Das Museum und seine Geschichte
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Das Museum und seine Geschichte
Cernuschi_Visite_allemand.qxd 11/12/08 10:43 Page 1 Besichtigung des Museums 1. Stock 1. Stock Besichtigung des Museums 1. Stock 1. Stock die Periode der kriegsführenden Königreiche, während der China in mehrere, einander bekämpfende Königreiche zerfällt, die letztendlich im Jahr 221 vom Königreich der Qin abgelöst wurden. Am Anfang dieser Periode nehmen die Bronzeobjekte imposantere und majestätischere Formen an und werden mit größeren Motiven in geringerer Anzahl verziert. Stellung an der Seite von Bronzeobjekten ein. Motive wie Friese mit Schrägachsen und runden Abschlüssen sowie eine zweifarbige Gestaltung in rot und schwarz zeugen vom Einfluss der Lackkunst. Die Kulturen der angrenzenden Völker, Nomaden des Nordens und Bevölkerungen des Südwestens entwickeln eine originelle Bronzekunst, die sich durch realistisch behandelte Tierthemen auszeichnet. 1. Stock Das Museum und seine Geschichte Portrait von Henri Cernuschi, 1890 von Léon Bonnat (1833-1922) Gabe von Sir und Lady Martin Conway 1919 © Musée Cernuschi Roger-Viollet Das Cernuschi-Museum setzt als Museum asiatischer Kunst der Stadt Paris das Werk von Henri Cernuschi, einer ganz erstaunlichen Persönlichkeit, fort und baut somit eine Brücke zwischen der Hauptstadt, China und den anderen asiatischen Zivilisationen. Der in Mailand im Jahr 1821 geborene italienische Patriot Enrico Cernuschi ist im Jahr 1850, nach der italienischen Revolution von 1848 gezwungen, nach Frankreich zu fliehen. Als Ökonom und anschließend Bankier baut er sich zum Ende des Second Empire (1852-1870) ein beträchtliches Vermögen auf. Als überzeugter Republikaner unterstützt er aktiv die Dritte Republik. Nach den tragischen Ereignissen der Pariser Kommune jedoch unternimmt er vom September 1871 bis zum Januar 1873 in Begleitung seines Freundes, des Kunstkritikers Théodore Duret (1828-1927), eine Reise um die Welt. In Japan und in China erwirbt er insgesamt rund fünftausend Kunstwerke, darunter eine große Zahl von Bronzestatuen. Bei seiner Rückkehr wird seine Sammlung im Palais de l’Industrie ausgestellt und trägt somit zur Entstehung des Japanismus bei. Zur gleichen Zeit beauftragt er den Architekten William Bouwens der Boijen (1834-1907) mit dem Bau seiner Stadtvilla, die er später dann gemeinsam mit seinen asiatischen Kunstwerken der Stadt Paris hinterlässt. Das Museum wird im Jahr 1898, zwei Jahre nach seinem Tode, eingeweiht. Im Erdgeschoss ließ Henri Cernuschi im hinteren Gebäudeteil einen Rauchersalon anbauen. Dieser mit einigen seiner Möbelstücke und aus seinen Reisen mitgebrachter Kunstgegenstände eingerichtete Raum soll die Atmosphäre nachempfinden, die im Hause des Sammlers geherrscht haben mag. genossenen Getränken auf Hirse- oder Sorghum-Basis. Dieses Prunkgeschirr wurde für rituelle Mahlzeiten verwendet, zu denen sich die Mitglieder einer gleichen aristokratischen Familie versammelten. Man findet es in großen Mengen in den Gräbern. Vase Bemalter Ton Provinz Gansu (um 2800 - 2500 v. Chr.) Mit einem Vogel geschmückte Scheibe Nephrit Shandong, Longshan-Kultur (um 2000 - 1600 v. Chr.) 3 © Musée Cernuschi / Roger-Viollet 1 Die aus der Provinz Shaanxi stammenden Zhou sind ehemalige Vasallen der Shang-Dynastie, die ihre eigene Dynastie schaffen und ihre Hauptstadt in der Region von Xi’an bilden. Sie entwickeln ein feudales politisches System, das auf einer strengen Hierarchie der unterschiedlichen Domänen und dem Familienkult gründet. Die größte Bedeutung kam hierbei der königlichen Domäne und dem Ahnenkult