Hanf säen mit Anna und Arthur

Transcription

Hanf säen mit Anna und Arthur
Inhaltsverzeichnis
„Polizei ist alarmiert: Göttingen ist mit Cannabis übersät“......................................................................2
Statement des Deutschen Hanfverbands.....................................................................................................3
Spekulationen über die Arbeitsweise der „Autonomen Blumenkinder“..................................................4
Hanf - Eine vielseitige Pflanze!.....................................................................................................................5
Körperliche Auswirkungen von THC und anderen Cannabinoiden........................................................6
Situation in Deutschland: Das derzeit geltende Recht................................................................................7
Cannabis: Rechtslage in anderen Ländern.................................................................................................8
Kritik am geltenden Recht............................................................................................................................9
Die Grüne Hilfe stellt sich vor.......................................................................................................................10
Die unendliche Geschichte des Hanfverbots................................................................................................11
„Pot-City“ in der Presse................................................................................................................................12
Hanf säen mit Anna und Arthur...................................................................................................................13
Interview mit Anna und Arthur....................................................................................................................15
Bekenner*innenschreiben der „Autonomen Blumenkinder“ (2013)........................................................17
Bekenner*innenschreiben der „Autonomen Blumenkinder“ (2014)........................................................18
Gebt das Hanf frei - und zwar sofort!..........................................................................................................18
Diese Broschüre steht unter einer Creative Commons BY-NC-SA Lizenz. Konkret bedeutet das, dass wir uns
wünschen, dass ihr dieses Dokument vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich macht! Außerdem
könnt ihr auch gerne Abwandlungen und Bearbeitungen davon machen. Alles unter den Bedingungen, dass ihr
uns als Autorin angebt, es nicht für kommerzielle Zwecke nutzt und es unter den gleichen Lizenzbedingungen
tut.
Weitergehende Berechtigungen könnt ihr euch bei uns besorgen: [email protected]
Alles Wissenswerte zum Cannabis-Boom in Göttingen auf: www.gj-goettingen.de/tag/hanf und auf Twitter
(www.twitter.com/gjgoettingen, #potcitygoe)
Wir danken dem Deutschen Hanfverband, dem Hanfjournal und der Grünen Hilfe e.V. für ihre freundliche
Mithilfe bei der Erstellung, beziehungsweise Verbreitung, dieser Broschüre!
Vielen Dank auch noch einmal an Anna und Arthur von den „Autonomen Blumenkindern“!
-1-
„Polizei ist alarmiert: Göttingen ist mit Cannabis übersät“
So titelte am 10. Juli 2013 die Hessische/Niedersächsische Allgemeine
(HNA) und setzte damit den Auftaktpunkt für einen weltweiten medialen
Hype um eine Hanfaussaataktion der
bis dahin unbekannten Göttinger Aktionsgruppe „Einige Autonome Blumenkinder“. Doch der Reihe nach:
Am 31. Mai berichtete ebenfalls die
HNA über den Fund einiger Hanfpflanzen am Göttinger Wilhelmsplatz.
Daraufhin bekannte sich am 4. Juni
eine Aktionsgruppe namens „Einige Autonome Blumenkinder“ auf
linksunten.indymedia.org zur massenhaften Aussaat „mehrerer Kilo
größtenteils THC-armer Hanfsamen
[…] aus Protest gegen die restriktive Drogenpolitik“. Der Tenor des
Bekenner*innenschreibens manifestierte sich im letzten Satz: „Ärgert die
Behörden, bis sie aufhören, uns zu ärgern!“.
Am 5. Juni solidarisierte sich die
GRÜNE JUGEND Göttingen unter
dem Motto „Gebt das Hanf frei - Und
zwar sofort!“ mit den „Blumenkindern“ und rief zu einem CannabisFotowettbewerb auf. Bis zum 5. Juli
wurden mehr als 40 Fotos eingesandt
und mit der Aufforderung „Genießt
tiefenentspannt die majestätische
Schönheit dieser prachtvollen Pflanzen!“ auf der Homepage der GJ veröffentlicht. Bis dahin war die mediale
Berichterstattung auf lokale Zeitungen
beschränkt, doch als die Polizei sich
über das massenhafte Aufwachsen
von Hanfpflanzen besorgt zeigte und
die HNA am 10. Juli wie eingangs genannt titelte, wurde der Hanf in Göttingen zu einem vieldiskutierten Phänomen. Über Blogs fand das Thema
schnell Eingang in die Netzcommunity und wurde innerhalb von 24 Stunden zum meistdiskutierten Thema im
deutschsprachigen Raum, noch vor
dem NSA-Skandal.
Fast
alle
großen
deutschen
Medienakteur*innen, darunter ZDF,
SZ, FAZ, taz, Spiegel, Stern und Focus griffen das Thema auf und als am
12. Juli Spiegel Online International
titelte „Weed War: Marijuana Plants
Sprout across German City“ wurden
„A Few Autonomous Flowerchild-
ren“ aus „Pot-City“ auf einmal weltweit bekannt. Berichtet wurde unter
anderem in Österreich, Chile, Italien,
Israel, USA, Großbritannien, Kroatien, Griechenland, Spanien, Brasilien,
den Niederlanden und Indien. Die
US-amerikanische Comedyserie „The
Young Turks“ produzierte eine mittlerweile auf Youtube mehr als 70.000
Mal angesehene Folge über „A Few
Autonomous Flowerchildren“. In Tel
Aviv fand die Aktion sogar schon erste Nachahmer*innen.
Der Cannabis-Fotowettbewerb auf der
Homepage der GJ wurde innerhalb
kürzester Zeit über 60.000 Mal angesehen, die Fotos, insbesondere eines
von Hanfpflanzen vor der Göttinger
Polizeidirektion, wurden in hunderten Presseartikeln und Blogeinträgen
gezeigt. Überhaupt spielte die Göttinger Polizei eine, zumindest aus ihrer
Sicht, beklagenswerte Rolle. Durch
unglückliche Pressestatements, wie
etwa die ihrer Sprecherin Jasmin Kaatz
„Diese Aktion ist eine große Sache, da
haben sich Leute wirklich Mühe gegeben“ oder „Alles, was nach Hanf aussieht, wird rausgerissen“, machte sich
die Göttinger Polizei zum weltweiten Gespött. Die Ankündigung, dass
insbesondere
Streifenbeamt*innen
verstärkt auf Hanfpflanzenjagd im
Stadtbild gehen würden, führte zu Kalauern á la „Woran erkennt man einen
Göttinger Polizisten? An der Gartenkralle am Gürtel“. Das Bekenntnis,
dass Beamt*innen auf der Homepage
der GJ Göttingen surfen würden, um
die Standorte der Hanfpflanzen auszukundschaften und der Fakt, dass die
Göttinger Polizei humorlos ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen die „Blumenkinder“ einleitete, sorgten für noch mehr
Hohn und Spott.
Insgesamt war die Aktion also ein
durchschlagender Erfolg mit relativ
geringem Aufwand: Diverse Kilogramm Vogelfutter-Hanfsamen und
das Bekenner*innenschreiben der
„Autonomen Blumenkinder“ sorgten
im Zusammenspiel mit der Solidaritäts-Pressemitteilung und dem Cannabis-Fotowettbewerb der GJ Göttingen
-2-
für ein weltweit beachtetes Fanal im
Kampf gegen die restriktive Drogenpolitik. Der Tenor fast der gesamten
Presseberichterstattung war überaus
wohlwollend, die aktuelle Gesetzgebung wurde anhand des Handelns der
Göttinger Polizei als das enttarnt, was
sie ist: Nämlich lächerlich.
Was so gut funktioniert hat, schreit
förmlich nach Wiederholung! Die
Aktionsgruppe „Einige Autonome
Blumenkinder“ hat deswegen auch
in diesem Jahr wieder Göttingen
mit Hanfpflanzen überschwemmt,
wie ihr in einem Interview mit den
Aktivist*innen Anna und Arthur lesen
könnt. Und wir haben nicht nur mit
ihnen gesprochen, sondern haben sie
auch bei einer ihrer Pflanzaktionen
begleitet. Die Aktivist*innen geben
dabei praktische Tipps und Tricks für
eine effektive Stadtbegrünung und rufen zum Nachmachen auf. Darüber hinaus findet ihr noch das „Best-of“ des
Cannabis-Fotowettbewerbes und der
Presseschlagzeilen von 2013, Artikel
über die Wirkungen von Cannabis,
die Rechtslage in Deutschland und
eine Kritik an dieser, Infos über die
weltweite Situation, Gründe für die
Legalisierung und einen Überblick
der Nutzungsmöglichkeiten. Schlussendlich gibt es noch eine Zusammenstellung unseres Forderungskataloges
- denn ändern muss sich alles!
Die GRÜNE JUGEND Göttingen
dankt Anna und Arthur für die gewährten Einblicke, solidarisiert sich
noch einmal ausdrücklich mit der Aktionsgruppe „Einige Autonome Blumenkinder“, freut sich auch 2014 über
ein begrüntes Göttingen und kündigt
an dieser Stelle schon mal eine Neuauflage des Cannabis-Fotowettbewerbes an! Einige erste Impressionen von
diesem Jahr findet ihr auch schon in
dieser Broschüre.
GRÜNE JUGEND Göttingen
im Juli 2014
Statement des Deutschen Hanfverbands
Sommer nicht nur viele Hanfpflanzen
in Göttingen, sondern es wurde auch
darüber geredet. Nicht nur in Göttingen, sondern weltweit.
Wir vom Deutschen Hanfverband finden Hanf ja grundsätzlich sehr schön
und wir fordern schon lange die Legalisierung der Nutzpflanze Hanf als
Rohstoff, Medizin und Genussmittel.
