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Anwendungsorientierte Untersuchung der
photobiologischen Wasserstoffproduktion
von Chlamydomonas reinhardtii
JUGEND FORSCHT 2013
Landeswettbewerb
Fachbereich Biologie
Søren Pfitzner und Johannes Wüllenweber
Gymnasium Oberalster
Betreuung: Dr. Björn Herber
KURZFASSUNG
Wasserstoff besitzt ein bedeutendes Potential als nachhaltiger Energieträger. Einige
Grünalgen haben die Fähigkeit, unter bestimmten Bedingungen ihren Stoffwechsel von
oxygener Photosynthese auf die Produktion von Wasserstoff umzustellen. Bei
Kultivierung der Alge unter Schwefelmangel können nach einiger Zeit wichtige, am
Photosyntheseablauf beteiligte Proteine nicht mehr synthetisiert werden. Die
Algenkultur wird daraufhin anaerob, da die Zellatmungsrate die Photosyntheserate
übersteigt. Um den Schwefelmangel kurzfristig überleben zu können, wird das Enzym
Hydrogenase gebildet. Dieses katalysiert die Reaktion von Elektronen und Protonen zu
molekularem Wasserstoff und erhält so die photosynthetische Elektronentransportkette
aufrecht. Anhand der einzellige Grünalge Chlamydomonas reinhardtii sollte dieser Prozess
zunächst demonstriert und anschließend in einen anwendungsnäheren Rahmen gebracht
werden. Nach erfolgreicher Kultivierung wurde zunächst das entstandene Gasvolumen
aufgefangen und qualitativ mithilfe der Knallgasprobe auf Wasserstoff untersucht. Da sich
diese als negativ erwies, wurden in einem zweiten Schritt Gaskonzentrationssensoren zur
quantitativen Analyse verwendet. Damit konnte eine Wasserstoffkonzentration von
maximal 8% im Gasraum über der Kultur nachgewiesen werden. In der nächsten
Versuchsreihe wurde die Wasserstoffproduktion unter naturähnlicheren Bedingungen
durch Beleuchtung in Hell-Dunkel-Zyklen untersucht. Dabei konnten deutliche
periodische Schwanken der Konzentrationen von Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und
Wasserstoff beobachtet werden. Auffallend war, dass während der Dunkelphasen der
Wasserstoff teilweise wieder abgebaut wurde. Grund dafür ist die Reversibilität der von
den Hydrogenasen katalysierten Reaktion. Abschließend wurde der Einfluss von
Sulfatkonzentration und Lichtstärke auf die maximal erreichbare Zelldichte der
Algenkulturen untersucht. Dabei wurde die bis zum Eintritt in den Schwefelmangel
benötigte Zeit mittels eines Tests auf das Enzym Arylsulfatase ermittelt. Bei einer
Sulfatkonzentration von 5 μmol/L und einer Beleuchtung mit 16.000 lux wuchsen die
Kulturen bis zu einer Dichte von etwa 7 · 108 Zellen/L. Auf Basis dieser Ergebnisse wäre
es im Hinblick auf eine potenzielle Anwendung möglich, einen ununterbrochenen
Übergang zwischen Zellwachstums- und Wasserstoffproduktionsphase zu erreichen.
[1]
Inhalt
1 Einleitung .......................................................................................................................................................................... 3
1.1 Ökologische Bedeutung .......................................................................................................................................................... 3
1.2 Beschreibung der Spezies Chlamydomonas reinhardtii ........................................................................................... 3
1.3 Mechanismus der photobiologischen Wasserstoffproduktion .............................................................................. 3
1.4 Vorangegangene Forschung ................................................................................................................................................. 5
1.5 Zielsetzung ................................................................................................................................................................................... 5
2 Material und Methoden ................................................................................................................................................ 6
2.1 Kultur und Medien ..................................................................................................................................................................... 6
2.2 SO42—Zugabe ................................................................................................................................................................................. 6
2.2 Kulturbedingungen.................................................................................................................................................................... 6
2.2.1 Wachstumsphase .................................................................................................................................................................... 6
2.2.2 Qualitativer Wasserstoffnachweis ................................................................................................................................7
2.2.3 Quantitativer Wasserstoffnachweis und Beleuchtung in Hell/Dunkel-Zyklen ...........................................7
2.2.4 Zirkuläre Beleuchtung .......................................................................................................................................................7
2.3 Untersuchung der entstehenden Gase .............................................................................................................................. 8
2.3.1 Qualitativer Wasserstoffnachweis ................................................................................................................................8
2.3.2 Konzentrationsmessung ...................................................................................................................................................8
2.3.3 Volumenmessung.................................................................................................................................................................8
2.4 Physiologische Messungen ..................................................................................................................................................... 8
2.4.1 Zellzählung ............................................................................................................................................................................9
2.4.2 Arylsulfatase-Test ...............................................................................................................................................................9
3 Ergebnisse......................................................................................................................................................................... 9
3.1 Wachstum ..................................................................................................................................................................................... 9
3.2 Qualitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion .................................................................................................. 10
3.3 Quantitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion ............................................................................................... 10
3.3 Anwendungsorientierterer Einsatz von Hell-Dunkel-Zyklen ............................................................................... 10
3.4 Schwefelmangeltests .............................................................................................................................................................. 11
3.4.1 Arylsulfatase-Test ............................................................................................................................................................ 11
3.4.2 Beleuchtung mit 16000 lux .......................................................................................................................................... 11
3.4.3 Beleuchtung mit 5000 lux ............................................................................................................................................. 12
3.4.4 TAP-S-Medium ohne SO42— ........................................................................................................................................... 13
3.5 Halbkontinuierlicher Prozess ............................................................................................................................................. 13
4 Diskussion ..................................................................................................................................................................... 14
4.1 Qualitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion .................................................................................................. 14
4.2 Quantitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion ............................................................................................... 14
4.3 Anwendungsorientierterer Einsatz von Hell-Dunkel-Zyklen ............................................................................... 15
4.4 Schwefelmangeltests .............................................................................................................................................................. 15
4.5 Halbkontinuierlicher Prozess ............................................................................................................................................. 16
4.6 Fehlerbetrachtung und Ausblick ....................................................................................................................................... 16
5 Danksagung .................................................................................................................................................................... 17
6 Literaturverzeichnis ................................................................................................................................................... 17
[2]
1 Einleitung
1.1 Ökologische Bedeutung
Angesichts des mit der steigenden Weltbevölkerung drastisch wachsenden Energiebedarfs wird
Wasserstoff ein bedeutendes Potential als nachhaltiger Energieträger zugeschrieben. Die Nutzung
fossiler Brennstoffe ist nicht nur aufgrund der ökologischen Schäden durch ihren Abbau und die
Schadstoff- und Treibhausgasemission bei ihrer Verbrennung problematisch, sondern auch
aufgrund ihres unmittelbar begrenzten Vorkommens. Dagegen wird Wasserstoff bei seiner
Verbrennung vollständig zu Wasser umgesetzt und ist zudem ein äußerst flexibler Energieträger,
der sowohl als Kraftstoff als auch zur Energiespeicherung genutzt werden kann (Schindler, et al.,
2008). Gegenwärtig wird Wasserstoff vor allem durch Dampfreformierung von Methan erzeugt.