der Zhou zu. Traditionell wird die Geschichte der Dynastie in zwei Perioden unterteilt: die westlichewei Perioden einteilen lässt, nämlich die Frühlings- und Herbstperiode und © E. Emo und Cl.Tachdjian Das Neolithikum Die ersten Spuren der Sesshaftigkeit landwirtschaftlicher Gemeinschaften lassen sich um 8000 v. Chr. datieren. Das Neolithikum wird von einem Aufblühen der Handwerkskunst charakterisiert. In China lässt sich in dieser Zeit die gleichzeitige Entwicklung, sehr unterschiedlicher Kulturen erkennen. Trommelständer Holz aus dem Königreich Chu, Epoche der kriegsführenden Staaten (481-221 v. Chr.) Gabe von A. und C. Deydier 5 You-Vase in Raubkatzenform genannt das Tigerweibchen, Bronze Provinz Hunan, (12. Jhdt. v. Chr.) Die Shang-Dynastie (um 1550-1050 v. Chr.) 4 Diese politisch besonders instabile und turbulente Periode zeichnet sich durch den ostentativen Luxus der rivalisierenden Höfe aus. Insbesondere das Königreich der Chu zeigte eine große Vorliebe für Bronzegefäße mit barocken Formen und reichen Verzierungen. Diese im südlichen Teil Zentralchinas ansässige Kultur wird bis zur westlichen Han-Dynastie (206 v. Chr. - 9 n. Chr.) ihre Sonderstellung beibehalten, die heute insbesondere im noch erhaltenen Grabmobiliar erkennbar ist: Gehörnte, die Zunge herausstreckende Grabwächter oder Trommelständer in Vogelform als Zeugen eines bislang noch wenig bekannten Glaubens. Bereits jetzt nehmen Lackobjekte eine wichtige Zun-vase Bronze, Anyang-Periode (um 1300 - 1050 v. Chr.) Shang-Dynastie (um 1550 - 1050 v. Chr.) Gabe von Total © E. Emo und Cl.Tachdjian Zeitalter der kriegsführenden Königreiche (481-221 v. Chr.) © L. Degrâces 2 3 Qin - (221-206 v. Chr.) und Han-Dynastien (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) Die Eroberung Chinas durch Qin Shihuangdi, den ersten Kaiser der Qin-Dynastie im Jahr 221 v. Chr. läutet das chinesische Kaiserreich ein. Die in Chang’an (der augenblicklichen Provinz Xi’an) ansässige westliche Han-Dynastie (206 v. Chr – 9 n. Chr) stützt sich auf die unter den Herrschern der Qin-Dynastie eingeführten Reformen, um ein mächtiges und zentralisiert organisiertes Imperium zu schaffen, das sich bis Zentralasien erstrecken soll. © E. Emo und Cl.Tachdjian 2 Ab etwa 1700 v. Chr. entwickeln sich in unterschiedlichen Regionen Bronzekulturen mit sehr markanten Besonderheiten wie beispielsweise die auf die Provinz Henan konzentrierte Erlitou-Kultur (um 1700-1550 v. Chr.). Die Provinz Henan ist auch die Wiege der rund fünf Jahrhunderte anhaltenden Shang-Dynastie. Die repräsentativsten Objekte dieser Dynastie sind zu liturgischen Zwecken verwendete Bronzegegenstände. Traditionell werden diese Bronzegefäße in zwei Kategorien aufgeteilt: in Gefäße für feste Nahrungsmittel und in Gefäße zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten, und zwar insbesondere von gegärten, heiß Die Zhou-Dynastie (um 1050-256 v. Chr.) 8 1 Mit narrativen Szenen dekorierte Platte Geprägter Ton, Provinz Henan westliche Han-Periode (206 v. Chr. 9 n. Chr.) Liegende Gans Ton, westliche Han-Periode (206 v. Chr.- 9 n. Chr.). Gabe der Elf-Stiftung © L. Degrâces © L. Degrâces und P. Joffre 7 4 5 2. Stock 6 1 2 3 4 Neolithikum Shang-Dynastie Zhou-Dynastie Zeitalter der kriegsführenden Königreiche 5 6 7 8 Qin- und Han-Dynastien Buddhistische Plastiken Mingqi-Grabmobiliar Tang-Dynastie Liao und Song 11/12/08 10:43 Page 2 1. und 2. Stock 2. Stock Kamelreiter Ton, nördliche Wei-Dynastie (386-534) Pipa-Spieler Ton, Sui-Dynastie (581-618) Gabe vonJ. Flersheim-Legueu © Ladet © Musée Cernuschi / Roger-Viollet Amitabha (Amida) Marmor, Stil der nördlichen Qi-Dynastie (550-577) Liao-Dynastie (907-1125) Gabe von M.