ŒURS 12 OkT 2013 - Festspielhaus St. Pölten
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ŒURS 12 OkT 2013 - Festspielhaus St. Pölten
FEST/SPIEL/HAUS/ ST/POELTEN/ Alain Platel C(H)ŒURS 12 okt 2013 www.festspielhaus.at Programm / C(H)ŒURS 3 „C(H)ŒURS“ ist eine Hommage an das menschliche Dasein, an das Überleben, an das Verbinden von Verstand und Emotionen und an die Haltung, eine eigene Persönlichkeit im Angesicht einer Gruppe zu bewahren. Alain Platel C(H)ŒURS Ein Projekt von Alain Platel Musik von Giuseppe Verdi & Richard Wagner Teatro Real Madrid les ballets C de la B Tonkünstler-Orchester Niederösterreich Samstag 12. Oktober 2013, 19.30 Uhr Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal Dauer: ca. 2 Stunden (ohne Pause) Künstlergespräch mit Alain Platel und Brigitte Fürle Kleiner Saal, 18.30 Uhr Künstlerische Leiterin Festspielhaus St. Pölten: Brigitte Fürle Besetzung / C(H)ŒURS 5 Alain Platel: C(H)ŒURS Musik von Giuseppe Verdi und Richard Wagner Marc Piollet Musikalische Leitung Alain Platel Konzeption, Choreografie, Bühne Andrés Máspero Chordirektor Carlo Bourguignon Lichtdesign Dorine Demuynck Kostüme Steven Prengels Zusätzliche Musik Bart Uyttersprot Sounddesign Hildegard De Vuyst Dramaturgie Jan Vandenhouwe Musikdramaturgie Coro Intermezzo – Teatro Real Madrid Chor Tonkünstler-Orchester Niederösterreich les ballets C de la B Tanz und Kreation Bérengère Bodin, Daisy Ransom Phillips, Ido Batash, Juliana Neves, Lisi Estaras, Quan Bui Ngoc, Romain Guion, Romeu Runa, Rosalba Torres Guerrero, Serge Aimé Coulibaly TänzerInnen Emile Clarisse, Eliot Clarisse Kinder C(H)ŒURS Eine Produktion von Teatro Real Madrid und les ballets C de la B. 6 C(H)ŒURS / Besetzung Coro Intermezzo – Teatro Real Madrid Sopran Debora Abramowicz, Legipsy Álvarez, Carmen Arrieta, Ana Maria Fernández Sancho, María Fidalgo, Consuelo Garres, Esther González, Victoria González, Oihane González, Cristina Herreras, Jung A Ko, Anne McMillan, Pilar Moráguez, Aurora Parra, Natalia Pérez, Mayca Teba, Cristina Van Roy, Zornitsa Zlatkova Alt Cristina Alcaide, Mar Álvarez, Oxana Arabadzhieva, Nazaret Cardoso, Mª Dolores Coll, Beatriz de Gálvez, Paula Iragorri, Celine Kot, Roberta Minnucci, Ramona Mirabella, Miriam Montero, Carolina Muñoz, Iria Rajal, Florencia Romero, Liliana Rugiero, Tenor Álvaro Andrés, Fernando Campo, Adrián Castagnino, César de Frutos Damián Díaz, Charles Dos Santos, José Alberto García, Alexander González, Bartomeu Guiscafre, Gaizka Gurruchaga, Pablo Henares, Antonio Magno, José Carlo Marino, Pablo Oliva, Miguel Ángel Ortega, Igor Peral, Carlos Silva, José Tablada, Álvaro Vallejo Bariton Carlos Carzoglio, Sebastián Covarrubias, Francisco García, Pablo García, Claudio Malgesini, Harold Torres, Igor Tsenkman Pianisten und Assistenten des Chordirektors Miguel Ángel Arqued, Roberto Balistreri Chordirektor Andrés Máspero C(H)ŒURS Bass Rubén Belmonte, Abelardo Cárdenas, Ramón Cifuentes, Vasco Fracanzani, Domenico Laviola, Manuel Lozano, Iñigo Martín, Elier Muñoz, Ivaylo Ognianov, José San Antonio, Luis Fernando Tangarife 8 C(H)ŒURS / Programm Programm / C(H)ŒURS 9 Musik von Giuseppe Verdi (1813–1901) & Richard Wagner (1813–1883) Giuseppe Verdi Dies irae und Tuba mirum aus „Messa da Requiem“ Giuseppe Verdi Agnus Dei (Ausschnitt) aus „Messa da Requiem“ Richard Wagner Vorspiel zum I. Aufzug aus „Lohengrin“ Giuseppe Verdi „Patria oppressa“ Chor der Flüchtlinge aus dem IV. Akt aus „Macbeth“ Richard Wagner Pilgerchor und Finale aus dem III. Aufzug der Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ Einspielung historischer Aufnahmen von „Parigi, o cara“ aus „La Traviata“ von Giuseppe Verdi und „O du mein holder Abendstern“ aus „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ von Richard Wagner Giuseppe Verdi Dies irae (Ausschnitt) aus „Messa da Requiem“ Richard Wagner „Wacht auf!“ aus „Die Meistersinger von Nürnberg“ Giuseppe Verdi „Va pensiero“ Chor der Gefangenen aus „Nabucco“ Richard Wagner „Heil! König Heinrich! Heil!“ aus dem III. Aufzug der Oper „Lohengrin“ Giuseppe Verdi Vorspiel zum III. Akt aus „La Traviata“ Giuseppe Verdi Libera me (Ausschnitt) aus „Messa da Requiem“ Giuseppe Verdi Vorspiel zum I. Akt aus „La Traviata“ Giuseppe Verdi „Soccorri a noi pietosa“ (Ausschnitt) Chor der Priesterinnen aus „Aida“ Zusätzliche Musik von Steven Prengels Richard Wagner Vorspiel zum III. Akt aus „Die Meistersinger von Nürnberg“ Die Sprechtexte stammen aus den Werken von Marguerite Duras (1914–1996). Text / C(H)ŒURS 11 Giuseppe Verdi Dies irae aus „Messa da Requiem“ Tag des Zornes Dies irae, dies illa Solvet saeclum in favilla. Teste David cum Sibylla. Quantus tremor est futurus, Quando judex est venturus, Cuncta stricte discussurus. Tag des Zornes, Tag der Klage, der die Welt in Asche wandelt, wie Sybill und David zeuget. Welches Zagen wird sie fassen, wenn der Richter wird erscheinen, Recht und Unrecht streng zu richten. Tuba mirum aus „Messa da Requiem“ Die Posaune, wundertönend Tuba mirum spargens sonum Per sepulchra regionem, Coget omnes ante thronum. Die Posaune, wundertönend, durch die grabgewölbten Hallen alle vor den Richter fordert. C(H)ŒURS Richard Wagner Pilgerchor aus „Tannhäuser“ Beglückt darf nun dich, o Heimat, ich schauen und grüßen froh deine lieblichen Auen; nun lass ich ruhn den Wanderstab, weil Gott getreu ich gepilgert hab! Durch Sühn‘ und Buß‘ hab‘ ich versöhnt den Herren, dem mein Herze fröhnt, der meine Reu‘ mit Segen krönt, den Herren, dem mein Lied ertönt! Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden, er geht einst ein in der Seligen Frieden; Vor Höll‘ und Tod ist ihm nicht bang; drum preis ich Gott mein Lebenlang! 12 C(H)ŒURS / Text Hallelujah! Hallelujah! In Ewigkeit! Heil! Heil! Der Gnade Wunder Heil! Erlösung ward der Welt zuteil! Es tat in nächtlich heil‘ger Stund‘ der Herr sich durch ein Wunder kund: den dürren Stab in Priesters Hand hat er geschmückt mit frischem Grün: dem Sünder in der Hölle Brand soll so Erlösung neu erblühn! Ruft ihm es zu durch alle Land‘, der durch dies Wunder Gnade fand! Hoch über aller Welt ist Gott, und sein Erbarmen ist kein Spott! Hallelujah! Hallelujah! Hallelujah! Richard Wagner Wacht auf! aus „Die Meistersinger von Nürnberg“ Wacht auf, es nahet gen den Tag; ich hör‘ singen im grünen Hag ein wonnigliche Nachtigall, ihr‘ Stimm‘ durchdringet Berg und Thal: die Nacht neigt sich zum Occident, der Tag geht auf von Orient, die rothbrünstige Morgenröth‘ her durch die trüben Wolken geht. Heil! Sachs! Heil dir, Hans Sachs! Heil Nürnbergs teurem Sachs! Text / C(H)ŒURS 13 Giuseppe Verdi Va pensiero aus „Nabucco“ Flieg, Gedanke Va, pensiero, sull‘ali dorate; va, ti posa sui clivi, sui colli, ove olezzano tepide e molli l‘aure dolci del suolo natal! Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen, enteile zu dem fernen, teuren Strand, wo leis und lind, umduftend Tal und Hügel, wo freie Luft begrüßt mein Vaterland. Del Giordano le rive saluta, di Sionne le torri atterrate. O mia patria sì bella e perduta! O membranza sì cara e fatal! Grüße die Ufer des Jordans von Zion die geschleiften Türme. o meine Heimat, so schön und verloren! O Angedenken, so süß und schmerzlich. Arpa d‘or dei fatidici vati, perché muta dal salice pendi? Le memorie del petto riaccendi, ci favella del tempo che fu! Goldene Harfe der Propheten, warum hängst du schweigend an der Weide? Die Erinnerung in unserer Brust entfache neu, erzähle uns von der vergangenen Zeit! O simile di Solima ai fati traggi un suono di crudo lamento, o t‘ispiri il Signore un concento che ne infonda al patire virtù. O, ähnlich dem Schicksal Jerusalems, stoße ein heftiges Klagen aus. Möge der Herr dich zu einem Konzert inspirieren, das uns die Kraft gibt, das Leid zu ertragen. Richard Wagner Heil! König Heinrich! Heil! aus „Lohengrin“ Heil König Heinrich! König Heinrich Heil! Habt Dank, ihr Lieben von Brabant! Wie fühl ich stolz mein Herz entbrannt, find ich in jedem deutschen Land 14 C(H)ŒURS / Text Giuseppe Verdi Soccorri a noi aus „Aida“ Hilf uns Soccorri a noi pietosa, Madre d‘eterno amor. Hilf, hilf uns voll Erbarmen, Der ew‘gen Liebe Hort. Giuseppe Verdi Agnus Dei aus „Messa da Requiem“ Lamm Gottes Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem. Lamm Gottes, das du trägst die Sünde der Welt, schenke ihnen Ruhe. Giuseppe Verdi Patria oppressa aus „Macbeth“ Geknechtete Heimat Patria oppressa! il dolce nome No, di madre aver non puoi, Or che tutta a figli tuoi Sei conversa in un avel. D‘orfanelli e di piangenti Chi lo sposo e chi la prole Al venir del nuovo Sole Geknechtete Heimat! Der süße Name Mutter steht dir nicht mehr zu, nun wo du deinen Kindern zum Grab geworden bist! Von kleinen Waisen, von Menschen, die um ihre Gatten oder Kinder trauern, erhebt sich jeden neuen Morgen C(H)ŒURS so kräftig reichen Heerverband! Nun soll des Reiches Feind sich nahn, wir wollen tapfer ihn empfahn: aus seinem öden Ost daher soll er sich nimmer wagen mehr! Für deutsches Land das deutsche Schwert! So sei des Reiches Kraft bewährt! 16 C(H)ŒURS / Text Text / C(H)ŒURS 17 S‘alza un grido e fere il Ciel. A quel grido il Ciel risponde Quasi voglia impietosito Propagar per l‘infinito, Patria oppressa, il tuo dolor. Suona a morto ognor la squilla, Ma nessuno audace è tanto Che pur doni un vano pianto A chi soffre ed a chi muor. ein Wehschrei, der den Himmel zerreißt. Der Himmel antwortet dem Schrei, als wolle er voll Erbarmen dein Leid, geknechtete Heimat, durch die Unendlichkeit verbreiten. Jede Stunde hört man Grabgeläut, doch niemand wagt es, Leidende oder Sterbende zu beweinen. Giuseppe Verdi Parigi, o cara aus „La Traviata“ Paris, o Geliebte Parigi, o cara/caro noi lasceremo, La vita uniti trascorreremo; De‘ corsi affanni compenso avrai, La mia/tua salute rifiorirà. Sospiro e luce tu mi sarai, Tutto il futuro ne arriderà. Giuseppe Verdi Libera me aus „Messa da Requiem“ Errette mich Libera me, Domine, de morte aeterna, in die ille tremenda, quando coeli movendi sunt et terra dum veneris judicare saeculum per ignem. Errette mich, Herr, vom ewigen Tod an jenem furchtbaren Tag, wenn erschüttert werden Himmel und Erde, wenn du erscheinen wirst, die Menschen durch Feuer zu richten. Paris, o Geliebte/r, werden wir verlassen, Vereint das Leben verbringen. Vergangene Leiden will ich dir lohnen, Meine/Deine Gesundheit wird wieder erblühen. Lebenshauch, Licht wirst du mir sein, die ganze Zukunft wird uns hold sein. O du, mein holder Abendstern, wohl grüßt‘ ich immer dich so gern: vom Herzen, das sie nie verriet, grüß sie, wenn sie vorbei dir zieht, wenn sie entschwebt dem Tal der Erden, ein sel‘ger Engel dort zu werden! C(H)ŒURS Richard Wagner O du mein holder Abendstern aus „Tannhäuser“ 18 C(H)ŒURS / Einführung Herz und Haltung von Eva Ebersberger „C(H)ŒURS“ von Alain Platel ist eines der ambitioniertesten Projekte, die jemals am Festspielhaus St. Pölten realisiert wurden. Dies betrifft nicht nur die schiere Zahl der teilnehmenden Künstler – 80 ChorsängerInnen und 10 TänzerInnen auf der