Medijuana 2013_06 - Österreichischer Hanf Verband

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Medijuana 2013_06 - Österreichischer Hanf Verband
Nr. 11 / 2013 Nov-Dez
Medical & Harm Reduction Magazine
CANNABIS KANN EIN
WAHRER SEGEN SEIN
“Die üblichen Schmerzmittel sedieren nur”
AMERIKANISCHE WENDUNGEN
Ende der Verfolgung, der Drogenkrieg
tritt in die Schlussphase
MIT DEN AUGEN EINES
ERWACHSENEN IN DIE KINDHEIT
Über Dr. Gabor Matés Ayahuasca-Therapie
18+
MEDI+GREEN
WASCHECHTER FLASHBACK
6
MEXIKO WÜRDE SICH SELBST VERSORGEN
Medical & Harm Reduction Magazine
JAMAIKANISCHER GANJATOURISMUS
7
COFFEEKLUBS
INDEX
10
BEWUSSTE VERBRAUCHER
MEDI+GREEN
GESETZGEBUNG HAT KEINEN EINFLUSS AUF DAS KONSUMVERHALTEN
13
CANNA+GLOBE
HANFVERBOT
14–16
Eine chronische Krankheit
CULTIVA 2013 – GESPONSERT VON MEDIJUANA
18–19
ÖHV-HOMEBASE IN WIEN
20–21
AMERIKANISCHE WENDUNGEN
22–24
Ende der Verfolgung, der Drogenkrieg tritt in die Schlussphase
MEDI+GREEN
KANADA PRIVATISIERT MEDIZINISCHEN CANNABIS-ANBAU
26
HOLLAND WÜRDE GERN LEGALISIEREN
MEDIZIN
CANNABIS KANN EIN WAHRER SEGEN SEIN
32–34
“Die üblichen Schmerzmittel sedieren nur”
VOLLBLUT
HASH PLANT®
36
GUERILLA‘S GUSTO®
39
MEDIZIN
MIT DEN AUGEN EINES ERWACHSENEN IN DIE KINDHEIT
40–41
Über Dr. Gabor Matés Ayahuasca-Therapie
VOLLBLUT
SKUNK KUSH®
44
SERIOUS 6
48
CANNA+GLOBE
ZEIT UND ZEITGEFÜHL
52–54
Ist der Augenblick in der Zeit oder die Zeit im Augenblick?
IMPRESSUM
Chefredakteur: Gabor Holland
Autoren: Bob Arctor, Jack Pot
Katharina Grimm, Marcel Klos
Martin Müncheberg, Tomas Kardos
Lektorin: Helen Bauerfeind
Design & Photo: Gergely Vaska
Verantwortlicher Herausgeber: Peter Perjesi
CK & MEDIJUANA PUBLISHING
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945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20.
E-mail: [email protected]
Web: www.medijuana.eu
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ENCOD
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HANF im GLÜCK
HANF UND HANF
HASH MARIJUANA & HEMP MUSEUM
HANF MUSEUM BERLIN
HERBALIST
HUG’s
INDRAS PLANET
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MIHA
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NACHTSCHATTEN VERLAG
NIRVANA
ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND
PLAGRON
PRIMA KLIMA
ROYAL QUEEN SEEDS
SCHALL & RAUCH
SENSI SEEDS CO.
SERIOUS SEEDS
SONNENALLEE
TIROLER HANFHOUSE
UNITED SEED BANK
31, 35
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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit
lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz
und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten!
Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw.
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3
MEDI+GREEN
HC, der Hauptwirkstoff des Marihuanas, lässt sich sogar noch einen Monat
nach dem Konsum im Blut nachweisen, ergo dauert die Wirkung von einmal Kiffen wochenlang an, argumentieren die Vertreter der drogenfeindlichen Welt. Abgesehen
davon, dass das unter dem Strich Unsinn ist,
denn das gerauchte Gras verändert höchstens
drei bis vier Stunden lang das Bewusstsein, so
ist doch wahr, dass das lange vorher konsumierte, im Fett gespeicherte THC bei starker
Gewichtsabnahme oder durch Körperbewegung wieder im Blut auftauchen kann. Das
bewirkt aber keinen spontanen Flashback,
sondern falsche Ergebnisse im Drogentest.
Bei Schlankheitskuren war dies schon vor
Jahren beobachtet worden, doch konnten
australische Forscher nun zum ersten Mal
nachweisen, dass sich direkt nach dem Sport
der THC-Spiegel im Blut von Konsumenten
um 15 % erhöht, was für einen positiven Drogentest ausreichen würde. Die Untersuchung
kann mit einer Erklärung für die Fälle aufwarten, wo im Blut von Sportlern, die sich auf
einen Wettkampf vorbereiten, noch Wochen
nach dem letzten Joint THC gefunden wurde.
Schon leichtes Abnehmen kann jemanden,
der schon mehrere Monate abstinent ist, in
den Verdacht des Rückfalls bringen. An der
Untersuchung nahmen fünfzehn regelmä-
T
Waschechter Flashback
ßige Konsumenten teil, die durchschnittlich
einen Joint am Tag rauchten. Nach einer Abstinenz von 24 Stunden nahm man ihnen vor
und nach 35-minütigem Fahren auf einem
Fitnessgerät (mittleres Tempo) Blut ab. Die
Forscher fanden heraus, dass bei Personen mit
einem höheren BMI der THC-Spiegel im Blut
um bis zu 34 % steigen kann, während Magere nur minimale Abweichungen aufwiesen.
Die Veränderung war jedoch nur kurzzeitig –
jeweils zwei Stunden lang – feststellbar. In-
Mexiko würde sich selbst versorgen
ängst vergangen sind die Zeiten, in
denen die amerikanischen Kiffer, wenn
sie den Namen Mexiko hörten, das legendäre Acapulco Gold assoziierten. Wegen
des Blutvergießens in dem seit 2006 andauernden Drogenkrieg fallen auch ihnen eher
abgeschnittene Köpfe und in tote Körper geritzte Kartellbotschaften ein. Mag sein, dass
L
6
Mexiko-Stadt endlich die Medizin gegen die
ausufernde Gewalt gefunden hat: Cannabisklubs sollen eröffnet werden und jeder soll für
sich selbst anbauen dürfen.
Im September veranstaltete der Magistrat
der Hauptstadt ein dreitägiges drogenpolitisches Forum, wo die Entschärfung der Drogengesetze als Alternative zum aussichtslo-
teressanter ist jedoch, dass in einer zweiten
Untersuchung auch bei Personen, die noch
nie Marihuana zu sich genommen hatten,
eine steigende Aktivität des Cannabinoidsystems des Hirns nachgewiesen werden konnte.
Ob das die Erklärung für das “High nach dem
Sport” ist, bleibt dahingestellt, ebenso, ob ein
Stresserlebnis im Zusammenhang mit einem
Autounfall zur Erhöhung des THC-Spiegels
führen kann, wodurch man möglicherweise
den Führerschein verliert.
sen Kampf gegen die Drogenkartelle auf den
Tisch kam. Auf dem Event, an dem auch ausländische Gäste teilnahmen, wurde der Plan
erörtert, der pro Kopf die Aufzucht von drei
Cannabispflanzen erlauben und die Grundlage des privaten Non-Profit-Klubsystems bilden würde. Die Umsetzung des Plans wäre ein
schwerer Schlag für die Kartelle, denn 20 %
der mexikanischen Bevölkerung leben in der
Hauptstadt und bilden einen bedeutenden
Markt für die illegalen Händler. Einen durchgreifenden Erfolg würde die landesweite Legalisierung, und mehr noch die Legalisierung
in Kalifornien bedeuten. Denn der Großteil
des in Mexiko angebauten Marihuanas landet in den USA, und ein guter Teil der Kartellkämpfe dreht sich um die “Großhandelsrechte”. Für die Kartelle würde der regulierte
Binnenmarkt und die Neuregelung in den USA
massive Einbußen bedeuten, die ihren Fortbestand fraglich erscheinen lässt, zudem könnten sie immer leichter Ziel von Polizeiaktionen
werden. Sollte sich jedoch das uruguayische
Modell als funktionsfähig erweisen, dann wird
sehr wahrscheinlich ganz Lateinamerika sich
anschließen, um mit einer Legalisierung des
Marihuanamarktes der Herrschaft der Drogenkartelle ein Ende zu setzen. Nach den gegenwärtigen Prozessen zu urteilen, ist es nicht
unwahrscheinlich, dass in Übersee in ein paar
Jahrzehnten Grashändler ein geachteter Beruf sein kann.
Jamaikanischer Ganjatourismus
Ein Kanaan mit Rum und Gras
n den mediterranen Ländern Europas geht
man gern auf Weintouren und besucht berühmte Anbaugebiete. In Schottland sucht
man die berühmten Malt-Whisky-Destillen
auf, um am Originalschauplatz einen Schluck
von seinem Lieblingsgetränk zu nehmen. In
Jamaika ist der Tourismus auf ganz andere
Feinschmecker eingestellt. Wer nach Appleton
kommt, kann leicht in eine ausufernde RumTour gelangen. Wer sich aber mehr für solche
Kultorte wie die Geburtsstadt von Bob Marley
interessiert – Nine Mile –, oder das für Ganja
berühmte Negril, der findet sich mit größerer
Wahrscheinlichkeit auf einem Hanfausflug
wieder. Entgegen der gängigen Meinung ist
Jamaika ein verhältnismäßig konservatives,
religiöses Land, wo Marihuana verboten ist
und auch die Gras-Touren offiziell nicht erlaubt sind. Die Praxis zeigt, dass es trotzdem
reichlich Interessenten gibt und auch Anbieter. Die Besucher von Nine Mile finden leicht
örtliche Helfer, die ihnen bereitwillig ein paar
versteckte Cannabisplantagen zeigen, unter
anderem natürlich Bob Marleys Lieblingsgras
I
– das Original Sinsemilla –, oder die andere
große Legende, das Purple Skunk.
Probieren geht über studieren – daher ist
die Kostprobe ein Teil der Tour, der nicht ausbleiben darf. Viele Reisende aus Nordamerika
erkennen an, dass sie bei sich zu Hause jederzeit viel potentere Sorten finden. Aber das
einmalige Erlebnis, die Sorten, die Bob Marley
inspiriert haben, in den Bergen von Jamaika
selbst zu konsumieren, kann die Reise wahrhaft unvergesslich machen. Kein Wunder,
dass viele Jamaikaner glauben, dass man diese
Anziehungskraft besser nutzen könnte, unter
anderem durch die Lockerung der Marihuanagesetzgebung. Im Zusammenhang mit der
Entkriminalisierung sagte der jamaikanische
Justizminister kürzlich, dass man die Ergebnisse der Nachbarländer prüfen würde, um
dann zu entscheiden, wie es weitergeht.
Die jamaikanische Organisation Ganja Law
Reform Coalition schnappte sofort zu und
veranstaltete – um den Gang der Dinge zu
beschleunigen – im September in Kingston
eine internationale Konferenz, mit der sie
die fachliche Auseinandersetzung mit den
Möglichkeiten der legalen Reglementierung
für das Cannabis in Gang setzen wollte. Wie
streng das Gesetz es auch ahndet, der Grastourismus geht unvermindert weiter, aber die
Einnahmen kommen nicht dem notleidenden
Land zugute. Ein “Reisebüro” wirbt beispielsweise mit folgender unverhohlener Botschaft:
“Nachdem wir zusammen einen Joint geraucht und uns kennengelernt haben, nehmen wir Dich mit auf die beste jamaikanische
Ganjatour, wo Du Gras rauchen und essen
kannst, sodass Du am Ende persönlich mit Bob
Marley sprichst.”
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MEDI+GREEN
Coffeeklubs
ach belgischem Modell geht in Utrecht der erste holländische Cannabis
Social Club an den Start, wo die Mitglieder zum Eigenverbrauch bestimmtes Cannabis anbauen können. Wenn man glaubt,
dass das im Land der Coffeeshops keine
Bedeutung habe, dann lese man unbedingt
weiter! Die Lage ist nämlich wie folgt: Die
Marihuanacafés bleiben letztendlich auch für
Ausländer geöffnet, aber Cannabis ist in Holland weiterhin nur geduldet und nicht legal.
