Instandhaltung und Schönheitsreparaturen bei der

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Instandhaltung und Schönheitsreparaturen bei der
Instandhaltung und Schönheitsreparaturen
bei der Gewerberaummiete
Dr. Walter Fallak
Rechtsanwalt und Notar
Einleitung
Die folgenden Ausführungen sollen sich damit befassen, ob Gewerberaummieter bei der
Beurteilung
von
Abreden
über
Instandhaltungen
und
Instandsetzungen
sowie
Schönheitsreparaturen so zu behandeln sind, wie Wohnraummieter. Der 12. Zivilsenat des
BGH hat
die Rechtsprechung des 8. Zivilsenates zu der Wirksamkeit starrer
Renovierungsfristen mit der Begründung übernommen, dass Gewerberaummieter hier nicht
anders
behandelt
werden
können
als
Wohnraummieter.
Ob
diese
Entscheidung
grundsätzlichen Charakter für die Gleichbehandlung auf allen Gebieten der oben genannten
Maßnahmen hat, soll in der folgenden Abhandlung diskutiert werden.
1. Definition Instandhaltung, Instandsetzung
Gemäß § 535 BGB ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu
gewähren und die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu
überlassen sowie sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er trägt somit die
Instandhaltungs- und Instandsetzungslast, und, sofern dies separat betrachtet werden mag, die
Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Bei allen vertraglichen Abreden bezogen auf diese Maßnahmen sollte eine genaue Trennung
zwischen diesen Begriffen beachtet werden.
DIN 31051:2003-06 legt die Grundlagen der Instandhaltungen fest. Danach wird der Begriff
Instandhaltung in die Grundmaßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und
Verbesserung unterteilt. Legte man diese Definition zugrunde, wären in dem Begriff
Instandhaltungen auch stets Instandsetzungen enthalten. Von dieser Begrifflichkeit wird im
Mietrecht abgewichen.
1.1.
Die Instandhaltung
Hierunter werden Maßnahmen verstanden, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen
Gebrauches aufgewendet werden müssten, um die durch Abnutzung, Alterung und
Witterungseinwirkung entstehenden baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu
beseitigen1. Im Ergebnis handelt es sich dabei um vorbeugende Maßnahmen, die das Objekt
in vertragsgemäßen Zustand halten, damit es nicht zu Schäden, mithin auch zur
Reparaturaufwand kommt. Zur Instandhaltung gehört nur die Schadensvorbeugung nicht aber
Schadensbeseitigung bzw. Reparatur2 .
Überschneidungen mit Schönheitsreparaturen sind denkbar. Während Schönheitsreparaturen
allerdings dekorativen Charakter haben, geht es bei Instandhaltungen um die Vorbeugung von
Schäden.
1.2.
Die Instandsetzung
Dieser Begriff beinhaltet die Reparatur und die Wiederbeschaffung3. Sie fallen somit an,
wenn das Objekt oder Ausstattungsteile schadhaft geworden sind. Oft können
Instandhaltungen und Instandsetzungen zusammenfallen wie beispielsweise Wartung und
Reparatur.
Auch bei der Instandsetzung sind Überschneidungen mit Schönheitsreparaturen möglich, wie
die Beseitigung von kleineren Substanzschäden im Zuge der Renovierung.
Die Kosten der Erneuerung von Anlagen und Einrichtungen, die nicht mehr reparabel sind ist
nicht von dem Begriff der Instandsetzung erfasst. Dies gilt jedenfalls bei wirtschaftlich
bedeutenden Anlagen. Die Erneuerung von Fenstergriffen, Thermostatventilen und
Toilettendeckel soll dabei noch unter den Begriff der Instandsetzung fallen4.
2. Übertragung der Pflichten auf den Mieter
2.1 Individualvereinbarung
Das vollständige Abbedingen der Erhaltungslast durch Individualvereinbarung entspricht dem
Grundsatz der Privatautonomie. So steht es den Parteien grundsätzlich frei, die gesetzliche
Regel zur Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Vermieters abzuändern und dem
1
BGH 06.04.2005, XII ZR 158/01 zur Gewerberaummiete und BGH 07.04.2004 VIII ZR 1446/03 zur
Wohnraummiete
2
OLG Hamm 30.03.1993, 7 U 88/92
3
BGH v. 07.04.2004 VIII ZR 148/03
4
KG 01.03.1999, 8 U 1119/98; OLG Brandenburg 13.11.2002, 3 U 166/98; OLG Hamm 30.03.1993, 7 U 88/92
Mieter zu übertragen. Eine sehr umfangreiche Übertragung bietet sich insbesondere bei sog.
Einmieterobjekten an.
Derartige Vereinbarungen sind solange unproblematisch, solange sie individualvertraglich
vereinbart werden und die Zulässigkeitsgrenzen des § 138 BGB nicht überschreiten. Allein
die Abweichung vom Leitbild des Gesetzes indiziert noch keine Sittenwidrigkeit 5.
Bei einer Individualvereinbarung zur Instandhaltung und Instandsetzung werden oft
Vereinbarungen getroffen, bei denen den Mietern sämtliche Instandhaltungen und
Instandsetzungen treffen, mit Ausnahme von „Dach und Fach“.
Von dem Begriff „Dach und Fach“ sind Reparaturen am Dach, Fundamenten, Außenmauern
und tragenden Wänden sicher umfasst. Hier kann es allerdings Schnittstellenprobleme
insbesondere bei der Frage geben, ob die Mängel die Gebäudesubstanz betreffen müssen oder
ob auch kleinere Mängel ausreichen, wenn sie nur an den genannten Bauteilen auftreten (z.B.
Graffiti-Schäden).
Wegen
der
unklaren
Grenzen
sollte
stets
auch
bei
Individualvereinbarungen eine genauere Definition dieses Begriffes vorgenommen werden,
um die Schnittstellen klar zu definieren6.
