Auswahlhilfe zur unabhängigen Information über
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Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. www.kunststofftech.com © 2006 Carl Hanser Verlag, München Wissenschaftlicher Arbeitskreis der UniversitätsProfessoren der Kunststofftechnik Zeitschrift Kunststofftechnik Journal of Plastics Technology archivierte, rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK) archival, reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com eingereicht/handed in: 11.07.2005 angenommen/accepted: 16.08.2005 Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. W. Michaeli, Dipl.-Ing. M. Schönfeld Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) Auswahlhilfe zur unabhängigen Information über unterschiedliche Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Unter dem Begriff Rapid Prototyping (RP) versteht man die Technologie der generativen Fertigungsverfahren. Rapid Tooling (RT) und Rapid Manufacturing (RM) bezeichnen spezielle Anwendungen und Einsatzgebiete des RP. Aufgrund der Verfahrensvielfalt können Entwickler und Ingenieure allerdings nicht immer problemlos das für ihre Anforderungen ideale Rapid-Verfahren identifizieren. Hilfreich ist hierbei eine methodische Rapid Verfahrensauswahl, die Anwender bei der Auswahl des geeigneten Rapid-Verfahrens unterstützt. Autor/author Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. W. Michaeli, Dipl.-Ing. M. Schönfeld, RWTH Aachen Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) Pontstr. 49 D-52062 Aachen E-Mail-Adresse: [email protected] Webseite: www.ikv-aachen.de Herausgeber/Editor: Europa/Europe Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. G. W. Ehrenstein, verantwortlich Lehrstuhl für Kunststofftechnik Universität Erlangen-Nürnberg Am Weichselgarten 9 D-91058 Erlangen Deutschland Phone: +49/(0)9131/85-29700 Fax.: +49/(0)9131/85-29709 E-Mail-Adresse: [email protected] Verlag/Publisher: Carl-Hanser-Verlag Jürgen Harth Ltg. 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Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten AUSWAHLHILFE ZUR UNABHÄNGIGEN INFORMATION ÜBER UNTERSCHIEDLICHE RAPID PROTOTYPING UND -TOOLING PROZESSKETTEN Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. W. Michaeli, Dipl.-Ing. M. Schönfeld Unter dem Begriff Rapid Prototyping (RP) versteht man die Technologie der generativen Fertigungsverfahren. Rapid Tooling (RT) und Rapid Manufacturing (RM) bezeichnen spezielle Anwendungen und Einsatzgebiete des RP. Aufgrund der Verfahrensvielfalt können Entwickler und Ingenieure allerdings nicht immer problemlos das für ihre Anforderungen ideale Rapid-Verfahren identifizieren. Hilfreich ist hierbei eine methodische Rapid Verfahrensauswahl, die Anwender bei der Auswahl des geeigneten Rapid-Verfahrens unterstützt. 1 EINLEITUNG Aufgrund des hohen Innovations- und Wettbewerbsdrucks verkürzen sich die Lebenszyklen heutiger Produkte [1]. Heute wird der Produktentwicklunsprozess auf operativer Ebene durch generative Fertigungsverfahren zur beschleunigten Erzeugung von Prototypen unterstützt. Neben Kunststoffen werden zunehmend auch Metalle und teilweise schon Keramiken verarbeitet [2,3,4,5]. Aufgrund der Verfahrens- und Materialvielfalt können Entwickler und Ingenieure allerdings meist nicht das für ihre Anforderungen ideale Rapid-Verfahren problemlos identifizieren. Häufig ist nur eine begrenzte Anzahl der verfügbaren Verfahren bekannt, von denen dann eines ausgewählt wird. Dies kann im ungünstigsten Fall zu unbefriedigenden Ergebnissen oder zum Scheitern der Vorstudie führen. In jedem Fall wird eine solche Entscheidung auf Basis weniger bekannter Verfahren zu erhöhten Prototyp-Preisen und/oder unzureichenden Prototyp-Eigenschaften führen. Hilfreich in diesem Zusammenhang ist eine methodische Rapid-Verfahrensauswahl. Durch Eingabe eines prototypspezifischen Anforderungsprofils, beispielsweise Werkstoff, Stückzahl, Dimension, Maßhaltigkeit, Komplexität etc. werden aus der hinterlegten Datenbasis geeignete Verfahren vorgeschlagen. Detaillierte Ausführungen zu den Verfahren dienen anschließend in der Datenbasis zur genaueren Information über die jeweilige Prozesskette. Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 1 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten 2 STAND DER TECHNIK Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, innovative Produkte in immer kürzeren Zeitfenstern zu entwickeln, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Erfolgreiche Unternehmen setzen dabei insgesamt höhere Forschungs- und Entwicklungsaufwändungen, insbesondere zu frühen Zeitpunkten des Produktlebenszyklus, ein [6]. Durch immer kürzere Innovationszyklen muss auch die Dauer von Entwicklungsprojekten immer stärker reduziert werden. Hierzu werden Produkte und Prozesse parallelisiert, um die Zeit bis zum Markteintritt möglichst weit zu verkürzen. Neben der Simulation von Prozessketten bietet das RP und RT die Möglichkeit, zu einem frühen Zeitpunkt in der Produktentwicklung bestimmte Funktionen des späteren Produktes abzusichern. Die Gruppe der RP- und RT-Prozessketten werden zusammenfassend oft auch als Gruppe der generativen Fertigungsverfahren bezeichnet. Generative Verfahren können bei der Produktentwicklung unterstützend eingesetzt werden, um mögliche Iterationsschritte zu vermeiden. Iterationen treten in der Produktentwicklung immer dann auf, wenn der Entwicklungsprozess Schwachstellen aufweist. Mögliche Gründe hierfür sind eine ungenügend geklärte Ausgangssituation, mangelnde Kommunikation und Integration oder mangelnde Ergebnisbewertung [7,8]. Durch die systematische Anwendung von schnellen Verfahren zur Prototypenherstellung konnten in diesem und dem vergangenen Jahrzehnt die Produktenwicklungszeiten und -kosten erheblich reduziert werden [8,9]. 2.1 Generative Verfahren Generative Verfahren spielen bei der Verkürzung von Produktenwicklungszeiten eine zentrale Rolle. Der herkömmliche Modell- und Prototypenbau mittels konventioneller Technologien ist aufgrund der geringen Losgrößen und den häufigen Änderungen des Produktmusters zeit- und kostenintensiv [10]. Demgegenüber bieten die sogenannten generativen Fertigungsverfahren die Möglichkeit, zeitaufwändige Iterationsschritte zu vermeiden. Die Gruppe der generativen Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile durch Aneinanderfügen und Schichten von Volumenelementen hergestellt werden. Dabei wird nach Zerlegung der 3D-CAD-Konstruktionsdaten des Produktes in Schichtinformationen ein Prototyp ohne besondere Formen und Werkzeuge generativ, d.h. durch Materialauftrag aufgebaut [11]. Die bekanntesten Verfahren dieser Gruppe sind die Stereolithographie, das Lasersintern, das Fused Deposition Modeling, das Laminated Object Manufacturing und die 3D-Printing Verfah-ren. Meist werden die hergestellten Prototypen als Konzeptmodell, das lediglich zur Visualisierung des späteren Bauteils dient, oder als Funktionsprototyp, dessen Aufgabe in der Simulation bestimmter mechanisch-technologischer Funktionen des zukünftigen Serienteils liegt, eingesetzt. Während es vor einigen Jahren noch ausreichend war, Design-, Montage- und auch eingeschränkte Funktionstests durchzuführen, wird heute von Prototypen oft auch die Abbildung seriennaher oder serienidentischer