FÜR MEHR EUROPA
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FÜR MEHR EUROPA
FÜR MEHR EUROPA – gegen Renationalisierung 1 2 D e u t s c h l a n D s ä lt e s t e b u n D e s w e i t e b ü r g e r i n i t i at i v e zur Förderung des staatsbürgerlichen Engagements, des Ehrenamts und der Zivilcourage (gegründet 1957) Deutsch lanD Für mehr Europa – gegen Renationalisierung Begleittexte zur Kampagne 3 Inhalt 5 Vorwort Cornelie Sonntag-Wolgast 6 Wir brauchen mehr Europa - zur Gesamtproblematik des Aufrufs der Aktion Gemeinsinn Carl-Christoph Schweitzer 9 Das europäische Projekt in der Krise Heinrich AugustWinkler 12 Was hat uns die Europäische Union bisher gebracht? Klaus Hänsch 15 Europa – Eine wirtschaftspolitische Führungsaufgabe Ulrich Blum 18 Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten – Fiktion, Wunsch oder Wirklichkeit? Carl-Christoph Schweitzer 22 Auch die Medien sind herausgefordert: Mehr Demokratie wagen! Helmut Herles 24 Für ein Europa der Bürger – Europa muss demokratischer und die Demokratie muss europäischer werden! Gerald Häfner 29 Europa ist mehr als der Euro Alexander Graf Lambsdorff 31 Zitate und Meinungen 35 35 37 38 Europa in Kürze - Wie funktioniert Europa bislang? - Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV - Wie können sich europäische Bürger einmischen? 39 Statistische Daten 4 Vorwort Dr. Cornelie SonntagWolgast Die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin war von 2006 bis Ende 2012 Vorsitzende der Aktion Gemeinsinn e.V. „M ehr e uropa – gegen r enationalisierung “. Ist diese Forderung am Platze? Gerade jetzt, da sich die Lage in den Anrainer-Staaten des Mittelmeers zuspitzt; da der Euro in der Krise steckt; da viele Menschen tiefes Unbehagen packt über das Tempo, mit dem der Bundestag über „Rettungsschirme“ und „Fiskalpakte“ abzustimmen hat? Wir sagen: Ja, gerade jetzt ist es notwendig, für ein starkes, einheitliches Europa zu werben. Für einen Kontinent, der die Vielfalt seiner Traditionen und kulturellen Eigenheiten wahrt und dennoch die Kraft hat zur Bildung einer echten politischen Union. Für eine Haltung, die sich den Tendenzen zum Verzicht auf bereits erworbene gemeinschaftsrechtliche Regelungen entgegenstellt. Seit ihrer Gründung vor 55 Jahren hat sich die Aktion Gemeinsinn, Deutschlands erste überparteiliche Bürgerinitiative, als Motor zivilen Engagements verstanden. Wir fordern etwas vom Staat und vom Parlament, aber wir ermuntern zugleich all diejenigen, die diese Forderung unterstützen, ihren eigenen Beitrag zu leisten. Und jetzt ist es dringlich, europäischen Gemeinsinn zu zeigen! Deutlich zu machen, wie stark das vereinte Europa unser Leben positiv beeinflusst hat! Die Spannbreite reicht von ganz praktischen Erleichterungen wie der Reisefreiheit über die wirtschaftliche Stärkung, die der Euro unserem export-orientierten Land beschert hat, bis hin zu einer langen Phase des Friedens, wie wir sie kaum jemals zuvor erleben durften. Wir sind froh und dankbar dafür, dass namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Religion als Erstunterzeichner den Fünf-Punkte-Katalog unserer Anzeige unterstützen. Dass es nicht leicht war, einen Konsens zu einer derart komplexen Thematik zu erzielen, sei hier nicht verschwiegen. Den knappen Text der Anzeige ergänzen wir in der vorliegenden Broschüre mit Antworten auf die wichtigsten Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger stellen. Wir setzen uns natürlich auch mit der Kritik an der Europäischen Union auseinander. Wer mehr über ihre Entstehung und Entwicklung weiß, gewinnt Verständnis – und fasst Vertrauen! Denn trotz aller Probleme und Zweifel: Die Idee vom geeinten Europa ist und bleibt ein Glücksfall der Nachkriegsgeschichte. Es lohnt sich, für sie zu kämpfen. 5 Wir brauchen mehr Europa – zur Gesamtproblematik des Aufrufs der Aktion Gemeinsinn Das Europa der EU (1951/52 aus 6 Mitgliedsstaaten bestehend, inzwischen aus 27!) steht an einem Scheideweg, den man nach 60 Jahren Integrationsbemühungen durchaus als historisch bezeichnen kann. Wenigstens darin sind sich die maßgeblichen Experten aus Wissenschaft und Politik einig. Die Aktion Gemeinsinn ist als Verfasser der vorliegenden Testimonialanzeige zusammen mit ihren Erstunterzeichnern der Auffassung, dass es für die EU heute nur ein unumstößliches Entweder-Oder gibt. Die EuroProf. em. Dr. Carlkrise kann unseres Erachtens nur überwunden werden Christoph Schweitzer durch mutige weitere Integrationsschritte in RichPolitikwissenschaftler, Universität Bonn, war 1957 tung „Mehr Europa“, d.h. durch noch weiter gehende Übertragungen von einzelstaatlichen Hoheitsrechten Initiator der Aktion Gemeinsinn und ist heute ihr in Richtung auf eine echte politische Union, nicht aber Ehrenvorsitzender. durch Rückübertragungen solcher Hoheitsrechte weg von der EU und hin zu alten, durch die Geschichte überholten nationalstaatlichen Strukturen. Letztere Alternative scheint leider immer stärker auch in Deutschland in den Mittelpunkt öffentlicher Diskurse zu rücken – in erster Linie aus Angst vor Einbußen an gesamtstaatlichem und persönlichem Wohlstand. Solche Tendenzen bezeichnen wir in unserem Aufruf als „Renationalisierung“. Dieser Terminus hat nichts gemein mit einem Nationalismus früherer Jahrhunderte, der in Europa zu so vielen Kriegen geführt hat. Ein solches „Mehr Europa“ hatte schon am Ende des vorigen Jahrhunderts ein hochkarätig besetzter sog. „Verfassungskonvent“ angepeilt und dann 2004 mit dem Endprodukt eines Verfassungsentwurfes herbeizuführen versucht. Die Umsetzung in eine EU-Verfassung wäre die richtige Antwort auf die Frage nach der Weiterentwicklung der Integration im Rahmen der EU gewesen. Dieser von den Staatsführungen schon angenommene Versuch scheiterte jedoch überraschend knapp mehrheitlich an Volksabstimmungen ausgerechnet in Frankreich und den Niederlanden. Schon damals hätte den Politikern in allen EU-Mitgliedsstaaten klar sein müssen, dass ohne eine vertraglich im Einzelnen abgesicherte gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euro als Gemeinschaftswährung gar nicht hätte eingeführt werden dürfen. Jetzt soll dieser Geburtsfehler des Euro-Systems vor allem durch den sog. 6 Fiskalpakt und einen dauerhaften Krisenfonds, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), juristisch und politisch “geheilt“ werden (siehe hierzu Ulrich Blum: Europa – eine wirtschaftspolitische Führungsaufgabe). Auch nach sechzig Jahren der Integrationsentwicklung ist ein anzupeilendes ENDZIEL (Bundesstaat, Staatenbund oder eine Mischform etc.) immer noch nicht im Konsens formuliert worden. Die Aktion Gemeinsinn geht davon aus, dass eine Politik des „Mehr Europa“ auf jeden Fall gerade in dieser Zeit einer wahren Herkulesaufgabe gleichkommt, der wir uns aber nicht entziehen können. Diese Aufgabe kann aus unserer Sicht nur dann erfolgreich bewältigt werden, wenn das demokratisch gewählte Europäische Parlament noch mehr Kontrollkompetenzen gegenüber den verschiedenen EU-Exekutiven erhält, nämlich • gegenüber dem allen anderen europäischen Instanzen übergeordneten, vor allem aber völlig an unserem Europäischen Parlament vorbei operierenden Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs • gegenüber dem von Anfang an bestehenden „Rat der Europäischen Union“ (Ministerrat, von seinen Funktionen her teilweise mit unserem Bundesrat zu vergleichen), in dem die Regierungen der einzelnen Mitgliedsländer jeweils mit ihren Fachministern vertreten sind. Er ist zusammen mit dem Europäischen Parlament das Legislativorgan der EU und gleichzeitig auch nach Art. 16 Lissabon-Vertrag exekutiv tätig. • gegenüber der eigentlich als europäische Regierung ebenfalls von Anfang an bestehenden EU-Kommission mit dem bis heute noch nicht beseitigten demokratietheoretischen „Makel“, dass sie (von wenigen Ausnahmen abgesehen) alleine das Initiativrecht für die europäische Gesetzgebung besitzt. (Erst seit wenigen Jahren muss das Europäische Parlament wenigstens der Ernennung der von den Mitgliedsstaaten vorgeschlagenen Kommissionsmitglieder zustimmen und kann die Kommission darüber hinaus durch ein qualifiziertes Misstrauensvotum theoretisch auch abwählen.) Ein Meilenstein in der europäischen Integrationsgeschichte war der am 25. Mai 2005 von allen Mitgliedsstaaten unterschriebene sog. „Lissabon-Vertrag“, der den EU-Vertrag und den EG-Vertrag ersetzt und eine „neue institutionelle Architektur“ der Europäischen Union herbeigeführt hat (vgl. „Vertrag von Lissabon“, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, S. 21f, mit Register S. 414f). Dieses vorläufig letzte europäische Vertragsmonstrum umfasst insgesamt 356 Druckseiten. Hinzu kommen zur Gesamtbewertung aus deutscher Sicht noch 24 Buchseiten mit neu angepassten deutschen Rechtsbestimmungen einschließlich entsprechender Grundgesetzpassagen, die nicht zuletzt die erheblich erweiterten Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat in der europäischen Integrationsgesetzgebung neu definieren. Wie aber können sich die “Unionsbürger/-innen“ in diesem Gesetzeslabyrinth zurechtfinden? 7 Damit sind wir wieder bei der zentralen Forderung der Aktion Gemeinsinn nach mehr Kompetenzen für das Europäische Parlament als einem noch stärkeren Motor für den weiteren europäischen Integrationsprozess. Zwar sind durch den LissabonVertrag auch die Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments erheblich erweitert worden – etwa bei der Gestaltung der Außen- und Sicherheitspolitik der Union. Der oben angesprochene „Grundmakel“ eines nur ganz geringen eigenen legislativen Initiativrechts und einer immer noch sehr mangelhaften Kontrolle der EU-Exekutiven bleibt aber bestehen. Neue und alte Probleme in diesem Gesamtzusammenhang hängen nun aber auch mit dem sehr zwiespältig zu bewertenden Urteil unseres Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom 30. Juni 2009 zum Lissabon-Vertrag zusammen. Aus Sicht des Verfassers dieses Beitrags hätte das BVG in seinem Urteil auch das Europäische Parlament zumindest indirekt stärken müssen – und nicht nur die Rechte des Deutschen Bundestags. Letztlich hat das Urteil das genaue Gegenteil im Hinblick auf das Europäische Parlament bewirkt, vor allem weil das oberste deutsche Verfassungsgericht die Legitimität des von uns Unionsbürgern frei gewählten Europäischen Parlaments in Brüssel als ein echtes Parlament überhaupt in Zweifel gezogen hat. Für eine solche Beurteilung war unser nationales Gericht strictu sensu nicht zuständig. Auch konnte die Begründung dieses Teils des Urteils durch eine Berufung auf ein Primat des bei uns in Deutschland (aber z.B. nicht in den USA oder Großbritannien) vorherrschenden Typus des Verhältniswahlrechts nicht überzeugen. Auf jeden Fall hat das Gericht nach Ansicht des Verfassers im Hinblick auf den europäischen Integrationsprozess mit diesem Teil seiner Rechtsprechung letztlich „Renationalisierungstendenzen“ im oben genannten Sinne Vorschub geleistet. Natürlich müssen entscheidende (vor allem Budget-) Hoheitsrechte bei jedem Mitgliedsparlament bleiben – sogar auch dann noch, wenn eines Tages in Europa ein echter Bundesstaat entstehen sollte. In diesem Falle müsste wahrscheinlich sogar das jeweilige nationale Staatsvolk zu einem Referendum über einen dann endgültig „supranationalen Staat“ zur Abstimmung aufgerufen werden – in Deutschland nach dem Grundgesetz (GG) Art. 146. In einigen anderen EU-Mitgliedsstaaten ist eine solche verfassungsmäßige Vorgehensweise im Zusammenhang mit der europäischen Integration schon zum Tragen gekommen. (Zu jetzt schon in der EU bestehenden Möglichkeiten einer Bürgerbeteiligung siehe „Wie können sich europäische Bürger einmischen?