Agitation, Aggression
Transcription
Agitation, Aggression
Klinik für Notfall- und Internistische Intensivmedizin Version: 1.0 Erstellt von: MC, JS gültig ab: 1.5.2012 Geprüft: MC gültig bis: 30.4.2014 Freigabe: MC Agitation, Aggression Begleiterkrankungen aufdecken! Individuell entscheiden! Definition Agitation ist die unspezifische Konstellation verschiedener, unabhängiger Verhaltensweisen, die die Sicherheit des Patienten bzw. des medizinischen Personals beeinträchtigen können, die Diagnostik/Therapie behindern und auch das persönliche Funktionieren beeinträchtigt. Ursachen, der desorganisierten und ziellosen psychomotorischen Aktivität • Delir (Ursachen suchen: Infektion, Intoxikation, kardiovaskuläre Erkr. etc.), Demenz, • Intoxikation mit psychoaktiven Substanzen, Syndrome des Entzugs (Alkohol, Med.) • Psychiatrische Erkr.: Schizophrenie, Angststörung, Posttraumatisches Distress etc. CAVE • Individuelle Entscheidung nötig! Gewaltfreie Deeskalation: z.B. „Talking down“ versuchen • Angegebene medikamentöse Therapie ist meist Off-Lable-Use! Agitierter, aggressiver Patient Assessment Verhaltens-/Umgebungsmodifikation - Vitalparameter normalisieren - Suche nach auslösenden Ursachen (z.B. Infektion, SHT, ICB, etc.) - Reduzierung der weiteren Stimulation: räumliche Isolierung, angenehme Umgebung - „Talking down“: offenes und freundliches Sprechen, Angebote (z.B. Essen/Getränke) JA + Bleibt agitiert und/oder Eigen-/ Fremdgefährdung? Medikamentöse Intervention NEIN - Ausführliches Re-Assessment - Evtl medikam.Therapie/psych. Konsil Vorschläge zur medikamentösen Therapie: • Undifferenziert? 1. Wahl: atyp Antipsychotika • Alkoholentzug/Drogen? • Geriatrischer Patient? 2. Wahl: Lorazepam±Haloperidol Lorazepam (evtl. Midazolam) Risperidon, Dosis Antipsychotika halbieren! Physikalische Fixierung („physical restraint“) ist IMMER “ultima ratio“ - Indiziert bei erheblicher Fremd- oder Selbstgefährdung, Verlust der Einwilligungsfähigkeit - Ethisch (Art.1 GG) und rechtlich bedenklich („Fixierung ist Freiheitsberaubung“) - Erhöhte Fürsorgepflicht unter Fixierung beachten - Zu Beginn oft notwendig (bis Wirkung von Medikamenten, Abklingen Stimulantien etc.) Yildiz et al. Emerg Med J 2003; NICE guideline 2005, Lukens et al. Clinical Policy, ACEP, 2005 Agitation, Aggression Medikamentöse Optionen Applikationsformen – Spezifika • • • • Intramuskulär: übliches Vorgehen, rasche Wirkung, i.m. Gabe ist „aggressiver Akt“ gegenüber Patient, deshalb idealerweise vermeiden (siehe Alternativen) Intravenös: häufig nicht möglich, sicherste Wirkung, nicht für alle Präparate geeignet Intranasal: mit Applikator, rasche Wirkung (ähnlich i.m.) Per os: spezielle Galenik vorteilhaft (z.B. Schmelztabletten) CAVE: Wirkeintritt oft verzögert (abhängig von Galenik und Wirkstoff) Ø kein voreilig hohe Dosen: Gefahr der Übersedierung/Bewusstseinstrübung etc. Ø Folgedosis nach 10-20min Ø Dosishalbierung von Antipsychotika beim geriatrischen Patienten Üblicherweise verwendete Medikation Präparat Dosis (mg) Applikation Bemerkung Lorazepam (0.5-) 2.0 mg (alle 1-6h) p.o., i.m., i.v. Bevorzugtes Sedativum, CAVE: Atemdepression (kombinierbar mit Antipsychotika) Midazolam 5 - 10 mg i.n., i.m., i.v. Bei intranasaler Applikation hohe Konzentration notwendig CAVE: Atemdepression Haloperidol 0.5 - 10 mg (0,25 mg bei ger. Pat.) i.m., p.o. Wirkeintritt nach 30-60 min UAWs häufig: Dystonie, Krampfschwelle gesenkt etc. Droperidol (2.5) -5 mg i.m. Vorteile gegenüber Haloperidol, QTVerlängerung möglich (klinisch wenig relevant) Olanzapin 5 (-10 mg) (2.5 mg bei ger. Pat) p.o., i.m. Kaum extrapyramidale NW, bei Schizophrenie bzw. bipolare Störungen vorteilhaft Risperidon 1 - 2 mg (0.5 mg bei ger. Pat.) p.o., i.m. Kaum extrapyramidale NW, gut verträglich auch bei älteren Patienten (geringere Dosen bei Demenz) Ziprasidon (10-) 20 mg i.m. Kaum oder nur geringe extrapyramidale NW, sehr effektiv. QT-Verlängerung möglich (vorher EKG!), klinisch wenig relevant