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Fernsehgeschichte(n)
- 60 Jahre Puppentheater im Kinderprogramm Sonderausstellung im Augsburger Puppentheatermuseum „die Kiste“
vom 24. Oktober 2012 bis zum 05. Mai 2013
Begonnen hat alles mit einer Ausstellung in Augsburg, auf der Oehmichens Marionetten
auftraten. Unter den Besuchern war Hanns Fahrenburg, der Sendeleiter des neu
gegründeten NWDR, dem Vorläufer des heutigen NDR. Der Sender suchte nach
Programmattraktionen für das Kinderprogramm und wurde mit Walter Oehmichen schnell
einig.
Kamera läuft...! Am 21. Januar 1953 begann die Fernsehkarriere der Augsburger
Puppenkiste, die mit der Livesendung des Stückes „Peter und der Wolf“ aus dem Studio
(„Bunker“) des NWDR in Hamburg in die bundesdeutschen Wohnzimmer kam. Eine
Stativkamera wurde direkt vor die Bühne gestellt und los ging es: Live, ohne Schnitt und
ohne Tricks, sahen die Fernsehzuschauer eine Vorstellung der Augsburger Puppenkiste in
schwarz/weiß.
Durch Oehmichens Theaterverbindung zu Regisseur Fritz Umgelter wechselten die
Augsburger zum neu gegründeten Hessischen Rundfunk. Die erste Sendung aus Frankfurt
war „Bällchen Schnellchen“. Da es noch immer keine gebrauchsfertige Aufnahmetechnik
gab, wurde weiterhin live gesendet.
Mitte 1956 entschloss sich die Programmdirektion des HR jedoch dazu, künftig auf das
Kinderprogramm zu verzichten und so wechselte die Puppenkiste für einige Jahre zum
Bayerischen Rundfunk über.
Schon nach 3 Jahren nahm der HR sein Kinderprogramm wieder auf und holte sein bestes
Zugpferd zurück an den Main. Der endgültige Durchbruch der Augsburger Puppenkiste im
Fernsehen kam 1958/59 mit der mehrteiligen Serie „Die Muminfamilie“, für die Manfred
Jenning das Drehbuch schrieb und Harald Schäfer Regie führte. Es war klar, dass man diese
Form des Mehrteilers beibehalten wollte und die Arbeit professionalisiert werden musste.
Künftig sollten die Geschichten nicht mehr schlicht im Studio abgefilmt, sondern von einem
Regisseur konzipiert und dramaturgisch nach allen Regeln der Filmkunst inszeniert werden.
Manfred Jenning, das singuläre Multitalent der Augsburger Puppenkiste bekam das Feld der
Fernseharbeit bereitwillig von Walter Oehmichen zugewiesen und verstand es meisterhaft,
den Charme der Figuren auf dem Bildschirm lebendig werden zu lassen. Bereits mit der
ersten schwarz-weiß Verfilmung von Michael Endes Buch „Jim Knopf und Lukas der
Lokomotivführer“, sowie „Jim Knopf und die wilde 13“ wurden Zuschauerquoten erreicht, von
denen die Fernsehverantwortlichen von heute nur träumen können. Zu den Dreharbeiten im
Frühjahr und Sommer reiste stets ein großes Aufnahmeteam des HR nach Augsburg. Fast
2 Monate dauerten die Dreharbeiten im Schwabenland und wurden schnell zu einem der
begehrtesten Drehtermine innerhalb des Senders.
Für die Puppenkiste bedeuteten die TV Produktionen eine nicht unerhebliche
Doppelbelastung, denn sowohl für die Theateraufführungen daheim, wie auch für die Serien
im Fernsehen, mussten Kostüme genäht, Kulissen gebaut, Drehbücher geschrieben, Puppen
geführt, Texte gesprochen und Lichter gesetzt werden. Auf den handgemalten
„Insertschildern“, die man nach dem Öffnen der Kistentüren sehen konnte, waren zumeist die
gleichen Namen zu lesen. Die Puppen waren von Hannelore Marschall-Oehmichen
geschnitzt und die Kostüme von Rose Oehmichen genäht, den Schnitt verantwortete Margot
Schellemann. Produktionsleitung hatte Josef Göhlen, die Redaktion Ingrid Götz,
Bühnenbilder waren von Traudl Vogler. Das Drehbuch stammte von Manfred Jenning, der ab
1970 als Nachfolger von Harald Schäfer auch Regie führte. Das Team der Puppenkiste
sprach zudem viele Rollen selbst – charmant und unvergesslich. Die sich öffnenden
Kistendeckel waren zum Symbol origineller, liebevoll gemachter Kinderunterhaltung
geworden.