Daher gibt es auch keine Möglichkeit, es legal
anzubauen. (Obwohl die Polizei bei fünf oder
weniger Pflanzen kein Verfahren einleitet.
– Der Red.) Der Cannabisklub, der jetzt mit
dem Namen Domstad eröffnet, macht genau
damit auf diese verzwickte Lage aufmerksam,
dass die Mitglieder für sich selbst ihre Lieblingssorte nach ihren Vorstellungen anbauen
möchten. Der Plan sieht vor, dass dies unter
Aufsicht der örtlichen Behörden geschieht.
Bei der Stadtverwaltung wurde schon die
Genehmigung beantragt, die die Züchter von
Medizinalmarihuana von den Vorschriften
N
des Opiumgesetzes, welches das Verbot der
Rauschmittel vorschreibt, entbindet.
Der konservative Justizminister zögerte nicht mit seiner Retourkutsche: Falls der
Klub eröffne, werde er die nötigen rechtlichen Schritte zu seiner Schließung einleiten.
Dies ist nicht der erste Versuch, die Hanfreglementierung zu reformieren, aber bisher
wurde jeder Versuch abgewürgt. Die leitenden Beamten von Utrecht wollen den Klub
trotzdem genehmigen und wandten sich
mit einem Schreiben an den Justizminister,
in dem sie zum Ausdruck brachten, dass die
Bewusste Verbraucher
ie Cannabiskonsumenten verfügen
über mehr Informationen über die
medizinische Wirkung von Marihuana als diejenigen, die sich des Gebrauchs
enthalten. Dies geht aus einer Studie der
Fachzeitschrift International Journal of Public
Health Policy hervor. Forscher der Universität
Zürich untersuchten das medizinische Wissen
von 12.000 Männern. Die Autoren der Studie
stellten fest, dass Personen, die regelmäßig
Cannabis, Alkohol und Tabak konsumieren,
viel mehr Informationen über die jeweiligen
Mittel im Netz suchen als Nichtkonsumenten.
Diese Personen kennen auch die Risiken des
Konsums besser und sind empfänglicher für
Informationen bezüglich Schadensreduzierung. Bei der Informiertheit zeichneten sich
die Cannabiskonsumenten aus, die es regel-
D
10
mäßig wöchentlich zu sich nehmen: Sie suchten viermal so viele Informationen zur Gesundheit als Abstinenzler. Das erklärt, warum
Gelegenheitsraucher Mediennachrichten oft
scharf kritisieren, wenn von den Gefahren des
Drogengebrauchs übertrieben berichtet wird.
Und vielleicht überrascht es auch nicht, dass
sich viele von ihnen aktiv an der Diskussion
über Drogenreglementierungen beteiligen.
In Westeuropa ist es gängige Praxis, dass bei
der Erarbeitung von Drogenstrategien neben
Fachleuten und Politikern auch Konsumenten
eingebunden werden, obwohl dies nicht auf
alle europäischen Länder zutrifft. Die schweizerische Studie ist ein neuer Beweis dafür,
dass die Drogenkonsumenten keine passiven
Puppen sind, sondern meist gesundheitsbewusste Bürger mit einer eigenen Meinung.
Initiatoren des Klubs keinen Ersatz für einen
Coffeeshop, sondern eine funktionierende
Alternative zu schaffen versuchen, deren
vorrangiges Ziel es sei, die momentanen
Gesundheitsrisiken durch die ungeregelte
Zucht in den Griff zu bekommen. In diesem
Zusammenhang kann der Klub die Qualität
des Marihuanas kontrollieren und nach den
Vorgaben der Regierung auf die Gefahren
beispielsweise der hoch THC-haltigen SkunkSorten hinweisen. Drücken wir die Daumen,
dass der Traum von Domstad in Erfüllung
geht!
Bio Nova Premium Dünger auf
Facebook
Seit ein paar Jahren ist Bio Nova auf Facebook, aber bisher haben wir dies nicht zu
ernst genommen. Aber durch die Feststellung, dass die Anzahl unserer Freunde
rasch zunahm, beschlossen wir, unsere Präsenz auf diesem Medium auszubauen.
Deshalb haben wir seit zwei Monaten einen neuen Mitarbeiter, der auf Facebook
spezialisiert ist.
Vor kurzem haben wir das Bio Nova Profil von “persönliche Seite” zu
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12
MEDI+GREEN
Gesetzgebung hat keinen Einfluss
auf das Konsumverhalten
ie Europäische Beobachtungsstelle
für Drogen und Drogensucht (EBDD)
ist eine Einrichtung der Europäischen
Union, an der auch Deutschland beteiligt ist.
In einem ihrer letzten Berichte zum “Stand
der Drogenproblematik in Europa” heißt es,
es gäbe “keinen deutlichen Zusammenhang
zwischen Gesetzesänderungen und den Prävalenzraten des Cannabiskonsums”.
Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der
Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS)
war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass in
dieser Aussage nur ein Punkt wissenschaftlich problematisch sei: “kein deutlicher Zusammenhang”. Denn es müsse ganz deutlich
gesagt werden: Es gibt gar keinen Zusammenhang.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
(DHS) wurde 1947 gegründet, um allen in der
Suchtkrankenhilfe bundesweit tätigen Verbänden und gemeinnützigen Vereinen eine
Plattform zu geben. Mit wenigen Ausnahmen sind sämtliche Träger der ambulanten
Beratung und Behandlung, der stationären
Versorgung und der Selbsthilfe in der DHS
vertreten.
Die EBDD beschäftigt sich schon lange mit
der Frage, wie Verbot und Verbreitung sowie
Verbot und Gefährlichkeit zusammenhängen.
In Europa wurden in den letzten zehn Jahren
viele Cannabis-Gesetze geändert. In einigen
Ländern wurden sie verschärft, in anderen
hat man das Strafmaß reduziert. Die EBDD
hat diesen Prozess beobachtet und erhebt
seit ihrer Gründung vor rund 15 Jahren Daten zur Verbreitung illegaler Rauschmittel in
Europa. Die EBDD hat auch untersucht, welchen Zusammenhang es zwischen der Ge-
D
setzgebung und der Verbreitung von Drogen
gibt. Das sehr ausführlich dargestellte und
begründete Ergebnis ist, dass in Ländern mit
verschärften Strafmaßnahmen der Konsum
gleich geblieben, gestiegen oder gesunken sei.
In Ländern mit reduzierten Strafen und gelockerten Gesetzen sei der Konsum ebenfalls
gleich geblieben, leicht angestiegen oder aber
deutlich gesunken. Trotzdem kam die EBDD
lediglich zu dem Schluss, dass über den Untersuchungszeitraum von zehn Jahren in den
betrachteten Ländern (Italien, England, Slowakei, Dänemark, Finnland, Portugal, Bulgarien und Griechenland) “kein deutlicher Zusammenhang” zwischen den Gesetzesänderungen
und den Prävalenzraten des Cannabiskonsums
ermittelbar sei.
CANNA+GLOBE
Hanfverbot
Eine chronische Krankheit
Immer mehr Stimmen werden laut, die die repressive Drogenpolitik der letzten
Jahrzehnte für gescheitert erklären. Länder wie Portugal, Holland, Uruguay, aber
auch einzelne Bundesstaaten in den USA sind den Schritt bereits gegangen: weg von
der Kriminalisierung des Cannabis-Konsums. In Deutschland wagt dies nun die neue
Bezirksbürgermeisterin von Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.
er Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg
ist für manche Berliner/innen ein rotes
Tuch: Aufgrund der andauernden Probleme vor Ort wie dem massiven Drogenhandel und Drogenkonsum sind viele von ihnen
nicht länger bereit, die momentane Situation so hinzunehmen. Laut der Tageszeitung
taz sei der illegale Drogenhandel (vor allem
mit Cannabis) dort bereits ein seit Längerem
existierendes Problem. Zudem führe die andauernde Gewalt zwischen Drogenhändlern
bzw. zwischen ihnen und ihren Kunden zu
wöchentlichen Polizeirazzien und damit verbundenen Verhaftungen.
Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit dem 1. August Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg.
Wenn es nach ihr ginge, sollte Cannabis in
Berlin zukünftig legal verkauft werden. Diese Idee wurde bereits von ihrem Vorgänger
D
14
Franz Schulz zur Diskussion gebracht. Frau
Herrmann versucht dies nun – zusammen
mit ihrer Partei – praktisch umzusetzen.
Im deutschen Betäubungsmittelgesetz
(BtMG) gibt es eine Ausnahmeregelung (§3),
die unter anderem den Anbau von Cannabis “zu wissenschaftlichen oder anderen im
öffentlichen Interesse liegenden Zwecken”
erlaubt. Die amtierende Bürgermeisterin
und ihre Partei nahmen diese Regelung zum
Anlass, um am 28. August einen Antrag im
Bezirksparlament (BVV) einzureichen. Darin
heißt es, dass man “durch eine kontrollierte
Abgabe von Cannabisprodukten in lizenzierten Abgabestelle(n) am Görlitzer Park den
negativen Auswirkungen der Prohibition und
des dadurch entstehenden Schwarzmarkts”
entgegenwirken möchte. Die Polizeirazzien
im Park würden das Problem lediglich kurzzeitig verlagern, aber nicht lösen. Ein Rück-
gang des Drogenkonsums sei nicht sichtbar, und auch im Jugendschutz und in der
Suchtprävention könne man mit dieser Art
von Drogenpolitik keine Erfolge erzielen. In
einem Spiegel-Interview äußert Herrmann:
“Freier als jetzt kann man Cannabis nicht
bekommen. Ich will den Verkauf kontrollieren.”
Deshalb soll zuerst ein Runder Tisch – zusammen mit Einwohner/innen, lokalen Initiativen, Politiker/innen sowie Expert/innen
der Polizei bzw. der Drogen- und Suchthilfe
– initiiert werden. Dabei sollen beispielsweise Fragen bezüglich der Antragstellung beim
Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), welches das Projekt genehmigen muss, geklärt werden. Auch die Beschaffung des Cannabis, die Betreibung der
Abgabestelle sowie die wissenschaftliche Begleitung des Projektes stehen zur Debatte.
glaubt nicht an den Erfolg einer solchen Abgabestelle. Sie glaubt, die Ursachen für die
steigende Anzahl der Afrikaner/innen im
Park (von denen einige Dealer seien, andere
jedoch nicht) lägen in der deutschen Migrations- und Flüchtlingspolitik. Stattdessen
müsse man jene Menschen auf der Suche
nach Orientierung in ihrem neuen Umfeld
unterstützen.
Mechthild Dyckmans, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, ist besorgt. Ihrer
Meinung nach würde die gesetzliche Abgabe
von Cannabis “das völlig falsche Signal an
Jugendliche senden – dass Cannabisprodukte unbedenklich” seien. Sie findet, dass man
die gesundheitlichen Gefahren durch häufigen Konsum von Cannabis nicht unterschätzen dürfe: “Das bestätigen aktuelle Studienergebnisse und die vielen Menschen, die sich
wegen Cannabis in Behandlung begeben.”
Zudem gibt es Befürchtungen, dass als
Folge viele Menschen in die Hauptstadt kom-
men, um sich legal Cannabis zu kaufen. Um
dies in Deutschland zu verhindern, müsste
u. a. geregelt werden, wem die geplanten Abgabestellen zur Verfügung stehen sollten, ob
der Verkauf von Cannabis auf eine bestimmte Anzahl von Leuten limitiert werden würde
oder nicht, und falls ja, auf welche. Monika Herrmann plant den legalen Verkauf in
ganz Berlin, wobei die Konsumierenden ein
bestimmtes Alter erreicht haben müssen. Sie
möchte sich zudem Unterstützung von Sozialarbeiter/innen, der Polizei und wenn nötig
auch Sicherheitspersonal holen.
