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Kino
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NUMMER 208
DONNERSTAG, 8. SEPTEMBER 2016
Omas im
Teen-Wahn
Film-Geflüster
Stanley Tucci bleibt
Transformers treu
„Absolutely Fabulous“
jetzt auch als Film
Mit zwei herrlich durchgeknallten
Antiheldinnen stieg die britische
BBC-Sitcom „Absolutely Fabulous“ zur Kultsendung auf. Patsy
und Eddy waren Fashion Victims,
redeten ständig über Sex, soffen,
rauchten Kette, warfen Drogen ein,
benahmen sich unmöglich. Auch im
Kinofilm könnten ihre Eskapaden
als Taliban-Lehrfilm über die Verderbnis von West-Frauen dienen –
wären ihre Egozentrik und ihr narzisstischer Glamour nicht so beneidenswert unverschämt und bunt.
Nun ist Eddy Großmutter, schaut
aber immer noch wie ein verzogenes
Gör, wenn sie von ihrer Tochter
Saffy zurechtgewiesen wird. Pleite
und auf der Jagd nach einer prominenten PR-Klientin, verursacht das
Duo Eddy und Patsy einen Unfall
und flüchtet an die französische Riviera. Dort will Patsy einen alten,
reichen Lover umgarnen, um wieder liquide zu werden.
Jennifer Saunders, Schöpferin der
Serie, schrieb erneut das Drehbuch
und panzert sich als Eddy wie gehabt mit Riesenhüten. Die zynischsten One-Liner überlässt sie Joanna
Lumley – Patsy spritzt sich schon
vorm Zähneputzen Botox. Die Komödie hat dasselbe Problem wie andere verfilmte TV-Sketche. Auf
Spielfilmlänge gestreckt, werden die
Gags schal. Egozentriker lassen sich
besser in Häppchen ertragen. Kontraproduktiv ist auch der Zwang
zum Happy End. Jedoch erfreut die
Handlung durch viele witzige Ideen,
etwa Kate Moss als guruhafte Königin der Szene. Schön ist auch, dass
im liebevollen Blick auf diese Hedonistinnen jegliche Bösartigkeit vermieden wird. Im gouvernantenhaften Zeitgeist dieser Tage wirken
diese „Material Girls“ mit ihrem
Kampf gegen das Vergehen so unkaputtbar lebenssüchtig wie die Rolling Stones. *** Birgit Roschy, epd
O Start in Augsburg und Neu-Ulm
Petsy und Eddy (rechts) machen die Côte
d’Azûr unsicher. Twentieth Century Fox/dpa
Die Dreharbeiten für den fünften
Teil der Blockbuster-Reihe
„Transformers“ haben bereits begonnen. Jetzt berichtet Variety,
dass sich auch Stanley Tucci für
„Transformers 5: The Last
Knight“ verpflichtet habe. Er werde
wie schon in „Transformers 4: Ära
des Untergangs“ wieder den Antihelden Joshua Joyce spielen, bestätigte er beim Amerikanischen Filmfest in Deauville (Frankreich). Der
Film soll noch 2017 in die Kinos
kommen. (dpa)
Richard Gere mit
„Norman“ auf Oscar-Kurs
Isabel Sherbourne (Alicia Vikander) träumt von einer Familie. Als ein Baby einsam strandet, ist ihr Inselidyll perfekt. Zunächst…
Foto: Constantin Film/Davi Russo, dpa
Das Wunder geschieht. Leider?
The Light Between Oceans Aus einem unverhofft erfüllten Kinderwunsch wird ein existenzieller US-Kino-Start für
Fack ju Göhte-Remake
Konflikt – und damit ein fesselndes Drama mit drei herausragenden Schauspielern
VON MARTIN SCHWICKERT
Als Tom Sherbourne (Michael Fassbender) 1918 von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges nach
Australien zurückkehrt, erscheint
ihm der Posten als Leuchtturmwärter auf einer einsamen Insel genau
richtig, um das Grauen der Westfront zu vergessen.
