Wahnsinnig in Form
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Wahnsinnig in Form
Das Klassik & Jazz Magazin 4/2013 Verdi-CDs: Jubeljahr oder M agerquark? Trio Mönkemeyer: Klassischer Ohrwurm Rundfunkchor Berlin: Luther statt Lena Igor Levit: „Jahrhundertpianist“ mit 26 An n a N e tr e b ko Immer samstags aktuell www.rondomagazin.de Wahnsinnig in Form KLASSIK 2013 N MAGAZI T SSE HEF DA S G RO R IS T R Ä G E DE R PR E S, W E I I N T E RV G RÜ N D E HINTER EN P ORTAG UND RE IK O KL ASS ZUR ECH BE R L I N GALA IN SE NDETER M IN 13 6.10R.2IM0ZD F 22 UH K I S S A L K ! ” M MACHT M BU ” T R ÄGE R D PREIS N U R O AT MODER ZÓN O VILLA ROL A N D DIS FT VER IE KRA Ü BER D K.DE LASSI ECHOK W W W. DAS GROSSE H E F T DE R PR E IST R ÄGE R Z U R ECHO K L ASSI K� GA L A A M 6. OK TOBE R I M KONZE RT H AUS BE R L I N I N T E RV I E WS, H I N T E RGRÜ NDE U ND R E PORTAGEN DEMNÄCHST IM MUSIKHANDEL UND ONLINE UNTER WWW.ECHOKLASSIK.DE Themen Festivals: Pasticcio: Meldungen und Meinungen aus der Musikwelt Festival 4 Doktor Stradivari: Ricordi: Unternehmen Oper 5 Fanfare: Proben, Pleiten Anna Netrebko: Wahnsinnig in Form Verdi CD-Neuheiten Jubeljahr oder Magerquark? Samos Young Artists 6 Musik-Krimi und Premieren aus Oper und Konzert 8 Gezischtes Doppel der RONDO-Opernkritik 10 Rundfunkchor Berlin: Luther statt Lena CDs, Bücher & 12 Sammlerboxen Igor Levit: „Jahrhundertpianist“ mit 26 rondomagazin.de: Geografie des Konzertlebens Blind gehört: Luca Pisaroni Felix Klieser: Russisches Halbdämmer, bayerisches Licht Pablo Heras-Casado: Allrounder zwischen allen Welten 32 13 Abonnenten kriegen was auf die Ohren 14 Klassik-CDs mit der „CD des Monats“ 15 für Stimmfachleute Premieren-Abo: Stimmen in HD-Qualität 18 Jazz-CDs mit dem „Meilenstein“ 18 34 35 Vokal total: Neuerscheinungen 16 33 RONDO-CD: Bücher: Musik für Leseratten Hörtest: Verdi-Opern mit Scotto und Caballé 20 Schätze für den Gregory Porter: Der Seelsorger 22 Boulevard: 36 40 42 44 Magazin: Oper, Festival, Konzerte Musikstadt: Mailand 31 Da Capo: Trio Mönkemeyer: Klassischer Ohrwurm Kastraten-Arien: Caffarinelli! 30 Plattenschrank Bunte Klassik 45 46 Termine Termine: 24 Opernpremieren Termine: Feierabendhaus: Da stimmt die Chemie 26 Konzerte Klassik Brucknerfest Linz 28 Termine: Café Imperial: Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer 29 Festivals: Mozart@augsburg 30 6 Lust auf Klassik? www.reservix.de Anna Netrebko: Wahnsinnig in Form Roachford 12 17.11.13 Fliegende Bauten Hamburg Richard Clayderman 06.–13.09.13 26.11.13 Freiberg, Offenbach, Demmin, Rostock, Potsdam, Hitzacker Rundfunkchor Berlin: Luther statt Lena Jonny Lang 14 08.10.13 Fabrik Hamburg Igor Levit: „Jahrhundertpianist“ mit 26 Akram Khan Company 06.09.–26.11.13 Ryan Leslie 20 Dresden, Lörrach, Düsseldorf, Karlsruhe & Band 01.10.13 Große Freiheit 36 Hamburg Hörtest: Verdi-Opern mit Scotto und Caballé 47 48 Konzerte Jazz 50 Impressum 50 22 Württembergisches Kammerorchester Heilbronn 29.09.13–05.05.14 Ulm, Schwetzingen, Heilbronn, Bad Säckingen, Wilhelmshaven Zugabe: Nettigkeiten von den Hinterbühnen dieser Welt 51 Tomasz Stanko: Graues Licht, strahlende Sonne 3 www.reservix.de Karten für 30.000 Veranstaltungen. Meldungen und Meinungen der Musikwelt Musikfreund oder Heuschrecke? Flügel unter dem Hammer: SteinwayFabrik in Queens, New York Da musste selbst Leon Botstein, der Musikalische Direktor des in New York ansässigen American Symphony Orchestra, erst mal tief schlucken. „Da hat er etwas mit einer großen moralischen Verantwortung gekauft“, war Botsteins erste Reaktion auf einen Mega-Deal im börsennotierten Musikalienhandel. Die Rede ist vom Verkauf der Klaviernobelmarke „Steinway & Sons“ an den New Yorker Hedgefond-Manager John Paulson. Nach einem Bieterwettrennen ging Paulson als Sieger durchs Ziel und legte für das seit 1996 an der Börse notierte Traditionsunternehmen satte 512 Millionen Dollar (386 Millionen Euro) auf den Tisch. Andererseits kann Paulson diese Summe wohl aus der Portokasse bezahlen. Denn 2007 gehörte er an der Wall Street zu den Finanzjongleuren, die mit ihren unlauteren Wetten gegen Immobilienhypotheken Milliarden verdient haben. Wie Dirigent Botstein reden ihm nun viele ins Gewissen, Steinway nicht zum Spekulationsobjekt verkommen zu lassen. Aber vielleicht tut man Paulson wirklich unrecht und er ist tatsächlich ein Musikliebhaber. Immerhin stehen in seinem Appartement gleich drei Steinways in den Größen M, O & B. Und erst im letzten Jahr spendete er dem örtlichen Konservatorium 100 Millionen Dollar. gf Applaus, Applaus! Können die Deutschen am längsten? Der Applaus Wer hat diesen Moment im Konzertsaal nicht schon einmal miterlebt. Kaum ist der erste Satz einer Klaviersonate verklungen, juckt es den Nebenmann schon in den Händen. Doch nach zwei-, dreimal Klatschen wird er gleich vom empörten Rest des Publikums als Musikbanause niedergezischt. Diese Erfahrung widerspricht jedoch einer These von schwedischen Musikwissenschaftlern, die in einer Studie das Klatschverhalten im Konzertsaal unter soziologischen Aspekten untersucht haben. Denn wie man herausgefunden hat, ist Applaus immer ansteckend. Beginnt der eine, folgen ihm sofort die anderen. So weit ein Ergebnis intensiver Forschungsarbeit. Handfestere Fakten liefert die von Richard Mann von der Universität Uppsala geleitete Studie aber auch. So klatscht im Durchschnitt jeder Konzertbesucher lediglich zehn Mal. Und im internationalen Verhalten hat man natürlich auch Unterschiede festgestellt. In den USA etwa kann man es nicht abwarten, bis der letzte Ton verklungen ist, um seiner Begeisterung auch mit lautem Gejohle Ausdruck zu verleihen. In Deutschland dagegen herrscht zunächst für ein paar Sekunden andächtige Stille – bevor man sich dann in einen wahren Rausch hineinsteigern kann. Schließlich sollen die Deutschen weltweit das am längsten applaudierende Publikum stellen. gf RONDO auf der ECHO Klassik-Gala 2013 Gemischtes Doppel: Rolando Villazón und Nina Eichinger 4 Am 3. Juli hatte sich die Jury einen langen Tag hinter verschlossene Türen in der Geschäftsstelle des Bundesverbands der Musikindustrie zurückgezogen, nun stehen die Gewinner der ECHO Klassik-Preise 2013 fest. Zum ersten Mal in diesem Jahr war auch die RONDO-Redaktion durch Chefredakteur Carsten Hinrichs unter den Juroren vertreten und gestaltete die Preisvergabe aktiv mit. Höhepunkt ist die traditionelle Gala im Berliner Konzerthaus am 6. Oktober, die leicht zeitversetzt vom ZDF zur besten Sendezeit ausgestrahlt werden wird. Mit musikalischen Kostproben bedanken sich Tenor Jonas Kaufmann, Mezzosopranistin Elīna Garanča, Cellistin Sol Gabetta und der Violinist Daniel Hope im Rahmen der Gala für die Auszeichnung. Begleitet werden sie vom Konzerthausorchester unter der Leitung von Omer Meir Wellber. Das Moderatoren-Duo Nina Eichinger und Rolando Villazón hat seine erneute Teilnahme ebenfalls bestätigt. ch Leserbriefe Zum Artikel „Norma von vorn“ in RONDO 03/2013 Bartoli befreite den Belcanto von einer „dicken Patina, die sich in den letzten 150 Jahren angesammelt hat“, schreibt Herr Niemann. Hat denn der Autor noch nie eine Aufnahme der Norma mit Maria Callas gehört. […] wie steht es mit Joan Sutherland, mit Montserrat Caballé, Leyla Gencer, Elena Souliotis? Von Rosa Ponselle möchte ich gar nicht anfangen zu reden. Das sind einige der großen Interpretinnen der Rolle, die Frau Bartoli in ihrem pseudo-wissenschaftlichen Booklet unter „verismo“ Interpretationen der Rolle abtut. […] Ich frage mich, was genau Frau Bartoli unter „belcanto“ bzw. unter „verismo“ versteht. Verdienen solche Giganten der klassischen Musik unter dem Begriff „dicke Patina“ subsummiert zu werden? Prof. Dr. Ioannis Mylonopoulos, New York „Rondo in neuem Gewand“ (via XING) Als passionierter Musikliebhaber nutze ich die Gelegenheit gerne, ein Füllhorn des Lobes über das Rondomagazin auszuschütten. Die Auswahl der rezensierten Aufnahmen entspricht zum großen Teil meinem Gusto. Was mich am meisten freut, ist (wie zum Beispiel beim von mir hochgeschätzten Hilliard Ensemble) der Sachverhalt, dass nicht alle Kritiken für einen Interpreten in dieselbe Richtung gehen, sondern eine Differenzierung stattfindet. Mit großem Vergnügen lese ich die Leserbriefe, die uns immer wieder die Subjektivität des Hörens und somit des Rezensierens vor Augen halten. Den Kauf einiger meiner Lieblings CDs (z.B. Schuman op.11 und 16 - Perahia) verdanke ich Ihrem Rezensenten. Und schließe mit einem Satz aus seiner Schumann Rezension: „Wir wurden reich beschenkt“. Ulrich Staab Zum Artikel „Operette sich wer kann“ in RONDO 03/2013 Operette; - ich bitte Sie, - das ist doch wie ein Glas Sekt, das ist doch wie ein freudiger Impuls an die Decke zu springen. Wer vermöchte da zu refüsieren?! Wenn dann ein wirklich charmanter Tenor den Damen gesteht „Gern hab ich die Fraun geküßt“ da bleibt doch kein Auge trocken, das ist doch dann ein einziger Jubel, ein Wohlbefinden sondergleichen. „Die Operette kehrt zurück“ schreibt Ihr Autor Robert Fraunholzer, keineswegs: Die Operette war und ist stets gegenwärtig! Philippe Ravenna, Bath Fotos: Monique Wuestenhagen Pasticcio Neu bei NAXOS 8.572996 Ricordi Unternehmen Oper Dirigentin Marin Alsop gilt bei Brahms Musik seit langem als eine leidenschaftliche und international anerkannte Koryphäe. Ihre aktuelle CD präsentiert eine einzigartige Interpretation des Deutschen Requiems mit dem MDR Leipzig Radio Chor und Symphonie Orchester. www.naxos.de · Im Vertrieb von NAXOS DEUTSCHLAND Neu bei THOROFON Ricordi und Verdi – selten war eine Beziehung zwischen Komponist und Verleger so eng. Davon erzählt eine Ausstellung in Berlin und Gütersloh. Von M at t h i a s S i e h l e r Foto: Archivio Storico Ricordi O b die Besucher der weltberühmten Brea Galerie in Mailand ahnen, dass unter ihren Füßen noch ganz andere Schätze liegen? Oben die Bilder und unten die Noten, Raffael und Mantegna in der Belle Etage, Verdi und Puccini im Zwischengeschoss. Wie in einen Schiffsbau, so steigt man in der (wie auch die Scala ebenfalls) von Maria Theresia gegründeten Biblioteca Nazionale Braidense im Palazzo Brea enge Treppen herab, windet sich durch mit Folianten und alten Akten gefüllte Korridore, um nach schweren Schlössern und einer Klimaschleuse schließlich im Archivio Storico des ehrwürdigen Verlagshauses Ricordi zu landen. Seit dessen Verkauf an Bertelsmann 1994 ist es in deutscher Hand. Das Unternehmen und die Verlagsrechte sind inzwischen an Universal weitergereicht, doch von Gütersloh gesteuert betreuen nach wie vor drei Mitarbeiter diese unschätzbare Sammlung, die Italien nicht verlassen darf. Auch wenn im Geburtsland der Oper der Sinn für klassische Musik seit der Berlusconi-Zeit schwer gelitten hat, die Autografe Rossinis, Bellinis und Donizettis sowie vieler vergessener Kleinmeister – vor allem aber die Originale Verdis und Puccinis samt dem vollständigen Schriftverkehr der beiden Titos mit dem Verkaufsgenie Giulio Ricordi − sind Inkunabeln der Musikgeschichte. Die hier sorgsam gepflegt, restauriert, der Forschung zugänglich gemacht und für Ausstellungen verliehen werden. In der 1808 gegründeten Musikinstitution wurde offenbar alles aufgehoben. Man druckte hier Werbeplakate, gab Zeitschriften heraus, kümmerte sich wie heute bei Megamusicals um die Ausstattung und Inszenierung der Uraufführungen und späterer Produktionen. 600.000 Seiten umfasst allein die Verlagskorrespondenz, man hütet 6000 Fotos, 10.000 Kostüm- und Bühnenbild-Entwürfe auf über 1000 Regalmetern. Diesen Schatz möchte Bertelsmann jetzt bekannter machen und veranstaltet deshalb in der Berliner Unternehmensvertretung eine kostbare Ausstellung, die anschließend nach Gütersloh weitergereicht wird. Anlässlich des 200. Geburtstages von Giuseppe Verdi wird am Beispiel von dessen letzten, mit seinem Wunschlibrettisten Arrigo Boito konzipierten Werken „Otello“ und „Falstaff“ deren Musiktheater-Genese gezeigt, von der ersten, brieflich festgehaltenen Idee bis zur Uraufführungskritik, denn alles das ist im RicordiArchiv vorhanden. Nicht nur für Opernliebhaber ein Muss. Unternehmen Oper 30.8.–15.9. Bertelsmann Repräsentanz in Berlin, Unter den Linden 1 7.–21.10 Gütersloh, Theater, Barkeystraße 15 5 CTH26015 Beethovens Liedschaffen zum ersten Mal auf CD – mit ungekürztem Text und in sämtlichen Fassungen gemäß der Gesamtausgabe. Ein musikalischer Kosmos von großer musikalischer Schönheit, der selbst für den Kenner Überraschungen bereit hält und ein lebendiges Panorama der Lebens- und Gedankenwelt des 18. und 19. Jahrhunderts entfaltet. Im Vertrieb von NAXOS DEUTSCHLAND Neu bei ONDINE Christian Tetzlaff wurde für seine Aufnahme der Violinkonzerte von Mendelssohn und Schumann (ODE 1195-2) mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik 2011 geehrt. Die Auswahl der Sonaten für Violine und Klavier von Robert Schumann ist gleichzeitig eine Darstellung der Entwicklung des Komponisten. Im Vertrieb von NAXOS DEUTSCHLAND ODE1205-2 Anna Netrebko Wahnsinnig in Form 10 Jahre Deutsche Grammophon, doch erst das vierte Studioarienalbum. Das macht neugierig auf Anna Netrebkos „Verdi“. Zudem ist die Sängerin zur Frau gereift. Von M at t h i a s S i e h l e r D ie eine lackiert in nicht ganz wettkampfkorrekten Farben ihre Nägel, die andere prostet bei einem Empfang einem Herren mit dem Champagnerglas zu. Das sind zwei politische Statements, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Und die doch die gleiche Person meinen. Die regenbogenbunten Fingerkuppen, mit denen zwei schwedische Athletinnen bei der Leichtathletik-WM in Moskau angetreten sind, soll man als solidarischen Protest gegen Wladimir Putins Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung begreifen. Das an sich harmlose Partyfoto von der Eröffnung der zweiten Bühne des St. Petersburger Mariinski Theaters, bei dem Anna Netrebko ihrem Präsidenten mit dem Glas die Ehre erweist, wurde hingegen nicht nur bei den Klassikbloggern als neuerlicher Gunstbeweis der Sängerin für den starken Mann im Land interpretiert. Seit freilich Putins Regierung gegen Schwule hetzt und in Russland alte Ressentiments schürt, muss sich Netrebko von der nicht nur heterosexuellen Opernwelt vielerlei Vorwürfe gefallen lassen. Vor allem in Amerika, wo sie am 23. September in New York die Saison der Metropolitan Opera mit einer Galapremiere von Tschaikowskis „Eugen Onegin“ eröffnet, reagiert man bei solchen offiziellen Anlässen gern politisch überkorrekt. Deshalb haben sowohl Netrebko als auch die Met auf ihren Webseiten mit Statements reagiert, dass sie niemanden diskriminieren; die Oper sprach es offensiver aus, die Sängerin verhaltener. Und trotzdem wird klar: Anna Netrebko ist nicht nur ein Fantasiegeschöpf, sie muss sich mit der Lebenswirklichkeit auseinandersetzen. Auch sie wird älter. Zehn Jahre Aufnahmetätigkeit für die Deutsche Grammophon beweisen das deutlich. Zehn Jahre, in denen sich ihre Stimme und auch ihre Rollen verändert haben. Die Zeit der netten Leichtgewichtigen ist vorbei: Adina, Norina, Juliette, Massenets Manon, selbst die eher Kummer gewohnten Bellini-Heldinnen Amina und Elvira, auch Donizettis männermordende Lucia und Verdis Traviata, sie gehören inzwischen der Vergangenheit an. Die 41-jährige Anna Netrebko ist hingegen auf dem Weg zur hässlichen Stimme. Nicht unbedingt das Ideal, das man sich für eine klassische Gesangskarriere wünscht. Aber schließlich gilt es den Thron als Primadonna assoluta der großen Sopranistinnenwelt zu verteidigen. Und Netrebkos Strategie heißt: Addio Fräulein, ciao Frau! Gerade ist das mit Giuseppe Verdis siebter Oper „Giovanna d‘Arco“ konzertant bei den Salzburger Festspielen glänzend aufgegangen. Die Netrebko triumphierte – und so war dieser Addio Fräulein, ciao Frau! 6 Salzburger Auftritt natürlich auch der Anlass, um ihr neues Album vorzustellen. Das heißt schlicht „Verdi“ und ist, abgesehen vom schlimm schlank-gephotoshopten Cover, eine höchst erfreuliche Angelegenheit. Weil eine Sängerin auf dem Höhepunkt ihrer künstlerischen Mittel lustvoll neugierig frisches Rollenfutter austestet, das sie größtenteils künftig auch live präsentieren wird. Neben der Jungfrau von Orléans folgen jetzt die vokalen VerdiSchwergewichte des Spinto -Sopranfachs – zum Beispiel die „Trovatore“-Leonora, die sie erstmals live Ende November unter Daniel Barenboim am Berliner Schiller-Theater singen wird. Für die nobel kühle, hier in ihrer großen Arie fast ein wenig zu tintodunkel gesungene Königin Elisabetta aus dem „Don Carlo“ wie auch für die fast grell sich in ihrem Bolero kurz vor dem Massenmord-Ende nach Leben verzehrende Herzogin Elena der „Vespri Siciliani“ gibt es noch keine fixierten Auftrittsdaten. Freilich aber für eine andere Oper, deren Wahl hier sicher am Ungewöhnlichsten anmutet: Verdis „Macbeth“ mit seiner das Morddrama vorantreibenden, am Ende wahnsinnigen Lady. Eine Lady, der Anna Netrebko dennoch einen Rest an menschlichem Gefühl zugestehen will, die gerade wegen dieses emphatischen Umnachtetseins zugleich eine der gestalterisch differenziertesten Soloszenen der ganzen Literatur ist. Und über die Verdi gesagt hat: „Ich möchte die Lady hässlich und böse, ich möchte für die Lady eine raue, erstickte, dumpfe Stimme.“ Generationen von Sängerinnen haben versucht, diesen folgenschweren ästhetischen Vorgaben Genüge zu tun – die aber nur metaphorisch zu verstehen sind. Die Netrebko – im Verein mit ihrem bewährten DirigentenBegleiter Gianandrea Noseda sowie dem idiomatisch, aber ein wenig kraftlos klingenden Turiner Opernorchester – schwärzt also ihre Stimme, macht sie dumpf, lässt sie flackern. Und weichzeichnet so auch ein wenig. Da ist ein großes, ehrliches, gestalterisches Bemühen zu hören, doch an die in Weißglut flackernden, auf der Bühne erprobten Attacken einer Maria Callas darf man dabei nicht denken. Bei den nächsten Münchner Opernfestspielen wird Anna Netrebko diese Partie auch auf der Bühne verkörpern. Eine deutsche Operettenrolle zu Silvester 2015 könnte den Weg bereiten für die für 2016 in Dresden unter Christian Thielemann avisierte „Lohengrin“Elsa als erstem Wagner-Versuch. Und dann stehen auch noch Norma und Puccinis deutlich dramatischere Manon im Kalender. Alles Rollen, die auch als Frauen handeln, sich nicht nur passiv treiben lassen. Zur Saisoneröffnung in New York steht Netrebko (nach dem erfolgreichen WienDebüt) ein zweites Mal als Tschaikowskis Tatjana auf der Bühne. Gleichzeitig deutet die Repertoireauswahl bei ihrem bald auf DVD erscheinenden Konzert auf dem Roten Platz auf die Eroberung des Verismo-Fachs. Und auch auf dem französischen Ter rain ist 2014 mit der Gounod-Margarethe eine Novität geplant. „Ich möchte die Lady hässlich und böse, ich möchte für die Lady eine raue, erstickte, dumpfe Stimme.“ G. Verdi Die Netrebko ist fleißig und klug, sie weiß genau: Wer an der Spitze bleiben will, muss sich wandeln, muss die Stimme frisch halten, sie füttern, sie aber auch mit Lebenserfahrung anreichern. Genau das ist Anna Netrebko auf ihrer neuen, im Elegischen schwelgenden, dabei kraftvoll zupackenden CD gelungen. Neu erschienen: Anna Netrebko: Verdi (mit Noseda, Orchestra Teatro Regio Torino), DG/ Universal Abonnenten-CD: Track 1 Die nächsten Auftritte: 29.11.,04./07./11./15./19./22.12. Berlin, Staatsoper im Schillertheater (Leonora, „Trovatore“) 02./05./10.05.2014 Wien (A), Staatsoper (Margharete, „Faust“) Schwerere Stimme, wunderschöne Linien Rondo: Sie bringen – pünktlich zum Jubiläumsjahr – erstmals ein Album heraus, das ausschließlich Verdi-Partien enthält. Wie liegen Ihnen diese Rollen stimmlich? Anna Netrebko: Verdi zu singen ist immer schwierig. Es bedarf viel Vorbereitung, einer guten Technik, Atemkontrolle und so weiter – und natürlich muss man ein paar grundsätzliche Regeln beherzigen. Aber wenn man all das hat, dann ist Verdi eigentlich gut für die Stimme. Seine Musik hält sie in Form. Denn wenn die Stimme nicht in Form ist, wird man gar nicht in der Lage sein, die Aufführung zu Ende zu singen. (lacht) Was ist es, das Sie persönlich an Verdis Musik so sehr schätzen? Diese Musik ist so voll von ganz unterschiedlichen Emotionen, von unendlich langen, wunderschönen Linien, Strettas, seine Tempi – unglaublich! Es ist ein außergewöhnliches Vergnügen für jeden Sänger, diese Musik zu singen. Was sind denn andererseits die Schwierigkeiten, die sich in Verdis Partien stellen? Man braucht eine etwas schwerere Stimme als zum Beispiel für Belcanto oder Mozart, und natürlich den entsprechend großen Stimmumfang. Außerdem muss man in der Lage sein, mit seinem Piano und Staccato umzugehen, Agilität und Flexibilität kontinuierlich auf hohem Niveau zu halten. Und das alles kombiniert mit einem schweren, massiven Klang, der sich gegenüber dem Orchester und manchmal noch dazu gegenüber dem Chor durchsetzen muss. Das fordert einem schon einiges ab. Besteht ein Unterschied, ob man eine Rolle für die Bühne erarbeitet oder für eine Aufnahme? Die „Wahnsinnsszene“ der Lady Macbeth für das Album aufzunehmen, war sehr schwierig. Ich habe sie bereits im Juli 2012 einmal gemacht, aber ich mochte das Ergebnis überhaupt nicht. Irgendetwas fehlte. Es hat mich einfach nicht berührt. Also habe ich mir ein paar Monate Auszeit genommen, um darüber nachzudenken. Nach einem halben Jahr habe ich es noch einmal aufgenommen und diesmal stimmte es. Auf der Bühne ist es einfacher, denn die Bewegungen und die Bühne selbst, auch wenn sie minimalistisch und ganz verrückt ist, hilft einem, und auch der Partner trägt eine Menge bei. Das Interview führte Oda Tischewski. 7 Verdi-CD-Neuheiten Jubeljahr oder Magerquark? Quantitativ könnte die CD-Ausbeute einen Nachschlag vertragen, qualitativ aber darf man mehr als zufrieden sein. Von M ic h a e l Blü m k e B is vor wenigen Wochen hätte man glauben können, 2013 wäre ausschließlich ein WagnerJahr. Doch jetzt trudeln nach und nach die ersten Verdi-Neuheiten ein. Bei den Opern allerdings herrscht nach wie vor Stille. Lediglich von der „Messa da Requiem“ (Decca/Universa) ist uns eine neue Aufnahme ver- 8 gönnt. Die aber hat es in sich. In dem M a il ä n d e r Live-Mit schnitt vom August vergangenen Jahres sorgt ein inspirierter Daniel Barenboim ebenso für aufwühlende Drama tik wie für delikate Innigkeit. Vier großartige Solisten (Anja Harteros, Elīna Garanča, Jonas Kaufmann, René Pape) singen und gestalten wunderbar differenziert, ziehen also nicht wie oft üblich eine Vokal-Show ab, sondern liefern das beeindruckendste Requiem seit 30 Jahren. Auch Chor und Orchester der Scala leisten ganze Arbeit. Exemplarisch! Ansonsten muss man mit Arienprogrammen vorlieb neh men. Und da scheinen die Tenöre die Alleinherrschaft für sich proklamieren zu wollen. Nur eine weibliche Stimme ist in diesem Männerchor zu vernehmen: Anna Netrebko präsentiert nach fünf Jahren wieder einmal eine SoloCD. Die hervorragend gelungen ist, auch wenn man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Auswahl nach Marketingstrategischen Erwägungen getroffen wurde. Unter den fünf Partien finden sich nämlich drei, in denen die Sopranistin dem nächst de bütieren wird. Was nichts an der Qualität ändert. Ihre Lady Macbeth, mit der sie „Verdi“ (DG/Universal) eröffnet, ist eine Wucht. Schon beim Lesen des Briefes in der Auftrittsszene horcht man auf, doch fas ziniert Ne trebko in allen drei Lady-Arien (nur das Brindisi aus dem zweiten Akt wurde ausgespart) mit ungeheurer Leiden schaftlich keit. Nach dieser Intensität gleich zu Beginn haben es die anderen Ausschnitte Foto: Decca/Marco Brescia Das beste Requiem seit 30 Jahren: Harteros, Barenboim, Kaufmann und Pape in der Scala. schwer mitzuhalten, aber bis auf eine etwas schwächere Trou badour-Leonora bieten alle ein hohes Niveau. AbonnentenCD: Track 1 Neben der Russin sind es drei Tenöre und ein ehemaliger, die eine Hommage zum Verdi-Jahr beisteuern. Plácido Domingo verlegt sich seit einigen Jahren auf Baritonrollen und hat folgerichtig ein Album mit den tiefer gelegten Verdi-Helden aufgenom men. Leider ist „Domingo Verdi“ (Sony) aber nur eingefleischten Fans zu emp fehlen. Zu müde und leiernd klingt die Stimme, auch bereiten ihm mittlerweile selbst Baritonhöhen unüberhörbare Schwierigkeiten. Sehr erfreulich hingegen Rolando Villazón, der seit seiner schweren Stimmkrise nie besser war als auf „Villazón Verdi“ (DG/ Universal), wo er auch mit frühen Arien und Liedern zu hören ist. Ein wahres Juwel ist Jonas Kaufmanns Debüt beim neuen Label, „The Verdi Album“ (Sony) ist exzellent gesungen und textlich sorgfältigst gestaltet. Abonnenten-CD: Track 13 Bleibt noch die derzeit prächtigste Tenorstimme im italienischen Fach, die eine Tophöhe mit dem nötigen Squillo vereint, ihren Besitzer Piotr Beczala hier aber auch des Öfteren zum Angeben verleitet („Verdi“, Orfeo). Wer wissen möchte, wie man Verdi früher gesungen hat, wird in der „Singers“-Reihe von Sony fündig. Dort wurde dankenswerterweise ein ganzer Stapel von Recitals wiederveröffentlicht, die ohne Einschränkungen zu empfehlen sind. Auch die FrauenQuote fällt mit sechs Sopranen gegenüber zwei Tenören und einem Bariton deutlich höher aus als bei den aktuellen Neuheiten. Das älteste Album datiert aus den frühen 50er-Jahren und macht mit einer der großen Met-Primadonnen bekannt, die in Europa allerdings nie so richtig bekannt wurde: Eleanor Steber („Verdi Heroines“). Aus dieser Zeit stammt auch die Arien-Auswahl mit Leonard War ren, einer der üppigsten, sonorsten Bariton-Stimmen überhaupt („Verdi Baritone Arias“). Ein ähnliches Schicksal wie Steber war auch Eileen Farrell beschieden, die in den USA ein echter Star war, deren Name bei uns aber bis heute nur Eingeweihten ein Begriff ist – sehr zu Unrecht, denn ihren enorm voluminösen, dabei stets flexiblen dramatischen Sopran sollte man gehört haben („Verdi Arias“). Zusammen mit Richard Tucker hat sie 1961 auch fünf Duet te aus späten Ve rd i - O p e r n aufgen omm en („Great Duets From Verdi Operas“). Doch hat Tucker drei Jahre danach auch eine eigene Platte eingespielt („Richard Tucker Sings Arias From Ten Verdi Operas“). Ein ganz besonderes und unbedingt hörenswertes Schmankerl ist mit Anna Moffos „A Verdi Collaboration“ nach sehr langer Zeit wieder erhältlich. Auf die weniger bekannten Arien hat sich Montserrat Caballé 1967 in bestechender vokaler Verfassung konzentriert („Verdi Rarities“). Bei Leontyne Price sind es dagegen A u s s c h n i tt e aus populären Opern („Verdi Heroines“), die da auf zwei CDs – auch aus Gesamtaufnahmen – zusammengestellt sind. 1974 brachte Renata Scotto ein Verdi-Album heraus, auf dem sie mit der ihr eigenen Hingabe überzeugt („Renata Scotto Sings Verdi“). Letzter in diesem illustren Kreise ist Luciano Pavarotti, der Ende der 70er-Jahre bravourös geratene Ersteinspielungen von einem halben Dutzend Alternativarien vorlegte („Premieres“). 