Momentan muss sich das Bezirksparlament einig werden, ob es dem Antrag der
Grünen überhaupt zustimmt. Ist dies der
Fall, müsste nächstes Jahr tatsächlich ein
Antrag an das BfArM gestellt werden, um
von dort im besten Fall eine Genehmigung
für das geplante Projekt zu erhalten.
Die grundsätzliche Idee Herrmanns, Cannabis legal zu verkaufen, stößt jedoch nicht
Mit der staatlichen Abgabe von Cannabis
an Konsument/innen könnte u. a. untersucht werden, ob und in welchem Umfang
der Jugendschutz verbessert werden könnte,
ob man problematische Drogenkonsumierende erreichen und deren Gesundheitsprobleme somit reduzieren könnte (u. a. durch
die Abgabe von kontrolliertem, “sauberem”
Cannabis).
Pro und Contra
Katharina Oguntoye, Leiterin des interkulturellen Netzwerkes Joliba, das vor allem
mit afrikanisch-deutschen Familien arbeitet,
15
CANNA+GLOBE
nur auf Kritik, sondern findet viele Unterstützer. Einer davon ist Rolf Ebbinghaus vom
Berliner Hanf Museum. Bereits 1994 gab es
eine Weisung des Bundesverfassungsgerichts, in der u. a. gefordert wurde, die Praxis
der Strafverfolgung anzupassen, als auch,
neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in
Betracht zu ziehen. Ebbinghaus fordert deshalb, dass Berlin die Betroffenen vom “ungerechten Verfolgungsdruck” befreie, indem
es dem damaligen Urteil des Bundesverfassungsgerichts Folge leiste.
Astrid Leicht von Fixpunkt e.V. ist der Meinung, dass der legale Verkauf von Cannabis
nicht die Lösung aller Probleme darstelle. Die
Prohibitionspolitik sei jedoch gescheitert. Für
die Verfolgung von drogenbezogenen Straftaten und die Bekämpfung von Verbrechen
werden Leichts Angaben zufolge jährlich drei
Milliarden Euro aufgewendet, was tatsächlich aber nichts an der Verfügbarkeit von
Drogen ändere. Stattdessen würde das Geld
im Bereich der Suchtprävention sowie Drogenhilfe und im Gesundheitsschutz fehlen,
wie sie in der Tageszeitung taz äußerte.
Auch der Deutsche Hanfverband (DHV)
begrüßt die Idee Monika Herrmanns. Laut
Georg Wurth, Sprecher des DHV, werden in
Deutschland jährlich 200 bis 400 Tonnen
Cannabis konsumiert. Sowohl die Nachfrage
als auch ein illegaler Markt existiere. Für die
meisten Konsument/innen sei jedoch nicht
die Droge an sich das Problem, sondern die
Streckmittel, die hinzugegeben werden.
Mit der Schaffung legaler Verkaufsstellen
könnte man dem entgegenwirken. Die Realisierung dieser Verkaufsstellen hängt von der
politischen Führung ab und davon, wer zukünftig das Amt der/s Gesundheitsminister/
in bekleiden wird.
Seit den Bundestagswahlen im September
laufen Sondierungs- und Koalitionsgespräche darüber, aus welchen Parteien sich die
Regierung der Bundesrepublik zusammen-
setzen wird. Alles läuft auf eine Große Koalition hinaus, und das Amt der/s Gesundheitsminister/in wird vermutlich aus den
Reihen der CDU oder SPD kommen – was
keine guten Erfolgschancen für das geplante
Projekt der Grünen verspräche.
Wurth betont jedoch, dass selbst Parteien
wie CDU und SPD sähen, dass “mittlerweile großer Diskussionsbedarf besteht” und
man sich mit dem Thema “Pro Legalisierung” auseinandersetzen müsse. Er verweist
auf Kopenhagen, Bern und Zürich, wo aktuell ähnliche Entwicklungen wie in Berlin
stattfänden, und eine Tendenz in Richtung
Legalisierung erkennbar sei. Zudem würden
in immer mehr kommunalen Parlamenten
in Deutschland Petitionen für eine Veränderung der gegenwärtigen Situation eingereicht.
“Hanfverbot ist eine chronische Krankheit, die die Welt hat. Die wird man nicht
mit einem Arztbesuch los”, betont Georg
Wurth. Es käme darauf an, wie stark “die
Bewegung von unten” sei, wie viele Menschen sich einmischten und die Politiker/innen dazu aufforderten, etwas zu ändern.
text: Katharina Grimm
17
CANNA+GLOBE
Cultiva 2013 – gesponsert
von Medijuana
Medijuana war schon letztes Jahr der Hauptsponsor der Wiener Cultiva. Dieses Jahr
versuchten wir, etwas mehr Farbe auf die Dienstleistungspalette zu bringen, denn
ein kostenloses Magazin hat ja – über die Nachrichten hinaus – den Lesern noch das
eine oder andere mehr zu bieten.
ie Medijuana Garden Lounge war
auch diesmal ein Erfolg, höchstens
am Tresen gab es größeren Andrang
(sprich: Massen) als bei den Konzerten. Auf
dem Programm des Cannabis Kinos standen
hauptsächlich Kurzfilme zum Thema Hanf.
Sie fanden mäßiges Interesse, was daran gelegen haben mag, dass wir bestimmte Filme
nur auf Englisch hatten beschaffen können.
Wir hoffen, dass sich in der Zukunft Organisationen und Firmen wie nachtschatten.
tv und DEA mit ihrem Material beteiligen
werden.
Vorbereitungszeit bleibt reichlich, denn
die nächste Cultiva wird im Mai 2015 stattfinden. Harald Schubert alias Bushdoctor
sagte in diesem Zusammenhang, dass man
sich mit gemischten Gefühlen und Spannung
auf die Veränderungen vorbereite. Es gäbe
viele neue Pläne und Ideen und der Termin
im Frühjahr böte lauter neue Möglichkeiten.
Dem stimmen wir unsererseits vorbehaltlos
zu.
Das diesjährige Motto “Balkan Connection” beschränkte sich auf das spärliche
Erscheinen einiger slowenischer, jugoslawischer und kroatischer Growshops. Wir
zumindest sahen sie gerne und fragten sie
D
zum Beispiel zu den spürbaren Vorzügen
des kroatischen EU-Beitritts aus; oder zum
ersten slowenischen Social Club, der nach
den Modellen in Spanien und Belgien nicht
lange auf sich warten ließ. (Obwohl es einen
gravierenden Unterschied gibt: Letzterer ist
momentan illegal tätig.)
Auch diesmal trafen wir Patienten in großer Zahl, die nicht nur wegen der Vorträge
auf den Cultiva Kongress gekommen waren.
Viele von ihnen sind Selbstversorger. Sie
bauen ihre Medikamente selbst an und sind
daher an Informationen zum Anbau und zu
den Produkten der Aussteller interessiert. In
Verbindung mit therapeutischem Marihuana
stand die sicher interessanteste Äußerung
des Wochenendes. Ed Rosenthal sagte in
einem Interview, dass seiner Meinung nach
jeder Cannabiskonsum medizinische, mindestens aber therapeutische Ziele verfolge,
auch wenn die meisten Konsumenten das
nicht wüssten. (In der Januarausgabe kommt
er länger zu Wort. - Der Red.) CAM, DHV und
natürlich auch ÖHV waren dort - David Ros-
se (ÖHV-Vorsitzender) hielt einen Vortrag,
ebenso Joep Ommen von ENCOD.
Die Konzerte von DaLaDap und Balkan
Tango Vibes verbreiteten Balkan-Stimmung
und rissen alle mit – ein ekstatisches Erlebnis
im vollen Haus. Nur zwei winzige Momente
konnten das noch übertrumpfen, jedenfalls
unserer Meinung nach: Ein Leser kam auf
unseren Mitarbeiter zu und wollte sich mit
ihm fotografieren lassen. Obwohl überrascht
(Marketingleute werden selten um so etwas
gebeten), erklärte er sich dazu bereit. Kurz
darauf erschien am Stand ein Duo mit einem
dicken Joint und reichte ihn uns mit den
Worten: “Support for medijuana, very good
magazine.” Obwohl wir es da schon sagten,
noch einmal: Vielen Dank! Wer auf solche
und ähnliche Abenteuer aus ist, der komme
zu uns auf der nächsten Cultiva in Wien.
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CANNA+GLOBE
ÖHV-Homebase in Wien
Der Österreichische Hanf Verband (ÖHV) hat am 1. März 2013 seine Homebase
in Wien eröffnet! Nachdem die ersten Anfangsschwierigkeiten überwunden sind,
ist der Verein nun bereit, richtig loszulegen.
echtzeitig zum Superwahljahr 2013
hat sich auch in Österreich eine professionelle Interessenvertretung für
die Hanfbranche und alle privaten Hanffreunde in Österreich gebildet. Nach einem
langen Jahr voller Vorbereitungen haben die
langjährigen Organisatoren des Hanf Wandertags in Wien den nächsten entscheidenden Schritt in Richtung professioneller Hanflobby gewagt.
Das Büro war notwendig geworden, um
die mittlerweile unglaubliche Menge an
Druckwerken, welche Jahr für Jahr für den
Hanf Wandertag produziert werden, bewältigen zu können. Auch für die tägliche politische Lobbyarbeit, welche zu den wichtigsten
Aufgaben des Verbands zählt, ist ein neutraler Standort unverzichtbar.
Denn das Tätigkeitsfeld des Verbands ist
groß:
– Professionelle Interessenvertretung
Government Relations sind auf Dauer angelegt, haben kein unmittelbar akutes Anliegen
und fördern die Beziehungen im Allgemeinen. Ziel ist der Aufbau einer tragfähigen
und nachhaltigen Vertrauensbasis zu Politik
und Verwaltung.
Mit strategischer Basis, professioneller
Umsetzung und politischem Know-how erzielen wir mehr Wirkung. Unsere Botschaften
überzeugen, unsere Standpunkte setzen sich
auf Dauer durch.
– Botschaften transportieren
Politische Kommunikation muss komplexe
Themen vermitteln, Bewusstsein und Akzeptanz schaffen. Das erfordert strategische Planung, effiziente Umsetzung – und vor allem
politisches Verständnis. Um dies zu gewährleisten, stehen wir in einem permanenten Dialog mit Politik und Verwaltung.
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– Internationale Drehscheibe
Österreich spielt im Bereich der Drogenpolitik durch den Sitz der UNODC eine sehr
wichtige Rolle. Die UNO Drogenkonferenz,
welche jedes Jahr in Wien stattfindet, ist nur
ein Beispiel.
– Branche vernetzen
Rohstoff – Medizin – Genussmittel. Der
größte Vorteil des Hanfs ist seine Vielseitigkeit. Die Tabuisierung von Hanf durch dessen Verbot als Genussmittel auf der einen
Seite und die Förderung des nachwachsenden Rohstoffes Hanf auf der anderen Seite
sorgen oft für Verwirrung. Es liegt nun an
uns, diese Vielseitigkeit durch branchenübergreifende Projekte und starkes gemeinsames
Auftreten zu nutzen.
– Wissenschaftlicher Beirat
Zur Betriebsaufnahme des ÖHV hat sich der
Dem wissenschaftlichen
Beirat gehören u. a. an:
– Dr. Kurt Blaas, Mediziner, Vorsitzender
der Arge CAM (Cannabis als Medizin),
Wien
– Bernhard Amann, Stadtrat, Dipl. Sozialarbeiter, Obmann des Vereins Legalize!
Österreich, Hohenems
– Dr. Gebhard Heinzle, Rechtsanwalt,
Bregenz
– Mag. Gottfried Hudl, Rechtsanwalt,
Wien
– Dr. Martin Feigl, Rechtsanwalt, Verein
takeyourrights!, Wien
– Peter Rausch, Alchemist, CannabinoidExperte, Firma Nektar Natur Kosmetik,
Amstetten
wissenschaftliche Beirat aus renommierten
Medizinern und Juristen konstituiert, die sich
auf österreichischer und europäischer Ebene
für die gleichwertige Behandlung von Hanf
gegenüber anderen Produkten einsetzen.