Janus-Rock heißt das karge, felsige (und fiktive) Eiland, das auf der
Grenze zwischen indischem und pazifischem Ozean liegt. Es ist ein Ort
am Ende der Welt, an dem sich Tom
von der Menschheit und ihren
Greueltaten abzuwenden versucht.
Aber bevor er das Festland verlässt,
trifft er Isabel (Alicia Vikander), die
einzige Tochter des örtlichen Schulmeisters, der zwei Söhne im Krieg
verloren hat. Ein halbes Jahr später
heiraten die beiden und Isabel
kommt mit auf den von Stürmen
umtobten Außenposten.
Ein Haus, ein Leuchtturm, zwei
Menschen, die sich lieben, und um
sie herum die wilde See. Aus diesem
Grundsetting heraus ließe sich ein
klaustrophobischer Thriller im Stile
von „Shining“ oder eine Romanze
im Nicholas-Sparks-Format entwickeln. Aber Derek Cianfrance
(„Blue Velvet“), der hier den Roman von M.L. Stedman adaptiert,
hat sich für ein großformatiges Melodrama entschieden, das er vor eindrucksvoller Naturkulisse äußerst
effizient in Szene setzt.
Das junge Paar möchte eine Familie gründen, aber nach zwei dramatischen Fehlgeburten scheint der
Kinderwunsch in weite Ferne zu rücken, bis die Flut eines Tages ein
Ruderboot an den Strand spült. Der
Mann darin ist tot, aber das Baby
neben ihm hat überlebt. Während
Isabel in dem gestrandeten Kind,
das sie in ihre Arme schließt, einen
Wink des Schicksals sieht, will Tom
den Vorfall melden. Aber der
pflichtbewusste Leuchtturmwärter
ist machtlos gegenüber der mütterlichen Euphorie seiner Frau. So gibt
er wider besseren Wissens nach und
verheimlicht die Angelegenheit.
Vier Jahre währt das unbeschwerte Familienglück, bis Tom
bei einem Besuch auf dem Festland
von der Tragödie erfährt, auf der jenes Glück gründet: Der deutsche
Vater des Babys wurde von patriotisch gesinnten Bürgern aus dem Ort
getrieben, flüchtete mit seinem
Kind auf ein Ruderboot, trieb hinaus aufs Meer und kam nie zurück.
Seine Frau Hannah (Rachel Weisz)
ist über den Verlust nie hinweg gekommen. Tom lässt der Witwe eine
Nachricht zukommen, dass ihr Kind
lebt und geliebt wird. Es dauert
nicht lange, bis die polizeilichen Ermittlungen auf die Insel führen.
Es ist ein Tragödie von griechischer Wucht und Größe, die
Cianfrance mit „The Light Between
Oceans“ auf der Kinoleinwand orchestriert. Vor allem in der ersten
Filmhälfte beweist er sich als Meister des fokussierten Erzählens, der
sich viel Zeit nimmt, die Figuren
und aufkommenden Konflikte präzise zu entwickeln. Dabei geht es
weniger um kühne Plotwendungen
und dramatische Überraschungseffekte. So langsam, wie sich das Versorgungsschiff auf die Insel zubewegt, sieht man auch die schicksalhaften Entwicklungen nahen. Dennoch verfolgt man deren Wege mit
zunehmendem Interesse und gerade
darin zeigt sich die Kunst des geduldigen Spannungsaufbaus.
Darüber hinaus steht die Intensität des Filmes auf zwei verlässlichen
Säulen: Zum einen ist dies das herausragende Schauspieler-Triumvirat. Michael Fassbender lässt unter
der beherrschten Oberfläche mit
feinem Minimalismus den ganzen
Kosmos widerstrebender Gefühle
und moralischer Entscheidungsnöte
durchscheinen. Ihm gegenüber
steht Alicia Vikander, die die Emotionalität, aber auch die Härte ihrer
Figur vehement nach außen trägt.
Und schließlich Rachel Weisz, die
sich in der Rolle der Witwe langsam
aus der Dunkelheit von Trauer und
Verlust wieder ins Leben vortastet.
Jede dieser drei Vorstellungen wäre
Grund genug für den Erwerb einer
Kinokarte. Zusammen bilden Fassbender, Vikander und Weisz ein
schauspielerisches Energiezentrum,
dem man sich nicht entziehen kann.