Insofern haben wir uns natürlich sehr
gefreut, als 2013 Medienberichte zu
der Aktion der Göttinger Autonomen
Blumenkinder erschienen. Durch das
„BekennerInnenschreiben“ wurden
die vielen einzelnen Hanfpflanzen in
der Göttinger Innenstadt erfolgreich
politisiert und für die Medien zu einer greifbaren Aktion. Auch die Grüne Jugend trug mit ihrem Fotowettbewerb, bei dem Bilder der Pflanzen
gesammelt wurden, erheblich zu dieser Politisierung bei. So wuchsen im
Neben vielen anderen Ereignissen
trug diese ganze Aktion in jedem Fall
mit dazu bei, dass die Debatte rund
um Hanf im Jahr 2013 deutlich an
Fahrt aufnahm. Das Thema Cannabislegalisierung ist mittlerweile in aller
Munde. Wir vom DHV warten gespannt auf weitere Aktionen der Autonomen Blumenkinder, wollen aber
all unseren UnterstützerInnen von der
Nachahmung abraten! Der Anbau von
Hanf ist in Deutschland für Privatpersonen nicht erlaubt. Egal wie hoch
der THC-Gehalt der Pflanzen ist, egal
wo die Pflanzen sich befinden und
egal ob man eine Ernte beabsichtigt,
oder nicht. Schon das Streuen der Samen ist illegal, sofern man damit das
Wachstum von Pflanzen und nicht das
Füttern von Tieren beabsichtigt. Das
ist natürlich völlig verrückt, aber wer
sich nicht daran hält, geht damit ein
Risiko ein.
Im Gegensatz dazu ist eine Unterstützung des Deutschen Hanfverbands
mit keinem juristischen Risiko behaf-
-3-
tet. Wir sind ein professioneller Lobbyverband für die Legalisierung von
Cannabis und die Normalisierung des
gesellschaftlichen Umgangs damit.
Mit mehr als 100 Firmensponsoren,
knapp 1300 Privatsponsoren sowie
über 90.000 Facebook-Fans sind wir
die größte Legalisierungsorganisation,
die es in Deutschland jemals gab. Die
Vernetzung der deutschen Hanfszene,
Öffentlichkeitsarbeit und Gespräche
mit Medien und PolitikerInnenn zählen dabei zu unseren Hauptaufgaben.
Dabei geht es uns einerseits um die
Förderung eines ökologischen und
hochwertigen Rohstoffs für verschiedenste Produkte. Andererseits streben
wir eine legale, verbraucherInnenfreundliche Marktregelung für den
Hanf als Genussmittel und Medizin
an - von der Produktion über den
Verkauf bis zum Eigenanbau. Beides
zusammen würde zehntausende neue
Arbeitsplätze schaffen und hunderttausende Strafverfahren gegen CannabishändlerInnen und vor allem einfache KonsumentInnen vermeiden.
Hanf muss wieder heimisch werden.
Schluss mit Krimi! Cannabis normal.
www.hanfverband.de
Spekulationen über die Arbeitsweise der
„Autonomen Blumenkinder“
Gastbeitrag von „Ein*e autonome*r
Hanffreund*in“
Die Autonomen Blumenkinder aus
Göttingen haben 2013 einer Idee
zum Erfolg verholfen, die vorher
schon von vielen anderen Menschen
probiert wurde. Durch massenhaftes
Säen von Hanf hatten sie es geschafft,
überall in Göttingen Hanf sprießen zu
lassen. Wie haben sie diesen Erfolg
geschafft? Wieso wuchs in Göttingen
so extrem viel Hanf, während andere
Aktivist*innen kiloweise Samen verteilen, ohne dabei eine einzige lebendige Pflanze zu sehen?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Was genau die Göttinger*innen
anders gemacht haben, können nur sie
selber sagen. An dieser Stelle ist es nur
möglich, Theorien aufzustellen. Auf
Grund der Erfahrungen im Bereich
Guerilla Gardening mit legalen Pflanzen gibt es aber einige sehr naheliegende Vermutungen. Sicherlich haben
die Aktivist*innen in Göttingen nicht
einfach nur Samen auf den Boden geworfen. Gerade Hanfsamen, aber auch
alle anderen Pflanzensamen, sind begehrtes Nahrungsmittel bei Vögeln
und Nagetieren. Je länger der Samen
ungeschützt herumliegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er verzehrt
wird. Falls die Autonomen Blumenkinder normales Saatgut verwendet
haben, so haben sie es sicherlich ein
klein wenig eingepflügt. Konkurrierendes Unkraut wurde wahrscheinlich
beseitigt oder es wurden Plätze ausgewählt, an denen es wenig pflanzliche
Konkurrenz gibt.
Auch die Witterungsbedingungen
wurden wahrscheinlich beachtet.
Denn Saatgut bringt man grundsätzlich am Besten kurz vor einem starken Regenguss aus, um ein erstes
Anwachsen zu ermöglichen. Auch
künstliches Wässern kann dabei helfen, ist aber im Guerilla Gardening
Bereich oftmals schwierig umzusetzen. Also bleibt nur die genaue Beobachtung des Wetterberichts und eine
geschickte zeitliche Terminierung der
Saat. Vermutlich wurden auch noch
zwei andere Methoden durch die Autonomen Blumenkinder angewendet:
Die sogenannten Samenbomben und
die Vorzucht zu Hause. Samenbomben (engl. Seedbombs) sind eine sehr
simple, aber effektive Methode, um
Guerilla Growing auch unter schlechten Bedingungen durchzuführen. Die
Samen werden dabei mit Erde und Ton
zu kleinen Klumpen vermischt und im
Backofen bei niedrigen Temperaturen
getrocknet. Die harten Kugeln können
dann nicht nur sehr praktisch geworfen werden, sondern das enthaltene
Saatgut ist auch gegen hungrige Tiere
und erbarmungslose Sonneneinstrahlung geschützt. Die Samen keimen
nicht nach jedem kleinen Regen, sondern erst, wenn der Ton durch einen
starken Regenguss richtig durchgeweicht wird und dementsprechend
auch genügend Wasser zum Pflanzenwachstum vorhanden ist. Zur Idee der
Samenbomben gibt es im Internet viele Erklärungen und es erscheint sehr
naheliegend, dass diese Idee auch bei
den Göttinger Blumenkindern ihre
Anwendung fand.
Neben den Vögeln
und anderen Tieren
ist aber auch die
Entfernung der jungen Hanfpflanzen
durch Jugendliche
und andere interessierte Personen ein
Problem für erfolgsorientierte Guerilla
Grower. Selten werden Hanfpflanzen in
der Öffentlichkeit
wirklich groß. Nicht
unbedingt
wegen
Stadt oder Polizei,
sondern vielmehr
wegen der (Neu)Gier
einiger unerfahrener
Hanffreund*innen,
die alles, was nach
Cannabis aussieht,
ausreißen und mit
nach Hause nehmen. Die Autonomen Blumenkinder
-4-
begegneten diesem Problem zum Teil
durch Masse, zum Teil aber scheinbar
auch durch Aussetzen von vorgezogenen, kräftigen Pflanzen. Solche zu
Hause vorgezogenen Hanfpflanzen
sind deutlich vitaler als andere, die
unter normalen Bedingungen gewachsen sind. Sie haben außerdem
einen zeitlichen Entwicklungsvorsprung, wenn sie schon im Frühjahr
unter Kunstlicht vorgezogen wurden.
Derart vorgezogene Pflanzen können
innerhalb weniger Wochen im Freien
sehr groß werden. Dadurch sind sie
nicht nur widerstandsfähiger, sondern
vor allem auch fotogener.
Vermutlich agierten die Autonomen
Blumenkinder Göttingen mit einer
Mischung dieser drei Methoden. Massenhaft Samen, Samenbomben und
dann noch vereinzelt vorgezogene
Pflanzen. Durch diese Kombination
von verschiedenen Methoden und vor
allem durch konsequente und wiederholte Durchführung dieser Maßnahmen wäre ein ähnlicher Erfolg auf
jeden Fall noch einmal denkbar.
Hanf - Eine vielseitige Pflanze!
Hanf (Cannabis sativa) gehört zu
den ältesten Nutzpflanzen der Welt,
genau wie der nah mit ihm verwandte, ebenfalls zu den Hanfgewächsen
(Cannabaceae) gehörende, zum Bierbrauen verwendete Hopfen (Humulus
lupulus). Was viele nicht wissen ist,
dass Hanf, neben dem Gebrauch als
Rauschmittel, auch in vielen alltäglichen Bereichen verwendet wird. Aus
den Fasern der Hanfpflanze können
Papier, Seile, Segel und auch Kleidung hergestellt werden. Die Nutzung
der Hanfpflanze als Rohstoff lässt
sich über mehrere Jahrtausende zurückverfolgen.
Die ältesten Funde von Hanftextilien stammen aus China. Diese Funde
belegen, dass bereits im Jahre 2800 v.
Chr. Seile aus Hanf hergestellt wurden.
Die Hanffaser war bis zum 19. Jahrhundert neben Flachs, Nessel und
Wolle auch in Europa einer der wichtigsten Rohstoffe für die Herstellung
von Textilien. So bestand auch die
erste Jeans aus Hanf. Doch mit der
steigenden Nutzung von Baumwolle
ging der Gebrauch von Hanf und einigen anderen Naturfasern enorm zurück.
Wegen der enormen Reißfestigkeit
und Robustheit der Pflanze wurde
sie bis ins 20. Jahrhundert besonders
in der Schifffahrt genutzt. Taue und
selbst Segel wurden aus Hanffasern
hergestellt.
Der älteste Papierfund aus Hanf
stammt ebenfalls aus China. Von dort
aus breitete sich diese Art der Papierherstellung aus und gelangte im 13.
Jahrhundert auch nach Europa. Papier
aus Holz-Zellstoff, das heutzutage
genutzt wird, etablierte sich erst im
19. Jahrhundert. Obwohl Hanfpapier
weitaus reißfester und resistenter gegen Nässe ist, wurde es inzwischen
fast vollkommen durch das in der
Herstellung deutlich preisgünstigere
Holz-Zellstoff-Papier abgelöst.
Auch als Dämmstoff beim Hausbau
ist Hanf bestens geeignet. Es ist gesundheitlich unbedenklich und gegen
Verrottung und Schädlinge weitgehend resistent.