9 BASF-KULTURPROGRAMM 2013/2014 Höhepunkte LYNN HARRELL Violoncello 02.10.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Pavel Gililov, Klavier FRANK PETER ZIMMERMANN Violine 28./29.10.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Dt. Staatsphilharmonie RLP I Karl-Heinz Steffens, Dirigent ENJOY JAZZ MICHAEL WOLLNY QUARTET 30.10.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU ENJOY JAZZ: DEUTSCHLANDPREMIERE E.S.T. SYMPHONY ORCHESTRAL MUSIC OF THE ESBJÖRN SVENSSON TRIO 03.11.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Rheinische Philharmonie Koblenz MARIZA: „WORLD TOUR 2013“ 22.11.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU PROGRAMMPREMIERE LISA BATIASHVILI Violine 27.11.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU François Leleux, Oboe I Sebastian Klinger, Violoncello I Peter Kofler, Cembalo DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG I CAMERISTI DELLA SCALA DI MILANO 11.12.2013 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU SOL GABETTA Violoncello 21.01.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Bertrand Chamayou, Klavier CHILLY GONZALES: „PIANO TALK SHOW W/QUINTET“ 26.01.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU VIKTORIA MULLOVA Violine 05.02.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Paolo Giacometti, Hammerklavier MIKLÓS PERÉNYi Violoncello 20.02.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Benjamin Perényl, Klavier GRIGORY SOKOLOV Klavier 20.03.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU MISCHA MAISKY Violoncello 25.03.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Prague Philharmonia I Aldo Sisillo, Dirigent RAFAŁ BLECHACZ Klavier 10.04.2014 I 20 Uhr I BASF-Feierabendhaus, LU Das Programmheft und Tickets erhalten Sie unter Tel. 0621-60 99911, an allen eventim-VVK-Stellen oder unter www.basf.de/kultur Gassenhauer-Trio Klassischer Ohrwurm Mit dem Trio Mönkemeyer, Hornung und Rimmer widmen sich drei passionierte Kammermusiker der Kunst der Bearbeitung. Von Tobi a s H e l l D as Wort „Gassenhauer“ kennt man seit dem 16. Jahrhundert, doch auch davor gab es natürlich bereits Melodien, die so einprägsam waren, dass sie auf allen Gassen und Straßen von den Menschen gesungen oder von anderen Musikern aufgegriffen wurden. Im 10 Laufe der Musikgeschichte finden sich zahlreiche Variationen und Fantasien, mit denen Komponisten den Melodien ihrer großen Vorgänger gehuldigt und ihnen teilweise zu noch größerer Popularität verholfen haben. Musikalischer Ausgangspunkt und Namensgeber für das erste gemeinsame Album des Trios Nils Mönkemeyer, Maximilian Hornung und Nicholas Rimmer war dabei Beethovens „Gassenhauer-Trio“, das auch bei der bevorstehenden Tournee im Zentrum steht. „Die Live-Konzerte haben dann aber doch eine etwas andere Dramaturgie. Was die Auswahl und Reihenfolge angeht, folgt eine CD nämlich ganz anderen Gesetzen.“ Was für Cellist Maximilian Hornung nicht von Nachteil sein muss. „Das ist einfach eine ganz eigene Kunst und vor dem Mikro kann man sich Feinheiten erlauben, die live eventuell untergehen. Eines aber haben Studio- und Live-Aufnahmen gemeinsam: Es sind beide Momentaufnahmen.“ Ein Moment, dem aber auch in diesem Fall natürlich eine wochenlange Vorbereitung vorausging. „Die Besetzung mit Bratsche, Cello und Klavier ist schon ziemlich ungewöhnlich“, wie Hornung einräumt. „Deshalb gibt es natürlich wenige Originalwerke, auf unserer CD eigentlich nur die ‚Meditazione’ von Riccardo Drigo. Der Rest sind meist Bearbeitungen und in dieser Konstellation alles Ersteinspielungen.“ Versionen, die es zum Teil schon gab, die aber oft auch vom Trio selbst während der ge- Foto: wildundleise Maximilian Hornung, Nils Mönkemeyer und Nicholas Rimmer meinsamen Probenarbeit erstellt wurden. Ein zu einseitig. Wir haben mehr in Richtung Prozess, der für Nils Mönkemeyer mit einen Melodie gedacht und uns nicht auf Arien Reiz dieses Programms ausmacht: „Dadurch, beschränkt. Unser Bogen spannt sich desdass einen die Besetzung dazu zwingt, etwas halb von Beethoven über einen von Dvořáks außerhalb des Gewöhnlichen zu denken, war ‚Slawischen Tänzen‘ bis hin zu ‚Musica proibita‘, der Ansatz von Anfang an, nicht nach der das einer der großen Hits von Caruso war. Da Besetzung zu gehen, sondern wirklich zu ist einiges dabei, was man in einem kammerschauen, welche Stücke interessieren uns musikalischen Zusammenhang nicht erund welche davon passen wartet. Die Besetzung ist zusammen. Wir wollten ja, wenn man so sagen sozusagen aus der Not will, Hardcore-Kammereine Tugend machen und musik. Ganz im Gegensatz nicht nur die Stücke auf- Den Beinamen „Gassenhauerzu den Stücken. Das ist für nehmen, die jeder er- Trio“ verdankt Beethovens Opus mich eine sehr reizvolle wartet, sondern eher ver- 11 seinem dritten Satz, für dessen Kombination, weil die suchen, das Spektrum zu Melodien so in ein neues Variationen der Komponist auf erweitern.“ Wobei durch- populäre Themen aus der 1797 urFormat übersetzt werden. aus nicht jedes Stück der Mein persönliches Liebaufgeführten Oper „Il corsaro ursprünglichen Wunsch- ossia L’amor marinaro“ („Der lingsstück ist da übrigens liste auch Eingang in die das ‚Hänsel und Gretel‘Korsar oder Die Liebe unter SeeCD gefunden hat. „Eine Potpourri.“ Speziell hier leuten“) von Joseph Weigl zurückBearbeitung macht nur war bei seinem Kollegen griff. Insgesamt schrieb der dann Sinn, wenn es dem Maximilian Hornung dann Salieri-Schüler Weigl, der zu Werk eine neue Gestalt aber zunächst doch noch Beginn seiner Karriere unter gibt, eine andere Färbung, anderem Mozart bei der Uraufetwas Überzeugungsarbeit die das Ganze neu be- führung von „Le nozze di Figaro“ zu leisten. „Im ersten leuchtet. Also nicht ein- assistierte, knapp drei Dutzend Moment war ich da sehr fach bei einem Klavier- Opern und Singspiele, die heute skeptisch, aber es hat dann trio die Geige für mich auf unglaublich Spaß gemacht, weitgehend in Vergessenheit geBratsche umschreiben. das Stück einzustudieren. raten sind. Damals jedoch konnte Da wollten wir dann doch Einfach, weil es in dem Weigl bei seiner Bewerbung für die einen Schritt weiter gehen.“ Stelle als Hofkapellmeister selbst Arrangement ein ganz Neben dem „Gassen- den jungen Konkurrenten Franz neues Gesicht bekommt. hauer-Trio“, das auf Es gibt dafür ja kein VorSchubert ausstechen. Melodien einer einst überbild. Deshalb mussten wir aus populären Oper befür alle Stücke unseren ruht, findet sich auf der CD unter anderem eigenen Klang finden, und das war ein unauch Hummels Fantasie über ein Thema aus glaublich spannender Prozess für uns alle.“ „Don Giovanni“. Ein reines Opernprogramm Auch, wenn sie hier zum ersten Mal als aber wäre für Mönkemeyer dennoch nicht in Trio in Erscheinung treten, gibt es zwischen Frage gekommen. „Das schien uns dann doch Nils Mönkemeyer und seinen beiden Mit- Schifferklavier streitern schon länger bestehende Freundschaften, die im Aufnahmestudio für eine ebenso entspannte wie kreative Atmosphäre gesorgt haben. „Das Klaviertrio ist von vorn herein eine sehr solistisch ausgerichtete Form der Kammermusik. Und die Idee, zu sagen, wir sind Solisten und machen hier etwas zusammen, das kam in diesem Projekt sehr schön raus. Ich finde es gut, dass wir Stücke gemacht haben, mit denen man sehr frei umgehen kann und wo auch diese Spontaneität, die wir auf den Proben entwickelt haben, zum Tragen kommt und eine ganz eigene Qualität wird.“ Denn beim Anspruch an ihre „Gassenhauer“ sind sich Hornung und Mönkemeyer einig. „Es sollte eine CD werden, die Spaß macht und hoffentlich vielen Leuten gefallen wird! Aber bei allem Spaß, den wir im Studio hatten, nehmen wir das, was wir machen, natürlich trotzdem sehr ernst und versuchen als Trio immer gemeinsam das Beste herauszuholen. Und so lange das der Fall ist, kann man eigentlich alles spielen.“ Neu erschienen: Gassenhauer (Werke von Beethoven, Brahms, Hummel, Glazunow, Drigo u.a.) - Sony Abonnenten-CD: Track 2 Trio Mönkemeyer-Hornung-Rimmer im Konzert: 14.10. Köln, Philharmonie 17.10. Mönchengladbach, Kaiser-FriedrichHalle 18.10. Wiesloch, Palatin 19.10. München, Allerheiligenhofkirche 22.10. Freiburg, Historisches Kaufhaus 30.10. Wien (A), Musikverein 01.11. Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal CLAIRE HUANGCI »The Sleeping Beauty« TSCHAIKOWSKY PROKOFJEW Ballett-Transkriptionen für Klavier Claire Huangci, amerikanische Pianistin mit chinesischen Wurzeln, lässt auf ihrer Debüt-CD virtuose Ballett-Transkriptionen in allen erdenklichen Farben neu erstrahlen: Mal raffiniert und behände, mal kraftvoll und doch mühelos belebt sie Klavierrepertoire, dessen allbekannte Melodien man hier wieder neu entdeckt. JETZT IM HANDEL SOWIE ALS DOWNLOAD ERHÄLTLICH. 1 CD: 0300530BC 1 CD: 0300548BC · 2 LP: 0300562BC Herausragende Debüts bei Berlin Classics FELIX KLIESER CHRISTOF KEYMER »Reveries« Romantische Musik für Horn und Klavier Felix Klieser ist ohne Arme geboren und beherrscht sein Instrument mit den Füßen. Als einer der besten Hornisten der Welt schafft er zusammen mit dem Pianisten Christof Keymer reizvolle Stimmungsbilder romantischer Werke aus Russland, Frankreich und Deutschland. 11 Weitere Informationen und den Katalog erhalten Sie bei: Edel Germany GmbH, Hamburg · Telefon (040) 89 08 53 13 · www.edelclassics.de Rundfunkchor Berlin Luther statt Lena Simon Halsey und der Rundfunkchor Berlin wollen deutschen Choralgesang wettbewerbsfähig machen. Von C a r s t e n N i e m a n n N Deutschland übernommen hat? Der englische icole und Lena in Ehren – aber Chordirigent Sir Simon Halsey will es nicht der erfolgreichste deutsche bei diesen Fragen belassen. Mit dem RundLiedermacher ist noch immer funkchor Berlin, den er seit 2001 leitet, hat Martin Luther. Lieder wie „Ein feste Burg ist unser Gott“ werden schließ- er darum nun eine eigene CD mit Kirchenliedern und Chorälen auf den lukrativen Markt lich noch heute täglich in aller Welt gesungen. Umso merkwürdiger, dass Kirchenlieder und Choräle hierzulande in der öffentlichen Wahrnehmung nur eine vergleichsweise geringe Rolle spielen. Ganz anders ist die Situation in England, wo das Singen von Chorälen geradezu Volkssport- Seine Popularität verdankt der geistliche Chorcharakter besitzt und auch in den gesang in England in besonderem Maße dem „Choral Medien entsprechend präsent ist: So Evensong“: Es handelt sich dabei um eine abendliche bietet die BBC zur besten Sendezeit Gottesdienstform der anglikanischen Kirche, die im 16. ihre „Songs of Praise“ an und auch Jahrhundert von den alten Stundengebeten abgeleitet das dritte Radioprogramm erreicht wurde. Sie wird hauptsächlich vom Chor getragen, mit seinem zwei Mal in der Woche schließt aber auch Kirchenlieder ein. Seit 1926 überausgestrahlten „Choral Evensong“ trägt die BBC in ihrem Radioprogramm mindestens ein Millionenpublikum. ein Mal wöchentlich einen „Choral Evensong“ aus Ließe sich dies nicht auch auf wechselnden Kirchen: Es handelt sich damit um die am Deutschland übertragen? Zumal längsten ohne Unterbrechung bestehende Sendung doch auch das englische Repertoire des Königreiches. In den letzten Jahren bieten auch seit Luther zu einem großen Pro- zunehmend deutsche Kirchen „Choral Evensongs“ an – zentsatz Melodien und Texte aus so der Kölner Dom und die Rostocker Marienkirche. Vorbild Choral Evensong 12 geworfen. Ein dreiköpfiges Team suchte 19 der beliebtesten Choräle aus, wobei man auf eine Balance zwischen traditionellen und neuen Sätzen sowie protestantischen und katholischen Liedern achtete und auch Choräle der Nachbarländer in die Auswahl einbezog. Ganz risikolos ist das Unterfangen nicht: Mit seinem an christliche Kalender erinnernden Cover und der gelegentlichen Harfenbegleitung, die etwas von der Süße deutscher Exportweine in den hochwertigen Chorklang mischt, scheint das Album auf den ersten Blick nicht ganz zu dem Motto zu passen, mit dem Halsey sein Amt antrat. Dieses Motto nennt sich „Broadening the scope of choral Music“ und beschreibt das Ziel, die professionelle Chorarbeit in Inhalt, Formaten und Erscheinungsbild zu erweitern. Wie Spitzenorchester sollen auch Rundfunkchöre als moderne Klangkörper mit eigenem Profil und eigenen Themen wahrgenommen und die Barrieren zum breiten Publikum abgebaut werden. Halbszenische Aufführungen an ungewöhnlichen Orten, bei denen sich der Chor unter das Publikum mischt, Mitsingkonzerte oder Jugendarbeit gehören inzwischen ebenso selbstverständlich zum Aufgabengebiet des Chors wie Workshops mit dem sogenannten „LeaderChor“, bei dem Führungskräfte Prinzipien der Arbeit im Chor auf das wirtschaftliche und soziale Arbeitsleben zu übertragen lernen. Doch noch immer, so betont Halsey, hätten Rundfunkchöre die Aufgabe, ein breites Spektrum von Musik abzudecken – und dabei immer auch im Vergleich mit spezialisierten freiberuflichen Chören zu bestehen: „Vor vierzig Jahren klang Brahms wie Schütz und Schütz wie Tallis. Das geht heute nicht: Wir müssen jede Woche Spezialisten sein.“ Da tut es gut, sich mit Chorälen auf „die Basis unserer Musikkultur“ zu besinnen. „Wir haben vergleichsweise wenige Tage für die Aufnahme gebraucht“, sagt Halsey, „aber danach war der Chor besser als zuvor.“ Was auch mit den Liedern selbst zu tun habe: „Sie sind schlicht, aber nicht simpel, sie sind eingängig, aber nicht billig und die Texte sind oft fantastisch prägnant.“ Welche Herausforderung darin steckt, dieser Schlichtheit mit der richtigen Balance aus Emotion und Understatement, technischer Präzision und Natürlichkeit gerecht zu werden, weiß Halsey schon aus seiner Zeit als Mitglied des King’s College Cambridge. Mit den anderen Universitätschören der Stadt habe man sich geradezu einen musikalischen Wettbewerb auf hohem Niveau geliefert. Halsey illustriert es, indem er auf die Uhr blickt: „Es ist jetzt 18 Uhr in England. Und es ist Samstag. Das heißt King’s College Evensong ist kurz vor dem Ende, St. John’s beginnt gleich und Trinity ist halb durch. Das bedeutet, wenn wir King’s in zehn Minuten verlassen, bekommen wir noch den Anfang von St. John’s mit … Und die entscheidende Frage ist natürlich: Wer sang am besten „Nun danket alle Gott“? Eine Frage, an der sich Halsey auch heute noch gerne messen lassen möchte. Kastratenarien Caffarinelli! K astrierte Opernstars sind zwar seit mehr als zwei Jahrhunderten passé. Doch ihr Erbe lebt mehr denn je in den naturbegabten Hochtönern weiter. Und obwohl der Countertenor-Boom sich auch im Repertoire niedergeschlagen hat, sind die bekannten Arien weiterhin nur die Spitze des Eisbergs. Denn der Franzose Philippe Jaroussky und der Australier David Hansen haben selbst bei dem vielfach porträtierten Farinelli noch unentdeckte Seiten aufspüren können. Dem Argentinier Franco Fagioli ist im Fall von Caffarelli gar eine Pionierleistung gelungen: „Es gibt keine Aufnahme, die ausschließlich diesem Sänger gewidmet wurde.“ Nun hat sich Caffarelli, der wie der um fünf Jahre ältere Farinelli an der apulischen Stiefelferse geboren wurde, immerhin mit Händels „Ombra mai fù“ in die ewige Barock-Hitliste eingetragen. Aber darüber hinaus konnte Fagioli seine Caffarelli-Hommage fast vollständig mit Weltersteinspielungen von Hasse über Leonardo Leo bis Pergolesi spicken. Und natürlich fehlt auch eine Arie von Nicola Porpora nicht, der der Lehrer von Caffarelli und Farinelli gewesen ist. Dem ‚Schöpfer‘ Farinellis hat Philippe Jaroussky gleich ein ganzes Album gewidmet: „Seine Kompositionen sind im klassischen neapolitanischen Stil gehalten und von einem Charme geprägt, der das Publikum sofort ansprach. Außerdem hatte er ein Ass im Ärmel: Farinelli.“ Bei den Arien aus Porpora-Opern hat Jaroussky zudem gar zwei Mal prominente Verstärkung durch seine künstlerische Geistesschwester Cecilia Bartoli bekommen. Diese Mezzo-Nachtigall stand insgeheim auch Pate für die Dramaturgie des Albums „Rivals“, mit dem sich David Hansen auf die Spuren Farinellis und seiner Konkurrenten gemacht hat. „Ich habe mich bei der Auswahl an den sorgfältig gestalteten, abwechslungsreichen Programmen von Bartoli orientiert“, so Hansen über seine Debüt-CD. Und dabei bietet auch er eine wahre Wundertüte an Weltersteinspielungen. Die berühmte Arie „Son qual nave“ von Farinellis Bruder Riccardo Broschi kommt zum Beispiel erstmals mit all den authentischen Auszierungen und Koloraturen des einstigen Superstars wieder zu Gehör. Guido Fischer Neu erschienen: Arias For Caffarelli (Fagioli, Minasi, Ensemble Il Pomo d’oro), naïve/Indigo Abonnenten-CD: Track 5 Farinelli – Porpora Arias (Jaroussky, Marcon, Venice Baroque Orchestra), Erato/Warner Abonnenten-CD: Track 7 Rivals – Arias For Farinelli & Co. (Hansen, De Marchi, Academia Montis Regalis), dhm/Sony Abonnenten-CD: Track 15 Neu erschienen: Morgenlicht (Kirchenlieder und Choräle), Deutsche Grammophon/Universal Abonnenten-CD: Track 17 13 Igor Levit „Jahrhundertpianist“ mit 26 Sein Beethoven ist schlank und drahtig. Igor Levit selbst ist die Antwort darauf, warum es kaum übergewichtige Pianisten gibt. Von Robe rt F r au n hol z e r 14 ersten Klavierunterricht von seiner Mutter erhalten, einer Opern-Korrepetitorin. Deren Lehrerin Berta Marantz hatte bei Heinrich Neuhaus, dem Lehrer von Swjatoslaw Richter und Emil Gilels, gelernt. „Die diplomatische Antwort, ob es etwas Russisches in meinem Spiel gibt, lautet: vielleicht“, so Levit. „Die ehrliche Antwort lautet: Ich weiß es nicht.“ Sein Spiel zeugt von Strukturbewusstsein, von Reserven und von Kantabilität ohne Sentimentalität. Kein Rubato-Schinder. Kein Gefühls-Bademeister. Sondern ein auf Willenskraft und Langstreckenkünste geeichter Marathon-Spieler. Der nicht zufällig Beethovens endlose DiabelliVariationen als sein Erkennungsstück wählte. Schon als er 15 war, gab ihm sein zweiter Lehrer, Karl-Heinz Kämmerling, den späten Beethoven in die Hand. Seine Solistenkarriere begann mit vier Jahren, das Debüt mit Orchester folgte mit sechs. „Wer das auf Youtube stellt, kriegt´s mit mir zu tun!“, lacht er. „Für Kontaktlinsen bin ich zu eitel“, so Levit außerdem. Er gibt zu, dass er zwar Noten ohne Brille lesen kann – aber das Publikum nicht gerade scharf sieht, wenn er auftritt. Noch etwas: „Ich habe 32 Kilo abgenommen“, so Levit. In soliden eineinhalb Jahren. Dank Schwimmen, Fahrrad, Fitness, Inline-Skating. Sogar Boxen! „Es hat alles verändert!“, so Levit über den Gewichtsverlust. „Im Sitz. Im Gefühl. Im Bewusstsein für den Anschlag.“ Denn der Anschlag, so Levit, hänge vom Sitz ab. So liefert die Radikal-Diät des Igor Levit nebenbei eine Erklärung dafür, warum es in der Geschichte des Klaviers so wenig übergewichtige Pianisten gab. Außer Lazar Berman und Yefim Bronfman fallen einem nicht viele ein. Auch das Rätsel um den fehlenden Bauch des Pianisten ist also gelöst. Und Levit spielt seinen Beethoven lieber drahtig, energetisch – und schlank. Neu erschienen: Beethoven, Späte Sonaten (Igor Levit), Sony Abonnenten-CD: Track 4 Die nächsten Konzerte: 02.09. Schwarzenberg (A), Schubertiade 04.09. Stuttgart, Liederhalle 22.09. Solingen, Kunstmuseum 25.09. Grünwald/ München, August Everding Saal 06.10. Essen, Philharmonie 08.10. Hohenems (A), Schubertiade 20.10. München, Prinzregententheater 28.10. Heidenheim, Waldorfschule 04.11. Münster, Hörsaal/Universität 05.11. Bielefeld, Oetkerhalle 07.11. Hannover 18.11. Frankfurt, Alte Oper 03.12. Berlin, Philharmonie 13.12. Köln, Philharmonie Foto: Felix Broede H ammerklavier-Sonate abwärts?! Das ist ja wirklich ein Hammer. Aus „natürlicher Unbescheidenheit“, so Igor Levit, habe er die fünf letzten Beethoven-Sonaten für sein Sony-Debüt ausgewählt. Er weiß, was er zu verlieren hat. Denn schon mit Anfang 20 wurde dieser Pianist von Eleonore Büning als „Jahrhundertpianist“ angepriesen. Er verdankt das dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull. Als dieser im März 2010 ausbrach und den Flugverkehr auf internationalen Routen blockierte, befand sich Levit in Jinan/ China. Er kam nicht raus. ‚Wenn ich schon da bin, kann ich auch weitere Konzerte geben’, sagte er sich. Besagte Journalistin saß gleichfalls fest und besuchte ein Konzert nach dem andern. „Dieser junge Mann hat nicht nur das Zeug, einer der großen Pianisten dieses Jahrhunderts zu werden“, schrieb sie anschließend in der Frankfurter Allgemeinen. „Er ist es schon.“ Der Jungspund mit der Harold Lloyd-Brille, lachlustig und kraftmeierisch unbeschwert, ist heute 26 Jahre alt, wirkt indes reifer. Seine Herkunft aus dem lieblichen Nischni Nowgorod (ehemals Gorki), wo sich Oka und Wolga gute Nacht sagen, weist ihn als echten Russen aus. Die Familie verließ Russland 1995. Ausbildungsgründe sprachen für Hannover, dort fand Levit seinen Klavierlehrer Vladimir Krainev. Schon im Alter von drei Jahren hatte er rondomagazin.de Geografie des Konzertlebens sich in die Landkarte hinein bis auf Straßenniveau zoomen und auf musikalische Entdeckungsreise gehen. Kleine Stecker zeigen, farblich nach Sparten sortiert, alle auf rondomagazin. de erfassten Termine an. Ein Klick darauf öffnet eine Übersicht für den jeweiligen Konzertort oder das Opernhaus. Außerdem weisen unsere Termintipps unterhalb des Kartentools auf die kommenden KonzertHöhepunkte Ihrer Musiker hin. Apropos „Musiker“: Nicht nur per Suche im Künstlerbereich, auch per Mausklick auf einen der Interpretennamen in Rezensionen erhalten Sie nun sofortigen Überblick über alle Tourdaten, Interviews und weiteren CD-Kritiken des jeweiligen Künstlers. Probieren Sie’s mal aus! ch Isabelle Faust spielt Béla Bartók © Bertrand Séchet Während uns die SommerFestivals noch in Atem halten, hat die RONDO-Redaktion im Hintergrund die Website weiter ausgebaut. Pünktlich zum Start der neuen Konzertsaison gibt es nun im Terminbereich einige neue Features zu entdecken: Ein kleines Kalendersymbol hinter dem Datum Ihrer Wahl öffnet in Zukunft auf Klick eine Erinnerung an den Wunschtermin für Ihren Kalender auf Mac oder PC. So haben Sie Ihre Konzert- und Opern-Highlights immer auf dem Schirm. Zusätzlich reicht nun schon ein Klick auf den Städtenamen dahinter und Sie erhalten eine Übersicht aller dort stattfindenden Termine. Noch leichter geht die geografische Terminsuche aber im neuen Kartentool, das sich auf Wunsch auch bildschirmfüllend anzeigen lässt: Mit der Maus lässt Die ganze Welt von Klassik und Jazz – auf einen Klick: Das neue Kartentool auf rondomagazin.de erleichtert die Suche 5. 9. Berlin, Philharmonie 16. 10. Wien, Musikverein 08. 11. Dortmund, Konzerthaus HMC 902146 ISABELLE FAUST IM KONZERT VIOLINKONZERTE NR. 1 & 2 SWEDISH RADIO SYMPHONY ORCHESTRA DANIEL HARDING Der außerordentliche Erfolg von Bartóks zweitem Violinkonzert (1937-38) hat den Ruhm des ersten, 30 Jahre zuvor komponierten Werks praktisch in den Schatten gestellt. Das frühere Stück, das erst lange nach dem Tod des Komponisten wiederentdeckt wurde, hat freilich seine ganz eigene, faszinierende Geschichte … Ihrer Gewohnheit treu ist Isabelle Faust den verschiedenen musikalischen Quellen des ersten Konzerts auf den Grund gegangen, „Musik, die direkt aus dem Herzen“ kam, denn Bartók hat darin die Liebesbeziehung zu einer jungen Geigerin verarbeitet. 