Bühne sowie 76 Musiker im Orchestergraben –, sondern und vor allem auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit Themen von drängender Aktualität, in der Platel den großen Chören der klassischen Musik Schockbilder moderner Leidensmenschen gegenüberstellt. „C(H)ŒURS“, dessen Titel ein phonetisches Zusammenspiel der französischen Wörter für Chöre und Herzen darstellt, inspirierte auch das Motto „Herz und Haltung“ der ersten Spielzeit der neuen Künstlerischen Leiterin Brigitte Fürle. Schuld und Sühne, Protest und Widerstand, die Macht des Einzelnen und des Kollektivs sind die Themen, die Platel in „C(H)ŒURS“ C(H)ŒURS „C(H)ŒURS“ entstand auf Einladung von Gerard Mortier, Künstlerischer Leiter des Teatro Real Madrid, wo das Stück am 12. März 2012 uraufgeführt wurde. In Madrid erarbeitete Platel mit seiner Compagnie les ballets C de la B (was für les ballets Contemporains de la Belgique steht) mit dem Chor und dem Orchester des Teatro Real über einen Zeitraum von vier Monaten eines der imposantesten Tanzund Musiktheaterprojekte der Gegenwart. Zuvor war monatelang mit Freiwilligen jedes Alters im Atelier der Compagnie in Gent probiert worden, um ein Repertoire an Bewegungen zu entwickeln, das für eine große Gruppe funktionieren kann. Am Festspielhaus St. Pölten übernimmt den Orchesterpart – im Sinne einer veritablen europäischen Gastspielkooperation – das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich. 20 C(H)ŒURS / Einführung verhandelt. „Seine Show feiert die größte Erfindung der Neuzeit: den mündigen, selbstverantwortlichen Menschen. Und sie feiert die Energie, die entsteht, wenn sich Individuen zusammentun, zu einer Menge von manchmal unberechenbarer Kraft,“ schreibt Anke Dürr im Kulturspiegel. Alain Platels Bilder erzählen von Occupy und den arabischen Revolutionen, von Protesten, wie man sie zurzeit allerorts erleben kann. Die Musik kommt von Richard Wagner und Giuseppe Verdi, die beide vor 200 Jahren geboren wurden. Ihre Musik entführt uns in eine Zeit, in der das Pathos gebraucht wurde, um Gefühle von Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft hervorzurufen. Lebten doch beide Komponisten in Ländern, die noch keine Nation waren. In seinem Pamphlet „Die Revolution“ schreibt Richard Wagner kurz vor Ausbruch der Revolution 1848: „Zerstören will ich die bestehende Ordnung der Dinge, welche die einige Menschheit in feindliche Völker, in Mächtige und Schwache, in Berechtigte und Rechtlose, in Reiche und Arme theilt, denn sie macht aus Allen nur Unglückliche. Zerstören will ich die Ordnung der Dinge, die Millionen zu Sclaven von Wenigen, und diese Wenigen zu Sclaven ihrer eignen Macht, ihres eignen Reichthumes macht.“ – Worte die durchaus auch von einem zeitgenössischen Wutbürger stammen könnten. „Gemeinsam oder getrennt, das ist es, worum es in der Performance geht. Die Tänzer gegen den Chor, das Individuum gegen die Masse, das Unbewusste gegen die Ratio. Eine Stimme zu haben oder nicht. Es war nicht schwierig, Bilder für all das zu finden. Die Medien sind voll davon,“ sagt Alain Platel in einem Interview. Einführung / C(H)ŒURS 21 Außergewöhnlich macht „C(H)ŒURS“ nicht zuletzt die Symbiose von Chor und Ballett. Dass Opernchören durch die Regie komplexe Abläufe abverlangt werden, ist heutzutage nicht mehr ungewöhnlich. Längst müssen die Chorsänger auch Schauspieler sein. Hier aber werden sie in die Choreografie einbezogen. Die Sänger tanzen, und die Tänzer singen. „C(H)ŒURS“ ist eines der mutigsten unter den zahlreichen wegweisenden Musiktheaterprojekten, die Gerard Mortier ermöglicht hat. Ihm gilt an dieser Stelle unser besonderer Dank. Es ist ein besonderes Momentum, diese Inszenierung am Festspielhaus St. Pölten zu zeigen. 22 C(H)ŒURS / Idee und Konzept Idee und Konzept / C(H)ŒURS 23 Individuum gegen Kollektiv von Hildegard De Vuyst „O mia patria si bella e perduta!“, „O meine Heimat, so schön und verloren!“ lautet eine Zeile aus Giuseppe Verdis „Va, pensiero“, dem berühmten Gefangenenchor aus der Oper „Nabucco“. Dort beklagen die Sklaven ihr verlorenes Vaterland, heute nimmt diese Zeile jedoch eine neue, aktuelle Bedeutung an. Man denke nur an den Dirigenten Riccardo Muti, der sich bei einer „Nabucco“-Vorstellung an der Oper von Rom im März 2011 an das Publikum wandte, in dem auch der damalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi saß, und den Zustand Italiens anklagte. Seitdem Stéphane Hessel, der 94-jährige ehemalige Résistance-Kämpfer und französische Diplomat, im Oktober 2010 sein Manifest „Indignez-vous!“ („Empöret Euch!“) veröffentlichte, liegt die Empörung tatsächlich in der Luft: vom Arabischen Frühling, über die Indignados, Occupy Wallstreet bis zu den Protesten in Griechenland. In diesem Kontext ist Alain Platels „C(H)ŒURS“ entstanden. Der Titel „C(H)ŒURS“ ist eine Zusammenführung der französischen Wörter für „Chöre“ und „Herzen“. Der Chor ist die perfekte musikalische Konstellation, in dem die einzelne Stimme in einem größeren Ganzen aufgehen muss. Danach sehnen sich die Menschen in unserer vom absoluten Individualismus geprägten Welt. Sie suchen nicht mehr nach der Verbundenheit in genau definierten sozioökonomischen Gruppen, Frauenverbänden oder Gewerkschaften. Die Nachbarschaft, ein Amateurchor, eine Facebook-Gruppe oder zwanglose Treffen von Freiwilligen an einem Samstag Morgen, um als Komparsen für den Chor von „C(H)ŒURS“ zur Verfügung zu stehen – dies sind die Beziehungen, die die Menschen heute suchen, in denen Vielfalt und Pluralität