Eigenschaften ver- Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 2 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten langt. Hierbei verschiebt sich der Zeitpunkt notwendiger Tests zum Zwecke einer frühzeitigen Fehlererkennung in die frühe Produktentwicklung. Bei der Herstellung von seriennahen Prototypen müssen zwei wichtige Anforderungen erfüllt werden [12,13]: Zum einen muss das Serienmaterial eingesetzt werden, zum anderen müssen auch die jeweiligen fertigungsbedingten Eigenschaften des Serienverfahrens abgebildet werden. In diesem Fall wird auf die so genannten RT-Prozessketten zurückgegriffen. Charakteristisch für das RT ist die Herstellung eines Prototypenwerkzeugs, das die Abformung von Prototypen im Serienverfahren erlaubt. Hierbei wird ein generatives Verfahren mit Folgeverfahren verknüpft. Dabei dienen die generativen Verfahren entweder zur direkten Herstellung von Prototypwerkzeugeinsätzen, oder generativ hergestellte Prototypen dienen als Urmodell für nachfolgende Gießprozesse [14]. Im ersten Fall muss nach der generativen Herstellung lediglich die Oberfläche geglättet werden. Im zweiten Fall erfolgt zunächst eine Oberflächenoptimierung des Urmodells und anschließend nach dem Abguss die Abtrennung des Angusses. Anschließend werden die so hergestellten Prototypen-Werkzeugeinsätze in einem aus Normalien aufgebauten Familienwerkzeug abgemustert. Durch die dargestellte Vorgehensweise können beträchtliche Zeit- und Kostenvorteile im Vergleich zum konventionellen Werkzeugbau erzielt werden [15]. 2.2 Auswahlhilfen für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Die Anzahl von RP-Prozessketten ist groß und schlecht überschaubar. Durch die Kombination mit Gießverfahren zur Herstellung von RT-Werkzeugen ergibt sich eine große Variantenvielfalt möglicher Prozessketten. Neben der Anzahl an Prozessvarianten ergibt sich auch noch, je nach eingesetztem Prozess, eine hohe Anzahl unterschiedlicher Charakteristika, die eine Rolle bei der Auswahl eines geeigneten Verfahrens spielen können. Daneben werden ständig neue Materialien und Verfahren entwickelt oder vorhandene Technologien optimiert, was die Auswahl ebenfalls erschwert [16]. Von verschiedenen Forschungsgruppen sind verschiedene Auswahlhilfen zur Entscheidung für oder gegen bestimmte Prozessketten veröffentlicht worden [u.a. 1,12,17,18,19,21,22,26]. Es gibt hierbei unterschiedliche Ansätze, um die Verfahrensauswahl zu erleichtern. Viele Auswahlhilfen bedienen sich einfach zu quantifizierender Kriterien wie Material oder Stückzahl [22], um eine Grobauswahl zu treffen und mögliche RP-Verfahren vorzuschlagen. Eine sehr hilfreiche Auswahltechnik bietet z.B. [17]. Hier wird über einen Ähnlichkeitsansatz nach vergleichbaren Produkten in der Datenbank gesucht. Das jeweils hinterlegte Herstellungsverfahren kann so als erster Anhaltspunkt für RP-Verfahren, die für das eigene Produkt infrage kommen, dienen. Dieser so genannte RP-Experte bietet darüber hinaus die Möglichkeit, seine jeweilige Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 3 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Bauteilanfrage direkt an mehrere verschiedene RP-Dienstleister weiterzuleiten. Die abgegebenen Angebote bieten wiederum die Möglichkeit, die jeweiligen Verfahren zu bewerten, da diese Angebote auch Angaben zur jeweiligen Prozesskette enthalten. Neben diesen internetbasierten Auswahlhilfen gibt es verschiedene Ansätze, die Informationen in Datenbankstrukturen mit unterschiedlich komplexen Auswahlalgorithmen abzubilden. Diese Vorgehensweise wird von [1,18,21,24] angewandt, wobei je nach Quelle unterschiedliche Ansätze