– ÖHV-Homebase mitten in Wien
Nur 150 Meter vom Westbahnhof entfernt,
ist die ÖHV-Homebase nicht nur für Wiener/
innen, sondern für alle Österreicher/innen
sehr gut zu erreichen. Zu viel wollen wir aber
nicht vorwegnehmen. Am besten, Ihr kommt
selbst vorbei. Die Öffnungszeiten findet Ihr
auf www.hanfverband.at
– Ohne Moos nix los
Die finanzkräftigen Initiativen in Colorado
und Washington haben wieder einmal ge-
zeigt, dass man mit Geld mehr erreicht als
mit Worten. Professionelle Kampagnen rund
ums Thema Hanf stehen daher ebenfalls im
Fokus des ÖHV. Gerade in der Werbestadt
Wien – in der es mittlerweile übrigens sogar Werbeflächen am Rathaus gibt – sind die
Möglichkeiten von öffentlichkeitswirksamen
Kampagnen unerschöpflich. Die Möglichkeiten reichen (selbstverständlich bei entsprechendem Budget) von einfachen Plakatwerbungen über Riesenplakate bis hin zu
komplett “gebrandeten” U-Bahn-Garnituren.
Aber wie gesagt, es ist alles eine Frage des
Budgets ...
– Günstige Mitgliedschaft
Der Mitgliedsbeitrag wurde vom Vorstand
aus diesem Grund bewusst niedrig angesetzt (12 Euro pro Jahr). Der Verband hofft
mit dieser Strategie auf eine entsprechende
Zahl an Mitgliedern. Höhere Mitgliedsbeiträge nehmen wir natürlich auch gerne an. 12
Euro pro Jahr sollte allerdings wirklich jede/r
Hanffreund/in in Österreich übrig haben.
Ein Onlineformular zur Anmeldung gibt
es auf der Homepage www.hanfverband.at/
mitglieder.
Auch Firmenmitglieder sind herzlich willkommen. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge für
Firmen richtet sich nach der Größe des Unternehmens. Werden Sie noch heute Mitglied
im ÖHV und bestimmen Sie mit, wohin der
Weg geht. Kontaktieren Sie uns unter: [email protected].
– Zeit ist Geld
Der ÖHV-Bulletin: informiert alle Firmenmitglieder monatlich über die wichtigsten Neuerungen und Ereignisse.
– ÖHV Greencard
Mit der ÖHV Greencard bekommen alle
Mitglieder als Dank für ihr Engagement
Österreichischer Hanf Verband
Sonntag, 17.11.2013 10–18 Uhr
Naturhistorisches Museum Wien
Burgring 7, A-1010 Wien
www.nhm-wien.ac.at
exklusive Rabatte bei Mitgliedern/Partnern
des ÖHV. Eine Liste aller Vorteile der ÖHV
Greencard findet Ihr auf: www.hanfverband.
at/greencard.
– ÖHV Generalversammlung
Ein weiteres Highlight für alle Mitglieder des
ÖHV ist die jährliche Generalversammlung.
Hier treffen sich Vordenker, Entscheider
und Insider. Als Location für die 1. Generalversammlung wurde das Naturhistorische
Museum in Wien gewählt. Allein durch die
Wahl dieser ehrwürdigen Örtlichkeit möchte der Verband ein Statement für die ganze
Hanfbranche setzen. Im Rahmen der Generalversammlung wird in diesem Jahr zum
ersten Mal das “Goldene Hanfblatt” für besonderes Engagement verliehen.
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CANNA+GLOBE
Amerikanische Wendungen
Ende der Verfolgung, der Drogenkrieg
tritt in die Schlussphase
Die hohe Drehzahl der Legalisierungsmaschinerie führt dazu, dass wir alle zwei
Monate über Ereignisse berichten können, die den Lauf der Dinge grundlegend
beeinflussen. Nun ist die Zeit der günstigen Nachrichten angebrochen, denn nach
und nach fallen die Hindernisse zur Schaffung eines legalen Hanfmarktes.
m letzten Teil unserer Artikelserie waren
wir noch besorgt, weil der Bund immer
noch keine Stellung zu den legalisierenden US-Staaten beziehen wollte und keine
Weisung für die Ausgestaltung des Hanfmarktes – die auch auf Bundesebene annehmbar wäre – abgab. Zudem läuft weiterhin die Strafverfolgung der Konsumenten.
In der zweiten Jahreshälfte wurden immer
mehr offene Fragen beantwortet; die Antworten ergeben ein günstiges Bild von dem
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Cannabishandel, der alsbald in Colorado und
Washington realisiert werden wird.
Des Rätsels Lösung
Die größte Schlagzeile ist zweifellos, dass Eric
Holder, Justizminister der USA, am 29. August die sehnlich erwartete Erklärung abgab,
dass der Bund die Legalisierung in Colorado
und Washington nicht behindern werde und
nach dem Willen des Volkes die erwachsenen
Einwohner legal Cannabis erwerben könnten
– auch zum Vergnügen und zur Entspannung. (In diesen Staaten sind Anbau, Konsum und Handel für medizinische Zwecke
schon seit zehn Jahren erlaubt! – Der Red.)
Damit ist sicher, dass die beiden Staaten Geschichte geschrieben haben und in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium der
Prozess zur Beendigung des Drogenkrieges
unumkehrbar in Gang gekommen ist. Der
amerikanische Justizminister versprach den
beiden Staaten “vertrauensvolle Aufsicht”.
Das heißt, man wirkt bei der Legalisierung
in Colorado und Washington mit, wenn sie
mit den nötigen Reglementierungen einhergeht, sich nicht schädlich auf die öffentliche
Sicherheit und die allgemeine Gesundheit
auswirkt und nicht zu massenhaften Gesetzesbrüchen führt. Obwohl beide Staaten die
Umsetzung des legalen Hanfmarktmodells
mit strengem Regelwerk planen, bereicherte
sie das Ministerium mit acht weiteren Vorschriften. Zu ihrer Einhaltung werden jedoch
keine Modifizierungen nötig, denn sie alle
fügen sich in die bereits vorgelegten bundesstaatlichen Vorstellungen ein. Im Sinne dieser Vorschriften werden weiterhin Eingriffsmöglichkeiten eingeräumt, wenn einer der
folgenden Aspekte nicht umgesetzt wird:
– Verbot des Verkaufs von Marihuana an
Jugendliche
– Verbrecherorganisationen dürfen nicht
vom Cannabishandel profitieren.
– Es ist nicht erlaubt, Marihuana in Staaten zu überführen, in denen es verboten
ist.
– Es darf nicht zugelassen werden, dass
unter dem Deckmantel der Cannabislegalisierung auch andere, illegale Mittel in Umlauf gebracht werden.
– Die Anwendung von Gewalt und illegalen Waffen bei der Cannabiszucht und beim
Handel mit Cannabis ist nicht zu dulden.
– Es ist anzustreben, das Fahren unter
Einfluss von Cannabis und andere Gefahren
für die Volksgesundheit zurückzudrängen.
– Der Anbau von Marihuana auf öffent-
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CANNA+GLOBE
Marihuana vom Doktor
lichen Plätzen und die damit verbundenen
Schäden für die Umwelt sind zu verhindern.
– Besitz und Konsum von Marihuana auf
Bundesterritorium bleiben weiterhin verboten.
Ein Großteil dieser Vorgaben erschien
schon in den ursprünglichen Legalisierungsplänen und spiegelt den Charakter eines
regulierten Hanfmarktes wider, der sich im
System des Verbots nie verwirklichen konnte.
Der Flaschengeist
Wie nicht anders zu erwarten war, rief die
Erklärung ein starkes Echo hervor, und
kurz darauf konnte man Zeuge neuerlicher
Gesinnungswechsel werden. Das überraschendste Coming-out in dieser Hinsicht
hatte der Senator von Arizona John McCain,
der Anfang September äußerte: “Mag sein,
dass man legalisieren müsste. Entschlossen
gehen wir in diese Richtung, was das Marihuana betrifft, und ich halte den Willen
des Volkes in Ehren.” Aus dem Mund von
McCain ist das so glaubwürdig wie ein
Nachdenken des Papstes über die Homosexuellenehe. McCains Eifer im Drogenkrieg
suchte nämlich in der Wahlkampfzeit 2008
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selbst unter Republikanern noch seinesgleichen. Obamas ehemaliger Rivale hatte früher
eine Gesetzesvorlage zu einem Verbot der
staatlichen Unterstützung für die Behandlung von Drogenabhängigen ausgearbeitet.
Nicht nur, dass er keinen Gedanken an die
Legalisierung von Marihuana verschwendete, er war auch ein lautstarker Gegner der
medizinischen Anwendung, was er mit der
damals sehr verbreiteten Einstiegsdrogentheorie zu untermauern versuchte. 2012
stellte sich heraus, dass seine Tochter zu den
Befürwortern der Legalisierung zählte und
auch die erwähnte “Einstiegsdroge” nicht
verschmäht. Doch dass ein Politiker vom
Schlage McCains deswegen plötzlich den
Volkswillen zu ehren beginnt, ist dennoch
unwahrscheinlich. Patrick Leahy, der demokratische Senator von Vermont, formulierte
kürzlich auf einer Anhörung etwas schärfer,
was man mit der Marihuanaregulierung beabsichtige. Der schon über 70-Jährige sagte: “Das absolute Verbot des persönlichen
Marihuanakonsums hat zu einem Anstieg
der Gefängnispopulation unserer Nation geführt. Wir brauchen in der Marihuanapolitik
einen klügeren Ansatz.” Wie schön das auch
klingen mag, ein paar Monate früher wäre
das ein Affront gewesen.
Neben dem Willen des Volkes beziehungsweise sozialen und wirtschaftlichen Argumenten ließ sich mancher schließlich von
den wissenschaftlichen Erkenntnissen über
Marihuana überzeugen. Zu ihnen gehört der
Neurochirurg Dr. Sanjay Gupta, der als CNNKorrespondent und Gesundheitskolumnist
des Time Magazine bekannt wurde. Im
letztgenannten Blatt veröffentlichte er 2009
einen Artikel, in dem er darlegte, warum er
die medizinische Anwendung von Marihuana
ablehne. Doch seitdem hat auch er umgedacht. Nun bat er in einem brillanten Artikel
um Nachsicht, dass er sich nicht früher mit
der nötigen Gründlichkeit mit der medizinischen Forschung auseinandergesetzt und
die Aussagen von Marihuanapatienten nicht
ernst genommen habe. Das Thema packte ihn
so, dass er sich nicht nur in die Fachliteratur
vertiefte, sondern auch einen Film zu diesem
Thema drehte. Er interviewte Patienten, die
medizinisches Marihuana nehmen, Forscher
und Betreiber von Marihuana-Apotheken,
um daraus den Film Weed zu entwickeln.
Auf der Webseite von CNN bringt er zum
Ausdruck, dass das gesamte amerikanische
Volk schon seit siebzig Jahren Opfer einer
systematischen Irreführung wurde, indem
versucht wurde, die Heilwirkung des Cannabis zu verheimlichen, während Forschungen,
die zu mehr als 90 % auf schädliche Wirkungen ausgerichtet sind, gefördert wurden. In
seinen Schriften zeigt er auf, wie schwierig es
ist, Forschungen genehmigt zu bekommen,
die sich auf die positiven therapeutischen
Eigenschaften von Cannabis beziehen. Er
findet es erschreckend, dass die Regierung
schmerzstillende Medikamente fördert, die
Morphin und Opiate enthalten, obwohl in
den USA alle 19 Minuten ein Mensch an
deren Überdosierung stirbt. Gupta ist offensichtlich auch dem Gedanken an Legalisierung nicht abhold, obwohl er bei diesem
Thema nur einen der wichtigsten Aspekte
der Anhänger des regulierten Marktes wiederholt: Hauptsache, dass die Pflanze nicht
in die Hände von Jugendlichen gelangt!