15 harmoniamundi.com 15 Auch auf Ihrem Smart- und iPhone Schumann Jetzt sank des Abends goldner Schein aus Das Paradies und die Peri Gerhaher, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Harnoncourt; 2005, RCA/Sony Nach zwölf Jahren als gefeierter Figaro und Barock-Sänger bricht Bass-Bariton Luca Pisaroni zu neuen Ufern auf. Von A r n t Cobbe r s Luca Pisaroni hat nicht nur eine wunderbare Stimme – die ihn zu einem der führenden Figaros der letzten Jahre machte, seit er 2001 in dieser Rolle sein Operndebüt gab. Er hat auch ein exzellentes Gehör, wie er beim Blind gehört in einem Proberaum des Salzburger Festspielhauses bewies. Stück und Sänger erkannte der quirlige, jünger als 38 wirkende Italiener jedes Mal nach wenigen Sekunden. Mal hörte er dann noch eine Weile aufmerksam zu, mal sang er animiert mit. Mozart Se vuol ballare, signor Contino aus Le Nozze di Figaro van Dam, Academy of St. Martin in the Fields, Neville Marriner; 1985, Decca/Universal Das ist José van Dam, diese Stimme erkenne ich sofort. Er ist einer meiner Idole wegen der Vielseitigkeit seiner Stimme und der Breite seines Repertoires. Ich habe ihn mal gefragt, wie er es geschafft hat, sowohl Bariton- als auch BassRollen zu singen. Und er hat geantwortet: Ich habe sie einfach 16 mit meiner Stimme gesungen. Das war ein guter Rat. Er hat wirklich alles gemacht. Auch ich bin sehr neugierig als Musiker. Aber ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das deutsche Repertoire singen werde. Für Wagner etwa braucht man eine Stimme, die wie ein Messer durchs große Orchester schneidet. Den Figaro habe ich überall gesungen, bestimmt 150 Mal, nun ist es an der Zeit, zum Grafen zu wechseln, der zwischen Figaro, Leporello und Don Giovanni liegt. Ich sehe eher wie der Graf aus als wie Figaro, sagt man mir – ich sehe das als Kompliment. Hasse D’aspri legato aus I Pellegrini al Sepolcro di Nostro Signore Harvey, Il Seminario Musicale, Lesne; 1997, Virgin/EMI Wo haben Sie das gefunden? Das habe ich vor einigen Jahren hier in Salzburg mit Muti gesungen. Das war meine erste Zusammenarbeit mit ihm. In barocker Stimmung ist diese Arie für einen BassBariton machbar, aber wir haben es in moderner Stimmung gemacht. Erschwerend kam hinzu, dass Muti diese Arie langsamer genommen hat, als Vierertakt, dies hier ist als Zweiertakt gefühlt. Aber ich hätte auch Happy Birthday für ihn gesungen. Ich habe ihn als Kind schon an der Scala erlebt, später war ich oft in den Proben. Wir hatten zwei unglaublich interessante Probentage, er holt einfach das Beste aus allen heraus. Diese Arie ist so schwer! Das ist ein sehr interessantes Stück und sehr modern. Und ich habe es nie wieder gesungen, leider. So ist das eben: Wenn man ein breites Repertoire haben will, macht man viele Dinge ein einziges Mal. Ich habe viel Barock gesungen, weil man am Anfang der Karriere noch vieles herausfinden muss über seine Stimme, seine Technik, das Repertoire. Im Barockrepertoire kann man Fehler machen und beschädigt sich trotzdem nicht die Stimme. Gut, das Publikum leidet vielleicht, aber damals war ich egoistisch genug. (lacht) Ich singe in dieser Saison meine letzte Barockproduktion, dann ist es genug. Ich möchte, dass meine Stimme sich weiterentwickelt. Das ist Christian. Ich liebe diese Aufnahme. Ich habe Das Paradies und die Peri 2007 mit Simon Rattle in Philadelphia gemacht und ich habe meine Partie mit dieser Aufnahme gelernt. Ich war wahnsinnig aufgeregt: meine erste Zusammenarbeit mit Rattle, meine erste Partie auf Deutsch. Ich bewundere Christian. Wenn ich Lieder einstudiere, höre ich mir immer an, wie er es macht. Ich finde es wichtig, andere Sänger zu hören, um den eigenen Geschmack zu schulen und zu sehen, wie sie bestimmte Aufgaben lösen. Und dann findet man seinen eigenen Weg. Christian hat viel mehr als eine schöne Stimme. Man hört seine Gedanken beim Singen. Er benutzt seine Stimme, um zu zeigen, was er über das Stück denkt. Und was ich noch liebe: Er singt unglaublich leicht und natürlich, er spricht in Tönen. Wir machen im Winter die Faust-Szenen in Berlin zusammen, mit Harnoncourt. Seit ich die Bach-Kantaten mit Harnoncourt im Wiener Musikverein gemacht habe – ich als Italiener in Wien! –, seitdem habe ich das Gefühl, ich kann alles machen. Das war wie im Himmel. Christian wird großartig sein als Faust, und ich werde versuchen, der böseste Mephisto überhaupt zu sein. Ich würde gern den Faust singen, aber die Rolle liegt zu hoch für mich. Schubert Das Fischermädchen aus Schwanengesang Prey, Moore; 1971, DG/Universal Ha, das ist Hermann, einer der größten Sänger seiner Generation, den Foto: Marco Borggreve Blind gehört Luca Pisaroni kann man nur bewundern. (prüft es am Klavier nach) Ich singe es einen ganzen Ton tiefer. Die sechs Heine-Lieder sind sehr stark und tragisch und traurig – außer diesem hier. Ich habe mich schon immer zu Liedern hingezogen gefühlt, auch als ich von der deutschen Sprache noch keine Ahnung hatte. Und wenn sie tragisch und traurig sind, umso besser. Ich bin in Busseto aufgewachsen, der Heimatstadt Verdis, und ich war 16 und saß zu Hause und hörte „Ihr Bild“ [aus dem Schwanengesang]! Dieses Drama, diese Tragik, das habe ich geliebt. Lieder sind für mich keine Unterhaltung, sondern ein Mittel, über das Leben nachzudenken. Ich singe mehr und mehr Lieder. Das braucht viel Vorbereitung, aber es ist sehr erfüllend. Da sind nur ich, der Pianist und das Publikum. In wenigen Minuten rüberzubringen, was in dem Stück passiert, was die Vorgeschichte ist und was danach kommt, das ist die Herausforderung. Rossini Credete alle femmine aus Il turco in Italia Pertusi, Bartoli, Orchestra del Teatro alle Scala di Milano, Chailly; 1997, Decca/Universal Das ist das, was ich in den nächsten 15 Jahren singen will. Rossini ist sehr schwer, man braucht Sostenuto und muss trotzdem Koloraturen singen können. So sehr ich grüblerische Lieder mag, so sehr mag ich La Cenerentola – das ist eine gute Balance. Natürlich ist das ein Fest der Stimmen, aber eine Sängerin wie Joyce DiDonato gibt jeder Koloratur einen Inhalt, eine dramaturgische Notwendigkeit, dann wird es spannend … Ich wollte immer ein Tenor sein. Aber dann hat sich meine Stimme geändert und ich war ein BassBariton. Das war kein Spaß. Die Tenöre kriegen immer das Mädchen, nicht die Baritone. Dafür haben wir die interessanteren Rollen. Gerade Verdi hat wunderbare Partien für Baritone geschrieben. Verdi È sogno? o realtà? aus Falstaff Hampson, Berliner Philharmoniker, Abbado; 2001, DG/Universal Das ist mein Schwiegervater, die Aufnahme mit Bryn und Abbado. Falstaff ist eine meiner Lieblingsopern, ich habe sie zum ersten Mal 1993 mit Juan Pons und Muti an der Scala gesehen. Verdi hat sie in hohem Alter komponiert, aber sie ist so voller Energie und lebendig und innovativ. Und ich liebe die Doppelbödigkeit, in dieser Oper steckt so viel drin. Thomas macht das toll hier, muss ich sagen, das ist überhaupt eine großartige Aufnahme. Abbado ist ein Denkmal für mich, ich musste ihm einmal absagen, und das tut mir bis heute leid, ich habe nie mit ihm zusammengearbeitet. Einen so fantastischen Sän gerkollegen als Schwiegervater zu haben, ist wirklich cool. Wir haben unterschiedliche Stimmen und deshalb auch ein anderes Repertoire. Wir vertrauen einander, und jemanden zu haben, dem man vertrauen und der einem einen wirklich guten Rat geben kann, ist viel wert. Man muss sehr aufpassen: Beim Singen geht es viel um Geschmack. Wenn man versucht, es jedem recht zu machen, verliert man. Man muss seine innere Stimme finden. Ich habe bislang nur einmal den Paolo in Simone Boccanegra gesungen. Verdi kommt noch, Verdi wird die Krönung. Aber dafür habe ich noch Zeit. Man muss Geduld haben als Sänger. Erscheint am 20.9.: Verdi – Simone Boccanegra (mit Hamp son, Calleja, Wiener Sympho niker, Zanetti), Decca/Universal Luca Pisaroni im Konzert: 08.09. Weimar, Stadtschloß Festsaal (Liederabend) 25./28./31.10. und 03.11. Wien (A), Staatsoper („Anna Bolena“) 14./15./16.12. Berlin, Philharmonie (Schumann „Faust“-Szenen) 17 Plácido Domingo singt auf seiner neuen CD die schönsten Baritonarien von Giuseppe Verdi aus den Opern Macbeth, Rigoletto, Un ballo in Maschera, La Traviata, Simon Boccanegra, Ernani, Il Trovatore, Don Carlo und La Forza del Destino. www.sonymusicclassical.de Pablo Heras-Casado Allrounder zwischen den Welten Der 36-jährige Andalusier Pablo Heras-Casado ist längst ein heißer Kandidat für die PultNachfolge von Simon Rattle in Berlin. Und auch mit seiner Schubert-CD mit dem Freiburger Barockorchester könnte er jetzt so manchen Konkurrenten ausstechen. RONDO: Auf dem Cover-Photo Ihrer neuen Schubert-CD fliegen Sie wie ein Weitspringer durch die Lüfte. Körperlich scheinen Sie ziemlich gut in Form zu sein. Gehen Sie etwa ins FitnessCenter? Pablo Heras-Casado (lacht): Nein – meine Fitnessbude besteht aus Dirigieren und Reisen. Das hält mich wirklich fit. Man könnte das Photo auch als Versprechen sehen, dass Sie mit Schubert in die Zukunft fliegen wollen… So habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber es stimmt. Das Freiburger Barockorchester und ich sind sehr stolz, diesen ersten Schubert-Schritt gemeinsam ge- 18 gangen zu sein. Und tatsächlich wollen wir diesen Flug fortsetzen und das Universum von Schubert weiter erkunden. Wobei Schubert nur ein Teil unserer romantischen Reise sein wird. Parallel widmen wir uns auch intensiv Mendelssohn Bartholdy und Schumann. Nun haben Sie sich für den Schubert-Startschuss mit den Sinfonien Nr. 3 & 4 Werke ausgesucht, die schon Brahms als allzu leichtgewichtig abgetan hat. Im Rahmen von Schuberts Beschäftigung mit der sinfonischen Form empfinde ich sie als sehr abwechslungsreiche und kontrastreiche Statements. Und sie stehen für zwei verschiedene Seelen. Die Dritte kommt sehr fließend und schön daher. Man hört ihr Schuberts ungemeinen Spaß, seinen Optimismus und seine Freude am Leben an. Die Vierte hingegen zeigt ihn bei der motivischen Arbeit nicht nur kämpferisch. Gerade die Tonart c-Moll verweist da auf den Einfluss Beethovens. Es ist sehr interessant, sich mit diesen beiden unterschiedlichen Welten auseinanderzusetzen. Sie gelten ja als umfassend gebildeter Dirigent, dessen Spektrum von der Alten bis zur Neuen Musik reicht. Können Sie sich erklären, warum Schuberts Musik gerade bei zeitgenössischen Komponisten wie Dieter Schnebel und Jörg Widmann so hoch im Kurs steht? Ich glaube, der Grund dafür ist Komplexität seiner Gefühle. Mendelssohns Musik ist eher gerader, unverblümter, brillanter. Er deckt nahezu alle seine Karten auf. Schubert macht das nicht. Bei Schubert kann man verschiedene Seelen und Universen entdecken. Diese Komplexität, die etwa auch Alban Bergs Musik besitzt, mag darüber hinaus etwas von unserer ebenfalls komplexen Welt widerspiegeln. Daher ist Schubert ist vielleicht uns bzw. zeitgenössischen Komponisten so nahe. Neben Ihren Engagements bei den Top-Orchestern dirigieren Sie regelmäßig Neue MusikSpezialistenensembles wie das Klangforum Wien. Mit dem FBO haben Sie dagegen ein auf die historische Aufführungspraxis abonniertes Musikerteam geleitet. Müssen Sie sich immer wieder neu auf die unterschiedlichen Musiksprachen und Klangkörper einstellen? Das FBO und ich kannten uns schon von einem Konzert her, bei dem wir Bach und Haydn gespielt haben. Schubert ist aber tatsächlich unsere erste wichtige Zusammenarbeit. Ich bewundere das Orchester, das ja längst Maßstäbe in der Historischen Aufführungspraxis gesetzt hat. Aber grundsätzlich ist der Spagat zwischen der Alten und Neuen Musik für mich völlig natürlich. Ich fühle mich in beiden Welten heimisch. Ich habe ja bereits als 17-Jähriger ein Ensemble für Alte Musik gegründet. Und der Atem und der Stil dieser Musik sind mir genauso vertraut wie die Neue Musik, mit der ich mich bald danach beschäftigt habe. Heute ist es daher für mich so, als wenn jemand eine französische Mutter und einen deutschen Vater hat: Man bewegt sich in zwei Kulturen, ohne dies bewusst zu machen. Guido Fischer Neu erschienen: Schubert: Sinfonien Nr. 3 & 4 (mit Freiburger Barockorchester), harmonia mundi Abonnenten-CD: Track 6 SOL GABETTA Felix Klieser Russisches Halbdämmer, bayerisches Licht Am härtesten hat der Hornist Felix Klieser am Klang gefeilt: „Hornisten haben die besondere Möglichkeit, mit der Hand in der Stürze die Tongebung zu verändern, den Klang weicher zu machen. Als Berufsmusiker gibt es da keine Wahlmöglichkeit, entweder Du beherrschst das, oder nicht.“ Mit 22 Jahren sorgt Klieser gerade für viel Aufhorchen mit seinem Debüt-Album, das die Werke deutscher, französischer und russischer Romantik für Horn und Klavier vereint. Werke, die genau auf dem Schnittpunkt der Instrumentenentwicklung liegen, vom Naturton- zum chromatischen Orchesterinstrument. So zum Beispiel das Adagio und Allegro op. 70, das Robert Schumann in der Horn-fernen Tonart As-Dur setzte: „Das Ventilhorn wurde um 1815 erfunden. Während viele seiner Zeitgenossen wie Brahms es ablehnten, war Schumann fasziniert von den Vorzügen, dass man alle Töne in gleicher Qualität spielen konnte. Das Adagio und Allegro schrieb er als Bewerbungsschreiben für das neue Instrument.“ Seine weiche, direkte Tongebung inspiriert Komponisten wie Alexander Glazunov und Reinhold Glière zum Ausdruck wehmütiger, zwielichtiger Stimmungen. „Dieser Musik fehlt immer etwas an Hoffnung, selbst bei Höhepunkten bleibt eine gewisse Tristesse, die nie verschwindet“, so Klieser. Ganz andere, urkräftig bayerische Energie, strahlen hingegen die beiden Strauss-Romanzen aus, bei ihnen führt der Weg noch aus jeder Dunkelheit zurück zum Licht, das Saloninstrument zurück zum Jubel der Post- und Jagdsignale. Und das gab den Hornisten auf bis dato ungeahnte Weise die Kontrolle über die Farbe und Intonation ihrer Töne und machte das raue Instrument des Waldes salonfahig. Hornist wollte Klieser schon mit 4 Jahren werden, die ratlosen (Nichtmusiker-)Eltern brachten den insistierenden Jungen schließlich zu einer Musikschule. Seitdem hat er sich eine stupende Virtuosität zugelegt und wie gesagt mehr als andere am Klang gefeilt. Denn die angesprochenen Klangfarbenunterschiede lösen alle Hornsolisten immer auch mithilfe der Hand in der Stürze. Doch Felix Klieser ist ohne Arme auf die Welt gekommen. Er hat gelernt, das Instrument mit den Füßen zu spielen, und – was die Hände nicht können – in Perfektion mit den Lippen auszugleichen. Carsten Hinrichs Am 13.9. erscheint die neue CD von Sol Gabetta. Auf „Il Progetto Vivaldi 3“ präsentiert sie mit der Cappella Gabetta und ihrem Bruder Andres Gabetta wunderschöne italienische Cellokonzerte des Barock – von Antonio Vivaldi, aber auch von kaum bekannten Komponisten wie Platti und Zani. Die Noten für diese Konzerte entdeckte Sol Gabetta in Schloss Wiesentheid bei Würzburg in der Sammlung des Grafen von Schönborn. Das großartige Konzert von Chelleri ist sogar eine Weltersteinspielung. „…mit vollendeter Natürlichkeit“ DIE ZEIT „..wärmende Innigkeit, schmelzender Ton und glühende Brillanz“ SONO Neu erschienen: „Rêveries“ (Werke von Schumann, Strauss, Glière, Glazunov u.a.) – Berlin Classics/Edel Abonnenten-CD: Track 11 19 www.solgabetta.de www.sonymusicclassical.de Hörtest Verdi mit Caballé & Scotto Unterschiedlicher könnten sie kaum sein, die Liebe zum Komponisten ist ihnen gemein: So klingen Verdis Opern mit Caballé & Scotto. Von M ic h a e l Blüm k e S ie sind zwei der letzten großen Primadonnen, die eine hat gerade ihren 80. Geburtstag gefeiert, die andere folgt ihr in wenigen Monaten nach. Doch für die Casa Verdi, das vom Komponisten gestiftete Sänger-Altersheim in Mailand, sind die beiden Jubilarinnen definitiv zu jung – und vor allem viel zu aktiv. Montserrat Caballé 20 steht nach wie vor als Sängerin auf der Bühne, Renata Scotto inszeniert und unterrichtet. In ihrer Kunst stellen sie Gegenpole dar, mit der Spanierin assoziiert man zuallererst berückend schöne Töne, die Italienerin steht für zupackende Expressivität. Caballés atemberaubende Piani und sanft flutende Höhen oder Scottos Charakterisierungskunst und Foto: Renata Scotto unterrichtet in Meisterklassen kommende Generationen lustvolle Hingabe? Sich für eine dieser eigentlich lyrischen Stimmen, die aber auch das dramatische Fach erkundet haben, zu entscheiden, wäre dumm, denn Genuss bringen beide. Und zeigen damit ganz verschiedene Facetten von Verdis Werken auf. Die Auswahl der Aufnahmen, werkchronologisch aufgerollt, betrifft weitgehend Studioproduktionen. Die Damen haben noch einige Partien mehr verkörpert, die auch irgendwann einmal auf Band festgehalten wurden, doch sind diese inoffiziellen Live-Mitschnitte mit wenigen (hier berücksichtigten) Ausnahmen nicht mehr oder nur zu astronomischen Preisen als Sammlerstücke verfügbar. „Nabucco“ war nicht nur der erste große Erfolg für seinen Komponisten, sondern ist bis heute die beliebteste von Verdis frühen Opern geblieben. Die enorm anspruchsvolle Rolle der Abigaille reizt wohl jede Sängerin mit dramatischem Instinkt, Renata Scotto hat sich mit der Einspielung von 1977 jedoch keinen Gefallen getan. Darstellerisch bietet sie Großartiges, gesanglich ist dies ihre mit Abstand schlechteste Verdi-Leistung (Muti, EMI). Da hinterlässt sie als Giselda in „I lombardi“ einen ganz anderen Eindruck. In einem LiveMitschnitt aus Rom von 1969 führt sie ihren Sopran locker und unangestrengt, zudem punkten hier auch Pavarotti und Raimondi als Partner (Gavazzeni, Opera d’oro). Von den zahlreichen, leider nicht übermäßig bekannten Werken der 1840er-Jahre, Verdis sogenannten Galeerenjahren, kann man vier mit Montserrat Caballé kennenlernen. 1969 singt sie in Mailand – nicht sonderlich elegant – Elvira in „Ernani“ (Gavazzeni, Opera d’oro), 1972 stimmlich hervorragend „Giovanna d’Arco“ (Levine, EMI). Auch in der lobenswerten Philips-Serie der frühen VerdiOpern, die seinerzeit für viele die erste Begegnung mit diesen Werken bedeutete, ist sie mit zwei Beiträgen vertreten: Ihre Amalia in „I masnadieri“ ist allerdings so langweilig wie das Werk selbst (Gardelli, Philips), was man von ihrer Gulnara in „Il corsaro“ (mit Jessye Norman in der zweiten Sopranrolle/ Gardelli, Philips) nicht behaupten kann, auch wenn sich die Stimme da gelegentlich etwas verhärtet (Gardelli, Philips). In der Titelpartie von „Luisa Miller“, einem sehr zu Unrecht vernachlässigten Werk, verströmt sie zwar luxuriösen Wohllaut, wirkt für die Rolle als junges Mädel aber allzu distinguiert und damenhaft (Maag, Decca). Bevor wir uns den populären VerdiKlassikern widmen, ein kurzer Blick auf Caballés und Scottos stimmliche Vorzüge wie Schwächen. Obwohl gleichaltrig, hat Renata Scotto ihren großen Durchbruch deutlich früher als die Kollegin. 1957 springt sie für Maria Callas in Bellinis „La sonnambula“ ein. Das Einspringen katapultiert auch Montserrat Caballé international an die Spitze, sie über- Foto: nimmt 1965 für die schwangere Marilyn Horne die Titelpartie in Donizettis „Lucrezia Borgia“. Doch während Scotto schon in jungen Jahren die lyrischen Koloraturpartien des italienischen Repertoires von Donizetti bis Verdi singt, sieht sich Caballé eher als Mozart- und vor allem Strauss-Sängerin und schwenkt erst nach dem Lucrezia-Erfolg aufs Belcanto-Fach um. Eine leichte Höhe besitzt Scotto nur zu Beginn ihrer Karriere, danach sind die Spitzentöne zwar in der Regel sicher, nicht selten aber auch scharf. Ab Mitte der 70er-Jahre nimmt die Flexibilität der Tonproduktion ab, die Intensität allerdings in gleichem Maß zu. Ihre substanzreiche, wenn auch nicht übermäßig schöne Stimme hat Persönlichkeit, ihr Gesang ist stets farbenreich und ausdrucksstark. Mit ihrem angeborenen dramatischen Gespür und ihrem vokalen wie emotionalen Totaleinsatz ist sie eines nie: langweilig. Dieses Kompliment kann man Señora Caballé so nicht machen. Bei ihr stellt sich durchaus auch gepflegte Eintönigkeit ein. Besonders ab etwa 1972/73 setzt eine gewisse Nivellierung, eine gestalterische Gleichgültigkeit ein. Konzentriert man sich aber auf die überwältigende Schönheit ihres Materials und ihre spektakulären Piani ‚in altissimo‘ ist einem alles andere gleichgültig. Zumal ihre außergewöhnliche Atemtechnik ihr eine großzügige Phrasierung ermöglicht. (Der Gerechtigkeit halber muss man aber ergänzen, dass ihre Fortehöhen, die in späteren Jahren öfter zu vernehmen sind, eher aggressiv und hart sind.) Mit dem „Rigoletto“ beginnt die Reihe der ‚großen‘, erfolgreichen Verdi-Opern. Renata Scotto hat Gilda gleich zweimal aufgenommen, 1959 und 1963. Sie selbst zählt die beiden Aufnahmen zu ihren besten, vielleicht ist die erste (mit einem fantastischen Alfredo Kraus als Partner/Gavazzeni, Ricordi) insgesamt noch überzeugender gelungen als die zweite (mit einem nicht minder herausragenden Carlo Bergonzi an ihrer Seite/Kubelik, DG). Auch „La traviata“ gibt es doppelt von Scotto, doch sollte man sich hier eindeutig an die frühere Einspielung von 1962 halten (Votto, DG). Violetta ist im Übrigen die einzige Verdi-Partie (neben dem Sopran-Solo im „Requiem“), in der man die beiden Sängerinnen in Studioproduktionen miteinander vergleichen kann. 1967 hat nämlich auch Caballé eine ganz vorzügliche Version vorgelegt, die so glaubwürdig gestaltet und exzellent gesungen ist, dass man sie mit der Elisabetta im „Don Carlo“ als ihre beste Verdi-Leistung deklarieren muss (Prêtre, RCA). Auch die Leonora in „Il trovatore“ lag Caballé sehr gut in der Stimme, man kann aus mehreren Live-Mitschnitten wählen, am besten entscheidet man sich für einen der beiden aus dem Jahr 1968: in Florenz mit Richard Tucker (Schippers, Opera d’oro) oder in New Orleans mit Plácido Domingo (Andersson, VAI). Entbehrlich sind Scottos „I vespri siciliani“ 1978 aus Florenz (Muti, Gala), in denen sie stimmlich keine Freude aufkommen lässt. Ebenso verzichtbar ist der konzertante „Aroldo“ aus New York (Queler, CBS/Sony), wo Caballés Stimme unstet klingt und mit ungewöhnlich großem Kraftaufwand geführt wird. Zur Partie der Amelia in „Un ballo in maschera“ scheint Montse keinen rechten Zugang gefunden zu haben, das Ganze klingt wie eine Pflichterfüllung (Davis, Philips). Dafür darf der vorhin genannte „Don Carlo“ von 1970 Referenzstatus für sich beanspruchen. Nicht nur Caballé singt in der Form ihres Lebens (und gestaltet prägnant), auch die phänomenalen Kollegen leisten Beachtliches, und alle zusammen verschmelzen zu einem wirklich einmaligen Ensemble (Giulini, EMI). Ein „Aida“-Klassiker ist Mutis Einspielung von 1974, wo Caballé in der Tat hinreißend singt („O patria mia“!), in dramatischen Passagen aber auch Grenzen hörbar werden lässt. Bei der „Messa da Requiem“, für viele Verdis schönste Oper, bietet sich wie bei der „Traviata“ ein direkter Vergleich zwischen MC und RS an, wobei es von Caballé zwei Aufnahmen gibt. Die Wahl sollte unbedingt auf die erste (1969) fallen, wo sie wahrlich himmlisch singt und einen Vorgeschmack aufs Elysium gibt (Barbirolli, CBS). Scotto bietet 1979 als reizvollen Kontrast eine eher diesseitige, dabei enorm ergreifende Auseinandersetzung mit dem Tod (Muti, EMI). Im Jahr zuvor spielt sie mit der Desdemona in „Otello“ ihre beste auf CD festgehaltene Verdi-Rolle neben den beiden Gildas ein, wunderbar suggestiv und aufwühlend gesungen (Levine, RCA). Und wer sich jetzt angesichts dieser üppigen Auswahl nicht entscheiden kann, greift als preiswerte Alternative einfach zu den gerade bei Sony wiederaufgelegten Recitals „Renata Scotto Sings Verdi“ und „Verdi Rarities“. Verdi würde … … begeistert „Brava!“ rufen Caballé: Don Carlo (Giulini, EMI, 1970) & La traviata (Prêtre, RCA, 1967) Scotto: Otello (Levine, RCA, 1978) & Rigoletto (Gavazzeni, Ricordi, 1959) … seelig lächeln Caballé: Giovanna d’Arco (Levine, EMI, 1972) & Messa da Requiem (Barbirolli, CBS, 1969) Scotto: La traviata (Votto, DG, 1962) & Messa da Requiem (Muti, EMI, 1979) … ertauben Caballé: Aroldo (Queler, CBS, 1979) Scotto: Nabucco (Muti, EMI, 1977) Schwingt sich auch mit 80 noch auf die Bühne: Montserrat Caballé 21 Gregory Porter im New Yorker Studio Vom Football-Spieler zum Verteidiger der schwarzen Musiktradition: Der neue Star des Jazz-Gesangs liebt Vögel und will wie Wasser sein. Von Jo s e f E nge l s G regory Porter ist in vielerlei Hinsicht eine der bemerkenswertesten Erscheinungen der aktuellen Jazzszene: Über 1,90 Meter misst er, hat das mächtige Kreuz eines Türstehers und trägt als Erkennungszeichen stets Mütze und eine Art Sturmhaube, was entfernt an den Kopfschutz eines Boxers erinnert. Aber wenn der 41-Jährige seinen Mund öffnet, kann man sich keinen sanfteren Menschen vorstellen. Auch auf seiner neuen, 22 inzwischen dritten CD, geht es in seinen Liedern immer wieder um den Respekt vor den kleinen Dingen des Lebens, um die Liebe zur Mutter oder die Natur. „Oh ja, ich liebe die Natur“, sagt Porter mit einem freundlichen Grinsen, „meine Frau lacht mich immer aus, wenn ich rausgehe, um Vögel zu beobachten.“ Da steckt zweifellos ein großes Herz in einem nicht minder mächtigen Körper, der eigentlich für etwas ganz anderes gemacht zu sein schien: Porter hätte Football- Am deutlichsten wird Porter in dieser Hinsicht im Stück „Musical Genocide“, in dem er sich mit der Dumpfheit momentaner Musikströmungen beschäftigt. „In den 70er Jahren existierten noch sehr viele Lieder, die von der Liebe, der Familie, dem Planeten sprachen. Inzwischen gibt es jede Menge Musik da draußen, die einfach nur aus einer enormen Leere besteht“, stöhnt der Sänger, „das ist der Tod des Soul.“ Gut, dass der am meisten begnadete Seelsorger der Jazz-Gegenwart so ein breites Kreuz hat. Neu erschienen: Gregory Porter – Liquid Spirit, Blue Note/Universal Gregory Porter auf Tournee: 14.11.Kaiserslautern, Kammgarn 15.11.München, Circus Krone 16.11.Dortmund, Konzerthaus 18.11 Heidelberg, Stadthalle 19.11. Frankfurt, Alte Oper 20.11.Hannover, Theater am Aegi 21.11.Berlin, Kammermusiksaal 23.11. Hamburg, Laeiszhalle 24.11. Bremen, Die Glocke 25.11. Düsseldorf, Tonhalle Foto: Rebecca Meek Gregory Porter Seelsorger Spieler werden sollen, aber eine Schulterverletzung stoppte die Karriere des vielversprechenden Defensivmannes frühzeitig. Als sanfter, aber bestimmter Verteidiger der Traditionslinien des afroamerikanischen Musik-Erbes hat der in Kalifornien geborene Hüne allerdings einen Platz gefunden, den ihm so schnell keiner streitig machen dürfte. Das Wasser sei sein Vorbild, erklärt der Bariton mit Bezug auf den Album-Titel „Liquid Spirit“ und den Song „Water Under Bridges“, den er im Duo mit dem Pianisten Chip Crawford vorträgt: „Ich versuche, ähnlich organisch zu sein und all jene Bereiche auszufüllen, die mir erlauben, das zu sein, was ich bin: ein Jazzsänger, der vom Blues, von den Gospels und der Soul-Musik beeinflusst wurde.