„Aushandeln“ bedeutet dabei nicht, dass vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen
vorformulierten Bestimmungen tatsächlich abgeändert oder (mit weiteren Regelungsgehalt)
ergänzt worden sind. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Auch bei
unverändertem Text kann eine Individualvereinbarung gegeben sein, wenn der andere Teil
nach gründlicher Erörterung sich ausdrücklich hiermit einverstanden hat7. Streitig ist dabei,
ob das Gebot des Aushandelns bei einem unternehmerischen Vertragspartner (meist auf
Mieterseite) etwas großzügiger gehandhabt werden darf8.
Nach § 310 Abs. 1 BGB ist § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB auch dann anwendbar, wenn der
Vertrag mit einem Unternehmer abgeschlossen werden soll. Bei Auslegung und Interpretation
des tatbestandlichen Vorganges „Aushandeln“ sind aber entsprechend dem Rechtsgedanken
des § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB im besonderen Maße die kaufmännischen „Gewohnheiten und
Gebräuche“ zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Frage der Intensität mit der die
5
BGH 05.06.2002, XII ZR 220/99; OLG Rostock 10.09.2009, 3 U 287/08; Dose NZM 2009, 383
siehe hierzu z.B. OLG Hamm 27.04.1988, 30 U 16/88 und Schultz, Gewerberaummiete 3. Auflage 2007 Seite
168 ff.
7
BGH 26.02.1992, XII ZR 129/90
8
dagegen Kappus NZM 2010, 529; Graf von Westfalen ZIP 2010, 1110; Jauernig (Stadler), BGB, 13. Auflage
2009, § 305 Randnummer 9;für mehr Großzügigkeit Lindner/Figura/Opree/Stellmann (Lindner/Figura),
Geschäftsraummiete, 2. Auflage 2008 Kapitel 7 Randnummer 27, 29; Berger NJW 2010, 465; DaunerLieb/Axer, ZIP 2010, 309.
6
Verhandlungsbereitschaft für jede einzelne Klausel bekräftigt werden soll und für die
Aufklärung über den gesetzesfremden Inhalt der Klausel. Von einem Unternehmer soll
erwartet werden können, dass er seine Möglichkeiten zur Abänderung eines Mietvertrages
richtig einschätzt und dass er übliche und gesetzeskonforme Bedingungen von üblichen und
gesetzeskonträren Bedingungen unterscheidet: „Im kaufmännischen Verkehr kann ein
individuelles Aushandeln im Übrigen auch dann vorliegen, wenn der Verwender eine
bestimmte Klausel als unabdingbar erklärt.“9 Eine Auflockerung ist schon daraus zu
erkennen,
dass
nach
der
neueren
Rechtsprechung
bisweilen
schnell
von
einer
Individualvereinbarung ausgegangen wird, beispielsweise bei der Änderung einer in einem
Mietvertragsentwurf enthaltenen Formularklausel10.
2.2. Die Tarifwahl
Zur Vermeidung der Gefahr möglicherweise nicht ausgehandelter Klauseln bietet sich eine
Tarifwahl an. Dabei muss der Kerngehalt des Verhandlungsziel ernsthaft zur Disposition
stehen11.Eine Individualvereinbarung kann z.B. dadurch herbeigeführt werden, dass der
Vermieter dem Mieter die Wahl lässt: Entweder er akzeptiert die Übernahme der
vermieterfreundlichen Klausel (z. B. Endrenovierung und laufende Renovierung) oder er
muss eine höhere Miete zahlen.
Problematisch ist die Tarifwahl, wenn sich das Aushandeln nur auf zwei vom Verwender
vorgegebene und unter Umständen schon ausformulierte Alternativen verengt.
Wenn zwar Alternativen angeboten werden, eine der Alternativen allerdings so deutlich
unausgewogen ist, dass sich die verbleibende Alternative geradezu aufdrängt, fehlt ein
ausreichendes Aushandeln im Sinne eines Gebens und Nehmens12.
Dies gilt auch bei offensichtlich sachwidrige Kalkulation zum Zwecke der Erzielung einer
vom Verwender gewünschten Alternative.
Wenn der Verwender zwei vollständig ausformulierte Alternativen vorbereitet hat, dem
Vertragspartner aber nicht die Wahl lässt, an deren inhaltlichen Ausgestaltung mitzuwirken
soll sogar schon nicht mehr von einer Individualvereinbarung ausgegangen werden13.
9
so an sich auch BGH 26.02.1992 XII ZR 129/90 betreffend Betriebspflicht
Siehe hier BGH v. 18.03.2009 XII ZR 200/06, bei der eine ursprünglich unwirksame Endrenovierungsklausel
dadurch zur Individualvereinbarung wurde, dass Parteien sich einigten, die hierin enthaltene Verpflichtung, den
gesamten Teppichboden bei Beendigung des Mietverhältnisses zu ersetzen, dahingehend abgeändert wurde, dass
nur beschädigte, nicht abgenutzte Teile zu ersetzen seien.
11
BGH 19.05.2005 III ZR 437/04
12
BGH 07.02.1996 IV ZR 16/95
13
BGH 06.12.2002 V ZR 220/02
10
Wenn beispielsweise der Verwender einen niedrigeren Mietzins für den Fall der Übernahme
von Instandhaltungen und Instandsetzungen durch den Mieter als eine Alternative und einen
höheren Mietzins bei Übernahme bei Verbleib dieser Verpflichtungen vorschlägt, bietet es
sich an, die Alternative zunächst nur stichwortartig vorzustellen, darauf zu verzichten, eine
eigene Präferenz in den Vordergrund zu stellen, die Preisdifferenz sachgerecht zu kalkulieren
und gegenüber dem künftigen Vertragspartner auch deutlich zu machen, auch andere,
abgewandelte oder zusätzliche Alternativen grundsätzlich verhandeln zu wollen (z.B.