Schließlich drückt er die Hoffnung aus, dass
das Marihuana bald nicht mehr zu den gefährlichsten Drogen gezählt wird und sich
dann in breiten Kreisen zur medizinischen
Anwendung verbreiten kann. Die aktuellen
Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz von
Marihuana in der Bevölkerung steigt – sei es
aus sozialem Empfinden oder durch die Einsicht in wissenschaftliche Erkenntnisse. Und
wir können langsam wirklich daran glauben,
dass wir die Epoche des Marihuanaverbots
endlich hinter uns lassen werden.
text : Jack Pot
MEDI+GREEN
Kanada privatisiert medizinischen Cannabis-Anbau
n Kanada ist medizinischer Cannabis schon
seit mehr als einem Jahrzehnt legal und
streng reglementiert. Patienten mit einer
Erlaubnis durch einen behandelnden Arzt
können kleine Mengen selbst anbauen oder jemanden damit beauftragen – und bisher auch
Cannabis in begrenzten Mengen direkt vom
Gesundheitsministerium erhalten. Anfang des
Jahres stimmte die konservative kanadische
Regierung jedoch dafür, dieses System nun zu
Gunsten eines privatwirtschaftlichen – aber
mindestens ebenso streng regulierten – Systems aufzuheben. Bisher hatte das kanadische
Gesundheitsministerium über seine Abteilung
“Health Canada” geringe Mengen Cannabis
selbst an registrierte Patienten verkauft. Der
Anbau erfolgte durch die private Firma “Prairie Plant Systems”. Dieses System läuft zum
März 2014 aus.
Seit dem 1. Oktober arbeitet Kanada am
Aufbau seiner staatlich kontrollierten Cannabis-Industrie, von der Experten erwarten,
dass sie innerhalb von zehn Jahren etwa eine
Milliarde kanadische Dollar umsetzen wird.
Derzeit sind knapp 40.000 Menschen registriert, die medizinisches Marihuana unter dem
bisherigen System verwenden dürfen. Die Regierung erwartet, dass diese Zahl bis zum Jahr
2024 auf bis zu 450.000 steigen könnte – das
wäre dann eine nationale Cannabis-Industrie
mit einem Gesamtvolumen von etwa 1,3 Mil-
I
liarden Dollar. Allerdings sucht sich die Regierung “ihre” Privatproduzenten ganz genau
aus – obwohl bisher mindestens 156 Bewerbungen verschiedenster Firmen eingegangen
sind, gibt es zurzeit nur zwei staatlich lizenzierte Produzenten, die von der Regierung
zudem streng überwacht werden.
Seit dem 1. Oktober können nun medizinische Cannabiskonsumenten oder solche,
die diesen Status anstreben, zusammen mit
einem Arzt einen Antrag direkt an staatlich
lizenzierte Produzenten richten. Wenn der
Antrag bewilligt wird, kann der Patient eine
Bestellung aufgeben und muss den aktuellen
Preis bezahlen, der etwas über dem Schwarzmarktpreis liegt. Danach muss er nur noch auf
den Kurier warten.
Der Schwarzmarktpreis liegt in Kanada
derzeit bei etwa 10 Dollar – Regierungssprecher gehen jedoch davon aus, dass der Preis
für legales medizinisches Marihuana innerhalb eines Jahres unter diese Marke fällt.
Holland würde gern legalisieren
er absurdeste Zug der holländischen Drogenpolitik ist vielleicht,
dass zwar jeder Erwachsene in
den Coffeeshops ohne Weiteres täglich 5
Gramm Ganja kaufen kann, die Cafés aber
nicht auf legalem Wege an das bei ihnen
verkaufte Marihuana kommen. Dieses System halten auch die Holländer für verfehlt –
heute hält die Mehrheit der Bevölkerung die
vollständige Freigabe für die Lösung. Nach
einer Umfrage im August würden 54 % der
Holländer für die Legalisierung stimmen
und nur 38 % dagegen. Obwohl auch unter
den Anhängern der beiden Regierungsparteien die Legalisatoren die Mehrheit stellen,
bemerkt man im Parlament nichts davon:
Wenn die Parteien die Meinung ihrer Wähler im Parlament vertreten würden, dann
müssten 129 Abgeordnete von insgesamt
150 der Legalisierung Dringlichkeit zusprechen. Demokratie hin oder her, 77 Abgeordnete möchten dennoch die Vorschriften für
die Coffeeshops verschärfen und insgesamt
73 würden es unterstützen, wenn die Cafés
legal an Cannabis kämen. Außerhalb des
D
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Parlaments tauchen immer wieder lokale
Initiativen auf. Utrecht legte beispielsweise
einen Plan für einen Cannabis Social Club
vor, wo die Mitglieder legal an das vom Club
gezüchtete Cannabis kommen könnten. Und
damit das Projekt sich nicht nur um den
Konsum zur Entspannung dreht, möchte
Utrecht gleichzeitig ein Programm starten,
das Hilfe für ungefähr 80 problematische
Drogenkonsumenten bietet. Utrecht steht
nicht alleine, insgesamt achtzehn Gemeinden taten kund, dass sie auf die eine oder
andere Art die Legalisierung des Cannabis
im Experiment erproben wollen – von der
Lizenz für den privaten Hanfanbau bis zu
gemeindeeigenen Plantagen. Das Scheitern
des “Wietpas” als Erlaubnisschein für den
Besuch im Coffeeshop auf der einen Seite
und den hohen Anteil der Legalisierungsbefürworter auf der anderen Seite vor Augen,
können die Holländer jetzt darauf vertrauen, dass sie mit weiterem Druckmachen aus
dem System der Quasilegalisierung in Richtung eines gesetzlich geregelten Marktes
voranschreiten können.
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facebook.com/MedijuanaMagazin
facebook.com/MedijuanaMagazin
MEDIZIN
Cannabis kann ein
wahrer Segen sein
“Die üblichen Schmerzmittel sedieren nur”
Christian ist Anfang 20
und ein Hanse-Junge
aus dem Norden, den es
nach Dortmund
verschlagen hat, wo er
als Informatik-Dozent an
einer Uni tätig ist. Für
ihn war Cannabis schon
ein Genussmittel, bevor
es sein Schmerzmittel
wurde.
text: Martin Müncheberg
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Medijuana: Bitte erzähle uns zunächst von
deinen gesundheitlichen Problemen und wie
du dabei auf Cannabis als Medizin gestoßen
bist.
Christian: Bei mir war es so, dass ich schon
mit 13 Jahren angefangen habe, Cannabis
zu rauchen – zu dem Zeitpunkt hatte ich
noch gar keine gesundheitlichen Probleme.
Insofern habe ich als reiner Freizeitkonsument angefangen, der etwa einmal pro Woche etwas rauchte. Als ich 15 wurde, kam
dann mein erster Bänderriss – das passiert,
wenn du mit dem Fuß um mehr als 90 Grad
so heftig abknickst, dass es richtig knackt.
Auf beiden Seiten ist mir das im Laufe der
Zeit nun schon vier Mal passiert – dadurch
hat sich bei mir ein chronischer Schmerz eingestellt, den ich schon immer mit starken Indika-Sorten betäubt habe. Denn wie gesagt
– ich rauchte ja schon vor dem ersten Unfall
gelegentlich Cannabis. Ich hatte zwar auch
von meinen Ärzten verschiedene Schmerzmedikamente bekommen, wie z. B. “Iboprofen 800”, doch die haben mich immer nur
komplett geplättet. Ich war praktisch nicht
mehr in der Lage, meinen gewohnten Alltag
zu leben und habe anfangs auch mit meinen
Ärzten darüber gesprochen, welche anderen
und möglicherweise besseren Schmerzmittel es da noch so gibt, aber ich fühlte mich
von den Ärzten da häufig einfach nicht ganz
ernst genommen – sie konnten sich offensichtlich gar nicht vorstellen, was da bei mir
passiert. Wenn ich über drei Stunden zu Fuß
unterwegs bin, setzt dieser pochende, unterschwellige Schmerz ein, der dann oft noch
weiter anschwillt. Ich kriegte dann auch
noch weitere Medikamente, die den Schmerz
zwar wirkungsvoll bekämpften, mich nebenbei aber auch nahezu apathisch werden ließen – also habe ich dann begonnen, jeden
Abend einen Joint zu rauchen. Das halte ich
auch heute noch so – was die nötige Dosis
für die schmerzlindernde Wirkung betrifft,
hat sich da nichts geändert.
M: Hält deine Familie zu dir und kannst du
mit ihr auch ganz offen über deine Medizin
sprechen?
C: Leider nein – meine Eltern sehen das
alles sehr kritisch und lehnen es eigentlich
komplett ab. Ich komme aus einem sehr
konservativen Haushalt mit vielen strengen
Regeln und Cannabis als Medizin zu nutzen
war keine von ihnen. Natürlich habe ich versucht, mit ihnen zu reden und habe ihnen
auch von meinen persönlichen Erfahrungen
mit Cannabis erzählt – allerdings bin ich bei
ihnen dabei nur auf völlige Ablehnung gestoßen. Aber ich gebe nicht auf und versuche immer mal wieder aufs Neue – man kann
ja nicht immer nur starr auf ein unsinniges
Gesetz schauen, was schon viel zu lange
existiert. Ich hoffe, meine Eltern werden sich
eines Tages doch noch ihr eigenes Bild machen – ich bleibe da jedenfalls dran.
M: Mischst du Cannabis eigentlich mit
Tabak oder rauchst du es lieber pur?
C: Ich bin es gewohnt, mit Tabak zu
rauchen – erst, als ich mal in Kanada war,
wurde mir bewusst, dass es anderswo eher
üblich ist, pur zu rauchen. Das hatte ich für
mich bis dahin gar nicht als Option gesehen.
Da in Kanada alle pur rauchen, habe ich das
dann auch probiert und fand es gar nicht so
schlecht, denn die gewünschte medizinische
Wirkung stellte sich hierbei auch in vollem
Umfang ein. Aber als gewohnheitsmäßiger
Raucher habe ich dann auch weiterhin
Zigaretten geraucht, und so mische ich auch
heute noch Cannabis mit Tabak.
M: In Kanada hast du ja wohl auch ganz
legal Cannabis als Medizin konsumieren
dürfen – wie kam das eigentlich?
C: Ich hatte einfach eine legitime medizinische Begründung für den Konsum – und
damit bin ich gleich nach meiner Ankunft in
Kanada zu einem einheimischen Arzt gegangen und habe ihm meine Geschichte erzählt.
Der Arzt hat mir dann direkt eine entsprechende Empfehlung ausgestellt – wobei man
vielleicht dazu sagen muss, dass das in Vancouver war, wo man hinsichtlich Cannabis
schon sehr liberal eingestellt ist. Mit dieser
Empfehlung konnte ich dann zur nächsten
Dispensary gehen und dort Mitglied werden.
Als solches konnte und kann ich dort ganz
legal medizinisches Marihuana erwerben.
M: Obwohl du gar kein Kanadier bist?
C: Davon wird medizinische Hilfe in Kanada nicht abhängig gemacht – ich musste
aber ein paar Mal meinen Reisepass vorzeigen.
M: Konsumierst du deine Medizin
hierzulande eigentlich auch ganz legal?
C: Nein, denn ich bin ja Selbstversorger
und so weit ist unsere Gesellschaft ja noch
nicht. Aber wenn dann die Pflanzen fast reif
sind und so richtig intensiv riechen, da ma-
33
MEDIZIN
che ich mir schon Sorgen um meinen illegalen Status. Da habe ich dann – übrigens erst
vor kurzem – mal darüber nachgedacht, ob
ich nicht mal die Bundesopiumstelle kontaktieren sollte, damit die mir das anerkennen.
Hier in Deutschland.