“ Abbey Lincoln, deren „Lonesome Lover“ er auf der CD interpretiert, Nat King Cole, den Chor der mütterlichen Kirchengemeinde, Leon Thomas sowie Nina Simone zählt der Vokalist und Lyriker zu seinen wichtigsten Inspirationsquellen. Und damit ist nicht nur seine Musik gemeint, die sich vom Sound her an die 60er Jahre anlehnt, sondern auch das Benennen von sozialen Missständen und grassierender Geschichtsvergessenheit. AKTUELLE NEUERSCHEINUNGEN VON SONY CLASSICAL OLGA PERETYATKO Olga Peretyatko singt auf ihrer zweiten CD Arabesque Arien von Mozart, Bellini, Verdi, Bizet u.a. „In wirklich allen Facetten schlicht zauberhaft“ SZ www.olgaperetyatko.com IGOR LEVIT Die mit Spannung erwartete Debüt-CD des Pianisten Igor Levit mit den 5 späten Klaviersonaten von Beethoven, op. 101, 106 und 109-111. „Sein wunderbar abgerundeter, ausbalancierter, immer differenziert gestalteter Ton, sein Gespür für architektonische Dimensionen bei den anspruchsvollen Werken sind schlicht bestechend. […] So will man Beethoven hören“ NDR Kultur www.igorlevit.com JAN VOGLER & HÉLÈNE GRIMAUD MORITZBURG FESTIVAL ENSEMBLE Schumanns Liederzyklus Dichterliebe op. 48 in einer spannenden Einspielung für Cello und Klavier von Jan Vogler und Hélène Grimaud, die auch die Drei Fantasiestücke op. 73 spielen. Das Moritzburg Festival Ensemble mit Jan Vogler präsentiert Schumanns Andante und Variationen op. 46 in der selten zu hörenden Originalbesetzung für 2 Celli, 2 Klaviere und Horn. HILLE PERL & SIRIUS VIOLS Hille Perl und ihr Ensemble Sirius Viols zeigen auf ihrer neuen CD, warum die Gambe im Italien des 16. und 17. Jahrhundert ein überaus beliebtes Instrument für das gemeinsame Musizieren war. Die entdeckenswerten Werke italienischer Komponisten, Sonaten, Tänze, Liebeslieder zeigen die Gamben in wunderbaren Farben und vielfältigen Stimmungen. „Eine liebevolle Zusammenstellung, makelloses Zusammenspiel“ Kulturradio CD der Woche WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE Die Scala: wie Verdi sie kannte. Kolorierte Litographie aus dem 19. Jh. Musikstadt Mailand „Modeshopping, ein Cappuccino und ein Besuch in der Scala“, so warb bis vor kurzem eine Airline für Kurztrips in die lombardische Metropole. Von M at t h i a s S i e h l e r S chließlich wird kaum eine Stadt so sehr mit ihrem Opernhaus identifiziert wie diese, bisweilen dröge, strenge Beamtenstadt, die ihre Reize nicht so schnell offenbart wie viele italienische Konkurrentinnen. Manchmal hat man sogar fast das Gefühl, als ob die Oper hier und nicht erst in Florenz und dann 1607 in Mantua mit Monteverdis „Orfeo“ zumindest offiziell geboren worden sei. Doch anders als etwa das gerne als Fotomotiv gebrauchte Sidney Opera House, wird dieses Opernhaus auch innen besucht, und es enttäuscht nicht. Denn das Teatro alla Scala in Mailand, auch kurz Scala, 24 ist nach wie vor eines der bekanntesten und bedeutendsten Opernhäuser der Welt. Es wurde nach der Piazza della Scala, benannt, welche wiederum den Namen von der Kirche Santa Maria della Scala erhalten hatte, die hier einst stand. Maria Theresia ließ in der Hauptstadt der damals österreichischen Lombardei durch den klassizistischen Architekten Giuseppe Piermarini das eher schlicht und klein wirkende neue Opernhaus errichten. Es wurde am 3. August 1778 eröffnet, zur Premiere gab es Antonio Salieris allegorische Oper „L’Europa riconosciuta“. So wie auch 2004 unter Riccardo Muti, nachdem die Scala eine längere Renovierung hinter sich gebracht hatte, die ihr außer massiven Umbauten und Modernisierungen im Backstage-Bereich vor allem einen neuen Bühnenturm und einen links über der Fassade emporragendes Verwaltungsgebäude von Mario Botta eingetragen hat. Ein paar Monate später war der hier von 1986 bis 2005 autokratisch regierende Riccardo Muti Geschichte, eine Welle der Mitarbeiterempörung hatte ihn davon getragen. Nicht der erste Skandal des freilich stets auch von Beifallswogen erschütterten Hauses. Tückische Akustik Das präsentiert sich innen elegant in Marmor, Weiß und Gold im Foyer, traditionell RotGolden im 2300 Zuschauer fassenden Auditorium, das freilich größer wirkt. Und akustisch tückisch ist. Deshalb stellen sich alle Sänger für ihre Arien gern auf den „CallasPunkt“ links vorn an der Rampe, weil von dort aus die Stimme am besten trägt. Inzwischen wurde der Hohlraum unter dem Parkett wieder hergestellt, ebenso der alte Ziegelboden in den Logen, was den Klang des Hauses sehr verbessert hat. Das Opernhaus hat viel erlebt, man scheint es in jeder Vorhangfalte und jedem Ornament zu spüren. Auch das hübsche, freilich mit wenigen wirklich authentischen Artefakten ausgestattete Museum in den ehemaligen Verlagsräumen der Casa Ricordi im linken Seitenflügel legt davon Zeugnis ab. Hier wurden, Maßstäbe der Verdi-Interpretation, Giorgio Strehler inszenierte traumschönen Mozart. Obwohl schon früher gespielt wird, beginnt die Saison alljährHoch her gehen wird es sicherlich am 7. Dezember, lich am 7. Dezember, dem Namenswenn in der (von Arte übertragenen) Premiere von tag des Stadtpatrons von Mailand, „La traviata“ mit der man dem 200-jährigen Giuseppe dem Bischof und Kirchenvater Verdi huldigt, Daniel Barenboim dirigieren und die Hl. Ambrosius (Sant’Ambrogio), deutsche Sopranistin Diana Damrau singen wird. Denn mit einer festlichen, in die Kinos, die klingenden Nationalschätze mag man gar nicht so die Galleria Vittoria Emmanuele, gern Ausländern überlassen. Zumal auch der Russe aber auch ins Gefängnis überDmitri Tcherniakov als Regisseur garantiert jeden Pariser tragenen Premiere. Da kosten die Kurtisanen-Plüsch verweigern wird. Ein weiterer Russe Karten dann schnell 2400 Euro, steht mit gleich drei Stücken im Mittelpunkt einer endProminenz wie Sophia Loren und lich mal wieder bedeutenden Ballettpremiere am Giorgio Armani oder der gut aus17. Dezember: der Choreograf Alexander Ratmansky. sehende Balletttänzer Roberto Ansonsten bietet die wegen Finanzproblemen auf nur Bolle, Staraushangschild des zehn Opern abgespeckte Saison nur Wiederaufnahmen sonst nicht so bedeutenden Scalaund Übernahmen von anderswo. Balletts, drängeln sich mit TVnicht selten mit anschließender Saalschlacht, Starlets, von hilfreichen Chirurgenhänden die berühmten Opern Rossinis, Donizettis, bearbeiteten Damen und viel Geldadel in Bellinis, Verdis, Puccinis und vieler so ge- den engen Pausenräumen. Und plötzlich nannter Kleinmeister uraufgeführt. Und noch scheint sich wieder ganz Italien für die Oper heute wehrt man sich vehement, wenn etwa zu interessieren. Doch das ist nur ein kurzer Riccardo Muti seinem „Troubadour“-Manrico Sturm im Blätterwald. Einig ist man sich das nicht von Verdi stammende hohe C in der höchstens darin, dass man Daniel Barenboim Stretta verweigerte, oder eben der hoffnungs- als Musikchef von Lissners Gnaden nicht volle italienische Jungregisseur Damiano sonderlich schätzt – zu viel „musica tedesca“, Michieletto eine Neuinszenierung von so stöhnt man über die vielen WagnerVerdis „Maskenball“ in den amerikanischen Premieren. Präsidentenwahlkampf verlegt. Doch die Musikstadt Mailand, das ist auch „Vergogna“ – „Schande“, damit sind das 2002 eröffnete Teatro degli Arcimboldi in der die meinungsfreudigen Loggionisti, die Vorstadt, das während der Umbauspielzeiten fanatischen Fans aus dem obersten Rang, die bis 2004 die Scala beherbergte und heute Ort nur separat über enge Treppen das Theater be- für Gastspiele und eine populäre Fernsehshow treten dürfen, schnell bei der Hand. Angeblich lassen sie sich aber auch bezahlen, dann sind sie auffällig ruhiger gestimmt. Alexander Verdis Pereira freilich, der neue Intendant, der ab „Maskenball“ 2014 auf den effektiven, aber mit vielen Kovon Damiano produktionen den Nimbus des Hauses verMichieletto wässernden Stéphane Lissner folgt, hat bereits angekündigt, es werde noch einige weitere Michieletto-Produktionen geben. Einst regierte hier der legendäre Impresario Domenico Barbaia, der das Haus angemietet hatte, das meiste Geld aber mit dem Casino im Foyer machte. Oper war nur die akustische Behübschung für die Spielsüchtigen. Im 20. Jahrhundert war die Scala das Haus Arturo Toscaninis, der dann wegen der Faschisten nach Amerika emigrierte. Die Scala 2013/14 Callas gegen Ghiringhelli, uhrufe für Freni B Nach der schweren Beschädigung im Zweiten Weltkrieg in Rekordzeit wieder aufgebaut, wurde die Scala am 11. Mai 1946 mit einem tränenreichen Konzert unter Toscanini wiedereröffnet. Später lieferte sich hier Maria Callas Kämpfe mit dem Intendanten Antonio Ghiringhelli, Mirella Freni wurde als La traviata ausgebuht, Claudio Abbado setzte ist. Und es gibt noch das alte Teatro dal Verme. Es wurde vom Grafen Francesco Dal Verme in Auftrag gegeben und von dem Architekten Giuseppe Pestagalli entworfen. Die Eröffnung fand am 14. September 1872 statt. In der Blütezeit Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts zählte das Teatro zu den führenden Opernhäusern und war Ort zahlreicher Uraufführungen, darunter 1884 Puccinis „Le Villi“ oder 1892 Leoncavallos „Bajazzo“. In den Dreißigerjahren wurde das Haus dann nur noch als Kino genutzt und während des Zweiten Weltkriegs größtenteils zerstört. Nach dem teilweisen Wiederaufbau wurde das Gebäude Mitte der Neunziger modernisiert und verfügt heute über zwei moderne Säle. Seit September 2001 wird das Teatro Dal Verme von der Fondazione I Pomeriggi Musicali geführt, deren Orchester es beherbergt. Hier ist etwa regelmäßig der auch in Deutschland bekannte Dirigent Antonello Manacorda zu hören. Neben dem Scala Orchester, das sich unter Abbado und Muti auch zu einem bedeutenden Konzertklangkörper entwickelte, gibt es auch noch das sehr gute, 1993 gegründete Zu viel „musica tedesca“, so stöhnt man über die vielen WagnerPremieren. Orchestra Sinfonica di Miliano Giuseppe Verdi, das lange Jahre von Riccardo Chailly geformt wurde, den sich nicht wenige heute als neuen Scala-Musikchef wünschen. Seit 2009 wird das Orchester von dem Chinesen Xian Zhang geführt und bietet im akustisch ordentlichen Auditorio Milano zwischen September und Juni jeweils etwa 35 dreimal wiederholte Programme. Trotzdem: Auch wenn einem der nach wie vor hier in einem Palazzo lebende Pianist Maurizio Pollini auf der Straße begegnen kann, es hier ein bedeutendes Konservatorium und diverse Kammermusikreihen gibt, Mailand, die gelb-orange, etwas verschlossene Stadt, deren Reichtum ebenso nur zu erahnen ist wie die Schönheit seiner Innenhöfe und Paläste, wird nach wie vor als Musikstadt durch das Teatro alla Scala repräsentiert. Was nicht das Schlechteste ist, auch wenn längst nicht alle Vorstellungen so bedeutend sind, wie man es sich vielleicht wünschen würde. www.teatroallascala.org www.teatroarcimboldi.it www.dalverme.org www.laverdi.org 25 Feierabendhaus Da stimmt die Chemie IndustrieRomantik: Zur Erbauung (nicht nur) der Belegschaft gibt man ein umfangreiches Kulturprogramm. (Werks-Anlagen bei Nacht) Das beispielhafte Kulturprogramm der BASF geht in seine 93. Saison. Und ist nicht allein aus Ludwigshafen kaum wegzudenken. Von Rol a n d M ac k e s E Zunächst spielen sie Schostakowitschs 24 Präludien in der Viola/Klavier-Fassung Auerbachs. Dann zeigt Kim Kashkashian allein, dass sie eine Meisterin der Werke György Kurtágs ist; schließlich folgt als Deutsche Erstaufführung Auerbachs Sonate für Viola und Klavier „Arcanum“. Hier bleibt freilich nichts geheimnisvoll, das aufgeschlossene Publikum geht mit, ist am Ende begeistert. Auerbach ist hier längst Wiederholungstäterin, hat sich bereits als Komponistin und Interpretin regelmäßig vorgestellt – und das nicht nur, weil es hinterher zu einem guten Essen mit ebensolchen Pfälzer Weinen ins Gesellschaftshaus geht. Hier werden die Künstler umsorgt und ernstgenommen, 13.10.Die aufregende Nachwuchsgeigerin Tai vor allem bemüht man sich, eine Murray Bindung aufzubauen, für Kontinuität 30.10.Jazzer-in-Residence Michael Wollny mit zu sorgen. Deshalb kommen sie wieder. neuem Quartett Eingeladen und vorbildlich betreut 15.11. Shen Wei Dance Arts New York werden sie freilich nicht von einem 27.11.Lisa Batiashvili mit François Leleux, öffentlichen oder kommerziellen VerSebastian Klinger und Peter Kofler anstalter, sondern von einem Chemie13./14.12. The Puppini Sisters konzern, dem größten weltweit: der 21.1. Sol Gabetta BASF. Und auch ihr Auftrittsort mit 26.1. Chilly Gonzales dem heimeligen, doch großzügigen, 5.2. Viktoria Mullova akustisch exzellenten Saal hat einen so 22.2. Miklós Perényi besonderen Namen, dass man ihn sich 16.3. Julian Steckel sofort merkt: Feierabendhaus. 20.3. Grigory Sokolov Feierabendhaus. Das klingt so be25.3.Mischa Maisky mit der Prague tulich provinziell, wie es ist. Und eben Philharmonia auch nicht. Der „Feierabend“ im „Haus“, 28./29.3.Ten Thing Helseth mit ihrem Brass impliziert schon etwas, was viele heute Ensemble kaum mehr kennen. Wo hört die Arbeit 31.3./1.4.Maximilian Hornung mit der auf und beginnt die Freizeit, wenn Filarmonica George Enescu ständig das iPhone klingelt, die Mails 10.4. Rafał Blechacz einlaufen, wenn Wochenend-Updates 16.5.Royal Swedish Ballet mit „Juliet and Rolängst selbstverständlich sind und das meo“ Home Office mitunter ein Gefängnis 11.6.Ballett am Rhein mit „Ein Deutsches sein kann? Früher ging der Arbeiter Requiem“ in Kammermusikabend. Freilich kein gewöhnlicher, ein Duo, diesmal aber die seltene Kombination – Viola und Klavier. Das Programm: nur Musik des 20. Jahrhunderts. Und die Komponistin ist anwesend – und ansprechbar. Die Russin Lera Auerbach gehört zu den meistgefragten, dabei in ihrer polystilistischen Schreibweise zugänglichsten Tonsetzern unserer Zeit. Ebenso ist die armenisch-amerikanische Bratscherin Kim Kashkashian einer der Sterne ihrer Zunft. 26 in die Fabrik, dann erschöpft zurück in die nahe Werkswohnung. Abends spendierte die Unternehmensleitung ein Konzert oder eine Lesung zur Erbauung und (Weiter-)Bildung. Man kümmerte sich – denn man profitierte ja auch davon: klassisch deutsche Industrieinfrastruktur. Es ist irgendwie tröstlich, dass es in Zeiten von Outsourcing, Multitasking und Burnout immer noch das Feierabendhaus gibt. In Ludwigshafen. Bei der BASF. Im Krieg zerstört, aber wieder aufgebaut. Kürzlich wurde es neuerlich saniert. Seit 92 Jahren wird hier Kultur betrieben. Man feierte den 90. Geburtstag mit dem London Philharmonic Orchestra, das war auch schon 75 Jahre vorher in der Pfalz zu Gast, und dabei entstanden die ersten Konzertmitschnitte, natürlich unter Verwendung von BASF-Tonbändern. Richard Strauss hat hier dirigiert, Yehudi Menuhin und Mstislaw Rostropowitsch haben gespielt. Die BASF als Veranstalter, das hat in Ludwigshafen einen guten Klang. Doch längst hat man den Radius vergrößert, ist in der ganzen Region bis hin nach Heidelberg als Mitveranstalter, Sponsor, Impulsgeber nicht mehr Foto: flickr_blueblade954 Rosa Frank Die Saison-Highlights: wegzudenken. Man engagiert sich bewusst regional, mag keine Events, sondern Kontinuität. Der musste sich auch sicher schon so mancher Aufsichtsrat beugen, der solche Millionenausgaben für einen Chemiekonzern überflüssig fand. Doch die Tradition und die Nachhaltigkeit des Engagements waren immer stärker. Schließlich war schon der November des Jahres 1921 nicht eben ein guter Startpunkt für ein Kulturprogramm: der Krieg verloren, die Pfalz von französischen Truppen besetzt. Ohne Sponsoren kommt in Deutschland keine Kulturinstitution mehr aus. Auch wenn die Steuergesetzgebung dies nicht begünstigt. Deshalb sind die eingesetzten Summen im Vergleich zu den staatlichen Geldern gering. Aber es wird viel PR-Wind darum gemacht. Nur wenige Firmen haben dieses noble Geschäft so nachhaltig betrieben wie die dafür vielfach ausgezeichnete BASF, haben sich für Etablierte verwandt und für Junge eingesetzt. Schön, dass das Feierabendhaus weiter das Feierabendhaus ist. Auch in der Spielzeit 2013/14 bietet die BASF ein vielseitiges Angebot. In der Reihe „The Big Four“ steht diese Saison das Cello im Mittelpunkt. Kurt Schwertsik, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten Österreichs, ist das Komponistenporträt gewidmet. Mit der Unterstützung des Orchestergipfels Rheinland-Pfalz verstärkte die BASF ihr Engagement für die Breitenförderung. Die fünf pfälzischen Orchester zeigten bei freiem Eintritt in der Mainzer Innenstadt die ganze Vielfalt ihres Repertoires. Gemeinsam mit der Stadt Ludwigshafen richtet man seit über 35 Jahren den Ballettring im Theater im Pfalzbau aus. Der bietet diesmal das Royal Swedish Ballet mit der Deutschen Erstaufführung: „Julia und Romeo“ dem ersten Handlungsballett der Choreografenlegende Mats Ek seit 1996. Mauro Bigonzetti hat für das Aterballetto eine „Serata Stravinski“ konzipiert, und das Ballett am Rhein aus Düsseldorf kommt mit Brahms’ „Deutschem Requiem“ in der Fassung seines Chefs Martin Schläpfer flussaufwärts. Zudem veranstaltet das Unternehmen gemeinsam mit der Stadt die Sinfoniekonzertreihe mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Ein weiterer wichtiger Kooperationspartner ist das Festival Enjoy Jazz. Darüber hinaus sponsert man hoch karätige Kulturprojekte in der Umgegend, so das Festi val des deutschen Films, die Festspiele Lud wigshafen und das Internationale Fotofestival Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg. Partizipative Projekte sind ein neuer Schwerpunkt. Kunst nicht nur wahrzunehmen, sondern an ihr teilzuhaben, ist das Ziel. Mit dem Urban Gardening-Projekt auf dem Ludwigshafener Hans-Klüber-Platz ist man bei einer Initiative des Wilhelm-HackMuseums dabei, die auf ungewöhnliche Weise Kunst, Natur und Stadtentwicklung verbindet. Große Momente hat die klassische Musik in Ludwigshafen erlebt. 1990, zum 125. Jubiläum der BASF, trat das Emerson String Quartet gemeinsam mit dem Cellisten Mstislav Rostropovich auf und spielte für die Deutsche Grammophon die inzwischen legendäre Interpretation des Schubert-Streichquintetts ein. Der Geiger Gidon Kremer war mit der Kremerata Baltica zu Gast, die ihren ersten Auftritt in Deutschland bei BASF hatte. Und natürlich ist man hinter den Kulissen schon längst dabei, dieses zum 150. Firmenjubiläum 2015 zu toppen. 27 Brucknerfest Linz Update für die Riesenbirne Schon seit 1974 feiert Linz seinen Ehrenbürger Anton Bruckner mit einem Festival, das seit diesem Jahr einen neuen Leiter hat. Von G u i d o F i s c h e r G roßereignisse werfen bekanntermaßen ihre Schatten voraus. Und seit 1979 sorgt dafür beim Brucknerfest im oberösterreichischen Linz eine riesige Klangwolke. Vor dem offiziellen Eröffnungstusch strömen dann Menschenmassen bei einsetzender Dämmerung in den Donaupark, um nicht nur ihre Hälse in den von Laserprojektionen und Feuerwerksraketen illuminierten Nachthimmel zu recken. Parallel erklingen multimedial inszenierte Auftragswerke von oftmals heimischen Komponisten. Auch für die diesjährige „Visualisierte Klangwolke“ hat man mit DJ Parov Stelar alias Marcus Füreder ein Linzer Klangpionieroriginal eingeladen. Und bei seinem szenisch umgesetzten BrucknerRemix soll am 7. September gar Open-Air das größte Handyorchester der Welt auftreten: Über eine Klangwolke-App kann jeder Besucher die beiden berühmten Eröffnungstöne von Bruckners 4. Sinfonie auf seinem MobilTelefon erklingen lassen. 28 Auch mit solchen 2.0.-Aktionen will HansJoachim Frey ab sofort ein Festival updaten, das in den letzten Jahren etwas an Strahlkraft verloren hatte. Zwar konnte man bisher in der Stadt, in der Anton Bruckner einst den Grundstein zu seinem Werk als Sinfoniker und Kirchenmusikkomponist leg te, stets international renommierte Interpreten erleben. Dennoch hat das Brucknerfest seit seiner ersten Ausgabe 1974 nie das überregionale Renommee erlangt, das die Nachbarn in Salzburg und Wien mit ihren Festspielen und Festwochen besitzen. Mit dem neuen künstlerischen Leiter Frey, der zuvor die Dresdner Semperoper und die Theater in Bremen geleitet hat, soll daher das Profil des Festivals nicht nur geschärft, sondern auch breiter aufgestellt werden. „Es gibt diese Ressourcen, die nach dem Erfolg mit der Kulturhauptstadt ausgebaut werden müssen“, so Frey gegenüber der Tageszeitung „Der Standard“. Die 1,2 Millionen Euro, die dafür gerade mal zur Verfügung stehen sollen, sind im Vergleich zu Salzburg (60 Millionen) und Wien (knapp 14 Millionen) geradezu Peanuts. Trotzdem musste das dreiwöchige Fest rund um den Namenspatron, der wegen seiner gedrungenen Statur einst als „zweibeinige Riesenbirne“ verspottet wurde, nicht auf Diät gesetzt werden. So gastieren auch 2013 neben Star-Solisten wie Denis Matsuev wieder TopPhilharmoniker aus Wien (Lorin Maazel) und München (Semyon Bychkov). Freys Idee, aus dem Bruckner- ein Mehr-Sparten-Fest zu machen, hat schon jetzt konkrete Züge bekommen. Und dafür bespielt man nicht mehr allein das Brucknerhaus. So wird in der alternativen Tabakfabrik Franz Schrekers Oper „Der Schatzgräber“ inszeniert und eine Oper des Linzer Komponisten Peter Androsch uraufgeführt. Und in dem erst in diesem Jahr eröffneten Musiktheater erlebt ein John Cage-Abend in der Regie von Achim Freyer seine Weltpremiere. „Anton Bruckner hat Impulse empfangen und ausgesendet“, so Frey. „Auch das neue Brucknerfest soll in den kommenden Jahren überall hin seine Impulse senden.“ Die Mischung aus traditionellem Konzertangebot, Bruckner-Apps und Neuer Musik scheint dafür durchaus geeignet. Brucknerfest Linz 15.9.–6.10.2013 www.brucknerfest.at Foto: LIVA_Stadt Linz Klangwolke zur Eröffnung des Brucknerfestes Linz im September Café Imperial Fotos: Monika Rittershaus; Chris Lee Unser Stammgast im Wiener Wohnzimmer der durchreisenden Dirigenten, Sängern und Solisten: Robe rt F r au e n hol z e r Verdi „Attila“: Dmitry Belosselsky (Attila), Lucrezia Garcia als Odabella „Peter, das ist genial!“, fällt Ex-Intendant Ioan Holender dem Regisseur Peter Konwitschny um den Hals. (Und ich muss, 1. Rang Mitte im Theater an der Wien, auch ausgerechnet daneben sitzen.) Man weiß nicht recht, ob Holender die lautere Wahrheit spricht. Immerhin ist dies die erste, genuine Konwitschny-Premiere in Wien („Aida“, „Don Carlos“ und „Totenhaus“ früher waren alles Importe). Das Publikums-Geschrei nach der Pause wird beträchtlich sein. Oder ist dies eher allgemeiner Holender-Schmäh? Wer sagt einem berühmten Künstler schon gerne die Meinung ins Gesicht!? Peter Konwitschny jedenfalls kann mit diesem simplen Antikriegs-„Attila“ die Gerüchte nicht entkräften, dass seine beste Zeit hinter ihm liegt. Zwar ist die Idee hübsch, dass der peitschende Sopran von Lucrecia Garcia (Odabella) kraft bloßer Lautstärke den Gegner in die Flucht schlägt. Auch Dmitry Belosselsky (Attila) und George Petean (Ezio) leisten militante Arbeit am Mythos Verdi. Die Mühen von Nikolai Schukoff (Foresto) indes zeigen, mit wie preußisch hartem Besen gekehrt wird. Und dass man den frühen Verdi hier zu wagnerisch schwer nimmt. Nichts da vom Super-Belcanto eines Dramma lirico, dessen Schurken-Held einst von RossiniSängern wie Ruggero Raimondi und Samuel Ramey zu feinem Leuchten gebracht wurde. Und die Ausstattung! In Johannes Leiackers durchlöchertem Halbrund könnte man alles Mögliche spielen. Es zeigt die so häufig anzutreffende Unentschlossenheit Konwitschnys bei der Ausstattung. Ihm ge- lingt für ein sonst gemiedenes Neben-Werk ein immerhin leidenschaftliches Plädoyer. Doch die Tatsache, dass man den wichtigsten Opern-Regisseur Ost-Deutschlands zu spät eingeladen hat, rächt sich doch. „Konwitschny in die Anstalt!“, ruft ein Premieren-Besucher doch tatsächlich aus dem Rang. Was für ein zahnloser Vorschlag! Da war man zur großen Zeit des Wiener Theaterskandals weniger zimperlich. Der erste Einwurf bei der skandalzerfetzten „Heldenplatz“Premiere 1988, so hat es Burg-Schauspieler Wolfgang Gasser mir noch Jahre später gerührt erzählt, lautete: „Gott schütze Österreich!“ In dem Ausruf war mehr Musik als in diesem ganzen, rumtata-politischen „Attila“. Herbst der Patriarchen in Wien! Ab 19.9. empfängt Lorin Maazel (83) die Wiener Philharmoniker zurück aus dem Urlaub – mit Bruckner, Tschaikowski und Schostakowitsch. Inzwischen ist Maazel hauptsächlich als Gast tätig (sein Nachfolger in München ist bestellt). Er hat die Phase selbstverliebten Ennuis annähernd überwunden und tritt ein in eine Sphäre gerechter Verklärung. Traumhafte Schlagtechnik! Guter Tänzer – ohne einen Schritt zu machen! Er ist der Lässigste, Superiorste, leider auch wohl Teuerste von allen. Bald danach (11.–13.10.) folgt der noch drei Jahre ältere Herbert Blomstedt mit Bruckners Fünfter. Dann geht’s Schlag auf Schlag im Musikverein: Harnoncourt, Jansons, Fedosejev, Zinman – Lauter Altvordere im Pensionsalter. Sie zeigen, warum Christian Thielemann (ab 28.10.) immer noch der Jüngste unter den Alten scheint. Er ist es nämlich wirklich – mit knackigen 54 Jahren. Nur das Gastspiel des London Philharmonic Orchestra unter dem dortigen Darling Vladimir Jurowski (5.–8.10.) reicht da heran. Und – warum nicht? – Marin Alsop, deren Karriere leicht stagniert, mit ihrem São Paulo Symphony Orchestra (Konzerthaus, 15.10., Solist: Nelson Freire). Auf all das, ebenso wie auf den Liederabend von Christian Gerhaher (Konzerthaus, 23.10.), braucht man in Wien eigentlich kaum extra hinzuweisen. Das Publikum kennt sich so gut aus, dass eine Wiener Musikkritik kaum noch nötig ist. Die ist seit Jahren denn auch fast in sich zusammengebrochen. Erinnert sich noch jemand an den bissigen Franz Endler? Lang ist’s her. Bei seinem Tod 2002 kamen sogar Carlos Kleiber vorübergehend die Tränen. Heutige Kollegen schreiben Bücher über StaatsopernDirektoren, bevor diese noch ihr Amt angetreten haben. Was bleibt einem anderes übrig, als die Macht dem Kaffeehaus zu überlassen. Ober, zahlen! Gerechte Verklärung: Lorin Maazel Der Jüngste unter den Alten: Christian Thielemann 29 Mozart satt! „Morgen Augsburg!“ Der verzweifelte Ausruf in Thomas Bernhards „Die Macht der Gewohnheit“ ist vermutlich immer noch ein Tabu in der bayerischen Renaissance-Metropole. Denn er meint – innerhalb einer reisenden Theatertruppe – so viel wie: „Ab in die Provinz!“ In diesem Jahr gilt der Schlachtruf immerhin für potente Mimen wie Klaus Maria Brandauer, Martina Gedeck und Hannelore Elsner. Sie finden sich alle wieder in der zweiten Ausgabe des Musik-Festivals „Mozart@augsburg“. Mit Augsburg hat das wunderbare Wolferl nicht nur in Gestalt seines Vaters zu tun, der daher kam. Große Teile der Familie waren bayerische Schwaben der Region. Auch die ‚dreckigen‘ Bäsle-Briefe schrieb Mozart in Augsburg. Große Mozart-Interpreten sind mit der Stadt bis heute verbunden. Vorletztes Jahr starb hier die große MozartSopranistin Sena Jurinac. Die wunderbare Janina Fialkowska (wichtigste Rubinstein-Schülerin) lebt heute hier. Kuratiert und geprägt indes wird „Mozart@augsburg“ von dem trefflichen Sebastian Knauer. Als langjähriger Klavierpartner von Daniel Hope und Brandauer kann er musikalische Partnerschaften für Augsburg fruchtbar machen. Christian Tetzlaff, András Schiff und das Artemis Quartett, also Meister des Fachs, kommen in eine Stadt, die eben doch mehr ist als nur „die zweite Ausfahrt vor München“. Mit Menahem Pressler, dem 89-jährigen Ex-‚Klavier-Primarius‘ des Beaux Arts Trios, gelang es sogar, eine echte Legende zu locken Samos Young Artists Festival: Antiker Stein, gegenwärtig befragt Der Rahmen für ein Kammermusikfestival in südlichen Gefilden könnte nicht schöner und bequemer sein. Und doch scheitert die vom Münchener Festivalgründerpaar Chiona und Kurt Schwarz angelockte Schickeria auf Samos – es ist herrlich zu beobachten. Von Tag zu Tag weichen mehr Stöckelschuhe und Seidenkostüme den Sebastian Knauer Trekkingsandalen und Baumwollkleidern. Zypressen und Zedern stehen schwarz gegen den Nachthimmel, der Wind vom Hafen von Pythagorion weht herauf, und wer man ist und was man trägt wird bedeutungslos, sobald es bis auf Abermillionen Sterne dunkel wird, die Zikaden verstummen und die Bühne des antiken Theaters den jungen Musikern gehört. (im Verein mit dem Emerson String Quartet!). Luxuriöse Verhältnisse, die nicht zuletzt durch eine gesunde Sponsoren-Landschaft zu erklären sind. „Musiker müssen sich wohl fühlen“, nennt Knauer als HauptZutat einer prominenten Künstlerkollektion. Das bedeutet: Begrüßung, Abholservice, schönes Hotel und kleines Catering in der Garderobe sind die Geheimkniffe, mit denen Künstlerseelen geschmeidig gemacht werden. An strikte Themen glaubt Knauer nicht. „Die Festivals weichen meist sowieso davon ab, wenn ein bedeutender Musiker es anders will.“ Folgt: Lars Vogt spielt hier auch Schubert. Knauer selbst Beethoven. Mozart satt! Aber nicht zu satt. Robert Fraunholzer Mozart@augsburg, 31.8.–14.9. www.mozartaugsburg.com Die Auswahl der Ensembles ist exquisit und noch aufregend unbekannt. Gitanes Blondes eröffnen mit folkloristischem, aber amüsantem Klassik-Verschnitt. Die Cymbalistin Olga Mishula aus Weißrussland spielt virtuos und scheinbar unmöglich Chopin und Liszt auf ihrer Kastenzither und erweckt sehr intensiv die Magie des griechischen Theaters. In Kommunikation mit dem Ort begibt sich auch die Camerata Smyrna aus Izmir. Das Holzbläserquintett spielt häufig unter freiem Himmel, in Blickweite fast, im Theater von Ephesus, nur einen Junge Künstler in altem Amphitheater auf Samos 30 knappen Kilometer entfernt. Mit dem Boot über das Meer erreichbar liegt es heute doch in einer ganz anderen Welt. Die Gastkünstler angesichts gemeinsamer kultureller Wurzeln in einen modernen Diskurs über ihr Schaffen treten zu lassen, ist ein Hauptanliegen des Samos Festivals, so auch mit dem Tetraktys-Quartett. Schon wegen seines Namens gehört es hierher, auf die Geburtsinsel des Mathematikers und Philosophen Pythagoras. Die vier Athener Streicher fügen den wichtigen Blick auf die aktuelle Situation griechischer Musiker hinzu. In prekärer Lage, weil etwa das staatliche Rundfunkorchester geschlossen wurde oder seit vier Monaten nicht bezahlt, spüren sie stärker denn je den Drang, sich musikalisch auszudrücken. Ihr SchostakowitschStreichquartett klingt, als rängen sie ihren Instrumenten den letzten je auf Erden gespielten Ton ab. Hier im antiken Theater von Samos ist für Musiker wie für Zuschauer ein tiefes Kraftschöpfen aus der Essenz von Kultur möglich. In den Pausen trinkt man statt Champagner griechisches Dosenbier – und es schmeckt wie Ambrosia. Julia Kaiser www.samosfestival.com Foto: Kevin Dalferth; Steven Haberland Mozart@augsburg: Doktor Stradivari Musik-Krimi Folge 4: Der letzte Kastrat Von Ol i v e r Bu s l au V iele halten Kastraten für ein musikhistorische Raritäten. Aber wie gesagt …“ Phänomen der Barockzeit“, sagte Von Papenburg kam zurück. „Zum Glück Leon von Papenburg, als er Doktor habe ich meine wertvollsten Stücke fotografiert“, Stradivari und den Versicherungs- sagte er und zeigte Doktor Stradivari ein Bild. Es detektiv Robert Fleischer durch seinen noblen zeigte Papenburg selbst, der eine Schellackplatte Antiquitätenladen führte. „Aber der letzte in der Hand hielt. Auf dem hellroten Etikett war Kastrat starb erst im 1922. Er hieß Alessandro etwas zu lesen, das wie eine Unterschrift aussah. Moreschi, und es gibt von ihm sogar Schall- In Druckbuchstaben stand daneben: Alessandro plattenaufnahmen. Genau darum geht es.