-M. Wannieck Bodhisattva Sandstein, beginnende zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts, Yungang, Provinz Shanxi nördliche Wei-Dynastie (386-534) Gabe von Léon Wannieck Mingqi-Grabmobiliar (Han - Wei - Sui - Tang Säle) Das Cernuschi-Museum birgt eine außerordentliche Sammlung von Werken der Han-Epoche, die ein vielseitiges Panorama des Grabmobiliars (mingqi) dieser Periode eröffnen. Die meisten Objekte der Sammlung sind aus Ton und wurden nach dem Brennen einfach mit Wasserfarben verziert. Sie bieten somit einen Überblick über die Kleidung und den Alltag der Chinesen zu dieser Zeit. Unter den nördlichen Wei (386-534) entwickeln sich die bereits während der Han-Periode behandelten Themen weiter. Später folgen die Kunstwerke der Sui-Epoche mit ihren schlichteren Formen, die wohl einen krassen Gegensatz zu ihren farbenfrohen und detailgenauen Verzierungen geboten haben dürften, die heute jedoch nicht mehr zu sehen sind. Während der Tang-Dynastie gab es zahlreiche mingqi und ihre Vielseitigkeit spiegelt die lebendige und kosmopolitische Atmosphäre des Hofs der Tang-Dynastie wider. 2. Stock Himmlischer Musiker Sandstein, um 480, nördliche Wei-Dynastie (386-534). Gabe der Freunde des CernuschiMuseums der Gupta-Kunst (4. – 5. Jahrhundert) bestimmt sind. Im Zuge der Vereinigung des Reiches im Jahr 589 erfährt der Buddhismus unter der Sui-Dynastie (581-618) sowie während eines Großteils der Tang-Dynastie (618-907) einen neuen Aufschwung. Die auf die Tang folgenden Liao, die sich als Schützer des Buddhismus verstehen und sich in die Reihe der vorausgehenden, berühmten Barbarendynastien eingliedern wollen, sollen eine gewisse archaische Ästhetik fördern, indem sie bestimmte Skulpturelemente der nördlichen Qi-Dynastie (550-577) wieder aufnehmen. 7 © L. Degrâces und P. Joffre © P. Joffre 6 Buddhistische Plastiken Die lange Zeit der politischen Spannungen zwischen dem Sturz der Han-Dynastie im Jahr 220 bis zur Wiedervereinigung des Landes im Jahr 589 ist von der Entwicklung des Buddhismus als offizielle Religion im südlichen sowie im nördlichen China, welches in den Händen von mehreren Barbarenkönigreichen unter mehr oder weniger sinisierter Führung liegt, gekennzeichnet. Die wichtigsten von ihnen sind die nördlichen Wei, deren Monarchen ehrgeizige Programme zur Einrichtung steinerner Kultstätten in ihren aufeinanderfolgenden Hauptstädten Datong und Luoyang in Auftrag geben. Zunächst bestimmen zahlreiche Einflüsse der KuschanaKunst (1. – 3. Jahrhundert) aus der im Norden des heutigen Pakistan gelegenen Region Gandhara sowie aus der Region von Mathura in der Ganges-Ebene, die im Zuge der Handelsbeziehungen über Eurasien nach China gelangt sind, die monumentale plastische Kunst. Gegen 534 werden neue, indische Einflüsse spürbar, die von © P. Ladet Barbar mit Horn Ton, Provinz Shaanxi (?) 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts, Tang-Dynastie (618-907) Kauf dank bedeutender Unterstützung der Freunde des Cernuschi-Museums Kamel Dreifarbig glacierter Ton (Sancai-Farben), Nordchina 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts – Tang-Dynastie (618-907) © L.Degraces and P.Joffre © P. Pierrain Meiping-Vase Sandstein mit angerissenem Dekor Epoche der nördlichen Song (960-1126) Vermächtnis von Cesar Mange Totenmaske Vergoldete und versilberte Bronze Nordchina Liao-Dynastie (907-1125) Tang-Dynastie (618-907) Während der ersten und brillantesten Periode dieser Dynastie (618-755) wird die von der Sui-Dynastie eingeleitete Politik der Zentralisierung des Verwaltungssystems, der