verfolgt werden. Stoll et al. stellen in [18] eine Auswahlsystematik für das Sandgießen vor, die eine hohe Kompetenz des Anwenders voraussetzt, hierdurch aber auch eine hohe Güte erreichen kann. Der Einsatz mehrkriterieller, hierarchischer Entscheidungshilfsmittel ist [1,21, 24,26] gemeinsam. Hierdurch wird das Gesamtproblem der Auswahl einer gut geeigneten Rapid-Prozesskette in einfachere, gewichtete Teilprobleme zerlegt. Jedoch ist der Fokus der jeweiligen Ansätze unterschiedlich. Pieverling [21] fokussiert auf die Auswahl zwischen konventioneller Prozesskette und RPProzesskette. Hierbei wird zwar zunächst eine übergeordnete Entscheidung für die am besten geeigneten Verfahren zur Herstellung eines Prototypenwerkzeugs vorgestellt; die detailliertere Untersuchung erfolgt dann aber ausschließlich für das direkte metallische Lasersintern im Vergleich zu elektroerosiven bzw. spanabhebenden Verfahren. Kaschka [1] stellt eine Methodik zur Entscheidungsunterstützung zur Auswahl von RT-Prozessketten vor, die ebenso wie [21] auf Basis einer hierarchischen, mehrkriteriellen Entscheidung aufbaut. Hierbei wird besonderer Wert auf die Beschreibung der gesamten Prozesskette gelegt, jedoch werden bei der vorgestellten Methodik technologische Randbedingungen weitestgehend ausgeblendet (z.B. mechanische Eigenschaften der hergestellten Prototypen). Müller und Schimmel [24] stellen ebenfalls ein Auswahltool auf Basis einer hierarchischen Entscheidung vor. Die Autoren stellen Ihrer Auswahldatenbank anhand eines Fallbeispiels vor. Als mögliche Verfahren zur Produktion werden jedoch ausschließlich das metallische Lasersintern mit einem Gießharz und einem konventionellen Aluminiumwerkzeug verglichen. Der RP-Selector des IVF, Göteborg (Schweden) [26] bietet im Internet ein einfach zu bedienendes Auswahltool an. Hierbei wird ausgehend von einer Unterscheidung zwischen Prototypen aus Kunststoff und Metall, Design und Funktion die Auswahl des jeweiligen Verfahrens über Anzahl und Größe durchgeführt und dem Anwender mögliche Prototyp-Verfahren präsentiert. Masood und Soo [20] stellen im Gegensatz zu den vorangegangenen Auswahlhilfen eine Möglichkeit zur Auswahl von RP-Anlagen vor, d.h. dieses Auswahltool richtet sich nicht an den RP/RT-Anwender, sondern an den Anlageneinkäufer. Allen vorgestellten Auswahlverfahren ist gemeinsam, dass die hinterlegte Datenbasis nicht immer vollständig transparent ist bzw. auf Daten der Hersteller zurückgegriffen wird. Im Gegensatz hierzu sind am Institut für Kunststoffverar- Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 4 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten beitung, insbesondere im Bereich des RT, zahlreiche mechanische, thermische und verarbeitungstechnische Kennwerte ermittelt worden, die eine vertiefende Information darstellen und eine über die alternativ vorgestellten Auswahlhilfen hinausgehende Datenbasis darstellen. Die eingepflegten Daten und deren Ermittlung können größtenteils [12,13] entnommen werden. Auf das genannte Auswahltool wird im Folgenden noch eingegangen. 3 RAPRAT ALS AUSWAHLTOOL ZUR VERFAHRENSAUSWAHL Das Programmsystem RaPraT (Rapid Prototyping and Tooling Selector) besteht aus zwei Programmteilen. Zum einen ist eine Verfahrensauswahl implementiert, die nach einer angepassten AHP (Analytic Hierarchy Process) Methodik die Auswahl eines geeigneten RP- oder RT-Verfahrens unterstützt. Zum anderen sind in einer Datenbank weiterführende verfahrensspezifische Details hinterlegt, Bild 1. In der Verfahrensinformation können detaillierte Informationen zu den in der Verfahrensauswahl berücksichtigten RP- und RT-Verfahren abgerufen