Mietpreis, Kautionshöhe, Laufzeit, Verlängerungsoption, Ausbaupflicht des Vermieters,
Umfang der Instandhaltungen und Instandsetzungen….)
2.3.
Allgemeine
Geschäftsbedingungen
zu
Instandhaltungs-
und
Instandsetzungspflichten
Bei Muster- und Formularverträgen findet eine Inhaltskontrolle statt, die den Geschäftspartner
des Vertragsverwenders gegen unangemessene Benachteiligungen schützt. Danach ist eine
vollständige Abwälzung des Inhalts des Instandhaltungs- und Instandsetzungsrisikos
grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen zulässig14.
Bei
Fragen
der
Instandhaltungs-
und
Instandsetzungspflicht
müssen
folgende
Vorraussetzungen – kumulativ – vorliegen:
a) Der Mangel muss in der Mietersphäre liegen bzw. im Inneren der Mietfläche (also nicht
Heizkessel im Keller, Graffiti am Eingang, Vandalismusschaden im Treppenhaus, Schaden an
der Gebäudesubstanz)15.
b) Der Mangel muss durch die Abnutzung oder den eigentlichen Mietgebrauch des Mieters
veranlasst sein.
c) Der Mangel tritt erst nach Vertragsbeginn auf, umfasst also nicht etwaigen
jahrzehntelangen Instandhaltungsstau oder Mängel, die bereits vor Mietvertragsbeginn
vorlagen oder ihre Ursache haben16.
14
OLG Rostock 10.09.2009, 3U 287/08; OLG Naumburg 12.08.1999, 2 U (Hs) 34/98 betreffend Dach und Fach;
OLG Köln 17.12.1993, 19 U 189/93 betreffend „Instandhaltung des gesamten Pachtobjektes“.
15
OLG Düsseldorf 20.02.1992, 10 U 107/91
16
OLG Düsseldorf 29.02.1999, 10 U 109/95
Innerhalb dieser Grenzen gibt es in der Rechtsprechung keine Bedenken, die Abwälzung
dieser Maßnahmen ohne jede Kostenbegrenzung als zulässig zu akzeptieren.
Nach
der
Entscheidung
des
Bundesgerichtshofes
zur
anteiligen
Tragung
von
Instandhaltungskosten an Gemeinschaftsflächen und den darin enthaltenen Argumenten sollte
hier dennoch Vorsicht geboten sein17, denn das Risiko einer übermäßigen und
unkalkulierbaren
Sonderbelastung
kann
sich
auch
bei
der
Instandhaltungs-
und
Instandsetzungspflicht für Mängel im Mietbereich verwirklichen. Deshalb sollte eine
Kostengrenze vereinbart werden. Angemessen dürfte hier eine Monatsmiete pro Jahr und 25
% einer Monatsmiete pro Maßnahme angesehen werden18.
Nach herrschender Meinung dürfte allerdings bei Gewerberaummietverhältnissen die
formularmäßige Abwälzung der laufenden Instandhaltungen und Instandsetzungen im Inneren
der Räume und bezogen auf den Mietgebrauch jedenfalls noch zulässig sein19, wenn man
beachtet, dass die Klausel nur durch den Mietgebrauch veranlasste Instandsetzungen betrifft
und einen bei Vertragsbeginn mängelfreien Zustand voraussetzt, also die Behebung
anfänglicher Mängel ausschließt20.
Die Klauseln, die für zulässig erachtet werden, beinhalten in der Regel keinen ausdrücklichen
Ausschluss für solche Mängel oder deren Ursachen, die bereits vor Mietbeginn vorlagen.
Nach kundenfeindlichster Auslegung wäre der Mieter danach verpflichtet, Reparaturen an
Bauteilen oder Installationen vorzunehmen, die bereits vor Mietbeginn mangelhaft waren.
Diese Klauseln dennoch zuzulassen könnte dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion
widersprechen21.
Dem kann entgegengehalten werden, dass der mangelhafte Zustand bei Mietbeginn der
vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entsprechen kann und somit ein bereits zu Mietbeginn
vorhandener Fehler der Mietsache an sich kein mietrechtlicher Mangel ist, also keine negative
Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der (vertraglich vereinbarten) Soll-Beschaffenheit.
Werden die Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Beschaffenheitsvereinbarung
durch schlüssiges Verhalten großzügig gehandhabt22, wenn beispielsweise der Mieter eine
mangelhafte Mietsache übernimmt, ohne diesbezüglich Ansprüche auf Mängelbeseitigung zu
machen, läge keine geltungserhaltende Reduktion vor.
17
BGH 06.04.2005 XII ZR 158/01
Hannemann/Wiek/Emmert) (Neuhaus/Weber) Handbuch des Mietrechts 4. Auflage 2009 § 36 Randnummer 31
ff
19
OLG Nürnberg 9 U 4022/90
20
Bub/Treier, Randnummer III 1080, Fritz Gewerberaummieterecht 4. Auflage Randziffer 229 a
21
Zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion siehe ausführlich Ulmer/Brandner/Hensen (Schmidt) AGBRecht Kommentar 11. Auflage , § 306 Randnummer 14 ff.
22
z.B KG 19.12.1983, 8WRE-Miet 4298/83; OLG München 26.03.1993, 21 U 6002/92; OLG Hamm
23.11.1999, 30 W 24/99; LG Berlin 19.06.1990, 64 S 35/90
18
In diesem Fall entspricht nämlich der fehlerbehaftete Zustand zu Beginn der Mietzeit der
vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Es liegt dann keine Abweichung der Ist- von der
Soll-Beschaffenheit und somit auch keine Mangel der Mietsache vor.
Wenn kein Mangel der Mietsache besteht, stellt sich die Frage, wer diesen zu beseitigen hat
nicht.
