behindern la palma

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behindern la palma
Einer internationalen Forschergruppe, zu der auch der Quantenphysiker und Descartes-Preisträger Professor Harald Weinfurter
gehört, gelangen mehrere Durchbrüche, die wahrscheinlich die Kommunikationstechnologien der Zukunft beeinflussen werden.
Durch Quantenkryptographie wollen sie das abhörsichere Übertragen von Nachrichten ermöglichen. Dabei werden kleinste
Lichtpartikel, die Photonen, versendet.
THORSTEN NAESER
v e r s c h l ü s s e lt e b o t s c h a f t e n ü b e r d e m a t l a n t i k
L
angsam und fast lautlos öffnet sich das große Kuppeldach. Das letzte Tageslicht fällt auf das riesige, 16 Tonnen
schwere Teleskop in der Halle der Optical Ground Station (OGS) des Observatoriums der Europäischen Welt-
raumorganisation ESA. Die ersten Sterne stehen bereits am tiefblauen Himmel über dem mächtigen Vulkan Teide
auf der Kanareninsel Teneriffa. Hier, 2400 Meter über dem Meeresspiegel und weit über dem tief liegenden, zu dieser
Zeit rötlich schimmernden Wolkenmeer, wird es bald so dunkel sein, dass man die eigenen Hände nicht mehr vor
den Augen sieht. Eine sternenklare Nacht kündigt sich an rund um die zahlreichen weiß glänzenden Observatorien,
die hier am Teide vom spanischen Instituto de Astrofisica Canarias betrieben werden. Das sind ideale Wetterverhältnisse für den Quantenoptiker Professor Harald Weinfurter vom Department für Physik der LMU sowie seine
Kollegen vom Institut für Experimentalphysik der Universität Wien und von der Universität Bristol in England. Die
Forscher haben Großes vor: Sie wollen einzelne Lichtteilchen mit einem Teleskop von der rund 140 Kilometer entfernten Nachbarinsel La Palma über den Atlantik zu ihrem Teleskop an der OGS auf Teneriffa übertragen. Das Teleskop mit allen angeschlossenen Computer-Systemen auf La Palma dient als Sender und Lichtquelle. Die Physiker
nennen das Sendersystem einer internationalen Übereinkunft entsprechend Alice. Das Teleskopsystem auf Teneriffa
ist der Empfänger und wird auch als Bob bezeichnet.
Lichtteilchen sind bei diesem Experiment die Träger von Informationen. Licht hat zugleich Wellen- und Teilcheneigenschaften. Die Teilchen werden auch Photonen oder Lichtquanten genannt. Die Photonen, mit denen die
Quantenoptiker arbeiten, befinden sich im Wellenlängenbereich des für Menschen unsichtbaren Lichts, im Infrarotspektrum. Mit ihrer Hilfe sollen in Zukunft Botschaften, vollständig abhörsicher, von einem Sender zu einem
Empfänger gelangen. Dabei ist es unwichtig, mit welchem System die eigentlichen Mitteilungen übertragen werden.
Nur den Schlüssel zur Decodierung soll die Quantenkryptographie mit den Photonen als Träger der Schlüsselinformationen liefern. Finanziert wird dieses ambitionierte europäische Gemeinschaftsprojekt, an dem Wissenschaftler
aus Deutschland, Österreich, Großbritannien, der Schweiz und Italien beteiligt sind, von der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
Während technisch gesehen, die Quantenkryptographie eine komplizierte Herausforderung ist, die den Wissenschaftlern noch so manche Hürde in den Weg stellt, ist das Grundprinzip der sicheren Übertragung und Verschlüsselung
der Informationen durch Lichtteilchen und die unverrückbaren Gesetze der Natur prinzipiell einfach: Eine wichtige
Eigenschaft der Photonen ist ihre Polarisation, also die Schwingungsrichtung in einem zweidimensionalen System,
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3 Eines der zahlreichen weiß glänzenden Observatorien, die
am Teide vom spanischen Instituto de Astrofisica Canarias
betrieben werden. Hier herrschen ideale Wetterverhältnisse
für die Quantenoptiker.
senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Der Sender schickt Photonen mit einer bestimmten Polarisation los. Diese treffen
auf den Empfänger, der die Polarisation wiederum lesen kann. Dadurch werden einzelne Bits, also ein Code, übertragen. Sobald Sender und Empfänger mit gleichen Einstellungen arbeiten, kann mit den Photonen ein Schlüssel zur
Codierung übertragen werden. Eben dieser Schlüssel ist das generell wichtigste Element bei der abhörsicheren Übertragung von Botschaften. Heute ist die Entschlüsselung vieler Nachrichten häufig nur mit Hilfe komplizierter
Algorithmen möglich. Doch die Mathematik macht vor nichts Halt und eine mögliche Weiterentwicklung mathematischer Prinzipien ist stets eine Gefahr dafür, dass der Schlüssel geknackt und die vertrauliche Kommunikation
eines Senders mit einem Empfänger abgehört werden könnte. Solange der Schlüssel nicht mit einem sicheren Abhörschutz ausgestattet ist, ist er anfällig für unerwünschte Lauscher. Fällt er in fremde Hände, kann er übernommen
werden. Verändert er sich bei der Abhörung nicht automatisch oder fällt das Abhören dem Sender oder dem Empfänger nicht auf, so ist die Geheimhaltung nicht mehr gewährleistet. Hier kommt die Quantenkryptographie ins Spiel,
die durch den Einsatz von Photonen als Übermittler von Botschaften für Sicherheit sorgt. Durch Alice erhalten die
Photonen entweder die Codes für Null oder Eins. Bob kann diesen Schritt umkehren und so die Schlüsselsequenz
zusammensetzen. Wenn nun ein Dritter die Sendereinstellung für die Codeübertragung abhören will, bekommt er es
mit den quantenmechanischen Eigenschaften der Lichtteilchen zu tun. Beim Abhören nämlich verändert sich die
Polarisation der Photonen automatisch. Der eigentliche Empfänger der Nachricht kann in einer Kontrollübermittlung
an den Sender nachprüfen, ob die Polarisation der Photonen verändert worden ist oder nicht. Wichtig bei diesem
System der Nachrichtenübertragung ist es zudem, immer nur ein Photon zu übertragen und nicht mehrere. Sonst
bestünde die Gefahr, dass unbefugte Dritte nur eines der Lichtquanten abfangen und messen, das zweite aber
unverändert an den Empfänger weiterschicken.
GELUNGENE ÜBERTRAGUNG VON LICHTTEILCHEN
Die Technik der Quantenkryptographie ist den Kinderschuhen längst entwachsen. Harald Weinfurter, der Leiter des
Münchner Teams und Projektkoordinator für die europäische Kooperation, hat es bereits im Jahr 2001 mit seinen
Mitarbeitern in den bayerischen Alpen geschafft, abhörsichere Photonen über 23 Kilometer von der Westlichen
Karwendelspitze zur Zugspitze zu übertragen. Die Forscher wählten diese kalte Lokalität für ihre ersten Außenversuche zur Erprobung der neuen Technologie, um störende Einflüsse, wie etwa aufsteigende Wärme oder Streulicht,
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wie sie von Städten produziert werden, auszuschalten. Erst dann haben sich die Physiker auch an die Übertragung
von Lichtteilchen in München herangewagt. In der bayerischen Landeshauptstadt übertrugen sie die Photonen von
einem Turm im Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität, über die Dächer Schwabings, einige hundert
Meter hinüber zum Gebäude der Theoretischen Physik der LMU in der Theresienstraße. Auch in Wien, bei den österreichischen Kollegen um Professor Anton Zeilinger, ist es schon gelungen, Lichtteilchen zwischen den obersten Stockwerken zweier Türme zu übertragen. „In Wien haben wir allerdings das große Problem gehabt, dass die Luftschichten
in der Stadt sehr unruhig sind und damit die Übertragung behindern“, sagt Rupert Ursin, Doktorand bei Professor
Zeilinger. Deshalb freuen sich Ursin und Tobias Schmitt-Manderbach, Doktorand bei Harald Weinfurter, über die
idealen Bedingungen auf den Kanaren. Durch das Meer und die große Höhe habe man hier meist klare und ruhige
Luft mit relativ geringen Turbulenzen, sind sich die beiden Physiker einig.