Seit 1996 darf der sogenannte Nutzhanf auch wieder in Deutschland angebaut werden. Zugelassen sind nur
Hanfsorten, die einen THC-Gehalt
von weniger als 0,2 % haben.
Die Hanfpflanze kann fast überall
wachsen. Sie ist sehr robust und genügsam, wächst schnell und benötigt
keine Bewässerung. Dünger und Pestizide sind ebenfalls überflüssig.
Bis zu 97% der Pflanze werden genutzt. Neben den Fasern werden die
Samen als Speisehanf verwendet. Von
Samen fürs Müsli bis zu Erfrischungsgetränken gibt es eine breite Palette
von Formen der Nutzung.
Die bekannteste und meist
verkaufte Form ist das Speiseöl. Aber auch andere Produkte aus Hanf, wie Mehl,
Tee, diverse Süßwaren und
Snacks kann man heute im
Internet oder im Super- bzw.
Biomarkt finden.
Der Speisehanf enthält viele Vitamine, Mineralstoffe
(u.a. Calcium, Kalium, Ei-
sen), Eiweiße und mehr Omega-3Fettsäuren als Fisch. Speisehanf ist
somit ein gesunder Zusatz für Teigwaren.
Des Weiteren sind Cannabinoide wie
Tetrahydrocannabinol (THC) und
Cannabidiol (CBD) als medizinische
Wirkstoffe nutzbar. Nachgewiesen ist
u.a. eine entzündungshemmende Wirkung, aber auch die Linderung von
Schmerzen, z.B. bei Nebenwirkungen
einer Chemotherapie. Auch in der Behandlung von ADHS und TouretteSyndrom können Cannabinoide hilfreich sein. Es bedarf aber noch einer
intensiven Forschung, um die genaue
medizinische Wirkungsweise der verschiedenen Cannabinoide nachvollziehen zu können.
Eine weitere Anwendung finden Hanffasern in der modernen Kunststoffindustrie. So werden immer häufiger sogenannte NFKs (naturfaserverstärkte
Kunststoffe) verwendet. Ihr Vorteil
liegt darin, dass sie weniger Energie
im Herstellungsprozess verbrauchen,
als herkömmliche Kunststoffe. Zudem sind NFKs kompostierbar und
somit sehr umweltfreundlich.
Rezept für Hanfbrot
Hanfsamen und -mehl gibts z.B. im
Biomarkt.
5. Auf einer mit Mehl bestreuten Arbeitsfläche noch einmal durchkneten
1. Hefe im lauwarmen Wasser auflösen
6. In einer gefetteten Form weitere
30 Min. ruhen lassen und mit einem
Messer einschneiden
Falls du Lust hast, den nussigen Hanfgeschmack zu probieren: Hier ein
Hanfbrot-Rezept zum Nachbacken:
• 450 g Weizenvollkornmehl
• 160 g Roggenvollkornmehl
• 60 g Hanfmehl
• 75 g Hanfsamen, geschält
• 1 EL Salz
• 1 Würfel frische Hefe
• 100 g Magerquark
• 375 ml Wasser
2. Trockene Zutaten mischen
3. Trockene Zutaten mit Quark und
Hefewasser 10 Minuten verrühren
4. An einem warmen Ort abgedeckt
ca. 45 Min. gehen lassen (Teig ist
ganz leicht klebrig)
-5-
7. Bei 250° (Ober-/Unterhitze) auf der
zweiten Schiene von unten 15 Min.
backen, bei 190° weitere 35 Min. backen
Viel Spaß und guten Appetit! ;-)
Körperliche Auswirkungen von THC
und anderen Cannabinoiden
THC und andere im Hanf enthaltene sogenannte Cannabinoide haben
vielfältige Auswirkungen auf den
menschlichen Körper. Beim Konsum
von Marihuana wirkt vor allem THC
(Tetrahydrocannabinol). Die bekanntesten Folgen von Cannabiskonsum
sind euphorische Gefühle, eine Art
„gedankliche Tiefe“, die zu gefühlt
tieferen Einsichten führt, aber auch
ein verlangsamtes Zeitgefühl, da das
Kurzzeitgedächtnis
beeinträchtigt
wird. Des Weiteren verhalten sich
Menschen nach dem Konsum von
THC oft „albern“ und empfinden die
Welt und das Geschehen um sich herum als ausgesprochen amüsant.
Diese Auswirkungen werden vom
„Deutschen Hanfverband“ als positiv beschrieben, da sie von vielen
Konsument*innen als sehr angenehm
charakterisiert werden.
sind „Filmrisse“ aufgrund des beeinträchtigten Kurzzeitgedächtnisses zu
nennen, aber auch Konzentrationsunfähigkeit, oder das Hineinsteigern in
einen Gedankengang. Es kann auch
passieren, dass Konsument*innen ihre
Umgebung nur noch eingeschränkt
wahrnehmen können und dadurch die
Kommunikation mit ihnen unmöglich
wird.
Wie sich die positiven und negativen Auswirkungen bei den
Konsument*innen ausprägen, ist absolut individuell. Die Umgebung und
die Erwartungen sind unter anderem
auch für die Art des Rauscherlebnis
mitentscheidend. Die Art der Wirkung
hängt aber nicht nur von den Menschen individuell ab, sondern auch
von der Form des Konsums (rauchen,
essen) und des Konsumgeräts (Pfeife,
Joint).
Daneben gibt es auch Wirkungsweisen von THC, die sich negativ auf den
Menschen auswirken, sowohl psychisch als auch physisch.
Dazu zählen Angst, Panikgefühle
und Halluzinationen als psychische
Auswirkungen, aber auch Herzrasen,
Übelkeit und Schwindel als physische Folgen. Körperliche Folgen, die
in extremen Ausnahmefällen bis zum
Kreislaufkollaps führen können, treten sehr selten auf.
Der Cannabiskonsum kann für einzelne Konsument*innen schockierende
Erfahrungen mit sich bringen. Hier
Neben den kurzfristigen Auswirkungen gibt es jedoch auch langfristige.
Auch hier muss wieder zwischen körperlichen und psychischen Folgen unterschieden werden. Ebenso gilt, dass
nicht alle Auswirkungen bei jeder*m
auftreten.
Zu den langfristigen körperlichen
Folgen zählen der Verlust der Konzentrationsfähigkeit und Lernfähigkeit. Bleibende Hirnschäden treten
nach aktueller Forschung aber nicht
ein, anders als beim Alkoholkonsum.
Da der Cannabisrauch auch Teer und
andere krebserregende Stoffe enthält,
-6-
zählen Beeinträchtigungen der Atemwege und Lungen ebenso zu den längerfristigen Folgen.
Es gibt keine Erkenntnisse zur Auswirkung von THC auf ungeborene Kinder
während der Schwangerschaft.
Zudem sind nach jetzigem Forschungsstand keine Auswirkungen
auf das Hormon- und Immunsystem
des Menschen bekannt. Es kann lediglich zu einer langsameren Entwicklung des Körpers während der
Pubertät kommen.
Beim Langzeitkonsum kann eine
Art Toleranz gegen das THC entwickelt werden, die höhere Dosen nötig
macht, um den gewünschten Effekt zu
erzielen. Ebenfalls können Entzugserscheinungen auftreten. Sie sind aber
bei weitem nicht so stark wie bei Alkohol- oder Opiatabhängigen. Es wird
davon ausgegangen, dass 4-7% der
Konsument*innen eine solche milde
körperliche Abhängigkeit entwickeln.
Bei den psychischen Folgen handelt
es sich meistens nicht um Langzeitfolgen, denn in der Regel verschwinden die Auswirkungen nach einigen
Tagen wieder.
Hierbei handelt es sich also um zeitlich beschränkte Psychosen. Eine
eigene „Cannabispsychose“ konnte
bisher nicht nachgewiesen werden.
Dennoch kann der Cannabiskonsum
bei schon psychisch instabilen Personen andere Psychosen auslösen.
Auffällig ist, dass unter Schizophrenie
leidende Menschen überdurchschnittlich häufig Cannabiskonsument*innen
sind. Auch beeinflusst Cannabis die
Therapierung von psychisch Erkrankten negativ. Es ist aber nicht geklärt,
ob der THC-Konsum der Grund oder
nur der Auslöser ist, der eine vorhandene Veranlagung zur Schizophrenie
zum Ausbruch bringt.
Insgesamt gilt, dass vor allem psychosoziale Risikofaktoren und ein früher
Einstieg in den Cannabiskonsum die
Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine körperliche und/oder psychische Abhängigkeit zu entwickeln.
§
Situation in Deutschland: Das derzeit geltende Recht
Die in Cannabis enthaltene psychoaktive Substanz Tetrahydrocannabinol
(THC) fällt unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Nach §1 BtMG und
Anlage I ist THC nicht verkehrsfähig
und damit eine verbotene Substanz.
Mit §29 BtMG folgt ein Verbot von
Anbau, Handel, Besitz, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, Inverkehrbringung und Erwerb jeglicher
Teile der Cannabispflanze. Verstöße
werden mit Geldstrafen oder bis zu
5 Jahren Gefängnis bestraft. Weitere
Straftatbestände sind in den §§ 29a,
30, 30a-c, geregelt. Ausnahmen für
den Anbau, Erwerb etc. können lediglich durch das „Bundesinstitut für
sonders geringen THC-Gehalt hin
gezüchtet wurden. Diese dürfen von
Landwirt*innen unter strengen Voraussetzungen angebaut werden. Die
Voraussetzungen dafür finden sich
ebenfalls in Anlage I zu §1 BtMG.
Seit Mai 2011 ist geregelt, dass Cannabis, welches der Herstellung von
Fertigarzneimitteln dient, verkehrsfähig ist. Die Fertigarzneimittel sind
verschreibungspflichtig (Anlage III).
Nicht verboten ist dagegen der Konsum von Cannabis bzw. THC. Dies
stellt nämlich eine straffreie Selbstschädigung dar. Damit reicht ein positiver Drogentest nicht zwangsläufig
aus, um eine strafrechtlich relevante
Arzneimittel und Medizinprodukte“
erteilt werden. Ausnahmen werden nur
bei wissenschaftlichen Anliegen und
anderen Anliegen, die im öffentlichen
Interesse sind, erteilt (§3 BtMG).