Die zweite Säule gründet auf der
spektakulären, maritimen Naturkulisse, die von grollenden Sturmfluten bis zu lieblichen Sonnenuntergängen die ganze Palette der verhandelten Emotionen spiegelt und
von Kameramann Adam Arkapaw
(„Macbeth“) expressiv in Szene gesetzt wird. Großes Kino ohne Digital-3D-Schnick-Schnack, das die
richtige Balance zwischen kraftvollen Figuren und beeindruckenden
Bildern findet.
****
O
Start in Augsburg, Kaufbeuren,
Landsberg
Ziemlich beste Bauern
Im Netz
Der Landarzt von Chaussy Frankreichs Komödien-Star François Cluzet
jetzt in einem Drama um einen krebskranken Mediziner in der Provinz
Nerve Aus einem Internetspiel wird tödliche
Realität. Spannende Idee eigentlich. Aber …
VON FRED DURAN
Das französische Kino ist in den
deutschen Lichtspielhäusern in diesem Jahr so stark vertreten wie lange
nicht mehr – und nun kommt der
nächste Streifen. Über 1,5 Millionen
Zuschauer konnte Thomas Liltis
„Der Landarzt von Chaussy“ in die
heimischen Kinos locken, ohne auf
die Jagd nach treffsicheren Pointen
und großen Lachern zu gehen.
Der Film ist sichtbar durchdrungen vom Respekt gegenüber dem
bäuerlichen Leben. Der Regisseur
hat früher selbst als Mediziner in der
Provinz gearbeitet und macht den
Landarzt Jean Pierre Werner zum
selbstlosen Helden seines Filmes.
Als dieser eine Krebsdiagnose gestellt bekommt, muss er das eigene
Sein neu überdenken. Jean Pierre ist
Arzt mit Leib und Seele und tut sich
schwer, zurückzuschalten in seinem
Beruf, der permanente Verfügbarkeit erfordert. Auch als ein Kollege
ihm die Ärztin Nathalie (Marianne
Denicourt) zur Unterstützung
schickt, kann Jean Pierre die Kontrolle nicht abgeben. Wie soll eine
Ärztin aus der Stadt ihn, der hier
aufgewachsen ist und die meisten
Patienten schon aus Kindertagen
„Pretty Woman“-Star Richard Gere
(67) hat möglicherweise die Rolle
seines Lebens gefunden. Nach Einschätzung des Internetportals
deadline.com hat Gere mit dem Film
„Norman: The Moderate Rise and
Tragic Fall of a Fixer“ bessere Oscar-Chancen als je zuvor. Er spielt
in dem Thriller einen Unternehmer
und Macher, der sein ausgedehntes Netzwerk an Freunde und Bekannte vermakelt. Der Film soll
im Frühjahr 2017 in die Kinos kommen. (dpa)
kennt, ersetzen können? Erst als die
Chemotherapie ihn zunehmend
schwächt, akzeptiert er allmählich
die eigenen körperlichen Grenzen.
Einfühlsam, aber keineswegs
rührselig porträtiert Lilti diesen
bärbeißigen Altruisten, der trotz
seiner zahlreichen Patientenkontakte zu vereinsamen droht. Zum
Glück verzichtet der Film darauf,
das Verhältnis zur smarten Vertretungsärztin zu einer Liebesgeschichte auszubauen. Ohnehin präsentiert sich „Der Landarzt von
Chaussy“ als durch und durch erwachsener Film, der die Attraktivität seiner Hauptfiguren in deren Lebenserfahrung sucht und das Landleben nicht zur pittoresken Idylle
umfärbt. Zwischen Traktoren, Stall
und Acker findet der Film den richtigen Erzählton, um die Härten des
bäuerlichen Lebens in den dünner
besiedelten Regionen ebenso zu veranschaulichen wie die Momente sozialen Zusammenhalts.
