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> TEST
Frühlingsgefühle: Gibt’s was
Schöneres, als mit dicken
Brummern bei T-Shirt-Wetter
bergab zu brettern? Uns fällt
jedenfalls nix ein ...
78 | FREERIDE 2|13
HEIM
SPIEL
Downhiller aus Deutschland – die
sind gar nicht so leicht aufzutreiben.
Zumindest wenn es darum geht, ein
Testfeld mit Bikes zusammenzustellen, die das Siegel „Made in Germany“
wirklich verdienen. Fünf Stück haben
wir gefunden. Ob sie international
konkurrenzfähig sind, erfahrt ihr jetzt.
Text: Christian Schleker Fotos: W. Watzke, L. Scharl, D. Simon
E
rstmal ein bisschen Frontalunterricht: Heute denkt
ihr bei „Made in Germany“ sofort an Qualität,
stimmt’s? Das war mal anders. In der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten die Deutschen
das Image, das aktuell den Chinesen an der Backe klebt:
Ideenklauer, die billige Kopien guter Produkte exportierten.
Damit man als Kunde keinen Schund angedreht bekam, wurde
damals extra eine Kennzeichnungspflicht eingeführt. Auf allen
Produkten musste das Herkunftsland angegeben werden.
Als Abschreckung quasi: „Made in Germany?“ Obacht! Nur
weil unsere Vorfahren mit einer großen Qualitätsoffensive
gegensteuerten, gilt der Herkunftsnachweis heute als Auszeichnung. Und deshalb dürfen sich auch nur solche Produkte
mit dem Siegel schmücken, bei denen die „entscheidenden
Arbeitsschritte“ in Deutschland ausgeführt werden.
Was heißt das fürs Bike? Das ist kompliziert. Viele Hersteller
meinen, die Endmontage eines komplett aus dem FernostKatalog zusammenbestellten Fahrrades sei so ein „entscheidender“ Schritt. Wir nicht. Viele Kunden meinen, wenn der
Rahmen, nicht hier geschweißt wurde, sei das Bike keins aus
Deutschland. Das sehen wir etwas differenzierter. Klar, wenn
ein Downhiller wie das Nicolai „Ion 20“ in Lübbrechtsen gezeichnet, geschnitten, verschweißt und mit hausgemachten
Frästeilen zum fahrbaren Prototypen zusammengesetzt wird,
entspricht das der Idealvorstellung der „Made in Germany“Idee. Aber so eine Fertigungstiefe ist nicht zwingend und
für viele Kleinhersteller auch gar nicht möglich. Wir meinen:
Entscheidend für die Funktion ist die Entwicklung. Und die
muss hier stattfinden.
Das Zonenschein „Archimedes“ wird, wie das Nicolai, komplett in Deutschland entwickelt und gefertigt und zwar in
Halle in Sachsen-Anhalt. Das Alutech „Sennes“ wurde im
hohen Norden entwickelt und zumindest im Prototypenstadium noch von Firmenbesitzer Jürgen Schlender persönlich
geschweißt. Die Taiwan-Serienrahmen werden dann wieder
im schleswig-holsteinischen Ascheffel zusammengeschraubt.
Nach gleichem Prinzip verfährt die Firma Last in Mühlheim.
Das Propain „Rage 5“ erfüllt unsere Minimalanforderungen an
ein Bike „Made in Germany“: Die kleine Firma vom Bodensee
hat ihr ureigenes Hinterbaukonzept selbst entwickelt und
über die Jahre mit einem kleinen Team verfeinert. Prototypen
und Serienrahmen kommen aus Fernost. Montiert wird im
heimischen Tettnang.
Welche Auswirkungen die unterschiedlichen Strategien auf
das Endprodukt haben, sieht man am Preis-AusstattungsVerhältnis. Propain kann für knapp 4000 € alles ans Bike
hängen, was gut und teuer ist. „Dorado“-Gabel, „Double
Barrel“-Dämpfer, die komplette „Saint“-Gruppe und kultige
„Deemax“-Laufräder. Perfekt. Auch Alutech lässt seine Kunden
von der günstigen Rahmenherstellung profitieren. Für 4200 €
kriegt man hier ebenfalls die teure Manitou-Gabel und hinten
gleich noch den seltenen „Revox“-Dämpfer dazu. Die Teilekombi aus Sun-Ringlé-Laufrädern, „XO“-Komponenten und
hochwertigen Lenkerparts lässt kaum Raum für Tuning –
außer bei den Bremsen vielleicht. Die „Trail XO“ scheint mit
ziemlichen Serienschwankungen zu kämpfen. Die beiden in
unserem Test waren jedenfalls schlecht entlüftet, pumpten
FREERIDE 2|13 | 79
> TEST
kräftig und fielen am Griff im Laufe des Tests auseinander.