werden. Im Einzelnen wurden im Bereich des RP die Stereolithographie (SLA), das Lasersintern (LS), das Fused Deposition Modeling (FDM), das Laminated Object Manufacturing (LOM) und das 3D-Printing betrachtet. Auf Seiten der RTVerfahren wurden sowohl die direkte Prozesskette des metallischen Lasersinterns (SLS) als auch die indirekten Prozessketten des Harzgießens (GH), des Metallspritzens (MS), des Feingusses (FG oder MPC) und die KeltoolProzesskette betrachtet. Näheres zu den einzelnen RP- und RT- Verfahren kann z.B. [9,11] entnommen werden. Die Daten der unterschiedlichen RP- und RT-Verfahren wurden in den Jahren 1999-2005 erhoben. Ein Einlesen aktualisierter Daten ist über eine Import-Funktion jederzeit möglich. Die Verfahrensinformation zu den einzelnen Prozessketten stellt im oberen Teil die jeweilige RP-/RT-Prozesskette schematisch dar. Zur besseren Vorstellung dient ein Beispielbauteil. Darüber hinaus sind die wichtigsten technischen Daten und Herstellerangaben aufgeführt. Über diese Informationen hinaus, die auch in mehreren alternativen Datenbanken (s. Kap. 2.2) nachgeschlagen werden können, können im unteren Teil der Verfahrensinformation vergleichende Analysen unterschiedlicher RP- und RT-Verfahren abgerufen werden (z. B. auftretende Entformungskräfte bei Einsatz unterschiedlicher RT-Verfahren, Bild 2). Hier kann der Anwender überprüfen, welchen Einfluss die einzelnen Verfahren auf das Kriterium haben und wie groß die Unterschiede zwischen den einzelnen Verfahren sind. Bei RP-Verfahren wird zukünftig die Information zum Verfahren um die Angabe möglicher, verarbeitbarer Materialien ergänzt werden. Auf eine gezielte Materialvorauswahl im Auswahltool wurde bis dato verzichtet, da direkt mit dem Serienmaterial vergleichbare Materialien im Bereich des RP nicht verfügbar sind. Die verfügbaren Informationen können zum einen direkt zu Informationszwekken in der Datenbank nachgeschlagen werden. Zum anderen dienen die im- Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 5 Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten plementierten Informationen auch nach erfolgter softwaretechnisch unterstützter Auswahl zur Information über die am besten bewerteten Alternativ-Prozessketten und zum direkten Vergleich derselben untereinander. Darüber hinaus können auch nicht vom Auswahlalgorithmus genutzte Verfahrensinformationen wichtige Hinweise zur Wahl eines geeigneten Verfahrens bieten. © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Bild 1: Verfahrensinformation Das Auswahltool ist in Anlehnung an die AHP-Methodik (Analytic Hierarchy Process) entwickelt worden [23]. Sie bietet die Möglichkeit, komplexe Entscheidungssituationen bei gleichzeitiger Verarbeitung von quantifizierbaren und nicht quantifizierbaren Daten zu unterstützen. Bei dem Auswahltool wird das Entscheidungsproblem hierarchisch mehrstufig angeordnet und somit wird das komplexe Problem „Auswahl eines bestmögli- Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 6 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten chen RP-/RT-Verfahrens“ in überschaubare Einzelprobleme reduziert. Hierbei wird ausgehend vom Oberziel, eine Hierarchie von Teilzielen erstellt. Die unterste Hierarchiestufe bilden Alternativen, mit denen die gesetzten Ziele unterschiedlich gut realisiert werden können. Bild 2: Beispiel der hinterlegten Verfahrensinformation: Entformungskraft aus RT-Werkzeug Die Präferenzen des Entscheiders werden bestimmt, indem die Bedeutung der Ziele und Alternativen einer Ebene miteinander verglichen werden. Die Paarvergleiche werden von oben nach unten für jede Verzweigung durchgeführt. Der Anwender kann dabei in jeder Entscheidungsebene seine Präferenz für bestimmte Merkmale anhand eines paarweisen Vergleiches bewerten. Die prinzipielle Aufteilung des Problems in verschiedene Ebenen zeigt in diesem Zusammenhang Bild 3. Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 7 Bild 3: Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Prinzipielle Vorgehensweise bei der hierarchischen Entscheidungsfindung Anhand der Auswahl RP-Verfahren ist beispielhaft dargestellt, wie die Entscheidungssituation „Wähle das beste RP-/RT-Verfahren für den jeweiligen Anwendungsfall“ auf besser lösbare Einzelentscheidungen heruntergebrochen wird. In der jeweiligen Entscheidungsebene werden vom Anwender die jeweilige Präferenz durch Paarvergleiche ermittelt [23], Bild 4. Bei den Paarvergleichen ist der Anwender gezwungen, seine Präferenz für eine Auswahlalternative im Vergleich zu einer anderen auszudrücken, z. B. die Bewertung der Genauigkeit im Vergleich zur Bauzeit in Bild 4. © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Bild 4: 2. und 3. Merkmalsebene bei der Auswahl einer Rapid Prototyping-Prozesskette Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 8 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Im Programm wird aus den einzelnen Paarvergleichen eine Paarvergleichsmatrix erstellt. Die gebildete Paarvergleichsmatrix wird anschließend zu einem Gewichtsvektor verdichtet. Die Vorgehensweise hierbei verdeutlicht noch einmal Bild 5. Anhand des Gewichtsvektors in Tabelle 1 und Tabelle 2 wird deutlich, dass für den Beispielbediener in Bild 4, rechts, z. B. die Stabilität des herzustel-lenden Prototyps ein höheres Gewicht besitzt als die Oberflächenqualität. Für das Gewicht des Zeilenelements im Vergleich zum Spaltenelement gilt: 1 : gleich 2 (1/2): etwas größer (kleiner) 3 (1/3): viel größer (kleiner) Bauzeit (B) Genauigkeit (G) Oberfläche (O) Stabilität (S) Bauzeit (B) 1 1/2 1 2 Genauigkeit (G) 2 1 1 1/2 Oberfläche (O) 1 1 1 1/2 Stabilität (S) 1/2 2 2 1 Spaltensumme 4,5 4,5 5 4 Tabelle 1: Paarweiser Vergleich anhand des Beispiels aus Bild 4 Die Berechnung des Gewichtsvektors erfolgt anschließend durch Normierung der Matrix über die Spaltensumme und der Berechnung der Zeilensumme, Tabelle 2. B G O S Zeilensumme Gewichtsvektor der Alternative B 0,22 0,11 0,2 0,5 1,03 1,03/4 = 0,26 G 0,44 0,22 0,2 0,13 0,99 0,99/4 = 0,25 O 0,22 0,22 0,2 0,13 0,77 0,77/4 = 0,19 S 0,11 0,44 0,4 0,25 1,21 1,21/4 = 0,30 Tabelle 2: Bestimmung des Gewichtsvektors der Alternativen Ebenso wie der Anwender die Gewichtungen seiner Prototypenauswahl bestimmt, sind im Datenteil des Auswahltools die jeweiligen Ausprägungen für das jeweilige Verfahren abgelegt. So sind z.B. mit dem Stereolithographie-Vefahren Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 9 Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten (SLA) höhere Genauigkeiten als mit dem Fused Deposition Modeling (FDM) möglich. Dementsprechend wird in diesem Fall der SLA ein höherer Erfüllungsgrad der Anforderung „Genauigkeit“ als dem FDM zugeordnet. Bei der Oberflächenqualität wird zum Vergleich der unterschiedlichen RP-Verfahren die maximal mögliche Auflösung, die Rautiefe eines Prototypen in der Arbeitsebene und orthogonal zur Arbeitsebene, die Möglichkeit, farbige Prototypen herzustellen und der verfahrenspezifischer Schrumpf (RP-Verfahren, maschinenspezifisch) und Verzug der Prototypen (RT-Verfahren) in die Bewertung miteinbezogen. Die Daten des jeweiligen Verfahrens werden dabei der bereits vorgestellten Datenbank entnommen. Bei der Bewertung des Einsatzes von RP- bzw. RTVerfahren im Vergleich zu konventionellen Verfahren sind