Warum schmerzen meine Knie beim Abwärtswandern?
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Warum schmerzen meine Knie beim Abwärtswandern?
Warum schmerzen meine Knie beim Abwärtswandern? SPORT Beim Wandern passiert es mir (w, 55) immer wieder mal, dass beim Abwärtsgehen nach zirka einer halben Stunde meine Knie zu schmerzen beginnen (linkes Knie Aussenseite, rechtes Knie Innenseite). Die Schmerzen halten ein bis zwei Tage an. Beim Geradeaus- oder Aufwärtsgehen habe ich keine Beschwerden. Warum ist das so? Kann ich vorbeugen? S. L. in E. DR. MED. MARTIN ELLENBERGER Facharzt FMH, Orthopädische Klinik Luzern AG, Belegarzt an der Klinik St. Anna Die von Ihnen beschriebenen Beschwerden sind eines der häufigsten Probleme am Kniegelenk. Sie werden unter dem Laienbegriff «vorderer Kniegelenksschmerz » oder medizinisch als femoropatellares Schmerzsyndrom bezeichnet. Die Schmerzen treten typischerweise beim Berg- oder Treppenhinuntergehen oder nach langem Sitzen beim Aufstehen vorne um die Kniescheibe herum auf. Die Schmerzen sind meistens von stechendem Charakter. Schwellungen und Blockaden gehören nicht zu den Symptomen. Zug- und Druckkräfte Das Kniegelenk besteht im Grunde genommen aus zwei Teilgelenken: dem «Hauptgelenk» zwischen Oberschenkel und Unterschenkel – was das Beugen und Strecken ermöglicht – und dem «Gleitgelenk» an der Kniescheibenrückfläche. Beim Beugen und Strecken gleitet die Kniescheibenrückfläche vorne über dem Hauptgelenk auf und ab. Die Kniescheibe überträgt so als Teil des Streckapparates die Kraft vom Oberschenkel auf den Unterschenkel. Dabei treten zum einen Zugkräfte auf die Kniescheibe auf und zum anderen bei zunehmender Beugung zunehmend auch Druckkräfte auf die Kniescheibenrückfläche. Diese Druckkräfte sind bei belasteter Beugung, wie sie beim Berghinuntergehen oder beim Aufstehen von sitzender Position auftreten, besonders hoch und können ein Mehrfaches unseres Körpergewichtes erreichen. Im Normalfall werden diese Kräfte aber vom Körper gut toleriert. Unbekannter Auslöser Wenn nun dieses Gleitgelenk aber überstrapaziert wird, kommt es zu den typischen oben beschriebenen Beschwerden. Was genau die Schmerzen im Gewebe auslöst, ist nicht bekannt. Eine mögliche Erklärung ist eine Reizung der Nervenfasern im Knochen durch den übermässigen Druck. Langes Hinunterlaufen, lange kniende Tätigkeiten und Belastungen in gebeugter Kniehaltung können zu diesem Schmerzsyndrom führen. Begünstigt wird es durch eine verkürzte (schlecht aufgedehnte) Oberschenkelmuskulatur. Durch die Verkürzung besteht permanent mehr Spannung auf der Kniescheibe, was den Druck zusätzlich erhöht. Wie bei Ihnen: Normalerweise verschwinden die Schmerzen wieder. Problematischer wird es, wenn sie hartnäckig sind und chronisch werden. Eine einmalige Überbelastung reicht dann nämlich aus, dass das Gelenk für Alltagsbelastungen überempfindlich wird und die Schmerzen schon bei geringen Belastungen auftreten. Weil es sich um ein rein funktionelles Problem handelt, kann es nicht operativ oder medikamentös therapiert werden. Fazit: Der «vordere Kniegelenksschmerz » ist unangenehm und zäh, aber meist harmlos. Die Therapie besteht darin, das überforderte Gelenk wieder ins Gleichgewicht zu bringen: schmerzhafte Belastungen möglichst verhindern, konsequent jeden Tag die Oberschenkelmuskulatur dehnen, flankierend dazu Physiotherapie und viel Geduld. Der Erfolg stellt sich oft erst nach Monaten ein. Quelle: Neue Luzerner Zeitung 25. August 2014