“ Moreschi – Puccini: Il tabarro. Von Papenburg führte die beiden Männer durch eine Metalltür und drückte auf einen Lichtschalter. Neonlampen flackerten auf und beleuchteten ein Chaos aus umgestürzten Regalen. Das einzige Fenster des Lagers war zerbrochen, das Gitter davor zersägt. „Ich bin noch nicht ganz durch mit der Bestandsaufnahme“, sagte der Wenn Sie die Lösung wissen, schreiben Sie sie an Antiquar, „aber eines steht fest. Die [email protected] oder postalisch an Diebe haben eine Schallplatte von RONDO, Johannisplatz 3a, 81667 München – Ihre Moreschi gestohlen, die ich für drei- Kontaktdaten nicht vergessen! Unter allen Zuhunderttausend Euro anbieten wollte. schriften verlost Rondo in Kooperation mit dem Ein absolutes Unikat. Das Etikett der Label naïve fünf Exemplare des neuen CaffarelliPlatte trug sogar Moreschis Unter- Arien-Recitals von Countertenor Franco Fagioli. schrift. Warten Sie bitte einen Moment. Einsendeschluss ist der 16. September. Ich bin gleich zurück.“ Von Papenburg ließ die beiden allein. Fleischer inspizierte das Fenster. „Das „Er singt die berühmte Arie ‚O mio babbino sieht ziemlich realistisch aus. Es ist ihnen caro‘“, erklärte von Papenburg. „Aufgenommen sogar gelungen, die Alarmanlage lahmzulegen.“ 1904. Mit Klavierbegleitung. Es war seine zweite Er sah Doktor Stradivari an. „Wenn wir keinen Aufnahmesitzung. Die erste fand 1902 statt.“ Betrug nachweisen können, wird es teuer für Fleischer hob die Schultern. „Die Verdie Versicherung. Haben Sie eine Idee?“ sicherung wird wohl zahlen müssen“, sagte er. „Könnte sein“, sagte Doktor Stradivari. Doktor Stradivari lächelte. Dann schüttelte „Warten wir ab, wie er beweisen will, dass er die er den Kopf. „Das glaube ich nicht.“ Platte wirklich besessen hat.“ Was lässt Doktor Stradivari an der Dieb„Sie meinen, das stimmt? Ich habe ja auch stahlgeschichte zweifeln? ein paar CDs mit Kastratenarien und habe www.oliverbuslau.de auch schon darüber gelesen. Händel, Vivaldi und so was haben die gesungen. Und da soll Auflösung aus Magazin 03/2013: einer bis 1922 gelebt haben?“ Violoncello und Cembalo bildeten das „Allerdings“, sagte Stradivari. „Moreschi hat Continuo der Triosonaten, macht bei zwei zwei Mal Aufnahmen gemacht – mit Kirchen- Melodiestimmen insgesamt vier Musiker. musik, aber auch mit italienischen Liedern, Nur drei der Brüder verließen das Haus, also soweit ich mich erinnere. Die Dokumente sind lauerte der vierte noch drinnen. Doktor Stradivari ermittelt – und Sie können gewinnen! 31 Proben, Pleiten und Premieren: Höhepunkte in Oper und Konzert Von Rol a n d M ac k e s Zwergenaufstand: Die Meistersinger von Regisseur Stefan Herheim Da waren’s nur noch zwei: Helga Rabl-Stadler, SvenEric Bechtolf und der scheidende Alexander Pereira 32 Die Salzburge r Fe stspiele 2013 – das war diesmal vor allem viel Lärm um wenig. Da rauschte es vorab gewaltig im Blätterwald, denn der vorfristige Abgang von Intendant Alexander Pereira war kein schöner. Obwohl Österreicher, überforderte er die Provinzstadt, wo jeder mitreden und mitregieren will, gleich mehrfach. Seine Risikoplanung mit dramatisch gesteigerten Vorstellungszahlen, wo sich erst am Ende zeigt, ob man ausgeglichen budgetiert hat, ist die eine Sache. Sein autokratischer Führungsstil, der vor allem die das Repräsentieren gewohnte Präsidentin Helga Rabl-Stadler verstimmte, eine andere. Pereira also verabschiedet sich bereits nach drei Spielzeiten an die Mailänder Scala, die er schon im Herbst 2014 übernimmt, dann gibt es zwei Jahre als Übergangs-Duo Rabl-Stadler und den bisherigen Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf – und dann wollen alle Markus Hinterhäuser, den Intendanten von 2011, der in Salzburg mit allen, die wichtig sind, verwandt oder zumindest gut bekannt ist. So eben geht Kleinstadtpolitik. Und dann verlangen auch noch die Wiener Philharmoniker Mitspracherecht bei der Intendantenfindung und drohen mal wieder mit dem sommerlichen Abgang nach Fernost. Sollen sie doch, kann man nur sagen. Mit Ausnahme ihrer Orchesterkonzerte sind sie durchaus ersetzbar. Und wahrscheinlich sogar zu günstigeren Preisen. Und was hatte dagegen die Kunst auszurichten? Erstaunlich wenig. 12 Opern waren angesetzt, vier davon konzertant, eine „Entführung“ als einmaliges TV-Event im Hangar Sieben von „Red Bull“-Milliardär Dietrich Konzertante Jungfrau: Jeanne d’Arc 2013 mit Manfred Honeck (Musikalische Leitung), Johan Reuter (Gilles de Rais) Don Carlo: Anja Harteros als Elisabetta und Jonas Kaufmann als Don Carlo Fotos: Salzburger Festspiele/Forster; Luigi Caputo; Monika Rittershaus Fanfare Mateschitz und zwei Übernahmen: Mozarts elegisch-retrospektiver „Lucio Silla“ von der Mozart-Woche mit Rolando Villazón und Cecilia Bartolis grandiose One-Woman-Show „Norma“ von Pfingsten. Ohne Szene gab es in einem kleinen, gemeinsam mit dem Schauspiel veranstalteten „Johanna von Orleans“-Zyklus Walter Braunfels’ „Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna“. Wunderbar überzeugend dirigiert von Manfred Honeck, souverän anrührend gestaltet von Juliane Banse und einem hervorragenden Ensemble. Das hätte man viel lieber szenisch gesehen, als den dröge zum JosephBeuys-Doppelgänger aufgemotzten Ritter „Gawain“ von Harrison Birtwistle. Es hat schon seine Gründe, dass diese schleppende König-Arthus-Variante seit 1991 nirgendwo nachgespielt wurde. Da konnte auch das „Soldaten“-Winning Team vom letzten Sommer, Ingo Metzmacher und Alvis Hermanis, nichts retten. Ebenfalls konzertant gab es Verdis siebte und eine seiner schwächsten Opern, „Giovanna d’Arco“, freilich nobilitiert durch den unermüdlichen Plácido Domingo und eine hinreißende Anna Netrebko auf der Durchgangsstation zu schwereren VerdiPartien. Zum 200. Wagner-Geburtstag gab es zudem, erstmals seit 1938, „Die Meistersinger“, von Regiespielernatur Stefan Herheim freilich verharmlosend biedermeierlich, wenn auch virtuos plattgemacht mit Sängern als vokalen Zwergen zwischen Riesenmöbeln. Daniele Gatti dirigierte konfus, Michael Volle konnte sich als Hans Sachs nicht wirklich durchsetzen. Selbst der gala-glamouröse „Don Carlo“ blieb hinter den hochgespannten Erwartungen zurück. Natürlich sind Anja Harteros und Jonas Kaufmann ein wunderfeines Liebespaar, aber mit Matti Salminen, Thomas Hampson und Robert Lloyd war auch ein Aufstand der zu alten Opernmänner zu erleben. Ganz zu schweigen von Peter Steins hölzernen Regie in wie laubgesägten Kulissen. Groß und öde war das über weite Strecken, zum Glück wurde es befeuert von Antonio Pappano am Pult der Wiener Philharmoniker. Nachtigall, ick hör Dir trapsen: Mirella Hagen (Waldvogel), Lance Ryan (Siegfried) und Burkhard Ulrich (Mime) im Bayreuther „Siegfried“ Da Capo Gezischtes Doppel: Premierennotizen der RONDO-Opernkritik Massenet-Soufflé Fotos: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath Anhaltisches Theater, Dessau Massenet„Esclarmonde“ Die Belle époque – Sehnsuchts-Epoche jedes Paris-Touristen – erfand nicht nur den Eiffelturm, Glanz und Elend der Kokotten und eine Schwäche für Sahne-Baisers. Auch die Vorliebe für Saison-Chic, für Talmi, Strass und falschen Flitter kam damals in die Welt. Perfekter musikalischer Ausdruck dieser Lust am Neuen war der heute als „Modekomponist“ bespöttelte Jules Massenet. Dass sein Hauptwerk „Esclarmonde“ (1889) so lange auf eine deutsche Erstaufführung warten musste, sagt etwas über die Verschmälerung unseres Repertoires. Auch Werke wie „Le Cid“, „Hérodiade“, „Cléopatre“ oder „Chérubin“ haben in Wirklichkeit ihr Verfallsdatum nicht erreicht – und könnten einmal wieder zum dernier cri einer Hauptstadt-Saison erklärt werden. Nun ist es das Anhaltische Theater Dessau, das sich einer Aufgabe annimmt, die eigentlich Berlin anstünde. Die Dessauer Ensemble-Diva Angelina Ruzzafante – ein Name, den man nicht erfinden kann – betört als unkeusche Zauberin im Fantasy-Mittelalter Massenets. Nicht nur der schwarze Ritter Roland (mit großartigen Reserven: Sung Kyu Park) zieht für sie in den Kampf. Auch das Publikum verfällt den byzantinischen Beschwörungskünsten. Immerhin: In der Schallplattengeschichte zeigte sich der Titelrolle bislang nur Joan Sutherland gewachsen. Daniel Carlberg am Pult der Anhaltischen Philharmonie bäckt, be- lüftet und beduftet Massenets Kirsch-Soufflé. Eine Aufführung, die scharenweise Publikum aus Berlin und Wien anlockte. Sie platziert eine preiswürdige Ohrfeige im Gesicht jener Sparpolitiker in SachsenAnhalt, die soeben dem 1100 Plätze-Haus die Beine weghauen wollen. Durch eine geplante Kahlschlag-Aktion sollen dem Theater die Subventionen zusammengestrichen werden. Wodurch das Haus handlungsunfähig würde, während nicht einmal 3 Millionen Euro gespart würden. Ausgrabungen wie diese, welche Theatertraditionen neu beleben, wären ein für alle Mal perdu. Sagen wir es deutlich: Dessau gelingt mit „Esclarmonde“ der Fund des Jahres. Bitte weiter so! Robert Fraunholzer Wagner-Jubiläum, rotzig-rüde bis zärtlich Bayreuther Festspiele Wagner: „Der Ring des Nibelungen“ Ja, die Wahl dieses noch – wie es sich gehört – umstrittenen, später sicher einmal verklärten Jubiläums-„Ring“-Gespanns zu Wagners 200. Geburtstag war für die Bayreuther Festspiele eine richtige. Sie offerierte mit Kirill Petrenko einen der wichtigsten Nachwuchsdirigenten mit einer brillant-eigenständigen Interpretation samt einer selbst hier selten ausgeglichenen Besetzung von weitgehend hohem Niveau: Catherine Fosters mädchenhafte Brünnhilde, Wolfgang Kochs mieserfieser, baritonal schlanker Wotan, Johan Botha und Anja Kampe als WälsungenTraumpaar. Und Frank Castorf, trotz diverser Formschwankungen immer noch diskursanführender Regisseur im deutschsprachigen Theaterbereich, hat eine rotzig-rüde, auch zärtliche Deutung präsentiert, die eine morbid-zerfallende Welt vorführt; eine Welt, die pessimistisch ist, aber liebevoll im Detail; und die Wagners Wesen sehr nah an uns heranzoomt, was auch unangenehm werden kann. Man kann in dieser staunen machenden, durchaus zur Abwehr herausfordernden Bayreuther Tetralogie sehr viel über uns selbst lernen. Der grandiose Aleksandar Denic hat auf die Drehbühne für „Rheingold“ ein Motel an der Route 66 gebaut, in dem eine Gangsterstory im Stil von Siebzigerjahre-Filmen abläuft. „Die Walküre“ spielt auf einer Ölförderstation Anfang des 20. Jahrhunderts in Aserbaidschan, die in den Strudel der russischen Revolution gerissen wird. „Siegfried“ ist an einem kommunistischen Mount Rushmore mit den Köpfen von Marx, Lenin, Stalin und Mao sowie am Berliner Alexanderplatz kurz vor der Wende loziert, die „Götterdämmerung“ im Berlin der Post-DDR und an der Wall Street. So hat diese Inszenierung Bilder geschaffen, die wohl zu „Ring“-Ikonen werden, Konstellationen gezeigt, die nachwirken. Sie hat einen politisch-philosophischen Diskurs angerissen, ohne zur Conclusio zu kommen. Sie ist auf nicht immer leicht erkennbaren Ölspuren durch Zeiten, Länder und Systeme mäandert, ohne formvollendete Lösung, gar Er-Lösung zu bieten. Castorfs „Ring“-Formel ist, dass es keine gibt, und sich irgendwie doch alles fügt, weitergeht. Einen Reim muss sich erst der aktive Zuschauer drauf machen. Roland Mackes 33 Das Klassik & Jazz Magazin 4/2013 Die RONDO-CD ist die ideale Ergänzung zur Heftlektüre. Wenn Sie diese CD mit Hörproben auch gerne regelmäßig erhalten möchten, bestellen Sie einfach ein Abonnement unter www.rondomagazin.de 9 Isabelle Faust, Daniel Harding, Schwedisches RSO Bartók: Violinkonzerte (hm) Violinkonzert Nr. 1 Sz 36 op. posth., Andante sostenuto (Auszug) 3:24 #58 H ör be is pi el e au s . ed . rv nly se o re n s tio ht o . rig rom sale All r p for Fo ot N 1 ak tu le CD s 1 Anna Netrebko, Orchestra Teatro Regio Torino, Gianandrea Noseda Verdi (Universal/ DG) „La luce langue“ aus „Macbeth“ 3:54 2 Nils Mönkemeyer, Maximilian Hornung, Nicholas Rimmer Gassenhauer (Sony) Brahms: Intermezzo op. 117/I (arr. für Klaviertrio) 4:16 3 Olga Peretyatko, NDR Sinfonieorchester, Enrique Mazzola Arabesque (Sony) Bellini: „Son vergin vezzosa“ aus „I Puritani“ 4:20 4 Igor Levit troppo 3:46 34 8 n #5 el rte In n: s: v e “ hm tho sta e , Bra ee p y – B m sk er – te us to m evit ella ro tan ) L d Ja n ug r Rim o z g , 4 r ro 7 a n us r – un 0 l’o 0 m (A e rn 4:2 ra 2:2 ro uto ym r nHo sa“ : „ F ug) lleg ten Ke Do , er, zo se sz A ns er, e „ eir ey ez as u w: so es uit m v H (A o te Kli -S ofm nke rgin i – ace nin an ett H no o : ön ve as iv a d 11 all M on in . V hm A n 2 r B 14 – B en , 2 „ S , M sto Rac 1 3:2 s de :36 hi ov i: ro re – Nr. a u ) 3 arc th er4 P 8 a g M ee B :5 llin d’o 3, le r t . 4 u B or “ 3 Be o r. tt ze p gio sz e th – m N Ra on ik o Ada (Au n, D – kch ä tt n im k s e be la o ie , “ ac z zo Il P fon ov lin u ski: ida ns r te dfu iih „ M a li, Sin Pop Vio er tmow A Ha Qua un – R – R rn ud us , M io k: n z ik ste “ a RD ag er t: 8 r tó Ko ha ele 15 nia ey, ho ma a h: sc „C 3 o ls Sc ri ue s N F b 2 ng e 5 chu 5:4 – B it – T i: 4:4 arm Ha ,G 1 m i rd “ la d S “ 18 n ) 3:2 le ce , SO :46 – lo ing de gc Ve haïs hilh 17 3 y ug 3 n – ie a lu o o BO c rd Hin a di „T P 7 :2 De sz „ L atk p F in Ha f – Hu n us 16 4:2 ... 3 n (Au o i: ty op o, a ra a rd re tr ad ir st, Gra 12 o n“ 1 gro erz v r. 1 Ve Pe non as : „ M Fau O, 7 n, M atio 4:0 lle H 19 ie N – A ein a s-C ra a 3 DS 3:3 an dit g) o. 4 éd ed 6 e m ra rpo 9 n, te fm é zu rz s, m 5:1 op os :1 ac He Po :17 an an au „ M us che au Bb mn 6 rm nd K e t: (A S eh lu y , N /I 4 Viv 6 – n en“ me e. A 13 sen sa“ 8/II, r: G o C e: G ko 17 0, o eb p. 1 r. 3 :10 rco ck nc as sp . 1 e g ati e tr o N 2 a lo Zimma :0 4 M ra op ard Tan S N zzo te ug) , M G 4 – tt H li ie 10 : Ro n“ er „Ca r te – ki: e a z e n m Son us r to „ D a lin re h i: (A Ba aus :24 liè sc ild cin Qu 3 G rö M Hörbeispiele aus aktuellen CDs Beethoven: Sonaten (Sony) Sonate Nr. 30 EDur op. 109, 1. Satz Vivace ma non 5 Franco Fagioli, Il Pomo d’oro, Riccardo Minasi Arien für Caffarelli (Indigo/naïve) Hasse: „Fra l’orror della tempesta“ aus „Siroe“ (Auszug) 2:10 6 Pablo Heras-Casado, Freiburger Barockorchester Schubert: Sinfonien Nr. 3 & 4 (hm) Sinfonie Nr. 3 D-Dur D. 200, Presto vivace (Auszug) 2:20 7 Philippe Jaroussky, Cecilia Bartoli, Venice Baroque Orchestra, Andrea Marcon Farinelli Porpora Arias (Warner Classics/Erato) Porpora: „Mira in cielo“ aus „Arianna e Teseo“ 5:42 8 Dmytro Popov, Rundfunkchor Berlin, Berliner Phil harmoniker, Simon Rattle Rachmaninow: „Die Glocken“ op. 35, Sinfonische Tänze (Warner Classics) Allegro ma non tanto aus „Die Glocken“ 6:17 10 Tabea Zimmermann, DSO Berlin, Hans Graf Hindemith: Complete Viola Works Vol 1 (hm/Myrios) Konzertmusik op. 48a, Langsam. Schreitende Achtel 3:22 11 Felix Klieser, Christoph Keymer Kammermusik mit Horn (Edel/Berlin Classics) Glière: Stücke für Horn und Klavier op. 35/VI, Romance. Andante 3:37 12 Claire Huangci Dornröschen-Balletttranskriptionen (Edel/Berlin Classics) Tschaikowski: Adagio aus der Ballett-Suite „Dornröschen“ op. 66 (Arr. Mikhail Pletnev) 4:04 13 Jonas Kaufmann, Pier Giorgio Morandi, Orchestra dell’Opera di Parma u. a. The Verdi Album (Sony) „Celeste Aida“ aus „Aida“ (Auszug) 3:36 plus 14 Andreas Martin Hofmeir, Andreas Mildner Why not? Tuba und Harfe (Note 1/ genuin) Massenet: „Méditation“ aus „Thaïs“ 4:43 15 David Hansen, Academia Montis Regalis, Alessandro De Marchi Rivals: Farinelli u. a. (Sony/dhm) „Cara sposa“ aus „Griselda“ (Auszug) 4:01 16 Philharmonia Quartett Beethoven: Streichquartette op. 18 (Naxos/ Thorofon) Streichquartett G-Dur op. 18/II, Scherzo. Allegro 4:27 17 Simon Halsey, Rundfunk chor Berlin Morgenlicht (Universal/DG) Harder: Geh aus, mein Herz, und suche Freud EG 503 3:23 18 Matthias Schorn 19 Born To Be Schorn (hm/Cavi) Riihimäki: Tango CluBb 5:14 Christoph von Deylen, Hélène Grimaud OPUS (Universal/ We love music) Satie: Gymnopédie Nr. 1 (Auszug) 3:21 K KLASSIK Claude Balbastre, Louis-Claude Daquin, Louis Vierne u. a. Three Centuries of Organ Music at NotreDame de Paris ●●●●● Olivier Latry Naïve/Indigo (77 Min., 1/2013) ne („Mondschein“, „Irrlichter“ und „Das Glockenspiel von Westminster“) vertreten, während im 20. Jahrhundert Improvisationen im Vordergrund stehen, zu denen sogar ein Boléro mit Schlagzeug von Pierre Cocherau gehört. Seine Musikerseele verkauft Latry dabei mitnichten: Mit echt französischem Klangfarbensinn, stets epochengerechten Registrierungen, aufnahmetechnisch hervorragend eingefangenen Echound Fernklangwirkungen sowie einer mühelos wirkenden und nie auftrumpfenden Virtuosität beweist er einfach nur, dass sich sein Instrument nicht hinter Weihrauchschwaden verstecken muss. Carsten Niemann George Benjamin Written On Skin, Duet Kein Choral und keine Fuge – und trotzdem soll diese CD drei Jahrhunderte Orgelmusik an NotreDame de Paris repräsentieren? Sie tut es tatsächlich – denn die meisten Titularorganisten, die an der seit der Barockzeit beständig erweiterten Hauptorgel Platz nahmen, wussten sehr wohl den Bedarf ihrer Hörer nach populären Formaten zu bedienen. Wenn ihr Nachfolger Olivier Latry großzügig ein Register nach dem anderen herausreißt, um die CD mit einer rhythmisch packenden und – bei richtig eingestellter Lautstärke – das ganze Zimmer in Vibrationen versetzenden Improvisation zu beschließen, dann kann er sich auch hierin als getreuer Erbe einer langen Tradition fühlen: Schon als Louis-Claude Daquin (1694–1772) die Orgel schlug, mussten eigens eingesetzte Ordner den Strom der Zuhörer im Zaum halten, und seinem ebenfalls auf der CD vertretenen Kollegen Claude-Bénigne Balbastre (1727–1799) wurde in einer anderen Kirche sogar das Spiel in der weihnachtlichen Mitternachtsmesse verwehrt. Von Balbastre hat Latry ein Schlachtengemälde über die Marseillaise und das Revolutionslied „Ah! Ça ira“ ausgegraben. Das 19. Jahrhundert ist unter anderem mit drei tonmalerischen Fantasiestücken von Louis Vier- ●●●●○ Klassik-CD des Monats Barbara Hannigan, Bejun Mehta, Christopher Purves, Pierre-Laurent Aimard, George Benjamin, Mahler Chamber Orchestra u.a. Nimbus/Edel (2CDs, 103 Min., 7/2012) Olga Peretyatko, NDR Sinfonieorchester, Enrique Mazzola, Sony (75 Min., 6/2013) Schon 2000 hatte sich die finnische Komponistin Kaija Saariaho für ihr Operndebüt „L’Amour de loin“ ein Kapitel aus dem Goldenen Zeitalter der Troubadoure ausgewählt. Und wie so oft, ging die mittelalterliche LoveStory zwischen dem berühmten Troubadour Jaufré Rudel und einer Prinzessin ohne Happy End aus. Ein ähnliches Schicksal ereilt auch die beiden Protagonisten in der Oper „Written On Skin“ des Engländers George Benjamin. So hat sich Benjamins Librettist Martin Crimp von einer TroubadourSage aus dem 13. Jahrhundert inspirieren lassen, in der der Troubadour Guillem de Cabestanh sein Herz an die Angebetete gleich im doppelten Sinne verlor. Denn zum Schluss muss sie den Lebensmuskel essen, der ihr vom betrogenen Ehemann aufgetischt wird. Bei Crimp / Benjamin fungiert nun der Troubadour zudem als Buchmaler, der im Auftrag eines Herrschers seine grausamen Taten be- Schon das Debüt-Recital von Olga Peretyatko wirkte wie ein großes, einladendes Haus. Genau diesen Eindruck vermittelt auch ihr zweites Album „Arabesque“. Da gibt es viele Zimmer, alle mit persönlicher Note individuell eingerichtet. Gleich beim Betreten der Eingangshalle wird klar, dass sich die Besitzerin nicht lumpen lässt und weiß, wie man Gäste beeindruckt: Mozarts hochvirtuose Konzertarie „Ah se in ciel, benigne stelle“ mit ihren endlosen Läufen und üppigen Koloraturen hat niemals besser geklungen als bei der jungen Russin. Und so geleitet die Hausherrin den Besucher von Raum zu Raum, vom Salon bis ins Spielzimmer. Fast alle weisen lebhafte Farben auf, nur eines ist in deutlich ruhigeren Tönen gehalten – mit der „Figaro“-Susanna gestattet Signora Peretyatko sogar einen Blick in ihr wunderschönes Schlafzimmer. Während des gesamten Rundgangs, auf dem man die übrigen Bewohner namens Rossini, Bellini, Verdi, Gounod, Bizet, Dell›Acqua, Arditi und Strauß kennenlernt, lässt sie ihre warme, klare Stimme mit den geschmeidig blitzenden Koloraturen und der fulminanten Höhe durch die Gänge schallen. Auch bei (stets sauber eingefassten) Spitzentönen dünnt die Stimme nicht aus, behält vielmehr Substanz und Rundung. Am Ende entlässt die Gastgeberin die Bewunderer in den Garten, wo Alabieffs „Nachtigall“ in den Zweigen versteckt ein Abschiedslied singt. Kluge Zeitgenossen gehen allerdings nicht ohne die Zusicherung, auch das nächste Haus der Dame besichtigen zu dürfen. Michael Blümke Abonnenten-CD: Track 3 Diverse Arabesque (Arien von Mozart, Rossini, Bellini, Gounod u. a .) ●●●●● 35 Klass i k Vokal total von Michael Blümke Was was nützt es, ein neues Werk kennenlernen zu können, wenn man sich wegen der stimmlichen und technischen Unzulänglichkeiten der Solisten am liebsten die Ohren zuhalten möchte. Nun verspüren die großen Namen nicht immer Lust, eine Partie nur für einige wenige Aufführungen einzustudieren, doch herrscht an guten und sehr guten Sängern ohne großen Namen kein Mangel. Hat man die richtigen gefunden, wird der Hörer im Idealfall – wie hier geschehen – doppelt belohnt, weil die Solisten zu einem echten Ensemble verschmelzen und so tatsächlich die Oper im Mittelpunkt steht. Schon vor zwei Jahren bescherten uns Frieder Bernius und seine Hofkapelle Stuttgart mit Johann Rudolph Zumsteegs „Die Zauberinsel“ (siehe RONDO 3/2011) eine veritable Entdeckung. Der fügen sie jetzt mit der Rübezahl-Oper „Der Berggeist“ eine weitere hinzu und machen damit gleichzeitig zu dessen 250. Geburtstag mit dem Opernkomponisten Franz Danzi bekannt. Denn dass der für seine Bläserwerke bekannte Jubilar auch 16 Opern schrieb, ist vermutlich nicht allen geläufig. Mit einem selbstbewussten Tenor in der Titelrolle (Colin Balzer) und der jugendlich frischen Sarah Wegener als weibliche Protagonistin machen die Stuttgarter überzeugend für eine der ersten romantischen Opern überhaupt Werbung. (Carus/Note 1) Wer auf die Frage nach dem Komponisten der „Finta giardiniera“ Mozart nennt, gibt zwar eine richtige, aber nicht die einzig mögliche Antwort. Schon ein Jahr vor Mozart nämlich hatte Pasquale Anfossi für das Teatro delle Dame in Rom dasselbe Libretto vertont. Und zwar sehr pfiffig und einfallsreich, weshalb sich das Ergebnis absolut nicht vor dem ungleich populäreren Schwesterwerk des großen Salzburgers verstecken muss. Das beweist auch dieser Mitschnitt, bei dem Dirigent Werner Ehrhardt für ordentlich Pep und Stimmung sorgt und Nuria Rial als vermeintliche Gärtnerin verzaubert. (Auch wenn es unfair ist, nur sie herauszugreifen, wo es doch ein wirklich tolles Ensemble ist, dem die Gesamtleistung zu verdanken ist.) (dhm/Sony) Führen wir unser Fragespiel ruhig noch ein bisschen weiter. Auch beim „Figaro“ fällt uns als Schöpfer natürlich gleich Mozart ein. Und wieder ist das nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt sogar einen doppelten Figaro, und für den ist Saverio Mercadante verantwortlich. „I due Figaro“ spielt 15 Jahre nach dem ersten Teil, der ja in Wirklichkeit der zweite Teil ist, weil das Geschehen schon im „Barbiere di Siviglia“ seinen Lauf nimmt. Doch wie auch immer, was Riccardo Muti da mit einer Schar junger italienischer Sänger auf die Bühne des Teatro Alighieri in Ravenna bringt, beschert dem Hörer drei vergnügliche Stunden. (Ducale/harmonia mundi) Ganz besonders eingesetzt hat sich Riccardo Muti stets für Luigi Cherubini, auch die erste – und bisher einzige – Einspielung der comédie héroïque „Lodoïska“ ging 1991 auf sein Konto. Gut 20 Jahre nach dieser Pioniertat gibt es nun dank Jérémie Rhorer eine Nachfolgerin. Mit seinem Ensemble Le Cercle de l‘Harmonie stellt der Franzose das seinerzeit unvorstellbar erfolgreiche Werk (allein 200 Aufführungen im ersten Jahr!) erneut zur Diskussion. Sein überzeugendstes Argument dabei ist Nathalie Manfrino, die sich mit Hingabe und Leidenschaft in die Titelrolle wirft und dabei von den Kollegen nach Kräften unterstützt wird. (ambroisie/Indigo) 36 bildern soll und dabei die junge Agnès kennen und lieben lernt. Im Gegensatz zu Kaija Saariahos hauchzart-filigraner Musik besitzt die Benjamin’sche zwar ein dramatischeres Potential. Trotzdem holt auch er nur selten zur großen, aufschreckenden Fortissimo-Geste aus. Bei ihm baut sich das aufziehende Gewitter in dieser Dreiecksgeschichte vielmehr mit suggestivem Glühen im Vokalen auf. Und das Mahler Chamber Orchestra, das Benjamin 2012 bei diesem Live-Mitschnitt von der Uraufführung in Aix-en-Provence dirigierte, sorgt für ungemeine Reibungsenergien und eine koloristische Bandbreite, die von Alte Musik-Assoziationen bis zur gemäßigten Moderne reicht. So glänzend das vom MCO gespielt wird, so packend präsentieren sich die drei Protagonisten. Bariton Christopher Purves ist als „Protector“ ein wahrer Dämon. Bei Sopranistin Barbara Hannigan als Angès schwingt von Beginn an das Unheilvolle mit. Und Countertenor Bejun Mehta verführt stimmschauspielerisch mit sinnlichster Unschuldsmiene. Solch ein hohes sängerisches Niveau ist daher das I-Tüpfelchen auf einem neuen Musiktheater-Stück, das im Gegensatz zu vielen anderen Novitäten nicht so schnell wieder in den Schubladen landen wird. Quasi als instrumentale Zugabe ist Pierre-Laurent Aimard in dem „Duet“ für Klavier und Orchester zu hören. Und als alter BenjaminSpezialist weiß er nur zu genau, wie er all die zersplitterten Klangkristalle illuminieren muss. Guido Fischer Hector Berlioz, Franz Liszt Symphonie fantastique, Les Préludes ●●○○○ Daniel Barenboim, WestEastern Divan Orchestra Decca/Universal (68 Min., 8/2009) […] Würde man diese Einspielung hören, ohne die Namen seiner Protagonisten zu kennen, könnte man schnell vermuten, dass es sich hierbei um ein solide musizierendes Orchester aus der Provinz handelt (nebenbei gibt es da mittlerweile um Längen Bessere als das West-Eastern Divan Orchestra). Die einzelnen OrchesterStimmen machen ihre Sache gut. Und auch die bizarren Tutti-Passagen kommen passabel über die Rampe. Doch die Hochspannung, die sich quer durch die fünf Sätze zieht, erschlafft schon im ersten Satz. Und während die „Szene auf dem Lande“ sich in Larmoyanz ergeht, fehlt der jetzt altväterlichen „Ball“-Szene völlig der gallische Esprit. Beim „Hexensabbat“ hat man dann zwar noch einmal effektvoll alle Kräfte gebündelt. Spätestens auf der Zielgeraden geht aber gerade den Blechbläsern die Puste aus, wird das Furioso zur einzigen Holperstrecke. Immerhin mit Liszts „Les Préludes“ konnten die Musiker unter der Leitung des Wagnerianers Barenboim etwas anfangen. Reinhard Lemelle Walter Braunfels, Richard Strauss Streichquintett fis-Moll op. 63, Metamorphosen ●●●●○ Gringolts Quartett, Dariusz Mizera, Claudius Herrmann, David Geringas Profil Edition/Naxos (64 Min., 1/2012) […] Das personell erweiterte „Gringolts Quartett“ beglückt den Hörer mit erstklassig durchstrukturiertem, faszinierend lebendigem Spiel und bringt mit erstaunlicher Wandlungsfähigkeit sowohl die Strauss’sche Klangverliebtheit wie auch die tendenzielle Rauigkeit und Spröde der Braunfels’schen Musik überzeugend zur Geltung: eine CD, die zu tiefem Hineintauchen nicht nur einlädt, sondern beinahe zwingt. Michael Wersin Benjamin Britten Cello Symphony, CelloSuiten, Cello-Sonate u.a. ●●●●○ Alban Gerhardt, Steven Osborne, BBC Scottish Symphony Orchestra, Andrew Manze Hyperion/New Arts International (119 Min., 2 CDs, 12/2011, 3/2012) Der vor genau hundert Jahren geborene Instrumentalkomponist Benjamin Britten stand zu seinen Lebzeiten stets im engen Kontakt mit den bedeutendsten Solisten. Dazu zählten Pianist Svjatoslav Richter, Gitarrist Julian Bream (der am 15. Juli seinen Achtzigsten feiern durfte!) und vor allem Cellist Mstislav Rostropowitsch. 