Die elektrolytische Spaltung von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff, beispielsweise auf Basis
regenerativer Stromerzeugung, sowie die Vergasung von Biomasse sind ebenfalls als
Herstellungsverfahren etabliert. Dagegen ist die photobiologische Wasserstoffproduktion unter
Nutzung des Sonnenlichts noch weit von der Anwendungsreife entfernt (Deutscher Wasserstoffund Brennstoffzellenverband e.V., 2009)
1.2 Beschreibung der Spezies Chlamydomonas reinhardtii
Chlamydomonas reinhardtii ist eine einzellige Grünalge mit einer Größe von etwa 8-13 µm, die in
Süßgewässern vorkommt (Fuchs, 2007; Kück, 2005). Sie orientiert sich mithilfe eines rötlichen
Augenflecks am Licht und bewegt sich über zwei Geißeln fort (van den Hoeek, et al., 1993). Die
Teilung von C. reinhardtii lässt sich unter Kulturbedingungen mit einem 12h:12h oder 10h:14h
Licht-Dunkel-Rhythmus synchronisieren (Harris, 1989). Dabei beginnt die Mitose kurz vor der
Dunkelphase, sodass sich die Zelle kurz vor dem Beginn der Lichtphase endgültig geteilt hat (Kück,
2005). Unter normalen Bedingungen produziert C. reinhardtii photosynthetisch Sauerstoff. Die
Kultivierung unter Schwefelmangel führt jedoch zu einer Umstellung der photosynthetischen
Elektronentransportkette von oxygener Photosynthese auf die Produktion von Wasserstoff (Melis,
et al., 2000; Wykoff, et al., 1998).
1.3 Mechanismus der photobiologischen Wasserstoffproduktion
Das in einigen Aminosäuren enthaltene Makronährelement Schwefel wird bei der
Proteinbiosynthese wichtiger Strukturproteine und Enzyme benötigt (Hell, 2002; Spektrum
Akademischer Verlag, 2008). Besonders wichtig ist Schwefel für die Synthese des zentralen D1Proteins im Photosystem II. Dieses Protein besitzt aufgrund häufig auftretender Photoschäden
eine sehr hohe Turnover-Rate. Daher verhindert der Schwefelmangel die Neubildung des D1Proteins (Müllner, 2008). Gleichzeitig findet unter Schwefelmangel eine Umverteilung der
Lichtsammelkomplexe vom Photosystem II zum Photosystem I statt (state 2 transitions).
Außerdem nimmt die Zahl QB-nicht-reduzierender-Zentren im Photosystem II zu, sodass die
Übertragung der Elektronen auf das Plastochinon gehemmt wird (Wykoff, et al., 1998) .
Diese drei Veränderungen verursachen einen Rückgang der Aktivität des Photosystems II und
damit auch eine Abnahme der Wasserspaltung an dem ans Photosystem II gekoppelten
[3]
Photolysekomplex. In der Folge nimmt bei fortlaufendem Schwefelmangel die
Sauerstoffproduktion soweit ab, dass sie den Sauerstoffverbrauch der Zellatmung unterschreitet.
Nach einigen Tagen wird die Algenkultur somit anaerob (Melis, et al., 2000). Durch den Rückgang
der photolytischen Sauerstoffproduktion wird die ATP-Synthese in der Atmungskette gehemmt,
da diese nur mit anschließender Reduktion des Sauerstoffs zu Wasser abläuft (Universität
Düsseldorf, 2006).
Abb. 1-1: Vereinfachte Elektronentransportkette in C.reinhardtii während der normalen
Photosynthese (eigene Zeichnung nach Hemschemeier, et al., 2009). Abkürzungen: LHC
(Lichtsammelkomplex), PS (Photosystem), Pq (Plastochinon), Cytb6f (Cytochrom-b6fKomplex) Pc (Plastocyanin), Fdx (Ferredoxin), FNR (Ferredoxin-NADP+-Reduktase).
Abb. 1-2: Vereinfachte Elektronentransportkette in C. reinhardtii während der
Wasserstoffproduktionsphase (eigene Zeichnung nach Christian, et al., 2006;
Hemschemeier, 2005; Hemschemeier, et al., 2009). Abkürzungen: NDH (NADPHDehydrogenase), HYD (Hydrogenase).