Zonenschein schafft für den Preis des Propain nur die RockShox „Boxxer R2C2“ mit „Vivid R2C“-Pendant am Heck, Hauskomponenten an Lenkzentrale und Laufrädern, dazu Sram
„X9“-Parts. Aber die Ausstattung funktionierte zufriedenstellend. Dafür hat uns das Bike mit seinem kurzen Reach etwas
ratlos auf dem Trail zurückgelassen. In Zeiten, in denen die
Hauptrahmen aller Bikes immer länger werden, scheint das
Zonenschein wie zu heiß gewaschen. Der Effekt ist enorm: Bei
gleichem Speed fährt man spürbar näher am Limit und fühlt
sich weniger sicher als bei der Konkurrenz. Und das, obwohl
die Gabel in Sachen Dynamik sogar das teurere Luftmodell im
Nicolai und Last schlägt, weil sie linearer arbeitet. Speziell
dem sehr leichten Last (16,1 Kilo!) hätte die Gabel zum geteilten Testsieg mit Alutech verholfen, denn der Hinterbau des
4100 € teuren Sondermodells („Herb 204 Race“ mit Laufrad-,
Gabel- und Schaltwerksupgrade) ist sensationell gut: extrem
schluckfreudig, mit gutem Feedback und stabil im Hub. Da
wippt im Antritt wenig und beim Abdrücken geht das Bike
dynamisch vom Boden weg. Was will man mehr? In diesem
Fall eine Gabel, die dem Hinterbau das Wasser reichen kann.
Und das schaffte die „Boxxer WC“ leider nicht ganz. Wir
empfehlen, bei der eigentlich serienmäßig verbauten, etwas
schwereren „R2C2“ zu bleiben oder das von Last angebotene
Luftkammertuning für die „WC“ zu nutzen.
Das Ende der preislichen Fahnenstange in diesem Test bildet
das Nicolai „Ion 20“. Für 5299 € bekommt man Federelemente wie beim Last, dazu sehr leichte Tune-Laufräder und
durchschnittliche „X9“- und Truvativ-Parts. Und den Rahmen
natürlich. Der hat die ganz eigene, typische Nicolai-Note: Sehr
detailverliebt und aufwändig gefertigt. Klassisch im Design.
Leider in Größe L geliefert war uns das Bike etwas zu lang,
aber der straffe, antriebsneutrale und angenehm progressive
Hinterbau bot hier das ideale Gegenstück zur ebenfalls straff
abzustimmenden „Boxxer WC“ (sonst neigt sie zum Wegtauchen). Für Einsteiger nicht das ideale Set-up, aber je schneller
man damit fährt, desto besser fühlt es sich an.
Feintuning – Welches Löchlein darf’s denn sein?
Heutzutage sind Bikes komplizierter einzustellen als Teilchenbeschleuniger. Optimale Abstimmbarkeit auf alle möglichen Streckenprofile ist grundsätzlich schön.
Doch unzählige Knöpfe an den Gabeln und Dämpfern lassen auch die Birne
rauchen. Nie kann man sich sicher sein, dass das Bike gerade wirklich so fährt,
wie es fahren könnte. Um alles noch komplizierter zu machen, bieten die deutschen Bikes jede Menge Verstelloptionen: Federweg, Lenkwinkel, Tretlagerhöhe,
Radstand – Schrauben überall. Wir geben unsere Testeinstellung in den Set-upSheets und im Text möglichst genau wieder, damit ihr Anhaltspunkte für eigene
Versuche habt. Viel Erfolg!
Einheitsreifen: Specialized „Butcher 2.3“
Der Specialized „Butcher“ ist nicht der griffigste, nicht der
am leichtesten rollende, aber mit ziemlicher Sicherheit
der pannenresistenteste Reifen, den wir kennen. Ein
Bike war uns vor den ersten Testrunden durchgerutscht und trat mit Onza „Ibex DH“ Reifen an. Nach
zwei Platten mussten wir das Bike auf „Butcher“
umoperieren, um den Testablauf nicht zu bremsen
– Pannen kosten Zeit und der Flow leidet. Ab
dann gab’s in drei Testtagen null Ausfälle wegen
Platten. Ja, wir lieben diese Schlappen!