1960 war man sich erstmals auf Initiative des gemeinsamen Freundes Dmitri Schostakowitsch in London begegnet. Kurz darauf entstand mit der Cello-Sonate op. 65 das erste von insgesamt fünf Meisterwerken für „Slava“. Und warum Britten ein großer Bewunderer von Schostakowitsch war, wird gerade im Finalsatz und dank des kraftvoll maschinenhaften sowie doppelbödig verschmitzten Zusammenspiels von Alban Gerhardt und Pianist Steven Osborne überdeutlich. Doch auch bei der Cello Symphony (1963) und in den drei Solo-Suiten (1964, 1967, 1971) beschwört Gerhardt immer wieder ungemein eindringlich, spannungsgeladen und mit atemreichem Melos den Geist von Brittens russischem Kollegen. Geradezu beängstigend wirken da gleich zu Beginn des konzertanten Dramas Gerhardts dunkle Schraffuren. Und das von Andrew Manze geleitete BBC Scottish Symphony Orchestra weiß dabei das fortan unter Hochdruck stehende Werk auch mit einer bewundernswert aufwandarmen Intensität zu stabilisieren. Vollends zu einem diskografischen Glücksfall im Britten-Jahr 2013 gerät schließlich Alban Gerhardts Spiel in den drei Solo-Suiten, die bei ihm nur von ganz weiter Ferne eine Klangbrücke zu Bach schlagen. Denn al- les, was Gerhardt in diesem riesigen Kaleidoskop von Stimmungen und Spieltechniken mit unverstellt elektrisierendem Ausdruck freilegt, wird nun zum Spiegelbild eines auch von Zweifeln, Ängsten und Hoffnungen getriebenen Künstlers im 20. Jahrhundert. Guido Fischer William Byrd, Matthew Locke, Orlando Gibbons, Alfonso Ferra bosco, Jon Bull u.a. Fabulous London – Englische Musik für Gambenconsort ●●●●● Les Escapades, Barbara Leitherer, Andrea Cordula Baur Christophorus/Note 1 (62 Min., 10/2012) […] Von Gamben gespielt, vermitteln diese polyphon gesetzten Kleinode eine bezwingende Ruhe und ein unübertreffliches Wohlgefühl – zumal wenn in jeder Hinsicht so vollkommen musiziert wird wie von den vier Damen des Ensembles „Les Escapades“, die häufig ergänzt werden durch die Bass-Gambistin Barbara Leitherer und vor allem auch durch die ebenso kompetente wie einfühlsame Lautenistin Andrea Cordula Baur. Letztere mischt sich z. B. in Thomas Simpsons „Bonny Sweet Robin“ zart in das horizontale Liniengeflecht ein und stärkt dezent das vertikale harmonische Gerüst, ohne sich jemals in den Vordergrund zu spielen. Achtung: eine wahrhaft wundervolle CD, deren Bannkreis man nicht so leicht zu entkommen (portugiesisch „escapar“) vermag! Michael Wersin Antonio de Cabezón Obras de Musica ●●●●○ Doulce Mémorie, Denis Raisin Dadre Ricercar/Note 1 (64 Min., 10/2011) Die Kunst des Diminuierens gehört zu den faszinierendsten Improvisationstechniken des 16. Jahrhunderts: Einzelne Stimmen einer bestehenden Komposition werden stark ausgeziert, mit kleineren Notenwerten (daher „Diminution“) wird die präexistente Stimme virtuos umspielt. Der blinde spanische Komponist Antonio de Cabezón (1510–1566) hat einige solcher Diminutionen niedergeschrieben; sie wurden von ihm für Tasten- oder Saiteninstrumente geschaffen. Weil bei der Ausführung auf einem solchen Instrument aber häufig nicht der komplette Satz gespielt werden kann und weil die Tabulatur-Notation, in der diese Werke verschriftlicht wurden, nachweislich seinerzeit auch von Blasinstrumentalisten gelesen werden konnten, fühlte sich Denis Raisin Dadre ermutigt, diese Musik auf ein kleines Ensemble historischer Instrumente zu übertragen. Hilfreich ist, dass er die unverzierten Originalversionen der von Cabezón bearbeiteten Stücke, die von anderen Komponisten stammen, den Diminutionen gegenüberstellt. Dadurch kommt der Hörer einerseits in den Genuss der faszinierenden Bearbeitungen, deren Virtuosität niemals aufdringlich wirkt, sondern im Gegenteil eher Ruhe vermittelt; andererseits wird der Vergleich mit der (zumeist gesungenen) Grundlage direkt ermöglicht. Ein Hochgenuss mit ausgesprochen informativen „Nebenwirkungen“. Michael Wersin Martin & Dubois so einiges ab – und dass die Schwierigkeiten des Klaviersatzes dem aufmerksamen Hörer nicht völlig verborgen bleiben, ist der einzige Kritikpunkt an dieser ansonsten höchst empfehlenswerten CD. […]Gemeinsam ist allen Werken der bemerkenswerte musikalische Ideenreichtum, wobei Gouvy freilich nicht gerade ein Avantgardist war: Seine Musik ist von ähnlicher unkomplizierter Spielfreude geprägt wie etwa diejenige seines Zeitgenossen Camille Saint-Saëns, mit dem Gouvy übrigens regelmäßig korrespondierte. Die Faktur des musikalischen Satzes ist stets gediegen und von ausgeprägtem Sinn für die klanglichen Möglichkeiten des KlavierDoppels gekennzeichnet. Ein ausführlicher Beihefttext – der Länge geschuldet nur in Französisch – hilft mittels analytischer Betrachtungen mit Notenbeispielen, das Hörerlebnis zu vertiefen. Michael Wersin Théodore Gouvy So vielversprechend und begeisternd der Mozart-Zyklus des Chamber Orchestra of Europe unter Yannick Nézet-Séguin letztes Jahr mit „Don Giovanni“ begonnen hat, so enttäuschend wird er mit „Così fan tutte“ fortgeführt. Der Start mit einem hochkarätigen Sängeraufgebot war wohl so kostspielig, dass man bei der zweiten Oper entsprechend sparen musste. Es wird zwar zumeist sehr gut gesungen, allerdings ohne Charme, ohne Witz, ohne echte Anteilnahme. Noch nicht einmal in den Rezitativen gelingt Die Werke für zwei K laviere ●●●●○ Laurent Martin, Carole Dubois Ligia/Klassik Center (79 Min., 10/2012) Es klingt durchweg sehr unterhaltsam, ist aber spieltechnisch beileibe keine leichte Kost: Die Musik für zwei Klaviere aus der Feder des Franzosen Théodore Gouvy (1819–1898) verlangt dem Duo Wolfgang Amadeus Mozart Così fan tutte ●●○○○ Miah Persson, Angela Brower, Mojca Erdmann, Rolando Villazón, Adam Plachetka, Alessandro Corbelli, Vocalensemble Rastatt, Chamber Orchestra of Europe, Yannick Nézet-Séguin Deutsche Grammophon/Universal (3 CDs, 178 Min., 7/2012) 37 Klass i k es den Solisten, ein bisschen Interesse zu wecken. Miah Persson ist schlicht keine Fiordiligi, dafür fehlt ihr nicht nur die Tiefe, sondern vor allem der Aplomb. Auch Angela Brower (Dorabella) und Mojca Erdmann (Despina) – obwohl vokal tadellos – mangelt es an Persönlichkeit und Entschiedenheit. Über den Ferrando von Rolando Villazón, der ebenso matt und monochrom daherkommt wie sein Ottavio, breitet man besser den Mantel des Schweigens. Man erahnt nur zu gut die Reichweite der Drohung, der Mexikaner werde alle Tenorpartien in diesem Zyklus übernehmen. Adam Plachetka steuert einen einwandfreien Guglielmo bei, Alessandro Corbellis stimmlich etwas flacher Don Alfonso überzeugt als einzige Figur darstellerisch. Auch wenn sich die Kritikpunkte an den gesanglichen Leistungen im Rahmen halten, muss man doch feststellen, dass eine so gesichtslose und austauschbare, schlicht langweilige „Così“ ab- solut entbehrlich ist und in dem gut sortierten Feld von überzeugenden Aufnahmen keine Überlebenschancen besitzt. Michael Blümke Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Flöte, Harfe und Orchester, Klavierkonzert Nr. 19 & Klaviersonate Nr. 16 arrangiert für Harfe ●●○○○ Xavier de Maistre, Magali Mosnier, Mozarteumorchester Salzburg, Ivor Bolton Sony (64 Min., 2/2013) […] Angesichts kaum wirklich origineller Konzertstücke muss er sich da mit Arrangements behelfen, um die Harfe als vollwertiges Solo-Instrument etablieren zu können. Bei seiner letzten Auf- Im Vergleich Johannes Brahms Sinfonie Nr. 1 u.a. ●●●●○ Swedish Chamber Orchestra, Thomas Dausgaard BIS/Klassik Center (SACD, 65 Min., 3/2011) Johannes Brahms Sinfonien Nr. 1 und 3 ●●○○○ WDR Sinfonieorchester Köln, Jukka-Pekka Saraste Hänssler Profil/Naxos (79 Min., 1/2013) Ich ärgerte mich immer über das Auftauchen jenes abgenutzten, ja eigentlich ekligen Unwortes der Musikrezension, „Entschlacken“, womit zeitgeistig „informierte“ Autoren wohl sagen wollen, sobald ein sinfonisches Werk des abendländischen Kanons in merklich ver- 38 nahme mit Haydn-Konzerten ist das noch geglückt. Aber mit seinem Mozart-Album hat de Maistre nun fast durchweg wieder alle alten Klischees aufgefächert, die dem Vielsaiter lange wie Pech anhafteten. So bietet seine Einrichtung von Mozarts Klaviersonate CDur KV 545 das übliche hübsche Gefunkel und jene liebreizenden Arabesken, die gerade mal Weihnachten oder Warteschleifen versüßen können. In die pianistische Solistenrolle eines Klavierkonzerts kann die Harfe darüber hinaus erst recht nicht schlüpfen. De Maistre bietet bei Mozarts 2. Krönungskonzert F-Dur KV 459 zwar alles auf, was seine glänzend funktionierenden Finger hergeben. Er kann unendliche Triller wie im Laufrad runterspulen. Seine Gesanglichkeit ist ausgenommen tonschön, und auch an Esprit fehlt es ihm nicht. Trotzdem bewegen sich Harfe und Orchester wie in zwei Welten, und das ausgerechnet in einem Konzert, in dem Mozart den gegenseitig sich befruchten- dünnter Besetzung und möglichst ohne Streichervibrato dargeboten werde, sei die Interpretationsgeschichte endlich von allem „Aufgedunsenen“ (liest man auch) bereinigt. Das ist natürlich Ideologie. Dass hier mit Brahms` „Erster“ ein unerhört wach und präzise musizierendes Kammerensemble ein etabliertes Sinfonieorchester regelrecht deklassiert, hat nicht mit unguten Säften, sondern ausschließlich mit der Absicht zu tun, ein in seiner Kanonisiertheit ermüdetes Werk mit erneuertem Staunen zu befragen, anstatt es in schläfriger Vertrautheit zu durchschreiten. Dazu taugt letztlich jedes Mittel, vorausgesetzt, interpretatorische Intelligenz ist am Pulte. Wach wird man vom ersten Takt an mit dem Swedish Chamber Orchestra unter Thomas Dausgaard. Das Tempo der Introduktion ist straff, aber nicht überhetzt, die espressivo-Dialoge der Holzbläser wunderbar ausgesungen und der Paukenwirbel überdröhnt die Streicher einmal nicht. Ich habe immer gedacht, dieser später hinzukomponierte Eingang könne die Atmosphäre brütender Unheilserwartung nur im vertrauten, schweren Kleid entfalten, aber dieser schneidenden „light“-Fassung gelingt es eindringlich, zumal sie in einer seltenen Stringenz auf den tuttiStromschlag zustrebt, mit dem das Allegro beginnt. Wenn ich den Unterschied zur Fassung mit dem WDR Sinfonieorchester Köln unter den Dialog zum oberstes Prinzip erklärt hat. Doch das von der Harfe vorgebende Thema im Finalsatz bleibt nur eine reine Nettigkeit – angesichts des eigentlichen Hauptakteurs, des Mozarteumorchesters Salzburg unter Ivor Bolton. Kaum hat man mit dem vierstimmigen Fugato der Harfe stolz und beschwingt ihre Grenzen aufgezeigt, wünscht man sich, dass sich daraus vielleicht doch eine reine Sinfonie entwickeln möge. Immerhin im zentralen Stück, Mozarts Doppelkonzert für Flöte und Harfe, weiß de Maistre zusammen mit der herrlich aufblühenden Flötenstimme von Magali Mosnier für vieles zu entschädigen. Einen Originalitätspreis für dieses Mozart-Programm wird er dennoch nicht bekommen. Reinhard Lemelle Alle Rezensionen finden Sie auch unter www.rondomagazin.de Jukka-Pekka Saraste in größter Kürze charakterisieren sollte, wäre es dieser ff-Schlag, der bei Saraste etwa so klingt wie eine auf dem Straßenpflaster aufplatzende Melone. Dieser Klang steht für das Ganze: interpretatorisch ungeformtes Routinespiel, saftig-opulent, gefällig, aber wirklich an keiner Stelle bewusst gestaltet. Die zerklüftete Landschaft der Durchführung wird zu lähmender Langweiligkeit eingeebnet, und nicht einmal den kurzen DurLichtblick in der Coda würdigt Saraste eines Partiturblicks. Dabei steht er hier nun wirklich vor einem Monument der Qualen und Skrupel, das Brahms von den ersten Skizzen bis zur Vollendung mehr als 20 Jahre gefangen hielt, und das sollte man diesem schroffen Satz anhören. Dausgaard gelingt das. Mag mit seinem kleinen Ensemble auch keine pathetische Wucht in der Durchführung zu entfesseln sein, das dynamische Relief ist von nervöser Zerfurchtheit. In dramatischen Schlüsselmomenten wie dem Abstieg ins Pianissimo-Tal vor dem Höhepunkt knistert dieses in eisernem Metrum gehaltene Musizieren vor elektrischer Spannung. Und gestattet sich Dausgaard einmal ein kurzes energisches Anziehen, etwa in den zaghaft sich ins Dur wendenden Takten vor dem fahlen Zusammensinken der Coda im Meno allegro, wirkt das geradezu aufpeitschend. Matthias Kornemann Franz Schubert Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 ●●●●○ NDR Sinfonieorchester, Thomas Hengelbrock Sony (62 Min., 9/2012) Wie wichtig es ist, Musik der chronologischen Herkunft nach aufzuschlüsseln, zeigt mit Thomas Hengelbrock wieder einmal ein (ehemaliger) Adept der Alten Musik. Schuberts großer C-Dur-Sinfonie nähert er sich von der Klassik ausgehend – und nicht von der Romantik (zurück)kommend. Diese Unterscheidung mag manchen nebensächlich erscheinen, tatsächlich liegt in ihr aber der Schlüssel zum Verständnis des Werkes und damit zur interpretatorischen Glaubwürdigkeit. Schuberts letztes Orchesterwerk bildet ein Scharnier zwischen diesen zwei Epochen, ist noch in der Klassik verwurzelt, schlägt aber kraftvoll die Brücke in die Romantik. Und in genau diesem Sinne lässt Hengelbrock sein hervorragendes NDR Sinfonieorchester musizieren, nicht wie so oft unzulässig aufgepolstert, sondern mit schlankem Ton, der sich auch in Blech-angereicherten Tuttistellen nicht verdickt. Was diese Aufnahme aber über die meisten anderen hinaushebt, ist die phänomenale Flexibilität der Tempi. Die begeistert schon im ersten Satz mit seinen drei kontrastierenden Themen und setzt sich im zweiten Satz (ein dickes Lob an die Oboe!) fort. Wie Hengelbrock dort die beiden Themen im Tempo gegeneinander setzt, mit raffinierter Agogik eine grandiose Dramaturgie entwirft, muss man gehört haben. Das ist allerhöchste Meisterschaft, wie sie der Dirigent und das NDR Sinfonieorchester schon mit ihren beiden vorherigen CD-Einspielungen unter Beweis gestellt haben. Freuen wir uns auf Nummer vier! Michael Blümke Franz Schubert, Richard Strauss, Hector Berlioz, Johannes Brahms, Johann Sebastian Bach u. a. Dame Janet Baker. The great EMI Recordings ●●●●○ JONAS KAUFMANN DasVERDI ALBUM Janet Baker, Gerald Moore, Daniel Barenboim, Andre Previn, John Barbirolli, Carlo Maria Giulini u. a. EMI (20CDs, ca. 1.485 Min., 1966–1990) Am 21. August dieses Jahres wird die englische Mezzosopranistin Janet Baker 80 Jahre alt. Ihre Gesangskarriere hat sie schon vor langer Zeit beendet. Geblieben ist die akustische Präsenz ihres unverwechselbaren Stimmmaterials, bewahrt ist durch ihre zahlreichen CD-Einspielungen die Erinnerung an eine der charakteristischsten Interpretinnen des 20. Jahrhunderts. Bei EMI, wo sie von 1966 bis 1990 unter Vertrag war, hat man anlässlich des Jubiläums kräftig in den Archiven gestöbert und auf zwanzig CDs wohl mehr oder weniger alles veröffentlicht, was greifbar war. Der Hinweis auf dem Rücken der Box, ein Drittel des Materials sei bisher nie auf CD greifbar gewesen, lässt das Sammlerherz höher schlagen – und in der Tat: Hier finden sich Dinge, von denen auch der Rezensent nichts geahnt hat. Englische Barocklieder von Dowland, Campion oder Purcell etwa, begleitet teils vom Lautenisten Robert Spencer, teils von Martin Isepp am Cembalo (1967). Oder ein „upgrade“ zu den sonst in Anthologien immer enthaltenen zwei Strauss-Liedern mit Gerald Moore, ebenfalls von 1967: Insgesamt sieben Titel umfasst diese Strauss-Gruppe hier, und ein Lied ist entzückender als das andere. […] dem sind freilich auch die Highlights enthalten: Berlioz’ „Les nuits d’été“, Ravels „Shéhérazade“ und Mahlers Rückert-Lieder unter Barbirolli etwa, unüberbietbare Klassiker der Gesangsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Betrüblich ist allein, dass 39 LIMITIERTE DELUXE ERSTAUFLAGE MIT BONUSTRACK Auf seinem ersten Verdi-Album präsentiert Jonas Kaufmann 13 Highlights aus Opern des italienischen Komponisten, 11 davon sind für den Tenor Premieren, die er extra für diese CD einstudierte. Mit Arien aus Aida, Rigoletto, Don Carlo, Il Trovatore, Macbeth, Luisa Miller, La forza del destino, I masnadieri, Un ballo in maschera und Otello. www.sonymusicclassical.de Klass i k Premierenabo von Michael Blümke „Tutto Verdi“ verkündet die Aufschrift und verspricht damit ein bisschen zu viel. Denn wirklich alle Opern des Meisters finden sich dann doch nicht in dieser eindrucksvollen Box. Seine beiden Zweitverwertungen „Jérusalem“ (nach „I lombardi“) und „Aroldo“ (Ableger von „Stiffelio“) sucht man vergeblich. Allerdings ist der Anteil der für diese Bearbeitungen neu hinzukomponierten Musik eher bescheiden, weshalb diese Unterlassung verschmerzbar ist. Ein Etikettenschwindel bleibt es trotzdem. Als überregional bekanntes Opernhaus jener Provinz, in der Verdis Geburtsort liegt, veranstaltet das Teatro Regio di Parma seit 2004 jedes Jahr ein „Festival Verdi“. Und eben das dient mit 21 Opern und der „Messa da Requiem“ als Hauptlieferant für diese Edition; drei Mitschnitte hat man von anderen italienischen Opernhäusern (Neapel, Triest, Modena), zwei weitere aus Toblach bzw. Salzburg dazugekauft. Diese Konzentration auf Italien kommt allen entgegen, die des Regietheaters überdrüssig sind und sich nach Inszenierungen sehnen, die „Erkennen Sie die Melodie?“-tauglich sind. Bei den Frühwerken beschränkt man sich meist auf Kulissen und Kostüme. Natürlich sucht man hier so etwas wie psychologische Personenregie vergeblich. Auch bei der Gestik lässt man sich zumeist auf keine Experimente ein: Der Arm wird gehoben oder gestreckt, die Hand zum Herzen geführt oder zur Faust geballt. Der italienische Geschmack schlägt aber auch auf musikalischer Seite durch. Die sängerische Sorgfalt wird im Heimatland der Oper eher klein geschrieben, da singt man schon mal über ein paar kurze Noten hinweg oder begradigt unbequeme Passagen etwas. Viel wichtiger ist der effektvolle Einsatz der Gesangsstimmen, wenn es nicht anders geht, gerne auch technisch undogmatisch, Hauptsache, es macht was her. Man kommt nicht umhin festzustellen, dass Parma nicht mehr das ist, was es einmal war. Früher als Löwengrube verschrien, weil das kenntnisreiche und anspruchsvolle Publikum oft genug selbst Stars ausgepfiffen hat, werden dort heutzutage Leistungen bejubelt, die keine fünf Euro wert sind. So scheint man am Teatro Regio beispielsweise nur einen Bariton für die großen Charakterrollen zu kennen, und der hätte vor mindestens zehn, fünfzehn Jahren bereits in Rente gehen sollen – Leo Nucci darf gleich sieben Produktionen mit seinen kläglichen Stimmresten entwerten. Damit ist eigentlich auch schon die Frage beantwortet, ob man sich die ganze Box zulegen sollte. Sicher, auf diese Weise hat man seinen Verdi komplett, zumal es etliche der frühen Werke nicht anderweitig auf DVD gibt, muss aber auch einige musikalische Kröten schlucken. Auch die drei Teilboxen schaffen diesbezüglich keine Abhilfe. Und so kann man guten Gewissens nur zum gezielten Kauf einzelner Opern raten. Unbedingt die Finger lassen sollte man von „Nabucco“ (als Zugabe zu Nuccis Titelheld schreit sich Dimitra Theodossiou scharf und schrill durch die Abigaille), „Alzira“ (als einzige Oper nur konzertant, dazu mit unfertigen bzw. überforderten Sängern, eine einzige Zumutung) und „I vespri siciliani“ (ein sehr homogenes Quartett von Schauerstimmen). In den übrigen Werken gibt es viele gute, etliche sehr gute und mitunter auch exzellente Leistungen zu genießen. Welche einem am meisten zusagen, findet man am besten mit der Highlights-DVD heraus. Das Prachtstück der Sammlung, soviel sei verraten, ist der Salzburger „Otello“ – ein echter vokaler Triple Whopper! Neu erschienen: Tutto Verdi (30 DVDs oder 27 Blurays + Bonus-Dokumentation, 3900 Min.), C Major/Naxos 40 diese gewaltige Sammlung nur noch minutiöser dokumentiert, was Baker-Kenner wissen: Ab Anfang der 70er Jahre ist ihre Stimme langsam immer „säuerlicher“ geworden – warum begann der Verschleiß so bedauerlich früh? Michael Wersin Johannes Brahms Streichquartett a-Moll op. 51/II, Klarinettenquintett h-Moll op. 115 ●●●●○ Jerusalem Quartet, Sharon Kam harmonia mundi (71 Min., 6/2012) Gleich zwei Werke einer solchen emotionalen Dichte, mag sie auch schwer in Worte zu fassen sein, könnten im Konzert kaum aufeinander folgen. Das a-Moll-Quartett op. 51/II und das Klarinettenquintett sind geradezu vollgesogen mit Brahmsscher Schwermut. Da ist schnell allzu schwerer Wein gekeltert, doch wer sich mit der Darstellung der unerhörten konstruktiven Dichte dieser Musik begnügte, dem entglitte ihre dunkle Seele. Das Jerusalem Quartet wählt einen mittleren Weg (da ist es nicht das erste …), besichtigt die elegischsten Orte des Quintetts mit einer behutsamen Skepsis und findet sein Glück im Rückzug auf die kleinere Geste. Wer aufmerksam zuhört, bemerkt, wie die Interpretationsgeschichte manche Wendung zur Floskel wehmütiger Rhetorik erhoben hat. Schon der Eingang der Klarinette wird meistens mit einem Drücker beschwert, als könne das Instrument vor lastender Wehmut kaum seine dunkle Stimme erheben. Sharon Kams vergleichsweise diskreter Einsatz lässt einen kunstvoll-beiläufigen Konversationston erstehen, der die erlesene Kontrastarmut des Werkes gut einfängt. Das gedämpfte Licht einer Peter Steinschen Tschechow-Inszenierung liegt über dem Kopfsatz. Manches wird gemildert – so die deutlich abgeschliffenen Sechzehntel-Aufschläge, anderes, wie die oft überdeckten metrischen Verschiebungen, bebt in nervöser Deutlichkeit. Überzeugend gerät auch die Finale-Dramaturgie, an dessen Schluss das fahl abgewandelte, unvergessliche erste Thema des Quintetts wieder erscheint – eine oft allzu forciert wirkende Demonstration zyklischer Geschlossenheit. Das Jerusalem Quartet zeigt uns, dass Brahms hier keine organische Entwicklung, sondern einen verstörenden Bruch im Sinn gehabt haben könnte: Aus der lind-bewegten pizzicato-Variation werden wir in die schneidende Kahlheit eines Abschlusses gerissen, in dessen gespenstisch verdorrten Harmonien das wehmütige Thema geradezu erfriert. […] So hat diese Besichtigung melancholischer Orte des klassischen Kanons eine eigentümliche Tugend, die für fehlendes emotionales Schwelgen entschädigen mag: Die depressive Schlussbilanz beider Werke wird in aller Deutlichkeit gezogen. Matthias Kornemann Giovanni Battista Pergolesi Septem verba a Christo ●●●●○ Sophie Karthäuser, Christophe Dumaux, Julien Behr, Konstantin Wolff, René Jacobs, Akademie für Alte Musik Berlin harmonia mundi (80 Min., 8/2012) Geht es nach der CD-Aufmachung, scheinen endgültig alle Zweifel weggewischt: Giovanni Battista Pergolesi hat das Oratorium „Die sieben Worte Christi am Kreuz“ komponiert! Und auch für Dirigent René Jacobs steht die Autorschaft fest, wie er im Booklettext ausführlich begründet. Trotzdem bleibt weiterhin ein kleines Fragezeichen, wie selbst der Musikwissenschaftler Reinhard Fehling in seinem Kommentar zugeben muss. Wenngleich er 2009 auf eine neue Spur dieses schon fast sagenumwobenen, vielleicht zwischen 1730 und 1736 geschriebenen Werks gestoßen ist, spricht eher die Indizienlage als vielmehr ein handfester Beweis für Pergolesi. Sieht man aber einmal von den Spekulationen ab, die wohl noch lange von zahlreichen Abschriften befeuert werden, muss man anlässlich von Jacobs’ Einspielung dem legendären, enzyklopädisch umtriebigen Dirigenten Hermann Scherchen in seiner Einschätzung Recht geben. Immerhin hatte er diesem aus sieben Kantaten bestehenden Werk schon vor einem halben Jahrhundert „Sanftmut, tiefstes Empfinden und [ein] alles überstrahlendes Schönheitsgefühl“ attestiert. Die je aus zwei Arien bestehenden Kantaten, die einen Dialog zwischen Jesus und der gläubigen Seele „Anima“ widerspiegeln, sind dank ihrer ariosen Lyrik, ihren durchschimmernden opernhaften Elementen sowie dramatischen Binnenspannungen jeweils ein kleines Meisterwerk. Und für den finalen Ritterschlag sorgt neben Jacobs und der Akademie für Alte Musik Berlin ein Solisten-Quartett, das besonders von Tenor Julien Behr und Bassist Konstantin Wolff angeführt wird. Guido Fischer Josef Gabriel Rheinberger Die Wasserfee (Weltliche Lieder und Quartette) ●●●○○ Lydia Teuscher, Christine Müller, Andreas Weller, Klaus Häger, Götz Payer Carus/Note 1 (75 Min., 9/2012) Vor allem als Kirchenmusik-Komponist ist Josef Gabriel Rheinberger bekannt. Mit seiner satztechnisch an der Vokalpolyphonie der Renaissance orientierten Kompositionsweise stand er lange unter Cäcilianismus-Verdacht; die eigenständige Idiomatik seiner Tonsprache machte ihn schließlich mehr und mehr salonfähig, wozu vor allem auch die langjäh- rige unermüdliche Editionsarbeit des Carus-Verlages beigetragen hat. Nachdem nun weite Teile seiner Kirchenmusik in Noten und auf CDs vorliegen, gerät folgerichtig auch seine weltliche Musik ins Blickfeld. Und da erleben wir nun einen anderen als den liturgisch mittlerweile sehr vertrauten Rheinberger: Zwei Gedichtzyklen seiner Ehefrau (Künstlername: Franziska von Hoffnaaß) verarbeitete er zu ansprechenden, gefälligen Kunstliedern weiter, ein Eichendorff- und ein Lingg-Gedicht wurden zu Quartetten mit Klavierbegleitung. Doch wenn sich auch der musikalische Tonfall hier naturgemäß von demjenigen der Messen unterscheidet, so finden wir doch erneut eine Stilistik vor, die bei bemerkenswerter melodischer wie harmonischer Eloquenz handwerklich vollkommen ist, dabei im Erklingen den Hörer durchaus entzückt. Abgründige Tiefen, echte Dramatik indes gibt es freilich nirgends: Die Musik erfreut, ergreift aber nicht, erschüttert schon gar nicht. Nun, die musikästhetische Seite, die Frage nach Liedkompositionen auf Augenhöhe mit Schubert, Schumann oder Brahms kann hier nicht diskutiert werden. Festzuhalten bleibt jedoch, dass die interpretatorische Umsetzung prinzipiell dem musikalischen Material gerecht wird: Etwas brav im Ausdruck, dabei stimmlich nicht immer völlig im Lot präsentiert sich Klaus Häger, stimmlich deutlich präsenter und fokussierter, darum auch etwas breiter im Ausdrucksspektrum agiert Andreas Weller. Das klanglich angenehme Quartett mit den Damen ist dank Lydia Teuschers sehr tragfähiger Stimmer ein wenig kopflastig, vom Bass her gelegentlich ein wenig intonationsgetrübt. Michael Wersin Alle Rezensionen finden Sie auch unter www.rondomagazin.de Deutsche Grammophon und die Berliner Philharmoniker präsentieren: DIE BERLINER PHILHARMONIKER JAHRHUNDERT-EDITION LEGENDÄRE AUFNAHMEN VON 1913 -2013 50 CD-Deluxe-Edition mit Referenzaufnahmen einer einzigartigen Partnerschaft. Von Nikisch über Furtwängler bis Karajan, von Bernstein über Abbado bis Rattle. Über 37 000 Klassikfreunde haben ihre Lieblingsaufnahmen gewählt und so die Jahrhundert-Edition mitbestimmt. Streng limitiert. www.klassikakzente.de/berliner-philharmoniker 41 Ja z z China Moses & Raphael Lemonnier Crazy Blues ●●●●○ Emarcy/Universal (65 Min., ohne Aufnahmedatum) Schon auf ihrem Tonträger-Debüt als Jazzsängerin, dem 2009 im Gedenken an Dinah Washington veröffentlichten „This One‘s For Dinah“, hatte sich China Moses vor einer prominenten Vorgängerin verbeugt. Mit „Crazy Blues“ verfolgt die Tochter von Dee Dee Bridgewater diesen Weg nun konsequent weiter. Insgesamt neun großen Damen, die alle mittlerweile im Musikerhimmel weilen, zollt die 35-Jährige nun Tribut – von Mamie Smith, dem ersten Plattenstar des Blues, über „Lil“ Green bis hin zu Janis Joplin, Etta James und Donna Summer. Der raffinierte Kniff: Moses huldigt ihren weiblichen Heldinnen mit einer Reihe von freundlichen Rangeleien mit der Männerwelt. Eigentlich in jedem Stück lässt sich die mit allen Wassern des Blues und der Koketterie gewaschene Vokalistin auf ein freundschaftliches Duell ein: mal mit Sängern wie dem britischen Swing-Dandy Hugh Coltman („Closing Time“) oder dem französischen Soul-Unikum Sly John- son („Cherry Wine“), mal mit den Saxofonisten Pierrick Pedron und Luigi Grasso – und immer wieder natürlich mit ihrem pianistischen Alter Ego, dem Errol-Garner-Fan und Boogie-Kenner Raphaël Lemonnier. Letzterer war auch für die Arrangements zuständig, die sich respektvoll grinsend vor der Big-Band-Tradition und dem TwoBeat-Jazz verneigen. Wer China Moses nur für eine begabte Schreihälsin im Schatten ihrer Mutter halten sollte, wird hier eines Besseren belehrt. Vor allem mit ihren abgründig-dunklen Interpretationen à la Nina Simone („Work Song“ und „Just Say I Love Him“) erweist sie sich als reife Musikerpersönlichkeit. Ihr Meisterstück in Sachen Sängerinnen-Hommage hat China Moses mit „Crazy Blues“ abgelegt. Jetzt ist es an der Zeit, selbst Geschichte zu schreiben. Josef Engels Marius Neset Birds ●●●●○ Edition/Soulfood (62 Min., 4/2012) In Norwegen feiert man ihn bereits als den besten einheimischen Saxofonisten seit Jan Garbarek, und auch hierzulande konnte sich Marius Neset mit seinem fulminan- Meilenstein Boyd Raeburn Jewells Savoy SV-0273 (10/1945–9/1949, 78 Min.) Am 27. Oktober jährt sich der Geburtstag des bereits 1966 verstorbenen Bandleaders Boyd Raeburn zum 100. Mal. Raeburn erregte ab 1944 mit seinem experimentellen Orchester Aufsehen. 