M: Einen Versuch wäre es sicher wert, wie
ich weiß, versuchen auch andere Patienten
schon eine Anbaugenehmigung für die
medizinische Selbstversorgung zu erstreiten ...
C: Ich glaube, da müsste ich mich erst mal
etwas genauer informieren, was da der beste
Weg ist – bisher habe ich zu der Thematik
immer nur zufällig etwas mitgekriegt. Dabei
schien es mir, dass man todkrank sein oder
unter höllischen Schmerzen leiden muss, um
eine Ausnahmegenehmigung für legales Medizinalcannabis zu kriegen. Im Prinzip wäre
ich daran schon interessiert, aber wie gesagt:
Die Idee kam mir erst vor kurzem – ich glaube, ich muss mich da erstmal intensiver mit
beschäftigen und genauer recherchieren. Erst
wenn ich den nötigen Kenntnisstand in der
Sache habe, werde ich mich dahingehend
entscheiden.
M: Du bräuchtest auf jeden Fall einen Arzt,
der deinen Antrag unterstützt – hast du da
jemanden?
C: In den vergangenen Jahren habe ich
mit einem guten Dutzend Ärzte über meine
Schmerzen gesprochen – die meiner Mei-
nung nach aber keiner dieser verschiedenen
Ärzte wirklich richtig ernst genommen hat.
Wenn die Sprache auf Cannabis kam, waren
die meisten regelrecht abgeneigt und manche wiesen mich direkt darauf hin, dass diese
Selbsttherapie meinen Führerschein gefährdet.
M: Hast du selbst auch schon mal die
repressive Seite unserer Gesellschaft
kennengelernt oder hat man vielleicht
tatsächlich mal versucht, dir den Führerschein
wegzunehmen?
C: Nein, zum Glück noch nicht – aber deshalb will ich auch lieber anonym bleiben und
in diesem Artikel besser nicht mit vollem Namen und Foto erscheinen.
M: Wie siehst du heute Cannabis als Medizin
und welche Zukunft würdest du dir für diese
alte Heilpflanze wünschen?
C: Für mich hat Cannabis einen sehr, sehr
hohen medizinischen Stellenwert. In Israel
hat man das schon viel besser verstanden –
dort werden ja mittlerweile sogar einige Holocaust-Überlebende mit Cannabis versorgt,
welches dort eine völlig anerkannte und legitime Medizin ist. Und die guten Ergebnisse
bei der Behandlung mit Cannabis sprechen
für sich. In Kanada habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie eine Frau, die gerade akut
unter Spasmen litt und querschnittsgelähmt
war, in einem Rollstuhl in die Dispensary geschoben wurde und komplett neben der Spur
war. Ich saß da und wartete mit einigen anderen, als sie heftig zuckend und zitternd an
uns vorbeigeschoben wurde – die Frau hatte ganz offensichtlich kaum mehr Kontrolle
über ihren Körper. Die Tür ging zu und wie
ich später erfuhr, bekam sie eine Pur-Pfeife
zu rauchen. Als sie fünf Minuten später wieder herausgerollt wurde, hatte sich das Bild
grundlegend geändert: Sie schien vollkommen geheilt – sie hatte keine Spasmen mehr
und lachte sogar fröhlich. Ganz offensichtlich
ging es ihr richtig gut. In dem Augenblick ist
mir klar geworden, dass Cannabis nicht nur
für mich, sondern auch für viele andere Menschen ein großer Segen sein kann.
VOLLBLUT
Hash Plant®
iese wertvolle Afghani-Sorte ist ein Abkömmling einer der
allerfeinsten Rassen für Haschproduktion, die je aus dem Hindukusch in den Westen gebracht wurde. Cannabissorten, die
grundsätzlich für die Haschproduktion geeignet sind, gibt es in allen
Ländern, die an dieses Gebirge angrenzen, aber nur ganz wenige haben die Rassenreinheit dieser Haschpflanze – ein absolutes Vorzeigemodell der untersetzten, kompakten und extrem klebrigen AfghanicaSorte.
Der direkte Vorfahre unserer Hash Plant wurde im Nordwesten
der USA entwickelt und in Form einiger Weibchen-Ableger vorsichtig
nach Holland gebracht. Nach ihrer Ankunft wurden die Hash PlantKlone sicher in den Sensi Seed Bank-Zuchtlabors untergebracht, wo
die außergewöhnliche Sorte schnell ihre Qualität bewies und zu einem
wichtigen Baustein in manch anderen Sensi-Hybriden wurde.
Während mehrerer Jahre wurden viele experimentelle Kreuzungen
durchgeführt, um einen Pollen-Vater zu finden, der der weiblichen HP
das Wasser reichen und mit ihr Samen produzieren könnte, die den
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Namen Hash Plant wirklich verdienen. Schließlich wurde ein würdiger
Partner gefunden: in Form eines Männchens aus der anderen AfghaniEdel-Familie – der Northern Lights. Ein 50/50 HP x NL #1-Vater wurde
rückgekreuzt mit der originalen HP-Mutter, was uns den 75 % HP /
25 % NL-Hybriden gab. Von all unseren Zuchtversuchen ergab diese
Kreuzung bei Weitem die stärksten Exemplare – sogar erfahrene niederländische Konsumenten konnten nur mit größter Mühe einen ganzen
Joint davon rauchen. Und so war die Hash Plant-Samenlinie geboren.
Hash Plant bleibt während ihrer extra-kurzen Blütezeit sehr kompakt. Ihre satten, harzgetränkten Blütenstände entwickeln in getrocknetem Zustand eine spröde Oberfläche und verströmen ein tiefes,
reiches Afghani-Aroma, versetzt mit dem leichten Unterton von Haschisch. Geraucht schmeckt man vor allem das würzig-herbe Aroma der
glänzenden Harzdrüsen – eine Erfahrung, die sich sehr bald nicht mehr
vom Effekt trennen lässt. Die sofortige Verdampfung der lagenweise
glänzenden Haare im Vaporizer beschleunigt den schnellen, wonnigen
und brutal starken Body Stone nur noch mehr.
VOLLBLUT
Guerilla‘s Gusto®
iese groß gewachsene, wunderschöne Sorte wurde über mehrere Jahre in Nordspanien entwickelt und getestet. Schließlich traten einige der Samen aus der besten Saison die Reise
nach Holland an. Sie waren ein Mitbringsel für Sensi von einem treuen
Kunden. Guerilla‘s Gusto begann als eine ungewöhnliche Kombination
völlig unterschiedlicher indischer Sorten. Eine kam aus dem Norden,
die andere aus dem Süden des Subkontinents. Nordindisches Ganja ist eine klassische Indica, während die weniger bekannten Sorten
aus dem Süden deutlich tropischer sind und starke Sativa-Qualitäten
aufweisen. Um mehr Gusto in diese Hybride zu bekommen und um
es ihren Nachfahren zu ermöglichen, in weniger warmen Klimazonen zu gedeihen, wurde sie mit verschiedenen Sensi-Elternpflanzen
gepaart, deren Widerstandskraft bekannt war. Natürlich war Skunk
ein offensichtlicher Kandidat, aber es gibt noch ein paar andere sehr
interessante (und möglicherweise auch überraschendere) Elemente in
D
der finalen Version der Guerilla‘s Gusto-Samenlinie. Zusammen geben
ihr diese weitaus mehr Power, als der niedrige Preis suggerieren mag.
Die definitive, akklimatisierte Version der Hindi-Hybride von Sensi
erwies sich nachträglich als noch größer, frühblühender und widerstandsfähiger als erwartet. Dies ist der Grund, warum sie Züchtern des
Guerilla-Stils mehr und mehr empfohlen wurde. Im Frühjahr, sobald aus
den Sämlingen Pflänzchen geworden sind, kann man Guerilla‘s Gusto
draußen an einem sonnigen Ort aussetzen und der Natur freien Lauf
lassen. Solange die Pflanzen in gutem Boden stehen und regelmäßig bewässert werden, brauchen sie während der restlichen Wachstumsphase
kaum bis überhaupt keine Pflege.
Züchter sollten allerdings nicht davon ausgehen, dass diese Guerillas
sich im Unterholz verstecken. Die große, bärenstarke Sorte kann eine
beeindruckende Höhe erreichen – ganz speziell dann, wenn man sie
während der gesamten Freilandsaison ungehindert wachsen lässt.
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MEDIZIN
Mit den Augen eines
Erwachsenen in die Kindheit
Über Dr. Gabor Matés Ayahuasca-Therapie
Zum Erscheinen der ungarischen Ausgabe von Scattered Minds, seinem Buch
über das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS), besuchte Dr. Gabor Maté Budapest.
Auf der Veranstaltung PsychoAktivität konnten ihn die an der psychedelischen Kultur
Interessierten zu ihrer großen Freude über die Ayahuasca-Therapie und die auf
diesem Gebiet gesammelten Erfahrungen befragen.
nde der 1990er Jahre machte ein Buch
über die therapeutische Nutzung von
LSD des in Vancouver lebenden ungarischen Psychotherapeuten András Feldmár Furore. Das aus Vorträgen entstandene
Rainbow of States of Consciousness wurde
innerhalb kürzester Zeit ein Hauptwerk der
psychedelischen Kultur. Feldmár fand sich
bald in der Rolle des LSD-Gurus wieder und
präsentierte seine radikal erscheinenden Ansichten über die positiven seelischen Aspekte
von psychedelischen Trips auf zahlreichen
Vorträgen vor vollem Haus. Nach der Jahrtausendwende ließ der Hype um die Halluzi-
E
40
nogene beträchtlich nach. Feldmár begann,
sich für andere Themen zu interessieren
und statt über Trips, hielt er lieber Vorträge
über Liebe, Mut, Angst oder Tod. Doch die
Geschichte wiederholt sich. Ein zweiter in
Vancouver lebender und praktizierender Arzt
und Therapeut tauchte auf, der, ausgehend
von der Behandlung von Kindheitstraumata,
das Potenzial entdeckte, das die Psychedelika in sich bergen. Dr. Gabor Maté besuchte Ungarn anlässlich des Erscheinens seines
Buches über das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und berichtete über seine Erfahrungen
mit Psychedelika.
Traumatrip
Das Interesse übertraf alle Erwartungen –
die Hörer drängten sich dicht an dicht. Eine
Gruppe von dreißig Leuten setzte sich, da sie
keine andere Möglichkeit sah, auf die Bühne,
andere drängten sich in den Eingangstüren,
und trotzdem mussten viele draußen bleiben.
Péter Sárosi, der Leiter des drogenpolitischen
Programms der HCLU (Hungarian Civil Liberties Union) fragte zunächst nach Matés
Verhältnis zu Feldmár. Nach der Antwort zu
urteilen, war es kein besonders harmonisches.