Testrevier: Bozen und Latsch in Südtirol (Italien)
FazIt: Christian Schleker,
FREERIDE-Cheftester
„Zugegeben: Auch mich machen die Kohle­
faser­Taiwan­Kisten an. Alle fünf Minuten
ploppen im Netz Bilder von irgendwelchen
Prototypen auf, Kona, Trek, GT – alle in Car­
bon und alle irgendwie ähnlich. Gerade in Zeiten, wo die
Großhersteller in Fernost alle das Gleiche produzieren
(lassen), ist es spannend zu sehen, was deutsche Kleinst­
schmieden so auf dem Kasten haben. Und sie haben eine
Menge auf dem Kasten: Last und Alutech bauen Rah­
men, die auf dem Niveau eines „Demo“ oder „Session“
unterwegs sind und gewichtsmäßig auf Carbon­Level
liegen. Auch das Propain spielt in der Liga eines Intense
„M9“. Das alleine ist schon beeindruckend. Was mir aber
besonders gefallen hat: Ich hatte mit allen fünf Herstel­
lern direkten Kontakt und dabei das Gefühl, dass da
keine Gewinnmaximierer sitzen, sondern durch die Bank
enthusiastische Biker, die voll hinter ihren Produkten
stehen. Das gibt einem ein ziemlich gutes Gefühl beim
Fahren. Made in Germany: leider geil.“
80 | FREERIDE 2|13
Erstmals haben wir die Big Bikes nicht nur auf
unserer Hausrumpelstrecke in Bozen getestet,
sondern auch in flowigerem Gelände in
Latsch. Die extrem felsige und steile Kohlernabfahrt in Bozen fordert Fahrwerke maximal
und lässt das Material im Zeitraffer altern.
Hier will man sich in erster Linie sicher fühlen.
Geometrien, bei denen man zu sehr über dem
Bike steht, und mäßige Bremsen fallen extrem
auf. Latsch besitzt eine extra angelegte Strecke
die entspannter zu fahren ist, aber dem Bike
in Sachen Handling deutlich mehr abverlangt.
Der Trail wechselt zwischen felsig-verblockten
Stücken und sehr schnellen, flüssig zu fahrenden Anliegerpassagen. Hier überzeugen
Bikes, die sich spielerisch von links nach rechts
werfen lassen und in Anliegern oder beim
Beschleunigen stabil im Hub bleiben. Die Ergebnisse der Testfahrten auf diesen
unterschiedlichen Strecken ergeben ein komplettes Bild der Fahrleistungen.
> TEST
Küstenflitzer
Der Prototyp des „Sennes“ war quasi noch warm, als wir damit letztes Jahr den exklusiven Vortest
starten durften. Bis zum Vergleichstest hat das Bike noch ein paar Entwicklungen durchgemacht.
Geblieben ist das Grundkonzept: Eine Plattform, die sowohl als waschechter Downhiller als auch
als Freerider funktionieren soll. Da es hier um einen Vergleichstest unter Bergabspezialisten geht,
baute Ostseeschweißer Jürgen Schlender das „Sennes“ konsequent und ohne Gimmicks auf. Mit
der „Dorado“-Gabel kennen wir uns mittlerweile aus. Der „Revox“-Dämpfer ist ähnlich komplex
wie ein CaneCreek „DB“ und verlangt einige Abfahrten, bevor das Set-up passt. Das „Sennes“
bietet diverse Geo-Verstellmöglichkeiten. Mit kurzem Hub hinten (200 Millimeter)
und langem Radstand waren wir von der perfekten Balance und dem klasse
Handling begeistert. Tief, agil, schnell – so könnte man es zusammenfassen.
Ähnlich
Ähnlic wie das Enduro „Fanes“ liefert auch der große Bruder eine nahezu
ideale Synthese aus Laufruhe und Handlichkeit. Der sensiblen Gabel steht
das Heck in nichts nach. Selbst bei sehr hohem Tempo und extrem
verblocktem Gelände fühlten wir uns immer sicher auf dem Bike. Die
Kennlinie des Hinterbaus ist schön linear – die Endprogression lässt
sich durch das Dämpfer-Set-up gut unterstützen. Gabel und Hinterbau
arbeiten stabil im Hub und tauchen nicht weg. Damit das Heck beim Herausbeschleunigen aus Kurven und im Antritt nicht wegsackt, braucht
der „Revox“ viel LS-Druckstufen-Dämpfung. Im langen Hub (220 Millimeter) hinten war uns das Heck zu indirekt. Enorm schluckfreudig zwar,
aber nicht mehr so agil, die Balance leidet. Aber 200 Millimeter sind auch
genug, finden wir. Die Bremse litt unter einem schwammigen Druckpunkt.
„Fanes“ hoch zwei: Das
Designkonzept des Erfolgsenduros hat Jürgen Schlender
konsequent auf den neuen
Downhiller übertragen. Wippe
und Hinterbau sind sogar identisch.