“) 8 Das europäische Projekt in der Krise Jede Krise hat ihre Vorgeschichte. Das gilt auch für die Vertrauenskrise, in der sich das Projekt Europa seit geraumer Zeit befindet. Die Vorgeschichte führt zurück in das Epochenjahr 1989/90, und sie hängt aufs engste mit der Wiedervereinigung Deutschlands zusammen. Für alle Bundesregierungen galt bis dahin die Maxime: Die erstrebte europäische Währungsunion und die politische Einigung Europas sollten gleichzeitig verwirklicht werden. Sie galten als die beiden Seiten einer Medaille. Doch schon bald nach dem Fall der Berliner Mauer wurde klar, dass sich dieses Junktim nicht mehr durchhalten ließ. Seit die deutsche Frage wieder auf der Tagesordnung der internationalen Politik stand, drängte der französische Staatspräsident François Mitterrand darauf, die DM so rasch wie möglich in einer europäischen Währung aufgehen zu lassen. Für ihn war dies die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass einem wiedervereinigten Deutschland die Hegemonie in Europa zufiel. Die Politische Union konnte demgegenüber warten – ganz abgesehen davon, dass Paris sehr viel weniger Souveränitätsrechte auf Europa übertragen und dem Europäischen Parlament viel geringere Kompetenzen zugestehen wollte als Bonn. Prof. em. Dr. Heinrich August Winkler Der Historiker lehrte an der Humboldt Universität in Berlin. Bundeskanzler Helmut Kohl wollte seinerseits die deutsche Einheit nicht mit einem deutsch-französischen Zerwürfnis belasten und willigte deshalb in getrennte Regierungskonferenzen ein: eine zur Vorbereitung der Währungs- und Wirtschaftsunion und eine zur Schaffung der Politischen Union. Entsprechend wurden auf der Außenministerkonferenz von Dublin im April 1990 die Weichen gestellt. Ein Verzicht auf das deutsche Junktim sollte dies nach Kohls Vorstellung nicht sein. Noch am 6. November 1991 erklärte der Kanzler im Bundestag, die Politische Union sei das unerlässliche Gegenstück zur Wirtschafts- und Währungsunion. „Die jüngere Geschichte …lehrt uns, dass die Vorstellung, man könne eine Wirtschafts- und Währungsunion ohne politische Union auf die Dauer erhalten, abwegig ist.“ Doch der Vertrag von Maastricht, der im Februar 1992 unterzeichnet wurde, blieb, was die Politische Union betraf, weit hinter den ursprünglichen deutschen Forderungen zurück, und zwar so sehr, dass man von einer Vertagung der Politischen Union sprechen musste. Anders formuliert: Um die deutsche Frage im Einvernehmen mit Europa zu lösen, war die europäische Frage weithin offen geblieben. Die Schuldenkrise hat den Europäern die Einsicht aufgenötigt, dass die Entkoppelung von Währungsunion und Politischer Union ein Fehler war. Die große Mehrheit 9 der Mitgliedsstaaten der EU, darunter alle Mitglieder der Eurozone, bekennt sich mittlerweile zumindest grundsätzlich zu dem Ziel, die Währungsunion weiter zu entwickeln, die meisten längerfristig auch zu einer Politischen Union. Wie die Politische Union konkret aussehen soll, ist dagegen nach wie vor offen. Die Schuldenkrise erzwingt also einen breiten öffentlichen Diskurs über Ziel und Zweck des europäischen Einigungsprozesses – die Finalitätsdebatte, die Europa seit langem verdrängt hat. Die von der Bundesregierung anvisierte Weiterentwicklung der Fiskalunion zur Politischen Union läuft auf einen qualitativen Integrationssprung hinaus. Es ist die innere Logik des Einigungsprozesses, die für eine solche Perspektive spricht: Die Legitimations- und Vertrauenskrise, in die das europäische Projekt geraten ist, kann nur überwunden werden, wenn es gelingt, eine überzeugende Antwort auf die Gefahr einer Verselbständigung der Exekutivgewalten zu finden. Nur wenn das Europäische Parlament die europäische Regierung mindestens ebenso effektiv kontrolliert wie nationale Parlamente die nationalen Regierungen, ist eine Übertragung der entscheidenden Hoheitsrechte im Bereich der Budgetbewilligung auf die europäische Ebene gerechtfertigt. Entsprechende Änderungen der nationalen Verfassungen sind unabdingbar. Für die Bundesrepublik heißt das, dass eher früher als später der Punkt erreicht sein wird, wo Artikel 146 GG ins Spiel kommt – jener Artikel, der vorsieht, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliert, „an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem ganzen deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. Bei der Abstimmung muss klar sein, welche Folge ein Nein hätte: das Ausscheiden Deutschlands aus der erneuerten EU und aus der Währungsunion und der Rückfall in nationale Rivalitäten alten Stils. Die europafreundlichen Parteien des Bundestages werden um das deutsche Ja zu einem im europäischen Sinn überarbeiteten Grundgesetz kämpfen müssen. Erfolg werden sie dabei nur dann haben, wenn sie die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen können, dass der Wachstums- und Beschäftigungspakt, der den Fiskalpakt ergänzen wird, das Projekt einer Stabilitätsunion nicht gefährdet, sondern fördert. Eine gemeinsame Schuldenhaftung wäre damit unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht vereinbar. Vielmehr sind einschneidende Strukturreformen, ähnlich wie die deutsche Agenda 2010, eine conditio sine qua non der Politischen Union. Diesen Weg werden nicht alle Mitgliedsstaaten der EU und möglicherweise auch nicht alle Unterzeichner des Fiskalpakts gehen wollen. Dem engeren Bund werden sie in diesem Fall nicht angehören können. Es ist nicht nur die Schuldenkrise, die einen breiten öffentlichen Diskurs über die Finalität des Einigungsprozesses verlangt. Auch außenpolitische Gründe sprechen dafür, dieser Debatte nicht länger auszuweichen. Neben den großen Mächten der 10 multipolaren Welt von heute – den USA, Russland, China, Indien und Brasilien – nehmen sich auch die größeren unter den Mitgliedsstaaten der EU klein aus. Sie sind längst keine klassischen, vollsouveränen Nationalstaaten mehr, sondern postklassische Nationalstaaten, die Teile ihrer Hoheitsrechte gemeinsam ausüben oder auf supranationale Einrichtungen übertragen haben. Nur wenn Europa seine Kräfte bündelt und in wichtigen außenpolitischen Fragen mit einer Stimme spricht, kann es die gemeinsamen Interessen der Europäer in einer globalisierten Welt wirksam vertreten. Dabei geht es sowohl um materielle als auch immaterielle Interessen. Diese immateriellen Interessen sind die westlichen Werte, die Europa mit den anderen westlichen Demokratien, obenan den USA, teilt. Das europäische Projekt ist eine historisch einzigartige Ausprägung der politischen Kultur des Westens. Es steht für Einheit in der Vielfalt, für die Überwindung von Nationalismen, für die Lernfähigkeit von Nationen, die erkannt haben, dass sie für ihre Interessen und Überzeugungen nur gemeinsam wirkungsvoll eintreten können. Zu ihrem Wertekompass gehören die unveräußerlichen Menschenrechte, die Herrschaft des Rechts, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, die repräsentative Demokratie, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Bemühen um soziale Gerechtigkeit. Wenn ein geeintes Europa sich an diesem normativen Projekt orientiert, hat es alle Aussichten, zu einem Modell für andere Teile der Welt zu werden. 11 Was hat uns die Europäische Union bisher gebracht? Die Frage zeigt, dass die Europäische Union nicht um ihrer selbst willen besteht. Sie ist ein Gebilde der Nationalstaaten und bedarf der nationalen Rechtfertigung. Die Volksmeinung in allen Staaten der Union unterscheidet jedoch auch nach sechzig Jahren noch immer zwischen “uns” und “den anderen”. Also muss die Frage, was uns die Europäische Union bisher gebracht hat, auch für Deutschland beantwortet werden. Nur darf aus Aufrechnung nicht Abrechnung werden. Der erste Teil der Antwort reduziert das in Europa Geschaffene allein auf den materiellen Aspekt. Das ist keineswegs nur krämerhaft, denn Deutschland “zahlt” jährlich um die acht Milliarden Euro “netto” in die EU – und kassiert aus dem Export in die 26 anderen EUStaaten Überschüsse in Höhe von rund 100 Milliarden Euro. Es ist volkswirtschaftlich also ein “Nettoempfänger”. Übrigens geht die Hälfte des gesamten deutschen Exports allein in die Länder der Eurozone. Gewiss, die deutsche Wirtschaft exportiert weltweit und sie würde auch ohne Union und Euro Überschüsse erzielen. Aber dass sie 60 Prozent ihrer Ausfuhren in einen Wirtschaftsraum ohne nationale Zollschranken, Kontingentierungen und Konditionierungen richten kann, hat sich als ihr sicheres Standbein im globalen Wettbewerb erwiesen. Prof. Dr. Klaus Hänsch war von 1979 bis 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments und von 1994 bis 1997 dessen Präsident. Er war 2002/3 Mitglied des Präsidiums des EUVerfassungskonvents. Freies Reisen, freier Warenverkehr, freie Wahl des Wohnsitzes und des Arbeitsplatzes in der gesamten Union haben nicht nur die Freiheit des Marktes, sondern auch die persönliche Freiheit der Deutschen erweitert. Das Europa der offenen Grenzen (das nicht ein grenzenloses ist) hätten die modernen Verkehrs- und Kommunikationsmittel ohnehin erzwungen. Es hätte auch bi- oder multinational geschaffen werden können, aber nicht so schnell, nicht so einfach und nicht durch gemeinsame Regeln gesichert. In der Bankenkrise von 2008 und der Schuldenkrise von 2010 ist der Traum von der Selbstregulierung des Marktes zerstoben. Die