zentrale Güter sind. Nach Marguerite Duras ist es der größte Fehler aller linker und rechter Ideologien zu denken, dass eine Putzfrau der anderen gleicht, dass ein Flame wie der andere ist. Sie verabscheute jene vereinfachende Gleichmacherei von Menschen aufgrund ähnlicher Aktivitäten. „C(H)ŒURS“ steht in jenem Spannungsfeld: das Individuum gegen das Kollektiv, das Einzigartige gegen den Gleichklang. Das Symbol von „C(H)ŒURS“ ist der offene Mund. Der sich artikulierende Bürger? Oder ein stummer Schrei? Ein zum Schweigen gebrachter Mund? Die Faust im Mund, um sich selbst zum Schweigen zu bringen? Waren wir wie Riccardo Muti selbst zu lange still? Der offene Mund, aus dem keine Sprache kommt, nur Laute. Man will sich artikulieren, kann es aber nicht. Unfähig, etwas zu sagen. Tierähnliche Laute oder eine Sirene. Aber auch des undeutliche Geräusch der weltweiten Proteste, das Fehlen einer klaren Alternative. Dieser offene Mund schnappt und beißt, auf der Suche nach Nahrung. Ein heftiger und instinktiver Biss, wie ein Baby, das die Brust sucht. Beißen aus Liebe, das Gegenteil eines romantischen Kusses. Doch auch der offene Mund eines Sängers. „Sind Sie sicher, dass Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert?“ (Max Frisch, Fragebogen, 1966). In „C(H)ŒURS“ antworten die Darsteller auf Fragen wie diese in Form von Bewegungen. Diese „soziale Choreografie“ wurde von Christine De Smedt, Choreografin von les ballets C de la B, eingeführt, um große Gruppen von nichtprofessionellen Tänzern Choreografien darstellen zu lassen. Dieser Ansatz kommt aus der performativen Kunst. Es geht darum, jene Idee und Konzept / C(H)ŒURS 25 strengen Grenzen zu überwinden, die professionelle Tänzer von den Amateuren trennen, die Künstler von den Aktivisten, das Private vom Öffentlichen, den Darsteller vom Zuschauer. Platel hat diese Grenzen schon am Ende von „Out of Context – for Pina“ ausgelotet. Eine der Tänzerinnen stellte ganz explizit eine Frage ans Publikum: „Wer will mit mir tanzen?“ Was auch immer die Antwort ist, die Frage stellt fest verwurzelte Beziehungen auf die Probe, sprengt kompromisslose Rollen, und wirft kulturelle Vereinbarungen über Board. Den passiven Zuschauer gibt es nicht mehr, nur noch potenzielle aktive Teilnehmer. Choreografie als Ästhetik der Wandels. C(H)ŒURS Chor und Tänzer sind zwei Seiten einer Medaille. Der Chor ist Stimme, Welt, Diskurs, Volk, Öffentlichkeit. Die Tänzer sind Körper, Schmerz, Animalismus, Unterbewusstsein, Intimität. Sie verlangen nach dem Gleichen, aber versuchen es auf anderen Wegen zu erreichen. In diesem Kontext kommen der Chor und die Tänzer zusammen, sie fordern sich gegenseitig heraus, sie infizieren einander. Die Suche nach einer höheren Einheit ohne die Individualität zu verlieren, diese Suche belebt „C(H)ŒURS“. 26 C(H)ŒURS / Musik Musik / C(H)ŒURS 27 Das Herz der Revolution von Jan Vandenhouwe So unterschiedlich die beiden Opernkomponisten Guiseppe Verdi und Richard Wagner ästhetisch sein mögen, so stark verbunden sind sie doch durch die Zeitumstände. Beide 1813 geboren, erlebten sie zu ihren Lebzeiten Aufstände gegen die politische Restauration und große Umbrüche – und sie erlebten sie nicht nur, sondern wirkten aktiv mit. Ihre Musik verlieh dem Freiheitsdrang ihrer Völker eine musikalische Stimme. Richard Wagner entwickelte seine wichtigsten künstlerischen Prinzipien in den Jahren vor der Revolution 1848, er schrieb in dieser Zeit einige seiner beliebtesten Opern („Tannhäuser“ 1845, „Lohengrin“ 1848) und entwarf die späteren Meisterwerke wie „Die Meistersinger von Nürnberg“ und „Der Ring des Nibelungen“. Dass Wagner am Dresdner Maiaufstand von 1849 beteiligt war und darum ins Exil fliehen musste, ist bekannt. Wie stark Wagner den revolutionären Ideen tatsächlich verpflichtet war, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen, zu sehr steuerte seine spätere Frau Cosima Wagner die Rezeption dieses Aspekts von Wagners Leben – wie im übrigen seines gesamten Schaffens. Ideen des „Jungen Deutschlands“, der liberalen Literaturbewegung der Vormärz, zeigen sich jedenfalls im „Tannhäuser“: Hier spielt die „Emanzipation des Fleisches“, die Befreiung von religiösen und moralischen Zwängen, eine wichtige Rolle. Der Chor steht in der Oper einerseits für die Welt der Konventionen, eine kollektive, enge Definition von „normal“, andererseits repräsentiert er die Pilger, die stellvertretenden Büßer, die gereinigt wieder in die Gesellschaft aufgenommen werden. Guiseppe Verdi unterstützte engagiert die Bestrebungen des Risorgimento, aus den vielen kleinen Staaten Italiens einen einheitlichen Nationalstaat zu machen. Zwischen 1842 und 1850 komponierte er zudem eine Serie patriotischer Opern, von denen „Nabucco“ die erste war. Der daraus stammende Gefangenenchor „Va, pensiero“, der das verlorene Heimatland der jüdischen Sklaven besingt, wurde schnell zur Metapher des zersplitterten, fremdbesetzten Italiens. In den späteren Werken Verdis verschiebt sich der Schwerpunkt: Nationale Themen werden weniger, das Individuum, das mit der harten, scheinheiligen Gesellschaft in Konflikt kommt, rückt in den Fokus. Die Kurtisane Violetta aus „La Traviata“ ist ein solches Opfer mit einer reinen Seele, dessen Abstieg in die Prostitution aus der Korruption der Stadt resultierte. Ende der 1860er-Jahre war Verdi endgültig desillusioniert von der politischen und militärischen Führung Italiens. Als er für den verstorbenen Dichter Alessandro Manzoni, der ebenfalls für ein geeintes