Fazit: Ein Spitzen-Downhiller aus dem hohen Norden! tolles Handling,
hochwertige Federelemente. Mit 200er-Einstellung im Heck perfekt ausbalanciert. Das Rahmenkonzept erlaubt auch den aufbau mit weniger Hub, kurzem Hinterbau und teleskopstütze als Freerider. Mit 16,3 Kilo sehr leicht!
aLutEcH Sennes
SET-UP-TIPP (FAHRERGEWICHT 70 KILo)
Gabel: Die „Dorado“ passte uns mit 55 psi. Zugstufe 10 Klicks* (von 21). TPC + 11 Klicks (von 19), HighspeedDruckstufe: 10 Klicks (von 16)
Dämpfer: Die 300er-Feder passte mit 2 Umdrehungen Vorspannung. Progression am Piggy Stufe 3 und mit
170 psi befüllt, HSC 16 Klicks (von 25), LSC 0,5–1 Umdrehung (von 3), Rebound 4 Klicks (von 15).
herSTeLLeranGaBen
Vertrieb
Alutech Cycles, Tel. 04353/998155
www.alutech-cycles.com
Material/Größen
Alu / S, M, L
Preis/Gewicht ohne Pedale
4 200 Euro/16,3 kg
(*immer von zu/langsam/gedämpft ausgehend)
MeSSDaTen
Federweg vorne/hinten
Hinterbausystem
200 mm/200–220 mm
Viergelenker
auSSTaTTunG
Gabel/Dämpfer Manitou Dorado Pro/Manitou Revox Pro
Kurbeln/Schaltung
eThirteen LG1 R/Sram XO
Bremsanlage
Avid XO Trail
Laufräder
Sun Ringle Pro A.D.D-Systemlaufradsatz,
Schwalbe Muddy Mary DH 2,5 Reifen
50
120
420
Reach
408 mm
Stack
592 mm
BB-Drop +8 mm
549
77°
1192
440
Fahrwerk
Handling, Gewicht
Geometrie
62,6°
348
Bremse schwach
FahrWerK
hanDLInG
straff
wendig
komfortabel
laufruhig
PerFOrMance
DH TECHNISCH
DH HIGHSPEED
82 | FREERIDE 2|13
10
Manitou hinten: Den „Revox“-Dämpfer sieht man
äußerst selten. Schade eigentlich. Das Federelement ist sehr sensibel einstellbar und funktioniert hervorragend.
10
FreerIDe ranKInG: maximal 10 Punkte.
Manitou vorne: Die „Dorado“ ist aktuell unser
Favorit, wenn es ruppig wird. Auch hier kann man
sehr feine Einstellungen vornehmen und wird mit
toller Funktion verwöhnt.
FO
R
VIS
IT
AL
L
BR
ON
ZE
EV
EN
TS
> TEST
Ruhrpott-Rakete
Von Last hatten wir bisher nur das Enduro im Test. Das hat uns aber wegen seines gelungenen
Federungskonzeptes ausgesprochen gut gefallen. Der Downhiller arbeitet nach dem gleichen
Prinzip: Eine massive Hinterbauschwinge quetscht hier 204 Millimeter Federweg aus dem aufrecht hinter dem Sitzrohr platzierten Dämpfer. Der Rahmen sieht sehr aufgeräumt aus und ist
extrem sauber verarbeitet. Beim „Herb 204 Race“ liefert RockShox das Fahrwerk: Stahlfeder hinten,
Luftfeder vorne. Im Vergleich zu Propain, Nicolai und Alutech wirkt das Last eine Nummer kleiner.
Obwohl die Geo für 2013 gestreckt wurde, ist der Reach spürbar kürzer als bei diesen Konkurrenten. Der „Herb“-Hinterbau beeindruckte uns von Beginn an mit extrem feinfühligem
Ansprechen in Kombination mit enormer Schluckfreudigkeit, ohne dabei undefiniert
im Federweg rumzuwobbeln. Das Hinterrad hat immer maximalen Grip, trotzdem
kann man sich noch dynamisch vom Boden abdrücken und bekommt gutes
Feedback. Zusätzlich bleibt das Heck im Antritt ruhig und stabil im Hub – ziemlich perfekt. Im Vergleich zum tollen Hinterbau waren wir von der RockShox
„Boxxer WC“ etwas enttäuscht. Entweder war sie im Vergleich zum Hinterbau etwas zu straff, oder zu soft und rauschte durch den Hub. Das ließ sich
über die Druckstufen nie ganz ausgleichen. Bei hohem Tempo in felsigem
Gelände limitiert die Gabel den Vorwärtsdrang und man neigt dazu, das
Gewicht stark zum soften Heck hin zu verlagern. Um das auszugleichen,
haben wir die Gabel in den Holmen einen Zentimeter abgesenkt und den
Chip hinten auf die mittlere Position geschraubt – und kamen dann sehr
gut zurecht. In Größe M ein superverspieltes Bike für Freizeit-Downhiller
und Parkbiker. Racer ab 1,75 Meter sollten zu Größe L greifen.