Eine generelle Ausnahme gilt für
Cannabissorten, die auf einen be-
Handlung nachzuweisen. Wurde man
mit positivem Drogentest am Steuer erwischt, so erfolgt auf jeden Fall
ein Eintrag in die Führerscheindatei.
Bei zwei Einträgen kann eine Aufforderung zur Teilnahme an einem
Drogenscreening erfolgen. Hier muss
-7-
man nachweisen, dass die positiven
Befunde nicht auf den Drogenkonsum zurückzuführen sind (z.B. positiver Test auf Heroin nach Verzehr von
mohnhaltigen Speisen).
Wird man mit Cannabis erwischt, so
liegt die Entscheidung über Strafverfolgung bei sogenannten „geringen“ Mengen in der Hand der*des
Staatsanwält*in. Diese*r kann entscheiden, ob sie*er jemanden wegen
des Besitzes anklagen will, oder das
Verfahren wegen Geringfügigkeit
einstellt. Dabei ist nicht klar definiert,
was eine „geringe“ Menge nun genau
ist. Dies ist von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedlich geregelt.
In Niedersachsen gilt der Begriff der
„geringen“ Menge bis zu einem Gewicht von 6 Gramm. In Berlin dagegen gelten bis zu 10 Gramm. als „geringe“ Menge. Dort werden zum Teil
Verfahren noch bei Mengen von bis
zu 15 Gramm eingestellt.
Findet sich aber mehr, als das was im
jeweiligen Bundesland unter die „geringe“ Menge fällt, so liegt entweder
eine „normale“ Menge vor oder eine
„nicht geringe“ Menge. Die „normale“
Menge ist dabei so definiert, dass sie
oberhalb der „geringen“ Menge liegt,
aber unterhalb der „nicht geringen“.
Die „nicht geringe“ Menge ist im Allgemeinen über den Wirkstoffgehalt
der mitgeführten Menge definiert (§
29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 und
§ 30a Abs. 1 BtMG). Liegt bei Cannabis ein Gesamtwirkstoffgehalt von
mehr als 7,5 Gramm THC in der gefunden Menge vor, so spricht man von
einer „nicht geringen“ Menge. Beim
Strafmaß muss aber die Bruttomenge
mitberücksichtigt werden.
Cannabis: Rechtslage in anderen Ländern
Die restriktive Drogenpolitik Deutschlands ist keineswegs der einzig mögliche Weg im Umgang mit Cannabis.
1961 wurde von beinahe allen Ländern
der Welt das „Einheitsabkommen
über die Betäubungsmittel“ („Single Convention on Narcotic Drugs“)
unterzeichnet, welches Erzeugung,
Handel und Besitz von Cannabis verbietet. Mit dem Ziel, endlich effektiv
gegen die sich ausbreitende Drogensucht vorzugehen, wurde im Zuge
dieses Abkommens in vielen Ländern
ebenfalls der Konsum von Cannabis
verboten.
Immer mehr Länder gehen dieses
Thema aber inzwischen mit einem anderen Ansatz an. Im Folgenden wird
die Drogenpolitik einiger Länder beschrieben, die sich durch einen anderen Umgang mit Cannabis hervorheben:
Das wohl bekannteste Beispiel für
einen anderen Umgang mit Cannabis sind sicherlich die Niederlande.
Durch eine liberalere Drogenpolitik
wird versucht, Menschen vom illegalen Markt fernzuhalten und somit die
Schwelle, auch zu „härteren“ Drogen
zu greifen, so hoch wie möglich zu
halten. Die Drogensterberate liegt in
den Niederlanden tatsächlich niedriger als beispielsweise in Deutschland. Der Cannabiskonsum ist in den
Niederlanden zwar illegal, wird aber
nicht strafrechtlich verfolgt und Cannabisprodukte bis maximal 5 Gramm
dürfen pro Person und pro Tag unter
bestimmten Bedingungen in „Coffeeshops“ erworben werden. Da die
Herstellung von Cannabisprodukten
jedoch illegal ist, müssen sich die
Coffeeshops über den illegalen Markt
versorgen. Der Besitz von bis zu 30
Gramm und der Anbau von bis zu 5
Pflanzen gelten in den Niederlanden
zwar als Straftat, werden aber toleriert und nicht strafrechtlich verfolgt.
Auch zur medizinischen Behandlung
werden inzwischen Cannabisprodukte unter strenger staatlicher Aufsicht
verstärkt an Patient*innen verschrieben. Diese Produkte sind jedoch viel
teurer, als die Cannabisprodukte aus
den Coffeeshops.
In Tschechien wurde im Jahre 2010
eines der liberalsten Drogengesetze
Europas formuliert. Der Besitz von
bis zu 15 Gramm galt als Eigenbedarf und wurde nicht strafrechtlich
verfolgt. Dasselbe galt für den privaten Anbau von bis zu
5 Hanfpflanzen. Diese
bestehende Regel wurde inzwischen vom
Ve r f a s s u n g s g e r i c h t
gekippt, sodass nun
die Höhe des erlaubten Drogenbesitzes im
Einzelfall
festgelegt
wird. Diese Änderung
bedeutet jedoch keine
grundsätzliche Kehrtwende in der tschechischen Drogenpolitik.
Viele
Richter*innen
orientieren sich weiterhin an den alten Werten, die festlegen, was
eine kleine und was
eine große Menge ist.
Der Handel mit Cannabisprodukten war und
bleibt in Tschechien
illegal. Es gibt viel Kritik, da vom tschechischen Staat, beispielsweise verglichen
mit den Niederlanden, längst nicht so
viel Aufklärung und Hilfestellung bezüglich Drogen betrieben wird.
Schon länger sind in Uruguay Konsum und Besitz von Cannabis zum
eigenen Gebrauch erlaubt. Jetzt ist
Uruguay das erste Land weltweit, das
den Verkauf und Anbau von Cannabis
unter staatlicher Kontrolle legalisierte. Jeder Erwachsene darf monatlich
bis zu 40 Gramm in Apotheken kaufen und privat bis zu 6 Pflanzen ziehen. Ein Institut, welches direkt dem
Gesundheitsministerium angegliedert
ist, ist für die Kontrolle des Marihuana-Handels zuständig. Uruguay
erhofft sich von der Legalisierung,
Drogenkartelle endlich erfolgreich
bekämpfen zu können und eine Minderung der negativen Konsequenzen
von Cannabis auf die Gesellschaft
-8-
zu erreichen. Konsument*innen sind
gezwungen, sich in ein Register einzutragen. Für Menschen aus anderen
Ländern und Minderjährige bleibt der
Cannabiskonsum in Uruguay illegal.
Der Beginn des legalen Verkaufs ist
für Mitte 2014 angekündigt.
In vielen Staaten der USA ist der medizinische Gebrauch von Cannabis
bereits gang und gäbe. In Colorado
und Washington ist nach einem Referendum auch der Freizeitgebrauch
und Anbau von Cannabis in geringen
Maßen legalisiert worden. Inzwischen
können nun sogar in bestimmten Geschäften legal bis zu 28 Gramm pro
Person bei einem Besuch gekauft
werden. Im öffentlichen Raum bleibt
der Konsum von Cannabis verboten.
Kollisionen mit dem Bundesgesetz
der USA, welches Marihuana weiterhin als illegale Droge festlegt, werden
vermutlich unvermeidbar sein. Vieles
deutet darauf hin, dass nun weitere
Staaten folgen werden und Washington und Colorado einen Dominoeffekt
ausgelöst haben. Umfragen zufolge
sind inzwischen mehr als die Hälfte
der US-Bürger*innen für die Legalisierung.
Kritik am geltenden Recht
Da Hanf ein wichtiger Rohstoff für
viele Produkte des alltäglichen Lebens ist, aber auch auf vielen speziellen Gebieten Anwendung findet, ist
es nicht nachvollziehbar, wieso der
Anbau von Hanf nur unter den aktuellen repressiven Regelungen möglich
ist. Damit wird verhindert, dass Hanf
als günstige Alternative viele andere
Rohstoffe ablöst, mit denen die Industrie höhere Gewinne erzielen kann.
Dass das Verbot von Hanf auf wirtschaftliche Interessen zurückzuführen
ist, kann nicht geleugnet
werden und somit zeugt
das Hanfverbot von der
Macht der Lobbyinteressen kapitalistischer Großkonzerne. Darum musste
das Hanfverbot vor allem
mit Lügen durchgesetzt
werden und wäre argumentativ nie zu erreichen
gewesen.
Zwar darf Nutzhanf mittlerweile in Deutschland
angebaut werden, aber
nur unter sehr restriktiven Bedingungen, die
es den Landwirt*innen
unnötig schwer machen,
wirtschaftlich
erfolgreich zu sein. So darf
nur Hanf angebaut werden, der einen niedrigen
THC-Gehalt hat. Damit
verliert die Hanfpflanze viele ihrer
Vorteile gegenüber anderen pflanzlichen Rohstoffen. Denn THC-haltige
Pflanzen benötigen keine Dünger und
sind deutlich widerstandfähiger gegen
Schädlinge, benötigen also auch keine
giftigen Pestizide oder Ähnliches. Damit ist THC-haltiger Hanf ökologisch
ebenso sinnvoll wie wirtschaftlich, da
Hanf kostengünstiger ist als andere
gängigere Rohstoffe, wie beispielsweise Baumwolle.
Unsere Kritik entzündet sich aber
nicht allein an den oben genannten
Punkten, sondern auch an der restriktiven Drogenpolitik. Es macht einfach
keinen Sinn, dass der Konsum straffrei ist, da es sich um straffreie Selbstschädigung handelt, der Besitz und
der Handel aber nicht.
Auch muss festgehalten werden, dass
THC als psychoaktiver Wirkstoff weitaus weniger schädlich ist als Alkohol.
Außerdem gibt es bei Marihuana kaum
schwerwiegende Entzugserscheinungen. Die größte gesundheitliche Problematik ist meist die Nikotinabhängigkeit der Konsument*innen.