großen Bauvorhaben und der Eroberungen fortgesetzt. Zu dieser Zeit ist die Hauptstadt Chang’an (Xi’an) in der Provinz Shaanxi gemeinsam mit Byzanz eines der beiden größten städtischen Zentren Eurasiens. Wir haben eine große Zahl von Mingqi aus dieser Zeit erhalten, die vom Reichtum des sozialen Lebens und der Handelsbeziehungen mit Zentralasien zeugen. © L. Degrâces und P. Joffre Musée Cernuschi 1. Stock 8 © E. Emo und Cl.Tachdjian Die Liao- und die Song-Dynastie Sofort nach dem Untergang der Tang-Dynastie beginnt in China eine neue Ära der politischen Spaltung (Epoche der fünf Dynastien, 907–960). Die Song-Dynastie gliedert sich in zwei Phasen auf: die nördliche (960-1126) und die südliche Song-Dynastie (1127-1279). Im Norden blühen sinisierte Barbarenreiche (Xixia, Liao und Jin) auf. Diese Periode ist von einem unvergleichlichen Aufschwung der Technik sowie des Binnenhandels und der internationalen Handelsbeziehungen geprägt. Die Liebe zu Antiquitäten und Geschichte, die Entwicklung der Landschaftsmalerei, die große Bandbreite und die Perfektion der in den meisten Provinzen hergestellten Keramiken sind herausragende Züge des intellektuellen und künstlerischen Lebens, die von den literarischen Milieus unterstützt werden. Die Epochen der fünf Dynastien und der Song bilden den Höhepunkt der Keramik, die in den fast überall im Land stehenden Brennöfen erzeugt wird. Die Mongolen werden im Jahr 1234 endgültig zu den Herrschern im nördlichen China und setzen der Macht der Song im Jahr 1279 ein Ende. 7 avenue Vélasquez (Eingang 111-113, boulevard Malesherbes) 75008 Paris Tel : 00. 33. (0)1 53 96 21 50 Tel : 00. 33. (0)1 53 96 21 71 www.cernuschi.paris.fr Anfahrt Metrolinien 2 und 3, Villiers oder Monceau Bus: 30, 94 Velib: 45 rue de Monceau Öffnungszeiten Täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr, montags und an Feiertagen geschlossen. Bei Vorreservierung unter der Nummer 01 53 96 21 72 werden zudem Besichtigungsführungen in Zeichensprache oder Lippensprache durchgeführt. Filmen und Fotografieren Fotografieren ohne Blitz oder Videoaufnahmen mit einer Handkamera zu streng privaten Zwecken sind in den ständigen Sammlungen zulässig. Was die Sonderausstellungen oder das Drehen von Fernsehsendungen, Filmen oder Dokumentarfilmen anbelangt, so wenden Sie sich bitte an die Öffentlichkeitsabteilung unter der Nummer 01 53 96 21 73. Taschen und Gepäck Eintrittspreise Zutritt zu den ständigen Kollektionen kostenlos. Wanderausstellungen zahlungspflichtig. Handtaschen vernünftiger Größenordnungen sind im Museum zulässig. Große Taschen, Rucksäcke und Koffer müssen an der kostenlosen Garderobe abgegeben werden. Zugangsmöglichkeiten Die verschiedenen Stockwerke des Museums sind mit Aufzügen erreichbar. Vor dem Museumseingang ist ein Behindertenparkplatz vorgesehen. Auf Anfrage oder nach Reservierung unter der Nummer 01 53 96 21 50 steht am Eingang ein Rollstuhl zur Verfügung. Die Toiletten sind im Untergeschoss. Sie sind auch für Behinderte oder alte Menschen leicht zugänglich. Museum Asiatischer kunst der stadt Paris Besichtigungsführungen • Für Einzelbesucher Infos am Empfang. • Für Gruppen und Schüler Auskünfte und Reservierungen unter der Nummer 01 53 96 21 72 oder per E-Mail unter folgender Adresse: [email protected]. Direktion für kulturelle Angelegenheiten / COMMUNIC’ART – Druck IME / Januar 2009 / Sämtliche Fotografien: Musée Cernuschi / Roger Viollet Deckblatt: Lei-Vase , Bronze, 2. Hälfte des 11. – Anfang des 10. Jahrhunderts v. Chr. ©Paris-Musées – Karin Maucotel, Christophe Walter.. Layout © Franck Hindley Cernuschi_Visite_allemand.qxd musees.paris.fr