Fluffie: Der Hinterbau des Last ist
wirklich top. Die Luft„Boxxer“ kann da nicht
ganz Schritt halten. Last
bietet für einen kleinen
Aufpreis ein Tuning der Luftkammer an, was die Balance
verbessern soll.
Fazit: Das Last wäre mit der serienmäßig verbauten, dynamischeren
„Boxxer R2
R2c2“ eine glatte 10. Für die im test nicht ganz optimale Gabelwahl
gibt es einen halben Punkt abzug. Der Hinterbau ist super, der Rahmen sehr
hochwertig gearbeitet und das Handling macht einfach Spaß. Leicht!
LaSt Herb 204 Race
SET-UP-TIPP (FAHRERGEWICHT 70 KILo)
Gabel: Die „Boxxer WC“ mit 55 psi befüllen. LSC 16* (von 19), HSC 10 (von 12), Ending Stroke Rebound 20 (21),
Beginning Stroke Rebound 14 (24), Bottom Out ganz auf. Dämpfer: 400er-Feder passt mit 1,5 Umdrehungen
Vorspannung, LSC 5 (von 6), Ending Stroke Rebound 5 (8), Beginning Stroke Rebound 4 (8).
herSTeLLeranGaBen
Vertrieb
Mangasports Last Int. Ltd., Tel. 0231/53461591
www.last-bikes.com
Material/Größen
Alu / S, M, L
Preis/Gewicht ohne Pedale
4 100 Euro/ 16,1 kg
(*immer von zu/langsam/gedämpft ausgehend)
MeSSDaTen
Federweg vorne/hinten
Hinterbausystem
200 mm/204 mm
abgestützter Eingelenker
auSSTaTTunG
Gabel/Dämpfer
RockShox Boxxer WC/
RockShox Vivid R2C
Kurbeln/Schaltung
Truvativ Descendant/Sram XO
Bremsanlage
Avid XO Trail
Laufräder Sram u. DT-Swiss 350 Naben, No Tubes ZTR
Flow EX Felgen, Maxxis High Roller 2 2,4 Reifen
50
125
380
Reach
378 mm
Stack
601 mm
BB-Drop +11 mm
589
71,6°
1178
445
Handling, Gewicht
Hinterbaufunktion
Verarbeitung
63,2°
Bremse
Gabel dem Heck
nicht ebenbürtig
FahrWerK
hanDLInG
straff
wendig
komfortabel
laufruhig
348
PerFOrMance
DH TECHNISCH
DH HIGHSPEED
84 | FREERIDE 2|13
Bremszicke: Die Sram „Xo Trail“ hat uns bei
diesem Test enttäuscht. An beiden Modellen
(Last und Alutech) verabschiedete sich die
Schraube aus dem kugelgelagerten Drehpunkt
und der Druckpunkt war eher schwammig.
9,5
10
FreerIDe ranKInG: maximal 10 Punkte.
Deutsche Ingenieurskunst: Die aufgeräumte
Hebelage des abgestützten Eingelenkers funktioniert bestens. Elegant: Über das kleine tropfenförmige Insert am Drehpunkt lässt sich die Geo
fix verstellen.
Ein gutes Downhill-Fahrwerk darf
nicht nur alles stur wegschlucken,
sondern muss auch Feedback vom
Untergrund geben. Es muss stabil im
Hub stehen, damit man sich auch mal
von einer Wurzel abdrücken kann. Das
Last „Herb“ macht da alles richtig. Es
eignet sich für Vollgasaktionen und
bietet auch Fahrspaß im Bikepark.
FREERIDE 2|13 | 85
> TEST
Lübbrechtser Fräse
Wir hatten lange kein Nicolai mehr im Test. Fünf Jahre ist es bestimmt her, aber die Bikes erkennt
man immer noch sofort und von Weitem. Die Optik ist ein Klassiker im Hydroformdschungel.
Die perfekten Schweißraupen sind Legende, genau wie die aufwändig gefrästen Gussets und die
perfekte Verarbeitung. Das „Ion 20“ konnten wir leider nur in Größe L testen, obwohl wir gerne
M gehabt hätten. Insofern keine Überraschung, dass das Nicoali den längsten Reach im Testfeld
aufweist. Gabel- und Dämpfer-Set-up waren beim „Ion“ schnell gefunden. Anders als beim Last
funktioniert hier die Balance zwischen Front und Heck gut. Nicht weil die „Boxxer WC“
sensibler arbeitete, sondern weil das Heck auch im langen Hub (215 Millimeter)
eher straff zu Werke ging. In verblockten Passagen bekommt man manchmal
deutlich
deu
mehr Feedback vom Untergrund, als einem Anfänger oder FreizeitDownhiller vielleicht lieb ist. Dafür hat der Crack immer ausreichend Reserven bei knüppelharten Schlägen, die einen unvorbereitet treffen, und
das Bike bleibt in Anliegern stabil im mittleren Federweg stehen. Die Geo
war nicht nur auf dem Papier tief und lang – das Nicolai fuhr sich extrem
sicher und kaschierte damit das straffe Fahrwerk, wenn das Gelände
steil und felsig wurde. Dafür wirkte der steife Rahmen in engeren Passagen und bei schnellen Richtungswechseln etwas unhandlich. Das 2,5
Zentimeter kürzere M hätte hier sicher Punkte gut gemacht. Auch hier
gut: das niedrige Gewicht. 16,5 Kilo sind absolut konkurrenzfähig, selbst im
Vergleich zu manchem Carbon-Downhiller. Nur das Last und das Alutech
waren noch leichter. Sehr gut gefiel uns auch, wie wippfrei und effektiv es
sich aus Anliegern herausbeschleunigen ließ.