Die Legalität von Alkohol wird meist
dadurch begründet, dass es sich um
eine Gesellschaftsdroge handle. Dies
ist aber bei Marihuana genauso der
werden, wie der von Alkohol und Zigaretten. Dies würde dem Staat, neben
Steuereinnahmen, auch ermöglichen,
effektiv gegen die organisierte Drogenkriminalität vorzugehen, indem
den Dealer*innen der Markt genommen würde. Viele Jugendliche gelangen über den*die Dealer*in, welche*r
ihnen erst nur das vergleichsweise
harmlose Marihuana verkauft, an
„härtere“ Drogen. Müssten diese Jugendlichen nicht zum*r Dealer*in gehen, so würden sie nur dann in Kon-
Fall. Es gibt viele Bürger*innen, die
regelmäßig zum Joint greifen: Ein
Drittel der deutschen Bevölkerung
hat schon mal Cannabis konsumiert.
Das Drogenproblem von THC-Abhängigen ist nicht größer, als das von
Alkoholiker*innen. Natürlich gibt es
Risiken wie das vermehrte Auftreten
von Psychosen, aber diese treten vor
allem bei Personen auf, die meist noch
andere, viel größere soziale Probleme
haben. Also genau die Risikogruppe,
die auch eher alkoholabhängig wird.
Dass es bei einer Legalisierung nicht
zu verstärkten Drogenproblemen
kommt, zeigen auch die Beispiele
Niederlande und Portugal.
Zudem könnte ein staatlicher Verkauf
von THC-Produkten genauso geregelt
takt mit „harten“ Drogen kommen,
wenn sie dies beabsichtigten. Dies ist
aber grundsätzlich nicht zu verhindern. Wer etwas Illegales sucht, wird
es immer auch irgendwo bekommen.
Im Endeffekt fördert die Prohibitionspolitik die organisierte Drogenkriminalität. Die Problematik der Förderung des illegalen Marktes wird auch
in einer Resolution von 122 deutschen
Strafrechtsprofessor*innen benannt,
die sich für eine Entkriminalisierung einsetzen. Die Professor*innen
schreiben, dass die Drogenpolitik
„gescheitert, sozialschädlich und
unökonomisch“ sei. Dieser Feststellung schließen wir uns an. Wir
schließen uns auch der Kritik an,
die fordert, dass eine Drogenpoli-
-9-
tik nicht den Bürger*innen schaden
darf. Der illegale Markt gefährdet die
Konsument*innen, durch das Beimischen von ungesunden und sogar
stark giftigen Mitteln zur Streckung,
unter anderem Blei und Schuhcreme. Eine Legalisierung würde die
Konsument*innen also vor zusätzlichen Risiken schützen.
Aus unsere Sicht werden durch die
repressiven Anti-THC-Gesetze Menschen kriminalisiert, die sich nichts
zu Schulden haben kommen lassen,
außer dass sie eine Substanz zu sich
nehmen, die aus diffusen und größtenteils schlecht begründbaren Ängsten
verboten ist.
Ein weiterer Punkt ist die schwammige Rechtslage in Bezug auf die Definition der „geringen“ Menge. Dass
Verfahren bei „geringer“ Menge eingestellt werden, ist einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zu verdanken, welches dieses Mittel fordert,
damit das Cannabisverbot nicht verfassungswidrig ist. Den Begriff der
„geringen“ Menge hat es aber nicht
genauer definiert, sodass es sein kann,
dass eine Person in einem Bundesland
straffrei davon kommen würde, ihr
in einem anderen Bundesland jedoch
hohe Geldstrafen oder Freiheitsstrafen für das gleiche „Delikt“ drohen.
Diese Rechtsunsicherheit ist nicht akzeptabel und gehört durch eine Legalisierung abgeschafft.
„Ich hatte nie Probleme mit
Drogen. Nur mit Polizisten.“
Keith Richards, Gitarrist der Rolling Stones
Die Grüne Hilfe stellt sich vor
Seit 1994 existiert mit der „Grünen
Hilfe“ ein Selbsthilfenetzwerk für
Menschen, die wegen Cannabis Probleme mit dem Betäubungsmittelgesetz, der Führerscheinstelle, Behörden
oder dem Arbeitgeber haben. In diesen
20 Jahren entwickelten sich die sieben
Regionalbüros des Grüne Hilfe Netzwerks dank unserer ehrenamtlichen
MitarbeiterInnen zur meistgenutzten
Anlaufstelle in Sachen Anwaltsvermeidung bei BtM-Delikten.
Die kostenlose Erstberatung (per Telefon oder Email) steht nicht nur „Cannabistätern“ offen. Auch Angehörige
unterstützt die Grüne Hilfe im Kampf
für kriminalisierte HanffreundInnnen
mit Rat und Tat.
Für den Fall der Fälle führen wir darüber hinaus eine einzigartige deutschlandweite Liste der Drogenstrafrechtsund Verwaltungsrechtsanwälte. Damit
ermöglichen wir es Betroffenen, sich
in ihrer Nähe kompetent und preiswert vertreten zu lassen.
Die Legalisierungsarbeit des Grüne
Hilfe Netzwerk e.V. beginnt weit vor
der Polizeikontrolle und endet nicht
einmal an Gefängnismauern. Gemein-
sam mit Partnerorganisationen wie
dem Deutschen Hanfverband (DHV),
der Drug Education Agency (DEA)
oder der Hanfparade veröffentlichen
wir Broschüren, Flugblätter sowie Videos zu rechtlichen Fragestellungen
und anderen Problemen, die CannabisnutzerInnen durch das Verbot der
Pflanze entstehen. Wir unterstützen
bei Schriftwechsel mit Behörden und
organisieren Hilfsaktionen für Inhaftierte.
fe Netzwerk e.V. kostet neben einer
Menge Arbeitszeit auch Geld. Wer
unsere Anstrengungen unterstützen
will, kann dies mit einer Mitgliedschaft oder Spende (steuerlich absetzbar) tun.
Spendenkonto:
Grüne Hilfe Netzwerk e.V.
IBAN: DE11 5001 0060 0091 5706
02
BIC: PBNKDEFF
Postbank Frankfurt
Wer mehr über die Grüne Hilfe wissen oder in einem Regionalbüro mitarbeiten will, sollte unsere Website
besuchen:
www.gruene-hilfe.de
Die gemeinnützige Aufklärungs-,
Informations-, Kontakt-, Beratungsund Betreuungsarbeit des Grüne Hil-
- 10 -
Die unendliche Geschichte des Hanfverbots
Schon in den frühen Hochkulturen
(z.T. seit 10.000 v. Chr.) in China und
Persien war Hanf bzw. Cannabis eine
vielseitig verwendete Kulturpflanze.
Aus ihr konnten Textilien und Papier
gewonnen werden. Zunächst diente
Hanf aber als Getreide, da Hanfsamen
besonders eiweißhaltig sind. Auch die
heilende Wirkung ist seit Jahrtausenden bekannt, genauso wie die Wirkung
als Rauschmittel. Die berauschende
Wirkung wurde meist für spirituelle
Handlungen genutzt. Aufgrund dieser
Vielfältigkeit an Nutzungsmöglichkeiten ist Hanf damit bis heute die am
häufigsten angebaute Kulturpflanze
der Menschheitsgeschichte.
Die derzeitigen repressiven Gesetze,
die vom Anbau bis zur Produktion
und Nutzung von Hanfprodukten wirken, gehen auf rassistische und durch
die Wirtschaft gesteuerte Kampagnen
seit Mitte der 30er Jahre in den USA
zurück.
Als 1933 die Alkoholprohibition aufgehoben wurde, waren die
Beamt*innen des extra zur Durchsetzung der Prohibition gegründeten „Federal Bureau of Narcotics“ (FBN) de
facto arbeitslos. Deshalb unterstütz-
te die US-amerikanische Regierung
die Pläne von Harry Anslinger, Hanf
verbieten zu lassen, um eine Entlassungswelle abzuwenden. Dieser war
vom Finanzminister und Onkel seiner
Frau, J. Edgar Hoover, im Jahr 1931
zum Chef des FBN ernannt worden.
Um Cannabis verbieten zu lassen,
startete Anslinger eine beispiellose
Hetzkampagne, die durch gezieltes
Verbreiten von Falschinformationen
die Unwissenheit der weißen Mehrheitsbevölkerung in den USA ausnutzte. Dieser Hetzkampagne schlossen sich auch Großindustrielle an, die
die Arbeit Anslingers durch Geld unterstützen. Zu nennen sind vor allem
der Chemieriese DuPont, der neben
verschiedenen patentierten Verfahren
zur Papierherstellung auch Patente
zur Plastikherstellung aus Erdöl besaß, und der Holz- und Zeitungsmagnat William Randolph Hearst. Aber
auch die Baumwollindustrie und die
Pharmaindustrie hatten ein großes
Interesse an einem Verbot von Hanf.
Das Interesse DuPonts und Anderer
an einem Hanfverbot leitete sich aus
der Konkurrenz durch Hanfprodukte
ab. So gab es seit 1938 ein Verfahren
- 11 -
zur automatischen Hanfschälung. Damit war der Rohstoff Hanf wieder eine
ernsthafte Alternative zu Holz in der
Papierherstellung, was Hearsts wirtschaftlichen Interessen zuwiderlief.
Zudem waren Verfahren bekannt, die
zur Kunststoffproduktion Hanf benötigen. Die Baumwollindustrie fürchtete Hanf als wiederaufkommenden
Rohstoff in der Textilherstellung und
die Pharmaindustrie, die die medizinischen Wirkstoffe des Hanfs nicht
isolieren konnte, wollte keine unliebsamen Konkurrenzprodukte, die von
jeder*m hergestellt und vertrieben
werden konnten.
Die Hetzkampagne Anslingers wurde von ihm in erster Linie mit rassistischen Klischees betrieben. Während der Alkoholprohibition konnten
sich nur noch die reichen Weißen in
den USA den illegalen Alkohol leisten. Die deutlich ärmeren Schwarzen
und Latin@s griffen zu Cannabis als
Rauschmittel. Diese Entwicklung
nutzte Anslinger, in dem er Thesen
verbreitete, die den Marihuanakonsum mit Straftaten wie Mord und Vergewaltigung in Verbindung brachte.
