Der „Sandschak“ (Sandschak Novi Pazar)

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Der „Sandschak“ (Sandschak Novi Pazar)
Einsatz
Die Betrachtung des „Sandschaks“ und der „Republika Srpska“ bildet den Abschluss des Beitrages „Sag
niemals Nie“, einer Formulierung des Balkanexperten Tim Judah als Kerngedanken weiterer Autonomiebestrebungen und möglicher Staatenbildungen in Südosteuropa.
Der „Sandschak“
(Sandschak Novi Pazar)
Das 8.687 km² große Gebiet des
Sandschaks Novi Pazar mit rund 427
000 Bewohnern liegt zwischen Albanien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Serbien und dem Kosovo. Es hat,
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wie alle ihn umgebenden Regionen,
eine sehr wechselvolle und kriegerische Geschichte.
Heute ist es ein zweigeteiltes Gebiet,
das teils zu Serbien und teils zu Montenegro gehört. Insgesamt wird das Gebiet laut Volkszählungen 2002/2003 von
rund 52 Prozent moslemischen Einwoh-
Autor: Oberst dhmfD a. D. Dr. Alfred C.
Lugert; Sozialwissenschafter, u. a. früherer
Associate Professor of Political Science an
der UNO-University of New Orleans (USA),
Direktor und Militärdiplomat bei der OSZEMission für Bosnien und Herzegowina; als
Offizier der Reserve im Auslandseinsatz bei
UNFICYP (Zypern) und EUFOR Althea
(Bosnien und Herzegowina).
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Grafik: Internet
nern besiedelt, die sich mehrheitlich
(etwa 45,5 Prozent) als Bosniaken und
zu etwa 6,5 Prozent als Muslime bezeichnen. Rund 37 Prozent geben an,
Serben und rund sieben Prozent Montenegriner zu sein.
1991 stimmten rund 98 Prozent von
rund 69 Prozent der als wahlberechtigt
registrierten Einwohner in einem Referendum für eine Autonomie des Sandschak Novi Pazar. Dadurch wurde das
Problem „Sandschak“ erneut offensichtlich. Die internationale Staatengemeinschaft erkannte die Notwendigkeit,
sich intensiv mit diesem Problem zu beschäftigen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) hatte deshalb mit Beschluss
vom 14. August 1992 eine Langzeitmission für den „Sandschak“ - gemeinsam mit dem Kosovo und der Vojvodina - eingerichtet.
Die OSZE-„Langzeitmission“
Die Aufgaben dieser Mission waren:
- Die Förderung des Dialoges zwischen den Behörden und den Volksgruppenführern;
- Das Sammeln von Informationen
über etwaige relevante Verletzungen
der Menschenrechte;
- Die Unterstützung der Maßnahmen
zur Lösung dieser Probleme;
- Die Einrichtung von Kontaktstellen zur
Lösung der identifizierten Probleme;
- Die Bereitstellung von Informationen
über relevante Gesetzgebung im Menschenrechtsbereich zu unterstützen;
- Den Schutz von Minderheiten und die
Medienfreiheit zu garantieren sowie
- Demokratische Wahlen zu ermöglichen.
Die Mission startete ihre Tätigkeit am
8. September 1992. Ein Memorandum
of Understanding (MOU) - eine Art
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von Privilegien- und Immunitätsabkommen, welches die Führung einer
Mission üblicherweise mit dem Gastland abschließt - wurde mit den (rest)
jugoslawischen Behörden am 28. Oktober 1992 in Belgrad unterzeichnet.
Das abgelaufene MOU wurde allerdings seitens der Föderativen Republik Jugoslawien (das spätere Serbien)
bereits im Juli 1993 nicht verlängert.
Die Kriegsereignisse in Ex-Jugoslawien, insbesondere die weiteren Entwicklungen in Bezug auf Montenegro
und das Kosovo hatten anschließend
die internationale Beobachtung und
Überwachung des „Sandschaks“ stark
eingeschränkt.
