem Caesartitel 170: gescheiterte Offensive der römischen Truppen gegen Quaden und Markomannen Æ Vorstoß der Markomannen und Quaden zur Adria Vorstoß der Kostoboken nach Mittelgriechenland Hauptquartier des M. Aurelius in Carnuntum: diplomatische Aktivitäten nach militärischen Erfolgen - gemäßigte Kontrolle durch die Römer in den Grenzgebieten © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 13 172: römische Offensive gegen die Markomannen, erneute Kämpfe gegen die Quaden „Regenwunder“ (dadurch Wassernachschub für die römischen Truppen) - M. Aurelius mit göttlichen Mächten verbündet durchschlagende Erfolge gegen die Markomannen (Siegestitel Germanicus für M. Aurel und Commodus) Hauptquartier des M. Aurelius in Sirmium: Feldzüge gegen die Iazygen durchschlagende Erfolge der römischen Truppen (Siegestitel Sarmaticus): vielleicht Planung neuer Provinzgründungen; Faustina als mater castrorum („Mutter des Feldlagers“) 176: Triumphzug in Rom (zusammen mit Commodus) Commodus seit 177 mit dem Augustustitel ausgestattet 175: Rebellion des Avidius Cassius Rolle der Faustina umstritten Nachricht vom Tod des M. Aurel Æ Ausrufung des Avidius Cassius zum Kaiser durch die Truppen (Imperator Caesar C. Avidius Cassius Augustus) Mobilisierung von Truppen durch M. Aurel - Avidius Cassius von eigenen Soldaten getötet Reise des M. Aurel an die Ostgrenze Tod der Faustina in Kappadokien - Gründung der Stadt Faustinopolis Seit 178: Fortsetzung der Donaukriege Indizien für eine römische Okkupation nördlich der Donau 180: Tod des M. Aurelius (In Sirmium oder Vindobona) M. Aurelius als Philosoph Schriftliche Auszeichnungen unter dem Titel „Ta eis heautón“ („Wege zu sich selbst“) Prägung durch den Stoizismus Steuerung des Weltgeschehens durch ein Vernunftprinzip auch Kritik an konventionellen politischen Normen, Warnung vor der „Verkaiserung“ Literatur: - Asmis, E.: The stoicism of Marcus Aurelius. ANRW II 36,3 (1989), S.2228-2252. - Birley, A.: Mark Aurel. Kaiser und Philosoph. München 1968. - Fündling, J.: Marc Aurel. Kaiser und Philosoph. Darmstadt 2008. - Motschmann, C.: Die Religionspolitik Marc Aurels. Stuttgart 2002. - Potter, D.: Procurators in Asia and Dacia under Marcus Aurelius: a case study of imperial initiative in government. ZPE 123 (1998), S.270-274. - Rosen, K.: Die angebliche Samtherrschaft von Marc Aurel und Lucius Verus. Ein Beitrag der Historia Augusta zum Staatsrecht der Römischen Kaiserzeit. HAC I. Macerata 1991, S.271-285. - Rosen, K.: Marc Aurel. Reinbek 1997. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 14 6) Problematisches Nachspiel: Commodus Zusammenfassung: negatives Commodusbild bei Cassius Dio und in den sonstigen Quellen (vgl. die mißratene Kindheit in der Historia Augusta) dynastische Voraussetzungen für Commodus: „im Purpur geboren“; Divinisierung des M. Aurelius; Einbettung des Commodus in den Stammbaum des Adoptivkaiser 180: Friedensschluß des Commodus mit den Germanen (bei den römischen Eliten höchst umstritten) prominente Rolle des a cubiculo („Kammerherr“) Saoterus beim Triumphzug 182: Attentat auf Commodus nach Intrigen unter den „Kaiserinnen“ Lucilla (ehem. Gattin des L. Verus) und Crispina (Gattin des Commodus); Beteiligung der Lucilla und des Prätorianerpräfekten Paternus am Attentat Æ Verbannung von Lucilla u. Crispina; Schwächung der Position des Commodus (Ermordung des Saoterus; Putschversuch des Paternus); zunehmende Konfrontation zwischen Commodus und dem Senat (Ermordung der Quinctilier) Aufstieg des Tigidius Perennis (Prätorianerpräfekt): setzt Hinrichtung der Lucilla durch; prominente Rolle im Britannienkrieg (184) Æ Ermordung nach diffusen Machenschaften (Beteiligung des a cubiculo Cleander) Aufstieg des M. Aurelius Cleander a cubiculo Æ a pugione Æ Prätorianerpräfekt (185: Attacke des Maternus mit Gefolgsleuten auf Commodus; Commodus erhält den Beinamen Felix) Vergabe von Magistratsstellen durch Cleander: z.B. 190: 25 Konsuln Konfrontation Cleanders mit Papirius Dionysius (praefectus annonae: zuständig für Getreideversorgung): Dionysius inszeniert Getreideknappheit in Rom. Æ Großdemonstrationen der römischen plebs Æ Cleander auf Weisung des Commodus hingerichtet (189/90) in der Folge Repressalien des Commodus und Ressentiments der Eliten (Putschversuch des Iulius Alexander in Syrien) Die letzten Jahre (190-192): zunehmendes Engagement des Kaisers für Tierhetzen und Gladiatorenspiele: Auftritte des Kaisers als Gladiator übersteigerte Selbstdarstellung: - „Commodianismus“: Übertragung des Namens auf Institutionen - der Kaiser als Hercules Romanus (Kaiserporträts mit Löwenfell und Keule) - vgl. die Kaisertitulatur © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 15 Inschrift aus Treba (ILS 400): „Imp. Caes. L. Aelio Aurelio Commodo Aug. Sa[rmatico] Germanico maximo Brittannico [p]aca[t]or[i] orbis felici invicto Romano Herculi, pontifici maximo, tribuniciae potestatis X[V]III, imp. VIII, cos. VII, patri patriae, omnium virtutum exsuperant., ordo decurionum Commodianor. ...