Mindestens zweimal im Jahr wurde „Kultiges“ verfilmt. „Der kleine dicke Ritter Oblong Fitz
Oblong“, „Kater Mikesch“, „Urmel aus dem Eis“, „Kleiner König Kalle Wirsch“, „Don Blech“
belebten neben zahlreichen anderen Puppenkisten-Produktionen die deutsche
Fernsehlandschaft und haben bis heute nichts an Witz und Charme verloren. Darüber hinaus
drehten die Augsburger über 400 Episoden für das tägliche Sandmännchen, führten mit den
Museumsratten durch bundesdeutsche Museen und erklärten mit „Denk und Dachte“ den
Lauf der Welt.
Nach dem frühen Tod von Manfred Jenning im Dezember 1979 war der Schauspieler Sepp
Strubel für Regie und Drehbuch verantwortlich. Er fand sich schnell zurecht und entwickelte
seinen eigenen persönlichen Stil. Unter seiner Leitung entstanden so erfolgreiche
Produktionen wie „Die Opodeldoks“ nach Büchern des Autors Paul Maar und „Die Katze mit
Hut“ nach einer Buchvorlage von Simon und Desi Ruge. Mitte der 80er Jahre „eroberten“
Marionetten auch erstmals den Weltraum, allen voran „Schlupp vom grünen Stern“.
Klaus Marschall, seit 1992 Chef der Augsburger Puppenkiste, reorganisierte Anfang der
90er Jahre sowohl das Theatermanagement im Stammhaus in Augsburg, wie auch die
Zusammenarbeit mit TV-Sendern und Produktionsgesellschaften. 1996/97 wechselte er
sogar das Medium, um in Coproduktion mit Warner-Brothers den Kinofilm „Die Story von
Monty Spinnerratz“ in New York und Bottrop zu drehen.
Im Jahre 2000/2001 wurde unter der Regie von Axel Schulz die sehr aufwändige 13-teilige
Serie „Lilalu im Schepperland“ und „Hokuspokus um Lilalu“ mit großem Erfolg realisiert. Der
Mehrteiler wurde u.a. mit dem Goldenen Telix für die beste Kindersendung ausgezeichnet.
Neben den Superstar-Marionetten, die ganzjährig im Museum „die Kiste“ zu bestaunen sind,
zeigt die Sonderausstellung auf den über 570 qm Fläche „Schmankerl“ die lange nicht zu
sehen waren: Die Mumins, die Opodeldoks, Marionetten und Entwürfe zum „Prinz von
Pumpelonien“ und viele, viele andere. Spezialeffekte, wie z.B. das Wachsen der Puppen
werden erklärt, dazu werden Film-, Ton-, und Fotodokumente präsentiert, welche die
Besucher über die aufwändigen und mitunter abenteuerlichen Dreharbeiten der letzten 60
Jahre informieren werden. Berühmte Puppen aus anderen Fernsehstudios, wie Käpt`n
Blaubär, der Rabe Rudi und viele weitere statten den Augsburger Marionetten einen Besuch
ab und sind in der Sonderausstellung zu bewundern.
„die Kiste“ - Das Augsburger Puppentheatermuseum
Spitalgasse 15, 86150 Augsburg
Dauerausstellung mit Jim Knopf, Urmel & Co. und Sonderschau „Fernsehgeschichte(n)“ – 60 Jahre Puppentheater im
Kinderprogramm täglich, außer montags von 10.00 bis 19.00 Uhr (Kasse bis 18.00 Uhr)
Voranmeldung von Führungen und Informationen unter
Tel.: +49 (0)821 45 03 45 – 0