42 ten Debüt „Golden Xplosion“ und diversen Festivalauftritten einen Namen machen. Keine einfache Situation. Es gibt ja schließlich diesen Spruch, dass das zweite Album immer das schwerste sein soll. Neset hat aus diesem Druck eine Tugend gemacht. Und übertrifft sich mit „Birds“ selbst. Schon das titelgebende Eröffnungsstück macht den Zuhörer ganz schwindlig. Virtuos schichtet Neset da verschiedenste Stil- und Rhythmus-Patterns über- und ineinander. Mindestens drei unterschiedliche Besetzungen lässt der Norweger da aufeinander los: Ein folkloristisches Trio mit Akkordeon, Flöte und Saxofon, ein Blechblasensemble sowie sein eigenes eingespieltes Trio (Ivo Neame am Klavier, Jasper Høiby am Bass sowie Anton Eger an den Drums), das er um Jim Harts Vibrafon erweitert hat. Im Zusammenspiel klingt das wie ein feucht-fröhlicher Besuch auf dem Jahrmarkt, bei dem Frank Zappa, Astor Piazzolla, Steve Reich, Steps Ahead und Igor Strawinski gemeinsam eine Achterbahnfahrt unternehmen. Ähnlich überbordend voll mit Assoziationen an irische Gelage, Disney-Musicals, Big-Band-Eruptionen und Wagner-Bombast ist auch die „Fanfare“, die als CD-Abschluss eine Klammer mit dem irrwitzigen Auftakt bildet. Zwischendurch zeigt Neset, der auf dem Sopran gelegentlich an Branford Marsalis (etwa bei „Portuge- Als wichtigster Bandleader des Progressive Jazz neben Stan Kenton übertraf er diesen anfangs oft in puncto Besetzung, Swing und ultramodernem Arrangement, für das schmählich vergessene Größen wie George Handy, Ed Finckel und Johnny Richards verantwortlich waren. Raeburn bezeichnete sein Konzept als „classical music applied to swing“ und nannte unter anderem Hindemith, Strawinski, Schostakowitsch und Bartók als Vorbilder. Das spiegelt sich neben erweiterter Harmonik und dem Spiel mit starken Kontrasten auch in der neuartigen Instrumentation seiner Bigband: Instrumente wie Flöte und Horn verdanken nicht zuletzt seinem Einsatz ihre Verankerung im großorchestralen Jazz. Damit wurde der weitsichtige Kopf zu einem wichtigen Impulsgeber für das, was man etwa fünf Jahre später „Third Stream“ und in unserer Zeit „Crossover“ nennt. Der Titel „Boyd Meets Stravinski“ ist programmatisch für Raeburns (et- se Windmill“), auf dem Tenor oft an Michael Brecker („Sacred Universe“) erinnert, dass er auch anders kann. Aber selbst bei Balladen oder pointilistischen Stücken weiß man nie, was einen erwartet. Sicher: Ein bisschen weniger Hyperaktivität hier und da wäre besser gewesen. Aber wer will es Neset, dem Saxofonüberflieger und Jungmeister klanglicher Wimmelbilder, verdenken. Josef Engels Anthony Strong Stepping Out ●●●●○ Naïve/Indigo (48 Min., 11&12/2012) Oh, ist der altmodisch. Oh, ist der gut. Anthony Strong, Sänger und Pianist aus London und 28 Jahre alt, interpretiert Standards wie Cole Porters „Too Darn Hot“, Bert Kaempferts „L-O-V-E“, Kurt Weills „My Ship“ oder Cy Colemans „Witchcraft“ so überzeugend, als sei er mit den mehr als ein halbes Jahrhundert alten Songs aufgewachsen. Er swingt mit voller Seele, und in seiner Stimme schwingt die Freude am Entertainment und den klaren, aus der natürlichen Intonation der Texte entwickelten Melodien. Wie sehr er die alten Formen verinnerlicht hat, zeigt was hochgeschraubte) Ansprüche und steht für effektvoll orchestrierte, swingende Musik mit witzigem Bombast und hochgradiger Bop-Solistik, für die Musiker wie der geniale Pianist Dodo Marmarosa sorgten. Standards wie „Temptation“ oder „Body and Soul“ werden von eigenartigen Backgrounds so stark zerklüftet, dass die Fähigkeit der Vokalisten beim Thema zu bleiben bewundernswert erscheint. „Dalvatore Sally“ nimmt mit ständigen Tempowechseln schon die folgenreichen Experimente von Charles Mingus vorweg. Die Stabilität des Grundrhythmus war zuvor eine conditio sine qua non des Jazz. Die wegen Qualität und Anzahl der Stücke (26!) ausgewählte Zusammenstellung ist, wiewohl 2010 wiederveröffentlicht, derzeit schwer erhältlich, was sich im Hinblick auf das Jubiläum ändern könnte. Boyd Raeburn and His Orchestra 1945– 1946 (Storyville STCD 8313) bietet eine gute Alternative. Marcus A. Woelfle sich auch an fünf eigenen Songs, die sich nahtlos in das KlassikerRepertoire einfügen. […] Hin und wieder kommen eine achtköpfige Streicher und eine vierköpfige Bläsergruppe zum Einsatz, und zwischendurch bringen der Trompeter James Morrison sowie die Tenorsaxofonisten Brandon Allen und Nigel Hitchcock solistisches Feuer ins Geschehen. Dank seines weichen Timbres und der Klarheit von Artikulation und Intonation hat er das Zeug, in die Reihe der großen JazzEntertainer aufzusteigen. Eine Entdeckung. Werner Stiefele Paolo Thorsen-Nagel Projekt And On ●●●●○ Material Records/ harmonia mundi (41 Min., 4/2012) „And On“ ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Debüt. Der Meistergitarrist Wolfgang Muthspiel hat es auf seinem eigenen Label für Paolo Thorsen-Nagel, seinen jungen Instrumentenkollegen und Absolventen der Basler Hochschule, produziert. Das kompositorisch Gestalterische steht im Vordergrund, und da erweist sich der Newcomer als ein Frühvollendeter der nuancierten, eher getragenen Stimmungen und raffiniert sich durchdringender Linien. Mit dem ebenso renommierten wie feinsinnigen Pianisten Pablo Held, dem Bassisten Arne Huber und dem Schlagzeuger Daniel Mudrack bildet er ein Quartett herausragender Individualisten, die sich bereitwillig der Idee eines Gruppenklangs unterordnen. […] Der Musik hört man hier, verwirklicht in unterschiedlichen Besetzungskombinationen, kaum an, dass ihr Schöpfer durchaus schon in den Bereichen Rock und Noise Pop unterwegs war, vielmehr lässt sie mit ihrem Entschleunigungsgestus eher an Paul Motian denken, auch wenn der klare warme Sound Thorsen-Nagels nur wenig mit dem eines Bill Frissell gemein hat. Wie gesagt, ein bemerkenswertes Debüt und ein Versprechen für die Zukunft. Thomas Fitterling TAGE ALTER MUSIK IN HERNE //13 Sylvie Courvoisier, Mark Feldman Live At Théâtre Vidy – Lausanne ●●●●● Intakt/harmonia mundi (51 Min., 11/2012) […] Bei der Musik, die die Welschschweizer Pianistin Sylvie Courvoisier und ihr amerikanischer Mann, der Geiger Mark Feldman, im vergangenen Jahr eingespielt haben, handelt es sich um Jazz – auch wenn man satte blaue Noten und ohrenfällige Swing- und BopElemente oder Free-Jazz-Manierismen vergeblich sucht. Die Aufnahmen vor hochkonzentriertem Publikum erinnern vielmehr an ein Recital zeitgenössischer Kammermusik. Das in New York lebende und der dortigen Downtown-Szene verbundene Paar gestaltete drei längere Kompositionen, bei denen sich ein ausgeprägter gesamtgestalterischer Formwille manifestiert und die doch immer von einem selbstbestimmten diskursiven Gestus bestimmt sind. Feldman ist ein Geiger virtuoser Technik mit kraftvoll strahlendem Ton. Logische Abstraktion und emotionale Kantabilität folgen einer magischen Dramaturgie des Dialogs der Partner; konturierte Motivik trifft immer wieder auf abgründige Akkordik; hochsensibel ist der Sinn der Pianistin für expressive Klangfarbigkeit. Kein vordergründiges Gegen-den StrichBürsten lenkt von der Stringenz des Vortrags ab. Offensichtlich sieht sich das Paar selber in einer urklassischen Tradition des Diskurses: Vier extemporiert wirkende Miniaturen sind nach altgriechischen Poeten bzw. deren Musen benannt. Herb schön ist diese Kammermusik – auch weil sie sich erst gar nicht zwischen die Stühle der Genres setzt, sondern sich erhaben aufrecht im Raum behauptet. Thomas Fitterling 14. bis 17. november KLANGLANDSCHAFTEN OSTEUROPAS 10 konzerte des westdeutschen rundfunks köln Pratum Integrum & Anna Gorbachyova & Olga Martynova Musica Aeterna • Ensemble Pavle Aksentijević Russischer Patriarchatschor Moskau • Musica Profana Wrocławska Orkiestra Barokowa & Zbigniew Pilch Collegium 1704 • Janusz Olejniczak & Paulina Sokołowska u.a. Cantores Rigensis • Balász Szokolay Dongó & Mátyás Bolya und das Kulturpolitische Forum WDR 3 blas- und saiteninstrumente Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne und ein Werkstattkonzert von Studierenden des Instituts für Alte Musik der Hochschule für Musik und Tanz Köln Information: Stadt Herne – Fachbereich Kultur – Thomas Schröder Willi-Pohlmann-Platz 1 – 44623 Herne fon (02323) 16-2839 – fax (02323) 16-1233 9228 [email protected] – www.tage-alter-musik.de 30.08. 15. 09. 2013 Eine Ausstellung in der Bertelsmann Repräsentanz in Berlin Unter den Linden 1 Täglich 10—18 Uhr Eintritt frei enterpriseopera.com 43 B Bücher Und da Rosselli nicht nur Musikwissenschaftler sondern auch Journalist war, ist dieses Buch erfreulicherweise auch noch gut geschrieben – und übersetzt. (Nur das Lektorat zeigt sich nicht ganz auf der Höhe.) Michael Blümke C. H. Beck / 286 S. / € 21,95 René Jacobs/ Silke Leopold John Rosselli Giuseppe Verdi – Genie der Oper Obwohl John Rossellis Verdi-Biografie bereits 2000 in Großbritannien auf den Markt kam, mussten deutsche Opernfans bis jetzt auf die deutsche Übersetzung warten. Doch besser erst nach dreizehn Jahren als gar nicht. Zumal zum 200. Geburtstag des Komponisten bisher ohnehin beschämend wenig passiert ist, egal, ob es sich um CDs oder um Bücher handelt. Wagner scheint die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und alle Marktkapazitäten für sich allein zu beanspruchen. Der kurz nach der Erstveröffentlichung verstorbene Autor meint im Vorwort, „Genie der Oper“ würde keine neuen Fakten zu Verdis Leben liefern. Das scheint auf den ersten Blick zuzutreffen. Doch gerade, weil sich Rosselli auf allgemein zugängliches Material stützt, dieses aber kritisch durchleuchtet und hinterfragt, gelingt es ihm sehr wohl, dem Leser ein neues – oder zumindest korrigiertes – Bild des Komponisten zu vermitteln. Rosselli, der auch ein kenntnisreiches Buch über die Opernindustrie im Italien des 18. und 19. Jahrhunderts verfasste, weiß um die Zeitumstände, die geschichtlichen wie sozialen und wirtschaftlichen Hintergründe. Mit diesem Wissen und einer erfrischenden Portion gesunden Menschenverstands analysiert er Aussagen, Briefe, sonstige Dokumente und kommt zu sehr erhellenden, mitunter sogar überraschenden Ergebnissen. 44 Ich will Musik neu erzählen Der Belgier René Jacobs ist das beste Beispiel dafür, dass man nicht die Dirigentenschulbank ged rückt haben muss, um zu einem der ganz Großen in der Alten Musik-Zunft zu werden. Und selbst heute dirigiert Jacobs immer noch nach der „Trial-and-Error“-Methode, wie er seiner Gesprächspartnerin Silke Leopold verraten hat. Seit seinem Pult-Debüt 1982 gelingt es Jacobs damit ohne Unterlass, seine Musiker von Monteverdi bis Mozart, von Rossi bis Rossini zu beglückenden Klangabenteuern anzufeuern. Als sich Jacobs nun 2010 in seiner Wahlheimat Paris mit der Barock- und Opern-Spezialistin Silke Leopold zu einem langen Gespräch traf, kamen natürlich sämtliche Höhepunkte in seiner bisherigen Karriere zur Sprache. Angefangen vom Sänger Jacobs, der als Countertenor die Alte Musik erfolgreich erkundete, über den Händel-Pionier bis hin zum Repertoire-Trüffelschwein (Cavallis „La Calisto“ in der Regie von Herbert Wernicke sieht der Operndirigent immer noch als absolute Sternstunde). Wenn sich aber eine herausragende Figur der historischen Aufführungspraxis für einen fundierten Gedankenaustausch mit einer Fachfrau wie Silke Leopold Zeit nimmt, kommen dementsprechend Detailfragen nicht zu kurz. So bricht Jacobs eine Lanze für den musikalischen und textlichen Gehalt von Opern-Rezitativen und erörtert die (hohe) Kunst des Singens bis hin zu aktuellen „Ersatzkastraten“ (Jacobs) wie Bejun Mehta. Und selbstverständlich äußert sich Jacobs auch über die Fallen moderner Regietheaterkonzepte. Der Titel „Ich will Musik neu erzählen“ ist eigentlich auf den Musiker Jacobs gemünzt. Doch nicht nur mit Tönen schafft er es, sondern eben auch mit Worten. Guido Fischer Bärenreiter/Henschel, 208 S., € 24,95 Arne Reimer tualistische Rezeption des Jazz und steht so selbst in paradoxem Gegensatz zu dieser Absicht. Thomas Fitterling Jazz Thing Verlag, 228 S., € 49 Martina Steiger (Hg.) Briefe der Freundschaft: Alban Berg – Erich K leiber „Meine Herren, wir hören heute Abend erst dann zu spielen auf, wenn sie mit Dieses Buch ist anStühlen nach uns ders. Es ist eine werfen!“ Laut des nüchterne Absage Kritikers Willi Reich an das vorherrgehörte diese Anweisung zu den schende Format der Lieblingsstandardsätzen von Erich Fotobände über Jazz. Die huldigen Kleiber, wenn er sein Berliner fast alle dem vergötternden Image Staatsopernorchester dirigierte. des Musikers als eines genialiDenn der Wiener Kleiber war nicht schen Dämons einer vitalistischen nur schon in den 1920er Jahren Musikreligion, der paradoxerweiauch ein vehementer Fürsprecher se eine sich intellektualistisch für das aufreibend Neue. Und zu selbst stilisierende Com Kleibers musikhistorischen Großmunity anhängt. Der Fotograf und taten zählte 1925 die UrauffühAutor Arne Reimer ist wiederholt rung von Alban Bergs „Wozzeck“. in die USA gefahren, um die überZwei Jahre zuvor hatten sich Kleilebenden Helden des klassischen ber und Berg kennengelernt. Und modernen Jazz und seiner Avantbald entwickelte sich eine enge garde zu besuchen. Sie alle haben Freundschaft, die mit Bergs plötzdie 60 weit überschritten und einst lichem Tod 1935 beendet wurde. als Sidemen oder Leader diese MuDer jetzt erstmals veröffentliche sik geprägt. Reimer muss seine Briefwechsel zwischen ihnen setzt Gesprächspartner mit einer undenn auch 1923 ein, als Kleiber prätentiösen Art beeindruckt und zum GMD der Berliner Staatsoper ihr Vertrauen gewonnen haben. berufen wurde (das von HerausDie meisten ließen ihn in ihr Heim geberin Martina Steiger angegebeein, die anderen immerhin in ihre ne Jahr 1924 ist leider nicht der vertraute Arbeitsumgebung. Dort einzige Fehler gerade bei Kleibers plauderten sie aus ihrem Leben, Vita). Im Mittelpunkt ihres Schrifterzählten von ihren Chancen – verkehrs stehen natürlich der und oft auch den verpassten. Ihre „Wozzeck“ sowie dann Bergs Oper intimen Geschichten werden „Lulu“. Doch in den Briefen lernt durch die unmittelbaren Bilder erman nicht nur Kleiber als Förderer gänzt, die sie wie Schnappschüsse und Ratgeber von Berg kennen. zuließen. Als Menschen in ihrem Aus ihnen spricht seine unbeugsaUmfeld verlieren sie das dämome Haltung gegenüber der NSnisch Genialische und bleiben Kulturpolitik sowie seine Enttäudoch leidenschaftliche Schöpfer schung, nie einen bedeutenden ihrer geliebten Musik. Als GlücksPosten in seiner Geburtsstadt fall erweist sich das LP-Format des Wien bekommen zu haben. Ein Bandes, zwingt es doch zu einer ebenfalls unbekanntes Kapitel entschleunigten Betrachtung. Klupräsentiert Steiger zudem mit ge diskografische Verweise laden ihrem Blick auf Erichs Sohn Carlos zu ergänzendem Hören. Kurios Kleiber und seine skandalträchtige nimmt sich das Vorwort von Roger „Wozzeck“-Produktion von 1966. Willemsen aus. Brillant und mit quasi Behrendtscher rhetorischer Guido Fischer Redundanz geißelt es die intellekSeifert, 392 S., € 24,90 American Jazz Heroes M M ag a zin Russisch-bulgarische Freundschaft Die Künstlerlebensrolle des bulgarischen Jahrhundertbasses Boris Christoff war die Titelpartie von Modest Mussorgskis „Boris Godunow“. Über 600 Mal soll er ihn gesungen haben. Als Christoff 1952 nun von Walter Legge zu einer Gesamtaufnahme eingeladen wurde, schlüpfte er glücklicherweise noch in die Partien der Mönche Pimen und Warlaam. Denn auch hier singt Christoff einen mit seiner urwüchsig fülligen und zugleich aufreibend „gestischen Gewalt“ (Jürgen Kesting) ähnlich um den Verstand wie vor ihm Fjodor Schaljapin. Diese historische und doch bis heute gültige „Boris“-Aufnahme ist denn auch das Herzstück einer umfangreichen Modest MussorgskiEdition, die den Löwenanteil von dem präsentiert, was der Erneuerer des russischen Nationaltons so zu Notenpapier gebracht hat. Da setzen sich Solisten und Dirigent Atanas Margaritov von der Sofia National Opera für das religiöse Musiktheaterdrama „Chowanschtschina“ ein, für das sich immerhin schon Claudio Abbado begeistern konnte. Und die komische Oper „Der Jahrmarkt von Sorotschinzy“ fehlt genauso wenig wie Mussorgskis Evergreen „Bilder einer Ausstellung“ mit Alexander Warenberg am Klavier bzw. in der Ravel-Orchestrierung mit Igor Markevitch am Pult des Leipziger Gewandhausorchesters. Die letzten vier CDs gehören schließlich dem Lied-Komponisten Mussorgski. Wenngleich Boris Christoff ebenfalls Mitte der 1950er Jahre mit den rund 60 Liedern Interpretationsgeschichte geschrieben hat, sind die Einspielungen des russischen Baritons Sergei Leiferkus nicht etwa zweite Wahl. In seinen zwischen 1993 und 1996 entstandenen Aufnahmen kann sich russische Seele immerhin so richtig wehmütig und schaurig austoben! Guido Fischer Modest Mussorgski Edition (14 CDs), Brilliant Classics/ Edel Nervengift lässt die Tasten wieder k lingen Bei den meisten sorgt Botox dafür, das Gesicht jeder Ausdrucksmöglichkeit zu berauben. Ihm jedoch half es, seiner rechten Hand die Ausdrucksmöglichkeit zurückzugeben: Leon Fleisher musste seine schon im Kindesalter begonnene Pianistenkarriere wegen einer fokalen Dystonie mit Mitte 30 auf Eis legen. Nach mehr als 25 Jahren Pause nahm er seine Konzertund Aufnahmetätigkeit linkshändig wieder auf, der Einsatz des bekannten Nervengiftes ermöglichte ihm einige Jahre danach auch wieder das beidhändige Spiel. Am 23. Juli konnte Fleisher, der noch immer auftritt, seinen 85. Geburtstag feiern. Sony nutzt die Gelegenheit, seine gesamten Einspielungen in einer 23-CD-Box zu bündeln und für nur etwas über 50 € anzubieten. Natürlich besitzt fast jeder Klavierfan schon einige dieser Aufnahmen, zumindest die beiden Brahms-Konzerte unter George Szell stehen in vielen CD-Regalen. Doch lohnt es sich, auch die übrigen Einspielungen dieses Ausnahmepianisten kennenzulernen, zumal man bei diesem Preis ohnehin nicht lange überlegen muss. Leon Fleisher hatte das Glück, dass George Szell und sein Cleveland Orchestra ebenfalls bei Epic bzw. Columbia unter Vertrag waren und ihm auch bei Klavierkonzerten von Beethoven, Schumann, Grieg und Mozart sowie bei Rachmaninows „PaganiniRhapsodie“ zur Seite standen. Es ist faszinierend zu hören, wie Dirigent und Solist ihre künstlerischen Wesensunterschiede zu einer elektrisierenden Synthese verbinden. An- und aufregend sind aber auch Fleishers Soloaufnahmen, allein seine Farb- und Ausdruckspalette bei Brahms’„Händel-Variationen“ sucht ihresgleichen. Michael Blümke Leon Fleisher: The Complete Album Collection (23 CDs), Sony Gläubiger Visionär „Alle Musik, die sich in Ehrerbietung dem Göttlichen, dem Heiligen, dem Unaussprechlichen nähert, ist religiöse Musik im vollen Wortsinne.“ Dies war das unerschütterliche Credo Olivier Messiaens. Doch statt in seinen musikalischen Lobpreisungen in heiliger Andacht zu verharren, nutzte der 1992 verstorbene Franzose kompositorisch alle konstruktiven Freiheiten, um seinem Überwältigtsein vor dem Geschaffenen Ausdruck zu verleihen. 2008 wurde der 100. Geburtstag des Lehrers von Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen mit einer 32-CD-Box in einer limitierten Auflage gefeiert. Fünf Jahre später erlebt diese kurz nach Erscheinen ausverkaufte „Complete Edition“ die überfällige, wenngleich erneut begrenzte Neuauflage. Der Titel ist weiterhin leicht irreführend. Denn hier handelt es sich nicht um eine Gesamteinspielung von Messiaens Schaffen, sondern um die vollständige Bündelung jener Werke, die zwischen 1962 und 2008 für die Labels Deutsche Grammophon und Decca aufgenommen worden sind. Und kurz vor Produktionsschluss konnte tatsächlich Daniel Hope noch eine Violin-Fantasie weltersteinspielen. Denn Schwerpunkt bilden selbstverständlich Messiaens Orchesterwerke, Klavier- und Orgelzyklen sowie seine Oper „Saint François d’Assise“ in den durchweg Maßstäbe setzenden Interpretationen u. a. von Boulez, Yvonne Loriod und Olivier Latry. Doch auch die Seitenwege in Messiaens riesigem Nachlass sind unbedingt erkundenswert! Herrlich surreal erweisen sich die Wasserspiele in „Fête des belles eaux“ fürs elektronische Ondes Martenot. Und was für ein unbeschwerter Zauber ist Messiaen da 1986 mit seinem Klarinetten-„Lied im Stile Mozarts“ aus der Feder geflossen! Guido Fischer Olivier Messiaen: Complete Edition (32 CDs), DG/Universal 45 Boulevard Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik Vorgestellt von Ol i v e r Bu s l au Der filigrane Riese Die Tuba, das tiefste Blech blasinstrument, sieht wuchtig und monumental aus. Aber wenn man die Augen schließt, das Äußere dieses voluminösen Klangerzeugers vergisst und sich nur auf die Töne konzentriert, zeigt sie ihre filigranen Seiten. So mag die Verbindung mit der ätherischen Harfe überraschen. Im Programm „Why Not?