die Stückzahl, Komplexität und Größe des Formteils die wesentlichen Faktoren, die für oder gegen die Eignung bestimmter RP/RT-Verfahren zur Abbildung sprechen. Diese Informationen werden daher innerhalb der 1. Merkmalsebene abgerufen, Bild 5. Hierbei gibt der Anwender zunächst Stückzahl, Abmessungen und Volumen des zu fertigenden Prototypen an. Durch Überschreitung der Abmessungen des Bauraums von Prototypenanlagen werden diese direkt bei der weiteren Analyse gesperrt. © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Bild 5: Merkmalsebene des Auswahltools Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 10 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten Darüber hinaus werden aus Volumen und äußeren Abmessungen zur Bewertung der Komplexität die Verpackungssperrigkeit und Gestrecktheit des Formteils nach Pacyna [25] berechnet, Bild 6. Diese Kennzahlen bieten die Möglichkeit, die Komplexität des Formteils zahlenmäßig zu beschreiben. Eine geringe Volumensperrigkeit führt z.B. zum Hinweis, dass der Einsatz konventioneller Fertigungsverfahren (typischerweise spanabhebend oder elektroerosiv) bessere Alternativen zur Herstellung des Formteils sind. Neben der Gestrecktheit und Volumensperrigkeit wird darüber hinaus die dünnste Stelle des Formteils als weitere wichtige Information abgefragt, um bei Unterschreitung bestimmter Mindeststegdicken (typischerweise 5-fache Schichtdicke) die jeweiligen generativen Verfahren von der weiteren Bewertung auszuschließen. Im Bereich der Rapid Tooling Verfahren wird darüber hinaus das höchste auftretende Aspektverhältnis geprüft, um so bei Verfahren mit hohen Oberflächenrauigkeiten auf notwendige hohe Entformungsschrägen und/oder notwendige Nachbearbeitungsschritte hinzuweisen. Bild 6: Pacyna Kennzahlen [25] Insgesamt zeigen erste Versuchsdurchläufe des Auswahltools vielversprechende Prognosen. Eine weitere Absicherung wird anhand von weiteren Anwenderdaten der nächste Schritt zu einem präzisen Auswahltool darstellen. Zeitschrift Kunststofftechnik 2 (2006) 1 11 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. W. Michaeli Auswahlhilfe für Rapid Prototyping und -Tooling Prozessketten 4 FAZIT UND AUSBLICK Mit RaPraT steht ein Auswahltool bereit, das neben der reinen Auswahlmethodik auf Basis einer Verfahrensdatenbank dem Anwender weitergehende, unabhängige technologische Prozessdaten zur Verfügung stellt. So bietet es eine Unterstützung bei der Wahl eines Rapid-Verfahrens anhand eines Abgleichs von Leistungsmerkmalen. Dies gilt auch für die Komplexität der Prototypen, dessen Geometrie zum einen durch die geometrischen Randbedingungen und die Pacyna-Kennzahlen erfasst wird. Insbesondere die umfangreichen Informationen über die Eigenschaften spritzgegossener Prototypen erlauben den Einsatz des Tools nicht nur für die Verfahrensauswahl, sondern auch für die Bewertung untersuchter Funktionstests. Aufgrund des modularen Aufbaus und der einfachen Skalierbarkeit kann dieser Prototyp durch die Implementierung weiterer Prozessketten und aktualisierten Materialdaten erweitert werden. Somit ist die Auswahl für oder gegen bestimmte RP- und RT-Prozessketten mit einer breiteren Wissensbasis möglich. Zukünftig soll eine Validierung mit typischen Anwendungsdaten erfolgen. Darüber hinaus ist eine stetige Weiterentwicklung und Erweiterung der Datenbasis geplant, um noch bessere und detailliertere Prognosen zu ermöglichen. 5 DANK Die Autoren bedanken sich für die finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 361 "Integrierte Produkt- und Prozessgestaltung". 6 LITERATUR [1] Kaschka, W. 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