Maté formulierte etwas schwammig, dass
sie zu 90 % übereinstimmten, die 10 % Meinungsunterschied zwischen ihnen aber genau die wesentlichen Fragen beträfen. Nach
diesem boulevardmäßigen Auftakt sprach er
darüber, warum man Krankheiten nicht vom
Bewusstsein trennen und nur als Funktionsstörung des Körpers behandeln dürfe. Kurz
darauf kam er zu dem Grundgedanken, der
sich durch all seine Werke zieht – zu den
Kindheitstraumata, die seiner Meinung nach
die Hauptursache der schweren Krankheiten
und Abhängigkeiten in der späteren Lebensphase sind. Nach Matés Auffassung versuchen die meisten Suchtkranken, sich mit den
Drogen selbst zu heilen, gelangen aber nur
bis zur Therapie der Symptome und verfallen
außerdem der Droge. Der Arzt beschäftigt sich
schon seit Jahrzehnten mit Suchtkranken und
seine Theorie reifte, als die Psychedelika an
seine Tür klopften. Nach seinen Erinnerungen
begann alles damit, dass immer mehr Leute
seine Meinung zur Therapie mit der Pflanze
Ayahuasca wissen wollten, welche ihm damals kein Begriff war. Die Fragen nahmen
kein Ende, und in ihm reifte der Entschluss,
sich einweihen zu lassen. Bei der Zeremonie
unter Leitung peruanischer Schamanen trank
er zusammen mit vierzig Reisegefährten Ayahuasca. Der Gesang der Schamanen – von
dem er kein Wort verstand – und die ganze Zeremonie spielten eine ebenso wichtige
Rolle bei diesem Erlebnis wie das scheußlich
schmeckende Ayahuasca. Eine Stunde nachdem er das Gebräu zu sich genommen hatte,
liefen ihm Tränen über das Gesicht, öffnete
sich sein Herz und er spürte grenzenlose Liebe. Zum Verständnis der Geschichte erzählte
Maté von seiner eigenen traumatischen Kindheit, von den Verletzungen, die er im Alter
von ein bis zwei Jahren im Budapester Ghetto
erlitten hatte und die nach seinem Empfinden
bis zum heutigen Tage seine Persönlichkeit
grundlegend beeinflussten. Erst als Erwachsener erfuhr er, dass seine Mutter gezwungen
gewesen war, ihn aus Sicherheitsgründen ein
paar Wochen bei einer anderen Frau unterzubringen, was er als Kleinkind als Liebesentzug
erlebt haben musste. Er hat den Verdacht,
dass er deshalb, nachdem er Liebe empfangen hat, immer mit Schmerzerfahrung rechne.
Unter der Wirkung von Ayahuasca verflogen
die Schwierigkeiten im Erleben von Liebe mit
einem Mal und er verstand, dass er sein ganzes Leben lang vor der Liebe geflohen war,
obwohl er sie immer in sich trug. Maté meint,
die Heilung bestehe darin, mit den Augen eines Erwachsenen in die eigene Kindheit zu
schauen und die erlittenen Traumata zu verstehen. So wie es ihm ergangen war. Natürlich
sind die Erfahrungen von Person zu Person
andere, aber mit einer entsprechend geleiteten Ayahuasca-Reise würde jeder mit den für
ihn grundlegenden Gebieten konfrontiert und
könne verstehen, woran er arbeiten muss, um
gesund zu werden.
Therapeut im Underground
Mit der Verbreitung seiner Erfahrungen und
seiner Teilnahme an Ayahuasca-Sitzungen
verwandelte sich Gabor Maté langsam in
einen Guru. Der kanadische Sender CBC
brachte einen Dokumentarfilm, in dem
Maté das Ayahuasca vorstellt und über die
Therapien an seiner Person und seine Erfahrungen spricht. Nach der Ausstrahlung
des Films suchte ihn der oberste staatliche
Gesundheitsbeauftragte auf und bat ihn,
die Experimente mit illegalen Mitteln aufzugeben. Das versprach der Arzt auch – aber
wie er betonte, versprach er es nur – und
setzte seine Therapie im Untergrund fort.
Hinsichtlich der Forschungen zu Ayahuasca sagte Maté, dass sie ihn nicht sonderlich interessierten, da er schon vor Jahren
das therapeutische Potenzial erkannt habe,
das in ihm steckt, was auch die Ergebnisse
seiner Therapien belegten. Physisch ist das
Ayahuasca für den Menschen überhaupt
nicht gefährlich. Seiner Meinung nach sollten lediglich Menschen, die an bestimmten
mentalen Krankheiten leiden, den Gebrauch
meiden. Vergebens hätte man eine solch
wirksame Medizin zur Hand, wenn die Politiker das Unbekannte fürchteten und sich
nicht trauten, die Therapie zu genehmigen.
Auf der anderen Seite hänge die Mehrheit
der Ärzte an den gewohnten Heilmethoden,
die oft zu einer jahrelangen Medikation
führten. Ein weiteres Problem bestehe darin,
dass sich die Wirkungen des Ayahuasca nicht
unter objektiven (Labor)Bedingungen untersuchen ließen, weil einerseits jedes Ayahuasca-Getränk die Substanzen in immer ein
wenig unterschiedlichen Anteilen enthalte
und daher die Dosierung schwanke. Andererseits könne man den Schamanengesang,
der ein Grundelement der Therapie darstelle, nun wirklich nicht unter das Mikroskop
legen. Wenn aber die rituellen Elemente
der Ayahuasca-Zeremonie weggenommen
und das Originalgebräu durch einen Extrakt
von genauer Dosierung ersetzt werden würde, das der Patient in einem geschlossenen
Raum unter den beobachtenden Blicken der
Fachärzte einnähme, dann würden radikal
andere Wirkungen hervortreten, die absolut
nicht günstig für die Heilung wären.
Daher beschloss Dr. Maté, nicht länger
zu warten, bis die Wissenschaft es gutheißt,
sondern seine eigene Ayahuasca-Praxis aufzunehmen und zwar dergestalt, dass er sich
mit mehreren Teilnehmern zurückzieht. Die
ersten Tage vergehen mit Gesprächen, in
welchen die Motive offengelegt werden, die
zum Ayahuasca geführt haben und die Absichten, die sich mit ihm verbinden. Dann
beginnt der von Schamanen geleitete Trip.
Anschließend vergehen ein bis zwei Tage
damit, dass die Erlebnisse besprochen und
weiterführende Pläne zu einer dauerhaften
Besserung der Lebensqualität geschmiedet
werden. Auf Befragen sagte er, dass seiner
Meinung nach eine entsprechend überwachte Therapie mit LSD, Zauberpilzen oder
Meskalin genauso tauglich zu einer Therapie
sein könne wie das Ayahuasca, und er mache keinen Hehl daraus, dass er nach dem
Ayahuasca-Erlebnis auch andere Psychedelika gekostet habe, die seine Sicht der Dinge
erweitert hätten. Wie vertrauen darauf, dass
er uns – nach den großartigen Büchern über
die Krankheiten – mit einer Lektüre über die
psychedelische Therapie fesseln wird.
text: Tomas Kardos
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43
VOLLBLUT
Skunk Kush®
ie der Name schon sagt, vermischt die neueste der Skunk
Varianten von Sensi die rein afghanischen Gene von Hindu
Kush mit der explosiven Kraft und nimmerendenden Leistung
von Skunk #1. Leider ist die Tatsache weniger bekannt, dass es mehrere Generationen von Kreuzungen in der Geschichte der Skunk Kush
gegeben hat, die dieser Sorte einen deutlich anderen Charakter gaben.
Skunk Kush hat die kräftigen Äste und die dunkle, ledrige Belaubung
ihrer afghanischen Eltern und zeigt die Größe und Kraft von Skunk, wobei sie normalerweise während der Blust um ca. 150 % ihrer vegetativ
gewachsenen Höhe zulegt, manchmal sogar noch mehr. Aber die echte
Sensation in diesem scharfen, haschigen Eintopf von Cannabissorten ist
die Formation der Buds.
Dicke, afghanische Brocken sind durchaus normal beim Ziehen von
Skunk Kush, und unsere favorisierten Phenotypen zeigen eine unglaubliche, turmartige Blütenstruktur aus traubenförmigen Büscheln von
Buds – ganz offenbar ein “Rücksprung” zu den Sativa-Vorfahren von
Skunk #1. Die wallenden Blütenkelche sorgen für feste, halb geöffnete
Buds, die einerseits natürlich Gewicht bringen, andererseits aber auch
W
44
viel Oberfläche für die Entwicklung von Harzdrüsen bieten. Einige Trichome entwickeln Köpfe, die so groß und rundlich sind, dass beobachtende
Pflanzer tatsächlich zusehen können, wie diese anschwellen, um kurz vor
der Ernte die Farbe zu ändern.
Wenn man sie in der natürlichen Form wachsen lässt oder die untersten Äste entfernt, wird der zentrale Bud der Skunk Kush bei den meisten
Pflanzen mindestens die Hälfte des Hauptstammes ausmachen – bei den
etwas mehr geöffneten, leicht Sativa-mäßigen Weibchen sind es sogar bis
zu 75 %. In der gesammten Sorte werden die Musknoten von Skunk und
die dunklen, harzigen Afghani-Töne kontrastiert von einem Hauch Zitrusschale. Die allerbesten Phenotypen erreichen sogar absolut sensationelle
Niveaus im Geruch – mit verführerisch-scharfem Zitronen- und Mentholaroma, das dem Gaumen schmeichelt und die Atemwege öffnet.
Ein dröhnender Body-Stone ist der hauptsächliche Effekt, den man
beim Genuss der Afghani-lastigen Weibchen verspürt, während die Skunk
Sativa-“Rückschläge” einen feinen Seitenhieb dazufügen. Ein verträumtes, vergnügtes High mit viel Gekicher und roten Äuglein darf man auf
jeden Fall von Skunk Kush erwarten.
VOLLBLUT
Serious 6
erious 6 wurde durch die Kreuzung von Sativa-Landrassen aus Afrika mit Sorten aus Kanada gezüchtet. Es
war unser Ziel, eine Sorte zu kreieren, welche äußerst
schimmelresistent und früh erntereif ist – in einem kalten
und feuchten Klima bis spätestens Ende September. Draußen
wächst sie hoch, mit vollen Blüten, wenigen Blättern und bildet
eine extrem dicke Lage Kristalle. Etwa die Hälfte der Pflanzen
zeigt wunderschöne rosa Blütennarben im Wachstum, welche
am Ende der Blütezeit durch lila Töne in den Blüten und Blättern abgelöst werden. Die Serious 6 ist eine beinah reine Sativa
mit einer sehr kurzen Blütezeit, welche auch drinnen spektakuläre Ergebnisse liefert. Sie wird sehr voluminös und produziert
S
48
große, dichte Blüten, die glänzend mit Kristallen überzogen sind.
Das Aroma von Serious 6 ist in Schichten aufgebaut: zitronig,
anisartig, würzig, frisch – um nur einige der erkennbaren Aromen zu nennen. Ihr Effekt ist ein kristallklares High im Kopf,
welches aktiviert und kreativ macht. Auf der Hanfmesse Spannabis 2013 wurde ein Indoor-Bud im CANNA-Labor getestet, dieser
hatte mit 17 % THC den höchsten gemessenen Wert ALLER
Sorten an diesem Tag! Direkt nach der Markteinführung gewann
Serious 6 ihre erste Auszeichnung: 2. Platz beim Highlife Cup in
Amsterdam in der Kategorie Bio-Gras. Und drei Monate später im
September 2013 dann noch den 3. Platz in der Kategorie Sativa
beim Exprogrow Cup in Irún, Spanien.
CANNA+GLOBE
Gleich zu Beginn müssen
wir zugeben, dass wir auf
die im Untertitel gestellte
Frage keine Antwort
wissen, sicher weiß sie
auch sonst niemand.
Ansätze und
Theorien gibt es, wir
haben auch eigene Ideen
dazu, möchten jetzt aber
niemanden mit
Amateur-Welterklärungen
langweilen. Viele
werden zustimmen, dass
im Augenblick die
wertvollste
Erfahrung von Zeit liegt,
aber es ist bestimmt
sinnvoll, zuerst zu klären, was der Augenblick
und die Zeit eigentlich
sind. Warum empfinden
wir die Zeit einmal als
schnell, ein andermal als
langsam und manchmal
wiederum ganz anders
als andere Menschen?
Warum ändert sie sich
ständig? Oder ändert
sich nicht die Zeit,
sondern der Betrachter?
Gibt es überhaupt eine
Zeit, die keiner misst?
Gibt es überhaupt
eine Zeit?
text: Gabor Holland
52
Zeit und Zeitgefühl
Ist der Augenblick in der Zeit oder
die Zeit im Augenblick?
ie Antwort auf die letzte Frage liegt
auf der Hand: Die Zeit gibt es, und sie
ist permanent. Wenn aber die Welt so
einfach wäre, könnte man sie aus der Weinstube an der Ecke steuern. Tatsache ist, dass
ein Tag 24 Stunden hat, eine Stunde 60 Minuten, was 60 Sekunden sind und so weiter, das ändert sich nicht. Ein Jahr besteht
aus 365 Tagen seit ..., also schon sehr lange.