2006 wurde Montenegro unabhängig, weshalb das Gebiet des „Sandschaks“ in zwei Teile zerfiel. Sechs
Bezirke befinden sich nunmehr in Serbien, fünf Bezirke in Montenegro. Die
Autonomiebestrebungen sind nach wie
vor aufrecht, haben derzeit aber durch
die Teilung sehr geringe Chancen.
Dennoch wird es notwendig sein, die
Gründe und Umstände etwaiger politischer oder religiöser Erregung der
bosniakisch-moslemischen Minderheit
in beiden Staaten (Montenegro und
Serbien) genau zu beobachten, um
Ungerechtigkeiten oder gar Übergriffe
zu verhindern, und um in der Zukunft
keine sicherheitsgefährdenden Überraschungen zu erleben. Die Bevölkerung
der beiden Teile des „Sandschaks“ hat
das Autonomiereferendum von 1991
mit dem überwiegend zustimmenden
Ergebnis sicher nicht vergessen.
Die demokratische Reife von Serbien
und von Montenegro wird in Zukunft
von der internationalen Staatengemeinschaft und ihren Organisationen im zunehmenden Maße am politischen und
administrativen Verhalten gegenüber
den Minderheiten gemessen werden.
Das gilt besonders auch für eine Aufnahme in die Europäische Union.
Die „Republika Srpska“
Die „Republika Srpska“ - eine der
beiden Entitäten („Entität: Dasein/Größe“; Anm.) von Bosnien und Herzegowina - ist ein Produkt des international
verhandelten Dayton-Abkommens vom
14. Dezember 1995. Die serbische
Volksgruppe bemühte sich schon vorher,
die Unabhängigkeitsbestrebungen der
moslemischen und kroatischen Volksgruppen in der Republik von Bosnien
und Herzegowina (RBiH) von Rest-Jugoslawien im Jahre 1991 nicht zu akzeptieren. Am 9. Jänner 1992 wurde
deshalb von der bosnisch-serbischen
Versammlung die „Republika Srpska“
ausgerufen. Am 6. März 1992 erklärte
sich die RBiH unabhängig, und wurde
am 6. April 1992 von den USA und der
Europäischen Gemeinschaft (EG) anerkannt. Von 1992 bis 1995 befanden sich
die bosnischen Serben („Republika Srpska“), die moslemische, und die kroatische Bevölkerung der RBiH de facto im
Kriegszustand. Der grausam geführte
Krieg mit mehr als 100 000 Toten und
bis zu zwei Millionen Vertriebenen
konnte trotz Präsenz von UN-Truppen
(UNPROFOR) erst durch das Eingreifen der USA und mit dem Friedensvertrag von Dayton beendet werden.
Dayton
Im Annex 4 der in Dayton vereinbarten Verfassung ist im Art. I Abs. 3 festgeschrieben, dass der früher Republik
genannte Staat Bosnien und Herzegowina (BiH), nunmehr aus zwei „Entitäten“
bestehen solle, nämlich der Föderation
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von Washington („Washington Agreement“). Damals wurde sogar eine mögliche Konföderation der FBiH mit der
Republik Kroatien festgehalten.
Konfliktstoff
Man darf sich also über den Konfliktstoff der Divergenz der Entitäten
nicht wundern. Das gilt auch für die internen Spannungen innerhalb der Entitäten, z. B. innerhalb der FBIH. Dies
sind Spannungen, die u. a. darauf beruhen, dass der kroatischen (überwiegend katholischen) Volksgruppe keine
eigene Entität zugestanden wurde,
auch die 1994 versprochene Konföderationslösung durch Dayton (abgesehen vom Art. III Abs. 2) obsolet wurde, und die internationale Staatengemeinschaft unsicher war, wie die
Volksgruppeninteressen in der FBIH
erfolgreich zu koordinieren wären.