weltweit außer Rand und Band geratenen Finanzmärkte können wir jedoch nur mit der Europäischen Union, nicht ohne sie wieder einfangen. Nur sie hat globales Gewicht. In Europa hat Deutschland den wirtschaftlichen und politischen Einfluss einer Großmacht. Sein Einfluss in der Welt resultiert aus seiner Rolle als Führungsmacht der Europäischen Union. Die 12 Vorstellung, der Starke sei am mächtigsten allein, ist nicht bloß ein überhebliches Diktum aus alter Zeit, es ist eine rückwärtsgewandte Illusion. Vor den neuen globalen Herausforderungen haben die europäischen Nationalstaaten einen substanziellen Teil ihrer Problemlösungsfähigkeit verloren. Deshalb verlagern sie immer mehr Entscheidungen von großer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung in internationale Organisationen – nicht nur in die EU, sondern auch in den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Welthandelsorganisation (WHO), die UNO oder auf die G7- bis G20-Gipfel. Das geht allerdings zu Lasten der nationalstaatlichen Demokratie. Unter diesen Organisationen ist die EU die einzige, die den Bürgern über die nationalen Grenzen hinaus Mitentscheidung und Machtkontrolle durch ein direkt gewähltes Parlament bietet. Allein die EU gewichtet den Einfluss ihrer Mitgliedsstaaten auch nach der Zahl der Bevölkerung. Nur sie beteiligt in wichtigen Bereichen ihrer Politik die nationalen Parlamente an der Willensbildung. Sie ist das bislang einzige Projekt einer transstaatlichen Demokratie in der Welt und ein Teil der deutschen Demokratie. Das Europäische Parlament hatte bei seiner ersten direkten Wahl im Jahr 1979 nur einige Anhörungs- und Beratungsrechte, ein sehr begrenztes Mitentscheidungsrecht über die Ausgaben im EU-Haushalt und das Recht, die EU-Kommission per Misstrauensvotum zu entlassen. Heute hingegen entscheidet es über fast alle EURichtlinien und -Verordnungen. Es wählt den Präsidenten der EU-Kommission entsprechend dem Ergebnis der Europawahl. Die EU-Kommission und die einzelnen Kommissare bedürfen für ihre Amtsführung des Vertrauens des Parlaments. An der Ausarbeitung von EU-Vertragsänderungen ist es beteiligt. Internationale Verträge treten erst nach seiner Zustimmung in Kraft. Innerhalb einer Politikergeneration ist aus dem Beratungsorgan ein Entscheidungsorgan geworden. Im Kompetenzgefüge der gewählten Vertretung von fast 500 Millionen Europäern gibt es zwar immer noch Lücken und Leerstellen. Sie müssen und können gefüllt werden. Aber eine Kopie irgendeines der nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten kann und darf das Europäische Parlament nicht werden. Es schränkt die Demokratie in Deutschland nicht ein, schon gar nicht setzt es sich an ihre Stelle. Es erweitert sie vielmehr. Nach den beiden großen Kriegen des 20. Jahrhunderts brauchten alle Völker Europas dauerhaften Frieden, gesicherte Freiheit und schnellen Wiederaufbau durch die Einigung Europas, am meisten das deutsche Volk. Die Vision wäre ohne Organisation schnell zur Illusion verkommen. Sechs Völker im freien Teil Europas wählten den Weg der Zusammenarbeit, Verflechtung und Versöhnung. Dafür gaben sie nationale Souveränitätsrechte auf – nur Deutschland nicht, weil es fünf Jahre nach dem Krieg 13 keine mehr hatte. Es bekam sie vielmehr durch die Mitwirkung im Kreis der freien und demokratischen Völker Europas zurück. Das ist eine alte Geschichte, vergessen sollten “wir” sie nicht. Geschichte prägt. Geographie tut es auch. Die dunklen Kapitel der Geschichte Deutschlands in Europa sind durch sechzig Jahre Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Verlässlichkeit relativiert. Die Geographie sieht Deutschland nach wie vor im Zentrum Europas. Die Wiedervereinigung wäre auch ohne die Europäische Union geschehen, aber sie hätte neue Verwerfungen im Machtgefüge der europäischen Staaten hervorgerufen. In der EU ist Deutschlands Größe und Macht in der Mitte Europas für unsere Nachbarn erträglich – und sie macht es “uns” leichter, mit ihr umzugehen. Was uns die Europäische Union bisher gebracht hat, lässt sich nur zu einem kleineren, wenngleich nicht unbedeutenden Teil in Euro und Cent ausdrücken. Den größeren Gewinn stellen jedoch Vertrauen, Stabilität, Einfluss und Lebensgefühl dar. Das ist harte politische Währung. Finanziell hat uns Europa bislang nicht wirklich etwas gekostet. Einen Souveränitätspreis haben wir erst mit der Aufgabe der D-Mark gezahlt. Wenn wir ihn nun, in der ersten ernsten Belastungsprobe, wieder zurückfordern sollten, würden wir Europa zwar nicht zerstören, aber alles, was wir in den vergangenen sechzig Jahren gemeinsam mit anderen aufgebaut haben. Die Rechnung, die wir dafür zu begleichen hätten, wird nicht in Euro und Cent ausgestellt, sondern in politischer Währung und sie wäre unerträglich hoch. Müssen wir die Europäische Union erst verlieren, damit wir einschätzen können, was sie uns gebracht hat? Es geht darum, dieser verheerenden Torheit zu wehren. 14 Europa – Eine wirtschaftspolitische Führungsaufgabe Die Idee EUROPA, aus der Asche des Zweiten Weltkriegs heraus geboren, ist es wert, mit aller Kraft und mit Engagement am Leben erhalten zu werden. Derzeit wird jedoch alles getan, die Idee Europa zu Grabe zu tragen. Dabei ist die europäische Bevölkerung für die Europäische Einigung. Und gerade auch Deutschland, das mit dem Verzicht auf die DM einen wesentlichen Teil seiner nationalen Identität aufgegeben hat, steht zur Union und zum Euro. Aber es muss scharf getrennt werden zwischen Europa und dem Euro: Die Gleichung, dass Europa auseinander bricht, wenn der Euro scheitert, ist eine demagogische Verkürzung. Europa ist mit Sicherheit mehr als der Euro. Die Staaten Europas haben auch schon friedlich zusammengelebt, als es den Euro noch nicht gab, und die Länder, die dem Euro nicht beitraten, sind nicht durch kriegerische Handlungen in Erscheinung getreten. Wenn heute die Rufe der Kritiker immer lauter werden, wenn der normale Bürger verunsichert ist, sich getäuscht fühlt, dann haben die nationalen und europäischen Eliten in Politik und Wirtschaft versagt. Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Blum ist seit 2004 Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung an der Universität HalleWittenberg. Große Ideen werden durch die Politik befördert und gestaltet, können aber durch die Politik auch zerstört werden in dem Versuch, Führungs- und Verantwortungszuordnungen zu vermeiden, um Konflikten mit den Wählern oder anderen Interessensgruppen auszuweichen. Eine Renationalisierung von Wirtschaft und Politik sollte verhindert werden, auch ein Euro-Zusammenbruch, denn dies Debakel würde alle treffen. Dies wird aber nur gelingen, wenn der Ordnungsruf der Bürger alle Verantwortlichen erreicht und diese Europa nicht weiter als Eliteprojekt sehen, bei dem der Bürger weitgehend Beobachter ist. Dabei ist nicht auszuschließen, dass der Irrtum, zu bereitwillig zu viele Länder in den Euro eingeladen zu haben, zur Disposition gestellt und gegebenenfalls revidiert werden muss. Glaubhafte Politik muss dem Wähler in die Augen sehen können und Alternativen aufzeigen. Ohne Alternative wird man zum Opfer externer Erpressung. Nur über die Schaffung, Analysierung und Bewertung verschiedener Handlungsoptionen kann es gelingen, eine Krise zu beherrschen. 15 Es fehlen zunehmend Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Beständigkeit, Transparenz. Stete Regelüberschreitungen oder -brüche machen deutlich, dass der Rubikon wohl schon überschritten ist und die Rückkehr hinter die rote Linie Führungsfähigkeit und Verantwortung notwendig macht, die derzeit personell nicht sichtbar ist, die aber hoffentlich vom deutschen Verfassungsgericht gefordert wird. Die Rückkehr der Ordnung, sprich: des Denkens und Handelns in Ordnungskategorien, wird zentrale Voraussetzung sein, damit das Projekt nicht scheitert. Die Bürger Europas wollen Europa! Solidarität hat aber einen Preis, vor allem Kosten müssen verantwortet und kalkulierbar bleiben – beides fehlt. Und es wird auch klar, dass Parlamente die Kompetenz haben müssen, das, was sie beschließen und gegenüber dem Bürger verantworten müssen, verstehen zu können. Ziel der Europäischen Währungsunion war es, über das gemeinsame Geld eine strukturelle Konvergenz zu erzwingen und damit die politische Einigung herbeizuführen, den europäischen Einigungsprozess also „noch irreversibler“ zu machen. Denn die Währungsunion legte die drei entscheidenden Schockabsorber der Außenwirtschaft lahm, nämlich unterschiedliche Währungskurse, unterschiedliche Zinsen und vor allen Dingen auch unterschiedliche Preise, und verstärkte die Preistransparenz. Divergente ökonomische Entwicklungen mussten damit vor allen Dingen über die lokale Preisbildung und staatliches Ausgabenpolitik ausgeglichen werden. Vor einer Entwicklung, die heute Wohlstand und europäische Harmonie bedroht, hatten Ökonomen kurz vor der Einführung des Euro in ihrem Aufruf „Der Euro kommt zu früh“ gewarnt, weil wichtige Regeln als unter Krisenbedingungen nicht durchsetzbar erschienen und manche auch „ökonomische Gesetzmäßigkeiten“ sprengten. Nachdem die Politik Regeln wie die No-Bailout-Clause, dass also ein Land nicht für die Schulden anderer Länder einstehen muss, sukzessiv erodierte, zerstörte sie die letzten disziplinierenden Rahmenbedingungen der Währungsunion und lud internationale Spekulanten geradezu ein zu testen, wie weit der Zusammenhalt Europas reicht. An die Finanz- und Schuldenkrise beginnt sich eine Verfassungskrise anzuschließen, beide drohen zu einer Vertrauenskrise zu eskalieren. Die steten – aber bis heute vergeblichen – Durchhalteparolen haben ökonomisches und politisches Kapital zerschlagen, ohne zu helfen. Immer wieder wird Deutschlands besondere Verantwortung betont – und seine Pflicht zur Solidarität, sprich: zur Übernahme der Schulden anderer, weil es doch vorgeblich vom Euro profitiert: Das gilt gegenwärtig, für die Vergangenheit war dies anders. Es bedurfte rund zehn Jahre harter Anpassungsmaßnahmen, diesen Status zu erringen. Tatsächlich ging die DM zu teuer in den Euro: Die Hochzinspolitik der Deutschen Bundesbank zur Abwehr der Inflation im Rahmen der Ausgabenprogramme zur Finanzierung der Deutschen Einheit führten zu einer Aufwertung; tatsächlich aber war Deutschland mit der Einheit schwächer geworden, hätte die DM um rund 10% abwerten müssen, sie wertete diese aber um rund 20% auf. Dieser 16 Nachteil musste durch Lohnmäßigung und Sozialreformen im Sinne einer „inneren Abwertung“ abgebaut