Klassisch: Wo andere Hersteller ihre Rohre biegen
und quetschen, baut Kalle
Nicolai mit stoischer Gelassenheit alles so wie immer. Gerade
Rohre, edle Frästeile, Liebe zum
Detail. 100 Prozent Handmade in
Lübbrechtsen!
Fazit: Für fortgeschrittene Fahrer ist das „Ion 20“ eine effektive DH-Maschine.
Das eher straffe Set-up verlangt nach aggressiver Fahrweise. Dafür bleibt der Komfort
etwas auf der Strecke. Bei dieser Rahmengröße fahrstabil, aber auch etwas unhandlich.
NIcoLaI Ion 20
SET-UP-TIPP (FAHRERGEWICHT 70 KILo)
Gabel: Auch hier waren 55 psi der beste Kompromiss bei der „Boxxer WC“. Ending Stroke Rebound 18
(von 21)*, Beginning Stroke Rebound 16 (von 24), HSC 11 (14), LSC 14 (18), Endprogression ganz auf.
Dämpfer: Die 400er-Feder passte im langen Hub mit einer Umdrehung Vorspannung.
LSC 0 (von 5), Ending Stroke Rebound 4 (6), Beginning Stroke Rebound 14 (16).
herSTeLLeranGaBen
Vertrieb
Nicolai GmbH, Tel. 05185/957191
www.nicolai.net
Material/Größen
Alu / S, M, L, XL
Preis/Gewicht ohne Pedale
5 299 Euro/16,5 kg
(*immer von zu/langsam/gedämpft ausgehend)
MeSSDaTen
Federweg vorne/hinten
Hinterbausystem
200 mm/195 - 215 mm
Viergelenker
auSSTaTTunG
Gabel/Dämpfer
RockShox Boxxer WC/
RockShox Vivid R2C
Kurbeln/Schaltung
Truvativ Descendant/Sram X9
Bremsanlage
Avid Elixir 9
Laufräder
Tune King & Kong Naben, Spank Spike
35 Felgen, Onza Ibex 2,4 Reifen
40
605
120
440
Reach
428 mm
Stack
598 mm
BB-Drop +11 mm
Verarbeitung
Fahrwerksbalance
Laufruhe, Gewicht
74°
1187
427
64°
86 | FREERIDE 2|13
FahrWerK
hanDLInG
straff
wendig
komfortabel
laufruhig
353
PerFOrMance
DH TECHNISCH
DH HIGHSPEED
etwas straff
in Größe L nicht sehr
handlich
Gütesiegel: Das „Made in Germany“ kann sich die
Firma Nicolai mit Fug und Recht in die Kettenstrebe fräsen. Entwicklung, Design, Schweißen,
Fräsen, Lackierung und Montage passieren in
Lübbrechtsen. Mehr Fertigungstiefe geht nicht.
9,5
10
FreerIDe ranKInG: maximal 10 Punkte.
Schluckzentrale: Die Hinterbaufunktion passt
beim „Ion 20“ sehr gut zur „Boxxer WC“. Das
Heck geht etwas straffer zu Werke. Bei aggressiver Fahrweise ist das effektiv, auch weil
im Antritt nix wippt. Einsteiger und Komfortsuchende müssen Abstriche machen.
> TEST
Schwabenwut
Bei unserem letzten Downhill-Test wurde das Propain „Rage“ abgewatscht. Promi-Tester Johannes
Fischbach fuhr damit die langsamsten Zeiten. Den restlichen Testern missfiel der „tote“ Hinterbau.