****
O Start in Augsburg
Bekannt aus „Ziemlich beste Freunde“: Jean-Pierre Werner (François Cluzet) muss
als Landarzt von Chaussy kürzer treten – und hat Probleme. Foto: Alamode Film/dpa
VON GÜNTER H. JEKUBZIK
Action von Henry Joost und Ariel
Schulman („Paranormal Activity,
Teil 4“) – das sollte gelingen. Aber
der Versuch, „The Game“ oder
„The Running Man“ für die Jugend
mit Social Media aufzupeppen,
bringt mehr Neon-Schein als Sein.
Vee (Emma Roberts) ist ein eigentlich braves Mädel. Als der
Schulschwarm ihr eine Abfuhr erteilt, meldet sie sich trotzig als Spielerin bei „Nerve“ an – ein digitales
Vee soll zu Ian aufs Motorrad. Dafür gibt
es Geld.
Foto: Niko Tavernise, epd
„Wahrheit oder Pflicht“ ohne
Wahrheit, dafür mit Live-Übertragung der Mutproben über alle
Social-Media-Kanäle. Vee braucht
das Geld, um fürs Studium von ihrer
Helikopter-Mutter wegziehen zu
können. So küsst Vee einen Fremden für die ersten 100 Dollar. Dieser
heißt Ian (Dave Franco) und ist
selbst Mitspieler. Für eine weitere
Handvoll soll sie hinten auf seinem
Motorrad nach New York fahren,
ein teures Kleid klauen und ihn mit
verbundenen Augen durch die Straßen rasen lassen. Bald steigt nicht
nur das Konto, Vee ist schnell bei
tausenden von Zuschauern. Als die
Aufgaben mörderisch werden, kann
sie nicht mehr aussteigen.
„Nerve“ ist ein wenig aufregender, aber handwerklich routinierter
Jugendfilm mit viel wirkungslosem
Licht-Styling und etwas medienkritischem Lack. Der finanziell begründete Wunsch, ein Star im Netz
zu werden, droht im Absturz zu enden. Dass sich Vee im Rausch von
Gefahr und Geschwindigkeit von
grauer Maus zur selbstbewussten,
klugen Frau entwickelt, ist Mindestmaß.
**
O Start in vielen Kinos der Region
Elyas M’Barek in der Latinoversion
– das dürfen sich die US-amerikanischen Kinogänger nun anschauen.
Seit vergangenem Freitag läuft
dort „No Manches Frida“ – nichts
anderes als das spanischsprachige
Remake von „Fack ju Göhte“ für
die spanischsprachige US-Bevölkerung. Selbst das Filmplakat ist
ähnlich. „No Manches Frida“
wurde in Co-Produktion mit der
Constantin Film verfilmt. (AZ)
So sieht „Fack ju Göhte“ im US-Remake
aus.
Foto: Constantin Film, Lionsgate
Unsere Wertungen
* sehr schwach
** mäßig
*** ordentlich
**** sehenswert
***** ausgezeichnet
Sonst noch angelaufen
● Männertag Stevie, Chris, Peter
und Klaus-Maria müssen mit dem
Tod ihres Schulfreundes Dieter fertig
werden. Als letzte Ehre für den Gestorbenen organisieren sie eine Tour.
Eine chaotische Fahrt beginnt, der
Alkohol fließt in Strömen und dann
taucht auch noch ein früherer Erzfeind auf.... (dpa)
Start in verschiedenen Kinos in der
Region
O
● Molly Monster Molly Monster hat
Angst: Sie bekommt ein Geschwisterchen. Sie, ihren Eltern auf die Eierinsel zu folgen, wo das Ei ausgebrütet werden soll. Wo wird mein
Platz in der Familie sein, wenn das
Baby angekommen ist? Der Film gibt
darauf Antworten, die zukünftigen
großen Geschwistern Mut machen.
(epd)
Start in verschiedenen Kinos in der
Region
O
● Don’t Breathe Drei Freunde brechen in Villen ein, stehlen und machen das Diebesgut zu Geld. Als sie
das Haus eines Blinden ausmachen, der auf einer üppigen Summe
Schmerzensgeld sitzt, wittern sie
den großen Coup. Doch der Alte weiß
sich auf brutale und blutige Weise
zu wehren. (dpa)
Start in verschiedenen Kinos in der
Region
O