Die aktuelle Situation im Raum Mostar - mit ihrer fehlgeschlagenen regionalen Regierungsbildung zwischen dem
kroatischen und dem bosniakischen
„Teil“ - zeigt auf, was passiert, wenn die
internationale Staatengemeinschaft, ohne
demokratische interethnische Vereinbarung, per Dekret eine „gemeinsame“
lokale Regierung einsetzt.
Die Frage der Gemeinsamkeit oder
der Divergenz beider Entitäten im Rahmen von Bosnien und Herzegowina ist
seit dem Dayton-Abkommen das „große“ Thema für die weitere Entwicklung. Nicht nur das, sondern auch die
Frage einer Neuordnung in drei bis
vier Entitäten besteht und ist sogar
aktuell. Grund ist der Wunsch der kro-
Grafik: Rizzardi
von Bosnien und Herzegowina (FBiH)
und der „Republika Srpska“ (RS). Die
Bezeichnung Entitäten lässt sich dahingehend interpretieren, dass man nicht
recht wusste, ob man diese Teile von
BiH als autonome Provinzen, als Bundesländer, oder als Länder einer Konföderation bezeichnen sollte. Die unterschiedlichen Bezeichnungen der Entitäten als Föderation und Republik sind
ebenfalls eigenartig und schaffen Unklarheiten und damit Konfliktstoff.
Dieser Konfliktstoff wird auch offenkundig, wenn man im Dayton-Abkommen den Art. III Abs. 2 „Responsibilities
of the Entities“ lit. (a) und (d) heranzieht,
wo den Entitäten das Recht zugesprochen
wird, spezielle parallele Beziehungen mit
benachbarten Staaten aufzunehmen, und
wo die Entitäten sogar Vereinbarungen
mit anderen Staaten und internationalen
Organisationen treffen können. Im September 2006 hat die „Republika Srpska“
ein dementsprechendes Abkommen mit
Serbien geschlossen, um die ökonomische und institutionelle Zusammenarbeit
zu intensivieren. Um auch die internationalen Beziehungen stärker zu manifestieren, hat die „Republika Srpska“ im Februar 2009 sogar ein Verbindungsbüro
zur Europäischen Union (EU) in Brüssel
eröffnet.
Bezüglich der zweiten Entität im
hauptsächlich moslemisch-katholischen
(bzw. bosniakisch-kroatischen) Teil von
Bosnien und Herzegowina, der Föderation von Bosnien und Herzegowina, ist
der oben genannte Art. III Abs. 2 natürlich ebenfalls gültig und bezieht sich de
facto auf die im Jahre 1994 noch vor
Dayton unterzeichnete Vereinbarung
Die
Flagge
der
„Republika
Srpska“.
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atischen Volksgruppe, das gleiche
Recht auf eine eigene Entität zu haben,
wie es die serbische Volksgruppe hat.
Die vierte Entität sollte die gemeinsame Hauptstadt Sarajewo à la Washington D. C. sein.
Die Rolle der USA
Bemerkenswert ist die frühere Aussage des U.S. Chefverhandlers für den
Daytonvertrag, Richard Holbrooke, der
im Juni 1996 in einem Schreiben an den
damaligen U.S. Präsidenten Bill Clinton
die Problematik der im Vertrag festgelegten Aufteilung („Partition“) und der
möglichen zukünftigen Aufteilung behandelte. Holbrooke sprach von der
Gefahr einer realen Möglichkeit einer
weiteren Aufteilung Bosniens in drei
Teile innerhalb weniger Jahre. Holbrooke meinte zwar, dass sich die USA
gegen eine solche weitere Aufteilung
ausgesprochen hätten, obwohl, wie er
meinte, die nationalen Interessen der
USA nicht direkt betroffen seien, ob nun
Bosnien ein Land, oder zwei Länder,
oder gar drei Länder darstelle. Wichtig
war ihm aufzuzeigen, wie die umfassende Rolle der USA in der Zeit nach der
Beendigung des Kalten Krieges vom
Ergebnis der Entwicklung in Bosnien
beeinflusst würde.