Statt zu verzicken, konstruierten die Entwickler vom Bodensee das „Rage“ neu und waren sofort
bereit für den nächsten Test. Das „Rage 5“ ist das Topmodell der Reihe und ausstattungsmäßig
über jeden Zweifel erhaben. Uns grauste nur etwas vor den unendlichen Verstellmöglichkeiten
des „Double Barrel“. Das vom Hersteller gelieferte Set-up nahmen wir als Ausgangpunkt für die
ersten Testabfahrten. Die Geo gefiel allen Testern in der hohen Tretlagerposition besser – vorne
nicht zu tief, gepaart mit einer guten Gewichtsverteilung zwischen Front und Heck.
Die Gabel funktionierte (analog zum Pendant im Alutech) sehr gut. Kopfzerbrechen
bereitete uns der Hinterbau, der sich auf den ersten Abfahrten unsensibel und
wenig dynamisch präsentierte. Doch dann zeigten sich die Vorteile des sehr weit
verstellbaren Dämpfers: Zwar dauerte es eine Weile, bis wir das richtige Set-up
gefunden hatten, aber ab dem Moment bot das Bike eine andere Performance:
Es war sehr schluckfreudig und dank guter Bodenhaftung konnten wir jetzt
Vollgas durchs Geröll brettern. Das Propain zeigt sich ähnlich fahrstabil wie
das Nicolai, verwöhnt dabei aber mit deutlich mehr Komfort. Durch die
Schluckfreudigkeit kommt die Verspieltheit etwas zu kurz. Dynamisches
Abdrücken von Wurzeln ist nicht so sein Ding. Die Agilität eines Last oder
Alutech erreicht es nicht ganz, macht aber trotzdem enorm viel Spaß. Die
tollen „Saint“-Bremsen verzögern ohne großen Kraftaufwand brachial und sind
dabei perfekt dosierbar.
Vollausstattung:
Propain ist dank Rahmenfertigung in Fernost
und Direktversand in der
Lage, edelste Parts zu verbauen, ohne die 4000Euro-Marke zu knacken.
Fazit: Das Propain ist ein waschechter Downhiller für schnelle Strecken. Wer
ein Bike sucht, das viel Sicherheit bei hohem tempo vermittelt, wird hier fündig.
Freunde des verspielten Handlings sind nicht die zielgruppe des „Rage“.
PRoPaIN Rage 5
SET-UP-TIPP (FAHRERGEWICHT 70 KILo)
Gabel: Bei der „Dorado“ des Propain sind 53 psi passend. Rebound 11 Klicks (von 21)*, TPC 12 (von 19), HSC 11 (16).
Dämpfer: Die 400er-Feder mit einer Umdrehung vorspannen. LSC 23 (von 27), LSR 22 (von 28), HSC 4 (von 5
Umdrehungen), HSR 2,5 (von 5 Umdrehungen).
herSTeLLeranGaBen
Vertrieb
Propain Bicycles GmbH Tel. 0751/95866043
www.propain-bikes.com
Material/Größen
Alu/S,M,L
Preis/Gewicht ohne Pedale
3 999 Euro/17 kg
(*immer von zu/langsam/gedämpft ausgehend)
MeSSDaTen
Federweg vorne/hinten
Hinterbausystem
200 mm/220 mm
VPP Float Link
auSSTaTTunG
Gabel/Dämpfer
Manitou Dorado Pro/Cane Creek
Double Barrel Coil
Shimano Saint/Shimano Saint
Shimano Saint
Mavic Deemax Systemlaufradsatz,
Maxxis High Roller 2,4 Reifen
Kurbeln/Schaltung
Bremsanlage
Laufräder
50
125
420
Reach
409 mm
Stack
597 mm
BB-Drop +12 mm
589
73,9°
1181
432
Fahrwerk
Laufruhe
Preis-Leistung
63,4°
354
sensibel in der
Abstimmung
FahrWerK
hanDLInG
straff
wendig
komfortabel
laufruhig
PerFOrMance
DH TECHNISCH
DH HIGHSPEED
88 | FREERIDE 2|13
Komplex: Es gibt optisch simplere Hinterbausysteme. Propain hat die Kinematik komplett
überarbeitet – trotzdem muss man den Dämpfer
penibel abstimmen, sonst leidet die Performance.
9
10
FreerIDe ranKInG: maximal 10 Punkte.
Notwendiges Update: An die Highspeed-Verstellschrauben kamen wir nur nach Ausbau des
Dämpfers ran. Propain hat das Schmiedeteil für
die Serie nochmal geändert und liefert außerdem
einen speziellen, passgenauen Schlüssel mit.
Sicherungmaßnahme: Die Manitou
„Dorado“ macht aus einem guten ein
sehr gutes Downhill-Bike. Sie bietet
viel Komfort ohne wegzutauchen,
gibt gutes Feedback und schont
damit die Nerven jedes Fahrers –
selbst wenn es übel poltert.
FREERIDE 2|13 | 89
> TEST
Sachsenschleuder
Zonenschein ist neben Nicolai der zweite Hersteller in diesem Test, der das komplette Bike in der
Heimat produziert. Dabei gehen die Jungs aus Sachsen-Anhalt optisch und technisch eigene Wege.