Damit diffamierte er die Schwarze
Bevölkerung in den USA und bediente die Vorurteile der rassistischen
weißen Mehrheitsbevölkerung. Diese
Thesen konnte Anslinger nur aufgrund der Unwissenheit der weißen
Bevölkerung aufstellen, da er vor
dem Kongress verschwieg, dass Marihuana aus Hanf hergestellt wird. In
Folge dieser Hetzkampagne wurden
Konsument*innen von Marihuana zu
hohen Geld- und Gefängnisstrafen
verurteilt.
1947 wurde Anslinger zur UN versetzt. Dort gelang ihm dann 1961 mit
der „Single Convention on Narcotic
Drugs“ das weltweite Verbot von
Hanf. Jeder Unterzeichnerstaat verpflichtete sich damit zum Kampf gegen Cannabis.
Während seiner Zeit bei der UN trieb
Anslinger seine Kampagne vor allem
mit wissenschaftlich unhaltbaren Thesen voran. So postulierte er 1951, dass
Marihuanakonsum früher oder später
zwangsläufig auch zum Konsum von
Heroin führen würde, woher unter anderem der Mythos von Cannabis als
Einstiegsdroge rührt. 1954 konnte er
erreichen, dass die „World Health Organisation“ (WHO) Hanf seine therapeutische Wirkung absprach und sogar behauptete, Hanf sei gefährlich.
Ende der 60er Jahre musste dann die
WHO einen Rückzieher machen und
zugeben, dass Marihuana keine physische Abhängigkeit verursacht. 1970
trat Anslinger zurück. In späteren
Veröffentlichungen gab Anslinger unumwunden zu, dass er seinen Kampf
gegen Hanf nur zur Durchsetzung der
Interessen von reaktionären gesellschaftlichen Kräften und Wirtschaftsunternehmen betrieben hatte. Auch
wurde bekannt, dass seine „Informationsquellen“ für den Kampf gegen
Hanf hauptsächlich Zeitungsartikel
der Boulevardmedien waren.
Sein Nachfolger bei der UN, Gabriel Nahas, führte den Kampf gegen
Hanf weiter fort. Häufig bediente
er sich dabei Argumenten aus wissenschaftlichen Studien, die deren
Verfasser*innen in späteren Veröffentlichungen schon wieder zurückgenommen hatten. Dennoch konnte
er die Ansicht, Hanf sei gefährlich
und deswegen zu bekämpfen, bei
der UNO durchsetzen. Aber auch er
musste sich 1983 von Aussagen und
Studien distanzieren, die offensichtliche Falschinformationen enthielten.
Dazu gehörte u.a. die Behauptung,
Hanf mache impotent und unfruchtbar. Ronald Reagan kürte dann den
Pharmalobbyisten George Bush Senior zu seinem obersten Drogenverfolger. Als Lobbyist versuchte dieser
vor allem die Bestrebungen, Hanf zumindest für die medizinische Nutzung
zu legalisieren, zu unterbinden. Im
Kampf gegen Cannabis zeigten sich
damit wieder Lobbyinteressen als federführend.
„Pot-City“ in der Presse
Eine Auswahl der nationalen und internationalen Pressestimmen aus dem letzten Jahr:
Der Standard (Österreich) (11.7.): Autonome übersäen Göttingen mit Cannabispflanzen
Spiegel Online International (11.7.): Weed War: Marijuana Plants Sprout across German City
Huffington Post (USA) (23.7.): 'Guerilla Gardening' Protest: Marijuana Plants Pop Up In Germany After Seeds
Planted By 'A Few Autonomous Flower Children'
Süddeutsche Zeitung (11.7.): Hanfplage in Göttingen: "Wir behandeln das wie Unkraut"
Frankfurter Allgemeine Zeitung (15.7.): Hanf am Wegesrand: Grünes Göttingen
Taz (15.7.): Heimliche Aussaat: Fahndung im Blumenkübel
Junge Welt (16.7.): Schall und Rausch: Was blüht dort in den Eisbegonien? In Göttingen kennt die Polizei neuerdings jeden Blumenkübel von innen
BBC World Radio (Großbritannien) (15.7.): Group Protests 'Demonization' of Pot by Planting Marijuana Seeds
All Over German Town
Focus (10.7.): Hanf in Göttingen: Polizei entdeckt Hanfpflanzen in Blumenbeeten
Stern (12.7.): Die Polizei, dein Freund und Cannabis-Gärtner
Hitradio FFH (11.7.): Göttingen wird zur Hanfplantage
NDR 1 Niedersachsen (10.7.): Göttinger Blumenkinder säen Hanf
- 12 -
Hanf säen mit Anna und Arthur
Mehrere Einzelpersonen, die Mitglieder der GRÜNEN JUGEND Göttingen
sind, haben sich mit Anna und Arthur
getroffen. Diese sind Aktivist*innen
der Aktionsgruppe „Einige Autonome
Blumenkinder“ und waren maßgeblich an den Hanfaussaataktionen 2013
in Göttingen beteiligt. Auch 2011 und
2012 sorgten sie für das Aufwachsen
von zahlreichen Hanfpflanzen im Göttinger Stadtgebiet. Anna und Arthur
berichten über ihre Erfahrungen und
geben Tipps für eine effektive Stadtbegrünung.
Wir treffen Anna auf dem Marktplatz.
Für einen Tag mitten im März ist es
angenehm warm und sonnig. Arthur
sei zu Hause geblieben und backe einen Kuchen für uns, und wir sind ja
auch dabei, um Anna beim Tragen zu
helfen. Wir fahren ein kleines Stück
Fahrrad zum nahegelegenen Gartencenter. Letztes Jahr habe Arthur die
Hanfsamen einfach beim Baumarkt
nebenan gekauft, erzählt Anna. Um
weniger aufzufallen, wollen sie dieses
mal aber nicht wieder dorthin gehen.
„Hanfsamen kann man ganz legal als
Vogelfutter kaufen, auch in manchen
Müslis sind welche drinnen“, erklärt
uns Anna. „Natürlich wachsen aus
den Samen dann keine THC-haltigen
Pflanzen, aber sie sehen genau so aus,
und ohne die Pflanzen zu analysieren,
kann niemand garantieren, dass nicht
auch ein paar Potente darunter gemischt sind.“ Im Gartencenter gehen
wir direkt zum Tierfutter, wir wollen
schließlich die nach dem Winter bestimmt sehr hungrigen Vögel füttern.
Dort füllt uns ein*e Verkäufer*in die
gewünschte Menge Vogelfutter in
eine Tüte ab, die Anna an der Kasse,
natürlich bar, bezahlt, und schon gehts
zurück. Die ganze Sache hat vielleicht
eine knappe halbe Stunde gedauert.
Im Garten wartet auch schon Arthur
mit veganem Kuchen und Kaffee auf
uns. Das allererste Mal hätten sie die
Samen noch im Internet bestellt, erzählt Arthur. Davon sehen sie aber
mittlerweile lieber ab, das Einkaufen
vor Ort ist wesentlich praktischer und
anonymer. Während wir noch die letzten Reste des Kuchens aufessen, fan-
- 13 -
gen Anna und Arthur schon an, die
Samen in kleine Tüten zu verpacken.
„Zum Verteilen an Freund*innen,
auslegen oder einfach praktisch in die
Tasche stecken und überall hin mitnehmen.“, beantwortet Anna unsere
fragenden Blicke. „Das ist eine wunderbare Freizeitbeschäftigung“, lacht
Arthur. „Egal wo man hingeht, zum
Einkaufen, Eis essen, in den Park oder
wenn man einfach durch die Stadt spaziert, es gibt so viele Möglichkeiten,
nebenbei ein paar Hanfsamen auszusäen. Es wäre zu schade, all diese Gelegenheiten einfach auszulassen.“
Da wir noch etwas unsicher sind, wo
und wie man den Hanf denn nun überall aussäen kann, verabreden wir uns
mit Anna und Arthur zu einem kleinen
abendlichen Spaziergang in der nächsten Woche. Bevor es aber nach Hause
geht, helfen wir noch die abgefüllten Tütchen in den Keller zu tragen.
Dort sehen wir in einigen Töpfen ein
paar schon recht große Hanfpflanzen.
Ob das potente Pflanzen sind, wollen
wir wissen. „Wer weiß“, schmunzelt
Anna. „Schon im letzten Jahr haben
wir Pflanzen vorgezogen und, als sie
groß waren, ausgepflanzt. Es sieht super aus, wenn in irgendeinem Blumenkübel neben ein paar Primeln plötzlich
ein großer Hanfbusch wächst.“ Arthur
warnt uns noch: „Beim Umpflanzen
sollte man aber vorsichtig sein und
sich nicht erwischen lassen!“. Dann
verabschieden wir uns aber auch erstmal von den beiden und machen uns
auf den Nachhauseweg. Als wir an
zwei großen, leeren, grauen Blumenkübeln vorbeifahren, ärgern wir uns
ein wenig, keine Samen mitgenommen zu haben, aber bis zur nächsten
Woche werden wir uns jetzt wohl gedulden müssen.
Als wir Anna und Arthur wiedertreffen, haben diese die Taschen voll
mit kleinen Tütchen mit Hanfsamen.