Die durch das Dayton-Abkommen in
Bosnien und Herzegowina erzielten
Erfolge waren ohne Zweifel die Beendigung der Kämpfe und die seit Vertragsabschluss erfolgte weitere Stabilisierung der militärischen Sicherheit.
Die Erfüllung der in Dayton beschlossenen Verfassungsbestimmungen, aber auch die Bestimmungen aller anderen Vertragspunkte durch die
Politiker und Behörden von Bosnien
und Herzegowina und ihrer Entitäten,
wurden vom Büro des Hohen Repräsentanten und anderen internationalen
Organisationen sowie von den Vertretern verschiedener Länder genauestens
beobachtet.
Bei nicht konformen Handlungen
wurde von den Hohen Repräsentanten
immer häufiger Sanktionen gegen politische Mandatare und Entscheidungsträger verhängt. Andererseits erkannten
die Vertreter der internationalen Gemeinschaft immer klarer, dass es Verbesserungen, d. h. Veränderungen zum
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Grafik: Autor
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Die Flagge des Sandschaks Novi Pazar.
Vertragstext, im Sinne einer Stärkung
des Gesamtstaates geben sollte. Der internationale Wunsch nach Veränderungen stand allerdings im Gegensatz zur
Forderung nach einer strikten Einhaltung des Vertrages von Dayton.
Der Änderungswunsch wurde daher
oft mit dem Ruf nach einem „Dayton
II-Vertrag“ ausgedrückt. Zu einem solchen Schritt konnte man sich allerdings
nicht durchringen und es blieb bei den
- intern widersprüchlich aufgenommenen - Einzelmaßnahmen. Bei diesen Initiativen kam es deshalb auch zu Ablehnungen von lokalen Regierungsstellen
und zu schwerwiegenden Kontroversen.
Die Stabilisierung der militärischen Sicherheit wurde zunächst durch Maßnahmen erreicht, die nicht im Vertrag
von Dayton festgeschrieben waren. Die
Streitkräfte der „Republika Srpska“ und
der Föderation wurden nach achtjährigen Bemühungen und Druck besonders
seitens der USA und der NATO in eine
gemeinsame Armee übergeführt. Weitere, nicht im Vertrag von Dayton verankerte Maßnahmen zur Stärkung der
Zentralregierung, wie gleiche Nummerntafeln für die Fahrzeuge, gesamtstaatliche Grenzpolizei und Nachrichtendienste, wurden erzielt. Nicht wirklich erfolgreich war die Bemühung, eine
gemeinsame Polizeiadministration über die Grenzen der beiden Entitäten
hinweg - zu schaffen. Hier gibt es prak82
tisch nur EU-orientierte Erklärungen,
um die Beitrittsgespräche nicht zu blockieren.
Die Frage der Verfassung
Ganz wesentlich und Kernpunkt für
die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung der „Republika Srpska“ (und
damit auch der Föderation von BiH, und
des Gesamtstaates) ist die Frage der Verfassung. Der Versuch, eine neue Verfassung im BiH-Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit „durchzubringen“, um
damit der Zentralregierung mehr Macht
einzuräumen, ist bisher - trotz intensivster Bemühung der USA - fehlgeschlagen. Die seitens der USA offen ausgesprochene Forderung, die 1995 von ihnen selbst initiierte Verfassung von BiH
zu ändern, wurde im November 2005
anlässlich des 10. Jahrestages des Dayton-Abkommens nochmals untermauert.
Ziel der Änderung war - kurz gesagt die Stärkung des Gesamtstaates, was
gleichbedeutend mit der Schwächung
der Autorität der Entitäten und der einzelnen Volksgruppen gewesen wäre.