“. - Umbenennung der Monatsnamen (z.B. Aurelius, Commodus, Herculeus) - Commodus als Neugründer Roms nach Stadtbrand zunehmender Widerstand gegen den Kaiser: Komplott gegen Commodus: Q. Aemilius Laetus (Prätorianerpräf.), Eclectus (a cubiculo); Marcia (Mätresse, Christin?) 192/193 (Jahreswechsel): Ermordung des Commodus Literatur: - Grosso, F.: La lotta politica al tempo di Commodo. Turin 1964. - Hekster, O.: Commodus. An emperor at the crossroads. Amsterdam 2002. - Linderski, J.: ”Caelum arsit” and ”obsidione liberare”: Latin idiom and the exploits of the eigth Augustan Legion at the time of Commodus. ZPE 142 (2003), S.241-245. - Mittag, P.F.: Commodus als Pollux? Überlegungen zu den Dioskurendarstellungen auf Münzen und Medaillons des zweiten Jahrhunderts n.Chr. JNG 48/49 (1998/99). S.165-176. - Saldern, F.v.: Studien zur Politik des Commodus. Rahden (Westf.) 2003. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 16 7) Kaiserkult, Juden und Christen Zusammenfassung: Polytheismus als wesentliches Charakteristikum antiker Religion, bedeutende Rolle des Iupiterkultes in Rom a) Kaiserkult Begriffsdefinition: kultische Verehrung des Kaisers (im engeren Sinn) oder jede sakrale Aufwertung des Kaisers (im weiteren Sinn). Der Kaiserkult wurde in aller Regel nicht vom Kaiser angeordnet. Beispiel: Weihinschrift aus Verecunda / Numidien (ILS 6850): „Numini domus Aug. et imp. Caes. divi Hadriani fil. divi Traiani Parthic. nepot. T. Aelio Antonino Aug. Pio p.p. pontifici maximo, trib.pot., dedicante L. Novio Crispino leg.Aug. pro pr. cos.des., possesores vici Verecundensis.“ auch private Formen des Kaiserkultes: z.B. Gebete an den Kaiser (Beleg aus dem Roman „Der goldene Esel“ des Apuleius) Kultische Verehrung des lebenden Kaisers: in Rom auf offizieller Ebene in der Regel nicht existent; große Bedeutung in den griechisch geprägten Provinzen des Ostens: - Beroia (Provinz Macedonia): Organisation durch den Provinziallandtag vgl. die Ehreninschrift SEG XVII 315 Neokorietitel: vom Kaiser anerkannter Kaiserkult von überregionaler bzw. provinzweiter Geltung - Pergamon: Tempel des Zeus Philios und des Traian in prominenter Lage; später noch Kultstatue des Hadrian hinzugefügt Kultische Verehrung des toten Kaisers Divinisierungsbeschlüsse des Senats; Entrückung des verstorbenen Kaisers (z.B. auffliegender Adler bei Begräbniszeremonie); Priesterschaften für den Kaiserkult: z.B. sodales Antoniniani Sakrale Aufwertung des Kaisers in der Literatur - Traian als Stellvertreter Iupiters im Panegyricus des Plinius - Vergleich Traians mit Herakles in der 1. Königsrede des Dion von Prusa b) Judentum Unruhen im Zus. mit dem Bar-Kochbar-Aufstand; zahlreiche Diasporajuden Isolierung der Juden im antiken Kultwesen; Vorbehalte der römischen Eliten gegenüber den Juden (z.B. Iuvenal, Tacitus), Traditionen des Antijudaismus. keine kaiserlich autorisierten Verfolgungen, aber punktuelle Restriktionen (z.B. Beschneidungsverbote) c) Christentum zunehmend straffere Organisation der christlichen Kirche (vgl. Brief des Clemens von Rom [Bischof = episkopos] nach Korinth, 96/97 n.Chr.); Isolierung der Christen im antiken Kultwesen Æ Vorurteile und Gerüchte; staatliche Sanktionen gegen die Christen seit dem 1. Jhdt.; © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 17 Probleme der römischen Administration im Umgang mit den Christen: - Anfrage des Plinius (Sonderstatthalter in der Provinz Bithynia) bei Traian, Verbot von Fahndungen nach Christen durch Traian, keine Verfolgung auf der Grundlage anonymer Anzeigen - Christenverfolgung in Lugdunum unter M. Aurelius; Prozesse vor dem Statthalter (Folterungen Æ Martyrien). M. Aurelius ordnet Hinrichtung der Christen an, die römische Bürger sind. Literatur: - Boer, W. den (ed.): Le culte des souverains dans l'Empire Romain. Genève 1973. - Clauss, M.: Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich. Stuttgart / Leipzig 1999. - Guyot, P./R. Klein: Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen, 2 Bde. Darmstadt 