Der Rahmen mit klassisch runden Rohren und dem angesetzten Sitzdom wirkt ein bisschen oldschool. Die monströse Hinterbauschwinge erinnert an einen Motocrosser und generiert via Wippenanlenkung auf den RockShox „Vivid R2C“ bis zu 210 Millimeter Hub. Vorne steckt die Stahlfeder
„Boxxer R2C2“ im integrierten Steuersatz. Schon beim Probesitzen wirkt das „Archimedes“ extrem
kurz. Nochmal 2 Zentimeter weniger Reach als das Last – selbst unser kleinster Tester (1,72 Meter)
fühlte sich beengt. In Verbindung mit dem vergleichsweise hohen Tretlager steht
man etwas zu sehr über dem Geschehen. Speziell auf schnellen, verblockten
Passagen fuhr so die Angst mit, wenn man versuchte, den Mittestern auf den
Fersen zu bleiben. Zwar arbeitet die Stahlfedergabel harmonischer als die
Luftvariante und der Hinterbau ist schluckfreudig und besitzt eine angenehme Progression, dennoch wirkte das „Archimedes“ nervös und
nicht sehr sicher. Beim Umstieg innerhalb einer Felspassage auf ein
Konkurrenzbike war das besonders krass zu spüren. Zonenschein
teilt seine Rahmengrößen in M, L und XL ein, dabei entspricht M
gerade mal einem S beim ebenfalls kurzen Last. Was diese Strategie
soll, wissen wir nicht. Unserer Meinung nach hat das Bike mit der
ansprechenden Hinterbaufunktion dringend ein Geo-Update nötig.
Zeitmaschine: So
sahen vor fünf Jahren
viele Downhiller aus. Das
Fahrwerk ist gelungen, die
Geometrie wirkt uns zu kurz.
Zonenschein klärt auf: „Versehentlich
haben wir den 2012er-Rahmen mit der
alten Geo geschickt!“ – Schade!
Fazit: an der Federungsfunktion gibt es wenig auszusetzen.
Der Hinterbau schluckt viel weg und geht nie spürbar auf Block.
auch die Stahlfeder „Boxxer“ macht ihren Job gut. aber mit der
Geo fühlte sich kein tester wohl. L oder XL wären nötig gewesen,
obwohl wir keine Riesen sind!
zoNENScHEIN Archimedes DH
SET-UP-TIPP (FAHRERGEWICHT 70 KILo)
Gabel: Die „Boxxer R2C2“ passt mit der Serienfeder mit 55 psi. Ending Stroke Rebound 16 Klicks (von 21)*,
Beginning Stroke Rebound 19 (von 24), High und Low Speed Compression sowie Endprogression komplett auf.
Dämpfer: 400er-Feder nur soweit vorspannen, dass sie nicht klappert. Beginning Stroke Rebound 7 Klicks
(von 8), ESR 3 (6), LSC 1 (5).
herSTeLLeranGaBen
Vertrieb
Zonelight GmbH, Tel. 049345/69492454
www.zonenschein.de
Material/Größen
Alu/M,L, XL
Preis/Gewicht ohne Pedale
3999 Euro/18 kg
(*immer von zu/langsam/gedämpft ausgehend)
MeSSDaTen
Federweg vorne/hinten
Hinterbausystem
200 mm/170-210 mm
Mehrgelenker
auSSTaTTunG
Gabel/Dämpfer
RockShox Boxxer R2C2/RockShox
Vivid R2C
Truvativ Descendant/Sram X9
Avid Elixir 9
Toolz 2632er Systemlaufradsatz,
Kenda Nevegal 2,5 Reifen
Kurbeln/Schaltung
Bremsanlage
Laufräder
50
602
130
405
Reach
357 mm
Stack
589 mm
BB-Drop 23 mm
Hinterbau
Gabel
Verarbeitung
67,8°
1165
449
63°
Geometrie (Reach!)
wenig Laufruhe
FahrWerK
hanDLInG
straff
wendig
komfortabel
laufruhig
365
PerFOrMance
DH TECHNISCH
DH HIGHSPEED
90 | FREERIDE 2|13
Made in Halle: Genau wie Nicolai wirbt auch
Zonenschein mit einer kompletten Fertigung in
Deutschland. Dass deutsche Schweißer superschöne Nähte hinbekommen, sieht man hier.
8
10
FreerIDe ranKInG: maximal 10 Punkte.
Motocross-Style: Die massive Monolink-Schwinge mit Umlenkungswippe erinnert an das alte
Rocky Mountain „RM9“ und arbeitet gut. Bis zu
210 Millimeter Federweg generiert das System.