Nach intensivsten Versuchen der amerikanischen Unterhändler, die diversen
Parlamentsparteien zu beeinflussen und zu
überreden, der vorgelegten Verfassungsänderung zuzustimmen, wurde am 26.
April 2006 die entsprechende Abstimmung im Repräsentantenhaus durchge-
führt. Das Ergebnis war die Ablehnung
des Entwurfes, da die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wurde.
Mehr Macht für die Zentralregierung
würde weniger Macht für die Entitäten
bedeuten, bis hin zu einer möglichen
Auflösung der Entitäten. Eine Verfassungsänderung würde natürlich das
Kernstück des Dayton-Abkommens
betreffen, dessen Einhaltung stets zur
Konsolidierung von BiH und des gesamten Balkans eingefordert und hoch
gehalten wurde.
Eine Auflösung der Entitäten entspräche dem Wunsch der moslemischen
(bosniakischen) Seite, die mehrfach die
Existenz der „Republika Srpska“ als die
Existenz eines durch Genozid geschaffenen Gebildes bezeichnet. Für die
bosnisch serbische Seite hingegen ist
das weitere Bestehen der Entitäten die
im Vertrag von Dayton erzielte Minimallösung. Jeder weitere verfassungsund verwaltungsrechtliche Autoritätsverlust wird abgelehnt. Man verweist
darauf, dass die internationale Staatengemeinschaft stets auf die strikte Einhaltung von Dayton gepocht, und mit
Hilfe der „Bonn Powers“ (besondere
Befugnisse des Hohen Repräsentanten
zur Durchsetzung des Vertrages) durch
den Hohen Repräsentanten auch durchgesetzt hat.
Eine baldige Volkszählung (Zensus
2011), die Beibehaltung der Entitätsstruktur und die Option auf ein Referendum wären Forderungen der „Republika
Srpska“. Aus bosnisch serbischer Sicht
ist ein Verbleib im weitgehend „ungeliebten“ politischen Rahmen von
Bosnien und Herzegowina nur dann
möglich, wenn die „Republika Srpska“
in der derzeitigen Verfassungsform mit
(nahezu) ungeschmälerten Rechten bestehen bleiben kann. Im Falle einer von
außen kommenden - einseitigen - Änderung wurde bereits einige Male auf
die Option eines Unabhängigkeitsreferendums hingewiesen. Der Konflikt
würde offen ausbrechen.
Die Versuche von internationaler Seite - insbesondere der USA - eine Verfassungsänderung durchzusetzen, gehen
bis heute weiter. Eine Beratergruppe der
USA, die International Crisis Group
(ICG), erhoffte Anfang 2009 das Ende
der Funktion des „Hohen Repräsentanten“ mit Jahresende 2009. Bis dahin
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übung von außen und ohne erzwungene
Verschiebung der Jurisdiktion der Entitäten hin zum Gesamtstaat. Seine Regierung würde das nicht dulden.
sollte diese Funktion von einem starken
Repräsentanten besetzt sein, wobei
damals nicht an einen österreichischen
Staatsmann oder Diplomaten gedacht
wurde. Klarerweise war auch von der
Aufgabe die Rede, die Verfassungsreform zu unterstützen und die Abspaltung einer Entität zu verhindern. Es
war deshalb nicht verwunderlich, allerdings sehr unklug, dass die USA und
die EU ihre jüngsten Verhandlungen
mit den Volksgruppenvertretern und
den bosnisch-herzegowinischen Parteien ohne Einbeziehung des Hohen Repräsentanten, des österreichischen
Spitzendiplomaten Valentin Inzko geführt haben. Es war geradezu eine
Brüskierung. (Tageszeitung „Die Presse“, 22. Oktober 2009, Gastkommentar:
„Die Autorität des Hohen Repräsentanten wurde beschädigt“; Anm.)