Italien gekämpft hatte, die „Messa da Requiem“ schrieb, wurde diese rasch als Requiem für das Risorgimento bekannt. Der Höllensturm des „Dies irae“, vor dem die Bitten für Ruhe, Frieden und Befreiung des „Libera me“ besonders hervortreten, nimmt somit auch eine politische Bedeutung an. Biografien / C(H)ŒURS 29 Alain Platel Biografien Der 1956 in Gent geborene Tänzer und Regisseur Alain Platel zählt zu den wichtigsten Choreografen unserer Zeit. Zusammen mit Freunden gründete er 1984 eine Tanzcompagnie, die heute unter dem Namen „les ballets C de la B“ bekannt ist. Mit Erfolgsproduktionen wie „Emma“ (1988), „Bonjour Madame“ (1993), „La Tristeza Complice“ (1995) und „Iets op Bach“ (1998) wurde die Compagnie international berühmt. Mit der Genter Jugendtheatergruppe Victoria realisierte er die drei Arbeiten „Moeder en Kind“ (1995), „Bernadetje“ (1996) und „Allemaal Indiaan“ (1999). Für die RUHRtriennale kreierte er 2003 die Arbeit „Wolf“, basierend auf Werken Mozarts. Das Chorprojekt zur Eröffnung des neuen Royal Flemish Theatre in Brüssel markierte den Startpunkt für eine enge Zusammenarbeit mit dem Komponisten Fabrizio Cassol, mit dem er die Kreationen „vsprs“ (2006) nach Motiven der Marienvesper von Monteverdi und „pitié!“ (2008) verwirklichte. 2010 schuf er seine beiden Kreationen „Out Of Context – for Pina“ und „Gardenia“, eine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Frank Van Laecke. Im Frühjahr 2012 wurde „C(H)ŒURS“ im Teatro Real Madrid uraufgeführt. Gemeinsam mit der britischen Regisseurin Sophie Fiennes schuf Platel die Tanzfilme „Because I Sing“ (2001), „Ramallah! Ramallah! Ramallah!“ (2005), „VSPRS Show“ und „Tell“ (beide 2007). Sein Film „de balletten en ci en là“ (2006) ist ein eindrucksvoller Blick über den Zustand einer 20 Jahre alten Tanzcompagnie, der uns bis nach Vietnam und Burkina Faso führt, und nicht zuletzt eine Hommage an seine Heimatstadt Gent ist. Für seine Arbeit erhielt Alain Platel zahlreiche Preise, darunter den Europäischen Theaterpreis für sein Lebenswerk (2004). 30 C(H)ŒURS / Biografien Marc Piollet Marc Piollet wurde 1962 in Paris geboren. Er studierte Dirigieren und Chorleitung an der Hochschule der Künste in Berlin. Meisterkurse bei John Eliot Gardiner, Michael Gielen und Kurt Masur prägten seinen Werdegang. 1995 war Marc Piollet alleiniger Preisträger beim Dirigentenforum des Deutschen Musikrates. Nach Stationen als Erster Kapellmeister in Halle und Kassel hatte Marc Piollet 2003 bis 2005 die Position des Musikdirektors an der Volksoper Wien inne. Von 2004 bis 2012 ist er Generalmusikdirektor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. Dort dirigierte er unter anderem „Der Ring des Nibelungen“ und „Tristan und Isolde“ (Wagner), „Idomeneo“ und „Don Giovanni“ (Mozart), „Der Freischütz“ (Weber), „Salome“ und „Elektra“ (Strauss), „Gianni Schicchi“ und „La Bohème“ (Puccini), „L‘Heure espagnole“ (Ravel), „Lulu“ (Berg) sowie „Don Carlo“, „Rigoletto“ und „Falstaff“ (Verdi). Gastengagements im Bereich der Oper führten ihn nach Hamburg, Antwerpen, Köln, Stuttgart sowie an die Wiener Staatsoper. Außerdem dirigierte er an der Deutschen Oper Berlin, bei der RUHRtriennale, den Wiener Festwochen und in Tokio. 2011 erschien eine DVD von Bizets „Carmen“ unter seiner musikalischen Leitung und in der Regie von Calixto Bieito. Konzertverpflichtungen führten Marc Poillet zu zahlreichen renommierten Orchestern, darunter die Münchner Philharmoniker, das RundfunkSinfonieorchester Berlin, das Montréal Symphony Orchestra und das Gewandhausorchester Leipzig. Im Oktober 2013 dirigiert er die Eröffnungspremiere an der Oper Köln mit „Eugen Onegin“ und im Dezember 2013 kehrt er für eine Neuproduktion von „L‘elisir d‘amore“ ans Teatro Real Madrid zurück. Biografien / C(H)ŒURS 31 Andrés Máspero Andrés Máspero wurde in Argentinien geboren, studierte Klavier und Dirigieren in Buenos Aires und promovierte in den USA zum Doctor of Musical Arts. Wichtige Stationen seiner Laufbahn waren das Teatro Municipal in Rio de Janeiro (1978–82) und das Teatro Colón in Buenos Aires (1983–85). Anschließend arbeitete er bis 1990 an der Summer-Opera in Washington als Leiter des Chores und Korrepititor und wechselte dann zur Dallas Opera, Texas. Von 1990 bis 1998 war Máspero als Chordirektor am Gran Teatro del Liceu in Barcelona tätig und im Anschluss daran an der Oper Frankfurt. Von 2003 bis 2010 war er Chordirektor an der Bayerischen Staatsoper in München und wechselte danach in gleicher Position an das Teatro Real Madrid. les ballets C de la B Die Tanzcompagnie les ballets C de la B wurde 1984 von Alain Platel in Gent gegründet. Seither begeistert sie sowohl in Belgien als auch im Ausland mit ihren Aufführungen und zählt heute zu den wichtigsten Compagnien im Bereich des zeitgenössischen Tanzes. Mit den Jahren hat sich les ballets C de la B auch als künstlerische Plattform vieler Choreografen etabliert. Bis heute gilt ein Hauptaugenmerk von les ballets C de la B der Zusammenarbeit mit Künstlern aus anderen Bereichen und soziokulturellen Hintergründen, was sich in der einzigartigen Durchmischung künstlerischer Vorstellungen niederschlägt. Entsprechend schwer ist es, den Stil des Ensembles einzuordnen, frei nach dem Motto: Dieser Tanz ist für die Welt und die Welt ist für alle da. 32 C(H)ŒURS / Biografien Coro Intermezzo Der Coro Intermezzo (Chor des Teatro Real Madrid) ist seit dem Jahr 2004 regelmäßig als Bühnenchor in ganz Spanien tätig. Sein Repertoire reicht von lyrischen Werken bis