[4]
Eine weitere Konsequenz des Schwefelmangels ist ein Rückgang des Enzyms Ribulose-1,5bisphosphat-Carboxylase/Oxygenase (RuBisCO), das im Calvinzyklus zur Fixierung von
Kohlenstoffdioxid dient. Dadurch wird der Calvinzyklus gehemmt und es kann kein NADPH mehr
zu NADP+ oxidiert werden. In der photosynthetischen Elektronentransportkette steht somit
weniger NADP+ zur Reduktion zur Verfügung. Es entsteht ein Stau, der die Photosyntheseaktivität
und damit auch die für die Alge lebenswichtige ATP-Synthese normalerweise zum Erliegen
bringen würde (Müllner, 2008; Wykoff, et al., 1998).
Allerdings ermöglicht der anaerobe Zustand die Expression von Hydrogenasen, welche die
reversible Reaktion von Protonen und Elektronen zu molekularem Wasserstoff katalysieren:
𝐻2 ⇌ 2𝐻 + + 2𝑒 −.
In Folge dessen können die Elektronen vom Ferredoxin auf die Hydrogenasen anstelle der
Ferredoxin-NADP+-Reduktase übertragen. Diese Funktion der Hydrogenasen als
Elektronensenke ermöglicht somit die kurzfristige Aufrechterhaltung der nichtzyklischen
Photophosphorylierung (Hemschemeier, 2005; Wykoff, et al., 1998). Auf diese Weise können
weiterhin geringe Mengen an Sauerstoff produziert werden, sodass die ATP-Synthese in der
Atmungskette erhalten bleibt. Ergänzend werden organischen Quellen, hauptsächlich Stärke, als
zusätzliche Elektronendonatoren für das Plastochinon genutzt (Hemschemeier, 2005; Müllner,
2008). Durch diese Umstellung der photosynthetischen Elektronentransportkette auf die
Wasserstoffproduktion kann Chlamydomonas reinhardtii für mehrere Tage einen Schwefelmangel
überleben. Sobald jedoch alle gespeicherten Saccharide durch die Zellatmung verbraucht worden
sind, stirbt die Alge ab (Hemschemeier, et al., 2009).
1.4 Vorangegangene Forschung
Die Entdeckung des Wasserstoffmetabolismus bestimmter Grünalgenspezies erfolgte 1939 durch
Hans Gaffron (Homann, 2005). Er fand die Fähigkeit der einzelligen Grünalge Scenedesmus
obliquus, entweder Wasserstoff im Dunkeln unter anaeroben Bedingungen als Elektronenspender
für die CO2-Assimilation zu verwenden (Gaffron, 1939) oder unter Lichteinwirkung
Wasserstoffgas zu produzieren (Gaffron & Rubin, 1942). In den frühen 1970er Jahren entdeckten
Gaffron und seine Mitarbeiter schließlich die enzymatische Verbindung der
Wasserstoffproduktion in Grünalgen zum Photosyntheseapparat (Stuart & Gaffron, 1972). Nach
der erstmaligen Isolation einer Hydrogenase aus Scenedesmus obliquus durch Happe und Naber
(1993) fanden Melis und seine Mitarbeiter in 2000 (Melis, et al., 2000) den Zusammenhang
zwischen Schwefelmangel und Wasserstoffproduktion. Trotz weiterer intensiver Forschung zur
Effizienzsteigerung, konnte der Schritt zu einer nachhaltigen Anwendung jedoch bis heute nicht
vollzogen werden.
1.5 Zielsetzung
Als Grundlage für die weiteren Versuche soll zunächst eine kontinuierliche Kultivierung von
Chlamydomonas reinhardtii über einen längeren Zeitraum gewährleistet sein. Anschließend
besteht das erste Ziel in der Demonstration des Potentials der Alge zur photobiologischen
Wasserstoffproduktion. Im zweiten Schritt soll dieser Prozess genauer mit quantitativen
[5]
Methoden untersucht werden. Orientiert an einer potentiellen Anwendung sollen die Kulturen
nicht nur kontinuierlich, sondern auch synchronisiert in Hell-Dunkel-Rhythmen beleuchtet
werden. Daraufhin soll ermittelt werden, welche Kulturdichten bei verschiedenen
Sulfatkonzentrationen sowie Lichtstärken maximal erreicht werden können. Auf Basis dessen soll
abschließend ein nahtloser Übergang zwischen Wachstums- und Wasserstoffproduktionsphase
erreicht werden. Allgemein liegt der Schwerpunkt der Arbeit nicht auf einer Maximierung der
produzierten Wasserstoffmengen, sondern auf der anwendungsnahen Entwicklung einer
Methode zur Produktion geringer Mengen Wasserstoff mittels des Sonnenlichts.
2 Material und Methoden
2.1 Kultur und Medien
Der für die Arbeit verwendete Stamm 11-32aM von C. reinhardtii wurde von der Sammlung von
Algenkulturen der Universität Göttingen (SAG) bezogen. Die Kultivierung erfolgte
photoheterotroph in schwefelhaltigem Tris-Acetate-Phosphate-Medium (TAP+S) (Hutner, et al.,
1950; Gorman & Levine, 1965; zitiert in Harris, 1989). Für die Wasserstoffproduktionsphase
wurden die Algenzellen durch Zentrifugation für 2 min bei 2000U/min vom Medium getrennt und
in schwefelfreies TAP-S-Medium übergesetzt. Zur Herstellung des TAP-S-Mediums wurden die im
TAP+S-Medium enthaltenen Sulfatsalze durch die entsprechenden Chloridsalze ersetzt (ibd.).