1993. - Harnack, A.v.: Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, 2 Bde. Leipzig 1924. - Lane Fox, R.: Pagans and Christians in the mediterranean world from the second century AD to the conversion of Constantine. London 1986. - Markschies, Ch.: Das antike Christentum. Frömmigkeit, Lebensformen, Institutionen. München 2006. - Noethlichs, K.L.: Das Judentum und der römische Staat. Minderheitenpoltik im antiken Rom. Darmstadt 1996. - Overbeck, B./Y. Meshorer: Das Heilige Land. Antike Münzen und Siegel aus einem Jahrtausend jüdischer Geschichte. München 1993. - Price, S.R.F.: Rituals and power. The Roman imperial cult in Asia Minor. Cambridge 1984. - Taeger, F.: Charisma. Studien zur Geschichte des antiken Herrscherkultes, Bd.2. Stuttgart 1960. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 18 8) Senatoren und Ritter im Dienste des Kaisers Zusammenfassung: Vermögensgrenzen: 1000000 Sesterze für Senatoren, 400000 Sesterze für Ritter hierarchische Gliederung von Senatoren- und Ritterstand Senatorenstand: Senat als traditionelles Machtzentrum der römischen Herrschaft Senat besteht aus 600 Mitgliedern (z.T. aus den Provinzen). Hohe Flexibilität der Senatoren im Rahmen ihrer Karriere; Stadtpräfektur (praefectus urbi) als senatorisches Spitzenamt. Beispiel Plinius der Jüngere adoptiert von Plinius dem Älteren, der dem Ritterstand angehörte große Bedeutung der Kontakte zum Kaiserhof, Konsulat 100 aufschlußreiche Korrespondenz mit Senatskollegen (z.B. Briefe an Q. Pompeius Falco, u.a. Empfehlungsschsreiben) um 109: als Sonderstatthalter in Pontus/Bithynien (Korrespondenz mit dem Kaiser Traian: z.B. Christenbrief, Fragen zur Finanzierung von Bauprojekten, Glückwunschschreiben) Testamentsinschrift des Plinius aus Comum (ILS 2927): „Caius Plinius Caecilius Secundus, Sohn des Lucius aus der Tribus Oufentina, Konsul, Augur, Statthalter der Provinz Pontus und Bithynia mit konsularischer Befehlsgewalt, in diese Provinz gesandt aufgrund eines Senatsbeschlusses vom Kaiser Nerva Traianus Augustus, Sieger über die Germanen und Daker, Vater des Vaterlandes. [Zuvor war Plinius] Kommisar für die Tiberregulierung und die Abwasserkanäle der Stadt [Rom], Leiter der Staatskasse im Saturntempel, Leiter der Kasse zur Veterananversorgung, Prätor, Volkstribun, Quästor zur besonderen Verwendung des Kaisers, zeremonieller Anführer der römischen Reiter [bei Ritterspielen], Militärtribun [hoher Offizier] der 3. Legio Gallica, Vorsitzender einer der zehn Kammern zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten. Testamentarisch hat er den Bau von Thermen ... verfügt, zusätzlich eine Summe von 300000 Sesterzen zur Ausschmückung und darüberhinaus (ein verzinsbares Kapital von) 200000 Sesterzen für den Unterhalt gestiftet. Ebenso hat er für den Unterhalt seiner Freigelassenen - insgesamt 100 Personen - (ein verzinsbares Kapital von) 1866666 Sesterzen der Gemeinde ausgesetzt, dessen Ertrag nach seiner Willenserklärung später zur Speisung der städtischen Plebs verwandt werden sollte. Außerdem hat er der städtischen Plebs zu Lebzeiten für den Unterhalt von Kindern beiderlei Geschlechts 500000 Sesterzen gestiftet sowie eine Bibliothek und 100000 Sesterzen für deren Unterhalt.“ Beispiel L. Aemilius Karus, Ehreninschrift aus Rom (ILS 1077): „Für Lucius Aemilius Karus, den Sohn des Lucius, aus der Tribus Camilia, den Konsul, kaiserlicher Statthalter der Provinz Cappadocia, kaiserlicher Statthalter der Provinz Lugdunensis mit dem Auftrag der Steuererhebung, kaiserlicher Statthalter der Provinz Arabia, zuständiger Kommissar für die Via Flaminia, Kommandeur der 30. Legio Ulpia Victrix, Prätor, Volkstribun, Quästor zur besonderen Verwendung des Kaisers, Militärtribun in der 8. Legio Augusta, Militärtribun in der 9. Legio Hispana, Vorsitzender einer der zehn Kammern zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten, Priester für den Flavierkult, Mitglied im 15-Priester-Kollegium. Von Caius Iulius Erucianus, dem Kommandeur der 1. Ala Ulpia Dacorum, dem besten Freund.