hin zu sinfonischer Chorliteratur, zu hören war er bereits in Spielstätten wie dem Gran Teatre del Liceu (Barcelona), dem Palacio de Opera (La Coruña), dem Teatro de Ia ZarzueIa (Madrid), dem Palacio Euskalduna (Bilbao), dem Auditorio de Murcia und dem Teatro de la Maestranza (Sevilla). Die wichtigsten Werke aus dieser Zeit sind Verdis „Aida“, Wagners „Tannhäuser“ und Tschaikowskis „Eugen Onegin“. Im September 2010 feierte der Coro Intermezzo als stehender Chor des Teatro Real seine Premiere in der Weill-Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Seitdem war er dort in zahlreichen Aufführungen zu bewundern, die von Mozarts „Le nozze di Figaro“ über Meyerbeers „Les Huguenots“ bis Strauss‘ „Der Rosenkavalier“ reichen. Biografien / C(H)ŒURS 33 Carlo Bourguignon Carlo Bourguignon, geboren 1962 in Tienen, Belgien, arbeitete am Brüsseler Kaaitheater bevor er für sieben Jahre als Assistent des Direktors, Stagemanager und Produktionsassistent ans KVS (Koninklijke Vlaamse Schouwburg / Royal Flemish Theatre) ging. 2000 trat er les ballets C de la B bei, wo er seither das Lichtdesign zahlreicher Projekte entwarf, darunter „Wolf“, „vsprs“, „pitié!“ und „Out of Context – for Pina“ (Alain Platel), „Tempus Fugit“ (Sidi Larbi Cherkaoui), „Just another landscape for some jukebox money“, „bâche“, „IMPORT EXPORT“ (Koen Augustijnen) und das Projekt „1,2,3 / Propositions“. Bart Uyttersprot Der Sounddesigner Bart Uyttersprot wurde 1976 in Brüssel geboren und studierte Oboe, Posaune und Klavier an verschiedenen Kunstschulen in Löwen und Brüssel. Danach erlernte er am SAE Institut in Amsterdam die Kunst des Audio Engineering. Seit 2008 arbeitet er für die Compagnie les ballets C de la B und arrangierte bereits die Sounds von „Ashes“ (Koen Augustijnen), „Primero“ (Lisi Estaras), „Pénombre“ (Rosalba Torres Guerrero/Lucas Racasse), „Out of Context – for Pina“ und „Gardenia“ (Alain Platel/Frank Van Laecke). 34 C(H)ŒURS / Biografien Tonkünstler-Orchester Niederösterreich Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich ist eine der wichtigsten Institutionen der österreichischen Musikkultur und pflegt traditionsbewusst das Konzertrepertoire von der Wiener Klassik über die Romantik bis ins 21. Jahrhundert. Das Orchester knüpft damit an sein jahrzehntelanges erfolgreiches Wirken im österreichischen Konzertleben sowie auf Tourneen an. Chefdirigent ist seit der Saison 2009/10 der in Kolumbien geborene und seit 1997 im Wiener Musikleben beheimatete Andrés Orozco-Estrada. Die Tonkünstler musizieren regelmäßig mit Gastdirigenten wie Yutaka Sado, Michael Schønwandt, Jun Märkl, Hugh Wolff, Andrew Litton, Giovanni Antonini, Christopher Hogwood, Michail Jurowski sowie Jeffrey Tate. Zu den prominenten solistischen Partnern des Orchesters zählten unter anderem Renée Fleming, Joyce DiDonato, Angelika Kirchschlager, Ian Bostridge und Bryn Terfel, Janine Jansen, Lisa Batiashvili, Sol Gabetta, Rudolf Buchbinder, Michael Schade, Daniel Hope, Renaud und Gautier Capuçon, Fazil Say und Lang Lang. Erfolgreiche Tourneen führten das Orchester in mehrere Länder Europas und nach Japan. Durch die Einbeziehung von Genres wie Jazz und Weltmusik im Rahmen der „Plugged-In“-Reihe sichern sich die Tonkünstler einen fixen Platz am Puls der Zeit. Durch die Programmierung von Werken der Gegenwart – darunter Auftragskompositionen von Krzysztof Penderecki, Kurt Schwertsik, Arvo Pärt, Tan Dun, Heinz Holliger, James MacMillan und Brett Dean – wird die Schwellenangst vor Neuer Musik überwunden. Als erstes österreichisches Orchester haben die Tonkünstler eine Abteilung für Musikvermittlung eingerichtet und damit bereits mehr als 65.000 Menschen erreicht. Die Residenzen des Orchesters sind der Wiener Musikverein, in Niederösterreich das Festspielhaus St. Pölten sowie der Festival-Standort Grafenegg. 35 Konzertmeister Bijan Khadem-Missagh, Alexander Gheorghiu, Vahid Khadem-Missagh, Lieke te Winkel 1. Violine Gyula Szép, Alois Wilflinger, Susanne Masetti, Andreas Baksa, Sawa Popoff, Martha Wagner, Gerhard Fechner, Ines Miklin, Teodora Sorokow, Xuan Ni, Maria Fomina, Sophie KolarzLakenbacher, Sophie Gansch, Yaromyr Babskyy 2. Violine Julia Mann, Marie Suchy, Peter Erhart, Kora Lemberg, Evelina Ivanova, Gerald Hinterndorfer, Dora Huber, Liselotte Murawatz, Judith Steiner, Isabelle Reinisch, Yuka Bartosch-Murakami, Noriko Takenaka, Stephanie Grandpierre, Veronica Wincor, Khrystyna Mann (Orchesterakademie) Viola Gertrude Rossbacher*, Herbert Suchy, Martin Fuchs, Christian Knava, Leopold Schmetterer, Robert Stiegler, Peter Ritter, Susanne Stockhammer, Stefan Sinko, Andreas Winkler, Victoria Fónyad-Joó Violoncello Georgy Goryunov*, Tobias Bäz, Martin Först, Ursula Erhart, Cecilia Sipos, Martin Dimov, Thomas Grandpierre, Sebastian Dozler, Iris-Meongwon Cho (Orchesterakademie) Kontrabass Michael Seifried, Bernhard Binder, Franz Schaden, Mathias Kawka, Johannes Knauer, Simon Pennetzdorfer, Lukas Straka (Orchesterakademie) Flöte Walter Schober, Heidrun Lanzendörfer, Friederike Herrmann, Birgit Fluch Oboe Barbara Ritter, Andreas Gschmeidler, Johannes Strassl, Theresia Melichar Klarinette Kurt Franz Schmid, Helmut Wiener, Stefan Vohla Fagott Gottfried Pokorny, Andor Csonka, Christian Karácsonyi, Barbara Loewe Horn Jonas Rudner, Christoph Peham, Michel Gasciarino, Markus Hartner, Franz Pickl, Sebastian Löschberger Trompete Thomas Lachtner, Thomas Bachmair, Helmut Demmer, Josef Bammer Posaune Andreas Eitzinger, Gabriel Antão, Erik Hainzl, Wolfgang Gastager Tuba