2.2 SO42—Zugabe
Um die SO42--Konzentration des Kulturmediums genau variieren zu können, wurde aus
Magnesiumsulfat eine 0,01 molare SO42--Stammlösung hergestellt und das entsprechende
Volumen jeweils zum TAP-S-Medium hinzugegeben.
2.2 Kulturbedingungen
2.2.1 Wachstumsphase
Für die Kultivierung in TAP+S-Medium wurden
wahlweise 1L-Erlenmeyerkolben oder 200mLRundhalsflaschen verwendet. Die Beleuchtung
erfolgte mittels zweier Leuchtstoffröhren („L 15
W/840“, Fa. Osram) mit einer Farbtemperatur
von 4000 Kelvin, die auf einem Holzsockel
horizontal in einer Höhe von 10 und 20 cm
montiert wurden. Zur Verbesserung der
Reflektionseigenschaften wurden die Rückseiten zusätzlich mit Alufolie bezogen. Die
Beleuchtungsstärke wurde über die Entfernung Abbildung 2-1: Kultivierung während der
Wachstumsphase.
der Leuchtstoffröhren zum Kulturgefäß
variiert. Teilweise wurden die Kulturen mit Raumluft durchlüftet, wozu eine Aquarienmembranpumpe („APS 50“) und Keramikausströmersteine („AS 25“, jeweils Fa. Tetra Tec) verwendet
[6]
wurden. Andernfalls erfolgte die Durchmischung durch
einen Magnetrührer oder tägliches Schwenken.
2.2.2 Qualitativer Wasserstoffnachweis
Die Kultivierung erfolgte in einer 2L-Flasche. Über eine
Glasrohrkonstruktion wurde das entstehende Gas in einen
wassergefüllten Messzylinder geleitet, der umgedreht in
einem Wasserbad stand.
2.2.3
Quantitativer
Wasserstoffnachweis
Beleuchtung in Hell/Dunkel-Zyklen
und
Abbildung 2-2: Kultivierung
während des qualitativen
Für die Kultivierung im TAP-S-Medium wurde eine spezielle Wasserstoffnachweises.
Gärflasche (Fa. BlueSens, Herten, Deutschland) mit einem
maximalen Füllvolumen von 1,2 L genutzt. Für die Beleuchtung mit 10000 lux wurde die auch für
die Wachstumsphase genutzte Beleuchtungseinrichtung verwendet. Die Kultur wurde über einen
Magnetrührer kontinuierlich durchmischt.
2.2.4 Zirkuläre Beleuchtung
Um die Beleuchtungsstarke der Kultur zu steigern, wurden zwei torusformige Leuchtstoffrohren
(„L 22W/765C G10q“, Fa. Osram) mit einer Farbtemperatur von 6500 Kelvin in 5 und 20 cm Hohe
an einem mit Alufolie bezogenen Pappzylinder angebracht. Um eine Erwarmung der Kultur zu
verhindern, wurde zusatzlich ein Ventilator in die Ummantelung integriert. Somit konnte die
Kultur allseitig mit 18000 lux beleuchtet werden.
Abbildung 2-3: Aufbau zur
Beleuchtung in Hell/Dunkel-Zyklen
während der Wasserstoffproduktionsphase.
Abbildung 2-4: Aufbau zur zirkulären Beleuchtung
während der Wasserstoffproduktionsphase.
[7]
2.3 Untersuchung der entstehenden Gase
2.3.1 Qualitativer Wasserstoffnachweis
In den gasgefüllten Messzylinder wurde ein brennendes Streichholz eingebracht (Knallgasprobe).
2.3.2 Konzentrationsmessung
Während der Wasserstoffproduktionsphase in der Gärflasche wurde die Konzentration von
Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid im Gasraum über der Kultur kontinuierlich mittels
dreier Gaskonzentrationssensoren (Fa. BlueSens, Herten, Deutschland) gemessen. Für die
Sauerstoffmessung wurde das Modell BCP-O2ec verwendet, das einen Konzentrationsbereich von
0-100 Vol. % umfasst und über eine galvanische Zelle misst. Über das Modell BCP-CO2 wurde die
Kohlenstoffdioxidkonzentration im Bereich 0-25 Vol.% bestimmt. Hierbei beruht das Messprinzip
auf einer Infrarot-Strahlungsquelle. Die Wasserstoffmessung erfolgte mittels des Sensors BCP-H2
(0-100 Vol.%) auf Grundlage der Wärmeleitfähigkeit. Die Querempfindlichkeiten gegenüber
Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf wurden nachträglich herausgerechnet:
𝐾𝑜ℎ𝑙𝑒𝑛𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓𝑑𝑖𝑜𝑥𝑖𝑑 ∶
𝑐(𝐻2 ) + 0,095
× 𝑐(𝐶𝑂2 )
𝑆𝑎𝑢𝑒𝑟𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓:
𝑊𝑎𝑠𝑠𝑒𝑟𝑑𝑎𝑚𝑝𝑓:
𝑐(𝐻2 ) + 0,012 × 𝑐(𝑂2 )
𝑐(𝐻2 ) + 0,1428 × 𝑐(𝐻2 𝑂)
2.3.3 Volumenmessung
Während der Wasserstoffproduktionsphase in der Gärflasche wurde das entstehende
Gasvolumen kontinuierlich mittels eines Milligascounters MGC-1 PMMA (Fa. Ritter, Bochum,
Deutschland; bereitgestellt von Fa. BlueSens) gemessen. Die Messung beruht auf zwei
Messkammern, die abwechselnd durch das einströmende Gas gefüllt werden. Die dadurch
ausgelösten Kippvorgänge werden gezählt.