PHOTONEN SCHÜTZEN VOR LAUSCHANGRIFF
Bis heute gibt es kein serienreifes, vollständig abhörsicheres Datenübertragungs-System, das völlig ohne ein Medium
wie einer Glasfaserverbindung auskommt. Auf dem Weg dorthin hat das deutsch-österreichische QuantenoptikerTeam jetzt bei seiner Arbeit auf der Kanareninsel einen weiteren großen Erfolg für sich verbucht: Die Wissenschaftler
sind die ersten Quantenkryptographen weltweit, die es geschafft haben, Photonen auf eine Distanz von über 140
Kilometer zu übertragen und damit einen abhörsicheren Schlüssel zu erzeugen. „Unsere Entwicklungen und Tests
in den Alpen, in München, in Wien und auf Teneriffa machen den Weg frei für seriennahe Prototypen, für sichere
Kommunikation im innerstädtischen Bereich, etwa zwischen Banken und Versicherungen, sowie für den globalen
Schlüsselaustausch mittels Satelliten“, erklärt Harald Weinfurter. Für ihre Versuche auf La Palma und Teneriffa
haben sich die Quantenoptiker in den letzten Monaten zahllose sternenklare Nächte um die Ohren geschlagen. Die
Messungen erfordern viel Vorbereitung und genaue Abstimmung. Noch vor der eigentlichen Photonenübertragung
müssen Alice und Bob mit einem Laserstrahl exakt aufeinander ausgerichtet werden. Dazu zielen die Forscher mit
einem starken grünen Laser, der an den beiden Teleskopen angebracht ist, zu den jeweils gegenüberliegenden
Observatorien. Sobald dadurch Sender und Empfänger genau in die gleiche Richtung zeigen, können die PhotonenMessungen beginnen. Doch selbst in dieser abgelegenen Region neben der imposanten Silhouette des Vulkans
Teide trifft bei Nacht auf das Teleskop an der OGS noch Licht aus den verschiedensten Quellen, vor allem vom Mond
und aus den zahlreichen Städten, die an den Küsten der Vulkaninseln liegen. „Für uns kommt es darauf an, aus dem
vorhandenen Lichtspektrum die Photonen herauszufiltern, die wir von dem Sender von La Palma aus losgeschickt
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7 Das Teleskop mit allen angeschlossenen Computer-Systemen dient als Sender und Lichtquelle. Die Physiker nennen das Sendersystem einer internationalen Übereinkunft entsprechend Alice, das Empfängersystem wird als Bob bezeichnet.
haben, also eine Polarisation tragen“, sagt Tobias Schmitt-Manderbach, der auf Teneriffa zusammen mit Rupert
Ursin das Empfänger-Teleskop betreut. In dem von den zahlreichen Computern aufgeheizten Kontrollraum unter
dem großen Teleskop in der OGS verfolgen die Physiker gespannt, was die Detektoren aus dem Infrarot-Lichtstrahl
von La Palma aufzeichnen und herausfiltern. Die Photonen mit der richtigen Polarisation können die Wissenschaftler
aus dem Infrarot-Lichtstrahl zählen. „Bei einer besonders guten Messung konnten wir innerhalb von 15 Minuten
12.000 geeignete Photonen detektieren“, sagt Martin Fürst, ebenfalls Doktorand in der Sektion Physik der LMU. Mit
dieser erfolgreichen Übertragung haben die Wissenschaftler nun einen neuen Weltrekord in der Quantenkryptographie aufgestellt. Bis kurz vor Sonnenaufgang sind die Quantenoptiker mit ihren Messungen beschäftigt. Am
östlichen Horizont dämmert es bereits. Dann endlich können sie in der benachbarten Herberge des Astronomischen
Instituts ins Bett fallen. Während in der Nacht überall auf dem Gelände hektische Betriebsamkeit herrscht, wirkt die
Forschungsstation mit ihren Observatorien am Morgen wie ausgestorben, denn geschlafen wird bis in den frühen
Nachmittag. Bis auf die Sonnenforscher haben sich diesen Arbeits-Rhythmus auch die meisten anderen
Wissenschaftler, die in den umliegenden Observatorien arbeiten, angewöhnt und es ist ganz normal, dass man sich
beim Mittagessen einen „schönen guten Morgen“ wünscht.
Prof. Dr. Harald Weinfurter ist seit 1999 Professor für Quantenoptik
an der Fakultät für Physik. 2003 wurde ihm der Philip Morris Forschungspreis verliehen, 2004 erhielt er den Descartes-Preis der Europäischen Union.
[email protected]
http://scotty.quantum.physik.uni-muenchen.de/people/weinfurter.html
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