Michael Pircher Harfe Silvia Radobersky Schlagwerk Gunter Benedikt, Margit Schoberleitner, Bence Kulcsár, Joachim Murnig *Instrumente zur Verfügung gestellt von der Dkfm. A. Prokopp Privatstiftung 36 C(H)ŒURS / Biografien Dorine Demuynck Die 1968 in Torhout, Belgien, geborene Kostümbildnerin Dorine Demuynck studierte Malerei an der Royal Academy of Fine Arts in Gent und fertigt seit 1992 Licht- und Textilskulpturen sowie Installationen an. Demuynck ist freiberuflich als Requisiteurin tätig, als Kostüm- und Setdesignerin wirkte sie bereits bei einigen Kurzfilmen mit und arbeitete mit den Theatercompagnien 4 Hoog, Bart Vanneste’s comedy theatre Tai’m outh und Wim Willaert’s De grote Boodschap zusammen. Kostüme und Accessoires kreierte sie u.a. auch für die Performances „Lof der waanzin“ and „Spaak“ des flämischen Kabarettisten-Duo Kommil Foo. Für les ballets C de la B wirkte sie als Ankleiderin bereits in den Produktionen „Lac des singes“, „Almost Dark“ und „En servicio“ von Hans Van den Broeck und als Kostümdesignerin bei „Patchagonia“, „Bolero“ und „Primero“ (Lisi Estaras) und „Out of Context – for Pina“ (Alain Platel) mit. Neben ihrer Tätigkeit als Kostümbildnerin engagiert sich Demuynck ebenso im Bereich der Videoinstallationen und präsentierte ihre Werke bereits in mehreren Ausstellungen. Für ihre Installation „Geofferd aan de straatstenen“ erhielt sie den Publikumspreis des Art Salon von Gent. Biografien / C(H)ŒURS 37 Steven Prengels Geboren 1978 in Zele, Belgien, studierte Steven Prengels am Königlichen Konservatorium von Antwerpen, der Universität Löwen sowie dem Lemmens Institut und promovierte schließlich 2009 am Konservatorium von Amsterdam zum Master im Komponieren. Heute weitet sich sein Arbeitsfeld auch auf zahlreiche andere künstlerische Gebiete aus, so ist er etwa in den Bereichen Orchester, Musiktheater, Tanz, Kammermusik und Kurzfilm tätig. Im Jahr 2004 wurde ihm bei dem Internationalen Filmfestival von Flandern der Preis für die „Most Original Composition by a Young Belgian Composer“ verliehen. Als Orchesterdirigent und Komponist hat Prengels in den Jahren 2004 bis 2011 sowohl in Belgien als auch in den Niederlanden bei zahlreichen Musikproduktionen mitgewirkt. Das Werk „EXHIBITION, Sept Tableaus de/sur/pour ‘La Mariée mise à nu par ses Célibataires, même’ de Marcel Duchamp“, das 2009 in Amsterdam Premiere hatte, markierte dabei einen Meilenstein in Prengels künstlerischem Wirken. Das Musiktheater-Projekt „C(H)ŒURS“ ist bereits die zweite Produktion, die Prengels in Kooperation mit Alain Platel und der Compagnie les ballets C de la B umsetzte. 38 C(H)ŒURS / Biografien Hildegard De Vuyst Hildegard de Vuyst wurde 1963 in Aalst, Belgien, geboren und begann ihre Karriere als Tanzkritikerin, Redakteurin des Theatermagazins „Etcetera“ sowie als Presseassistentin am Centro de Arte Beursschouwburg. Im Zeitraum von 1989 bis 1992 war sie am Theater Oud Huis Stekelbees tätig, im Jahr 1994 begann De Vuyst als Dramaturgin der Compagnie Het muziek Lod zu arbeiten. Ein Jahr darauf startete sie im Rahmen der Koproduktion von „La Tristeza Cómplice“ ihre Zusammenarbeit mit les ballets C de la B und Alain Platel. Mit besonderem Stolz erfüllen die Dramaturgin die Produktionen „Iets op Bach“, „Wolf“, „vsprs“, „pitié!“ und „Out of Context - for Pina“. Als Freelancerin arbeitete De Vuyst auch bereits mit Koen Augustijnen („To crush time“) und Sidi Larbi Cherkaoui („Rien de Rien“) zusammen. Neben ihrer Arbeit als Dramaturgin leitete sie außerdem Workshops, gab Unterricht und gründete das Magazin „Alles is rustig“. Seit 2001 ist De Vuyst am Brüsseler Theater Koninklijke Vlaamse Schouwburg (KVS) tätig und stellt sich hier der Aufgabe, das verschlafene Theater in einen belebten Ort zu verwandeln, der die ganze Stadt anziehen soll. Ihre Verpflichtung beim KVS ist umfassend und doch ist sie sofort zur Stelle, wenn Platel ruft. Biografien / C(H)ŒURS 39 Jan Vandenhouwe Der Musikdramaturg Jan Vandenhouwe wurde 1979 in Zottegem in Belgien geboren. Nach seinem Studium der Musikwissenschaft an der Katholischen Universität Löwen und der Technischen Universität Berlin begann Vandenhouwe als Musik- und Opernkritiker für die niederländische Tageszeitung „De Standaard“ zu schreiben. In den Jahren 2005-2008 arbeitete er mit Gerard Mortier an der Oper in Paris als Musikdramaturg und war darüber hinaus auch für das künstlerische Programm des Amphitheaters Bastille verantwortlich. Er assistierte Regisseuren wie Krzystof Warlikowski („Parsifal“) und Johan Simons („Fidelio“) und organisierte gemeinsam mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard an der Opéra Garnier eine Reihe von Klavierkonzerten. Von 2009 bis 2011 war Vandenhouwe musikalischer Leiter der Konzerthalle Concertgebouw in Brügge. Heute ist er freiberuflich als Musikdramaturg u.a. für das Teatro Real Madrid, das Ensemble InterContemporain in Paris und das Klara Festival in Brüssel tätig und arbeitet mit Regisseuren wie Alain Platel, Ivo Van Hove und Johan Simons. Rathausplatz 11, 3100 St. Pölten www.landestheater.net Kartenvorverkauf: niederösterreich kultur karten, Rathausplatz 19, 3100 St. Pölten T 02742 90 80 80-600 Inserat Tanzquartier, anbei 1. Inserat Landestheater, anbei Hexenjagd von Arthur Miller 4. Oktober bis 14. November 2013 mit Swintha Gersthofer, Katharina von Harsdorf, Samira Hempel, Alexandra Henkel, Markus Hering, Christine Jirku, Sven Philipp, Marion Reiser, Michael Scherff, Othmar Schratt, Tobias Voigt, Jan Walter, Lisa