“ Beispiel Fronto: bittet Ant. Pius um Freistellung von der Statthalterschaft in Asia Beispiel L. Iulius Ursus Servianus (Schwager Hadrians): spricht in Inschrift von seiner Meisterschaft im Glasballspiel und dem dreimaligen Konsulat des Annius Verus Ritterstand (equites = Reiter, Ritter): häufig Beginn der Karriere mit drei (oder mehr) militärischen Kommandoposten, dann auch hoch dotierte Procuratorenposten; Prätorianerpräfektur als Spitzenposten einer ritterlichen Laufbahn (militärisches Kommando und juristische Kompetenz); vergleichbarer © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 19 Spitzenposten Statthalterschaft in Ägypten (praefectus Aegypti) Beispiel Pertinax: Kohorten kommandeur in Syrien, Legionstribunat in Britannien, Alenkommando in Moesien, procurator alimentorum per viam Aemiliam, Flottenkommando in Köln, procurator in Dakien, Kommando über Legionsabteilungen in den Donaukriegen, Aufnahme in den Senat durch M. Aurelius Æ Konsulat 175 ..., praefectus urbi 190 Beispiel L. Iulius Vehilius Gallus: vier kleinere milit. Kommandoposten; Sonderkommandos in den Donaukriegen; procurator in Lusitania (Jahresgehalt 200000 Sesterzen); Kommando über Legionsabteilungen in Britannien; Kommando über die Flotten von Ravenna und Misenum; a rationibus („Finanzminister“; Jahresgehalt 300000 Sesterzen); praefectus annonae (verantwortlich für Getreideversorgung Roms); praefectus praetorio (Prätorianerpräfekt) Beispiel M. Rutilius Lupus: ... praefectus annonae, praefectus Aegypti (beharrt im Konflikt um rebellische Juden auf seiner richterlichen Kompetenz) Beispiel C. Suetonius Tranquillus: ohne militärische Ambitionen; als ab epistulis schließlich für die kaiserliche Korrespondenz verantwortlich; schreibt Kaiserbiographien (endend mit Domitian) Literatur: - Alföldy, G.: Konsulat und Senatorenstand unter den Antoninen. Prosopographische Untersuchungen zur senatorischen Führungsschicht. Bonn 1977. - Birley, A.R.: Hadrian and Greek senators. ZPE 116 (1997), S.209-245. - Brunt, P.: Princeps and equites. JRS 73 (1989), S.42-75. - Crook, J.: Consilium principis. Imperial counsels and counsellors from Augustus to Diocletian. Cambridge 1955. - Eck, W.: Die Verwaltung des römischen Reiches in der hohen Kaiserzeit. Ausgewählte und erweiterte Beiträge, 2 Bde. Basel/Berlin 1995/98. - Halfmann, H.: Die Senatoren aus dem östlichen Teil des Imperium Romanum bis zum Ende des 2. Jh.n.Chr. Göttingen 1979. - Kolb, A. (ed.): Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis. Konzepte, Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich. Berlin 2006. - Oehl, B.: Plinius, der Volkstribunat und der Prinzipat. Überlegungen zu epist.1,23. Gymnasium 109 (2002), S.311-322. - Potter, D.: Procurators in Asia and Dacia under Marcus Aurelius: a case study of imperial initiative in government. ZPE 123 (1998), S.270-274. - Schmidt, M.G.: Ursus Togatus (CIL VI 9797), ZPE 126 (1999), S.240-242. - Talbert, R.J.A.: The senate of imperial Rome. Princeton 1984. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 20 9) Die Armee an den Grenzen Zusammenfassung: nur wenige Truppeneinheiten in Italien stationiert: - Flotte in Ravenna und Misenum (von Rittern kommandiert) - Wachkohorten (cohortes vigilum) v.a. in Rom: auch als Feuerwehr - Stadtkohorten (cohortes urbanae) in Rom: v.a. Polizeiaufgaben - Prätorianerkohorten (cohortes praetoriae) in Rom: Elitesoldaten, auch an Grenzkriegen beteiligt Konzentration des Heeres an den Grenzen: insg. ca. 400000 Soldaten Die Legionen: je ca. 5000 Soldaten; im 2. Jhdt. 28-30 Legionen je 3 Legionen in Britannien, Oberpannonien, Syrien Die Auxiliartruppen („Hilfstruppen“) je 500 oder 1000 Soldaten (in der Regel ohne römisches Bürgerrecht) Kohorte: v.a. Infanterie Ale: Kavallerie Soldaten der Auxiliartruppen erhalten mit Ende ihrer Dienstzeit ein Militärdiplom (Verleihung des röm. Bürgerrechts). Beispiel aus der Gegend von Budapest (ZPE 127, 1999, S.255): „Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus, Sohn des vergöttlichten Traianus Parthicus, Enkel des vergöttlichten Nerva, Pontifex Maximus, zum 19. Mal mit der tribunizischen Gewalt ausgestattet, dreimaliger Konsul, Vater des Vaterlandes: Für die Reiter und Infanteristen, die in folgenden 5 Alen und 13 Kohorten Kriegsdienst geleistet haben: 1. Thrakerala Veterana, 1. Tausendmannala Flavia Augusta Britannica, 1. Bürgerala, 1. Itureerala Augusta, 1. Bürgerala praetoria, 1. Alpinikohorte, 1. Thrakerkohorte aus Bürgern, 1. Alpinikohorte (Infanterie), 1. Norikerkohorte, 1. Lusitanerkohorte, 1. Montanerkohorte, 1.Thrakerkohorte aus Bürgern (Germanica?), 1. Tausenmannkohorte aus Britanniern, 2. Asturer- und Callaecerkohorte, 2. Thrakerkohorte Augusta, 3. Tausendmannkohorte aus Batavern, 3. und 7. Lusitanerkohorte; diese Einheiten befinden sich in Niederpannonien, und zwar unter Nonius Mucianus. Für alle, die nach mindestens 25 (bei Flottensoldaten mindestens 26) Dienstjahren ehrenhaft entlassen wurden. Ihre Namen sind im Detail unten aufgezeichnet. Ihnen, ihren Kindern und ihren Nachkommen gab er das römischen