„Meistens laufen wir nicht extra los,
nur um Hanfsamen zu verteilen, sondern planen einfach ein bisschen mehr
Zeit z.B. zum Einkaufen gehen ein.“,
sagt Arthur. „Gelegentlich haben wir
aber auch schon nette Abendspaziergänge durch die Stadt gemacht!“,
ergänzt Anna, während sie ein paar
Samen in einem nahegelegenen Blumenkübel tut. Sie bedeckt die Samen
ein bisschen mit Erde, damit sie besser keimen. „Richtig tief eingraben
müsst ihr die Samen nicht.“, erklärt
Anna. „Sie sollten nur nicht einfach offen auf der Erde liegen, denn
dann passiert meistens nicht so viel.“
Grundsätzlich könne man die Samen
überall aussäen, wo Erde ist. Besonders gut wachsen sie, wenn die Erde
nicht ganz festgetreten oder hart ist,
sondern locker. Wer die Samen einfach auf Rasen oder Ähnliches wirft,
darf sich nicht wundern, wenn dort
vermutlich keine Pflanzen wachsen
werden. Und zu dunkel darf es auch
nicht sein. Öffentliche Beete, Blumenkübel, manche Flächen in Parks
und frisch eingesäte Rasenflächen
eignen sich besonders gut. Oft ist dort
zwischen den Pflanzen noch Platz
und manchmal werden diese von der
Stadt sogar gegossen. Und besonders
schöne Fotomotive ergeben die Hanfpflanzen auch gerade inmitten anderer
Pflanzen oder an bekannten öffentlichen Plätzen.
„Auch vor Polizeiwachen, dem örtlichen CDU-Parteibüro, Gerichten
oder Studentenverbindungen wäre
eine Aussaat sehr zu empfehlen und
ein politisches Statement.“, sagt Anna
mit einem etwas schelmischen Grinsen. Eigentlich findet man immer einen geeigneten Ort, wenn man mit
etwas offenen Augen durch die Stadt
läuft. „Wenn man später Fotos von
den Pflanzen macht, hat man zum einen sehr schöne Erinnerungen, und
man kann diese auch online auf einem Blog sammeln, um auf die Aktion aufmerksam zu machen. Dass
das Aufmerksamkeit für die Aktion
bringt, habt ihr ja bewiesen.“, sagt
Arthur. „Die Fotos sollten nicht direkt
auf euch zurückzuführen sein, und
auch beim Aussäen achten wir darauf,
nicht von der Polizei beobachtet zu
werden. Im Zweifel haben wir natürlich Vogelfutter für die Tauben dabei,
das haben wir ja schließlich auch gekauft.“ Auch wenn es im schlimmsten
Fall wohl eine kleine Ordnungswidrigkeit ist, die zu verfolgen für die Polizei eigentlich eher zu lächerlich sein
sollte, kann man sich den Stress auch
einfach sparen.
„Es gibt keinen Grund, sich großartig
Sorgen zu machen, wenn man sich vor
dem Aussäen immer gut umschaut. Es
ist unkompliziert, einfach ein bisschen
Hanf in der Stadt zu pflanzen. Die
Stadt wird so grüner, die Aktion zeigt,
wie restriktiv die derzeitigen Regelungen sind, und man kann gleichzeitig
auf die vielen Nutzungsmöglichkeiten
von Hanf hinweisen. Wir wünschen
euch viel Spaß!“, verabschiedet sich
Arthur. Jetzt beginnt auch die Zeit,
wo es sich lohnt, loszugehen, Aussäen ist von Anfang April bis Juni möglich, optimal ist im Mai, dann friert
es nachts nicht mehr. „Wenn es jetzt
regnet, finden wir bestimmt bald die
ersten Pflanzen!“, freut sich Anna.
Dieses Bild der 2014 in Göttingen verteilten Hanfsamen wurde uns von Anna und Arthur zugespielt.
- 14 -
Interview mit Anna und Arthur
So ihr Lieben, vielen herzlichen
Dank für die spannenden Einblicke
in eure besondere Art der „Stadtbegrünung“ und dass wir euch begleiten durften! Es wäre toll, wenn
ihr uns noch ein paar Fragen beantworten würdet.
Könnt ihr uns nochmal sagen, mit
welcher Motivation ihr Hanf aussät?
Arthur: Aber klar doch! Unser erstes
Ziel ist es, die Legalisierungsdebatte
in die Öffentlichkeit zu rücken, damit
Menschen sich überhaupt mit diesem
Thema auseinandersetzen. Letztendlich wollen wir die komplette Legalisierung von Cannabis erreichen. Und
außerdem ist doch schon der bloße
Anblick dieser wunderschönen Pflanze für jede*n ein Genuss!
Anna: Wir verstehen unsere Arbeit
als Direkte Aktion gegen die staatlich
verordnete restriktive Drogenpolitik.
Nicht umsonst schließt unser letztjäh-
riges Bekenner*innenschreiben mit
dem Satz: „Ärgert die Behörden, bis
sie aufhören, uns zu ärgern!“.
Was sagt ihr zu der Behauptung,
Cannabis sei eine Einstiegsdroge?
Arthur: Das ist schon lange wissenschaftlich widerlegt. Cannabis ist
eine unglaublich beliebte Droge, aber
Menschen, die sie konsumieren, kommen nicht automatisch früher oder
später auf die Idee, auch „härtere“
Drogen zu nehmen. Grade im Verhältnis zur Alkoholpolitik, ist die massive
Kriminalisierung der Cannabispflanze absolut unverständlich und lächerlich. Im Unterschied zu Alkohol und
Tabak macht das THC auch nicht körperlich abhängig. Dennoch gelingt es
Dealer*innen auch, „harte“ Drogen
an Cannabis-Konsument*innen heranzuführen. Gerade auch in diesem
Fall wäre eine Legalisierung nützlich,
denn diese hätte eine Art Trennung des
Cannabismarktes vom restlichen Dro-
- 15 -
genmarkt zur Folge. Menschen könnten Cannabis selber anbauen oder in
speziellen Läden qualitativ gute Ware
erhalten und wären nicht mehr auf
Dealer*innen angewiesen.
Könntet ihr beschreiben, welche
Vorteile die Legalisierung von Cannabis eurer Meinung nach hätte?
Anna: Also erst mal würden
Konsument*innen nicht mehr in die
Illegalität getrieben. Bei der derzeitigen restriktiven Drogenpolitik, macht
sich jede*r, die*der Cannabis kauft,
bereits strafbar. Menschen sind gezwungen, sich auf dem Schwarzmarkt
zu versorgen. Eine Qualitätskontrolle
gibt es dort natürlich nicht und so etwas wie ein Verbraucher*innenschutz
ist nicht existent. Die Reinheit der
Droge ist nicht immer gegeben und
oft werden gefährliche Stoffe, wie z.B.
Haarspray und Bleipulver, zur Streckung der Droge verwendet. Bei einer
Legalisierung würden sich diese Zustände definitiv verbessern.
Auch für die Medizin brächte eine
Legalisierung große Vorteile mit
sich. Zurzeit wird Cannabis, das z.B.
ein wirksames Schmerzmittel ist,
meist nur in synthetischer Form an
Patient*innen abgegeben. Bei einer
Legalisierung könnten Patient*innen
ein natürliches und ökologisch einwandfreies Medikament bekommen
- es sogar selbst erzeugen. Zudem
könnten sie vermeiden, der Pharmaindustrie Unmengen an Geld in den
Rachen zu werfen.
Die Legalisierung hätte die absolute
Entkriminalisierung der Pflanze an
sich zur Folge. Der Anbau von THCärmeren Sorten wäre viel einfacher
möglich und Cannabis könnte als
Rohstoff völlig neu entdeckt und genutzt werden.
Arthur: Die Legalisierung wäre auch
aus finanzieller Hinsicht äußerst erschwinglich. Derzeit werden jedes
Jahr mehrere Millionen Euro zur Verfolgung von Cannabis-Besitzer*innen
ausgegeben, oft zur Einleitung von
Strafverfahren, die wegen Geringfü-
gigkeit bald eingestellt werden. Wir
wissen auch nicht, wie viele Arbeitsstunden die Göttinger Polizei letztes
Jahr zur Jagd auf Hanfpflanzen aus
Vogelfutter aufgewendet hat, aber das
können nicht wenige gewesen sein.
Wir haben uns schon gefragt, wo denn
die deutschen Wutbürger*innen vom
„Bund der Steuerzahler“ bleiben, bei
der eklatanten Geldverschwendung,
die beim Thema Hanf betrieben wird.
Ein Eintrag der Göttinger Polizei in
das sogenannte „Schwarzbuch - Die
öffentliche Verschwendung“ wäre eigentlich angebracht...
Wie sähe denn eure Traumvision
für einen alternativen Umgang mit
Cannabis aus?
Anna: Das berührt letztendlich die
Kernfrage, was für ein Gesellschaftsmodell wir anstreben. Wir wünschen
uns eine mündige Gesellschaft, in der
die Menschen frei entscheiden können, was sie tun und lassen, solange
sie anderen Menschen dabei nicht
schaden. Dabei ist uns wichtig, dass
Menschen gut über Drogen aufgeklärt
werden und dann selbst bestimmen
können, was sie zu sich nehmen und
wovon sie lieber die Finger lassen.
Würdet ihr demnach auch „härtere“ Drogen legalisieren?
Arthur: Das würden wir nicht von
vornherein ausschließen, aber wir
wünschen uns einen bewussten und
verantwortungsvollen Umgang mit
ALLEN Drogen, auch Alkohol und Zigaretten. Dafür ist wie schon erwähnt
eine umfassende Aufklärung - klar
abgegrenzt von unsachlicher Panikmache natürlich - absolut notwendig.
Wie sehen denn die zukünftigen
Aktionen der „Autonomen Blumenkinder“ aus?
Anna: Natürlich wird fleißig weiter
gesät und wir hoffen, dass die Stadt
von Jahr zu Jahr mit immer mehr
Cannabis begrünt sein wird. Vielleicht
kommt ja bald der Tag, an dem Polizei und Staat die Sinnlosigkeit ihres
Tuns endlich erkennen. Dafür wäre
es sicherlich sinnvoll und amüsant,
besonders vor Polizeigebäuden zu
säen... Und wir hoffen natürlich auch,
dass sich in anderen Städten ebenfalls
„Autonome Blumenkinder“ ans Werk
machen!
- 16 -
Wie sieht es denn mit einer internationalen Bewegung der „Autonomen
Blumenkinder“ aus?
Arthur: Wir denken, dass diese wächst
und gedeiht... Unser Tun letztes Jahr
hat international für große Aufmerksamkeit und viele Sympathiebekundungen gesorgt, weshalb wir diesbezüglich äußerst zuversichtlich sind!