2
2
1
3
3
[8]
1
Abbildung 2-5: Aufbau zur
Analyse der entstehenden
Gase: Spezielle Gärflasche
(1), Konzentrationssensoren für Sauerstoff,
Wasserstoff und
Kohlenstoffdioxid (2),
Milligascounter (3).
2.4 Physiologische Messungen
2.4.1 Zellzählung
Die Bestimmung der Kulturdichte erfolgte unter dem Lichtmikroskop mittels einer Neubauer
improved-Zahlkammer mit einer Tiefe von 0,1 mm (Fa. MSG Praxisbedarf, Wuppertal,
Deutschland). 2 mL Kultur wurden mit 10 Tropfen (0,3 mL) Ethanol immobilisiert. Zur Zahlung
wurden die 16 Gruppenquadrate (0,2 mm Seitenlange) im mittigen Großquadrat verwendet. Je
nach Kulturdichte wurden entweder alle 16 Gruppenquadrate oder nur die 4 Gruppenquadrate
entlang der Diagonalen gezahlt.
2.4.2 Arylsulfatase-Test
Unter Schwefelmangel produziert C. reinhardtii eine Form des Enzyms Arylsulfatase, das aus
organischen Verbindungen Sulfat abspalten kann (Lien, Schreiner, & Steine, 1975). Der Nachweis
erfolgte mittels XSO4 (5-Brom-4-chlor-3-indoxylsulfat , Fa. Carbosynth, Compton, UK) nach der
Methode von Hemschemeier, Melis und Happe (2009): 1 mL Kultur wurde mit 10 μL einer XSO4Stammlosung versetzt und die Zellen nach einer Stunde fur 1 min bei 3000 U/min abzentrifugiert.
Eine Blaufarbung deutete auf die Expression der Arylsulfatase hin. Unterstutzend erfolgte eine
spektrophotometrische Untersuchung bei einer Wellenlange von 650 nm.
3 Ergebnisse
3.1 Wachstum
4,5 · 108
4,0 · 108
3,5 · 108
Zellen /L
3,0 · 108
2,5 · 108
2,0 · 108
1,5 · 108
1,0 · 108
0,5 · 108
0
Abbildung 3-1: Annähernd logistische Wachstumskurve einer C. reinhardtii-Kultur
in TAP+S-Medium bei zweiseitiger Beleuchtung mit 10 000 lux.
[9]
Bei zweiseitiger Beleuchtung mit etwa 10 000 lux wuchs eine Kultur im 250mLErlenmeyerkolben unter täglichem Schütteln von einer anfänglichen Zelldichte von ca. 3,1 · 107
Zellen/L auf maximal etwa 4,1 · 108 Zellen/L an. Der Wachstumsverlauf ist annähernd logistisch
(vgl. Abbildung 3-1).
3.2 Qualitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion
Nach 7 Tagen der Gasproduktion im schwefelfreien Medium konnte eine Zunahme des
Gasvolumens um 8 mL gemessen werden. Die Knallgasprobe erwies sich als negativ.
3.3 Quantitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion
Ausgehend von 18,2% begann die Sauerstoffkonzentration nach 2 Tagen annähernd exponentiell
abzufallen, bis die Kultur am 9. Tag in den anaeroben Zustand überging. Gleichzeitig stieg die
Wasserstoffkonzentration innerhalb von 7 Tagen gegen eine Grenze von ca. 8,2 % an. Die
Konzentration von Kohlenstoffdioxid steigerte sich währenddessen von etwa 1% auf 2,9%. Am
Ende des Versuches nach 12 Tagen wies die Algenkultur eine dunkelgrüne, bräunliche Verfärbung
und einen Verwesungsgeruch auf. Mithilfe des Milligascounters konnte kein Gasvolumen
gemessen werden.
0
1
2
3
4
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8
9
10
11
Abbildung 3-2: Verlauf der Sauerstoff- (blau), Wasserstoff- (rot) und Kohlenstoffdioxidkonzentration (grün) während der Wasserstoffproduktionsphase bei
zweiseitiger durchgehender Beleuchtung mit 10 000 lux.
3.3 Anwendungsorientierterer Einsatz von Hell-Dunkel-Zyklen
Innerhalb der ersten 24 Stunden stellte sich eine zyklische Schwankung der
Sauerstoffkonzentration zwischen ca. 8 und 14 % ein. Die Kohlenstoffdioxidkonzentration
schwankte zwischen 0,2 und 0,4 %. Dabei lagen die Konzentrationsminima jeweils in der
[10]
Dunkelphase und die Konzentrationsmaxima in der Hellphase. Nach weiteren 2 Tagen begann die
Sauerstoffkonzentration, innerhalb der periodischen Schwankungen zu kontinuierlich zu sinken,
bis sich nach etwa 7 Tagen ein exponentieller Abfall einstellte. Nach insgesamt 10 Tagen war der
anaerobe Zustand erreicht. Im gleichen Zeitraum stieg die Kohlenstoffdioxidkonzentration
annähernd linear auf maximal 1,25 % an. Nach einem periodisch schwankenden Anstieg für 3
Tage erreichte die Wasserstoffkonzentration am 11. Tag ihr Maximum von 2,2 %. Innerhalb der
letzten 3 Tage war die Konzentration annähernd konstant bei 0,9 %. Mithilfe des Milligascounters
konnte kein Gasvolumen gemessen werden.
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1
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3
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15
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Abbildung 3-3: Verlauf der Sauerstoff- (blau), Wasserstoff- (rot) und Kohlenstoffdioxidkonzentration (grün) während der Wasserstoffproduktionsphase bei
zweiseitiger Beleuchtung in Hell/Dunkel-Zyklen mit 10 000 lux.
3.4 Schwefelmangeltests
3.4.1 Arylsulfatase-Test
Zwei Kulturen wurden mit der gleichen
Zelldichte in TAP+S- bzw. TAP-S-Medium
angeimpft und nach zwei Tagen auf
Arylsulfatase
getestet.