werden, und dies war erst kurz vor der Weltwährungskrise abgeschlossen. Genau dies ist es, was von den Peripherieländern derzeit gefordert wird. Und dies kann erwartet und geleistet werden. Wichtiger ist es, vor allen Dingen Vertrauen in die Märkte zu bringen, und dazu ist auch eine Entscheidung notwendig, wer Teilnehmer im Euroclub bleibt und wer nicht. Denn die privaten Haushalte besitzen genügend Mittel, die Nachfrageausfälle zu kompensieren, die der Staat derzeit leisten muss, um nicht am langen Ende in der Verschuldungsfalle zusammenzubrechen. Griechische Eliten bringen zunehmend ihr Geld in Deutschland in Sicherheit. Wenn Griechenland zusammenbricht, dann sitzt Deutschland nicht nur auf rund 170 Milliarden griechischen Außenständen, griechische Staatsbürger haben dann auch noch Milliardenansprüche. Dann hat der deutsche Steuerzahler nicht nur die griechischen Importe, er hat die griechische Kapitalflucht finanziert. Eine solche Politik ist mit dem Amtseid, Schaden vom Deutschen Volk abzuwenden, nicht zu vereinbaren. Europa darf nicht zerfallen! Gerade die wirtschaftliche Renationalisierung würde nationale wirtschaftliche Egoismen, oft Ursache vieler moderner politischer Konflikte, befördern. Aber Europa darf auch nicht seinen Wertekonsens über Bord werfen, dass nämlich nicht Lasten beliebig verschoben werden dürfen, sondern zu verantworten sind. Eine Schuldenunion hätte katastrophale Folgen: Kollektive Verantwortungslosigkeit, wirtschaftlicher Niedergang, und nationale Animositäten würden sich verstärken, die – das ist die Tragik – bereits heute in Ansätzen zu beobachten sind. Es muss eine politische, kulturelle und wirtschaftliche Ehre sein, zu Europa zu gehören, nicht eine geographische Zufälligkeit. 17 Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten – Fiktion,Wunsch oder Wirklichkeit? Schon der belgische Ministerpräsident Tindemans hatte 1972 den Terminus eines Europas der „zwei Geschwindigkeiten“ in seinem Verfassungsentwurf für eine Umwandlung der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) in eine auch von ihm so genannte „Europäische Union“ als probates Mittel zum Erreichen des Endziels der europäischen Integrationsbemühungen postuliert. Prof. em. Dr. CarlChristoph Schweitzer Neben seinem Lehrstuhl war Carl-Christoph Schweitzer von 1972 bis 1976 und 1980 Mitglied des Deutschen Bundestages und dort im Auswärtigen Ausschuss. Die Europäische Union heute – eine Mischung aus supranationalen und intergouvernementalen Elementen Eindeutig kann gegewärtig festgehalten werden: Von Anbeginn des Integrationsprozesses war die institutionelle Struktur einer solchen „Union“ als eine Mischung aus sog. „supranationalen“ und gleichzeitig „intergouvernementalen“ Elementen angelegt worden. Das ist auch bis zum vorläufig letzten großen Unionsvertrag von Lissabon so geblieben. Was ist mit diesen beiden Fachausdrücken gemeint? Wir haben auf der einen Seite bereits einige den nationalen Ebenen übergeordnete (deshalb „supranational“) gesamteuropäische Politikbereiche, die nicht mehr in letzter Instanz einer nationalen Kontrolle unterworfen sind (z.B. aus Bonn, Paris, Madrid oder auch Zypern), sondern – auf der Abtretung von nationalen Hoheitsrechten beruhend – von „Brüssel“ festgelegt werden. Unser Grundgesetz hat von Anfang an (mit seinem damaligen Art. 24) solche Abtretungen an „zwischenstaatliche Einrichtungen“ ermöglicht bzw. vorgesehen. Dies ist im heute gültigen Grundgesetztext in Art. 23 expressis verbis auf die „Europäische Union“ bezogen worden. Voraussetzung für den Verzicht auf einzelstaatliche Eigenständigkeit ist in der Bundesrepublik immer schon gewesen, dass unsere Verfassungsorgane – Bundestag und Bundesrat – solche Abtretungen in jedem Einzelfall mit Zweidrittelmehrheit beschließen müssen. Ein solcher Fall ist gerade erst wieder eingetreten mit der Verabschiedung des sog. Fiskalpakts durch unsere beiden Legislativen. 18 Die schrittweise Vergemeinschaftung einzelner Politikfelder Auf diese Weise wurden nacheinander immer wieder die verschiedensten Politikfelder europäisch vergemeinschaftet. Mit der sog. Montanunion von 1952 wurde die Förderung von Kohle und Stahl einer supranationalen europäischen Exekutive ebenso unterstellt wie die Atomindustrie einer weiteren europäischen Behörde – beide in der ersten „Sechser-Staatengruppe“ Westeuropas. Heute ist bei solchen Vergemeinschaftungen – analog zur Aufteilung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern nach dem Grundgesetz in Deutschland – auch auf europäischer Ebene zu unterscheiden zwischen sog. ausschließlichen Zuständigkeiten der EU, z.B. in den Bereichen Zölle, Wettbewerbsregulierungen, freies Niederlassungsrecht etc., und geteilten Zuständigkeiten zwischen der Union und den weiterhin existierenden Nationalstaaten. Diese Zuständigkeiten betreffen zum Beispiel den einheitlichen Binnenmarkt, die Landwirtschaft und Fischerei, den Umwelt- und Verbraucherschutz, den Straßen-, Schienen- und Luftverkehr, die Energiepolitik, zunehmend auch die Rechts- und Innenpolitik (in den Verträgen definiert als „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes“), Einzelbereiche der Forschung (vor allem in der Raumfahrt), die Entwicklungspolitik, Industriepolitik, Kulturpolitik und den Tourismus sowie schließlich auch immer mehr Bereiche der Sozialpolitik, der allgemeinen und beruflichen Bildung oder des Katastrophenschutzes. Auf der anderen Seite bleiben aber dennoch bis heute grundsätzlich die Mitgliedsstaaten durch ihre Regierungen und nationalen Parlamente im Hinblick auf eine Weiterentwicklung der Integration in der EU letztlich „Herren“ des intergouvernementalen (also zwischen den einzelnen Regierungen vereinbarten) Verfahrens. In den letzten Jahren wurde dieser Tatbestand besonders deutlich an den in immer kürzeren Abständen abgehaltenen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU, seit 1974 vertraglich Europäischer Rat genannt, neuerdings mit einem eigenen Ratspräsidenten. (Dieser „Rat“ darf terminologisch nicht mit dem im Kap. 1 schon angesprochenen“ Ministerrat“, in den Verträgen oft nur „Rat“ genannt, verwechselt werden!) Einen interessanten Mix zwischen supranationalen und intergouvernementalen Aspekten stellt schließlich schon seit einigen Jahren die ins Leben gerufene „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ (GASP) der EU dar. Immer noch nicht völlig vergemeinschaftet sind die Bereiche der Wirtschafts- und Finanzpolitik, obwohl es auf dem Papier schon viele Jahre eine Wirtschafts- und Währungsunion gibt. Dieses wichtige Faktum ist eine entscheidende Erklärung für das große Durcheinander heute in der EU aus der Sicht des Durchschnittsunionsbürgers. 19 Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten gibt es schon längst: • Die Eurozone, – als wichtigstes Beispiel – besteht bislang aus 17 Mitgliedern der insgesamt 27 EU-Staaten. Im neuesten Vertrag über die Arbeitsweise der EU heißt es im Art. 136: „Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschaftsund Währungsunion erlässt der Rat (=Ministerrat, der Verf.) für die Mitgliedsstaaten, deren Währung der Euro ist, Maßnahmen nach den einschlägigen Bestimmungen der Verträge“. Dabei „sind nur die Mitglieder des Rates stimmberechtigt, die die Mitgliedsstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist.“ Von Anfang an hatten Großbritannien und Dänemark einen Beitritt zu diesem Eurosystem abgelehnt; Schweden tat dies auf dem Wege eines Referendums dann später auch. Was Großbritannien betrifft, so hat es sich bei aller strikten Ablehnung aber dann doch in einem Zusatzprotokoll des Lissabon-Vertrages mit eigenen 10(!) Vorbehaltsartikeln letztlich typisch britisch die Tür offen gelassen, eines Tages doch noch der Eurozone beizutreten – was allerdings heute unwahrscheinlicher denn je erscheint. • Die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Art. 42 des EU-Vertrages in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll Nr. 10) ermöglicht eine sog. „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ einzelner Mitgliedergruppen im Rahmen der EU. (siehe auch nächste Seite) • Dem Schengen-Abkommen von 1985 bzw. 1999, das gemeinsame Außengrenzen für EU-Mitglieder und damit gleichzeitig den Fortfall aller Binnengrenzen im EU-Gesamtgebiet vorschreibt, traten 22 EU-Staaten bei sowie drei weitere Nicht-EU-Mitglieder. „Schengen“ hat gerade erst wieder zu großen Kontroversen geführt, weil einige Mitgliedsstaaten dieses Abkommen vorübergehend wieder für sich aussetzen wollen. Großbritannien und Irland hatten im Übrigen bei diesem Abkommen von Anfang an einen Sonderstatus für sich durchgesetzt. • Großbritannien, Irland und Dänemark sind von Anfang an nicht in vollem Umfange der oben schon angedeuteten, in Ansätzen gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik beigetreten. • Selbst der sog. Grundrechtekatalog, der im Lissabon-Vertrag sozusagen endgültig verankert werden konnte, gilt nicht in allen Mitgliedsstaaten. Er war als einziges Vertragsgebilde übrig geblieben aus dem ursprünglichen Vorschlag für eine erste gesamteuropäische Verfassung, unterzeichnet von den EU-Regierungen am 18.06.2004, dann aber gescheitert an den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden. Gegen diesen Grundrechtekatalog des Lissabon-Vertrages gaben von Anfang an Tschechien, Polen und wiederum Großbritannien aus den verschiedensten Gründen Vorbehalte zu Protokoll. 20 • Die vertragliche Festlegung auf gemeinsame Unionssymbole (Flagge, Beethovenhymne, etc.) wird auch nicht von allen EU-Mitgliedern mitgetragen. Daher das Fazit aus der Sicht der Aktion Gemeinsinn: Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten ist auch weiterhin als ein mögliches, unter Umständen sogar zwingendes Instrument zur Vollendung einer echten, d.h. einer Politischen (Europäischen) Union anzusehen. Bei diesem Votum stützt sich die Aktion Gemeinsinn auf die sozusagen „übergeordnete“ Bestimmung des EU-Vertrags, nämlich auf das Kapitel „Verstärkte Zusammenarbeit“ (Artikel 20), wonach sich jederzeit eine beliebige, aber mindestens aus 9 Staaten der 27 EU-Mitglieder bestehende Gruppe zu neuen Integrationsschritten zusammenschließen kann, wenn es sich dabei um Politikbereiche „außerhalb der ausschließlichen Zuständigkeit der Union“ handelt. Hier heißt es wörtlich: „Der Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit wird vom Rat als letztes Mittel erlassen, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes verwirklicht werden können.