“ von Tubavirtuose und frischgebackenem ECHO-Klassik-Preisträger Andreas Martin Hofmeir und Harfenist Andreas Mildner erweist sie sich als äußerst schmackhafte Musik-Rezeptur, und das durch alle Stile: von Massenets Belcanto-Melodienseligkeit bis Piazzolla. Why Not? (Werke für Tuba und Harfe), Genuin/Note 1 Abonnenten-CD: Track 14 Elefant trifft Elfe: Das ungleiche Duo Hofmeir und Mildner Jenseits von Neapel Elektrisiert nun auch große Klassiknummern: Christopher von Deylen von „Schiller“ Schillers Klassik-Klanggemälde Sein Name steht für Hymnen der elektronischen Musik, für Klangwerke, die Türen in neue akustische Dimensionen öffnen. Schiller ist seit 1998 unter dem Namen des großen klassischen Dichters in der Musikszene aktiv und hat es sich inzwischen in den oberen Rängen der Charts bequem gemacht. Jetzt entdeckt der Musiker mit dem bürgerlichen Namen Christopher von Deylen die Klassik für sich und mischt aus Melodien von Tschaikowski, Grieg, Satie oder Mussorgski in Einspielungen mit Hélène Grimaud, Anna Netrebko oder Albrecht Mayer die Farben für seine riesigen Klangfilme, in denen sich vor wattig pulsierenden, kreisenden Hintergründen immer neue Panoramen auftun. Schiller: Opus (mit Grimaud, Netrebko, M ayer u. a.), WeloveMusic/Universal Abonnenten-CD: Track 19 Der Gedanke, Violinwerke auf der Mandoline zu musizieren, liegt gar nicht so fern. Die Instrumente haben dieselbe Saitenstimmung und somit denselben Tonumfang. Chris Thile, der als Folkmusiker mit seiner Band Nickel Creek schon einen Grammy gewann, wagt mit seiner Einspielung von einigen Sonaten und Partiten von Bach trotzdem ein gewagtes Experiment. Gilt manchem die Mandoline doch immer noch als Inbegriff italienischer Folklore der Untergattung Neapelkitsch. In Thiles Version erweist sich das kleine Zupfinstrument allerdings eher als dem Cembalo verwandt und wirkt in der barocken Stilumgebung durchaus überzeugend. Bach: Sonaten und Partiten Vol. 1 (arr. für Mandoline), Nonesuch/Warner Meister der Mandoline, ob Folk oder Barock: Chris Thile Das Trio um den schwedischen Schlagzeuger Emil Brandqvist mit Thomas Turunen am Klavier und Max Thornberg am Bass spielt klassischen, sanft mit Pop- und Folkharmonien veredelten Jazz. Allein das würde schon ein gutes Album abgeben, doch in „Breathe Out“ treffen die drei auf den Widerpart des Sjöströmska-Streichquartetts. Die vier Streicher kommentieren, wirken als Dialogpartner oder sorgen für tiefräumigen Nachhall. Breathe Out (Emil Brandqvist Trio & Sjöströmska String Quartet), Skip/Soulfood 46 Fotos: Philipp Glaser Trio trifft Quartett T er m i n e Oper O oper Aachen The ate r (02 41) 4 78 42 44 Beethoven Fidelio (15.9.2013), ML: Kazem Abdullah, R: Alexander Charim Altenburg-Gera The ate r (0 34 47) 58 51 61 Lehár Die lustige Witwe (20.9.2013), ML: Thomas Wicklein, R: Roland Schwab Basel The ate r (00 41) 61 2 95 11 33 Puccini Tosca (11.9.2013), ML: Enrico Delamboye, R: Jette Steckel Wagner Lohengrin (20.10.2013), ML: Axel Kober, R: Vera Nemirova Berlin Komische Oper (0 30) 47 99 74 00 Britten Ein Sommernachtstraum (15.9.2013), ML: Kristiina Poska, R: Viesturs Kairišs Vacek Des Kaisers neue Kleider (13.10.2013), ML: Uwe Sandner, R: Lydia Steier Fotos: Ronald Rijntjes; Laion Staatsoper im Schillertheater (0 30) 20 35 45 55 Krenek Vertrauenssache (21.9.2013), ML: Günther Albers, R: Neco Çelik Rimksi-Korsakow Die Zarenbraut (3.10.2013), ML: Daniel Baren boim, R: Dmitri Tcherniakov Deutsch e Oper (0 30) 3 43 84 01 Verdi Nabucco (8.9.2013), ML: Andrea Battis toni, R: Keith Warner Bern Stadtth eater 00 41 (0) 3 13 29 52 52 Weber Der Freischütz (20.10.2013), ML: Mario Venzago, R: Michael Simon Bremen Th eater (04 21) 36 53 33 33 Wagner Der fliegende Holländer (15.9.2013), ML: Markus Poschner, R: Sebastian Baumgarten Vivaldi Orlando furioso (12.10.2013), ML: Olof Boman, R: Anna-Sophie Mahler Chemnitz Städtische Th eater (03 71) 40 00 430 Ligeti Le grand macabre (28.9.2013), ML: Frank Beermann, R: Walter Sutcliffe Darmstadt Staatstheater (0 61 51) 2 81 16 00 Donizetti Der Liebestrank (28.9.2013), ML: Elias Grandy, R: Michael Schulz DüsseldorfDuisburg R: Jens-Daniel Herzog Bock Anatevka (19.10.2013), ML: Philipp Armbruster, R: N.N. Svoboda Der unglaubliche Spotz (27.10.2013), ML: Michael Hönes, R: Ronny Jakubaschk Dresden Sächsische Staats o pe r (03 51) 4 91 17 05 Purcell King Arthur (13.9.2013), ML: Felice Venanzoni, R: Tilmann Köhler Bizet Carmen (28.9.2013), ML: Josep CaballéDomenech, R: Axel Köhler Eisenach Th üring e r L and esth e ate r (0 36 91) 25 62 19 Benatzky Im weißen Rössl (5.10.2013), ML: Carlos Domínguez-Nieto, R: Tobias Rott Essen Aalto Th e ate r (02 01) 8 12 22 00 Verdi Macbeth (19.10.2013), ML: Tomáš Netopil / Yannis Pouspourikas, R: David Hermann Frankfurt/ Main Verdi Luisa Miller (28.9.2013), ML: Giordano Bellincampi, R: Carlos Wagner Verdi La traviata (8.10.2013), ML: Lukas Beikircher, R: Andreas Homoki Oper (0 69) 1 34 04 00 Dvořák Rusalka (12.9.2013), ML: Sebastian Weigle, R: Jim Lucassen Strauss Ariadne auf Naxos (5.10.2013), ML: Sebastian Weigle, R: Brigitte Fassbaender Dortmund Gelsenkirchen Th eater (02 31) 5 02 72 22 M usi kth e ate r im R evier (02 09) 4 09 72 00 Kander Cabaret (15.9.2013), ML: Wolfgang D eutsch e Oper am R h ei n (02 11) 8 90 82 11 Verdi Don Carlos (29.9.2013), ML: Gabriel Feltz, Wilger, R: Sandra Wissmann Rossini L’italiana in Algeri (28.9.2013), ML: Valtteri Rauhalammi, R: David Hermann Graz Ope r 00 43 (0) 3 16 80 00 Wagner Lohengrin (28.9.2013), ML: Julien Salemkour, R: Johannes Erath Halle Ope r n haus (03 45) 2 05 02 22 Humet Sky Disc (2.10.2013), ML: Andreas Henning, R: G H Seebach BASF – Kurt Schwertsik: In dieser Konzertsaison der BASF steht der österreichische Komponist Kurt Schwertsik im Mittelpunkt. Und wie etwa sein Freund und Kollege HK Gruber empfand sich Schwertsik schon immer als musikalischer Freigeist zwischen Neuer Musik, Kabarett und Wiener Dialekt-Liedern. Zur Deutschen Erstaufführung bringt nun in Ludwigshafen am 2. & 3.12. die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz (Ltg. Arian Matiakh) seine Sinfonia „Leicht flüchtig“. www.basf.com Tickets: (06 21) 60 999 11 Hamburg H amburgische Staats o pe r (0 40) 35 68 68 Verdi La battaglia di Legnano (20.10.2013), ML: Simone Young, R: David Alden Hannover Staats o pe r (05 11) 99 99 11 11 Verdi Ein Maskenball (14.9.2013), ML: Mark Rohde, R: Olivier Tambosi Weill Street Scene (2.11.2013), ML: Benjamin Reiners, R: Bernd Mottl Verdi. Boito. Ricordi – Unternehmen Oper: Aus Anlass des 200. Geburtstages von Giuseppe Verdi präsentiert Bertelsmann in seiner Berliner Repräsentanz eine Ausstellung (30.8.–15.9.) mit Originaldokumenten aus der bedeutendsten Sammlung zur italienischen Operngeschichte. Noten, Korrespondenzen und Bühnenskizzen aus dem zu Bertelsmann gehörenden Ricordi-Archiv in Mailand beleuchtet die Entstehungsgeschichte von Verdis „Otello“ und „Falstaff“. www.enterpriseopera.com Info-Telefon: (0 30) 52 00 99 200 Innsbruck L an d e sth e ate r 00 43 (0) 5 12 52 07 44 Verdi La forza del destino (21.10.2013), ML: Francesco Angelico, R: Kay Kuntze Klagenfurt Stadtthe ate r 0043 (0) 46 35 40 64 Strauss Der Rosenkavalier (19.9.2013), ML: Alexander Soddy, R: Marco Storman Verdi Macbeth (31.10.2013), ML: Alexander Soddy, R: Cesare Lievi Festival Alte Musik Knechtsteden: Seit 1992 ist die zwischen Köln und Düsseldorf gelegene, fast 1000 Jahre alte Klosteranlage von Knechtsteden Treffpunkt für Alte MusikFans. Bei der 22. Ausgabe (13.–28.9.) widmet sich Festivalgründer Hermann Max auch mit seiner Rheinischen Kantorei dem Thema „Toleranz“. Gäste sind u.a. der Meisterbassist Harry van der Kamp sowie das auf die Musik des Mittelalters spezialisierte Quartett Ala Aurea um Sängerin Maria Jonas. www.knechtsteden.com Tickets: (02 21) 28 01 47 T er m i n e Oper / K l a ssik Opéra +41 (0) 2 13 10 16 00 Delibes Lakmé (4.10.2013), ML: Miquel Ortega, R: Lilo Baur Tage Alter Musik in Herne: Vom 14.–17.11. steht das renommierte Alte Musik-Festival in Herne ganz im Zeichen Osteuropas. Dabei lernt man nicht nur die jahrhundertealte Musiktradition etwa von Siebenbürgen, Serbien oder St. Petersburg kennen. Mit u.a. dem Collegium 1704 gastieren ausschließlich Ensembles aus diesen Regionen. Die Spanne reicht von volkstümlicher Musik für Dudelsack und Laute bis hin zu einem barocken Krönungsmelodram für Kaiser Karl VI. www.tage-alter-musik.de Tickets: (02 31) 917 22 90 Lüneburg Th eate r (0 41 31) 4 21 00 Donizetti Lucia di Lammermoor (29.9.2013), ML: Thomas Dorsch, R: Hajo Fouquet Leipzig Oper n haus (03 41) 1 26 12 61 Wagner Das Liebesverbot (29.9.2013), ML: Matthias Foremny, R: Aron Stiehl Magdeburg Jazztage Dresden: Jeden Abend gibt es bei den Jazztagen Dresden (8.–17.11.) gleich zwei Top-Acts. Und am Abschlusswochenende spannen immerhin sieben Bands und Solisten wie Martin Tingvall und Mnozil Brass einen Bogen von Modern Jazz bis hin zur Weltmusik. Spannende Jazz-Unterhaltung garantiert zuvor etwa das Trio um den Finnen Iiro Rantala. Cool und smart geht’s dagegen bei Sänger und Gitarrist Torsten Goods zu. www.jazztage-dresden.de Tickets: www.reservix.de bzw. (0 18 05) 700 733 Th eate r (03 91) 5 40 65 55 Mozart Die Hochzeit des Figaro (14.9.2013), ML: Michael Balke, R: Karen Stone Wagner Der fliegende Holländer (10.10.2013), ML: Hermann Dukek, R: Lucas Simon München Staatsth e ate r am Gärtn e rplatz (0 89) 21 85 19 60 Leigh Der Mann von La Mancha (2.10.2013), ML: Andreas Kowalewitz, R: Josef E Köpplinger, Nicole Claudia Weber Münster YEAH! Festival & Award 2013: Das in Osna brück veranstaltete YEAH! Festival (10.– 14.9.) präsentiert mit den Gewinnern aus dem YEAH! Wettbewerb ein Kaleidoskop neuer Musikformate. Zudem garantieren Konzerte, Podien, eine Projektbörse, Konferenzen und die Preisverleihung einen inspirierenden Event. Wer dabei sein will, wenn sich Vordenker für eine moderne Musikkultur in Europa treffen, der sagt: Yeah. www.yeah-award.com bzw. www.yeah-festival.com Tickets: (0 30) 53 02 34 19 48 Städtisch e B ü h ne n (02 51) 41 46 71 00 Verdi Der Troubadour (5.10.2013), ML: Fabrizio Ventura, R: Georg Rootering Nürnberg Staatsth e ate r (01 80) 5 23 16 00 Verdi Otello (5.9.2013), ML: Guido Johannes Rumstadt, R: Gabriele Rech Osnabrück Städtisch e B ü h ne n (05 41) 3 23 33 14 Puccini La bohème (29.9.2013), ML: Andreas Hotz, R: Floris Visser Ayres Peter Pan (19.12.2013), ML: Roland Kluttig, R: Frank Hilbrich Pforzheim Trier Th e ate r (0 72 31) 39 24 40 Verdi Ein Maskenball (21.9.2013), ML: Markus Huber, R: Wolf Widder Th e ate r (0651) 7 18 18 18 Verdi Rigoletto (14.9.2013), ML: Victor Puhl, R: Bruno Berger-Gorski Regensburg Ulm Th e ate r (09 41) 5 07 24 24 Strawinski The Rake’s Progress (21.9.2013), ML: Tetsuro Ban, R: Elias Perrig Th e ate r (07 31) 1 61 44 44 Verdi Otello (26.9.2013), ML: Timo Handschuh, R: Matthias Kaiser Saarbrücken Weimar Saarl än disch e s Staatsth e ate r (06 81) 3 22 04 Weill Die Dreigroschenoper (15.9.2013), ML: Thomas Peuschel, R: Dagmar Schlingmann Nati o n althe ate r (36 43) 75 53 34 Wagner Lohengrin (7.9.2013), ML: Stefan Solyom, R: Tobias Kratzer Salzburg Th e ate r an d e r Wi e n (00 43) (01) 5 88 85 Bell A Harlot’s Progress (13.10.2013), ML: Donald Runnicles, R: Jens-Daniel Herzog L an d e sth e ate r 00 43 (0) 6 62 87 15 12 21 Wagner Tristan und Isolde (31.10.2013), ML: Leo Hussain, R: Eike Gramss Schwerin M e ck le nburgisch e s Staatsth e ate r (03 85) 5 30 01 23 Pape Sigurd der Drachentöter (20.9.2013), ML: Friedemann Braun, R: Markus Wünsch Wien Vo lk s o pe r (00 43) 15 14 44 36 70 Sondheim Sweeney Todd (11.9.2013), ML: Joseph Olefirowicz, R: Matthias Davids Wiesbaden Th e ate r +41 (0) 7 12 42 05 05 Mozart Don Giovanni (6.9.2013), ML: Otto Tausk, R: Guy Joosten H e ssisch e s Staatsth e ate r (06 11) 13 23 25 Wagner Der fliegende Holländer (7.9.2013), ML: Zsolt Hamar, R: Michiel Dijkema Lloyd Webber Evita (5.10.2013), ML: Wolfgang Wengenroth, R: PascaleSabine Chevroton Stuttgart Zürich St. Gallen Staatsth e ate r (07 11) 20 20 90 Verdi Falstaff (20.10.2013), ML: Sylvain Cambreling, R: Andrea Moses Ope r n haus (00 41) 12 68 66 66 Zimmermann Die Soldaten (22.9.2013), ML: Marc Albrecht, R: Calixto Bieito K K l a s si k Leif Ove Andsnes 5.10.München, Philharmonie 6.10.München, Philharmonie 31.10.Berlin, Philharmonie Daniel Barenboim 15.9.Berlin, Philharmonie 16.9.Berlin, Konzerthaus 3.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 4.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 6.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 8.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 9.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 12.10.Berlin, Staatsoper im Schiller theater 13.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 18.10.Berlin, Staatsoper im Schillertheater Cuarteto Casals 4.10.Bonn, Beet hovenhaus Daniel Behle 14.9.Frankfurt/M., Alte Oper 20.9.Frankfurt/M., Alte Oper 28.9.Frankfurt/ Main, Alte Oper Rundfunkchor Berlin 4.9. Luzern (CH), KKL 15.9.Berlin, Philharmonie 16.9.Berlin, Konzerthaus 17.10.Berlin, Philharmonie 18.10.Berlin, Philharmonie 19.10.Berlin, Philharmonie Khatia Buniatishvili 18.9. Bern (CH), Zentrum Paul Klee 20.9.Ingolstadt 21.9.Ingolstadt Fotos: Holger Talinski; Andreas Weihs; Thomas Schmidt/tadtHerne Lausanne Xavier de Maistre 1.9. Grafenegg (A), Schloss 15.9.Kloster Machern, Mosel Musikfestival Franco Fagioli 14.9.Bremen, Musikfest 24.10.München, CuvilliésTheater 26.10.München, CuvilliésTheater Isabelle Faust 3.10.Luxemburg, Philharmonie 16.10.Wien (A), Musikverein Sol Gabetta 30.8. Gstaad (CH) 2.9.Schwarzenberg (A), Schubertiade 18.9. Dellémont (CH) 19.9.Schaffhausen (CH) 20.9.Eisenstadt, HaydnFestival Daniele Gatti 1.9. Luzern (CH), KKL 3.9. Luzern (CH), KKL 4.9.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 5.9. Grafenegg (A), Wolkenturm Christian Gerhaher 7.9.Berlin, Philharmonie 9.9.Berlin, Philharmonie 18.9.Coburg, Lied & Lyrik 22.9. Hohenems (A), Schubertiade Lynn Harrell 2.10.Ludwigshafen, Feierabendhaus der BASF Pablo Heras-Casado 7.9. Luzern (CH), KKL 9.9. Luzern (CH), KKL 12.9.Leipzig, Gewandhaus 13.9.Leipzig, Gewandhaus 14.9.Leipzig, Gewandhaus 26.9.München, Carl-Orff-Saal im Gasteig 27.9.München, Carl-Orff-Saal im Gasteig Maximilian Hornung 8.9.Potsdam, Nikolaisaal 14.10.Köln, Philharmonie 17.10.Mönchengladbach, Kaiser-Friedrich-Halle 18.10.Wiesloch, Palatin 19.10.München, AllerheiligenHofkirche 22.10.Freiburg, Historisches Kaufhaus Philippe Jaroussky 8.10.Berlin, Philharmonie 12.10.Frankfurt/M., Alte Oper 14.10.Stuttgart, Liederhalle 16.10.München, Prinzregenten theater 18.10.Köln, Philharmonie 20.10.Genf (CH) Sharon Kam 29.8.Geisenheim, Schloss Johannisberg 3.10. Luzern (CH), KKL 8.10.München, BR Funkhaus Amir Katz 25.9.Leipzig, Gewandhaus Jonas Kaufmann 22.9. Wien (A), Musikverein 5.10. Wien (A), Staatsoper 8.10. Wien (A), Staatsoper 11.10. Wien (A), Staatsoper 14.10.Wien (A), Staatsoper 17.10. Wien (A), Staatsoper Sebastian Knauer 13.9.Bonn, Beethovenfest 8.10. Hohenems (A), Schubertiade Alexander Krichel 7.9.Eisenach, Wartburgkonzerte Igor Levit 2.9.Schwarzenberg (A), AngelikaKauffmannSaal 4.9.Stuttgart, Liederhalle 6.10.Essen, Philharmonie 8.10. Hohenems (A), Schubertiade Nils Mönkemeyer 21.9.Reutlingen 1.10.Frankfurt/ Main, Oper 14.10.Köln, Philharmonie Verlosung Musikfest Berlin Dorothee Oberlinger 1.9.Magdeburg 7.9. Maria Saal (A), Trigonale 15.9.Bonn, Beethovenfest 21.9. Flawil (CH) David Orlowsky 27.9.Leverkusen Murray Perahia 30.9.Stuttgart, Liederhalle Hille Perl 14.9.Emden 15.9.Kloster Wittenburg 29.9.Markkleeberg Luca Pisaroni 8.9.Weimar, Kunstfest 25.10.Wien (A), Staatsoper 31.10. Wien (A), Staatsoper Gregory Porter Belcea Quartet 20.10.Wien (A), Konzerthaus 23.10.Stuttgart, Liederhalle 24.10.Darmstadt, Staatstheater Artemis Quartett 30.8.Geisenheim, Schloss Johannisberg Christine Schäfer 4.9.Traunstein, Klosterkirche 11.9.Berlin, Konzerthaus 13.9.Bremen, Musikfest 17.9.Bonn, Beethovenfest Martin Stadtfeld 18.9.Leipzig, Gewandhaus 20.9.VillingenSchwen ningen 24.9. Salzburg (A), Mozarteum 26.9. Salzburg (A), Mozarteum Im Spätsommer lädt das Musikfest Berlin (30.8.–18.9.) zu einem musikalischen Spitzentreffen in die Hauptstadt ein: 20 WeltklasseOrchester, Chöre sowie namhafte Solisten und Dirigenten sind mit von der Partie, im Zentrum steht dieses Jahr der Jubilar Witold Lutosławski. Ein Highlight ist das Gastspiel des Philharmonia Orchestra London unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen (9.9., 20 Uhr, Berliner Philharmonie), mit Werken von Debussy, Lutosławski und Ravel. RONDO verlost mit dem Musikfest Berlin für dieses Konzert 3 x 2 Karten. Einsendungen unter dem Stichwort „Musikfest“ bitte bis 6. September an [email protected]. RONDO_Layout RONDO_Layout 14.08.2013 13:43 Seite RONDO_Layout11 1 14.08.2013 14.08.2013 13:43 13:43 Seite Seite11 1 PHILHARMONISCHE PHILHARMONISCHE KONZERTE 2013/2014 PHILHARMONISCHE KONZERTE KONZERTE 2013/2014 2013/2014 20./22.9. 20./22.9. ALEXANDER SKRJABIN WOLFGANG RIHM 20./22.9. ALEXANDER ALEXANDERSKRJABIN SKRJABIN|||WOLFGANG WOLFGANGRIHM RIHM MALIKA MALIKA KISHINO UA DMITRI SCHOSTAKOWITSCH MALIKAKISHINO KISHINO___UA UA |||DMITRI DMITRISCHOSTAKOWITSCH SCHOSTAKOWITSCH 25./27.10. 25./27.10. PHILIPP MAINTZ UA SERGEJ RACHMANINOW 25./27.10. PHILIPP PHILIPPMAINTZ MAINTZ___UA UA|||SERGEJ SERGEJRACHMANINOW RACHMANINOW NIKOLAI NIKOLAI RIMSKI-KORSAKOW NIKOLAIRIMSKI-KORSAKOW RIMSKI-KORSAKOW 15./17.11. 15./17.11. BENJAMIN BRITTEN DOMINIQUE SCHAFER UA JOHANNES BRAHMS 15./17.11. BENJAMIN BENJAMINBRITTEN BRITTEN|||DOMINIQUE DOMINIQUESCHAFER SCHAFER___UA UA|||JOHANNES JOHANNESBRAHMS BRAHMS 13./15.12. 13./15.12. ROBERT SCHUMANN CAMILLE SAINT-SAËNS SIEGFRIED MATTHUS UA 13./15.12. ROBERT ROBERTSCHUMANN SCHUMANN|||CAMILLE CAMILLESAINT-SAËNS SAINT-SAËNS|||SIEGFRIED SIEGFRIEDMATTHUS MATTHUS___UA UA 7./9.3. 7./9.3. 7./9.3. ATLI ATLI INGÓLFSSON UA FERRAN CRUIXENT WOLFGANG REIFENEDER ATLIINGÓLFSSON INGÓLFSSON___UA UA|||FERRAN FERRANCRUIXENT CRUIXENT|||WOLFGANG WOLFGANGREIFENEDER REIFENEDER EDWARD EDWARD ELGAR EDWARDELGAR ELGAR 11./13.4. 11./13.4. 11./13.4. 2./4.5. 2./4.5. 2./4.5. ATLI ATLI INGÓLFSSON UA JÖRG DUDA UA ANTONÍN DVORÁK ATLIINGÓLFSSON INGÓLFSSON___UA UA|||JÖRG JÖRGDUDA DUDA___UA UA|||ANTONÍN ANTONÍNDVORÁK DVORÁK GORDON GORDON SHERWOOD UA GEORGE GERSHWIN GORDONSHERWOOD SHERWOOD___UA UA|||GEORGE GEORGEGERSHWIN GERSHWIN LUÍS LUÍS ANTUNES PENA UA AARON COPLAND LUÍSANTUNES ANTUNESPENA PENA___UA UA|||AARON AARONCOPLAND COPLAND VV V 23./25.5. 23./25.5. WOLFGANG AMADEUS MOZART LUÍS ANTUNES PENA UA 23./25.5. WOLFGANG WOLFGANGAMADEUS AMADEUSMOZART MOZART|||LUÍS LUÍSANTUNES ANTUNESPENA PENA___UA UA ANTON ANTON BRUCKNER BRUCKNER ANTON BRUCKNER Klaus Florian Vogt 31.8. Luzern (CH), KKL 3.9.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 49 Philharmonisches Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus PhilharmonischesOrchester Orchesterdes desStaatstheaters StaatstheatersCottbus Cottbus Generalmusikdirektor Generalmusikdirektor Evan Christ 0355 7824 2424 www.staatstheater-cottbus.de GeneralmusikdirektorEvan EvanChrist Christ|||0355 03557824 78242424 2424|||www.staatstheater-cottbus.de www.staatstheater-cottbus.de T er m i n e Ja z z J Ja z z Adam Bałdych 19.10.Burghausen, Jazzclub Dan Berglund 11.10.Hamburg, Übel & Gefährlich 20.10.Berlin, Passionskirche 23.10.Wien (A), Szene Wien Mo’ Blow 28.9.Salzwedel, Club Hanseat 3.10.Norderstedt, Kulturwerk 4.10.Kempen, Campus 5.10.Altena, Burggymnasium 16.10.Erlangen, EWerk 17.10.Karlsruhe, Jazzclub 18.10.Backnang, Kultur auf dem Hofgut 19.10.Nordhausen, Nordhäuser Jazzfest 20.10.Bochum, Jahrhundert halle Klazz Brothers 12.9.Aschaffenburg, ColosSaal 19.9.Eggenfelden, Theater an der Rott 20.9. Simbach am Inn 29.9.Coswig, Villa Teresa Three Fall 21.9.Leverkusen, Bayer KulturForum 28.9.Viersen, Jazzfestival 4.10.München, Jazzclub Unterfahrt 5.10.Lampertheim, Schloss Rennhof 6.10.Köln, Stadtgarten 19.10.Fürstenwalde, Jazztage Torsten Goods 13.9.München, Jazzclub Unterfahrt 50 14.9.Karlsruhe, Tempel 17.9.Berlin, A-Trane 19.9.Frankfurt/ Main, Fabrik 21.9.Minden, Jazz Club 25.9.Köln, Harald Schmidt Show 3.10.Norderstedt, Kulturwerk 25.10.Düsseldorf, Jazz Schmiede Jazz Big Band Graz 8.9. Fehring (A), Most & Jazz 26.9.Darmstadt, Centralstation Wolfgang Haffner 5.9.Lustenau, Schaulust Festival 22.10.Elmau, Schloss 23.10.Köln, Stadtgarten 25.10.Aschaffenburg, ColosSaal 28.10.Nürnberg, Tafelhalle Dieter Ilg 3.10.Leipzig, Jazztage 4.10.Gütersloh, Theater 5.10.Göppingen, Odeon 6.10.Langenau, Pfleghof 8.10.Biberach, Stadthalle 9.10.Allensbach, JazzForum 16.10.Hamm, Jazzforum Alle Termine finden Sie auch unter www.rondomagazin.de Joachim Kühn 30.8.Marienthal, Marienthaler Festspiele 12.10.Murnau, Weltmusikfestival Grenzenlos 19.10.Esslingen, Dieselstraße Nils Landgren 21.3.Düsseldorf, Robert Schumann Saal 22.3.München, Muffathalle 23.3.Dresden, Alter Schlachthof 25.3.Erlangen, Heinrich-Lades Halle 26.3.Neunkirchen/ Saar, Neues Gebläsehaus 27.3.Stuttgart, Theaterhaus 28.3.Dortmund, Konzerthaus 29.3.Hamburg, Laeiszhalle 31.3.Frankfurt/ Main, Alte Oper Nguyên Lê 2.10.Hamm, Kurhaus 11.10. Wien (A), Sargfabrik 13.10.Murnau, Weltmusikfestival Grenzenlos 25.4. Basel (CH), Jazz Festival 26.4.Winterthur (CH), Alte Kaserne Rudresh Mahanthappa 3.9.Bremen, Musikfest Christian Muthspiel 11.9. Graz (A), Minoritensaal 13.9. Chur (CH), Jazzclub 14.9. Dornbirn (A), Spielboden 18.9. Fürstenfeld bruck, Veran staltungs forum 19.9.Schaffhausen (CH), Kammgarn Magnus Öström 12.10.Lörrach, Burghof 14.10.Köln, Stadt garten 15.10.Frankfurt/ Main, Brotfabrik 17.10.Weingarten, Kulturzentrum Linse 18.10.Salzburg (A) 23.10.Wien (A), Porgy & Bess 24.10.München, Jazzclub Unterfahrt 25.10.Innsbruck (A), Treibhaus 26.10.Elmau, Schloss 28.10.Dresden, Jazzclub Tonne 21.2.Hamm, Kulturhaus Bad Hamm Iiro Rantala 12.9. Zürich (CH), Moods 13.9.Schweinfurt, Halle410 23.10.Mannheim, Enjoy Jazz 24.10.Bonn, Beethoven haus 25.10.Stuttgart, Theaterhaus 26.10.Hamburg, Überjazz Festival Matthias Schriefl 23.10.Konstanz, Jazzherbst 24.10.Konstanz, Jazzherbst 25.10.Konstanz, Jazzherbst 26.10.Konstanz, Jazzherbst Tingvall Trio 27.9.Neumünster, Kunstflecken 29.9.Kassel, Staatstheater 30.9.Karlsruhe, Tempel 1.10.Illingen, Illipse Ulf Wakenius 22.10.Berlin, Passionskirche 24.10.Friedrichshafen, Graf Zeppelin Haus 26.10.Hamburg, Überjazz, Kampnagel 27.10.Kiel, PetrusKirche 30.10.Karlsruhe, Tollhaus 31.10.Lörrach, Burghof Julian & Roman Wasserfuhr 20.9.Jüchen, Schloss Dyck Michael Wollny 22.9.Köln, Böhm Chapel 19.10.Erding, Jazztage 27.10.Darmstadt, Stadtkirche 21.3.Düsseldorf, Robert Schumann Saal 22.3.München, Muffathalle 23.3.Dresden, Alter Schlachthof 25.3.Erlangen, Heinrich-Lades Halle 26.3.Neunkirchen/ Saar, Neue Gebläsehalle 27.3.Stuttgart, Theaterhaus 28.3.Dortmund, Konzerthaus Verlag: Kunst- und Kulturpublikationen RONDO GmbH, Johannisplatz 3a, 81667 München, Tel. 089/614 658 53, Fax 089/614 658 57, E-Mail [email protected] Büro Berlin: Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin, Tel. 030/414 781 761, Fax: 030/414 781 713 Internet: www.rondomagazin.de Herausgeberin: Verena von der Goltz Chefredakteur: Carsten Hinrichs (ch) Redaktionsassistentin: Anna Vogt Autoren dieser Ausgabe: Michael Blümke (mb), Arnt Cobbers (ac), Oliver Buslau, Josef Engels (joe), Guido Fischer (gf), Thomas Fitterling (tf), Robert Fraunholzer (rfr), Tobias Hell, Julia Kaiser, Matthias Kornemann (mk), Reinhard Lemelle (rl), Roland Mackes, Carsten Niemann (cn), Matthias Siehler, Werner Stiefele (ws), Oda Tischewski, Michael Wersin (mw), Marcus A. Woelfle Hinweise Oper, Festival, Konzert: Guido Fischer Bildredaktion: Oliver Tenhoven Termine: Anna Vogt Art Director: Arndt Knieper Produktion: Rüdiger Kern Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger (Tel. 089/614 658 80), [email protected] Anzeigen Tonträger: Marike Hasler (Tel. 08137/ 63 28 722), [email protected] Anzeigen Veranstalter und Marken: Ulrike Oertel (Tel. 030 / 414 781 760 / Fax 030 / 414 781 713 / mobil 0160 / 73 74 624), [email protected] Online: Büro Hamburg: Hartmut Winter (OnlineMarketing), (Tel. 040 / 53 27 13 85 / mobil 0177 / 772 12 62), [email protected] Druck: ADV Schoder, Augsburger Druck- u. Verlagshaus GmbH RONDO erscheint sechsmal jährlich. Abonnement für ein Jahr: Inland 28 €, Ausland 56 € – Bitte bei Bestellung Bank verbindung für Lastschrifteinzug angeben. Partner Verteilung Österreich Das nächste RONDO erscheint am Mittwoch, 2. Oktober 2013. Zugabe Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne Von Robe rt F r au n hol z e r Fotos: Gewandhaus/Gert Mothes; DG/Harald Hoffmann Das war einmal: Ex-Traumpaar Gheorghiu und Alagna waschen nun Schmutzwäsche Das wird kommen: Carpenter freut sich auf die mobile Konzertorgel Die rumänische Sopranistin Angela Gheorghiu („La Draculette“), um die es stiller geworden war, hat ihrem Ex-Ehemann Roberto Alagna in einem Interview vorgeworfen, in der Ehe gewalttätig gewesen zu sein. Sogar im Beisein von Familienmitgliedern habe er sie geschlagen. Mehrfach habe sie wegen Blessuren Vorstellungen absagen müssen. Die Ehe mit Alagna sei „das schwärzeste Kapitel“ ihres Lebens. Alagna, dessen Büro sich weigerte, auf die Anschuldigungen zu reagieren, ist inzwischen mit der polnischen Sopranistin Aleksandra Kurzák liiert. Diese ist, wie sie RONDO gegenüber bestätigte, schwanger. Die Fertigstellung der von Cameron Carpenter in Auftrag gegebenen „Tour-Orgel“, der ersten transportablen Orgel, ist für 2014 angekündigt. Bei dem mobilen digitalen Instrument, gebaut für einen Millionenbetrag von der Firma Marshall & Ogletree LLC, soll es sich um eine Kreuzung aus Konzertund Kinoorgel handeln. Im Mai 2014 wird das Instrument im Lincoln Center New York präsentiert. Danach reist es für Konzerte nach Wien, Köln und Frankfurt. Der italienische Dirigent Riccardo Chailly hat seinen Vertrag mit dem Gewandhausorchester Leipzig bis 2020 verlängert. Er gilt als einer der stillen Favoriten für die Nachfolge von Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern, obwohl er mit inzwischen 60 Jahren nicht ganz dem eher jugendlichen Anforderungsprofil in Berlin entspricht. Sollte er es dennoch werden, so wäre er der Erste seit Arthur Nikisch, der die Chefposten in Leipzig und Berlin miteinander verbindet. Nikisch hatte 1895 die Stelle bei den (noch nicht so prominenten) Berliner Philharmonikern nur unter der Bedingung akzeptiert, auch das Gewandhausorchester zu leiten. Dame Janet Baker, Mezzo-Sopranistin, war angesichts von Interviews zu ihrem 80. Geburtstag nicht zimperlich in Bezug auf Dirigenten. „Mit John Eliot Gardiner – ich muss es zugeben, obwohl ich mit ihm befreundet bin – hätte es nicht gut geklappt“, so Baker. „Es hätte mir genau das gefehlt, was ich Vollblut nenne.“ Auch ihren Konflikt mit Karajan, der ihr eine Absage nicht verzieh, quittierte sie selbstbewusst: „Er schien ein weiteres Exemplar dieser beflissenen Autoritäten zu sein, mit denen ich nicht gerne zusammenarbeite.“ Über Klemperer: „Ich fürchtete mich vor ihm. Und er hätte mich früher, da bin ich sicher, ohne weiteres um den Block gejagt. Aber er hatte die Kraft seiner Furchtbarkeit ein bisschen eingebüßt. Seine Asche war erkaltet.“ Dagegen schwört sie auf Barbirolli, Giulini und Bernstein. „Bernstein war als lucky guy eine so große Ausnahme, dass man im Bann seines Charmes stehen musste. Seine Einstellung war einfach: ‚Let’s enjoy it together.‘ Sehr amerikanisch. Ich mag Amerikaner.“ Dirigentin Marin Alsop bleibt bis 2021 in Baltimore. Sie verlängerte ihren Vertrag beim Baltimore Symphony Orchestra, wo sie Nachfolgerin von Yuri Temirkanov ist, auf dann 14 Jahre. Sie und ihre Partnerin, die Hornistin Kristin Jurkscheit, leben mit ihrem Sohn gemeinsam vor Ort. Neben dem Baltimore Symphony Orchestra leitet Alsop auch das São Paulo State Symphony Orchestra. Sie ist die am höchsten gestiegene Dirigentin innerhalb eines Berufsstandes, bei dem es noch immer vergleichsweise wenig weibliche Nachrücker gibt. Unter den heutigen Dirigier-Jungstars befindet sich, bei Lichte besehen, keine einzige Frau. Tenor Plácido Domingo hat Mitte Juli eine Lungenembolie erlitten und deshalb Auftritte abgesagt. Ähnlich der lettische Dirigent Andris Nelsons. In Bayreuth war er gegen eine Tür gelaufen und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Nachdem die deutsche Sopranistin Mojca Erdmann gemeinsam mit der Gruppe „Die Priester“ bei der Vorausscheidung zum „Eurovision Song Contest“ auf dem drittletzten Platz gelandet war, ist jetzt ein Album des Teams bei der Deutschen Grammophon geplant. Diese lässt sich durch nichts schrecken. Das geht weiter: Riccardo Chailly verlängert in Leipzig Das wird nicht besser: Marin Alsop allein auf weiter Flur Das kommt noch schlimmer: Mojca Erdmann nimmt mit den „Priestern“ auf Gustavo Dudamel „ … ist er nicht der musikalischste Maestro der jüngeren Generation?“ (Tagesspiegel) © Mathew Imaging / Los Angeles Philharmonic Das Debüt-Album mit den Berliner Philharmonikern Ab 13.09. im Handel! Ab sofort vorbestellen auf Live aufgenommen in der Philharmonie Berlin! Inkl. „Also sprach Zarathustra“, „Don Juan“, „Till Eulenspiegel“ www.gustavo-dudamel.de