Also kann jede*r, die*der Lust hat,
bei der besonderen „Begrünung“
mitzuhelfen, ein „Autonomes Blumenkind“ sein?
Anna: Aber sicher! Eine massenhafte
Beteiligung fänden wir natürlich absolut großartig! Es kann nicht genug
Grün in der Stadt geben und auf den
Anblick von Polizist*innen mit Gartenkrallen am Gürtel wollen wir sicherlich auch in den folgenden Jahren
nicht verzichten! Wenn ihr Lust habt,
aktiv an der besonderen Begrünung
teilzunehmen, besorgt euch doch einfach die Samen und verschönert die
Stadt mit uns!
Bekenner*innenschreiben der „Autonomen Blumenkinder“ (2013)
Es ist Frühling, und mit dem Frühling
kommen viele, über den Winter vermisste Pflanzen zurück. Dieses Jahr
können aufmerksame Göttinger*innen
noch eine weitere, hier selten zu sehende Pflanze bewundern: Die Hanfpflanze. Dass wir diese sowohl nützliche als auch ästhetische Pflanze nicht
öfter zu Gesicht bekommen, liegt daran, dass der Anbau in Deutschland
grundsätzlich verboten ist.
Selbst für Nutzhanf ohne nennenswerten THC-Gehalt sind die Auflagen für
einen Anbau irrwitzig streng und Genehmigungen bekommen grundsätzlich nur Berufslandwirt*innen. Dabei
ist die genügsame, schnellwüchsige
Hanfpflanze mit ihren robusten Fasern eine der ältesten Kulturpflanzen
der Welt und kann äußerst vielfältig
eingesetzt werden, zum Beispiel als
Textil in Kleidung oder als Papier.
Kenner*innen schätzen die CannabisGattung auch wegen Vertreterinnen
ihrer Art, die mehr THC produzieren.
Der Konsum von Cannabis ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet: Jede*r
Dritte hat schon einmal gekifft, Cannabis ist die verbreitetste illegale Droge Deutschlands. Konsument*innen
werden bereits beim Kauf von Can-
nabisprodukten in die Illegalität getrieben: Die Politik verwehrt ihnen
hierzulande jede Möglichkeit, legal
an Cannabis zu gelangen. Dieser repressive Kurs verschlingt Unsummen,
die anderweitig - zum Beispiel in der
Suchthilfe - bitter nötig wären. Dabei
gibt es keinen triftigen Grund, warum
Cannabis, anders als Alkohol, nicht
legal gekauft werden kann: Die These, dass Cannabis eine Einstiegsdroge
ist, ist Schwachsinn und wissenschaftlich längst widerlegt worden, wie
selbst das durch die Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung verteilte Info-Heftchen „Cannabis - Basisinformationen“ feststellt.
Die Verbannung von Cannabis in die
Illegalität hat unmittelbar negative
Auswirkungen. Durch fehlende Kontrollmöglichkeiten werden Cannabisprodukte häufig gestreckt, so dass
Konsument*innen keine Möglichkeit
haben, nachzuvollziehen, was genau sie zu sich nehmen. Dabei kommen auch schädliche Substanzen wie
Haarspray zum Einsatz. Eine legale
Verkauf von Cannabisprodukten, zum
Beispiel in Apotheken oder CoffeeShops, würde die Möglichkeit einer
kontrollierten Abgabe schaffen. Auch
aus medizinischen Gründen dürfen
- 17 -
Cannabisprodukte nicht bezogen werden. Verschreibungsfähig sind nur
teure, meist synthetische Präparate. Warum ist es verboten, statt den
künstlichen Pillen, an denen sich die
Pharmaindustrie dumm und dämlich
verdient, direkt Cannabispflanzen
wachsen zu lassen, die den gleichen
Wirkstoff ökologisch einwandfrei erzeugen?
Um
diese
Missstände den
Bürger*innen Göttingens ins Bewusstsein zu rufen und aus Protest gegen
die restriktive Drogenpolitik, haben
wir in ganz Göttingen mehrere Kilo
größtenteils THC-arme Cannabissamen verteilt. Damit sehen wir uns in
Tradition mit den Hanf-Aussaat Aktionen der letzten zwei Jahre. Vielleicht
geht selbst den zuständigen Behörden
bei der Untersuchung der Pflanzen
die Sinnlosigkeit ihres Tuns auf. Wir
rufen alle Sympathisant*innen dieser
Aktion dazu auf, ebenfalls Hanfsamen
in ihrer Umgebung zu verteilen und
damit ein Zeichen gegen die Verteufelung von Cannabis zu setzen! Ärgert
die Behörden, bis sie aufhören, uns zu
ärgern!
[Text von: linksunten.indymedia.org]
Bekenner*innenschreiben der „Autonomen Blumenkinder“ (2014)
Die Saison der Autonomen Blumenkinder hat wieder begonnen!
Eine Zeit lang war es still um uns,
doch jetzt geht es wieder los: Pflanzen
sprießen, wachsen, blühen und gedeihen... darunter auch einige „verbotene“ Pflanzen. Sie zeigen uns, wie
absurd es ist, ein Gewächs verbieten
zu wollen. Auch die Hanfpflanze fühlt
sich hier pudelwohl, wenn man sie
lässt und sich nicht der sinnlosen
Tätigkeit verschreibt, jede einzelne
Pflanze herauszureißen zu wollen, wie
die Göttinger Polizei im letzten Jahr.
Ihre vorherzusehende Antwort auf kreativen Protest war brachiale Gewalt im Zweifelsfall lieber ausreißen.
Diese staatliche Reaktion auf unsere
Aktion im letzten Jahr ist symptomatisch für die repressive Drogenpolitik. Auch wenn Kiffen gesellschaftlich
längst weitestgehend akzeptiert und
laut vieler Studien nicht gefährlicher
als Alkohol ist, wird weiter hart gegen
Konsument*innen vorgegangen. So
reicht es beispielsweise aus, ab und zu
einen Joint zu rauchen und Alkohol zu
trinken, um seinen Führerschein los
zu werden, selbst wenn man so niemals ein Fahrzeug führen würde. Die
dem zugrunde liegende Annahme, wer
Alkohol trinkt und kifft, fährt auf jeden
Fall auch in diesem Zustand Auto, ist
absolut unlogisch und stempelt gleich
alle Konsument*innen als nicht zurechnungsfähig und leichtsinnig ab.
Statt vollkommen irrational zu kriminalisieren, sollte aber ein mündiger
Umgang mit Drogen das Ziel sein.
Auf einer schlichtweg falschen Dämonisierung beharrend, scheinen
sich Politik und Behörden lieber
weiter Probleme schaffen zu wollen,
wie auch die Pflanzenausreiß-Aktion
vom letzten Jahr auf vergleichsweise harmlose Art zeigt. Unter der repressiven Drogenpolitik leiden nicht
nur (und vollkommen zu unrecht)
Cannabis-Konsument*innen,
sondern auch Patient*innen, die auf die
entzündungshemmenden, schmerzlindernden und nervenschützenden
Wirkstoffe der Cannabispflanze angewiesen sind. Verschreibungsfähig sind
nur teure, meist synthetische Präparate. Aber hier geht es natürlich auch
um wirtschaftlichen Interessen - denn
wer kauft schon teure Medikamente,
wenn er*sie sie sich einfach, legal
und günstig selber anbauen oder im
Coffeeshop erwerben könnte?
Wir haben uns sehr über die mediale
Rezeption gefreut, die gerade durch
den Fotowettbewerb der Grünen Jugend Göttingen unverhoffte Ausmaße
angenommen hat. Unser letztjähriges
Ziel, eine öffentliche Diskussion über
die repressive Drogenpolitik anzustoßen, sehen wir damit als klar erfüllt an.
Geändert hat sich seitdem natürlich
nichts. Deshalb sind wir noch lange
nicht fertig, waren auch dieses Jahr
wieder mit vielen Unterstützer*innen
unterwegs und haben aufs Neue 20
Kilo größtenteils THC-arme Hanfsamen in ganz Göttingen verteilt. Wir
rufen alle Sympathisant*innen dazu
auf, ebenfalls Hanfsamen zu säen und
damit ein Zeichen gegen die Verteufelung von Cannabis zu setzen!
Ärgert die Behörden bis sie aufhören
uns zu ärgern... und das haben sie
noch lange nicht!
[Text von: linksunten.indymedia.org]
Gebt das Hanf frei - und zwar sofort!
Wir, die GRÜNE JUGEND Göttingen, fordern die Legalisierung und komplette Entkriminalisierung des Hanf-Anbaus
und der Cannabispflanze an sich. Unser Ziel ist die Drogenmündigkeit der Gesellschaft. Darunter verstehen wir den
verantwortungsvollen und selbstbestimmten Umgang mit Drogen. Diesen verantwortungsvollen Umgang wünschen wir
uns mit allen Drogen. Verbote machen diese Drogenmündigkeit unmöglich und helfen weder Betroffenen noch ihren
Angehörigen. Eine objektive Aufklärung über Risiken ist in der heutigen Gesellschaft durch die Dämonisierung von
Drogen nicht möglich. Die Dämonisierung des Cannabis versperrt jegliche Nutzung der Hanfpflanze an sich.
Wir fordern deswegen insbesondere:
Die kurzfristige und deutliche Anhebung der „geringen Menge“ und eine bundesweit einheitliche Regelung.
Die Legalisierung des Eigenanbaus von Cannabis für den Privatkonsum.
Die Einrichtung von Drogenfachgeschäften zur Ermöglichung einer kontrollierten Abgabe.
Die Einführung eines wissenschaftlich begründeten Grenzwertes für THC und seiner Abbauprodukte im Straßenverkehr. Die Nutzung des Führerscheinrechts als Ersatzstrafrecht für Cannabiskonsument*innen muss aufhören!
Die umfassende Freigabe von Cannabis zur medizinischen Nutzung.
Die Legalisierung des Cannabis auch im Hinblick auf die Nutzung der Pflanze als wertvollen ökologischen
und nachwachsenden Rohstoff, z.B. für Textilien oder Dämmmaterial.
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