“ Nach neuesten Informationen soll von dieser Möglichkeit demnächst wieder – unter Einschluss auch Deutschlands – im Hinblick auf die Einführung einer sog. „Bankentransaktionssteuer“ Gebrauch gemacht werden. 21 Auch die Medien sind herausgefordert: Mehr Demokratie wagen! Anmerkungen eines Journalisten zur europäischen Krise Was Heinrich Heine einst zum Stand der deutschen Dinge dichtete, gilt heute für die Europa- und vor allem die Euro-Gefühle der politischen und publizistischen Klasse. Und für uns alle, das Publikum: Denk ich an Europa in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht... Dr. phil. Helmut Herles Der Publizist war früher Chefredakteur des GeneralAnzeigers Bonn und langjähriger F.A.Z.-Korrespondent in Bonn. Aber ehe wir uns heißen Träumen hingeben, sollten wir die Augen öffnen und an Heines Fortsetzung seiner Nachtgedanken denken: „Deutschland hat ewigen Bestand, es ist ein kerngesundes Land.“ Sinngemäß und erst recht könnte er dies heute über Europa sagen. Denn Europa ist mehr als der Euro. Dem zuerst in der EWG als Wirtschaftsgemeinschaft, dann in der größeren Gemeinschaft der EG und nun in der politisch längst nicht vollendeten Union der EU organisierten Teil Europas ist es gelungen, die Kriegsgeschichte unseres Kontinents zu überwinden und Frieden zu stiften. Das ist die europäische Hauptsache – die EU-Räson: Frieden in Freiheit und Recht. Dies zu erkennen, dafür die Augen zu öffnen, ist die Herausforderung kritischer Medien. Denn das aus dem Griechischen stammende Wort Kritik heißt Unterscheidung. (Aus Griechenland kommen eben nicht nur Staatsschulden oder die List des Odysseus.) Kritisieren bedeutet deshalb: JA zu sagen, wo es angebracht und notwendig ist und der Wirklichkeit entspricht, ebenso kritisch NEIN zu rufen, wo es angebracht, notwendig und der Wirklichkeit entsprechend ist. Aber zu viele Journalisten erschöpfen ihre Kritik in der Negation. Ist es nicht naiv, angesichts der Euro-Krisen und ihres ungewissen Ausgangs diese kritische Unterscheidung zu verlangen? Nein, dies ist eine Herausforderung der Medien! Und es ist notwendig. Was der Bundespräsident von der Bundeskanzlerin verlangt, besser zu erklären und offen zu sagen, was eigentlich passiert, ist ebenso Aufgabe der Medien (wie auch der Wissenschaft und aller öffentlich wirkenden und wirksamen Menschen mit Meinung). Man kann Kassandra dementieren. 22 Denn auch das ist ein europäischer Grundgedanke: Jede These kann eine Antithese hervorrufen, provozieren, um schließlich zu einer Synthese zu kommen. Deshalb nun erst recht: Mehr statt weniger Europa, mehr statt weniger Europäisches Parlament, mehr statt weniger Europarecht, mehr statt weniger Demokratie in Europa wagen! Das können Medien Menschen erläutern und anschaulich machen. Natürlich nicht im „Häppchen“-Journalismus oder in den unsäglich sich selbst bespiegelnden Talk-Shows, sondern in wirklichen Interviews mit mehr als drei Minuten, wie sie zum Beispiel der Deutschlandfunk regelmäßig gerade auch mit Europaabgeordneten sendet. Und endlich wieder eine Parlamentsberichterstattung, die ihren Namen verdient! Sowohl aus dem Bundestag, als auch aus dem Europaparlament. Die Medien sollten dies nicht länger der Zeitschrift „Das Parlament“ oder dem Sender Phoenix quasi allein überlassen. Das wären Schritte zu mehr Parlament und mehr Demokratie in Europa. Die Medien dürfen sich nicht in der Spiegelung der Mächtigen in Regierungen und Parteien erschöpfen. Zum Glück haben sie wenigstens endlich Macht und Missbrauch in der Wirtschafts- und Finanzwelt entdeckt. Aber es fehlt weitgehend eine genaue Parlamentsberichterstattung. Dabei hilft Sprachgenauigkeit. Falsches Sprechen und Schreiben von Politikern und Publizisten entspricht falschen Gedanken und führt damit zu falschem Handeln. Am Anfang ist das Wort! Deshalb sollten gerade im Internet-Zeitalter die eigentlichen www-Fragen stets genau beantwortet werden: Wer, wo, wann, wie und warum! Zwei Beispiele: „Das Vertrauen der Finanzmärkte wieder gewinnen...“ Falsch! „Politiker und Publizisten müssten den Finanzmärkten ihr Misstrauen aussprechen ..., um ehrlicher Arbeit wieder ihren Rang zu geben.“ (Norbert Blüm) Oder: „Die Rating-Agentur XYZ hat Deutschland herabgestuft.“ Falsch! Richtig müsste es heißen: „Die Rating-Agentur ist der Meinung, Deutschland sei in seiner Kreditwürdigkeit herabzustufen.“ Journalisten sollten auch und gerade hierbei genau unterscheiden. Das hilft ihnen und uns allen in Europa. Dass dies geht, nämlich zugleich die Leser zu informieren und sogar gelegentlich zu amüsieren, hat Ulrich Lüke im Wochenend-Magazin des Bonner General-Anzeiger (14./15. Juli 2012) gezeigt: „Im Regen unter dem Schirm“. Da zerpflückt er schiefe Bilder, wie den Rettungsschirm oder den Aküfi, den Abkürzungsfimmel unserer Politsprache. Auch dies ist eine der Infektionskrankheiten in Europa. Aber auch gegen sie gibt es Medizin. Und sei es die Zuversicht des Dichters Hölderlin: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Dafür müssen und können die Medien noch viel mehr beitragen, nur so entsteht eine europäische Öffentlichkeit. 23 Für ein Europa der Bürger – Europa muss demokratischer und die Demokratie muss europäischer werden! Den Gemeinsinn zu stärken, an den Gemeinsinn zu appellieren, wie es die Aktion Gemeinsinn seit 55 Jahren unermüdlich tut, ist heute mehr denn je essenziell. Ohne diesen wird es in dieser auf Dauer immer enger werdenden Welt nicht gehen. Er ist in einer zunehmend fragmentierten, atomisierten Gesellschaft, die dem Egoismus frönt und zu Eigensinn und Eigennutz erzieht, eine Notwendigkeit – wie das Licht, das Gemeinwohl und Gemeinwesen zum Leben erweckt und es vor dem Verdorren schützt. Gerald Häfner ist Mitglied der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament und war dort Berichterstatter für die Europäische Bürgerinitiative. Er ist Präsident von „Democracy International“. Besonders wichtig ist das in Bezug auf Europa. Viele glauben, Europa, das seien die Institutionen und Akteure in Brüssel, in Straßburg und manchmal auch in den Hauptstädten der Mitgliedsländer. Europa – das sei eine Sache derer „da oben“. Was noch schlimmer ist: Vielfach glauben die das selbst. Dabei ist Europa unsere Sache. Ganz und gar. Oder, anders gesagt: Europa muss zu einer Angelegenheit der Bürger werden – oder es wird auf Dauer nicht gelingen. Ein Europa der Eliten, ein Europa von oben nach unten, ein Europa, in dem einige wenige das Sagen haben und sich die Vielen als Unterworfene unter einen fremden Willen fühlen, an dem sie mitzuwirken nicht die Chance hatten, hat keine Zukunft. Wie aber machen wir die Europäische Union zu einer Angelegenheit der Bürger? Wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen das Schicksal, die Politik und die Entscheidungen Europas als ihre eigene Angelegenheit empfinden? Wie schaffen wir mehr Europa in unserer Demokratie – und mehr Demokratie in unserem Europa? Die Europäische Union begann als ein Elitenprojekt. Das konnte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und auf den Trümmern furchtbarer Gewalt und Zerstörung nicht anders sein. Die Europäische Union – vormals Europäische (Wirtschafts-) Gemeinschaft – begann, methodisch, mit den Mitteln klassischer Außenpolitik: Staaten, vertreten durch ihre Kanzler, Präsidenten und Minister, schlossen miteinander Verträge, die anschließend von den nationalen Parlamenten ratifiziert wurden. Das 24 ist heute im Kern nicht anders. Die Verträge von Amsterdam, Maastricht, Nizza, Lissabon, die Europäische Finanzstabilitätsfazilität (ESFS) und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der Fiskalpakt: Alles das sind Verträge zwischen Staaten, ausgehandelt von deren Regierungen. Das Aushandeln internationaler Verträge aber ist, verfassungsrechtlich gesehen, der Arkanbereich (Geheimpolitik) der Exekutive. Die Parlamente und Bürger kommen dabei erst ins Spiel, wenn alles schon feststeht. In der Außenpolitik ist das, wie gesagt, anders kaum möglich. Da muss das hingenommen werden. Aber Europa ist schon lange nicht mehr Außenpolitik. Europa ist und bestimmt ein(en) erheblicher/n Teil unserer Innen-, Rechts-, Agrar-, Umwelt- Wirtschafts-, Handelsund zunehmend auch Fiskalpolitik – ausführlich und verbindlich. Die Auswirkungen spüren wir alle. Die Stimmung ist schlechter geworden gegenüber Europa. Umfragen zeigen: Das liegt – zum Glück – nicht daran, dass unsere Bevölkerung mehrheitlich ein gemeinsames Europa ablehnen würde. Vielmehr gilt: Die Menschen wollen mehr gefragt, mehr beteiligt werden. Sie akzeptieren es nicht mehr, wenn absolut entscheidende Weichenstellungen ohne ausreichende Diskussion und Beteiligung von oben nach unten durchgesetzt werden. Die Bürger wollen nicht zu bloßen Zuschauern degradiert werden. Sie sind kein Stimmvieh, sondern der Souverän. Und auf Dauer lässt sich Politik ebenso wie Europa nur mit dem und durch den Souverän und nicht gegen ihn oder über seinen Kopf hinweg machen. Denn auf die Frage nach dem Souverän gibt es im Zeitalter der Demokratie nur eine einzige Antwort: Wir alle. Die Bürgerinnen und Bürger. Wir sind der Souverän – und: Wir sind Europa. Nicht diese(r) oder jene(r), sondern wir alle. Nur so wird der Gemeinsinn politische Realität, wird er konstitutiv. Dieser Grundsatz findet sich in allen Verfassungen des heutigen Europa wieder. Auch im Grundgesetz. Dort heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Nur: die Bürger müssen das auch (er)leben. Als Wirklichkeit – und nicht als ein leeres Versprechen. In der Europäischen Union erleben sie es aktuell noch zu wenig. Die Bürger haben bei deren Entscheidungen noch zu wenig mitzureden. Deshalb fühlen sie sich als ferne, ohnmächtige Zuschauer von Entscheidungen, deren Zustandekommen für sie oft im Dunklen bleibt, deren Ergebnis sie aber zu akzeptieren haben. Um Europa aus der Demokratiekrise zu führen, um das Europa der Regierungen in ein Europa der Bürgerinnen und Bürger zu verwandeln, muss man Europa von den Menschen her denken – und vom Kopf auf die Füße stellen. Die Bürger müssen erleben, dass die zukünftige Entwicklung Europas offen und kontrovers diskutiert wird, dass sie auf diese Debatte Einfluss haben, dass sie sich dabei auch selbst betei- 25 ligen und Richtungsentscheidungen treffen können. Ohne starken und wirksamen Einfluss der Bürgerinnen und Bürger kann das gemeinsame Europa nicht gelingen. Der Souverän muss sich einmischen, muss mitreden und -entscheiden können – für eine bessere Politik im Interesse der Menschen. Dieser Weg verlangt umfassende und tiefgreifende Reformen. Neben Veränderungen am bestehenden Institutionengefüge bedarf es einer Stärkung direkter Beteiligungsmöglichkeiten. Ein erster Schritt hierzu ist die Europäische Bürgerinitiative (ECI). Sie gibt den Bürgerinnen und Bürgern seit dem 1. April 2012 erstmalig die Möglichkeit, sich direkt in die Politik der EU einzumischen und die politische Agenda mitzubestimmen. Eine Million EU-Bürgerinnen und -Bürger können mit ihrer Unterschrift die Europäische Kommission auffordern, ihr Anliegen aufzugreifen, eine Lösung vorzuschlagen und gegebenenfalls gesetzgeberisch tätig zu werden. Die ECI ist nicht vom Himmel gefallen. Sie wurde von engagierten Initiativen wie dem „Initiative and Referendum Institute Europe“ (IRIE) und der von mir gegründeten und viele Jahre geleiteten Bürgeraktion „Mehr Demokratie e.V.