Schon diese Diskussion zeigt allerdings, dass eine Formularklausel, die dem Mieter die
Durchführung von Instandsetzungsarbeiten auferlegt, ohne den Zäsurzeitpunkt des
Mietbeginns deutlich zu klären, gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und somit
unzulässig sein kann, weil ein mit dieser Materie üblicherweise nicht befasster
Gewerberaummieter nicht ohne weiteres erkennen kann, welche Pflichte ihn in welchem
Umfang treffen.
3. Anteilige Kostentragung bei Allgemeinflächen
Klauseln, die den Mieter zur anteiligen Zahlung für Instandhaltungen und Instandsetzungen
außerhalb des Gebrauchsrisikos verpflichten (z.B. bei Allgemeinflächen), sind nur in
Verbindung mit einer Kostenbegrenzung zulässig23. Die genaue Obergrenze hat der BGH
allerdings nicht festgelegt. Sie schwankt zwischen 10 % 24 und 8 %25.
Die Obergrenze ist behutsam zu bestimmen, da die Sachgefahr außerhalb der Mietfläche ein
Risiko für den Mieter bedeutet, dass er nicht beeinflussen kann. Er trägt oft dabei regelmäßig
auch noch die Instandhaltungskosten für Mängel innerhalb seiner Mieträume und die
Wahrscheinlichkeit von Schadenseintritten ist relativ hoch (z.B. durch Dritteinwirkung). Auch
stellt sich die Frage, ob der Mieter zu anteiligen Kosten für die Beseitigung von Mängeln
herangezogen werden kann, die bereits vor Vertragsbeginn an den Gemeinschaftsflächen
vorhanden waren. Auch dies sollte deutlich ausgeschlossen werden. Auf die obige Diskussion
sei verwiesen.
23
BGH 25.02.1987, VIII ZR 88/86; BGH 06.04.2005, V ZR 158/01
Fritz Gewerberaummietrecht 4. Auflage 2005 Randnummer 183, Lindner/Figura/Opree/Stellmann (Wolf )
Geschäftsraummiete 2. Auflage 2008 Kapitel 13 Randnummer 185
25
Schultz Gewerberaummiete 3. Auflage 2007 Seite 174 ff.
24
4. Allgemeine Geschäftsbedingungen zu Schönheitsreparaturen
4.1. Der Begriff
Es gibt keine Legaldefinition. § 28 Abs. 4 Satz 2 der 2. Berechnungsverordnung enthält eine
Aufzählung von Arbeiten, welche zu Schönheitsreparaturen gehören. Sowohl der für die
Wohnraummiete zuständige 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes als auch der für
Gewerbemietrecht zuständige 12. Zivilsenat definieren diesen Begriff anhand dieser
Aufzählung, wenn vertragliche Konkretisierungen fehlen26.
Eine formularvertragliche Erweiterung des Umfangs der Schönheitsreparaturen dürfte
jedenfalls im Wohnraummietrecht bei Fehlen einer angemessenen Kompensationsregelung
wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
unwirksam sein27. Dies führt nach neuerer Rechtssprechung dazu, dass eine über die
Begriffsdefinition des § 28 der 2.Berechnungsverordnung hinausgehende Verpflichtung eine
Gesamtunwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel zur Folge hat28.
Zwar wird im Gewerberaumietrecht teilweise die Auffassung vertreten, dass eine
formularvertragliche Erweiterung des Pflichtenkreises möglich ist, allerdings gilt auch hier
zunächst das Transparenzgebot. Gerade wegen der Annäherung der AGB-rechtlichen
Rechtsprechung für Wohnungs- und Gewerberaum ist im Übrigen davon auszugehen, dass
formularmäßige Regelung zum Umfang und zur Art der Ausführung einer strengen
Inhaltskontrolle unterzogen werden, worauf noch einzugehen sein wird.
4.2. Der Umfang und seine AGB-rechtliche Erweiterbarkeit
Die dem Standard für Sozialwohnungen aus den 50-iger Jahren ausgerichtete Definition des §
28 Abs. 4 der 2. Berechnungsverordnung spricht nur von „Streichen der Fußböden“. Derartige
lackierte Dielenböden sind allerdings heute in der Praxis kaum mehr vorhanden. Anstelle des
„Streichens der Fußböden“ tritt die Grundreinigung des Teppichbodens. Eine solche
Grundreinigung bedeutet mehr als das gründliche Reinigen mit einem Staubsauger29.
In manchen Mietverträgen befinden sich formularvertragliche Vereinbarungen, wonach der
Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet ist, den Teppichboden zu erneuern.
26
BGH 30.10.1984 8 ARZ 1/84; BGH 08.10.2008 XII ZR 15/07
BGH 10.02.2010, VIII ZR 222/09
28
BGH 14.12.2010, VIII ZR 198/10
29
BGH 08.10.2008, XII ZR 15/07
27
Wenn aber die Erneuerung des Teppichbodens nicht zu Schönheitsreparaturen gehört, handelt
es sich um eine Erweiterung der Pflichten, die wiederum eine unangemessene
Benachteiligung des Mieter darstellen und damit ein Verstoß gegen § 307 BGB bedeuten
kann30.
Das Abschleifen und Neuversiegeln von Parkettböden ist nicht von dem Begriff der
Schönheitsreparaturen umfasst31.
4.3. Abreden zur Ausführungsart
Bei der Frage der Erweiterung der Schönheitsreparaturpflichten auf bestimmte zusätzliche
Maßnahmen spielen Vereinbarungen zur Art der Ausführungen dieser Leistungen ebenfalls
eine tragende Rolle.
Grundsätzlich schuldet die Partei, die zur Durchführung von Schönheitsreparaturen
verpflichtet ist, eine Ausführung mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB). Sofern der
Vertrag eine „fachgerechte“ Ausführung verlangt, ist dies ebenfalls nicht mehr als der übliche
Standard, den der Mieter auch in Eigenleistung herstellen kann32.