Bürgerrecht und das Recht, mit den Frauen, die sie damals, als ihnen das Bürgerrecht gegeben wurde, hatten, eine gültige Ehe einzugehen. Sollten sie aber zum betreffenden Zeitpunkt ohne eine Frau gelebt haben, sollten sie eine rechtsgültige Ehe mit der Frau eingehen dürfen, die sie zu einem späteren Zeitpunkt heiraten würden. Jeder Mann darf aber nur eine rechtmäßige Ehefrau haben. Am 14. Tag vor den Kalenden des Juni (19. Mai) unter dem Konsulat von M. Aemilius Papus und L. Burbuleius Ligarianus (135 n.Chr.). Für den Soldaten Atressus, Sohn des Ressimarus, stammend aus dem Gebiet der Eraviscer, aus der 1. Tausendmannala Augusta Britannica, die von Q. Porcius Potitus kommandiert wird. Abgeschrieben und überprüft an der Bronzetafel, die in Rom an der Mauer hinter dem Tempel des vergöttlichten Augustus, neben der Minervastatue, befestigt ist. Als Zeugen fungierten: M. Sentilius Iasus, T. Flavius Romulus, M. Ateius Mopsus, T. Flavius Laurus, Q. Lollius Festus, Ti. Iulius Felix, L. Equitius Phoerion.“ Numeri: irreguläre Einheiten Flotteneinheiten Beispiel Niedergermanien: 2 Legionen (Bonn, Xanten), 6 Alen, 13 Kohorten, Rheinflotte (classis Germanica) Militärlager: in „Spielkartenform“ (gründliche Vermessungsarbeiten) Befestigungsmauer, principia im Zentrum (Kommandantensitz, Versammlungsplatz, Heiligtum), Unterkünfte in Baracken, Krankenhaus, evtl. Thermen, Getreidespeicher, © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 21 sanitäre Anlagen. im Vorfeld der Legionslager: canabae (Zivilsiedlung) Hadrianswall: Steinmauer (über 100km lang) auf der Linie Newcastle-Carlisle, Kleinkastelle und Türme in regelmäßigen Abständen, südlich vom vallum begleitet (monumentaler Graben). Kontrollfunktion, Demarkationslinie, Repräsentation römischer Macht südlich des Hadrianswalles zahlreiche Auxiliarlager (u.a. Vindolanda) Täfelchen von Vindolanda: mit Tinte beschriebene Holzblättchen (aus der Zeit vor Errichtung des Hadrianswalles): z.B. Bestandslisten, Bericht eines Spähtrupps, Soldatenbriefe, Geburtstagseinladung einer Kommandantengattin Obergermanisch-rätischer Limes: Verbindung der Region Koblenz mit der Region Regensburg (insg. knapp 500km); zunächst von Holztürmen kontrollierte Waldschneise, später Palisadenzaun u. Steintürme, Wall und Graben, zuletzt z.T. Steinmauer, Auxiliarlager in der Nähe (z.B. Saalburg/Taunus) Bauinschriften von den Limeskastellen Ellingen und Böhming (Chiron 13, 1983, 499-501): „Für Imperator Caesar Marcus Aurelius Commodus Antoninus Augustus Germanicus Sarmaticus maximus, ausgestattet mit der tribunizischen Gewalt, dreimaliger Konsul, Vater des Vaterlandes, wurde die Mauer des Kastells Sablonetum samt den Toren auf Befehl des Statthalters Q. Spicius Cerialis durch dessen Leibgarde aus Stein ersetzt, als Mamertinus und Rufus Konsuln waren (182 n.Chr.). Aurelius Argivus, Centurio der 3. Italischen Legion, führte die Aufsicht.“ „Für Imperator Caesar Lucius Aurelius Antoninus Augustus Commodus Armeniacus Parthicus Germanicus Sarmaticus, zum sechsten Mal ausgestattet mit der tribunizischen Gewalt, dreimaliger Konsul, Vater des Vaterlandes, wurde von einer Abordnung der 3. Italischen Legion unter dem Statthalter Spicius Cerialis die Kastellmauer gebaut. Iulius Iulinus, Centurio der 3. Italischen Legion, führte die Aufsicht. Darauf wurden die Tore mit den vier Türmen durch Aelius Fortis fertiggestellt, Centurio der 3. Italischen Legion und kommisarischer Kommandeur der 1. Breukerkohorte; im Jahre als der Kaiser zum dritten Mal und Burrus Konsuln waren (181 n.Chr.).“ limes im Wortsinn „Grundstücksgrenze“ (auch „Weg“) Kampfeinsätze: Traians- und M. Aurelssäule als wichtigste Quellen; disciplina als Voraussetzung für geordnete Operationen (z.B. Schildkröte-testudo) Militärtheorie: z.B. L. Flavius Arrianus Literatur: - Baatz, D.: Der römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Berlin 4 2000. - Bowman, A.K.: Life and letters on the Roman frontier. London 1994. - Campbell, B.: The Roman army, 31 BC - AD 337. A sourcebook. London / New York 1994. - Domaszewski, A.v./B. Dobson: Die Rangordnung des römischen Heeres. Köln / Wien 1981. - Johnson, St.: Hadrian's Wall. London 1989. - Junkelmann, M.: Die Reiter Roms, 3 Bde. Mainz 1990-92. - Keppie, L.: Legions and Veterans. Roman Army Papers 1971-2000. Stuttgart 2000. - Le Bohec, Y.: Die römische Armee. Stuttgart 1993. - Ottaway, P.: Roman York. London 1993. - Roxan, M.M.: Two complete diplomas of Pannonia Inferior: 19 may 135 and 7 aug. 143. ZPE 127 (1999), S.249-273. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 22 10) Bauboom: das veränderte Gesicht von Rom Zusammenfassung: 357 n.Chr.: Besuch des Kaisers Constantius II. in Rom (beeindruckt vom Traiansforum) Bewunderung des Aelius Aristeides für die Größe Roms Einwohnerzahl: Schätzungen zwischen 750000 und 2000000 z.T. 20m hohe Wohnblocks (insulae), nicht selten bedroht von Einsturz und Brandgefahr (vgl. 3. Satire des Iuvenal) Öffentliche Bauten v.a. am Forum und am Marsfeld (nordwestlich des Forum); Zuständigkeit einer Baubehörde: zwei Senatoren mit dem Titel curatores aedium sacrarum et operum locorumque publicorum („Kommisare, zuständig für Heiligtümer, für öffentliche Bauwerke und öffentlichen Grund und Boden“) Nerva: - Forum Transitorium (von Nerva vollendet): mit zwei kleinen Tempeln Traian: unterstützt von dem Architekten Apollodoros von Damaskos - Traiansforum: Basilica Ulpia (Hallenbau), Bibliotheken, Traianssäule, Reiterstatue Traians - Bildprogramm mit Bezug zu den Dakerkriegen (Reliefs, Statuen) Inschrift am Sockel der Traianssäule (ILS 294): „Senat und Volk von Rom für Imperator Caesar Nerva Traianus Augustus Germanicus Dacicus, den Sohn des vergöttlichten Nerva, Pontifex maximus, mit der tribunizischen Gewalt zum 17. Mal ausgestattet, Imperator zum 6. Mal, sechsmaliger Konsul, Vater des Vaterlandes, um das Niveau des Berges und des Geländes zu verdeutlichen, die für diese Baumaßnahmen abgetragen worden sind.“ Traiansmärkte hinter dem Traiansforum - Traiansthermen: seinerzeit größte römische Badeanlage, eigene Wasserleitung Hadrian: - Tempel der Venus und der Roma: seinerzeit größter Tempel in Rom (neben dem Colosseum), mit doppelter Cella; Zerwürfnis mit Apollodoros im Zusammenhang mit dem Tempelbau - Tempel für Traian und Plotina (Lage unbekannt) - Tempel für Matidia (Schwiegermutter Hadrians): am Marsfeld - Pantheon: runder Kuppelbau (besterhaltenes Bauwerk der Antike; Hadrian in der Bauinschrift nicht genannt: Agrippa); Bewidmung nicht eindeutig zu interpretieren (Pantheon = „das Allgöttliche“), astraler Bezug, Kaiserkult; seit dem 7. Jhdt. Marienkirche - Hadriansmausoleum: jenseits des Tiber (Æ Engelsburg), hoher Zylinder auf quadratischem Unterbau, mit Marmor verkleidet Antoninus Pius: - Tempel für Hadrian: am Marsfeld - Tempel für Faustina: am Forum, später auch dem Antoninus Pius geweiht M. Aurelius / L. Verus: - Ehrensäule für Antoninus Pius - Triumphbogen: nach Sieg über die Germanen (176); nur Reliefs vom Bogen erhalten Inschrift vom Triumphbogen (ILS 374, literarisch überliefert): „Senat und Volk von Rom für Imperator Caesar M. Aurelius Antoninus Augustus, Sohn des vergöttlichten Antoninus, Bruder des vergöttlichten Verus, Enkel des vergöttlichten Hadrian, Urenkel des vergöttlichten Traianus Parthicus, Ururenkel des vergöttlichten Nerva, Germanicus, Sarmaticus, Pontifex © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 23 Maximus, zum 30. Mal mit der tribunizischen Gewalt ausgestattet, achtmal zum Imperator ausgerufen, dreimaliger Konsul, Vater des Vaterlandes, weil er allen Kriegsruhm aller größten Feldherren vor ihm übertroffen und die kriegerischsten Völker vernichtet oder unterworfen hat.“ Commodus: - Thermen - M. Aurels - Säule: auf dem Marsfeld; „Hundertfußsäule“; Vorbild Traianssäule; der Freigelassene Adrastus als procurator columnae („Säulenbeauftragter“) epigraphisch dokumentiert Villen an der Peripherie: vgl. ausführliche Villenschilderung des Plinius (2,17: Villa in Laurentum, 25km von Rom), luxuriöse Speisesäle, Badeanlagen - Villa von Settebassi (südöstlich von Rom): mehrere Badeanlagen, monumentale Terrassen - Villa der Quinctilier: an der Via Appia Monumentalgräber an den Ausfallstraßen: Gräber mit Hauscharakter, reiche Innenausstattung (Sarkophage) z.B. Valeriergrab an der Via Latina Grabinschrift des Telesphorion (ILS 8265; Zeit des M. Aurelius): „Für die Totengötter des C. Bruttius Telesphorion. Er war ein Freigelassener des erlauchten Herrn Senator C. Bruttius Praesens, der zweimal Konsul gewesen war... .Das Grundstück erhielt er von L. Bruttius Quintius Crispinus, dem Sohn des ebengenannten, der Konsul gewesen ist, seinem Patron. Noch zu Lebzeiten ließ er [Telesphorion] die Grabstätte für sich und seinen Freigelassenen Caricus anlegen, auch für die Kinder und alle weiteren Nachkommen. Diese Grabstätte habe ich mit meinen Mitteln angelegt, und zwar für alle diejenigen, die [in der Inschrift] oben verzeichnet sind. Ihr übrigen, so sehr ich euch mag, ihr müßt mich entschuldigen: Ein Fremdling darf nicht in dieses Grab hinein. ... Lebt wohl!