“ entwickelt und dem Europäischen Verfassungskonvent vorgeschlagen. Dieser nahm sie nach intensiver Diskussion in seinen Verfassungsentwurf auf, von wo sie in den Vertrag von Lissabon übernommen wurde. Fast 10 Jahre dauerte es, bis nach dem verspäteten Inkrafttreten des Vertrages Parlament, Kommission und Rat endlich eine konkrete Regelung verabschiedeten, durch die diese neue Möglichkeit für die Bürger verfügbar wurde. Als Berichterstatter des Europäischen Parlamentes konnte ich hierzu entscheidende Beiträge leisten. Dabei zeigte sich, dass keineswegs offene Türen einrennt, wer für mehr Beteiligung der Bürger in Europa eintritt. Im Gegenteil! Die Widerstände waren eminent – und die jetzige Regelung ist ein Kompromiss zwischen dem bürger- und anwenderfreundlichen Vorschlag des Parlamentes und eher ängstlichen und bürokratischen Vorstellungen in Rat und Kommission. Wir müssen über nationale Grenzen hinweg miteinander kommunizieren, einander verstehen und überzeugen lernen. Nur so wird das gemeinsame Europa erfahrbare Wirklichkeit. ECIs sind notwendig transnational. Sie gehen von „unten“, von den Bürgerinnen und Bürgern aus – und richten sich an deren Repräsentanten und Institutionen „oben“. Sie öffnen einen neuen Kanal europäischer Politik, der bisher verschlossen war. Künftig werden wir immer öfter beobachten, wie Bürger die Politiker auffordern, bestimmte Anliegen aufzugreifen. Wie sie Ideen und Vorschläge in die Politik einbringen, die sonst ungehört blieben. Die ECI ist ein erster wichtiger Schritt zur Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit. Sie wird den europäischen Diskurs und damit die europäische Identifikation 26 der Bürgerinnen und Bürger stärken. Und sie wird den demokratischen Charakter der EU stärken. So kann sich allmählich eine europäische Zivilgesellschaft bilden. Und mit ihr das Erlebnis: Europa – das ist nicht nur eine Sache der Staaten, der Regierungen, der Parlamente. Europa – das ist vor allem eine Sache der Bürger: Unsere Sache! Wir sind Europa! Die ECI ist auf dem langen Weg zu einem umfassend demokratischen Europa, einem „Europa der Bürger“ nur ein erster, wichtiger Schritt. Sie ist das erste Instrument partizipativer Demokratie auf der Ebene der Europäischen Union – und das erste transnationale Bürgerbeteiligungsinstrument weltweit. Das ist ein großer, historischer Durchbruch! Weitere werden und müssen folgen. So brauchen wir langfristig nicht nur partizipative, sondern auch direkte Demokratie in Europa. Dem Initiativmuss das Abstimmungsrecht folgen. Nur wenn die Bürger sich nicht nur als Bittsteller, sondern auch als Souverän fühlen, der Entscheidungen trifft, werden sie Europa ganz als ihre eigene Angelegenheit erleben. Aber auch die Institutionen und ihr Verhältnis zueinander und zu den Bürgern müssen sich wandeln. So muss das Europäische Parlament langfristig mit allen Rechten eines demokratischen Parlamentes ausgestattet werden – vom Initiativ- über das Haushalts- bis zum Legislativrecht. In allen Fragen, in denen die EU unstreitig die Gestaltungskompetenz hat, sollte dann das Europäische Parlament das letzte Wort haben. Ein erster, pragmatischer Ansatzpunkt ergäbe sich beim dringend reformbedürftigen Wahlrecht zum Europäischen Parlament. Bisher nämlich gilt auch bei EuropaWahlen: Nationale Parteien nutzen europäische Wahlen für nationale Themen, Kampagnen und Ziele. Debatten europapolitischer Themen finden dagegen kaum statt. Jedoch sollten bereits die Wahlen zum Europäischen Parlament eine starke europäische Dimension haben und Richtungsentscheidungen über europapolitische Alternativen bewirken. Es ist daher wichtig, die Europawahlen demokratischer und europäischer zu gestalten. Ein wichtiges Element wäre, eine gemeinsame europäische Liste einzuführen. Das heißt, dass man die Parteien zwingt, neben den bislang schon vorhandenen nationalen Listen jeweils auch eine europäische Liste mit europäischen Kandidaten vorzuschlagen. Die Bürger hätten dann zwei Stimmen: eine für ihre nationalen Kandidaten und eine, bei der sie ihnen vertrauenswürdig erscheinende Kandidaten aus einer europäischen Kandidatenliste auswählen. Dadurch würde sich der Charakter der Europawahl mehr verändern, als viele glauben. Denn diese Änderung hätte viele Nebeneffekte: Die Parteien wären gezwungen, sich – wie es die Grünen bereits praktizieren – europäisch zu treffen, um über gemeinsame Programme, Inhalte, Wahlplattformen und Kandidaten zu beschließen – und zu kommunizieren, was ihre 27 gemeinsamen europäischen bzw. europapolitischen Anliegen sind. Und die Bürger könnten über europäische Themen, Programme und Kandidaten entscheiden – und, wenn sie wollen, auch überzeugende Personen aus anderen Mitgliedsstaaten ins Europäische Parlament wählen. Denkbar wäre auch, dass die Parteien erstmals gemeinsame Spitzenkandidaten präsentieren und der Kandidat bzw. die Kandidatin des stärksten Bündnisses vom Parlament zum Kommissionspräsidenten gewählt wird. So könnte der europäische Charakter der Wahl ebenso gestärkt werden wie der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger auf die europäische Politik und die Legitimation der europäischen Kommission – wodurch das Verhältnis der Europäischen Institutionen in eine der Idee von Gewaltenteilung und Demokratie näher kommende Balance gebracht würde. Europa steht auf dem Boden einer langen, teils großartigen, teils schrecklichen Geschichte. Wie es geworden ist, wissen wir. Wie es weitergeht, ist in unsere Hände gelegt. Europa muss seinen eigenen Weg finden – kulturell, politisch, ökonomisch. Das geht nur, wenn die Menschen sich gerade jetzt einbringen und Europa zuwenden, wenn sie mitreden, wo es um die europäische Zukunft geht. Denn ohne europäische Demokratie, ohne europaweite Diskussionen und ohne starken und wirksamen Einfluss der Bürgerinnen und Bürger wird das gemeinsame Europa nicht gelingen. 28 Europa ist mehr als der Euro Alexander Graf Lambsdorff ist Vorsitzender der FDP im Europäischen Parlament. Europa steckt in der Krise: Die Märkte trauen unserer Währung nicht, in einigen neuen Mitgliedsstaaten gibt es bedenkliche autoritäre Tendenzen, im Süden gehen die Menschen auf die Straße und protestieren gegen das angebliche Spardiktat aus Brüssel und Berlin. Gleichzeitig wird die EU in Deutschland zunehmend unpopulär: Laut Eurobarometer hält im Sommer 2012 lediglich die Hälfte der Bundesbürger die EU-Mitgliedschaft der Bundesrepublik für eine gute Sache. Doch ohne die Bürgerinnen und Bürger wieder für Europa einnehmen zu können wird es schwierig, die Krisen der EU nachhaltig zu lösen. Wie lässt sich das Vertrauen zurückgewinnen? Müssen wir Europa zurückdrehen und in nationale Handlungsmuster verfallen, wie es sich manch ein Eurokritiker wünscht? Muss Europa von heute auf morgen in einen Bundesstaat umgewandelt werden? Weder noch! Zwar sind institutionelle Reformen notwendig, doch muss Europa nicht über Nacht neu erfunden werden, sondern vor allem besser verstanden werden. Die erste Erkenntnis ist so einfach wie wichtig: Europa ist mehr als der Euro. Natürlich ist die Sorge um das Geld beunruhigend, doch Europa auf den Euro zu reduzieren, das wäre so, als würde man bei den USA ausschließlich an den Dollar denken. Europa ist prall mit Leben gefüllt und sich das vor Augen zu führen ist einfacher als gedacht. Schon Schüler, die als Fünfzehn- oder Sechzehnjährige im Schüleraustausch andere Länder kennen lernen, merken, dass zwischen Jugendlichen in Frankreich oder England und ihnen selbst so große Unterschiede nicht bestehen. Später werden sie als junge Erwachsene gemeinsam mit Freunden dank InterRail und Billigfliegern erneut genießen, was unser Kontinent an Vielfalt zu bieten hat. An Europas Universitäten können sie dank Erasmus-Stipendien lernen, wie sich Gleichgesinnte Studium und Forschung widmen und auch abseits des Campus Spaß am Feiern haben. Auch dass wir uns vor Handyrechnungen aus dem Urlaub nicht mehr fürchten müssen, ist ein Verdienst der Europäischen Union. Doch schon zu Hause kann jeder Europa hautnah erleben. Der Gang zum Supermarkt reicht vollkommen aus, denn dort begegnet einem Europa bereits sehr praktisch an der Käsetheke. Wenn der französische Camembert, der griechische Feta oder der italienische Pecorino nicht mehr kosten als die deutschen Produkte, dann ist das „EU“. Und jeder deutsche Arbeitnehmer, der Maschinen, Autos oder andere 29 Produkte herstellt, sollte wissen, dass unser größter Exportmarkt nach wie vor Europa ist, dass sein Job von offenen Grenzen und freiem Warenaustausch abhängt. Wer Europa besser versteht, weiß auch, dass ein Ende des Euro das Projekt Europa gefährden würde. Gerade mit Blick auf die Alternativen wird deutlich: Die deutsche Volkswirtschaft wäre über Jahre in der Rezession, gäben wir heute den Euro auf, die Arbeitslosigkeit ginge hoch, unsere Sozialsysteme wären kaum noch finanzierbar. Nun mag man einwenden, die EU sei doch inzwischen unumkehrbar geworden. Doch genauso, wie die Errungenschaften der EU inzwischen fast eine Selbstverständlichkeit sind, genauso schnell kann der Wind sich auch drehen, wie ein Beispiel aus jüngster Zeit zeigt. Da erklärte der britische Premierminister öffentlich, dass ein Euro-Austritt Griechenlands zur Einschränkung der Reisefreiheit für griechische Bürger führen würde. Im Klartext: Der griechische Erasmus-Student könnte Oxford oder Cambridge als Studienorte von der Landkarte streichen, die griechische Familie ihren London-Urlaub gleich wieder absagen. Wenn es nicht gelingt, die Menschen von den Vorzügen des vereinten Europas zu überzeugen, stehen wir bei der nächsten Urlaubsreise vielleicht wieder selbst im Stau an der Grenze. Jahre später versucht man erst gar nicht, im Ausland zu studieren. Im Abwertungswettbewerb machen sich unsere Währungen Konkurrenz, unsere Produkte werden jenseits der Grenze teuer und unerschwinglich. Politische Missverständnisse nehmen zu, in Europa blicken die Völker und ihre politische Führung wieder auf das Trennende, nicht das Verbindende. Unser Kontinent schreitet voran, zurück in den Normalzustand seiner geschichtlichen Existenz. Soweit darf es nicht kommen. Wir müssen den Diskurs über Europa verändern. Weg von einer defensiven und allein auf den Euro ausgerichteten Debatte, hin zu einem positiven Diskurs, der offensiv die Vorzüge Europas unterstreicht. Von hier aus muss mit Überzeugung und Gestaltungswillen an den Schwierigkeiten der aktuellen Krise gearbeitet werden! Nur dann wird das Vertrauen zurückkehren, nur dann werden wir die Krisen bewältigen. 