Das aber ist nicht die Zeit, sondern ein paar
Übereinkünfte über sie, und das ist nur zum
Teil richtig. Einerseits haben wir nicht immer
den heutigen Kalender benutzt – das Mondjahr hat zum Beispiel nur 364 Tage. Wir haben die Zeit nicht schon immer gemessen,
und schon gar nicht schon immer so erlebt,
wie wir es heute tun.
Die Physik betrachtet die Zeit zusammen
mit dem Raum als sogenannte Grundeinheiten und bestimmt andere physikalische Begriffe wie Geschwindigkeit, Kraft und Energie
mit ihrer Hilfe. Den Begriff der Zeit können
wir nur operativ definieren, das heißt, indem
wir die angewandte Messmethode und die
gewählte Maßeinheit beschreiben. In diesem
D
Kontext betrachten wir die Zeit als physikalischen Begriff, der messbare Parameter hat
(physikalische Zeit). Nach Newtons “realistischer Sichtweise” ist die Zeit ein Grundbestandteil des Universums, eine Ausdehnung,
in der Ereignisse der Reihe nach stattfinden
(newtonsche Zeit). Seiner Auffassung nach
ist die Zeit eine real messbare Substanz, die
“fließt”, und in der die Gegenstände aus der
Vergangenheit in die Zukunft “fortschreiten”. Die Zeit an sich ist aber nicht so exakt
oder objektiv. Einsteins Relativitätstheorie
beschreibt die Zeit als physikalisches Naturphänomen mit einem subjektiven Charakter. Nach der Theorie von Herman Minkowski (die auf der Relativitätstheorie aufbaut)
verfügt ein gegebener Punkt in einem Koordinatensystem neben der Ausdehnung im
Raum auch über die auf die Zeit bezogenen
Eigenschaften. Das ist die vierdimensionale
Raum-Zeit-Ansicht, in der sinngemäß die
Zeit die vierte Dimension ist.
Um es noch ein wenig komplizierter zu
machen, existiert auch die sogenannte “idealistische Anschauung”, nach der die Zeit kein
Grundbestandteil des Universums ist, keine
Dimension, sondern ein grundlegender, organischer Teil des menschlichen Geistes, zusammen mit solch abstrakten Begriffen wie
Raum oder Zahl. Diese Theorie stammt von
Kant. In seinem Werk Die Kritik der reinen
Vernunft beschreibt er die Zeit ähnlich wie
den Raum als von der Erfahrung unabhängig
wahrnehmbar (kantsche Zeit). Seiner Meinung nach sind weder Raum noch Zeit Wirklichkeit (so wie die Materie), sondern beide
das beoachtende Eine, der zur Erklärung der
Erfahrungen des Subjekts nötige Teil des
seelischen Gefüges. Die räumlichen Messungen bestimmen die physikalische Entfernung
der Dinge, zeitliche Entfernungen bestimmen wir mit dem Messen der Zeit. Und damit
können wir die Bewegung der Gegenstände
ins Verhältnis zueinander setzen. Tatsache ist auf jeden Fall, dass im Großen und
Ganzen unser Verhältnis zur Zeit bestimmt,
mit welcher Genauigkeit und Detailliertheit
wir in der Lage sind, zu beobachten und zu
messen.
Wenn jedoch die Zeit nur zusammen mit
der beobachteten Veränderung interpretierbar ist (z. B. durch eine Bewegung oder das
Eintreten eines Ereignisses), dann können
wir das im Verhältnis zu der besagten Beobachtung als relative Menge betrachten.
Seit der Urknalltheorie (Big Bang) existiert
indessen die galaktische Zeit(-rechnung), die
wir gegenwärtig auf unsere bekannte Welt
bezogen als absolut betrachten. Demnach
kann man die Zeit als Ansteigen der Entropie
des Universums auffassen, was in gewisser
Weise für Newtons Begriff der absoluten Zeit
grundlegend ist.
Zeitgefühle
Im Gegensatz zu den beschriebenen physikalischen Bezügen der Zeit ist das (Er-)
Fühlen der Zeit ein ungleich komplizierterer
psychologischer Prozess. Grundlage dafür ist
unsere Fähigkeit, die Länge einer bestimmten Periode direkt (sogar ohne Messung) zu
erfassen und mit einer anderen Zeitdauer zu
vergleichen. Diese vergleichende Bewertung
ist die Grundlage für unser komplexes und
individuelles Verhältnis zur Zeit.
Die Zeit, wiewohl wir sie spüren, steht mit
keinem unserer Sinnesorgane in Verbindung.
Die Zeit besteht jedoch aus einer Abfolge von
Geschehnissen, bei denen unsere Sinnesorgane pausenlos Reize wahrnehmen – diese bilden zusammen die Grundlage unserer Wahrnehmung. Eigentlich könnten wir sagen, dass
wir die Zeit gleichzeitig sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen. Die vergangene
Zeit beurteilen wir im Allgemeinen nicht als
kurz oder lang, je nachdem, wie viele Minuten, Tage oder Jahre im physikalischen Sinne
vergangen sind, sondern wie wir die in der
vergangenen Periode wahrgenommenen Reize beurteilen. Auch wenn all unsere Sinne
gleichzeitig “verstummen” würden, wären wir
doch eine Zeit lang in der Lage, das Vergehen
der Zeit zu spüren.
Unsere individuelle Zeitrechnung beginnt
mit der Geburt, aber unser Bewusstsein ist
erst viel später in der Lage, den Begriff der
vergehenden Zeit zu erfassen. Als Erwachsene
gemahnt uns unsere Umgebung – die ständigen Veränderungen unseres Körpers, das Altern, das Bewusstsein des nahenden Todes –
an das Vergehen der Zeit. Unser individuelles
Verhältnis zur Zeit ist in Wirklichkeit nichts
anderes als unser Verhältnis zu uns selbst, zu
unserem eigenen Leben oder in kleineren Einheiten zu den einzelnen Lebenssituationen.
Das Gefühl wird gleichermaßen beeinflusst
von Abgeschiedenheit, Weltanschauung, der
religiösen Überzeugung und der kulturellen
Einbindung. Die gefühlte Zeit kann weder als
absolut noch im wissenschaftlichen Sinn als
vertrauenswürdig betrachtet werden. Sie gehört eher in die Welt des Glaubens.
Gelebte Zeit
Henri Bergson, der französische Philosoph
und Nobelpreisträger, betrachtete die Zeit
weder als ein faktisches homogenes Medium (Newton), noch als ein geistiges Gefüge (Kant), sondern als etwas, das “Dauer”
hat. Bergson bezeichnete diese “Dauer” als
Schöpfungsfähigkeit, die der Wirklichkeit
53
CANNA+GLOBE
Substanz gibt und als Erinnerung, welche
die Fantasie nur mit einfacher Intuition fassen kann. Den Begriff der Dauer erläutert er
detailliert in L’Evolution Créatrice (1907).
Demnach ist die Zeit keine mathematische
Abstraktion, keine sachlich messbare “UhrZeit”, sondern vielmehr eine Art individuelles
Gefühl, wie die Wonne oder die Schönheit.
Dieses Verständnis der Zeit als individuelles Erleben (Bergson-Zeit) ist die Grundlage
für das Phänomen der “Zeit-Krümmung”.
Dieses könnte man beschreiben mit dem
Spruch, “In den letzten zwanzig Minuten sind
zwei Minuten vergangen”, den man oft von
Bekifften hört. Warum die gleiche Zeitdauer
verschiedenen Menschen als unterschiedlich
lang erscheint, ist ein Phänomen, mit dem
sich Erforscher des “mentalen Zeitmaßes”
beschäftigen. Sie haben beobachtet, dass
dieses Phänomen in erster Linie mit unserer
Gefühlsverfassung zusammenhängt. Wenn
wir ein bestimmtes Ereignis als interessant,
spannend, angenehm oder begehrenswert
empfinden, dann spüren wir, wie die Zeit
sich regelmäßig verschnellert. Nehmen wir
etwas als langweilig oder unangenehm wahr,
verlangsamt sich die Zeit für uns. Ein solches
Gefühl der Zeit nennen wir “gelebte Zeit”.
Wenn wir die Zeit anhand der gemachten Erfahrungen messen würden, könnten wir beispielsweise feststellen, dass ein Jahr für ein
fünfjähriges Kind 20 % seines Lebens und
seiner Erfahrungen darstellt. Für einen Fünfzigjährigen wären es dagegen nur 2 %. Für
ein Kind kann sich ein Jahr wie eine Ewigkeit
54
ausdehnen, während es für jemanden über
50 schnell vorübergeht.
Verändertes Zeitbewusstsein
Einige psychoaktive Stoffe, zum Beispiel die
Entheogene, sind in erstaunlichem Maße fähig, unser Zeitgefühl zu beeinflussen. Das
Phänomen ist umso interessanter, als die Veränderung des Zeitgefühls nicht nur in eine
Richtung geht. Durch die Wirkung von LSD,
Zauberpilzen (Psilocybe cubensis, Psilocybe
mexicana), Peyote (Lophophora williamsii)
oder Kugelkaktus kann die Uhr zu einem
sehr seltsamen Mittel werden – die von ihr
angezeigte Zeit stimmt nämlich nicht unbedingt mit dem Empfinden des Betrachters
überein. Die Zeit verlangsamt sich manchmal,
sie bleibt manchmal sogar stehen, oder man
sieht sie sich rückwärts drehen. Die Ereignisse
verlieren ihre Aufeinanderfolge, die Reihenfolge gerät durcheinander. Der Betrachter
findet: “Unglaublich, dass es erst acht Uhr
ist, aber was heißt denn acht Uhr schon?”
Wenn die Schranken des Empfindens von
Raum und Zeit fallen, verringert sich auch
die Bedeutung der Zeit. Die psychoaktiven
Mittel beeinflussen je nach ihrem Charakter
das Zeitgefühl. Der Gebrauch von Stimulanzien verursacht sowohl beim Menschen
als auch bei Tieren eine Unterschätzung der
Zeitintervalle. Antidepressiva dagegen haben
eine entgegengesetzte Wirkung auf unsere
Sinne. Diese Phänomene können mit dem
Dopamin- und Adrenalinspiegel im Hirn in
Zusammenhang gebracht werden. Hinter der
abweichenden Einschätzung der Zeitintervalle könnte der Wechsel im Neurotransmitterspiegel im Hirn stehen. Die Forschungen
deuten darauf hin, dass bestimmte Gebiete
der Hirnrinde – unter anderem der rechte
Hirnlappen und der vordere Hirnlappen auf
der rechten Seite sowie das Kleinhirn und
die Basalganglien – in dem biochemischen
Prozess des Zeitempfindens gleichermaßen
eine Rolle spielen. Konsumenten bestimmter bewusstseinsverändernder Mittel können
grenzenlose Zeitlosigkeit erfahren und in einen Zustand der seelischen, bewussten Unendlichkeit geraten. Das Erlebnis, außerhalb
der Zeit zu sein, ist ein wichtiges Element der
bewusstseinserweiternden Reisen. Weniger
psychedelisch wirkende Mittel – wie auch das
Marihuana – beeinflussen unser Zeitgefühl
weniger.
Die Zeit bildet ein wichtiges Element innerhalb buddhistischer Lehren, die aus der
Urheimat des Cannabis – dem Himalaja –
stammen. Primäres Ziel ist die Selbstreflexion
des Geistes, die die Zeiterfahrung verändert,
jedoch ohne äußere, chemische Reize. Durch
ständiges, monotones Wiederholen der Mantras – nicht selten über Wochen –, der speziellen Atemtechnik und der Konzentration
ist ein Zustand des “Eintretens ins Jetzt” erreichbar. Oft wird dieser Zustand einfach nur
der “Augenblick” genannt. In diesem Zustand
hört der Betrachter auf, die psychische Welt
zu empfinden und gerät in eine stofflose, unendliche, zeitlose Wirklichkeit.
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