Fachhandwerkerklauseln, belasten den in der Regel betroffenen Mieter unangemessen, weil
hierdurch ein Standard verlangt wird, der die „mittlere Art und Güte“ übersteigt33.
Formularklauseln
zur
Farbwahl
sind
einer
besonders
kritischen
Kontrolle
des
Bundesgerichtshofes bei der Wohnraummiete unterzogen worden. Alle Dekorationsklauseln,
die den Mieter während der Vertragslaufzeit an bestimmte Farbgebungen binden, stellen eine
unangemessene Benachteiligung dar. Allerdings soll es zulässig sein, für die etwa erst bei
Rückgabe erforderlichen Reparaturen „helle, neutrale Farben und Tapeten“ vorschreiben zu
können34. Wird der Mieter in Formularklauseln unmittelbar auf einen „weißen Anstrich“ bei
einer
etwa
geschuldeten
Endrenovierung
verpflichtet,
liegt
eine
unangemessene
35
Benachteiligung vor .
Für
die
Frage
der
Grundsatzentscheidung
30
Farbwahl
des
liegt
im
Bundesgerichtshofes
Gewerberaummietrecht
vor.
Zwar
haben
noch
keine
individuelle
AG Charlottenburg 03.02.2005, 211 C 373/04; AG Dortmund 06.02.1996, 125 C 11515/96; siehe ausführlich
zu dieser Thematik Schönemeier WuM 2011 Seite 148 ff
31
BGH 13.01.2010 VIII ZR 48/09
32
BGH 06.07.1988 VIII ARZ 1/88
33
OLG Düsseldorf 09.12.2010, I-10 U 66/10
34
BGH 18.06.2008, VIII ZR 224/07; BGH 22.10.2008, VIII ZR 283/07
35
BGH 14.12.2010, VIII ZR 198/10
Gestaltungswünsche des Mieter bei gewerblicher Nutzung, wie etwa Büro, Garage, Lager etc.
ein geringeres Gewicht, dennoch muss es dem Mieter unbenommen bleiben, auch
entsprechend seiner Firmenausrichtung eine Gestaltung im Inneren der Räume vornehmen zu
können. Während der Mietzeit kann ihm also auch formularvertraglich keine Farbwahl
aufgebürdet werden.
Bei der Rückgabe der Mietsache ist aufgrund kundenfeindlichster Auslegung auch beim
Gewerberaummietrecht eine Klausel unwirksam, die die Rückgabe der Wände im weißen
Zustand schuldet. Wenn es dem Mieter unbelassen ist, auch während der Mietzeit eine
Farbwahl durchzuführen und wie bei der Wohnraummiete neutrale Farben bei der Rückgabe
ausreichen können, ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei der Gewerberaummiete nicht
ebenfalls die Mietfläche in neutralen Farben zurückgegeben werden kann.
Würde man es zulassen, dass durch Formularklauseln eine Verpflichtung des Mieters
begründet werden kann bei Rückgabe der Mietsache alle Wände weiß zurückzugeben, führte
dies ja auch im Ergebnis dazu, dass eine Endrenovierung zumindest in Teilen geschuldet
wird.
Eine Formularklausel, die es dem Mieter verbietet, ohne Zustimmung des Vermieters von der
bisherigen „Ausführungsart“ abzuweichen, ist auch im Gewerberaummietrecht unwirksam36.
Das Kammergericht schloss sich hier zunächst der Rechtsprechung des BGHs zur
Wohnraummiete an37. Die Inhaltskontrolle nach der Generalklausel (§ 307 BGB) findet
danach auch gegenüber Unternehmern Anwendung (§ 310 Abs. 1 BGB). Zwar suche ein
geschäftserfahrener Unternehmer nicht im gleichen Maße Schutz wie ein Verbraucher, für
den hier betroffenen Regelungsbereich der Schönheitsreparaturen spiele das jedoch keine
Rolle. Hier verwies das Kammergericht auf die Entscheidung des BGHs zur
Gewerberaummiete38. Der Unternehmer sei durch die „Ausführungsart“-Klausel in gleicher
Weise wie ein Verbraucher gehindert, die angemieteten Räume nach seinem Geschmack
auszugestalten. Diese Einschränkungen wiegen im Gewerbemietrecht sogar noch schwerer, da
die Ausgestaltung der Geschäftsräume oft Teil des Geschäftskonzepts sei. Diese
unangemessene Einengung des Mieters führt zur Unwirksamkeit der Gesamtregelung.
36
KG 17.05.2010, 8 U 17/10
BGH 28.03.2007, VIII ZR 199/06
38
BGH 06.04.2005, XII ZR 308/02
37
Die Grenze zwischen zustimmungspflichtigen und zustimmungsfreien Veränderungen sind
bei einfachen Ausführungsklauseln im Übrigen nicht klar gezogen und führen zur
Intransparenz.
4.4. Die Übertragung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen
von dem Vermieter auf den Mieter
4.4.1. Grundsatz
Schönheitsreparaturen sind dem Gesetz nach von dem Vermieter zu tragen (§§ 535 Abs. 1
Satz 2, 538 BGB). In bestimmtem Umfang ist es zulässig, diese Pflichten dem Mieter
aufzuerlegen. Gerade bei Formularmietverträgen sind die AGB-rechtlichen Einschränkungen
aus § 307 BGB zu beachten.
4.4.2. Individualvereinbarung
Individualvertraglich sind die Pflichten zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in
weiten Grenzen auf den Mieter übertragbar. Dies gilt insbesondere für Ausführungsarten und
Erweiterungen der Pflichtenkreise. So können auch starre Fristen individualvertraglich
vereinbart werden. Allerdings muss die Renovierungsabrede in diesem Fall tatsächlich
ausgehandelt sein. Auf die obigen Ausführungen sei insoweit verwiesen.