30 Zitate und Meinungen zur Zukunft Europas: Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments: „Das Europäische Parlament ist die einzige direkt gewählte EU-Institution. Daraus leite ich eine umfassende Zuständigkeit der Volksvertretung für die Politik in der EU ab – auch für die Bereiche, die die Regierungschefs für sich reklamieren. Die nationalen Parlamente können immer nur eine von 27 Regierungen kontrollieren. Nur das Europäische Parlament kann alle 27 überwachen. … Wir begegnen diesen Regierungen auf Augenhöhe, was uns von den nationalen Kammern unterscheidet. Deshalb ist das Gewicht, das dieses Parlament hat, deutlich höher, als man in der Öffentlichkeit oft registriert.“ (General-Anzeiger Bonn, 11. 1. 2012, S. 4) Dr. Klaus Hänsch, Präsident des Europäischen Parlaments a.D.: „Immer mehr Staaten verlagern Entscheidungen von großer gesellschaftlicher Bedeutung in außerstaatliche Organisationen, etwa in die EU, auch in die Klimakonferenz, die Welthandelsorganisation, den Internationalen Währungsfonds, die Weltbank, die Vereinten Nationen mit ihren Unterorganisationen, (…). Unter den außerstaatlichen Organisationen, denen immer mehr Entscheidungskompetenzen zugewachsen sind, ist die Europäische Union die einzige, die den Bürgern Mitentscheidung und Machtkontrolle durch ein direkt gewähltes Parlament bietet, den Einfluss eines Staates auch nach der Zahl seiner Bevölkerung gewichtet und sich für die Mitwirkung der nationalen Volksvertretungen auf der überstaatlichen Ebene öffnet. Die EU ist das weltweit einzige Projekt einer transstaatlichen Demokratie.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. 2. 2012, S. 7) Helmut Schmidt, Altbundeskanzler: „Man muss sein Herz über die Hürde werfen. Entweder setzen wir unsere Finanzkrise fort und kämpfen als einzelne Staaten um unser nationales Schicksal, um unsere nationalen Vorteile und Nachteile – aber mit schwindender Aussicht auf Erfolg. Oder wir finden zurück zum Konzept des fortschreitenden europäischen Verbundes.“ (3.7.2012 beim Gründungsjubiläum der Atlantik-Brücke in Berlin) Peer Steinbrück, SPD: „Im Rückblick auf über 60 Jahre Frieden und wirtschaftlichen Fortschritt haben wir Deutsche übrigens einen besonderen Grund zur Dankbarkeit und eine außerordentliche Mitverantwortung für das Wohlergehen Europas.“ (am 18.10.2012 im Deutschen Bundestag) Kenneth Rogoff, Ökonom, Harvard University: „Europa befindet sich in einem Zwischenstadium, das Amerika im späten 18. Jahrhundert durchlebte. Bevor die USA 1788 eine gemeinsame Verfassung bekamen, waren sie zwölf Jahre lang eine lose Konföderation. Das hat damals mehr schlecht als recht funktioniert. Genauso wie heute in Europa. Es ist mit Staaten wie mit Menschen: Man kann den Status einer halben Heirat nicht lange aufrecht erhalten. Entweder man traut sich oder lässt es bleiben.“ (in: Der Spiegel 8/2012, S. 81) Zur demokratischen Legitimation der EU: „Die wenigsten Bürger in Europa können nachvollziehen, was mit ihnen geschieht. Frankfurter Runde, deutsch-französische Krisentreffen, G 20, IWF, Troika bestimmen über Frieden, Freiheit,Wohlstand – 31 wer hat die eigentlich gewählt? (…) Legitimierung durch Handeln war einfach, solange es allen immer besser ging. In der Krise herrscht jedoch Not. „Die auf Integration, Solidarität und Demokratie ausgestellten Schecks der politisch herrschenden Klasse“ - so drückt das der Flensburger Uni-Professor Hauke Brunkhorst aus - waren „nur durch Output-Legimitation gedeckt“. Mangels Deckung „müssen sie mit lautem Knall platzen“. Plopp oder Knall: Um das zu verhindern, muss die Politik, wenn sie zukunftsfähig sein will, auf die Mittel der klassischen Demokratie zurückgreifen, von Leuten wie dem Soziologen Brunkhorst „Input-Legitimation“ genannt. Der Input muss von den Bürgern ausgehen, von unten nach oben, durch Wahlen, aber auch durch Diskussion; …“ (in: Der Spiegel 47/2011, S. 118 und 120: „Der große Sprung nach vorn“ – Spiegelserie Europa II) Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin: „... es muss also mehr demokratische Legitimation und Kontrolle geben, und dieses muss Hand in Hand mit mehr Integration gehen. D.h., dort, wo die europäische Ebene gestärkt wird, muss auch das Europäische Parlament gestärkt werden.“ (Regierungserklärung am 18.10.2012 im Deutschen Bundestag) Zur Kritik an der Führung der EU: Martin Schulz: „Das Führungsdefizit in Europa besteht nicht in einem Mangel an Personen, sondern in einem Mangel an Botschaften.Wir machen zu wenig deutlich, dass es keine wirkliche Alternative zur europäischen Einigung gibt. Entweder wir vertiefen die Integration und schaffen eine politische Union. Oder wir zerlegen uns in unsere Einzelteile. Die Alternative zur europäischen Einigung ist das Abgleiten in die Bedeutungslosigkeit.“ (General-Anzeiger Bonn, 11.1.2012, S. 4) Dr. Klaus Hänsch: „Immerhin: Das vielgescholtene „Monster“ in Brüssel – die EU-Kommission, das Europäische Parlament oder der EU-Ministerrat – hat die Staatsschuldenberge nicht aufgehäuft. Die nationalen Regierungen und Parlamente haben souverän selbst zur Schaufel gegriffen. Die Schuldenkrise hat erzwungen, wozu zwei Jahrzehnte lang, allen Warnungen und Mahnungen zum Trotz, die Mehrzahl der Mitgliedsstaaten, Deutschland vorneweg, nicht bereit war: die engere und verbindlichere Koordination der nationalen Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik – enger und verbindlicher, als es Frankreich, die EUKommission und das Europäische Parlament jemals vorhatten.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.2.2012, S. 7) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen: „Und so erinnert der Karlspreis daran, dass Europa eine große Vision, eine große Idee, ein großes Streben und Sehnen nach Freiheit, nach Sicherheit, nach Stabilität, nach Rechtsstaatlichkeit, nach Wohlstand und nach Solidarität ist. (…) Europa ist Vielfalt und Kultur, ist Freundschaft und Miteinander, ist Nachhaltigkeit und Zukunft. Es ist doch kleinmütig, wenn wir Europa, wenn wir die europäische Idee nur auf Finanzfragen – so wichtig die sind – reduzieren wollten.Was wäre es für ein Kleinmut, wenn wir das europäische Projekt in Frage stellen wollten anstatt dass wir es einfach weiterdenken! (…) Jean Monnet hat einmal gesagt, die europäische Einigung sei ein Beitrag für eine bessere Welt. Die Präambel unseres Grundgesetzes formulierte schon 1949 den festen Willen, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“. Das ist unsere Berufung und das muss unser Anspruch, der Anspruch von uns Europäern an uns selbst sein.Wir müssen den Ehrgeiz haben, mehr als die Verteidigung des Status quo zu wollen. Der Schlüssel für unsere Zukunft liegt in Europa.“ Ausschnitt aus der Karlspreisrede 2012 32 Zur Währungsunion: Kenneth Rogoff: „Deshalb gibt es nur noch diese Alternative: Entweder der Euro zerbricht mit allen katastrophalen Folgen, die ein solcher Schritt hätte. Oder die wichtigsten Mitglieder schaffen es, aus der Währungsgemeinschaft rasch eine echte politische Union zu formen. (…) Die Währungsunion braucht vor allem eine Zentralregierung, inklusive eines Finanzministers. Der muss das Recht haben, in beträchtlichem Umfang eigene Steuern zu erheben und das Geld auch auszugeben. Außerdem muss das nationale Kleinklein bei der Bankenregulierung aufhören. Sie gehört ebenfalls ausschließlich auf die europäische Ebene.“ (in: Der Spiegel 8/2012, S. 80f: „Deutschland ist Gewinner“) Zur Verschuldungsproblematik: Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Gruppe: „ Weiß man in Berlin, dass 17 von 27 EU-Ländern weniger Schulden haben als Deutschland? Die anderen verstehen nicht, dass es so dargestellt wird, als sei Deutschland der Tugendbold, der von kleinen Sünderlein umzingelt wäre.“ (in: Die Zeit vom 19.4.2012: Europa, das war ich) Zum „Ende des Euro“: Martin Schulz: „Das integrierte Europa würde einen schweren Schaden nehmen. Der Euro ist eines seiner größten Symbole, das die Wirtschaftskraft dieses immer noch reichsten Kontinents in einer gemeinsamen Währung ausdrückt. Das ist ein Willensakt, dessen Scheitern auch das Integrationskonzept scheitern lässt.Wenn wir im Binnenmarkt wieder nationale Währungen einführen würden, drohten außerdem bestimmte, heute noch stabile Teile des Binnenmarktes zusammenzubrechen. Es würde zu massiven Auf- und Abwertungen kommen. In der Folge drohten dann Marktabschottungen, die insbesondere die exportabhängige deutsche Wirtschaft treffen würden.“ (in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.4.2012 Nr. 87, S.4: „Notfalls muss es krachen“) Warum starke Länder schwachen helfen sollen: Olli Rehn, EU-Währungskommissar: „Zuerst müssen diese Länder ihre eigene Verantwortung übernehmen. Dann geht ihr Ruf nicht nur an die deutsche Regierung, sondern an alle, die jetzt besser dastehen. Diese Regierungen dürfen nicht vergessen, wie stark sie vom Euro profitieren, durch stabile Exportmärkte und durch eine stabile Währung. Weil keine Währungen innerhalb der Eurozone mehr abgewertet werden, verkaufen exportorientierte Länder wie Deutschland jetzt dank des Euro deutlich mehr als vor dem Euro.