“ Literatur: - Claridge, A.: Rome. (Oxford Archaeological Guides) Oxford 1998. - Coarelli, F.: Dintorni di Roma. (Guide Archeologiche Laterza) Roma / Bari 1993. - Coarelli, F.: Roma. Milano 31997. - Heck, A. van: Breviarium Urbis Romae Antiquae. Leiden / Rom 1977. - Hesberg, H.v.: Römische Grabbauten. Darmstadt 1992. - Kolb, A.: Die kaiserliche Bauverwaltung in der Stadt Rom. Geschichte und Aufbau der cura operum publicorum unter dem Prinzipat. Stuttgart 1993. - Kolb, F.: Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike. München 1995. - La Rocca, E.: Das Forum Transitorium. Neues zu Bauplanung und Realisierung. AW 29 (1998), S.1-12. - Mielsch, H.: Die römische Villa. Architektur und Lebensform. München 21997. - Scheithauer, A.: Kaiserliche Bautätigkeit in Rom. Das Echo in der antiken Literatur. Stuttgart 2000. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 24 11) Bauboom: blühende Städte in den Provinzen Zusammenfassung: Wettbewerb unter den Städten: ambitionierte Bauprojekte Literarische Zeugnisse: - Aelius Aristeides würdigt in seiner Romrede die Blüte der Provinzstädte. - Reden des Dion von Prusa: Bauaufsicht in der Heimatstadt Prusa; Vorwurf der Profilierungssucht von seiten der Mitbürger - Briefe des Plinius: Kontrolle von Bauprojekten in der Provinz Pontus/Bithynia (Problem der Bauruinen) Ephesos: Sitz des Statthalters der Provinz Asia; Schutzmaßnahmen für die Hafenanlagen - „Hadrianstempel“: Gebälkinschrift am Eingang (Iv Ephesos 429): „Für die Artemis von Ephesos und für Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus und für das Volk der Ephesier, das mit der Neokorie ausgestattet wurde. Publius Quintilius ... hat zusammen mit seiner Gattin ... und seiner Tochter Varilla den Tempel von Grund auf mit allem, was dazugehört, und auch die Kultstatue innen drinnen aufrichten lassen, und zwar unter der Statthalterschaft des Servaeus Innocens, als der Asiarch P. Vedius Antoninus zum zweiten Mal Sekretär des Volkes war...“ - Celsusbibliothek: Bibliothek mit Grabmal des Ti. Iulius Celsus Polemaeanus (Statthalter 105/106); reiche Schaufassade (mit Darstellung von Personifikationen) - Großer Hadrianstempel: Neokorietempel mit großer Platzanlage nahe dem Hafen - Vediusgymnasium: gestiftet von einem aus Ephesos stammenden Senator - „Parthermonument“ des L. Verus Athen: überdurchschnittlicher kulturhistorischer Anspruch - Bibliothek des Pantaenus (nur epigraphisch belegt) - Philopapposmonument: Grabmal eines Abkömmlings der kommagenischen Dynastie, zugleich hochrangiger Senator Grabinschrift (ILS 845): Lateinischer Text: „C. Iulius Antiochus Philopappus, Sohn des Caius, aus der fabischen Tribus, Konsul und Arvalpriester, in den Senat unter die ehemaligen Prätoren aufgenommen von Imperator Caesar Nerva Traianus, dem besten Augustus, Germanen- und Dakersieger.“ Griechischer Text: „König Antiochos Philopappos, Sohn des Königs Epiphanes, Enkel des Antiochos.“ Hadrianische Baumaßnahmen: - Infrastruktur (auch Wasserleitung) - Fertigstellung des Tempels des Zeus Olympios; Tempel der Hera und des allgriechischen Zeus; Pantheon - Hadriansbibliothek („Hochschulzentrum“); Gymnasium darüber hinaus Förderung der athenischen Philosophenschulen durch Hadrian (Brief an das Schulhaupt der Epikureer!) Baumaßnahmen des Herodes Atticus (hochrangiger Senator aus Athen mit engem Kontakt zu Hadrian und den späteren Kaisern): - Stadion: für 50000 Zuschauer (architekt. Rahmen für die Panathenäen) © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 25 - Odeion: am Südhang der Akropolis; überdacht Xanten (Colonia Ulpia Traiana): in unmittelbarer Nähe eines Legionslagers; Vorgängersiedlung (Cibernodurum?) Grabinschrift aus Carnuntum (CIL III 4577): „Lucius Valerius Verinus, aus der Bürgergruppe Papiria, stammend aus Traiana, Veteran der 10. Legion Gemina Pia Fidelis.“ Koloniegründung mit orthogonalem Straßennetz (mit Cardo Maximus und Decumanus Maximus); Baumaterialien v.a. aus der Eifel; ca. 2-3000 Einwohner: - Stadtmauer mit Türmen; Kapitolinischer Tempel; Forum Inschrift aus Bonn (CIL XIII 8036): „... für das Heil des Imperator Antoninus Pius, des Glückseligen, des Vaters des Vaterlandes, hat die Arbeitsabteilung der Rheinflotte (classis Germanica pia fidelis), welche zum Steintransport für das Forum der Colonia Ulpia Traiana abgeordnet ist, auf Geheiß des kaiserlichen Statthalters Claudius Iulianus und unter der Aufsicht des Kapitäns Caius Sunicius Faustus ..., während des Konsulats von Bradua und Varus (160 n.Chr.) ihr Gelübde gern nach Gebühr eingelöst.