Weidenmüller, Helmut Wiesinger, Johanna Wolff Regie Cilli Drexel Tipp / Festspielhaus St. Pölten 43 Demnächst im Festspielhaus St. Pölten London Symphony Orchestra/ Valery Gergiev: Hector Berlioz Sidi Larbi Cherkaoui: m¡longa Mit dem London Symphony Orchestra macht einer der weltbesten Klangkörper im Festspielhaus Station. Farbenreichtum und dramatische Intensität erwarten das Publikum, wenn die Londoner unter ihrem Chefdirigenten Valery Gergiev Berlioz’ „Symphonie fantastique“ interpretieren. Nicht nur mit dieser setzte der Komponist neue Standards, sondern auch mit seinem Liederzyklus „Les nuits d’été“, für den er Musik voller Anmut und Leichtigkeit schuf – meisterlich interpretiert von der schottischen Mezzosopranistin Karen Cargill, die in den großen Konzertsälen von London bis New York zu Hause ist. In dieser aufsehenerregenden neuen Kreation von Starchoreograf Sidi Larbi Cherkaoui – die von der renommierten Zeitschrift tanz Nominierungen erhielt in den Kategorien Choreograf und Tänzerin des Jahres 2013 – geht es um den tänzerischen Herzschlag von Buenos Aires, den Tango Argentino. Mit zwölf Tänzern und einer fünfköpfigen argentinischen Band erkundet er den traditionellen Tango sowie neue Strömungen des Tanzes aus der jungen Club-Szene der argentinischen Hauptstadt. In „m¡longa“ wird das Publikum in das Universum des Tango im Geschehen einer Milonga entführt – und schließlich in eine Dimension des Kosmischen, in der sich die Tänzer wie himmlische Wesen in einer kollektiven Kreisbewegung auflösen. Sidi Larbi Cherkaoui: m¡longa Samstag 09. November 2013 19.30 Uhr, Großer Saal Karten EUR 99, 85, 66, 39, 18 Einführungsgespräch mit Gottfried Franz Kasparek um 18.30 Uhr im Kleinen Saal Eine Produktion von Sadler‘s Wells London. Freitag 15. November 2013, Samstag 16. November, jeweils 19.30 Uhr, Großer Saal Karten EUR 39, 33, 28, 22, 10 Künstlergespräch am Fr 15. November um 18.30 Uhr im Kleinen Saal 44 Festspielhaus St. Pölten / Kalendarium Team / Festspielhaus St. Pölten 45 Vorschau: Oktober/ November 2013 Das Festspielhaus-Team Oktober 2013 Künstlerische Leitung Brigitte Fürle Geschäftsführung Thomas Gludovatz, Johannes Sterkl Assistenz Geschäftsführung /Sekretariat Künstlerische Leitung Elke Cumpelik Leitung Produktion und Kulturvermittlung Constanze Eiselt Produktion Diana Costa, Veronika Holzmann, Juliane Scherf Kulturvermittlung Diana Costa, Erika Köchl, Susanne Wolfram Leitung Marketing Sylvia Mitgutsch Redaktion Eva Ebersberger, Julia Dorninger, Lena Drazic (externe Mitarbeit) Kommunikation Katja Borlein, Silvia Rohn, Gülcan Simsek Presse und Medienarbeit Stefanie Reichl Leitung Kartenverkauf Ulli Roth Kartenverkauf Tatjana Eichinger, Eva Hohenthanner, Stefanie Kohaida, Doris Peschl, Regina Ritter, Julia Rafferseder Hausorganisation Ahmet Bayazit Technischer Direktor Reinhard Hagen Beleuchtungsinspektor Herbert Baireder, Stellvertreter Robert Sommer Tonmeister Andreas Dröscher, Stellvertreter Bernd Neuwirth Bühneninspektor Richard Krebs, Stellvertreter Jürgen Westermayr Bühne Christian Zörner Veranstaltungstechnik Florian Hackel, Lehrling Irene Katharina Huber Betriebstechnik Herbert Kaminsky Postverwaltung Alil Imeri Portier Gerlinde Högel mo 2119.30 Uhr tonkünstler Debussy/Tschaikowski/Szymanowski Großer Saal Schmid, Tonkünstler-Orchester, Graf. Musik/Klassik do 2419.30 Uhr tonkünstler kammermusik . samel „Tiefer Sehnsucht heil’ges Bangen …“ Kleiner Saal Samel, Mitglieder des Tonkünstler-Orchesters. Musik/Klassik/Lesung sa 2619.30 Uhr omara portuondo . eliades ochoa Orquesta Buena Vista Social Club Großer Saal Musik/Latin/Jazz November 2013 sa 02 19.30 Uhr Großer Saal beatboxing Bauchklang & Gäste Musik/Vocal Groove sa 0919.30 Uhr london symphony orchestra Berlioz Großer Saal Cargill, Gergiev. Musik/Klassik mo 1119.30 Uhr tonkünstler Berlioz/Prokofjew/Ligeti Großer Saal van Keulen, Tonkünstler-Orchester, Wolff. Musik/Klassik fr 15 19.30 Uhr sidi larbi cherkaoui m¡longa Großer Saal Marzan, Brzóska, Szwarcer u. a. Tanz/Tango/Live-Musik sa 1619.30 Uhr sidi larbi cherkaoui m¡longa Großer Saal Marzan, Brzóska, Szwarcer u. a. Tanz/Tango/Live-Musik fr 2219.30 Uhr tonkünstler plugged-in The Real Group Großer Saal Tonkünstler-Orchester, Willén. Musik/Vokal Für das Festspielhaus tätige MitarbeiterInnen der Niederösterreichischen Kulturwirtschaft GmbH: Leitung IT Günter Pöck Netzwerktechnik Josef Bandion, Michael Faller, Stefan Hagl Webmaster Johannes Lugmayr Projektleitung Ticketing und CRM Barbara Reithofer Programmierung Andreas John, Michael Graf Leitung Buchhaltung Heinrich Karner Buchhaltung Manuela Schwarz, Emma Holzer Controlling Daniela Fellner IMPRESSUM Herausgeber, Verleger und Medieninhaber Niederösterreichische Kulturszene Betriebs GmbH, Kulturbezirk 2, 3100 St. Pölten, T +43(0)2742/90 80 80, F +43(0)2742/90 80 81, www.festspielhaus.at. Für den Inhalt verantwortlich Thomas Gludovatz, Johannes Sterkl. Künstlerische Leiterin Brigitte Fürle. Redaktion Eva Ebersberger. Fotos Javier del Real (alle Produktionsfotos „C(H)ŒURS“), Diego Franssens („m¡longa“). Umschlagbild Javier del Real. Produktion Walla Druck Wien. Termin-, Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Fotografieren, Ton- und Videoaufzeichnungen nicht gestattet. Preis des Programmheftes: Euro 2,70 Karten & Info: +43(0)2742/90 80 80-600 [email protected] www.festspielhaus.at VIP-Shuttle: Das Festspielhaus dankt seinen Hauptsponsoren: Karten & Information +43(0)2742/90 80 80-600 [email protected] www.festspielhaus.at