“ (in: Süddeutsche Zeitung Nr. 16 vom 20.1.2012, S.7: „Dieses Jahr müssen wir die Krise lösen“) Was kostet die EU: Detlef Drewes, Korrespondent: „Europa gibt es für 75 Cent am Tag. So viel kostet die EU im kommenden Jahr ihre Bürgerinnen und Bürger. Rund 138 Milliarden Euro (plus 6,8 Prozent) will die Union ausgeben. Nur sechs Prozent bleiben zur Deckung der Verwaltungskosten in Brüssel. Die übrigen 94 Prozent fließen als Subventionen 33 zurück in die Mitgliedstaaten. (…) Die Einnahmen der Europäischen Union setzen sich im Wesentlichen aus drei Quellen zusammen. Alle Mitgliedstaaten zahlen 1.03 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes an Brüssel. Für Deutschland werden dies im Jahr 2013 rund 34 Milliarden Euro (25 Prozent des EU-Etats) sein, von denen etwa 26 Milliarden als Subventionen wieder zurückfließen. Darüber hinaus bekommt die EU Einnahmen aus Zöllen sowie einen bestimmten Anteil an der Mehrwertsteuer.“ (in: General-Anzeiger Bonn vom 26.4.2012, S. 2: „75 Cent für die EU“) Weniger oder mehr Europa: Günter Verheugen, EU-Kommissar a.D.: „Mehr Europa, da wo wir es brauchen, weniger Europa, dort wo wir es können. Unbedingt mehr Demokratie. Jede weitere Verlagerung von substanziellen Hoheitsrechten nach Brüssel muss verbunden sein mit einer tiefgreifenden Reform des politischen Systems. Die Vielfalt ist unsere große Stärke. Das macht Europa so einmalig und liebenswert. (…) Weniger Nationalstaat da, wo er die Bedürfnisse der Bürger im 21. Jahrhundert nicht mehr erfüllen kann. Zum Beispiel in der Außen- und Sicherheitspolitik, in den grundlegenden Aspekten der Wirtschaftspolitik. Aber ich kann mir durchaus auch mehr nationale Verantwortung vorstellen, eine Rückverlagerung von Brüssel in die Nationalstaaten. Etwa die Regeln für kleine und mittlere Betriebe, das muss man nicht europäisch lösen.“ (in: General-Anzeiger Bonn vom 11.7.2012, S. 4: „Der Wachstumspakt ist nicht viel wert“) Zur Volksmeinung über die EU: „So gibt es auch keine funktionierende Meinungsbildung im Volk über Europa, sondern nur eine dumpfe Unzufriedenheit. 82 Prozent der Bevölkerung beurteilen das Euro-Krisenmanagement Angela Merkels nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov als „eher schlecht“; zwei Drittel sprachen sich gegen eine Hilfe für Griechenland oder andere Staaten aus. Frieden, Freiheit und gutes Leben für alle Europäer: Das ist keine Idee für einen nationalen Meinungsmarkt.“ (in: Der Spiegel 47/2011, S. 123: „Der große Sprung nach vorn“ - Serie Europa (II) 34 Europa in Kürze Wie funktioniert die EU? Im einzigartigen, weil sehr komplizierten institutionellen Gefüge der EU • werden die grundsätzlichen politischen Prioritäten vom Europäischen Rat vorgegeben, dem die EU-Staats- und Regierungschefs angehören. Sie treffen sich in der Regel zweimal im Jahr, sind aber gerade in der Euro-Krise immer häufiger zusammengetreten. An Sitzungen dieses Europäischen Rats, derzeit unter Leitung des Ratspräsidenten Herman van Rompuy, nimmt der Präsident der Europäischen Kommission teil und bislang, aber nur jeweils für eine kurze Zeit, auch der Präsident des EU-Parlaments, das ohnehin keine Kontrolle über diese „oberste“ Exekutive ausüben kann; • vertreten in diesem Europäischen Parlament die nach einem „besonderen“ Mehrheitswahlrecht gewählten EU-Abgeordneten die europäischen Bürgerinnen und Bürger aller Mitgliedsstaaten (seit dem Lissabon-Vertrag offiziell „Unionsbürger“ genannt); • stellte von Anfang an (also seit den 50-er Jahren) die Europäische Kommission die eigentliche europäische Regierung dar. Man nannte sie daher auch den „Motor der europäischen Integration“. Ihre heute 27 Mitglieder (gemäß der Gesamtzahl der Mitgliedsstaaten) werden von den nationalen Regierungen benannt, nachdem der Europäische Rat dem Europäischen Parlament nach „Konsultationen“ zunächst den Kommissionspräsidenten vorschlägt. In einer zweiten Stufe stellt dann der Ministerrat (siehe unten) zusammen mit dem Präsidentschaftskandidaten die endgültige Gesamtliste der Kommissionsmitglieder auf. VOR deren endgültiger Ernennung (dann durch den Ministerrat) müssen sich die benannten Kommissionsmitglieder Anhörverfahren in den einzelnen Fachausschüssen des Europäischen Parlaments stellen. Wenn hier einzelne Kandidaten „durchfallen“, könnte unter Umständen die ganze Prozedur noch einmal von vorn anfangen müssen. Das ist bislang aber noch nie der Fall gewesen – was zeigt, dass alle Institutionen der EU immer auf der Suche nach einem Konsens sind. Theoretisch könnte die Kommission schließlich in ihrer Gesamtheit im Verlauf ihrer Amtsausübung durch ein Misstrauensvotum des Europäischen Parlaments abgewählt werden. Auch dazu ist es de facto noch nie gekommen; • vertreten die Regierungen der Mitgliedsländer die Interessen ihres jeweiligen Mitgliedsstaates im Ministerrat (in den Vertragsdokumenten leider oft nur als „Rat“ gekennzeichnet). Man kann dieses wichtige Entscheidungsorgan auch teilweise mit dem Bundesrat im deutschen Verfassungssystem vergleichen. Den Vorsitz in die- 35 sem „Rat“ übernimmt im Turnus jeweils ein Mitgliedsland. Dieser Rat kann jederzeit als Ministerrat der verschiedenen Länderressortchefs der Mitgliedsstaaten zusammentreten, also als Rat der Außenminister, der Finanzminister usw. Die in den Spiegelstrichen 2-4 genannten Institutionen teilen sich die Gesetzgebungsfunktion in der EU. Gemeinsam entwickeln sie im sog. „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ die politischen Strategien und Rechtsvorschriften, die in der gesamten EU Anwendung finden (vgl. Beitrag C.-C. Schweitzer). Bisher kann nur die Kommission – aber noch immer nicht auch das Parlament(!) – neue Gesetze vorschlagen (Initiativrecht). Danach beschäftigen sich Parlament und Rat mit diesen Vorschlägen im Gesetzgebungsverfahren. Bei einer Nichteinigung „in letzter Runde“ können die Vorschläge auch endgültig durchfallen (siehe hier beigefügtes Schema). Nach ihrer endgültigen Annahme in „Brüssel“ müssen dann Kommission und Mitgliedsstaaten diese Rechtsvorschriften umsetzen, sofern es sich dabei nicht um „Empfehlungen“ etc. handelt. Die Kommission stellt außerdem sicher, dass diese Vorschriften in den EU-Ländern ordnungsgemäß angewendet werden, wenn nicht, dann kommen entsprechende Verbote von der Kommission – mit oder ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofs. (vgl. „Europa von A – Z“, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, 53113 Bonn, Adenauerallee 86 – dort gegen eine Gebühr je nach Auflagenhöhe abzurufen) Siehe auch: Offizielle Website der EU. Dort finden Sie weitere Informationen. 36 Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Mitentscheidungsverfahren_Art.251_EG-Vertrag.png 37 Wie können sich europäische Bürger einmischen? Hier einige Hinweise auf Mitwirkungsmöglichkeiten Die Europäische Bürgerinitiative (ECI): „Sieben Personen aus sieben Mitgliedsstaaten der EU reichen die Initiative bei der Kommission ein. Die Kommission überprüft, ob die Initiative in den Kompetenzbereich der EU fällt und nicht gegen die Grundwerte der EU verstößt. Danach wird die Initiative auf der Webseite der Kommission registriert. Die Initiatoren sammeln innerhalb von 12 Monaten eine Million Unterschriften in mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedsstaaten (derzeit 7). Nach erfolgreicher Überprüfung der Unterschriften durch die Mitgliedsstaaten können die Initiatoren ihre Forderungen in einer öffentlichen Anhörung im Europaparlament mit der Kommission diskutieren. Anschließend entscheidet die Kommission, ob sie einen Gesetzesvorschlag dazu vorlegt. Am Ende entscheiden Rat und Parlament darüber, wie das neue Gesetz endgültig ausgestaltet wird.“ (in: Die Europäische Bürgerinitiative, S. 15; Hrsg.: Fraktion der Grünen/ EFA im Europäischen Parlament, Brüssel) (siehe auch den Beitrag Häfner, MdEP) Der Europäische Bürgerbeauftragte: Beim Europäischen Bürgerbeauftragten, auch Ombudsmann genannt, kann sich jede EU- Bürgerin und jeder EU-Bürger beschweren. Weitere Informationen finden Sie unter www.ombudsman.europa.eu/home/de/general.htm Der Europäische Petitionsausschuss: Jeder EU-Bürger kann beim Petitionsausschuss des Europaparlaments Eingaben machen, wenn er sich in seinen Rechten als Unionsbürger verletzt glaubt oder das Europäische Parlament auffordern möchte, zu einem Thema von öffentlichem Interesse Stellung zu nehmen. Weitere Informationen hierzu unter http://www.europarl.de/view//parlament/Buergeranliegen/Petitionen_an_das_EP.html Zuständige EU-Abgeordnete: Wenden Sie sich an Ihre EU-Abgeordneten. Sie finden die Adressen unter http://www.europarl.de/view/de/parlament/Deutsche_Abgeordnete.html 38 Statistische Daten Wahlbeteiligung in Deutschland bei den Wahlen zum Europäischen Parlament (bis 1990 nur Westdeutschland) Datum der Europawahl 10.06.1979 17.06.1984 18.06.1989 12.06.1994 13.06.1999 13.06.2004 07.06.2009 Wahlberechtigte 42 751 940 44 465 989 45 773 179 60 473 927 60 786 904 61 682 394 61 682 394 Wahlbeteiligung % 65,7 56,8 62,3 60,0 45,2 43,0 43,3 Quelle: Statistisches Bundesamt W/31411100-OS0201 1) Wert der deutschen Ausfuhren in die EU im Verhältnis zu den deutschen Gesamtausfuhren 2011 anteilig weit an der Spitze mit insgesamt 59,1 %. Quelle: Statistisches Bundesamt, 8.2.12 2) Deutscher Anteil am innergemeinschaftlichen Ausfuhrvolumen ebenfalls weit an der Spitze mit 22,4 %. Quelle per E-mail übermittelt von: „Eurostat „(Statistischen Amt der EU, Sitz Luxembourg) unter: ec.europa.eu@eurostat Deutschland profitiert mithin wirtschaftlich als Exportland am stärksten von der europäischen Integration, die den deutschen Steuerzahler jeweils im kommenden Jahr 75 Cent am Tag kostet. Empfohlene Literatur zur Einführung Europa von A bis Z, Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessel (Hrsg.), Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (2007) Vertrag von Lissabon, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1056 (2010) Kontinent der Hoffnungen, Mein Europäisches Leben, Klaus Hänsch, Dietz-Verlag (2010) Dank an die Robert Bosch Stiftung für die Übernahme der Druckkosten Layout: Kurt Riggert · Fotos: privat, Ekko von Schwichow (Winkler) Druck: Köllen Druck + Verlag 39 Die Aktion Gemeinsinn erfüllt ihre Aufgaben ausschließlich mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Um unabhängig zu sein, beantragte sie für ihre Verwaltungskosten (Miete, Telefon, Porti und Fahrtkostenerstattung) in den 55 Jahren ihres Bestehens noch nie öffentliche Mittel. Bitte unterstützen Sie dieses bürgerschaftliche Engagement zur Förderung des Gemeinsinns mit Ihrer Spende! Die Kontonummer der Aktion Gemeinsinn bei der Sparkasse KölnBonn (BLZ 370 501 98) lautet 17 538 109 Jede Spende ist steuerlich absetzbar. Impressum: Aktion Gemeinsinn e.V. Am Hofgarten 10 53111 Bonn Tel.: 0228 222306 Fax: 0228 219409 E-Mail: [email protected] www.gemeinsinn.de Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast V.i.S.d.P. 40