Nach
der
Zentrifugation war die Probe der TAP+SKultur klar, während die Probe der TAP-SKultur eine hellblaue Färbung aufwies (vgl.
Abbildung 3-4: Erscheinungsbild der Proben
Abb. 3-4).
der TAP-S- (links) bzw. der TAP+S-Kultur 60
Minuten nach Zugabe von XSO4 (vor der
3.4.2 Beleuchtung mit 16000 lux
Zentrifugation).
Bei einseitiger Beleuchtung mit 16000 lux
und einer SO42—Konzentration von 25, 50 und 75 μmol/L erreichten alle Kulturen nach etwa 18
[11]
Tagen eine maximale Zelldichte von durchschnittlich 5,8 · 108 Zellen/L. Der Arysulfatase-Test war
jeweils negativ (vgl. Tabelle 3-1).
Tabelle 3-1: Maximal erreichte Zelldichten und Ergebnisse des Arylsulfatase-Test bei einer
SO42—Konzentration von 25, 50 und 75 μmol/L.
SO42—Konzentration (μmol/L)
Maximale Zelldichte Arylsulfatase-Test
(Zellen/L)
25
5,7· 108
Negativ
50
6,2 · 108
Negativ
75
5,6 · 108
Negativ
Bei Verringerung der SO42—Konzentration auf 5 μmol/L ergab der Arylsulfatase-Test nach 13
Tagen ein positives Ergebnis bei einer maximalen Zelldichte von 6,9 · 10 8 Zellen/L. Die
Parallelkulturen mit 12,5 μmol/L SO42- wuchsen innerhalb von 13 Tagen auf maximal 7,0 · 108 an,
wobei der Arylsulfase-Test jeweils negativ war (vgl. Tabelle 3-2).
Tabelle 3-2: Maximal erreichte Zelldichten und Ergebnisse des Arylsulfatase-Test bei einer
SO42—Konzentration von 5 und 12,5 μmol/L.
SO42—Konzentration (μmol/L)
Maximale Zelldichte Arylsulfatase-Test
(Zellen/L)
5
6,9 · 108
Positiv
12,5
7,0 · 108
Negativ
3.4.3 Beleuchtung mit 5000 lux
Bei einer Beleuchtung mit 5000 lux und einer SO42—Konzentration von 25, 50 und 75 μmol/L
erreichten alle Kulturen nach etwa 18 Tagen eine maximale Zelldichte von durchschnittlich 4,2 ·
108 Zellen/L. Der Arysulfatase-Test war jeweils negativ (vgl. Tabelle 3-3).
Tabelle 3-3: Maximal erreichte Zelldichten und Ergebnisse des Arylsulfatase-Test bei einer
SO42—Konzentration von 25, 50 und 75 μmol/L.
SO42—Konzentration (μmol/L)
Maximale
(Zellen/L)
25
4,3 · 108
Negativ
50
4,3 · 108
Negativ
75
3,9 · 108
Negativ
[12]
Zelldichte Arylsulfatase-Test
Bei Verringerung der SO42—Konzentration auf 5 μmol/L ergab der Arylsulfatase-Test nach 13
Tagen ein positives Ergebnis bei einer maximalen Zelldichte von 4,5 · 108 Zellen/L. Die
Parallelkulturen mit 12,5 bzw. 25 μmol/L SO42- wuchsen innerhalb von 13 Tagen auf maximal 7,4
· 108 bzw. 7,6 · 108 Zellen/L an, wobei der Arylsulfatase-Test jeweils negativ war (vgl. Tabelle 34).
Tabelle 3-4: Maximal erreichte Zelldichten und Ergebnisse des Arylsulfatase-Test bei einer
SO42—Konzentration von 5 und 12,5 μmol/L.
SO42—Konzentration (μmol/L)
Maximale Zelldichte Arylsulfatase-Test
(Zellen/L)
5
4,5 · 108
Positiv
12,5
7,4 · 108
Negativ
3.4.4 TAP-S-Medium ohne SO42—
Im TAP-S-Medium ohne Zusatz von Sulfat erreichte die Kultur bei einseitiger Beleuchtung mit 16
000 lux innerhalb von 7 Tagen eine maximale Zelldichte von 3,1 · 108. Der Arylsulfatase-Test
erwies sich nach 2 Tagen das erste Mal als positiv.
3.5 Halbkontinuierlicher Prozess
0
1
2
3
5
6
7
8
Abbildung 3-5: Anfänglicher Verlauf der Sauerstoff- (blau), Wasserstoff- (rot) und
Kohlenstoffdioxidkonzentration (grün) während der Erprobung des
halbkontinuierlichen Prozesses.
[13]
Es wurden sechs 200 mL Kulturen bei einseitiger Beleuchtung mit 16000 lux und einer SO42—
Konzentration von 5 μmol/L angesetzt. Nach 8 Tagen ergab der Arylsulfatase-Test ein positives
Ergebnis bei einer Zelldichte von durchschnittlich 4,8 · 108 Zellen/L. Nach der Übersetzung in die
Gärflasche erfolgte die Beleuchtung zirkulär im 12h/12h-Rhythmus. In den ersten fünf Tagen
schwankte die Sauerstoffkonzentration periodisch zwischen maximal 29,2 % am Tag und minimal
22 % in der Nacht. Die Konzentration von Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid blieb bei etwa 0%.