Resumee
Grundsätzlich scheint bei der Neuordnung in Südosteuropa der Prozess
der Konsolidierung und möglicher
„Desintegration“ im südosteuropäischen Raum noch nicht abgeschlossen
zu sein. Ein solcher Prozess kann verschiedene Formen annehmen, und ist
auch im europäischen Kontext zu sehen, wo es sowohl eine weitere umfassende Integrationstendenz im Rahmen
der EU, wie auch regionale „Unabhängigkeitstendenzen“ gibt, die allerdings
nicht im Gegensatz zueinander stehen.
In Europa gibt es rund 80 Autonomieund Unabhängigkeitsbewegungen, von
denen aber nur ganz wenige eine mittelfristige „Chance“ auf Erfolg zu haben
scheinen. Diese Autonomiebewegungen
(„Europa der Regionen“) stehen nicht
im Gegensatz zur europaweiten Integration, sondern nur im Gegensatz zu den
nationalstaatlichen Ausprägungen („Europa der Vaterländer“), basierend auf
den Konzepten des 19. Jahrhunderts.
Um die weitere Neuordnung im süd-
Die Gespräche wurden auf internationaler Seite vom schwedischen
Außenminister Carl Bildt geführt, begleitet vom EU Erweiterungskommissar Ollie Rehn und dem stellvertretenden Außenminister der USA, Jim
Steinberg. Diese Gespräche endeten
übrigens am 21. Oktober 2009, ohne
eine Akzeptanz der Vorschläge der internationalen Staatengemeinschaft
durch die bosnisch-herzegowinischen
Vertreter zu erzielen.
Parallel zu den Gesprächen wurde von
moslemisch-bosniakischer Seite von einer sehr brisanten Situation im Lande
gesprochen, die zum Ausbruch eines
neuen Bürgerkrieges hätte führen können. Diese Befürchtung wird bereits seit
längerer Zeit geäußert und hat als Ausgangspunkt die mehrfachen Aussagen
des Ministerpräsidenten der „Republika
Srpska“ (RS), Milorad Dodik, dass ein
Referendum zur Unabhängigkeit der
Entität RS in Betracht gezogen würde,
falls es zu einer Beeinträchtigung ihrer
Autorität und Integrität käme.
Am 6. November 2009 wiederholte
Milorad Dodik gegenüber dem Sender
B92 in Serbien, dass er ein „Legalist“ sei,
der die geltende Verfassung laut DaytonVertrag respektiere. Seine Priorität sei
eine „RS innerhalb von Bosnien und
Herzegowina“, ohne einer DruckausTRUPPENDIENST 1/2010
Foto: Bundesheer
Gespräche
auf internationaler Seite
osteuropäischen Raum in friedlichem
Rahmen ablaufen zu lassen, sind nicht
nur die internationalen und nationalstaatlichen Systembereiche zu regeln,
sondern auch die Bedürfnisse der
Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen! Das Hauptaugenmerk ist zuerst
vielmehr noch - als Grundlage von
Lösungsmechanismen - auf die Bedürfnisse der Menschen in materieller
und ideeller Hinsicht zu richten, und
ihnen soziale, kulturelle, wirtschaftliche und militärische Sicherheiten in
allen Lebensbereichen zu bieten.
Ein hoher Grad an Sicherheit ist anzustreben, wodurch die nachbarschaftlichen
Beziehungen zu den jeweils anderen
Volksgruppen wesentlich erleichtert werden. Es ist zu hoffen, dass es daher umsichtige Lösungskonzepte sowohl seitens
der internationalen Gemeinschaft als
auch seitens der regionalen Entscheidungsträger geben wird. Für die Staaten
Südosteuropas wäre dann eine akzeptierte und erfolgreiche friedliche Koexistenz
und Kooperation im Rahmen des Nordatlantischen Bündnisses (NATO), und im
Rahmen der Europäischen Union zu erwarten. Diese Wünsche und diese Erwartungslagen sind durchaus berechtigt.
Es kann allerdings auch anders kommen:
„Sag niemals Nie“ !
Blick auf die Altstadt von Sarajewo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina.
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