4.4.3. Sind Wohnraummieter und Gewerberaummieter bei der Beurteilung von
Formularklauseln zur Übertragung von Schönheitsreparaturen vor den § 305 ff. BGB
gleich?
Bis vor einigen Jahren war nur im Wohnraummietrecht die Gestaltung im Rahmen von
Formularverträgen eingeschränkt. Im Gewerberaummietrecht galt Vertragsfreiheit nahezu
voll umfänglich. Danach konnte dem Mieter deutlich mehr auferlegt werden39.
Auch im Gewerbemietrecht wird nun die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen
bei Vereinbarung starrer Ausführungsfristen als eine unangemessene Benachteiligung des
Mieters im Sinne des § 307 BGB angesehen40. Durch einen starren Fristplan werden Mieter
gezwungen, auch dann zu renovieren, wenn die Räume aufgrund schonender Nutzung gar
39
40
z.B. OLG Celle 07.05.2003, 2 U 200/02 oder Wolf Eckhard Wall 10. Auflage 2009 Randnummer 414
BGH 08.10.2008, XII ZR 84/06
nicht renovierungsbedürftig sind. Anders sind weiche Ausführungsfristen zu beurteilen, die
Platz für Einzelfallbeurteilungen lassen. In diesem Zusammenhang betonte der zuständige 12.
Zivilsenat des BGHs ausdrücklich die Parallele zu der Rechtslage im Wohnraummietrecht41.
Der BGH begründet seine Erkenntnisse wie folgt:
Gleicher Schutzzweck:
Geschäftsraummieter und Wohnraummieter sind in gleicher Weise schutzwürdig. Auch ein
Gewerbemieter kann nicht ohne weiteres nachteilige Vertragsklauseln abwehren.
Es gibt keine Kompensation durch höhere Preise. So kann nicht unterstellt werden, dass der
Mieter in der Lage ist, die Renovierungskosten auf seine eigenen Kunden abzuwälzen. Die
Preisgestaltung beruhe auf einer Vielzahl unternehmerischer Erwägungen.
Einzelfallkorrektur über § 242 BGB ist nicht möglich:
Der Bundesgerichtshof verwirft die Meinung, dass Renovierungsklauseln mit starren Fristen
AGB-rechtlich zuzulassen und nur im Einzelfall über § 242 BGB im Wege der
Ausübungskontrolle zu korrigieren seien. § 307 BGB schließe als lex specialis den Rückgriff
auf § 242 BGB aus.
Vertrauen auf die bisherige Rechtsprechung ist nicht schutzwürdig
Es gibt keinen Schutz vor der Änderung der höchst richterlichen Rechtsprechung.
Beweisvorteile auch durch weiche Fristen
Durch weiche Regelfristen ist der Schutz des Vermieters ausreichend gewahrt.
Diese
Entscheidung
ist
auf
Kritik
gestoßen.
Folgende
Argumente
lassen
sich
gegenüberstellen:
Gleichsetzen von Gewerbe- und Wohnraummietrecht:
Angesichts der vielgestaltigen Nutzungszwecke verbietet sich eine pauschale Gleichsetzung
wie z. B. zwischen Existenzgründern und kleinen Gewerbetreibenden mit Großunternehmen.
Kasuistik und Rechtsunsicherheit:
Die kaum noch überschaubare Rechtsprechungsentwicklung im Wohnraummietrecht kann
sich im Gewerbemietrecht wiederholen.
Ausschluss jeder formularmäßigen Abwälzung von Schönheitsreparaturen:
Die Sorge vor dem jetzt auch im Gewerbemietrecht absehbaren Klausel-„Schlachtfeld“ hat
vereinzelt
schon
dazu
geführt,
die
formularmäßigen
Übertragungen
von
Schönheitsreparaturen generell in Frage zu stellen. Ein grundlegendes Klauselverbot diene der
Rechtssicherheit und trage dem Gedanken Rechnung, dass die Reparaturpflichten zur
41
BGH 23.06.2004, VIII ZR 361/03; 05.04.2006 VIII ZR 178/05; 13.07.2005 VIII ZR 351/04 und 26.09.2007
VIII ZR 143/06
Hauptpflichten des Vermieters gehören. Der Vermieter muss Schönheitsreparaturen bei der
Preisgestaltung berücksichtigen oder eine individuelle Regelung treffen.
Die wenigsten Gewerbetreibenden sind mietrechtlich bewandert.
Es gibt keinen Grund, ihnen nicht den gleichen Schutz zu gewähren wie Wohnraummietern.
Dem steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 310 Abs. 1 BGB das AGB-Recht nur
eingeschränkt für Verträge mit einem Unternehmer gelten soll, da die §§ 305 Abs.2, 3 BGB,
308 BGB und 309 BGB nicht Grundlage der Schönheitsreparaturrechtsprechung des
Bundesgerichtshofes sind sondern die auch auf Unternehmer anwendbaren Generalklauseln
§§ 307 BGB und 305 Abs. 1 BGB.
Unschädlich ist, dass Verstöße gegen §§ 308 und 309 eine unangemessene Benachteiligung
im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB indizieren.
Dass das AGB-Recht de facto ohne merkliche Abstriche auch im unternehmerischen
Rechtsverkehr zum Zuge kommt, ist teilweise heftig kritisiert. Kritiker sehen mit Sorge, dass
die Instanzenrechtsprechung bei einem Verstoß gegen §§ 308, 309 BGB nicht nur das Indiz
für ein Verstoß wegen § 307 BGB sieht sondern ohne Weiteres einen endgültigen Verstoß42.
Zusätzlich wird die geringere Elastizität gerügt, die etwa bei Haftungsbegrenzungen kaum
eine Sonderregelung erlaubt, weil Voraussetzungen für das „Aushandeln“ zu hoch seien43.