4 Diskussion
4.1 Qualitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion
Das entstandene Gas enthielt entweder kein oder eine für die Knallgasprobe verhältnismäßig zu
geringe Menge an Wasserstoff. Dafür sind verschiedene Gründe denkbar: Zum Einen ist es
wahrscheinlich, dass durch die Zentrifugation nicht ausreichend Sulfat aus der Kultur entfernt
wurde. Dadurch waren die Photosynthesevorgänge von C. reinhardtii zunächst nicht
beeinträchtigt. Somit bestand ein Großteil des aufgefangenen Gasvolumens aus Sauerstoff, der
durch die fortschreitende Wasserspaltung am Photosystem II produziert wurde. Zwar ist es
möglich, dass nach einigen Tagen das restliche Sulfat im Medium verbraucht war, sodass die
Aktivität des Photosystems II nachließ. Jedoch wurde das Eintreten des anaeroben Zustands
wahrscheinlich durch ein zu großes Gasvolumen über dem Medium im Gefäß verzögert. Dadurch
mussten die Algen eine große Menge Sauerstoff veratmen, bis die Expression der Hydrogenasen
und somit die Produktion von Wasserstoff möglich war. Dazu kommt möglicherweise, dass selbst
bei Erreichen des anaeroben Zustands aufgrund der schwachen Beleuchtung nicht ausreichend
Lichtenergie für die Wasserstoffproduktion zur Verfügung gestanden hätte. Denkbar ist auch,
dass bei den verwendeten Schläuchen und Stopfen aufgrund der geringen Größe der
Wasserstoffmoleküle keine ausreichende Dichtigkeit bestand.
Daraus folgt, dass für einen erfolgreichen Nachweis der Wasserstoffproduktion eine sorgfältigere
Zentrifugation, ein kleinerer Gasraum, eine stärkere Beleuchtung und die Verwendung gasdichter
Schläuche und Verschlüsse nötig sind.
4.2 Quantitativer Nachweis der Wasserstoffproduktion
Die Fähigkeit von C. reinhardtii zur Wasserstoffproduktion wurde nachgewiesen. Die gemessenen
Konzentrationskurven von Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid zeigen die
charakteristischen Merkmale der dabei stattfindenden Stoffwechselveränderung. Der durch die
Zentrifugation ausgelöste Schwefelmangel führt wie im Abschnitt 1.3 beschrieben zum Abfall der
Aktivität des Photosystems II. In Folge dessen übertraf nach etwa zwei Tagen die
Sauerstoffzehrung durch Zellatmung die Sauerstoffproduktion durch Photosynthese. Aufgrund
der hohen Sauerstoffempfindlichkeit der Hydrogenasen war zu erwarten, dass erst bei
vollständiger Anaerobität der Kultur die Wasserstoffproduktion einsetzt. Jedoch begann der
Anstieg der Wasserstoffkonzentration zeitgleich mit dem Abfall des Sauerstoffs. Anscheinend
konnten sich trotz konstanter Durchmischung der Kultur bereits nach zwei Tagen des
[14]
Schwefelmangels sauerstofffreie Bereiche ausbilden. Dort setzte die Expression der
Hydrogenasen bereits deutlich verfrüht ein. Nach einiger Zeit der Wasserstoffproduktion waren
jedoch alle in den Zellen gespeicherten Saccharide verbraucht. Das dadurch verursachte
kontinuierliche Absterben der Algenzellen führte dazu, dass die Wasserstoffkonzentration einer
beschränkten Wachstumskurve ähnlich gegen eine Grenze ansteigt und schließlich kein
Wasserstoff mehr produziert wird.
Obwohl über den Konzentrationsanstieg eine Produktion von Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid
nachgewiesen wurde, zeigte der Milligascounter kein Gasvolumen an. Dies muss daran liegen,
dass die pro Zeiteinheit ausströmenden Gasmengen unterhalb der Messgrenze des Sensors von 2
mL/h lagen.
Es ist denkbar, dass durch eine Erhöhung der Lichtintensität die produzierte Wasserstoffmenge
gesteigert werden kann und somit eine Volumenmessung mittels des Milligascounters möglich
wird.
4.3 Anwendungsorientierterer Einsatz von Hell-Dunkel-Zyklen
Auch bei naturähnlicher Beleuchtung der Algenkultur gelang der Nachweis einer erneuten
Wasserstoffproduktion. Die periodischen Schwankungen der Gaskonzentrationen von Sauerstoff
und Kohlenstoffdioxid zeigen den Einfluss der Beleuchtung in Hell/Dunkel-Zyklen auf die
Atmungs- und Photosyntheseaktivität: In der Hellphase übertrifft die Sauerstoffproduktion den
Sauerstoffverbrauch, während in der Dunkelphase die Atmungs- die Photosyntheserate
übersteigt. Durch die Unterbrechung der Beleuchtung mit zwölfstündigen Dunkelphasen dauert
es länger, bis die Aktivität des Photosystems II aufgrund der Photoschädigung des D1-Proteins
abnimmt. Dadurch tritt der Abfall der Sauerstoffkonzentration und damit auch der Beginn der
Wasserstoffproduktion später ein.
Die
periodischen
Schwankungen
der
Wasserstoffkonzentration
innerhalb
der
Beleuchtungszyklen bis zum Zeitpunkt des vollständigen Todes der Kultur zeigen die
Reversibilität der durch die Hydrogenasen katalysierten Reaktion: Erfolgt während der
Dunkelzyklen keine Photosynthese, wird der schon vorhandene Wasserstoff zu Elektronen und
Protonen umgewandelt und erst wieder in den Lichtzyklen neu gebildet.