“ - „Hafentempel“ - „Umgangstempel“: keltisches Heiligtum für Muttergotteheiten - Luxusbauten: Amphitheater; Thermen Literatur: - Galli, M./D. Dinelli: Neue Zeugnisse zum Theater des Herodes Atticus in Athen. AW 29 (1998), S.519-532. - Goette, H.R.: Athen, Attika, Megaris. Köln 1993. - Halfmann, H.: Städtebau und Bauherren im römischen Kleinasien. Ein Vergleich zwischen Pergamon und Ephesos. Tübingen 2001. - Horn, H.G.: Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Stuttgart 1987. - Hueber, F.: Ephesos. Gebaute Geschichte. Mainz 1997. - Jones, A.H.M.: Cities of the eastern Roman provinces. Oxford 1937. - Lepelley, Cl. (ed.): Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit (44 v.Chr. - 260 n.Chr.) II: Die Regionen des Reiches. München / Leipzig 2001. - Marek, Ch.: Pontus et Bithynia. Die römischen Provinzen im Norden Kleinasiens. Mainz 2003. - Robert, L.: Villes d'Asie Mineure. Paris 21962. - Willers, D.: Die Neugestaltung Athens durch Hadrian. Hadrians panhellenisches Programm. AW 27 (1996), S.3-17. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 26 12) Bildung und Literatur Zusammenfassung: Bedeutende Rolle von Bibliotheken in den Städten Plin.epist.9,11 Uneinheitliche, von Stadt zu Stadt verschiedene Bildungsmöglichkeiten: Gymnasien in den griechischen Städten Standardprogramm der Schulbildung: 1. Elementarschule beim magister ludi. 2. Unterricht für Fortgeschrittene beim grammaticus 3. Hochschulstudium beim Rhetor (4. Ergänzende Spezialkurse in Philosophie und Jura) Querschnitt durch die Literaturgeschichte des 2. Jhdts. Wissenschaften: Ptolemaios Astronomisches Hauptwerk: „Almagest“ (u.a. Entwicklung des geozentrischen Weltbildes!) „Geographische Anleitung“ (Anleitung zur Kartierung der gesamten damals bekannten Welt) Medizin: Soranos (aus Ephesos): „Über Frauenkrankheiten“ Galenos (Leibarzt Mark Aurels) opulentes medizinisches Gesamtwerk (Rückgriffe auf Hippokrates) © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 27 Jurisprudenz Iulianus (von Hadrian geförderter Senator): Juristische Schriften nur in Spuren faßbar (Jugendschrift De ambiguitatibus [„Über Zweideutigkeiten“]; Digesten in 90 Büchern) Gaius: Institutiones („Unterweisungen“) Geschichtsschreibung P. Cornelius Tacitus (Konsul 97) Drei kleinere Monographien: 1. Agricola (über den Schwiegervater Cn. Iulius Agricola) 2. Germania (ethnographische Schrift) 3. Dialogus de oratoribus („Dialog über die Redner“): Über den Niedergang der Redekunst Historiographisches Werk: 1. Historiae (über die Jahre von 69 bis 96) 2. Annales (etwa die Hälfte davon überliefert, über die Jahre von 14 bis 68) sine ira et studio, „ohne Zorn und ohne besonderes Interesse“ (ann.1,1,3) Arrianus (aus Nikomedeia, Bithynien): Alexandergeschichte („Anabasis“) Appianus (aus Alexandreia): „Römische Geschichte“ 24 Bänden; (geographische/ethnographische Anordnungsprinzipien) Mit der Geschichtsschreibung Verwandtes: Suetonius: Kaiserbiographien von Caesar bis Domitian; De grammaticis et rhetoribus, „Über Grammatiker und Rhetoren“ Pausanias: „Beschreibung Griechenlands“. (Orts- und Denkmälerbeschreibungen, © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008. 28 mythologische und historische Erläuterungen). „Buntschriftstellerei“ Aulus Gellius:. Noctes Atticae - „Attische Nächte“ in 20 Büchern Romane (z.B. Apuleius, „Der goldene Esel“) „Satire“: Lukianos (aus Samosata am Euphrat): Reden, Dialoge und Erzählungen „Zweite Sophistik“ öffentlichkeitswirksame Auftritte der Sophisten (brillante, mit Bildungsinhalten gesättigte Rhetorik); Repräsentanten: Aelius Aristeides, Dion von Prusa Literatur: - Dihle, A.: Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit. München 1989. - Hahn, J.: Der Philosoph und die Gesellschaft. Selbstverständnis, öffentliches Auftreten und populäre Erwartungen in der hohen Kaiserzeit. Stuttgart 1989. - Holzberg, N.: Der antike Roman. Eine Einführung. Darmstadt 32006. - Marrou, H.I.: A history of education in antiquity. Wisconsin 1956 (orig. Histoire de l'education dans l'antiquité. Paris 1948) - Sallmann, K.: Handbuch der lateinischen Literatur der Antike 4: Die Literatur des Umbruchs: Von der römischen zur christlichen Literatur, 117 - 283 n.Chr. München 1997. - Syme, R.: Tacitus. Oxford 1958. - Zanker, P.: Die Maske des Sokrates. Das Bild des Intellektuellen in der antiken Kunst. München 1995. © Ulrich Huttner Zur Verfügung gestellt für UTB-mehr-wissen.de zu Ulrich Huttner: Römische Antike, Stuttgart: UTB GmbH. 2008.