Die Trennung der Beurteilung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber
Unternehmern und Verbrauchern ist jedenfalls im Mietrecht nicht erforderlich und führt im
Ergebnis eher zu einer Befriedung und Verlässlichkeit als eine Trennung letztlich nur unter
Berücksichtigung „im Handelsverkehr geltender Gewohnheiten und Gebräuche“ (§ 310 Abs.
1 BGB). Derartige sind beim Gewerberaummietrecht auch nicht zu erkennen.
Eine Ausgewogenheit der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes zu Schönheitsreparaturen
bei Wohnraummiete und der gleichzeitigen Gleichstellung zu Gewerberaummietrecht kann
letztlich dadurch „abgemildert“ werden, dass an Individualvereinbarungen gerade nicht so
hohe Anforderungen gestellt werden, wie hinlänglich gefordert44.
4.4.4. Die formularvertragliche Übertragung laufender Schönheitsreparaturen
Starre Fristen
Hier sei auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach die formularmäßige Vereinbarung
starrer Renovierungsfristen auch im Gewerberaummietrecht unzulässig ist.
42
Ghassemi-Tabar//Leo AGB im Gewerberaummietrecht 2011, I Randnummer 258
So im Ergebnis auch Dauner/Lieb/Axer ZIP 2010, 309; Berger NJW 2010, 465
44
so z.B. Kappus NZM 2010, 529
43
Vereinbarung allgemeiner Renovierungsfristen
Bei der formularvertraglichen Vereinbarung sog. weicher Fristen für die Ausführung von
Schönheitsreparaturen bestehen keine Bedenken. Wichtig ist, dass sie im Gegensatz zu starren
Fristen Ausnahmen im Einzelfall ausdrücklich zulassen.
Welcher Turnus angemessen ist, hängt nicht zuletzt von der vereinbarten Nutzung des
Vertragsgegenstandes ab. Bei intensiver Nutzung, wie beispielsweise Imbissbetrieb oder
Raucherkneipe kann ein angemessener Turnus bereits bei ca. 3 Jahren liegen. Bei
Büronutzung
liegt
er
unter
Berücksichtigung
heute
qualitativ
hochwertiger
Renovierungsmaterialien bei 5 bis 8 Jahren. Eine generelle Aussage hat die Rechtsprechung
hierzu noch nicht erkennen lassen.
Das bloße Einfügen von Worten „grundsätzlich“, „regelmäßig“, „in der Regel“ etc. ist
allerdings nicht ohne Risiko. Besser sollte ausformuliert werden, dass sich die Fristen bei
untypisch geringer Abnutzung verlängern bzw. bei untypisch intensiver Abnutzung
verkürzen.
Keine Vereinbarung von Fristen
Grundsätzlich
kann
auch
erwägungswert
sein,
überhaupt
keine
Fristen
für
Schönheitsreparaturen bei einem Gewerbemietvertrag in einer Formularklausel aufzunehmen.
Hierfür spricht, dass die bisher üblichen Fristen (3,5 und 7 Jahre) inzwischen auch als solche
angezweifelt werden, weil heutige Materialien eine längere Haltbarkeit versprechen und weil
die Nutzungsintensität unterschiedlich ist45. Ob eine reine „Bedarfsklausel“ ausreichend
transparent ist, kann allerdings bezweifelt werden. Letztlich führt sie auch zu keiner
Befriedungsfunktion und birgt die Frage der Intransparenz in sich. Sie führt auch zu keiner
verlässlichen Handhabe.
Wurde eine reine Bedarfsklausel vereinbart, muss der Vermieter im Prozess die
Renovierungsbedürftigkeit beweisen. Beweisvorteile wie bei dem Ablauf vereinbarter Fristen
gibt es dann nicht mehr. Bei der Vereinbarung „weicher“ Fristen ist bei der Überschreitung
dieser Regelfristen der Mieter darlegungs- und beweispflichtig für die Ausnahmsweise nicht
bestehende Ausführungsnotwendigkeit46. Bei Unterschreiten der Fristen soll der Vermieter
entsprechend verpflichtet sein.
4.4.5. Endrenovierungsklauseln
4.4.5.1. Der Summierungseffekt
45
46
BGH 26.09.2007, VIII ZR 143/06 für Wohnraum
OLG Düsseldorf 01.10.2009, I-10 U 58/09
Auch im Gewerbemietrecht bewirkt die formularmäßige Übertragung der laufenden
Schönheitsreparaturen und der Endrenovierung einen Summierungseffekt, der als
unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne des § 307 BGB anzusehen ist47. Hier
betonte der BGH wiederum die Parallele zur Rechtslage im Wohnraummietrecht und sah
keine Veranlassung, den Gewerberaummieter anders zu behandeln, als den Wohnraummieter.
Dieser Summierungseffekt mit der Folge der Unwirksamkeit der gesamten mietvertraglich
vereinbarten Regelungen zu Schönheitsreparaturen wurde damit begründet, dass die
Endrenovierung den Mieter bereits sehr schwer belastet. Schon durch die Übertragung der
laufenden Schönheitsreparaturen ändere der Vermieter das gesetzliche Leitbild. Wenn die
Renovierungspflicht am Ende des Mietvertrages aber auch noch unabhängig vom Zustand der
Mieträume erfolgen soll, also selbst dann, wenn dem Mieter aufgrund der Klausel zur
Durchführung von laufenden Schönheitsreparaturen vor kurzem erst renoviert habe, entferne
sich die entsprechende Klausel zu weit von der gesetzlichen Konzeption und bewirke
hierdurch die unangemessene Benachteiligung.
Eine Einzelfallkorrektur über § 242 BGB reicht nicht aus. Der Bundesgerichtshof verwirft
wieder die Meinung, dass man die Endrenovierungsklausel AGB-rechtlich zulassen und nur
im Einzelfall über § 242 BGB korrigieren könnte. § 307 BGB verdränge die generelle Norm
des § 242 BGB (siehe oben).