4.4 Schwefelmangeltests
Mittels des Arylsulfatase-Tests konnte qualitativ bestimmt werden, ob eine Kultur Schwefelmangel erfährt. Bei gleicher Sulfatkonzentration wuchsen die Kulturen mit
16 000 lux auf durchschnittlich 5,8 · 108 Zellen/L gegenüber 4,2 · 108 Zellen/L bei 5000 lux an. Da
Licht die zentrale Rolle für die Photosynthese der Algenzellen spielt, ist es wahrscheinlich, dass
eine höhere Lichtstärke auch eine höhere maximale Zelldichte zur Folge hat. Mittels der
zirkulären Leuchtstoffröhren konnte künstlich eine allseitige Beleuchtung mit maximal 18 000
lux erreicht werden. Da das Sonnenlicht an einem Sommertag eine Lichtstärke von
[15]
durchschnittlich 100 000 lux erreicht (eigene Messung), können bei einer Freilandkultivierung
wahrscheinlich noch deutlich höhere Zelldichten erreicht werden.
Eine SO42--Konzentration von 5 μmol/L scheint am besten geeignet für einen halbkontinuierlichen
Wasserstoffproduktionsprozess. Bei dieser Sulfatmenge scheinen die Kulturen bei einer
Beleuchtung mit 16 000 lux die maximal mögliche Zelldichte von etwa 7,1 · 108 Zellen/L relativ
genau zu erreichen, bevor sie in den Schwefelmangelzustand übergehen. Jedoch zeigen die
deutlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Messungen unter gleichen Bedingungen, dass
die Zellzählung einer hohen Fehlerschwankung unterliegt. Trotzdem erscheint die Idee sinnvoll,
Kulturen bei 16 000 lux und einer SO42--Konzentration von 5 μmol/L bis zum Eintritt in den
Schwefelmangel
wachsen
zu
lassen,
um
einen
nahtlosen
Übergang
zur
Wasserstoffproduktionsphase zu ermöglichen. Dadurch würde die zeitaufwendige und
ineffiziente Zentrifugation zur Entfernung des Sulfats aus der Kultur wegfallen.
4.5 Halbkontinuierlicher Prozess
Obwohl der Arylsulfatase-Test vor der Übersetzung der Kulturen positiv ausfiel, wies die
Sauerstoffkonzentration in den ersten 6 Tagen keine Anzeichen eines Schwefelmangels auf. Es ist
möglich, dass kleine Anteile der Kulturen bereits einen Schwefelmangel aufwiesen, der Großteil
jedoch noch nicht davon beeinflusst war. Dies führte zu einem positiven Resultat des
Arylsulfatase-Tests, obwohl die Mehrheit der Zellen noch oxygene Photosynthese betrieb. Somit
scheint eine Sulfatkonzentration von 5 μmol/L entgegen der ursprünglichen Annahme zu hoch
für den angestrebten halbkontinuierlichen Prozessen. In Folge dessen sollten weitere
Wachstumsversuche mit noch kleineren Sulfatkonzentrationen sowie einer stärken
Durchmischung der Kulturen durchgeführt werden. Es ist sogar denkbar, dass die aufgrund des
destillierten
Wassers
wahrscheinlich
bereits
im
TAP-S-Medium
vorhandenen
Schwefelverbindungen für ein ausreichendes Wachstum der Kulturen bis zum Eintritt in die
Wasserstoff-produktionsphase genügen.
4.6 Fehlerbetrachtung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde die Fähigkeit der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii zur
photobiologischen Produktion von Wasserstoff demonstriert und eine Idee zur Anwendung
dieses Mechanismus entwickelt. Allerdings ist es bei Untersuchungen mit lebenden Organismen
schwer, stets alle beeinflussenden Parameter konstant zu halten. Aus diesem Grund können die
Versuchsergebnisse verschiedenen Ungenauigkeiten unterliegen. Dazu zählen hier besonders die
Beleuchtung und Durchmischung der Kulturen, die Sulfatkonzentration des Mediums und die
Zelldichte für die Wasserstoffproduktionsphase. Außerdem unterliegt die Bestimmung der
Kulturdichte mittels der Neubauer Zählkammer unvermeidbaren Schwankungen. Aufgrund
dessen können die gewonnenen Daten nicht als absolute Grundlage für weitere Versuche
aufgefasst werden, sondern sollten als Bestätigung dafür gelten, dass allgemein eine Anwendung
von C. reinhardtii zur nachhaltigen Produktion von Wasserstoff möglich ist.
[16]
Abschließend ist wichtig, dass trotz allem die mittels Algenkulturen herstellbaren
Wasserstoffmengen natürlichen Grenzen unterliegen. Langfristig ist es daher wahrscheinlich
vielversprechender, die Algenzellen genetisch zu manipulieren oder sogar die Hydrogenasen zu
extrahieren und im zellfreien System Wasserstoff zu produzieren, wie es bereits von einigen
Arbeitsgruppen gezeigt wurde (Winkler, et al., 2011).
5 Danksagung
Wir danken unserem Lehrer Herrn Dr. Björn Herber, der uns auch außerhalb des Unterrichts
die Fachräume zur Verfügung gestellt und mit Chemikalien und Geräten unterstützt hat.
Ebenso danken wir Herrn Özgür Dagarslan, dass er uns einen Raum zur Verfügung gestellt und
selbst in den Ferien aufgeschlossen hat.
Weiterhin möchten wir dem Schulverein und der Schulleitung des Gymnasium Oberalsters für
die finanzielle Unterstützung danken.
Unser besonderer Dank gilt Herrn Dr. Holger Müller von der BlueSens GmbH, ohne deren
Leihgabe der hochwertigen Geräte und ständige Beratung das Projekt in dieser Form nicht
möglich gewesen wäre.
Ebenfalls danken wir der Firma Omnilab GmbH für die Bereitstellung der Septen.
Außerdem danken wir Herrn Dr. Justin Phillips (Senior Lecturer in Biomedical Engineering, City
University London), der uns die Benutzung des anleitungslosen Spektrophotometers unserer
Schule erklären konnte.
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