4.4.5.2. Die isolierte Endrenovierungsklausel
4.4.5.2.1. Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit
Im Ergebnis noch ungeklärt ist die Frage, ob eine einfache Endrenovierungsklausel, die
formularvertraglich vereinbart worden ist, auch im Gewerberaummietrecht unwirksam ist. Im
Wohnraummietrecht hat der Bundesgerichtshof eine solche Klausel für unzulässig erklärt48.
Aufgrund im Wohnraummietrecht grundsätzlich vereinbarter Verträge auf unbestimmte Zeit
stehe bei Vertragsschluss das Vertragsende und der dann bestehende Renovierungsbedarf in
der Regel nicht fest. Deshalb könne es dazu kommen, dass der Mieter bereits nach kurzer
Zeit zur Endrenovierung verpflichtet ist, obwohl es dann noch keinen Renovierungsbedarf
gibt.
Im Gewerberaummietrecht ist dies grundsätzlich auch so. Dies kann zunächst nur für solche
Verträge
gelten,
die
auf
unbestimmte
Zeit
geschlossen
Vertragsgestaltungen sind im Gewerberaummietrecht allerdings selten.
47
48
BGH v. 06.04.2005, XII ZR 308/02
BGH v. 12.09.07, VIII ZR 216/06
werden.
Derartige
4.4.5.2.2. Bei befristeten Verträgen
Typisch sind befristete Verträge, die zudem mit Verlängerungsklauseln und Optionsrechten
versehen sind. Gerade aufgrund der mietvertraglich vereinbarten Befristungen bei
Gewerberaummietverhältnissen ist hier eine differenzierte Betrachtung geboten.
Bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit kommt es darauf an, wie lang die Befristung ist.
Liegt die Befristung unterhalb eines angemessenen Renovierungsturnus, gelten die gleichen
Argumente, wie zu den Renovierungsklauseln mit starren Fristen.
Ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit mit einer Endrenovierungsklausel ist genauso zu
betrachten, wie eine Renovierungsklausel mit starren Fristen. Zunächst kommt es hier auf die
mietvertraglich vereinbarte Dauer der Befristung an. Liegt die Befristung unter oder im
Bereich der angemessenen Renovierungsturni, ist die einfache Endrenovierungsklausel schon
deshalb unwirksam.
Allerdings spricht selbst bei einem langfristigen Vertrag folgendes gegen die Wirksamkeit
einer einfachen Endrenovierungsklausel: Auch bei Gewerberaummietverhältnissen auf
bestimmte Zeit gibt es außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten wie beispielsweise § 57 a
ZVG, eine vorzeitige Kündigung aufgrund eines Schriftformmangels, wegen der Versagung
einer
Untermieterlaubnis
oder
Vertragspflichtverletzungen.
Bei
kundenfeindlichster
Auslegung kann eine Endrenovierungsklausel selbst bei einem langfristigen Vertrag von
beispielsweise mehr als 8 Jahren immer noch als unwirksam angesehen werden, weil die
Möglichkeit einer vorzeitigen, außerordentlichen Kündigung immer noch in Betracht kommt.
Im Falle der außerordentlichen Kündigung kann es nämlich sein, dass zu diesem Zeitpunkt
noch kein Renovierungsbedarf besteht.
Für die Praxis bedauerlich, aber sicher richtig ist, dass der Bundesgerichtshof der
Ausübungskontrolle nach § 242 BGB bei der Beurteilung von Formularklauseln einen so
starren Riegel vorschoben hat. Gerade im Falle außerordentlich gekündigter langfristiger
Verträge könnte sie dann bei einer Endrenovierungsklausel helfen.
Um somit letztlich der Unwirksamkeit einer Endrenovierungsklausel auch bei langfristigen
Verträgen vorzubeugen, kann diese also nicht ohne eine Ergänzung vereinbart werden.
Sie muss eine Öffnung für den Fall vorsehen, dass eine vorzeitige Beendigung des
Mietverhältnisses aufgrund der oben erwähnten Umstände stattfindet oder der Mieter die
Möglichkeit des Nachweises hat, dass bei Vertragsbeendigung noch kein Renovierungsbedarf
besteht.
4.4.5.2.3. Befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel
Nur dann, wenn bei derartigen Vertragsverhältnissen die erste Befristung einen Zeitpunkt
erreicht, an dem üblicherweise Schönheitsreparaturen anfallen, kann die obige Argumentation
gelten, wonach eine Endrenovierungsklausel mit entsprechenden Ergänzungen wirksam sein
kann. Ist die mietvertraglich vereinbarte erste Befristung allerdings so kurz, dass zum Ablauf
dieser ersten Befristung noch kein Renovierungsbedarf bestehen dürfte, ist die
Endrenovierungsklausel auf jeden Fall unwirksam, da so die Gefahr besteht, dass das
Mietverhältnis zum Zeitpunkt der ersten Befristung endet und trotz nicht bestehenden
Renovierungsbedarfes eine Verpflichtung des Mieters begründet würde.
4.4.5.2.4. Befristetes Mietverhältnis mit Option
Hier gilt nichts anderes als bei befristeten Mietverhältnissen mit Verlängerungsklausel.
Insoweit sei auf die obige Argumentation verwiesen.
4.4.5.3. Feststellung
Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass bei allen befristeten Mietverhältnissen, unabhängig ob
sie auch mit einer Verlängerungsklausel oder einer Option versehen sind, es zunächst darauf
ankommt, wie lange die erste Befristung läuft. Nur dann, wenn diese zu einem Zeitpunkt
endet, wonach üblicherweise Renovierungen anfallen, kann eine Endrenovierungsklausel
überhaupt wirksam sein. Dann gilt aber immer noch die Notwendigkeit, sie zu ergänzen und
zwar hinsichtlich eines Wegfalls des Renovierungsbedarfs im Falle einer vorzeitigen
Beendigung des Mietverhältnisses oder nicht bestehenden Renovierungsbedarfes.